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12.02.2018 · IWW-Abrufnummer 199546

Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 02.11.2017 – 8 K 870/17

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


In dem Finanzrechtsstreit

O-Bank D., vormals Bank D., vertreten durch den Vorstand,
- Klägerin -
Prozessbevollmächtigte/r: S.+ Partner GmbH,
gegen
Finanzamt , vertreten durch den Vorsteher,
- Beklagter -

wegen Nachforderung für Lohnsteuer 2011 bis 2014

hat der 8. Senat unter Mitwirkung von
Vorsitzender Richter am Finanzgericht
Richter am Finanzgericht
Richter am Finanzgericht
ehrenamtliche Richterin
ehrenamtlicher Richter

auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 2.11.2017

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge für den Zeitraum Januar 2011 bis Dezember 2014 vom 18.03.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.06.2017 wird zur weiteren Sachaufklärung aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Streitig ist, ob die Mitarbeiter der Klägerin auch in Höhe eines von der Klägerin einbehaltenen Betrages, den die Klägerin als Leasingrate für einen Mitarbeiter-PC an einen Leasinggeber abführte, Barlohn erhalten haben oder mit der Überlassung des Mitarbeiter-PC ein steuerfreier Sachbezug verbunden war.

Mit Blick auf die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 45 EStG erdachte die Klägerin ein sog. Mitarbeiter-PC-Programm, auf deren Grundlage den Angestellten, die daran teilnahmen, gegen Kürzung der Barlohnauszahlung ein Computer zur privaten häuslichen Nutzung überlassen wurde. Die teilnehmenden Mitarbeiter sollten den von ihnen ausgesuchten Computer von der C- GmbH, D., beziehen. Das anfallende Nutzungsentgelt vereinnahmte die D.L.I. GmbH in monatlichen Leasingraten von der Klägerin, welche die Leasingraten den betroffenen Mitarbeitern vom Bruttogehalt abzog. Mit dem einzelnen Mitarbeiter wurden schriftliche Verträge, die als Nutzungsvertrag über Mitarbeiter PC bezeichnet wurden, nach folgendem Muster geschlossen:

Präambel

Durch diesen Vertrag soll dem Mitarbeiter die Teilnahme an dem Mitarbeiter PC-Programm ermöglicht werden. Dieses basiert auf § 3 Nr. 45 EStG, welcher zum Ziel hat, die PC- und Internetverbreitung zum Aufbau der Informationsgesellschaft in Deutschland zu fördern, indem er die private Nutzung eines betrieblichen Personalcomputers steuerfrei stellt.

§ 1

Vertragsgegenstand

Der Arbeitgeber überlässt dem Mitarbeiter den in der Anlage (Buchungsbestätigung) näher bezeichneten betrieblichen Mitarbeiter PC (ggf. inkl. ergänzendem Zubehör, nachfolgend "Mitarbeiter PC" genannt) zur privaten Nutzung.

Die Überlassung des Mitarbeiter PC's erfolgt unentgeltlich. Allerdings werden die künftigen monatlichen Leasingraten in Höhe von EURO für die Dauer der unentgeltlichen Nutzungsüberlassung vom Gehalt einbehalten.

Am Ende der Nutzungszeit ist der Mitarbeiter PC an den Arbeitgeber in dem in den Leasingbedingungen (siehe Anlage) beschriebenen Zustand zurückzugeben. Der Mitarbeiter hat jedoch die Möglichkeit, den PC gegen Zahlung eines Betrages (zurzeit in Höhe von 3 % des ursprünglichen Nettoanschaffungswertes zzgl. Mwst) zu erwerben. Verkäufer ist in diesem Fall die C- GmbH.

§ 2

Dauer und Beendigung des Vertrages

Das Nutzungsverhältnis beginnt mit Lieferung des Mitarbeiter PC's und hat eine Laufzeit von 24 Monaten.

In folgenden Fällen endet das Nutzungsverhältnis vor diesem Zeitpunkt:

a) bei außerordentlicher Kündigung aus wichtigem Grund,

b) bei einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses,

in diesem Fall endet das Nutzungsverhältnis zum gleichen Zeitpunkt.

§ 3

Nutzungsumfang

Der Mitarbeiter ist zum sorgfältigen und bestimmungsmäßigen Umgang mit dem Mitarbeiter PC verpflichtet. Er darf Dritten an dem Mitarbeiter PC keine Rechte einräumen. Im Übrigen übernimmt der Mitarbeiter die dem Arbeitgeber in den Leasingbedingungen (siehe Anlage) auferlegten Pflichten.

§ 4

Widerrufsrecht

Der Mitarbeiter kann diesen Nutzungsvertrag innerhalb von zwei Wochen ab Erhalt des Mitarbeiter PC's widerrufen. Der Widerruf ist nur dann wirksam, wenn der Arbeitnehmer innerhalb der zweiwöchigen Frist folgende drei Handlungen vornimmt:

a) schriftliche Erklärung des Widerrufs gegenüber dem Arbeitgeber

b) schriftliche Informationen über den ausgeübten Widerruf gegenüber der C- GmbH

c) Rücksendung des Mitarbeiter PC's an die C- GmbH

§ 5

Pflichten des Arbeitnehmers bei Lieferung

Die Untersuchung des Mitarbeiter PC's bei Lieferung stellt eine wesentliche Verpflichtung des Mitarbeiters dar. Der Mitarbeiter nimmt diese Verpflichtung für den Arbeitgeber wahr. Er wird dabei mit aller erforderlichen Sorgfalt vorgehen, den Gegenstand gründlich untersuchen, im erforderlichen Umfang testen und etwaige Mängel gegenüber dem Lieferanten unter gleichzeitiger Benachrichtigung des Arbeitgebers sofort rügen. Er wird darauf hingewiesen, dass anderenfalls die Haftung des Lieferanten wegen Sach- und Rechtsmängel ausgeschlossen wird und zum Verlust eigener Ansprüche des Arbeitnehmers sowie zu Schadensersatzansprüchen gegen ihn führen können. Wird der Mitarbeiter PC über eine solche Prüfung hinaus in Gebrauch genommen, und wird er mit Gebrauchsspuren oder Beschädigungen zurückgegeben, hat der Arbeitnehmer der C- GmbH als Eigentümerin des Mitarbeiter PC's Wertersatz zu leisten.

§ 6

Garantie und Gewährleistung

Jegliche Ansprüche des Mitarbeiters gegen den Arbeitgeber wegen Sach- und Rechtsmängeln des Mitarbeiter PC's sind ausgeschlossen. Zum Ausgleich hierfür erhält der Mitarbeiter sämtliche dem Arbeitgeber durch die Leasingbedingungen (siehe Anlage) übertragenen Gewährleistungsansprüche gegen die C- GmbH. Garantieansprüche gegen den Hersteller des Mitarbeiter PC's werden direkt über den Hersteller bzw. die C- GmbH abgewickelt.

Im Fall des Erwerbs des Mitarbeiter PC's am Ende der Nutzungszeit richten sich Gewährleistungsansprüche ausschließlich an den in § 1 genannten Verkäufer. Der Arbeitgeber übernimmt keine Garantie oder Gewährleistung.

§ 7

Haftung

Der Mitarbeiter haftet für alle von ihm schuldhaft verursachten Schäden am Mitarbeiter PC, sowie für den Verlust des Gerätes. Eine übernormale Abnutzung der Geräte ist zu vermeiden.

§ 8

Folgen vorzeitiger Beendigung des Nutzungsvertrages

Endet das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der vereinbarten Nutzungsdauer, wird von der letzten Lohn-/Gehaltszahlung an den Mitarbeiter das zu diesem Zeitpunkt noch offene Nutzungsentgelt sowie der für einen Erwerb erforderliche Betrag einbehalten, und das Gerät geht in das Eigentum des Mitarbeiters über. Im Falle einer Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund, ist dieser verpflichtet, den Mitarbeiter PC an den Arbeitgeber in dem in den Leasingbedingungen (siehe Anlage) beschriebenen Zustand zurückzugeben.

§ 9

Folgen der Unterbrechung der Gehaltszahlung

Für den Fall der Unterbrechung der Gehaltszahlung (z.B. in Folge von Mutterschaftsurlaub, Elternzeit, Krankheit von mehr als sechs Wochen) verpflichtet sich der Mitarbeiter, die ausstehenden Nutzungsentgelte an den Arbeitgeber eigenständig in gleicher Höhe weiter zu zahlen, bis das letzte ausstehende Nutzungsentgelt gezahlt ist. Auf Wunsch des Mitarbeiters kann das ausstehende Nutzungsentgelt auch in einer Summe von der letzten Gehaltszahlung eingehalten werden. Im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Mitarbeiters ist dieser verpflichtet, den Mitarbeiter PC an den Arbeitgeber in dem in den Leasingbedingungen (siehe Anlage) beschriebenen Zustand zurückzugeben.

§ 10

Weitergabe persönlicher Daten

Name und Anschrift des Mitarbeiters werden dem Leasinggeber mitgeteilt. Ansonsten werden persönliche Daten des Mitarbeiters an Dritte nur weitergegeben, soweit dies zur Ausführung dieses Vertrages erforderlich ist.

§ 11

Schlussbestimmungen

Mündliche Absprachen sind nicht getroffen. Änderungen des Nutzungsvertrages bedürfen der Schriftform. Erfüllungsort und Gerichtsstand sind der Sitz des Arbeitgebers. Falls einzelne Bestimmungen des Vertrages unwirksam sind, bleibt die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen hierdurch unberührt.

Tatsächlich wurde den am Mitarbeiter-PC-Programm teilnehmenden Angestellten der Bruttolohn, wie in dem sog. Nutzungsvertrag über Mitarbeiter PC vereinbart, in Höhe der monatlichen Leasingraten nicht ausgezahlt. In den Gehaltsabrechnungen wurde der Abzug vor dem Gesamtbrutto in einer Zeile "Brabz f. WdlgSTfr/SVpf" ausgewiesen.

Vom 16.2.2015 bis zum 1.3.2016 fand bei der Klägerin den Zeitraum 01/2011 - 12/2014 betreffend eine Lohnsteueraußenprüfung statt. Die Prüferin nahm an, dass durch den Nutzungsvertrag über Mitarbeiter PC eine verbindliche arbeitsvertragliche Vereinbarung zur Herabsetzung des Barlohns nicht erfolgt sei. Die Überlassung der Datenverarbeitungsgeräte habe deshalb keinen Sachbezug bewirkt. Zudem sei die von der Klägerin in Anspruch genommene Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 45 EStG auch aus anderem Grund nicht verwirklicht. Die auf der Basis des Nutzungsvertrages überlassenen Datenverarbeitungsgeräte seien keine betrieblichen gewesen, sie hätten dem Arbeitgeber nach § 39 AO nicht zugerechnet werden können. Denn die Art und Konfiguration der Geräte seien ausschließlich vom Arbeitnehmer bestimmt worden. Ein betrieblicher Aufwand sei dem Arbeitgeber nicht entstanden, da die Leasingraten vollständig vom Arbeitnehmer zu tragen gewesen und andere Pflichten aus dem Leasingvertrag vom Arbeitnehmer übernommen worden seien.

Da die Klägerin die Erhebung der Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz beantragt hatte, ermittelte die Prüferin für das Jahr 2011 den Pauschsteuersatz wie folgt:

StNr.: 203/144/02759O-Bank D. 
Berechnung: Pauschal variabel Tz.1
SachverhaltMPP
NameDiverse Arbeitnehmer
Kalenderjahr 2011 
BundeslandSachsenBeschäftigungsortOst/Sachsen
StKlZahl der ANSumme der JahresarbeitslöhneFreibeträgeHinzurechnungsbeträge
195   
25   
330   
470   
59   
60   
Summe20910.231.166,8737.379,00 
Summe der pauschal zu versteuernden Bezüge für209 AN108.192,76
Zu versteuern insgesamt 108.192,76
Nettosteuersatz 51,90 %
 abzuführenBisher angemeldetDifferenz
Lohnsteuer56.152,04 56.152,04
SolZ3.088,36 3.088,36
Kirchensteuer   
Vereinf. Kirchensteuer   
ev701,22 701,22
rk169,24 169,24

Für die nachfolgenden Streitjahre wurde der Pauschsteuersatz nach demselben Muster errechnet. Die Hinzurechnungsbeträge sind die Beträge, die die Klägerin nach § 3 Nr. 45 EStG steuerfrei gestellt hatte (Tz. 1 der Anlage 1 zum Prüfungsbericht v. 1.3.2016).

Über die Streitjahre ergab sich ein Nachforderungsbetrag zur Lohnsteuer in Höhe von 244.515,63 Euro. Dieser Betrag wurde in einem Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge nebst Solidaritätszuschlag sowie evangelischer und katholischer Kirchensteuer am 18.3.2016 festgesetzt.

Mit ihrem Einspruch v. 18.4.2016 widersprach die Klägerin der steuerlichen Beurteilung ihres Mitarbeiter-PC-Programms. Der Nutzungsvertrag über Mitarbeiter PC habe den Arbeitsvertrag der teilnehmenden Mitarbeiter ergänzt, so dass diese auf einen Teil des Bruttolohns verzichtet und dafür Sachlohn in Form der privaten PC-Nutzung erhalten hätten. Über die Barlohnumwandlung sei der teilnehmende Arbeitnehmer im vollen Umfang unterrichtet worden und einverstanden gewesen. Dies ergebe sich aus dem unterzeichneten Nutzungsvertrag, dem Handbuch des Programms und einer zur Aufklärung bekannt gemachten steuerlichen Beispielsrechnung. Die monatlichen Gehaltszettel seien den Mitarbeitern in Papierform zugegangen, Widersprüche zur anteiligen Barlohnumwandlung in Sachlohn habe es nicht gegeben.

Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Nr. 45 EStG seien erfüllt. Es seien die in H 3.45 des Lohnsteuerhandbuchs begünstigten Geräte überlassen worden.

Die Klägerin greift in ihrer Einspruchsbegründung auch die Höhe des Nachforderungsbetrages an. Die Prüferin habe nicht berücksichtigt, dass auch Vertriebsmitarbeiter am Mitarbeiter-PC-Programm teilgenommen hätten. Vertriebsmitarbeiter bekämen je nach Vertriebsleistung eine zusätzliche Vergütung. Sie erhielten eine bestimmte Anzahl von Vertriebspunkten, die entweder in Gehalt oder in Datenverarbeitungsgeräte umgewandelt werden könnten. In den Streitjahren hätten Vertriebsmitarbeiter (nach Berücksichtigung der monatlichen Freigrenze von 44 Euro) einen Betrag in Höhe von 117.177,09 Euro im Rahmen des Mitarbeiter-PC-Programms umgewandelt. Hierauf sei die pauschale Steuer von 25 % gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 5 EStG anzuwenden.

Am 7.6.2017 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Ein Sachbezug sei durch die Umsetzung des Mitarbeiter-PC-Programms nicht verwirklicht worden. Anstellungsverträge seien nicht geändert worden. Durch die in den Nutzungsverträgen vereinbarte Einbehaltung der Leasingraten sei eine Lohnverwendungsabrede getroffen worden, die Arbeitslöhne seien den Arbeitnehmern zugeflossen. Da kein Sachbezug vorliege, sei § 3 Nr. 45 EStG nicht anwendbar. Aus demselben Grund bleibe auch die Sachbezugsgrenze des § 8 Abs. 2 S. 11 EStG außer Betracht. Auch die Pauschalierungsvorschrift des § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 EStG komme nicht zur Anwendung, da die Übereignung der Datenverarbeitungsgeräte nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erfolgt sei, sondern unter Verwendung des vereinbarten Arbeitslohns.

Am 23.6.2017 erhob die Klägerin Anfechtungsklage. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, die am Mitarbeiter-PC-Programm teilnehmenden Arbeitnehmer hätten auf einen Teil ihres Bruttolohns verzichtet und dafür Sachlohn in Form der privaten PC-Nutzung erhalten. Mit dem Abschluss des Nutzungsvertrages sei der Arbeitsvertrag auf arbeitsrechtlich zulässige Weise abgeändert worden. Die Annahme des Beklagten, durch den Einbehalt der Leasingraten sei lediglich ein Zahlungsweg abgekürzt worden, könne schon deshalb nicht richtig sein, weil die Klägerin die Leasingsraten gegenüber der Leasinggesellschaft geschuldet habe.

Die Klägerin verweist für ihre Auffassung auf eine Lohnsteueranrufungsauskunft der Beklagten, die zum Mitarbeiter-PC-Programm bezogen auf den Zeitraum vom 1.1.2015 an ergangen ist. Der Beklagte habe unter der Voraussetzung, dass eine mit "Änderung zu Ihrem Anstellungsvertrag aufgrund der Nutzung des Mitarbeiter-PC-Programms" überschriebene Vereinbarung geschlossen wird, in der ein teilweiser Verzicht auf das Bruttogehalt und die Bezeichnung der Computerüberlassung als Sachlohn enthalten ist, die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 45 EStG zugestanden.

Die Klägerin tritt dem Einwand entgegen, betriebliche Datenverarbeitungsgeräte könnten nur solche sein, die im wirtschaftlichen Eigentum der Klägerin verblieben. Eine solche Voraussetzung sei in § 3 Nr. 45 EStG nicht normiert. Auch stelle sich der Beklagte gegen die Verwaltungsauffassung in R 3.45 LStR, nach der betriebliche Geräte als solche definiert würden, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Rahmen eines Dienstverhältnisses überlässt.

Die Klägerin stellt den Antrag,

den Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge für den Zeitraum Januar 2011 bis Dezember 2014 vom 18.3.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung v. 7.6.2017 aufzuheben,

die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären,

für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält an seiner Ansicht fest, dass der Nutzungsvertrag über Mitarbeiter PC keine Ergänzung des Arbeitsvertrages sei, sondern eine unabhängig getroffene Vereinbarung. In dem Nutzungsvertrag sei auch nicht auf einen Teil des Bruttolohns verzichtet worden. Dies verhalte sich anders in der Vereinbarung, die der Anrufungsauskunft zugrunde liege.

Außerdem sei die Voraussetzung des § 3 Nr. 45 EStG, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer betriebliche Datenverarbeitungsgeräte überlässt, nicht erfüllt. Denn die Klägerin habe auf der Grundlage des Nutzungsvertrages über Mitarbeiter PC wirtschaftliches Eigentum an den Datenverarbeitungsgeräten nicht besessen.

Auf die Schriftsätze der Beteiligten, das Protokoll der mündlichen Verhandlung und die Akten des Beklagten wird verwiesen.
Entscheidungsgründe

I. Der Nachforderungsbescheid war, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, nach § 100 Abs. 3 FGO aufzuheben, da eine weitere Sachaufklärung erforderlich ist und die noch erforderlichen Ermittlungen nach Art und Umfang erheblich sind. Die Aufhebung nach § 100 Abs. 3 FGO ist auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich.

1. Eine weitere Sachaufklärung ist erforderlich, da auf der Grundlage vorliegender Tatsachen weder zugunsten der Klägerin auf Aufhebung des Nachforderungsbescheids noch zugunsten des Beklagten auf Klageabweisung entschieden werden kann.

a) Nach Ansicht des Senats kann die Umsetzung des klägerischen Mitarbeiter-PC-Programms durch den Abschluss der streitgegenständlichen Nutzungsverträge über Mitarbeiter PC nicht als steuerfrei gemäß § 3 Nr. 45 EStG beurteilt werden. Dabei kann offen bleiben, ob die am Mitarbeiter-PC-Programm teilnehmenden Arbeitnehmer, wie der Beklagte annimmt, auch nach dem Abschluss des Nutzungsvertrages über Mitarbeiter PC noch Anspruch auf den vollen Barlohn hatten oder ob eine Entgeltumwandlung stattgefunden hat und deshalb, wie die Klägerin meint, mit der Überlassung des PC ein Sachbezug verwirklicht wurde. Hierzu sei nur angemerkt, dass für die Auffassung des Beklagten die Regelung in § 9 des Nutzungsvertrages spricht, wonach der Arbeitnehmer nach Unterbrechung der Gehaltszahlung die ausstehenden Nutzungsentgelte "eigenständig in gleicher Höhe weiter zu zahlen" hatte, und bei Anwendung dieser Vorschrift eine unabhängig vom Arbeitsverhältnis bestehende Nutzungsvereinbarung zu bestehen scheint. Für die Klägerin streitet allerdings ihre zutreffende Ansicht, dass das Arbeitsrechtsverhältnis durch ergänzende, nicht ausdrücklich als Änderung des Arbeitsvertrages gekennzeichnete Verträge bestimmt werden kann und eine Entgeltumwandlung in widerspruchslos gebliebenen Gehaltsabrechnungen explizit ausgewiesen wurde.

Die Steuerfreiheit eines eventuell vorliegenden Sachbezugs vermag der Senat deshalb nicht anzuerkennen, weil § 3 Nr. 45 EStG die Überlassung betrieblicher Datenverarbeitungsgeräte voraussetzt, die Datenverarbeitungsgeräte jedoch, die die Klägerin ihren Mitarbeitern nach den Bestimmungen des Nutzungsvertrages über Mitarbeiter PC überlassen hat, der Klägerin als betriebliche nicht zugerechnet werden können. Nach den Bestimmungen des Nutzungsvertrages behält die Klägerin in Bezug auf das überlassene Datenverarbeitungsgerät keine wesentlichen Befugnisse. Die vom Leasinggeber abgeleitete rechtliche Position wird von der Klägerin an den Arbeitnehmer weitergegeben, indem dieser die Pflichten aus dem Leasingvertrag übernimmt (§ 3 des Nutzungsvertrages) und die Rechte abgetreten erhält (§ 6 des Nutzungsvertrages). Der Rückgabeanspruch am Ende der zweijährigen Nutzungszeit ist wirtschaftlich obsolet, weil dem Arbeitnehmer das Recht eingeräumt ist, das Datenverarbeitungsgerät "gegen Zahlung eines Betrages (zurzeit in Höhe von 3 % des ursprünglichen Nettoanschaffungswertes zzgl. Mwst)" (§ 1 Abs. 3 des Nutzungsvertrages) und damit deutlich unter Wert zu erwerben. Im Verhältnis der Vertragsparteien eines Leasingvertrages erfolgt die Zurechnung des geleasten Gegenstandes auf den Leasingnehmer, wenn dem Leasingnehmer, bei längerer betriebsgewöhnlicher Nutzungsdauer als der Grundmietzeit, eine Kaufoption zusteht, bei deren Ausübung er nur einen geringen Kaufpreis zu bezahlen hat (Schmidt-Weber-Grellet, Einkommensteuergesetz, 35. Aufl. 2016, § 5 Rnr. 725 m.w.N.). Dieser Zurechnungsgedanke muss in Fällen der vorliegenden Art, in denen die Klägerin als Leasingnehmer der D.L.I. GmbH ihre Rechtsposition auf die Mitarbeiter überträgt und diesen einen Kauf gegen ein stark reduziertes Entgelt anbietet, dazu führen, dass der geleaste Gegenstand während der Grundmietzeit dem Mitarbeiter zuzurechnen ist. Ein betriebliches Datenverarbeitungsgerät ist danach den Mitarbeitern nicht überlassen worden.

b) Auf der Grundlage vorliegender Tatsachen ist die Klage jedoch nicht abweisungsreif. Der sog. Hinzurechnungsbetrag, auf den der Beklagte den Pauschsteuersatz erhoben hat, setzt sich nicht nur aus Beträgen zusammen, die die Klägerin als Entgeltumwandlung verstanden und vom Bruttolohn abgesetzt hat. Er enthält auch Beträge, die Vertriebsmitarbeiter an die Klägerin für die Überlassung von Datenverarbeitungsgeräten gezahlt haben. Die Vertriebsmitarbeiter der Klägerin haben aber an dem Mitarbeiter-PC-Programm teilgenommen, nachdem sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Gehalt gutgeschriebene sog. Vertriebspunkte in das Recht auf eine (kostenfreie) Teilnahme am Mitarbeiter-PC-Programm umgewandelt hatten. Diese Vertriebsmitarbeiter haben sich damit nach Auffassung des Senats für eine Vergütung entschieden, die sich als Sachbezug darstellt.

Zwar liegt nicht auf der Hand, dass insoweit, wie die Klägerin meint, der (abweichende) Pauschsteuersatz des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 EStG zur Anwendung kommt. Allerdings ist jedenfalls die individuelle monatliche Freigrenze des § 8 Abs. 2 S. 11 EStG in Höhe von 44 Euro zu berücksichtigen. In welchem Ausmaß diese Freigrenze den jährlichen Hinzurechnungsbetrag reduziert, ist aus den Akten nicht zu ersehen.

2. Es sind nach Art und Umfang erhebliche Ermittlungen erforderlich, um den Betrag zu ermitteln, für den die Klägerin unzutreffend Lohnsteuer nicht erhoben und abgeführt hat und der auf ihren Antrag hin der Pauschbesteuerung zu unterwerfen ist. Unter Berücksichtigung der Belange beider Beteiligten ist die reine Kassation des angefochtenen Nachforderungsbescheids sachdienlich, um den Weg für die korrekte Ermittlung des Nachforderungsbetrages frei zu machen. Auf die Anwendbarkeit des § 100 Abs. 3 FGO wurden die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 2.11.2017 hingewiesen. Sie hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

3. Im Hinblick auf die anstehende weitere Sachaufklärung wird darauf hingewiesen, dass es sich empfiehlt, auch den Nachforderungsbetrag zu ermitteln, der sich unter Berücksichtigung des § 8 Abs. 2 S. 11 EStG ergibt, wenn nicht nur für die Vertriebsmitarbeiter, sondern für alle am Mitarbeiter-PC-Programm teilnehmenden Personen ein Sachbezug anzunehmen wäre. Es sollte auch darauf geachtet werden, dass die Berechnung des jährlichen Pauschsteuersatz den Bestimmungen der R 40.1 des Lohnsteuerhandbuches genügt und der entsprechende Rechenweg auch dargestellt wird. Den Anlagen zum Betriebsprüfungsbericht v. 1.3.2016 sind die Rechenschritte nicht zu entnehmen.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Klägerin hat ihren Einwand, dass der sog. Hinzurechnungsbetrag falsch ermittelt worden sei, schon in der Einspruchsbegründung vorgetragen.

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

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