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15.05.2018 · IWW-Abrufnummer 201192

Oberlandesgericht Oldenburg: Beschluss vom 22.08.2017 – 3 UF 92/17

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Oberlandesgericht Oldenburg

3 UF 92/17
11 F 376/16 UEUK Amtsgericht Aurich

Beschluss

In der Familiensache

xxx

hat der 3. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ………… den Richter am Oberlandesgericht ………… und die Richterin am Oberlandesgericht ……… beschlossen:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgericht - Familiengericht - Aurich vom 17.05.2017 teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antragsgegner wird jeweils unter Anrechnung bereits geleisteter Zahlungen verpflichtet,
a) laufenden Kindesunterhalt für das Kind Z... X…, geboren am ….2010, ab Dezember 2016 in Höhe von 110% des Mindestunterhalts der jeweils gültigen Düsseldorfer Tabelle, abzüglich hälftigen Kindergeldes, Zahlbetrag derzeit monatlich 328,- Euro,
b) rückständigen Kindesunterhalt für die Zeit von September bis November 2016 in Höhe von 984, Euro
an die Antragstellerin zu zahlen.

Im Übrigen werden die Anträge der Antragstellerin zurückgewiesen.

Von den Kosten der ersten Instanz tragen die Antragstellerin 30% und der Antragsgegner 70%. Die Kosten der zweiten Instanz trägt die Antragstellerin.

Der Beschwerdewert beträgt 2.715,- Euro.

Gründe

I.

Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Aurich vom 17.05.2017, durch den er zur Zahlung von rückständigem und laufendem Kindes- und Trennungsunterhalt verpflichtet worden ist. Die Beschwerde wendet sich nur gegen die Verpflichtung zur Zahlung von Trennungsunterhalt.

Die Beteiligten haben sich am 05.07.2015 getrennt. Die Ehefrau verblieb mit den drei gemeinsamen Kindern im ehelichen Haus. Die beiden älteren Kinder verdienen ihren Lebensunterhalt bereits selbst.

Wegen des Einkommens des Ehemannes und seiner finanziellen Verpflichtungen wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

Die Ehefrau hat in diesem wie auch im Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Verfügung zunächst behauptet, über kein eigenes Einkommen zu verfügen. Nachdem der Ehemann dies unter Beweisantritt bestritten hat, hat sie eingeräumt, seit September 2016 monatlich 450,- Euro zu verdienen.

Das Amtsgericht hat den Ehemann zur Zahlung von Kindesunterhalt nach Stufe 3 der Düsseldorfer Tabelle sowie zur Zahlung von Trennungsunterhalt in Höhe von 181,- Euro monatlich, jeweils samt Rückständen ab September 2016, verpflichtet. Es hat eine Verwirkung des Trennungsunterhaltsanspruchs abgelehnt.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner keinen Anspruch auf Trennungsunterhalt.

Nach Auffassung des Senats ist aufgrund der bewusst unwahren Angaben der Ehefrau ihr Trennungsunterhaltsanspruch jedenfalls für Zeit von September 2016 bis Dezember 2016 verwirkt. Für die Zeit ab Januar 2017 besteht aufgrund mangelnder Bedürftigkeit der Ehefrau ohnehin kein Trennungsunterhaltsanspruch mehr.

Die Annahme einer Verwirkung ist jedenfalls für einen begrenzten Zeitraum angemessen. Gemäß § 1579 Nr. 2 BGB, der gemäß § 1361 Abs. 3 BGB auf den Unterhaltsanspruch für die Zeit des Getrenntlebens entsprechend anzuwenden ist, kann ein Unterhaltsanspruch versagt, herabgesetzt oder zeitlich begrenzt werden, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre, weil der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten schuldig gemacht hat.

Ein solches Fehlverhalten kann bei einem versuchten oder vollendeten Verfahrensbetrug zum Nachteil des Unterhaltsverpflichteten gegeben sein.

Die Beteiligten sind bereits gemäß § 138 Abs. 1 ZPO verpflichtet, sich vollständig und wahrheitsgemäß zu den tatsächlichen Umständen zu erklären. Hinzu kommt, dass das unterhaltsrechtliche Verhältnis zwischen den Eheleuten in besonderem Maße durch die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) beherrscht ist. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Unterhaltsgläubigers sind danach ungefragt, richtig und vollständig mitzuteilen, da nur dann eine zutreffende Beurteilung der materiellen Rechtslage und eine darauf aufbauende richtige Berechnung des Unterhaltsanspruchs möglich ist (OLG Hamm, NJW-RR 04, 1229).

Die Ehefrau hat vorliegend ihre Teilzeitbeschäftigung verschwiegen und ist im Rahmen ihrer Unterhaltsberechnung zu einem erheblich höheren Wert gekommen als sie es unter Berücksichtigung ihrer Einkünfte getan hätte. Die Ehefrau hat vorliegend ihre Einkünfte nicht nur verschwiegen, sondern explizit angegeben, „über eigene Einkünfte verfügt sie nicht“. Dies geschah offenbar auch nicht etwa aus Nachlässigkeit. Denn auf den Hinweis des Gerichts, es sei nicht plausibel, wovon sie zurzeit lebe, führte sie aus, vom Kindergeld, einer Zahlung ihres Ehemannes und von geliehenem Geld ihrer Geschwister und Mutter zu leben, die jedoch Rückzahlung verlangten. Bewusstes Verschweigen oder gar bewusstes Ableugnen von Einkünften mit dem Ziel der Erlangung unrechtmäßigen Unterhalts kann nach anerkannter Auffassung gem. § 1579 Nr. 2 (und Nr. 6) BGB die Sanktion der Aberkennung jeglichen Unterhaltsanspruchs auslösen (OLG Hamm, a. a. O., m. w. N.). Die Ehefrau hat darüber hinaus auch gleiche Angaben im Verfahren über eine einstweilige Verfügung gemacht, was angesichts der dort abzugebenden eidesstattlichen Versicherung besonders schwer wiegt.

Die Verwirkung trifft die Ehefrau auch nicht unangemessen hart. Der Senat geht davon aus, dass die Ehefrau in der Lage ist, für ihren eigenen Unterhalt zu sorgen. Das Trennungsjahr ist bereits vorbei, so dass von ihr trotz der Betreuung des sechsjährigen Z... eine Erwerbstätigkeit von 30 Wochenstunden erwartet werden kann. Einer solchen Teilzeittätigkeit steht die Erziehung des Kindes nicht entgegen. Bei Zugrundelegung des gesetzlichen Mindestlohns ist danach von einem Nettoverdienst von ca. 850,- Euro auszugehen. Hinzu kommt das mietfreie Wohnen.

Einer Verwirkung stehen auch nicht besonders gute wirtschaftliche Verhältnisse des Ehemannes entgegen. Neben den vom Amtsgericht berücksichtigten Abzugsposten ist auch noch der Beitrag zur …. abzuziehen. Der O…-Kredit ist richtig mit 674,50 Euro statt mit 647,50 Euro zu berücksichtigen. Für die Zeit ab Januar 2017 steigt der Unterhalt für Z… darüber hinaus auf 337,- Euro. Damit kann insgesamt nicht von besonders guten wirtschaftlichen Verhältnissen ausgegangen werden.

Ob der Unterhaltsanspruch auch für die Zeit ab Januar 2017 als verwirkt anzusehen wäre, braucht nicht entschieden zu werden. Ein Anspruch auf Trennungsunterhalt besteht ohnehin nicht.  Der Senat geht von einem Einkommen der Ehefrau von 850,- Euro netto aus. Abzuziehen sind die Berufskostenpauschale (50,- Euro und der Erwerbstätigenbonus (114,- Euro). Zuzüglich Wohnvorteil verbleiben der Ehefrau 1.286,- Euro.

Der Ehemann muss sein Einkommen ab Januar 2017 nach Steuerklasse 1 versteuern. Geht man - wie die Beteiligten - von einem Nettoeinkommen von 3.400,- Euro aus - tatsächlich dürfte es niedriger sein - und bringt neben den vom Amtsgericht vorgenommenen Abzügen noch den Beitrag zur I…….-M….. in Abzug, errechnet sich ein Einkommen von 1.561,- Euro. Nach Abzug des Unterhalts für Z…… und des Erwerbstätigenbonus liegt der Ehemann mit seinem Einkommen bei 1.066,- Euro und damit unter dem der Ehefrau.

Vor dem gesamten Hintergrund steht der Ehefrau kein Anspruch auf Trennungsunterhalt gegen den Ehemann zu. Der amtsgerichtliche Beschluss war daher insoweit zu ändern.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 Nr. 1 FamFG. Der Beschwerdewert ist gemäß §§ 40 Abs. 1, 51 Abs. 1, Abs. 2 FamFG festgelegt worden.

Oldenburg, 22. August 2017

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