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26.01.2018 · IWW-Abrufnummer 199186

Landesarbeitsgericht Sachsen: Beschluss vom 24.02.2016 – 4 Ta 232/15 (1)


Tenor:

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird der Gegenstandswert des Arbeitsgerichts Leipzig vom 19.08.2015 - 1 BV 31/15 - abgeändert:

1. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers für das gesamte Verfahren wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

2. Der Beschwerdewert wird auf 303,45 € festgesetzt.

3. Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben.



Gründe



I.



Die Beteiligten streiten über die Höhe des Gegenstandswerts nach § 33 Abs. 1 RVG für ein Einigungsstellen-Einsetzungsverfahren nach § 100 ArbGG.



Im gerichtlichen Bestellungsverfahren stritten die Beteiligten über die Person des Vorsitzenden der Einigungsstelle zum Thema "Abschluss einer Betriebsvereinbarung zum Thema Fingerprintsystem" und die Anzahl der Einigungsstellenbeisitzer.



Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert nach Antragsrücknahme durch den Betriebsrat und hierauf folgend nach dem Einstellungsbeschluss des Arbeitsgerichts vom 29.07.2015 auf 5.000,00 € festgesetzt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Arbeitgeberin/Beteiligten zu 1., mit der sie eine Herabsetzung des Gegenstandswerts auf 2.500,00 € verfolgt.



Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde der Beteiligten zu 1. nicht abgeholfen und sie dem Sächsischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.



Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.



II.



Die gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 und 3 RVG zulässige Beschwerde ist auch begründet.



1. Nach Abs. II 4.2 und 4.3 des Streitwertkatalogs für die Arbeitsgerichtsbarkeit in seiner überarbeiteten Fassung vom 09.07.2015 ist bei einem Streit über die Beteiligten im Rahmen des Verfahrens nach § 100 ArbGG über die Person des Vorsitzenden und die Anzahl der Beisitzer grundsätzlich je nur 1/4 des Hilfswerts nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG festzusetzen. Das ist hier der Fall. Die Beteiligten haben über die Person des Vorsitzenden und die Anzahl der Beisitzer gestritten.



2. Der Streitwertkatalog und der dort vorgegebene Wert von 1.250,00 € für die Person des Vorsitzenden und weiteren 1.250,00 € für die Anzahl der Beisitzer, mithin insgesamt 2.500,00 €, sind hier zugrunde zu legen. Gründe, hiervon abzuweichen, liegen nicht vor und wurden von der Beschwerdeführerin auch nicht geltend gemacht.



3. In der neuesten Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Hessen und des Sächsischen Landesarbeitsgerichts (vgl. Hess. LAG 22.08.2014 - 1 Ta 457/14 -; Sächs. LAG 23.02.2015 - 4 Ta 182/14 - [9]; bislang offen zum Vorgängerkatalog LAG Köln 18.12.2013 - 5 Ta 340/13 -; vgl. auch Willemsen/Schipp/Oberthür NZA 214, 886) wird der Streitwertkatalog zugrunde gelegt. Bei der richtigen Anwendung soll sich das Gericht regelmäßig im Rahmen des ihm nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG eingeräumten Ermessens bewegen (LAG Nürnberg 20.12.2013 - 2 Ta 156/13 -). Die Beschwerdekammer orientiert ihre Rechtsprechung im Interesse einer möglichst einheitlichen Gestaltung der Streitwertbemessung für bestimmte, typische Fallkonstellationen an diesem Katalog. Wie das Landgericht Köln im Beschluss vom 30.12.2015 - 12 Ta 358/15 - ausführt, sieht das Bundesverwaltungsgericht im Interesse der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung eine weitgehende Schematisierung der Wertbemessung für gleichartige Streitigkeiten als geboten an. Als Handreichung für eine möglichst einheitliche Wertfestsetzung in der gerichtlichen Praxis enthält der Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zwar lediglich Empfehlungen; die Aufgabe des Gerichts, bei der Streitwertfestsetzung im jeweiligen Einzelfall das ihm eingeräumte Ermessen auszuüben, bleibt hiervon unberührt. Angesichts der Tatsache, dass den Empfehlungen des Streitwertkatalogs eine Gesamtschau der bundesweiten Verwaltungsrechtsprechung zugrunde liegt, kommt ihm jedoch zur Gewährleistung einer weitest möglichen Gleichbehandlung besonderes Gewicht zu (zuletzt BVerwG 15.09.2015 - 9 KSt 2/15, 9 KSt 2/15 [9 A 8/14] -).



Auch der Bundesgerichtshof billigt in ständiger Rechtsprechung die Verwendung der in der Praxis gebräuchlichen Tabellen und Leitlinien, die auf langjähriger gerichtlicher Erfahrung beruhen und einer gleichmäßigen Rechtsanwendung dienlich sind, sofern sie den anzuwendenden Rechtsgrundsätzen entsprechen und die Ergebnisse im Einzelfall angemessen sind (BGH 06.11.1985 - IV b ZR 45/84 -). Bei solchen Tabellen oder Verteilungsschlüsseln, die in Rechtsprechungspraxis entwickelt worden sind, handelt es sich um Hilfsmittel, die der Richter zur Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe verwendet, um eine möglichst gleichmäßige Behandlung gleichartiger Lebenssachverhalte zu erreichen (zum Unterhaltsrecht BGH 29.06.1994 - XII ZR 79/93 -; 11.01.1984 - IV b ZR 10/82 -). Der Tatrichter ist auch nicht gehindert, seiner Schadensschätzung die Schwacke-Liste oder den Fraunhofer-Mietpreisspiegel zugrunde zu legen (BGH 18.12.2012 - VI ZB 316/11 - Rn. 10).



All diese Erwägungen treffen auch nach Ansicht der Beschwerdekammer auf den Streitwertkatalog der Arbeitsgerichtsbarkeit zu. Er versteht sich als Angebot auf dem Weg zu einer möglichst einheitlichen Wertrechtsprechung im Interesse der Rechtssicherheit und -klarheit für alle Beteiligten. Er beansprucht zwar keine Verbindlichkeit. Er beruht aber auf der Rechtsprechung der unterschiedlichen Beschwerdekammern der Landesarbeitsgerichte und soll eine Vereinheitlichung der Streitwertwerte sicherstellen. Die von der Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der Landesarbeitsgerichte eingesetzte Streitwertkommission hat den Entwurf des Streitwertkatalogs in einer überarbeiteten Fassung der Anwaltschaft, den Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden sowie der Versicherungswirtschaft vorgestellt. Im Anschluss haben die Mitglieder der Streitwertkommission den Entwurf abschließend beraten. Die Streitwertkommission hat den Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit in der überarbeiteten Fassung zur Veröffentlichung freigegeben. Auch künftig soll der Streitwertkatalog weiter entwickelt werden. Die unbestimmten Rechts- und Ermessensbegriffe in § 42 GKG, § 23 Abs. 3 RVG sowie § 3 ZPO werden hierdurch konkretisiert.



4. Nach dem Streitwertkatalog vom 09.07.2014 sind damit 2.500,00 € festzusetzen. Der Umstand, dass vorliegend neben der Person des Vorsitzenden und der Zahl der Beisitzer auch das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers im Streit stand, rechtfertigt hier - entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts - keine Streitwerterhöhung. Denn bei der Frage des Rechtsschutzbedürfnisses des Antragstellers handelt es sich - wie die Beschwerdeführerin zutreffend ausführt - um eine Frage der Zulässigkeit des Antrags, welche im vorliegenden Fall keine Beantwortung einer schwierigen Rechtsfrage und einer darauf basierenden Sachentscheidung erforderte. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. war somit der Beschluss des Arbeitsgerichts vom 19.08.2015 entsprechend abzuändern.



Diese Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch die Vorsitzende allein ergehen (§ 568 Satz 1 ZPO i. V. m. §§ 64 Abs. 7, 53 Abs. 1 Satz 1 ArbGG).



Der Beschwerdewert ist die Gebührendifferenz für zwei Rechtsanwaltsgebühren nebst Mehrwertsteuer zwischen den vom Arbeitsgericht festgesetzten und dem erstrebten Verfahrenswert.



Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nach § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG nicht gegeben.

Vorschriften§ 33 Abs. 1 RVG, § 100 ArbGG, § 33 Abs. 3 Satz 1 und 3 RVG, § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG, § 42 GKG, § 23 Abs. 3 RVG, § 3 ZPO, § 568 Satz 1 ZPO, §§ 64 Abs. 7, 53 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG

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