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15.05.2018 · IWW-Abrufnummer 201219

Arbeitsgericht Köln: Urteil vom 15.03.2018 – 11 Ca 7300/17

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Arbeitsgericht Köln


Tenor:
  1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Antrag der Klägerin vom 28.08.2017 auf Reduzierung der Arbeitszeit ab dem 16.10.2017 auf 25 Wochenstunden, verteilt auf 4 Tage, zuzustimmen.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.948,05 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem26.01.2018 zu zahlen.
  3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  4. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.
  5. Streitwert: 25310,21 EUR
1

Tatbestand

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Die Parteien streiten über die Berechtigung der Klägerin, während der Dauer der Elternzeit ihre Arbeitszeit zu reduzieren.

3

Die 37 -jährige Klägerin ist seit dem 1.6.2013 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Marketingmanagerin zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt von 4554,17 € beschäftigt. Wegen der Einzelheiten der arbeitsvertraglichen Regelungen wird auf den Anstellungsvertrag vom 20.11.2015 (Bl. 9 GA) verwiesen.

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Am …………… kam der Sohn J der Klägerin zur Welt. Am ………….. beantragte sie daraufhin Elternzeit für den Zeitraum vom …………… bis zum ……………. . Zusätzlich teilte sie der Beklagten in diesem Antrag mit, sie beabsichtige während des 2. Jahres der Elternzeit vom …………… bis ………………. in Teilzeit zu arbeiten mit voraussichtlich 25 Wochenstunden verteilt auf 4 Wochentage. Wegen der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf die zur Gerichtsakte gereichte Kopie dieses Schreibens (Bl. 13 GA) verwiesen.

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Bereits zum …………… stellte die Beklagte Frau ........... als Vertretungskraft für die Dauer der Elternzeit für die Klägerin ein, um eine Einarbeitung bis zum Beginn der Mutterschutzfrist der Klägerin am …………….. zu ermöglichen.

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Mit Schreiben vom 28.8.2017 beantragte die Klägerin sodann eine Teilzeittätigkeit ab dem 16.10.2017 mit einer Wochenarbeitszeit von 25 Stunden verteilt auf 4 Tage entsprechend ihrer ursprünglichen Ankündigung.

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Die Beklagte lehnte den Antrag mit Schreiben vom 13.9.2017 aus nach ihrer Ansicht dringenden betrieblichen Gründen ab, da die Tätigkeiten nur in Vollzeit ausgeübt werden könne und man eine Elternzeitvertretung eingestellt habe, die ihre Arbeitszeit nicht anteilig reduzieren wolle. Wegen der Einzelheiten des Ablehnungsschreibens wird auf die zur Gerichtsakte gereichte Kopie (Bl. 16 GA) verwiesen.

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Die Klägerin wies diese Ablehnung mit E-Mail vom 25 September 2017 gemäß § 174 BGB wegen fehlender Vollmachtvorlage zurück.

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Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Teilzeitvereinbarung entsprechend ihrem Antrag zu Stande gekommen sei, da ihr Antrag nicht rechtzeitig wirksam abgelehnt worden sei. Jedenfalls lägen keine dringenden betrieblichen Gründe für die Ablehnung des Teilzeitverlangens vor.

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Die Klägerin beantragt,

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1. festzustellen, dass zwischen den Parteien für den Zeitraum vom …………… bis …………… eine Vereinbarung über eine Teilzeittätigkeit mit einer Wochenarbeitszeit von 25 Stunden, verteilt auf 4 Tage, zustande gekommen ist.

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Hilfsweise zu 1. :

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2. die Beklagte zu verurteilen, dem Antrag der Klägerin vom …………. auf Reduzierung der Arbeitszeit ab dem …………. 17:25 Uhr Wochenstunden, verteilt auf 4 Tage, zuzustimmen.

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3. Die Beklagte zu verurteilen an sie 8.948,05 € brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten seit dem …………… zu zahlen.

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Soweit die Klägerin ursprünglich darüber hinaus ein Betrag von insgesamt 14.316,89 € geltend gemacht hat, hat sie die weitergehende Klage insoweit im Kammertermin zurückgenommen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie ist der Ansicht, dass es sich bei der Ablehnung des Teilzeitantrags nicht um ein einseitiges Rechtsgeschäft im Sinne des § 174 BGB handele, so dass eine Zurückweisung nicht möglich sei. Im übrigen seien der Klägerin die Bevollmächtigungen der Unterzeichner bekannt gewesen. Schließlich sei die Ablehnung nicht unverzüglich erfolgt.

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Die Ablehnung des Teilzeitantrags sei aus dringenden betrieblichen Gründen gerechtfertigt, da sich diese aus der Einstellung der Vertretungskraft ergeben würden. Als die Klägerin mit ihrem Elternzeitantrag ihre Absicht angekündigt habe, in dem 2. Jahr der Elternzeit in Teilzeit arbeiten zu wollen, habe dieser Ablehnungsgrund schon bestanden, da die Vertretungskraft bereits zur Einarbeitung und für die Mutterschutzfrist der Klägerin eingestellt worden war. Die Vertretungskraft sei auch nicht zur Reduzierung ihrer Arbeitszeit bereit. Im übrigen seien die Aufgaben der Funktion der Klägerin derart komplex, dass eine Teilzeittätigkeit hier nicht möglich sei.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist hinsichtlich des Hilfsantrags und der Vergütungsansprüche begründet.

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I. Der Hauptantrag der Klägerin ist unbegründet. Die Parteien haben keine Verringerung der Arbeitszeit für den streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund der gesetzlichen Fiktion des §§ 15 Abs. 7 S. 5 BEEG vereinbart, weil die Beklagte den Antrag der Klägerin nicht rechtzeitig abgelehnt hat.

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a. Nach § 15 Abs. 6 BEEG kann der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin gegenüber dem Arbeitgeber unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 7 BEEG während der Gesamtdauer der Elternzeit zweimal eine Verringerung seiner oder ihrer Arbeitszeit beanspruchen. Der Anspruch im Sinne von § 194 Abs. 1 BGB richtet sich auf Zustimmung des Arbeitgebers zu der vom Arbeitnehmer nach § 15 Abs. 7 S. 2 BEEG beantragten Vertragsänderung. Der Arbeitgeber hat dem Antrag des Arbeitnehmers zuzustimmen, soweit dem Anspruch keine dringenden betrieblichen Gründe im Sinne von § 15 Abs. 7 S. 1 Nr.4 BEEG entgegenstehen. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer seine Ablehnung innerhalb der 4-Wochen-Frist des § 15 Abs. 4 S. 4 BEEG mit schriftlicher Begründung mitteilen (BAG vom 15.04.2008 - 9 AZR 308/07-,Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 03. Juli 2017 – 7 Sa 1341/16 –, Rn. 40, juris). Anderenfalls tritt die Vertragsänderung aufgrund der gesetzlichen Fiktion des § 15 Abs. 7 S. 5 BEEG ein.

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b. Die Beklagte hat vorliegend den Antrag der Klägerin vom 28. August 2017 mit Schreiben vom 13. September 2017 abgelehnt. Dieses Schreiben wahrt die Vierwochenfrist.

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Es ist nicht gemäß § 174 BGB unwirksam. Die Vorschrift ist auf die Ablehnung eines Teilzeitverlangens nicht anwendbar. Das Verringerungsverlangen eines Arbeitnehmers ist eine auf die Änderung des Arbeitsvertrags gerichtete Willenserklärung (BAG, Urteil vom 27. Juni 2017 – 9 AZR 368/16 –, Rn. 25, juris), die der Arbeitgeber annehmen muss, um eine Änderung herbeizuführen. Weder bei der Annahme noch bei der Ablehnung des Abreitgebers handelt es sich damit um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. § 174 BGB steht in einem engen Regelungszusammenhang zu § 180 BGB. Nach dessen Satz 1 sind einseitige Rechtsgeschäfte durch Vertreter ohne Vertretungsmacht unwirksam, es sei denn, der Geschäftsgegner beanstandet die fehlende Vertretungsmacht nicht oder ist damit einverstanden (§ 180 S. 2). Daher besteht bei solchen Rechtsgeschäften ein erhöhter Erkenntnis- und Vergewisserungsbedarf, zumal der Geschäftsgegner nicht notwendig weiß, ob der Vertreter Vertretungsmacht hat, und kein Schutz durch eine Rechtsscheinvollmacht erfolgt (MüKoBGB/Schubert BGB § 174 Rn. 1, beck-online). Dieses Risiko besteht aber im Fall eines Teilzeitverlangens, dass nur im Fall übereinstimmender Willenserklärungen zustande kommt, nicht.

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II. Der Hilfsantrag ist zulässig und begründet.

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1. Der Antrag ist nicht schon deswegen unzulässig oder unbegründet, weil die Klägerin die rückwirkende Verringerung ab dem 16.10.2017 verlangt. Seit in Kraft treten des § 311 a BGB kommt auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, mit der ein Vertragsangebot angenommen werden soll, das rückwirkend auf eine Vertragsänderung zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist. Die erstrebte Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO soll zum Abschluss eines Vertrages führen, der rückwirkend Rechte und Pflichten begründet (BAG 15.12.2009, 9 AZR 72/09, NZA 2010, 447 bis 452). Das fortbestehende Rechtsschutzinteresse der Klägerin ergibt sich hier unter anderem daraus, dass sie Annahmeverzugsansprüche rechtshängig gemacht hat, welche unter anderem davon abhängen, ob zwischen den Parteien im streitbefangenen Zeitraum ein Elternteilzeitarbeitsverhältnis bestanden hat (Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 07. Juni 2010 – 12 Sa 1203/09 –, Rn. 23, juris).

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2. Die vom Beklagten verweigerte Zustimmung zur Elternteilzeit war zu ersetzen, da zugunsten der Klägerin alle Anspruchsvoraussetzungen nach § 15 Abs. 7 BEEG vorlagen. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 7 Ziffer 1 bis 3 und Ziffer 5 BEEG lagen unstreitig vor.

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Entgegen dem Vorbringen der Beklagten stehen ihr auch keine dringenden betrieblichen Gründe im Sinne von § 15 Abs. 7 Ziffer 4 BEEG zur Seite, welche sie berechtigen würden, die von der Klägerin begehrte Elternteilzeit zu verweigern.

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a. Zwar kann die zwischenzeitliche Besetzung des Arbeitsplatzes mit einer Ersatzkraft dem Verringerungsantrag entgegenstehen (BAG, Urteil vom 05. Juni 2007 – 9 AZR 82/07 –, BAGE 123, 30-45, Rn. 55). Vorliegend bestand aber keine Veranlassung, eine Ersatzkraft für die Klägerin bereits im März für eine Elternzeit von 2 Jahren befristet einzustellen. Zur Zeit der Einstellung der „Ersatzkraft” im März 2016 konnte die Beklagte lediglich davon ausgehen, dass die Klägerin bei regelgerechtem Verlauf der Schwangerschaft und bei Geburt eines gesunden Kindes wegen der Mutterschutzfristen vor und nach der Entbindung (§ 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG) für die Dauer von mindestens vierzehn Wochen ausfallen werde. Weiter konnte die Beklagte annehmen, dass die Klägerin die angekündigte Elternzeit im Anschluss an die Geburt des Kindes auch tatsächlich in Anspruch nehmen werde. Sicher war beides nicht. Diese Ausgangslage ist im betrieblichen Alltag keine Besonderheit. Mit dem vorübergehenden Ausfall von Arbeitnehmerinnen wegen Schwangerschaft und Entbindung muss jeder Arbeitgeber rechnen. Das gilt auch für Abwesenheitszeiten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wegen Elternzeit. Diesen Unwägbarkeiten der Entwicklung hat der Gesetzgeber Rechnung getragen.

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Die Ankündigungsfrist für die Inanspruchnahme von Elternzeit ist so bemessen, dass die Arbeitnehmerin nahtlos an den Ablauf der Schutzfrist in Elternzeit gehen kann. Ihr wird nicht zugemutet, verbindliche Erklärungen schon vor der Geburt des Kindes abzugeben. Das gilt wegen der Bindung des Verringerungsanspruchs an die Elternzeit gleichermaßen für den angekündigten Wunsch nach einer Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit (Elternteilzeit).

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Dem Dispositionsinteresse des Arbeitgebers dient § 21 BErzGG. Ihm ist gestattet, Arbeitnehmer für Zeiten der Beschäftigungsverbote vor und nach der Entbindung, der Elternzeit oder anderer Ausfallzeiten wegen Kindesbetreuung einschließlich der Zeiten einer erforderlichen Einarbeitung befristet einzustellen. Die zulässige mehrfache Befristung ermöglicht ihm, zunächst die Mutterschutzfristen zu überbrücken und anschließend entsprechend der mitgeteilten Elternzeit mit der Vertretungskraft ein neuerliches befristetes Arbeitsverhältnis einzugehen. Derartige Befristungen „mit Sachgrund” sind schon nach allgemeinem Recht zulässig (§ 14 TzBfG). Die ausdrückliche Aufnahme der Befristungsregelungen in das Recht der Elternzeit unterstreicht deren Bedeutung für die Lebenssachverhalte „Mutterschutz” und „Elternzeit”. Der Arbeitgeber soll sicher sein, dass er hierdurch bedingte Ausfallzeiten durch (befristete) Einstellung einer Vertretung auffangen kann (BAG, Urteil vom 05. Juni 2007 – 9 AZR 82/07 f–, BAGE 123, 30-45, Rn. 60).

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Daraus ergeben sich Rückwirkungen auf den Umfang der vom Arbeitgeber darzulegenden Tatsachen, auf die er seine Ablehnung stützen kann. Die Neueinstellung einer Ersatzkraft befristet für die Zeit der Elternzeit, obwohl die Mitarbeiterin vor ihrer Elternzeit eine Elternteilzeit für einen bestimmten Zeitraum in Aussicht gestellt hat, begründet die Annahme, dass der Arbeitgeber zumindest das Risiko einer möglichen Doppelbesetzung in Kauf nimmt (BAG, Urteil vom 05. Juni 2007 – 9 AZR 82/07 –, BAGE 123, 30-45, Rn. 61). Für die Annahme, dass eine Ersatzeinstellung ein dringender betrieblicher Grund für die Ablehnung des Teilzeitverlangens ist, führt das Bundesarbeitsgericht aus, dass anderenfalls der Arbeitgeber gezwungen wäre, den Arbeitnehmer in Elternzeit mit verringerter Arbeitszeit während der Elternzeit zu beschäftigen, obwohl für ihn auf Grund der erfolgten Einstellung einer Vertretungskraft kein Beschäftigungsbedarf besteht. Eine solche zusätzliche wirtschaftliche Belastung kann dem Arbeitgeber jedoch regelmäßig nicht auferlegt werden (BAG, Urteil vom 19. April 2005 – 9 AZR 233/04 –, BAGE 114, 206-218, Rn. 49). Dieses Argument kann jedoch nicht verfangen, wenn dem Arbeitgeber bereits vor der Ersatzeinstellung der Wunsch nach einer Elternteilzeit bekannt gegeben wurde und er dem Risiko einer zusätzlichen wirtschaftlichen Belastung durch die angeführten Befristungsmöglichkeiten begegnen kann. Jedenfalls hat der Arbeitgeber vor dem Hintergrund der oben aufgezeigten Befristungsmöglichkeiten keine Veranlassung bereits vollendete Tatsachen zu schaffen, bevor möglichen Dispositionen für die Elternzeit nach der Mutterschutzfrist getroffen wurden. Anderenfalls würd die Ankündigungsfrist für die Elternzeit unterlaufen und dem Arbeitnehmer gerade doch zugemutet, bereits vor der Geburt des Kindes verbindliche Erklärungen abzugeben, um die Möglichkeit einer Elternteilzeit zu erhalten.

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b. Soweit die Beklagte anführt, die Tätigkeit als .............. sei nicht in Teilzeit ausführbar, genügt dieser Vortrag nicht den Anforderungen. An das objektive Gewicht der Ablehnungsgründe nach § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG sind erhebliche Anforderungen zu stellen. Das verdeutlicht der Begriff "dringend". Mit ihm wird ausgedrückt, dass eine Angelegenheit notwendig, erforderlich oder sehr wichtig ist. Die entgegenstehenden betrieblichen Interessen müssen zwingende Hindernisse für die beantragte Verkürzung der Arbeitszeit sein. Die entgegenstehenden dringenden betrieblichen Gründe sind in dem Katalog der Anspruchsvoraussetzungen des § 15 Abs. 7 Satz 1 BEEG aufgenommen. Dennoch hat der Arbeitgeber die Tatsachen, aus denen sich die negative Anspruchsvoraussetzung der entgegenstehenden dringenden betrieblichen Gründe ergeben soll, darzulegen und zu beweisen. Der Arbeitnehmer genügt dieser Darlegungslast schon dann, wenn er behauptet solche Gründe bestünden nicht. Inhalt und Umfang der vom Arbeitgeber darzulegenden Tatsachen, aus denen sich die dringenden betrieblichen Ablehnungsgründe ergeben sollen, richten sich nach dem Lebenssachverhalt, auf den er die Zustimmungsverweigerung stützt (Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 07. Juni 2010 – 12 Sa 1203/09 –, Rn. 27, juris).

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Nach diesen vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätzen zur Darlegung der entgegenstehenden dringenden betrieblichen Gründe konnte die Beklagte nicht deutlich machen, warum eine Beschäftigung der Klägerin im streitbefangenen Zeitraum und im Umfange von 25 Arbeitsstunden nicht möglich gewesen sein soll. Sie beschränkt sich darauf, zu behaupten, dass die Vorgänge sehr komplex seien und zudem termingebunden. Bei einem Versuch in der Vergangenheit mit einen anderen Mitarbeiterin seien gravierende Probleme beim Einhalten der Fristen und der Verfügbarkeit gegenüber Kunden gekommen.

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Im vorliegenden Fall hätte die Beklagte entsprechend der zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zunächst einmal die bis zum Beginn der Elternzeit von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten nach Zeitanteilen spezifizieren müssen. Danach hätte es ihr oblegen, auszuführen, weshalb die Tätigkeit nicht in Teilzeit erledigt werden kann und welche speziellen Aufgaben einen bestimmten Arbeitsumfang erfordern. Schließlich wäre auszuführen, weshalb diesem Erfordernis nicht mit Umorganisationen oder Überbrückungsmaßnahmen entsprochen werden kann. Dem genügt ein Vortrag, der sich darauf beschränkt, es sei in der Vergangenheit zu Schwierigkeiten gekommen, in keiner Weise. Der Arbeitgeber hat im Fall der Elternzeit jede dem Gesetz entsprechende Entscheidung des Arbeitnehmers zu respektieren. Von ihm wird erwartet, dass er die mit einer elternzeitbedingten Abwesenheit des Arbeitnehmers verbundenen betrieblichen Schwierigkeiten bewältigt und die aus seiner Sicht erforderlichen Überbrückungsmaßnahmen trifft. Das gilt grundsätzlich auch für Beeinträchtigungen, die eine vom Arbeitnehmer während der Elternzeit gewünschte Teilzeitarbeit mit sich bringt, wie § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG verdeutlicht (BAG, Urteil vom 15. Dezember 2009 – 9 AZR 72/09 –, Rn. 57, juris).

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III. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn in der geltend gemachten Höhe aus § 615 S. 1 BGB. Die Beklagte war verpflichtet, das Angebot auf Abschluss eines Elternteilzeitvertrages zum 16.10.2017 anzunehmen. In einem solchen Fall gerät der Arbeitgeber automatisch rückwirkend in Annahmeverzug und hat dementsprechend Entgelt für die bereits verstrichene Zeit zu zahlen (BAG 9.5.06 – 9 AZR 278/05, NZA 06, 1414; Küttner, Personalbuch, V. Elternzeit. Rn. 7-57, beck-online).

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IV. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 46 Abs. 2, 61, 12 ArbGG, §§ 91 Abs. 1 , 3 ZPO. Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, waren ihr gemäß § 269 Abs. 2 S. 3 ZPO die Kosten aufzuerlegen. Der Streitwert war gemäß § 61 ArbGG im Urteil festzusetzen. Die Höhe des Streitwertes richtet sich nach dem Dreifachen des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts der Klägerin jeweils für den Haupt- und den Hilfsantrag sowie dem bezifferten Zahlungsantrag.

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