Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

23.01.2018 · IWW-Abrufnummer 199014

Landesarbeitsgericht Thüringen: Urteil vom 17.01.2017 – 1 Sa 212/16


In dem Rechtsstreit

...

- Beklagte und Berufungsklägerin -

Prozessbevollmächtigte/r:

...

Gegen

...

- Klägerin und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigte/r:

...

hat das Thüringer Landesarbeitsgericht in Erfurt auf die mündliche Verhandlung vom 22.11.2016 durch den Präsidenten des Thüringer Landesarbeitsgericht Kotzian-Marggraf als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Herr Brico und Herr Stötzer als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gera vom 27.4.2016 - 7 Ca 238/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand



Die Klägerin, im Zeitpunkt des Zugangs der Gestaltungserklärung noch Mitglied des Betriebsrates, wehrt sich gegen eine auf angebliche Verstöße gegen die Umsetzung des Qualitätsmanagements gestützte Kündigung der Beklagten. Die Beklagte sieht Dokumentationsfehler und Verweigerung.



Die Klägerin, Jahrgang 1964, ist seit 2003 bei der Beklagten, einem mittelständischen Unternehmen mit ca. 100 Mitarbeitern, als Näherin für zuletzt mtl. 1.503,00 EUR beschäftigt. Sie ist verheiratet und Mutter eines Kindes. Jedenfalls von 2013 bis 2015 war die Klägerin Vorsitzende des Betriebsrates, seit Juni 2015 ist sie einfaches Mitglied.



Die Beklagte produziert medizinische Hilfsmittel. Dabei ist die Qualitätssicherung in der Produktion ein wesentlicher Marktfaktor. So hat sich die Beklagte gegenüber ihren Großkunden vertraglich verpflichtet, auf der Grundlage der RL 93/42 EG ein Qualitätsmanagement durchzuführen (bez. Bort GmbH Vertrag 9-12/17.12.2002 Blatt 72 GA; bez. StreifenederOrtho-Productions GmbH Vertrag aus 2007 Blatt 75 ff. GA). Zur Konkretisierung der Anforderungen wurde u. a. die DIN EN ISO 9001 zugrunde gelegt und einer weiteren Umsetzung in Form eines für die Beklagte verbindlichen "Qualitätsmanagement Handbuchs" (Anlage B 4 Blatt 125 GA) unterzogen. Während die ISO 9001 in der Einleitung (01. Allgemeines) den Anwendern noch Spielräume eröffnet, formulieren die Bestimmungen des firmeneigenen Handbuchs den ins Detail heruntergebrochenen Standard und sind für "alle Vorgesetzten und Mitarbeiter uneingeschränkt verbindlich." (Kapitel 1, Blatt 132 GA). Im Hinblick auf die Dokumentation legt das Handbuch Rollen und Aufgaben fest:



"Der QMB (Qualitätsmanagementbeauftragte) ist zuständig für



- die Festlegung der übergeordneten Verfahren zur Lenkung der Qualitätsaufzeichnungen



- die Erstellung, Änderung, Verteilung, Aufbewahrung und Archivierung der Aufzeichnungen, ...



Der Ersteller bestätigt die sachliche Richtigkeit und Vollständigkeit der Aufzeichnung durch Unterschrift und Datum." (Kapitel 4 QMB Blatt 149 GA).



Im Hinblick auf die Lenkung fehlerhafter Produkte (Kapitel 8.3 Blatt 207 GA) heißt es weiter:



"Es gehört zur Verantwortung eines jeden Mitarbeiters unserer Firma, festgestellte Qualitäts- und andere Abweichungen von den Vorgaben festzustellen, die weitere Bearbeitung zu unterbinden, ... von der Abweichung zu informieren und an der hierzu erforderlichen Dokumentenfeststellung vollumfänglich mitzuwirken."



Die Beklagte hat sich der Überprüfung des Qualitätsmanagements unterworfen. Ein Auditbericht der DEKRA vom 25.11.2013 empfiehlt die Aufrechterhaltung der Zertifizierung für die Beklagte, moniert aber unter anderem, die Ursachenanalyse bei fehlerhafter Produktion sei änderungswürdig (Blatt 297 ff. GA, Blatt 306).



Es kam in Bezug auf die Tätigkeit der Klägerin in der Produktion in den vergangenen Jahren zu folgenden Auffälligkeiten:



Am 18.12.2013 stellte die in der Warenausgangskontrolle tätige Mitarbeiterin H. fest, dass bei der Bearbeitung des Auftrages LOT Nr. 112317 - 029 die herzustellenden Leistenbruchbänder medium, 89 cm, weiß, Art. 104 800 nicht den Vorgaben des Artikelstammblattes entsprachen. Daraufhin erstellte die für die Qualitätsprüfung zuständige Mitarbeiterin D. folgenden Qualitätsabweichungsbericht (Anlage B6, Blatt 307 GA):



"Bruchbandgummi ist zu weit auseinander auf das Schutzkissen aufgenäht. Die Abstände stimmen nicht mit dem Muster und der Zeichnung auf dem Artikelstammblatt überein."



Die Folgespalte, Fehlerursache, ist freigehalten. Das Dokument trägt die Unterschriften der Warenausgangskontrolle und der Qualitätskontrolle, sowie den Vermerk, die betreffende Mitarbeiterin, die Klägerin, habe die Unterschrift verweigert.



Das Protokoll eines am 20.12.2013 geführten Personalgespräches erläutert, der Geschäftsführer der Beklagten habe die Klägerin mehrfach zur Unterschrift angewiesen. Diese habe ihren Standpunkt beibehalten. Zitat "Nein, ich unterschreibe nicht."(Anlage B 7, Blatt 308 GA).



Die Beklagte nahm das aus ihrer Sicht erfolglose Gespräch zum Anlass, der Klägerin eine Abmahnung zukommen zu lassen (Anlage B 8, Blatt 309 f. GA). Das Schreiben beginnt: "...dass Sie mit folgendem Fehlverhalten erneut gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen haben." Es beschreibt in der Folge die Fehlerhaftigkeit der von der Klägerin am 18.12.2013 vernähten Leistenbruchbänder und mündet in den Vorwurf: "Sie haben sich gegenüber den Mitarbeitern der Qualitätskontrolle geweigert, an der Erstellung des Berichtes mitzuwirken oder diesen zu unterzeichnen. Im Rahmen eines Gesprächs mit der Geschäftsführung am 20.12.2013 haben Sie an dieser Weigerung festgehalten ... Das beschriebene Verhalten mahnen wir ab."



Am 9.4.2014 kam aus zu einem weiteren Vorfall. Die Klägerin wendete sich an die Materialausgabe ("Pufferlager") und erbat die Herausgabe neuer Zuschnittteile für den Artikel "Vario-Rückenband mit Pelotte, medium". Die Materialverwalterin meldete den Vorgang der Produktionsleitung, es wurde ein Qualitätsabweichungsbericht veranlasst (Anlage B 12, Blatt 316 BA). Dort heißt es zur "Qualitätsabweichung": "Klett (50mmx6cm) an der falschen (gegenüberliegenden) Seite des Velourpolsters aufgenäht (richtige Position = an der Seite mit der gr. Rundung des Velourspolsters, entsp. dem Muster vom 29.4.2011)." Unter "Fehlerursache" ist ausgeführt: "an der falschen Seite aufgenäht". Als zuständige Mitarbeiterin für die 14 Fehlstücke weist der Bericht die Klägerin aus. Die den Bericht erstellende Qualitätsbeauftragte D. vermerkt weiter: "Unterschrift verweigert".



Am 14.4.2014 beantragte der Geschäftsführer der Beklagten bei dem Betriebsrat eine "Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung" (Anlage B 13, Blatt 317 ff.). Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei nicht mehr möglich, weil die Klägerin sich erneut und beharrlich weigere, "ihre Pflicht zur Mitwirkung an der ordnungsgemäßen Erstellung und zur Unterzeichnung von Qualitätsabweichungsberichten" zu erfüllen. Das Schreiben lastet der Klägerin weitere, die Vertrauensbeziehung belastende Vorfälle an:



- Am Samstag, dem 16.11.2013 sei die Klägerin zu einer Sonderschicht erschienen, obwohl im Hinblick auf ihre Person eine Zustimmung des Betriebsrates nicht vorgelegen habe. Erst auf Weisung der "extra dafür erschienenen Geschäftsführerin" habe die Klägerin den Betrieb verlassen. In einer Abmahnung vom 22.11.2013 (Anlage B 9, Blatt 311 f.) sei dieses "weisungswidrige" Verhalten gerügt worden.



- Am 21. Juni 2013 seien die im Betrieb der Beklagten anstehenden Betriebsratswahlen diskutiert worden. Die Klägerin habe wahrheitswidrig dem anwesenden Geschäftsführer der Beklagten die Äußerung zugeschrieben, Mitarbeiter, die einen Betriebsrat gründen, würden entlassen. Zwar habe sich die Klägerin auf Gegenrede entschuldigt. Der Aufforderung, "sich durch einen Aushang in der Firma schriftlich und für alle Mitarbeiter zugänglich zu entschuldigen" sei die Klägerin nicht nachgekommen. Dazu verhalte sich eine Abmahnung vom 18.7.2013. Im Übrigen habe die Klägerin Anfang Dezember 2013 bei einer ähnlichen Äußerung der seinerzeitigen, stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden K. sich bekräftigend an deren Seite gestellt (Anlage B 11, Blatt 315).



- Bei einer Betriebsversammlung am 11.4.2014 habe die Klägerin von der Qualitätsbeauftragten H. angesprochen, ob sie an der Meinung festhalte, dass die "Unterzeichnung der Berichte" nicht erforderlich sei, erwidert, "dass sie die Unterschrift auch weiterhin verweigern würde.



Zunächst verweigerte der Betriebsrat die Zustimmung zur Kündigung der Klägerin. Die Beklagte beantragte bei dem Arbeitsgericht Gera die Ersetzung der Zustimmung (7 BV 1/14). Als dann im Juni 2015 sich der Betriebsrat in neuer Zusammensetzung konstituierte, teilten die neue Vorsitzende und ihre Stellvertreterin im Schreiben vom 11.6.2015 mit:



"dass der Betriebsrat der außerordentlichen Kündigung ... zugestimmt hat"(Blatt 321 GA).



Mit Schreiben vom 11.6.2015, zugegangen am 12.6.2015, sprach die Beklagte eine außerordentliche und fristlose Kündigung gegenüber der Klägerin aus. Hiergegen richtet sich die am 18.6.2015 bei dem Arbeitsgericht Gera eingegangene Klage.



Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei zur Unterzeichnung der von der Beklagten vorgelegten Qualitätsabweichungsberichte nicht verpflichtet. Ein Mitwirkungsverstoß sei nicht konkret vorgetragen.



Die Klägerin hat beantragt,



1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 11.6.2015 nicht aufgelöst wurde,



2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertragsgemäßen Bedingungen als Näherin weiter zu beschäftigen.



Die Beklagte hat beantragt,



die Klage abzuweisen.



Sie hat die Rechtsansicht vorgetragen, der Sachverhalt belege hinreichende Pflichtverstöße der Klägerin, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machten.



Das Arbeitsgericht Gera - 7 Ca 238/15 - hat der Klage mit Urteil vom 27.4.2016 stattgegeben. Kündigungsgründe seien nicht klar, die Abmahnung entweder unwirksam, weil überschießend oder nicht einschlägig. Es moniert weiter einen fehlenden Beweisantritt bei der fehlenden Mitwirkung an der Erstellung der Qualitätsberichte. Hinsichtlich der Feststellung des Arbeitsgerichts wird auf den Tatbestand des Urteils vom 27.4.2016 (Bl. 382 - 384 GA), hinsichtlich der Begründung auf die Entscheidungsgründe (Bl. 384 - 388 GA) verwiesen. Gegen die ihrem Bevollmächtigten am 14.7.2016 zugestellte Entscheidung hat die Beklagte mit am 15.7.2016 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel mit am 22.7.2016 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet.



Die Beklagte vertieft ihre Auffassung, die nachhaltige Weigerung der Klägerin, am Qualitätsmanagement mitzuwirken berechtigte zur sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Insbesondere die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Erforderlichkeit einer weiteren Abmahnung seien unverständlich. Die Beklagte bezweifelt, dass sich die Klägerin bei der Betriebsversammlung am 11.4.2014 in ihrer Rolle als Vorsitzende geäußert habe.



Die Beklagte beantragt,



unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Gera vom 27.4.2016 - 7 Ca 238/15 - die Klage abzuweisen.



Die Klägerin beantragt,



die Berufung zurückzuweisen.



Die Klägerin verteidigt die angegriffene Entscheidung.



Entscheidungsgründe



I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere rechtzeitig. Eingelegt am Tag nach Zustellung der erstinstanzlichen Entscheidung wurde das Rechtsmittel binnen Wochenfrist begründet. Gleichwohl setzen sich die Ausführungen der Rechtsmittelbegründung ausführlich mit den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung auseinander. Das geschah weit vor Ablauf der gesetzlich vorgegebenen Fristen.



II. Gleichwohl führt das Rechtsmittel nicht zu einer Abänderung der im Ergebnis zutreffenden Entscheidung des Arbeitsgerichts. Eine Pflichtverletzung der Klägerin in Zusammenhang mit dem Qualitätsmanagement ist nicht feststellbar, die weiter erhobenen Vorwürfe stehen weder in einem sachlichen noch in einem zeitlichen Zusammenhang.



1. § 626 Abs. 1 BGB erlaubt es jeder der beiden Vertragspartner, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes eine sofortige Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses herbeizuführen, wenn Tatsachen vorliegen, die unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen die Fortsetzung der Beziehung unzumutbar werden lassen. Dieses Gestaltungsrecht gleicht die beiderseitigen Grundpositionen gegeneinander aus, im Fall der arbeitgeberseitigen Kündigung das Trennungsinteresse des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitsplatzsicherungsinteresse des Arbeitnehmers.



"Die erforderliche Überprüfung, ob ein gegebener Lebenssachverhalt einen wichtigen Grund in diesem Sinne darstellt, vollzieht sich zweistufig: Im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB ist zunächst zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls als wichtiger Kündigungsgrund an sich geeignet ist. Liegt ein solcher Sachverhalt vor, bedarf es der weiteren Prüfung, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zumutbar ist oder nicht" (BAG 26.3.2009 AP BGB § 626 Nr. 220 Rn. 21, im Übrigen ständige Rechtsprechung beispielsweise 7. Juli 2005 BAGE 115, 195, 199; 27. April 2006 - BAGE 118, 104, 109 [BAG 27.04.2006 - 2 AZR 386/05] ; 10.6.2010, NZA 2010, 1227 [BAG 10.06.2010 - 2 AZR 541/09] ).



Die Beklagte beruft sich darauf, die Klägerin habe sich beharrlich geweigert, die Arbeit vertragsgemäß zu verrichten. Eine beharrliche Arbeitsverweigerung kann einen Grund zur Lösung des Arbeitsverhältnisses hergeben (nach Stoffels, Vertragsbruch, S. 103 handelt es sich um einen wichtigen Grund "schlechthin"). Damit ist aber zunächst nur eine Nichtleistung insgesamt angesprochen. Bei einer Nichtbefolgung einzelner Aspekte der Arbeitsverrichtung, wie sie aus einer konkreten, unter Umständen wiederholten Ausübung des Direktionsrecht zu entspringen vermag, setzt ein wichtiger Grund eine erkennbar bewusste und nachhaltige Weigerung voraus (BAG 29.8.2013 NJW 2014, 1323 Rn. 23 ff.). Aufgrund der fließenden Grenzen kann das Merkmal der "Nachhaltigkeit" auch im Rahmen der Interessenabwägung zum Tragen kommen (Müller-Glöge, ErfK § 626 BGB Rn. 70a).



2. Eine beharrliche Verweigerung der Klägerin lässt sich aus dem Vortrag der Beklagten nicht belegen. Hinsichtlich der angeblichen fehlenden Mitwirkung fehlt es überhaupt an konkretem Vortrag, die Verweigerung der Unterschrift erfolgte zu Recht. Das entsprechende Verlangen der Beklagten ist unwirksam.



a) Das Qualitätshandbuch schreibt in Kapitel 8.3 (Blatt 207 GA) die Mitwirkung aller Mitarbeiter bei der Ursachenfeststellung bei Qualitätsabweichungen fest. Gegen diese im Rahmen der Direktion festgelegte Pflicht soll die Klägerin verstoßen haben. Die Beklagte hat den Vortrag hinsichtlich einer fehlenden Mitwirkung bei der Feststellung der Produktionsfehler am 18.12.2013 und am 9.4.2014 allerdings stets im Allgemeinen und frei von Tatsachen gehalten.



aa) Hinsichtlich der nicht dem Maßblatt entsprechenden, falschen Ausführung der Bruchbänder heißt es in der Klageerwiderung vom15.9.2015 schlicht sie habe nicht mitgewirkt. "Wegen der Weigerung der Klägerin, an der Erstellung mitzuwirken konnte keine Fehlerursache in dem Bericht vermerkt werden. Das vorgesehene Feld musste leer bleiben." (Seite 12 des Schriftsatzes, Blatt 54 GA). Dieser in der rechtlichen Argumentation nicht seltene Zirkelbeweis ("petitio principi") vermag die Kammer nicht zu überzeugen. Der maßgebliche Qualitätsabweichungsbericht (Anlage B 6 Blatt 307 GA) benennt als Fehlerursache die fehlerhaften Abstände des Bruchbandgummis und als verantwortliche Näherin die Klägerin. Entsprechend greift das Personalgespräch zwei Tage später nicht die fehlende Mitwirkung auf, sondern die Verweigerung der Unterschriftsleistung (Anlage B7 Blatt 308 GA unter "Thema"). Auch die Abmahnung, die in der Folge übergeben wurde, thematisiert zentral die Erforderlichkeit einer Unterschrift, eine Mitwirkung wird marginal unter "und" bzw. "oder" miterwähnt.



bb) Nicht anders verhält es sich mit der seitenverkehrten Applikation des Klettbandes bei den Rückenbändern. Auch hier habe die Klägerin nicht "mitgewirkt". Die Kammer hätte noch Verständnis dafür, wenn die Geschäftsleitung Anstoß nähme an dem Versuch, die "verhunzten" Werkstücke an der Kontrolle der Beklagten vorbei durch neue Halbfertigprodukte zu ersetzen. Stattdessen lässt die Beklagte beanstanden, die Klägerin habe bei der Erstellung des Abweichungsberichtes in ihrer Doppelrolle als "Entdeckerin" und "beteiligte Mitarbeiterin" ihre Mitteilungspflichten verletzt. Immerhin nennt der Bericht (Anlage B 12, Blatt 316) als Ursache der Abweichung die seitenverkehrte Applikation. Wenn die Beklagte hier weitere "Feststellungen" zum Geschehen verlangt, dann beginnt Bürokratie das reale Geschehen in der Produktion zu überkrusten. Sicher kann der "Nähfehler" noch näher beschrieben werden, etwa durch "Unaufmerksamkeit bei der Vorlage der Werkstücke" oder "allgemeine Unaufmerksamkeit". Im Kern bleibt, dass ein Umsetzungsversagen, ein handwerklicher Fehler vorliegt. Für die Kammer genügt diese Feststellung. Sie bedarf keiner weiteren Vertiefung.



cc) Im Weiteren belegt die Handhabung des Qualitätsabweichungsberichts vom 9.4.2014 die Brüchigkeit der Argumentation um den Qualitätsabweichungsbericht vom 18.12.2013. Während bei dem späteren Bericht der Nähfehler als Fehlerursache akzeptiert wurde, wird zuvor die Fehlerursachenbeschreibung offen gelassen. Diese Handhabung ist nicht einheitlich.



dd) Im Rahmen der Berufungsbegründung moniert die Beklagte, es sei in erster Instanz unstreitig, dass die Klägerin ihre Mitwirkung versagt habe (Blatt 11 f. des Schriftsatzes vom 22.7.2016, Blatt 446 f.). Sie führt dazu aus, die Klägerin sei ihrem (pauschalen) Vorwurf nur allgemein entgegengetreten, ohne konkret zu bestreiten. Irgendwelche konkreten Beschreibungen, wie der Dialog zwischen den Qualitätsbeauftragten und der Klägerin ablief, finden sich bis heute nicht im Prozessstoff. Da aber im Ergebnis sowohl für den 18.12.2013 als auch für den 9.4.2014 Berichte erstattet wurden, deren Beweiskraft nicht in Frage steht, verpufft der Vorwurf der Beklagten. Wenn hier das Arbeitsgericht darauf verweist, die mangelnde Mitwirkung sei zudem nicht unter Beweis gestellt (Seite 6 der Gründe oben), ist dies zwar vorgreiflich, aber auch nicht falsch. Denn die Beklagte bezieht sich zur Bekräftigung ihres Vortrags ausschließlich auf Dokumente, hier die bereits benannten Prüfberichte. Erstmals das Verhalten auf der Betriebsversammlung wird dem Zeugenbeweis zugeführt (Klageerwiderung 15.9.2015 Seite 17, Blatt 59 GA). Eine Beweiserhebung verlangt indes einen konkreten Vortrag der zur Darlegung des Kündigungsgrundes verpflichteten Beklagten, erst dann ist ein - entsprechendes - Bestreiten geboten und nur wenn beide Voraussetzungen vorliegen, kann das Gericht eine Beweisaufnahme anordnen.



ee) Der Vorwurf, die Klägerin habe ihre gebotene Mitwirkung bei der Erstellung der Qualitätsabweichungsberichte verweigert, ist im Tatsächlichen nicht greifbar.



b) Die Weigerung, die Qualitätsabweichungsberichte vom 18.12.2013 und vom 9.4.2014 zu unterschreiben, belegen keine Pflichtverletzung, da das entsprechende Verlangen der Arbeitgeberin keine Bindungswirkung zu entfalten vermochte.



aa) Die Klägerin hat die Berichte nicht unterschrieben. Dies folgt aus den Vermerken auf den beiden Berichten, aus dem Protokoll des Personalgesprächs vom 20.12.2013 und aus der am selben Tag übergebenen Abmahnung. Unzweifelhaft hat die Beklagte nicht zuletzt in Person des Geschäftsführers verlangt, dass die Klägerin ihre Unterschrift unter den ersten Qualitätsabweichungsbericht leisten soll. Ähnliches gilt für den zweiten Bericht, bei dem die Anforderung wohl von der Qualitätsbeauftragten D. ausging. Die Beklagte beruft sich mit ihrem Verlangen auf § 106 GewO (Klageerwiderung Seite 25 Blatt 67 GA). Die Notwendigkeit zur Ableistung einer Unterschrift folgt allerdings nicht schon aus der ISO 9001.2008-12. Diese verlangt lediglich ein dokumentiertes Verfahren um nicht qualifizierte Produkte zu kennzeichnen und zu lenken, um ihre Auslieferung in nicht dem Standard entsprechender Qualität in den Warenkreislauf zu verhindern (Kap. 8.3. Blatt 102 GA). Erst im Rahmen der Verbesserung der Produktion wird überhaupt eine Ursachenanalyse zur Vermeidung möglicher Probleme angesprochen (Kap. 8.5.2 und 3). Auch hier steht die Dokumentation im Vordergrund. Dies führt über Kap. 4 zur sorgfältigen Abfassung der Dokumente und zur näheren Bestimmung über den Umgang mit diesen im Qualitätsmanagementhandbuch (Kap. 4.2.2 Blatt 89 R GA). Das Qualitätsmanagement Handbuch wiederum regelt die Rollenverteilung im Einzelnen, weist die Aufgabe der Dokumentation dem Qualitätsbeauftragten zu (Kap. 4 Blatt 149 GA). Dieser erstellt die Dokumente und bestätigt ihre Richtigkeit durch seine Unterschrift. Die an der Produktion von Werkstücken mit Qualitätsabweichungen beteiligten Mitarbeiter sind hingegen nur zur Mitwirkung bei der Information und Dokumentation verpflichte, allerdings "vollumfänglich" (QMHB Kap. 8.3. Blatt 207 GA). Es entspricht damit einem vom Regelwerk nicht erfassten, genuinen Wunsch der Beklagten, dass der an der Erstellung eines fehlerhaften Produktes beteiligte Mitarbeiter an den Feststellungen des Qualitätsbeauftragten mitwirkt und seine Unterschrift gleichfalls unter das vom Qualitätsbeauftragten gefertigte Dokument setzt.



bb) Die kündigungsrechtlichen Konsequenzen der Nichtbefolgung einer Weisung des Arbeitgebers hängt davon ab, ob die Weisung wirksam ist oder nicht. Eine arbeitsvertragswidrige Weigerung liegt nämlich nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer verpflichtet ist, die ihm zugewiesene Handlung vorzunehmen (Zimmermann, in: Gallner/Mestwerdt/Nägele, Kündigungsschutzrecht, 5. Aufl. § 1 Rn. 372). § 106 GewO bindet die Ausübung des Direktionsrechts - wie § 315 Abs. 3 BGB - an billiges Ermessen. Damit muss die Anordnung den beiderseitigen Interessen Genüge tun.



cc) Mit dem Abfordern einer Unterschrift unter einen vom Qualitätsbeauftragten erstellten Bericht erklärt der oder die Unterzeichnende die Richtigkeit der festgestellten Tatsachen. Gerade das hier geforderte Auseinanderfallen von der Herstellung eines Berichts und seiner Unterzeichnung bildet eine Gefahrenquelle für Missverständnisse und Verantwortungszuschreibungen. Häufig - wie die vorliegenden Fälle des Vernähens belegen - geht es um Produktionsfehler, also menschliches Versagen. Mit seiner Unterschrift bekennt sich der mitwirkende Mitarbeiter zum konkreten Geschehensablauf. Dies ist zwar kein Schuldanerkenntnis im Sinne des § 781 BGB, eine indizielle Wirkung im Sinne einer Selbstbelastung (vgl. zu Protokollen bei Verkehrsunfällen: Gehrlein in Bamberger/Roth, BGB, § 781 Rn. 18) schwingt gleichwohl mit. Mithin verlangt die Beklagte von den an Produktionsfehlern beteiligten Mitarbeitern, sich mit ihrer Unterschrift unter ein solches Protokoll tendenziell selbst zu belasten. Die Herstellung fehlerhafter Produkte, das damit verbundene Entwerten von Halbfertigprodukten und Rohlingen mindert den Ertrag im Wertschöpfungsprozess und kann mit Eigentumsverletzungen einhergehen. Eine fehlerhafte Arbeitsleistung kann zugleich auch als mangelhafte Anspannung und damit als Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten zu werten sein. Werden hier frühzeitig Sachverhaltsfestlegungen getroffen, kann dies auf eine spätere Beurteilung ausstrahlen. Damit werden in der Konsequenz die Beweislastregeln des § 619 BGB und des Kündigungsrechts unterlaufen, denn eine spätere Verwendbarkeit solcher Dokumente in späteren Streitigkeiten ist nicht von der Hand zu weisen. Das gilt auch dann, wenn diese derzeit nicht intendiert sein sollte.



Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung Wert darauf gelegt, der Beklagten eine Brücke zu bauen. Sie hat dem mündlich vorgetragenen Ziel, die Mitarbeiter im Sinne einer Vermeidung künftiger Fehler einzubeziehen, Rechnung getragen. Denn in der Tat kann die Kenntnis und Analyse einer Fehlproduktion vor dem Hintergrund gleich bleibender Abläufe zur Vermeidung des gleichen Fehlers in Zukunft beitragen. Dazu bedarf es aber nicht der Unterschrift in der geforderten Form. Möglich ist dies nämlich auch, wenn der Mitarbeiter nur bestätigt, bei der Schadensfeststellung gehört zu sein und die Wertung des Qualitätsbeauftragten zur Kenntnis genommen zu haben. Dann sind Analyse und Dokumentation gesichert, aber der Mitarbeiter hat zugleich die Möglichkeit, sich eine abweichende Sicht oder Wertung vorzubehalten, ein Aspekt, der im Eifer der konkreten Qualitätssicherung gelegentlich unterzugehen droht. Die Klägerin war bereit, einen solchen Kompromiss mit zu tragen. Der Geschäftsführer der Beklagten sah keinen Anhalt, an dem von ihm geforderten Prozedere zu zweifeln.



Eine Qualitätssicherung, die an Fehlproduktionen beteiligte Mitarbeiter zwingt, die Tatsachenfeststellung des Qualitätsbeauftragten mit ihrer Unterschrift bestätigend "abzusegnen" steht im Widerspruch zu dem fundamentalen Interesse der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerin, sich hinsichtlich der Ursachenfeststellung ein eigenes Urteil zu bilden. Die Möglichkeit wollte die Beklagte der Klägerin abschneiden. Das ist zunächst einmal unbillig.



dd) Die Beklagte kann auch nicht mit dem Argument gehört werden, auch etwa unbillige Weisungen seien entsprechend der Rechtsprechung des BAG zunächst bindend. In der Konsequenz dieser Auffassung müsste die Klägerin ihre Interessen hintanstellen und die Anordnung der Beklagten zur jeweiligen Unterzeichnung befolgen. Diese Rechtsauffassung ist indes nicht schlüssig. Die herangezogene Entscheidung des BAG vom 22.2.2012 (NZA 2012, 858, 860 insb. Rn. 24) hielt einen Lehrer an eine Versetzungsentscheidung des Schulträgers gebunden, auch wenn diese unbillig sein sollte. Der Kläger des dortigen Verfahrens begehrte Annahmeverzugslohn über mehr als 70.000,00 EUR. Der Arbeitnehmer, so die höchstrichterliche Rechtsprechung, sei gehalten, sich durch die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe gegen eine nur unbillige (!) Weisung zur Wehr zu setzen (vgl. hierzu auch den Vorsitzenden des von Beklagten zitierten Senats: Müller-Glöge, ErfK, § 626 BGB Rn. 74). Die erkennende Kammer lässt es hier ausdrücklich dahinstehen, ob die nachhaltige Kritik an diesem einzeln dastehenden Judikat durchgreift (vgl. Boemke, NZA 2013, 6 ff.; Preis, ErfK, § 106 GewO Rn. 7a). So haben die für den Kündigungsschutz zuständigen Senate stets darauf abgestellt, ob der Arbeitgeber bei der Ausübung des Direktionsrechts den ihm zugewiesenen Spielraum eingehalten hat (BAG 24.2.2011 NZA 2011, 1087; 12.4.1973 EzA § 611 BGB Nr. 12; 28.10.1971 EzA § 626 Nr. 9; 14.2.1963 AP Nr. 22 zu § 66 BetrVG). Eine vermittelnde Meinung (Linck, ArbRHB,§ 45 Rn. 20a) stellt darauf ab, ob aus der Pflicht des Arbeitnehmers zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers abgeleitet werden kann, die Weisung vorläufig hinzunehmen. Nach allen diesen Ansichten vermag nämlich die Weisung der Beklagten Wirkungen nicht zu entfalten. Die bislang hM gestattet es dem Arbeitnehmer, unbillige Weisungen des Arbeitgebers zu ignorieren. Sie hat den Wortlaut des § 315 Abs. 3 BGB, nach welchem nur eine im billigen Ermessen stehende Bestimmung Verbindlichkeit erlangt, auf ihrer Seite. Nach der vermittelnden Ansicht käme es im Rahmen einer Interessenabwägung darauf an, ob die Interessen des Arbeitgebers eine vorläufige Hinnahme einer unbilligen Weisung rechtfertigen. Da aber, wie ausgeführt, das Qualitätsmanagement selbst eine Unterschrift der beteiligten Arbeitnehmer mit Ausnahme der Qualitätsbeauftragten grade nicht vorschreibt, und weil die berechtigten Interessen des Arbeitgebers dies auch nicht erfordern, weil mildere Formen der Dokumentation genügen, gibt es nichts, woraus eine Pflicht zur Rücksichtnahme bei Verkürzung der eigenen Beweissituation abzuleiten wäre. Und schließlich handelt es sich vorliegend nicht um eine schlicht unbillige Festlegung, sondern um eine Regelung, die im Widerspruch zu zentralen Beweislastnormen des Arbeitsrechts steht und die Rechtsposition der betroffenen Arbeitnehmer ohne Grund nachhaltig verschlechtert.



ee) Die Weisungen der Beklagten, die von der Mitarbeiterin D. gefertigten Qualitätsabweichungsberichte vom 18.12.2013 und vom 9.4.2014 zu unterzeichnen, binden die Klägerin nicht.



3. Vorliegend kann die Weigerung, Unterschriften zu leisten, in den von der Beklagten indizierten Fällen nicht als unberechtigt gewertet werden. Eine von der Beklagten hervorgehobene, fehlende Mitwirkung lässt sich schon gar nicht an Tatsachen festmachen. Es fehlt mithin an einer beharrlichen Arbeitsverweigerung, damit auch am wichtigen Grund.



III. Auch die weiter von der Beklagten als Belastung des gegenseitigen Vertrauens ins Feld geführten Umstände vermögen es nicht, zum Ziel der Beklagten, sich von der Klägerin zu trennen, beizutragen.



1. Bei der indizierten Äußerung der Klägerin auf der Betriebsversammlung irritiert zunächst die von der Beklagten zugeschriebene Rolle, die Klägerin habe dort lediglich für sich selbst als betroffene Mitarbeiterin gesprochen, zumal sie "keine Erklärung für den Betriebsrat" abgegeben habe (Berufungsbegründung S. 8, Blatt 443 GA). Das steht im Widerspruch zu den Festlegungen des Gesetzes. Die Betriebsversammlung ist das Forum der Aussprache zwischen dem Betriebsrat und der Belegschaft, §§ 42 BetrVG ff. Sie wird von der Vorsitzenden des Betriebsrates geleitet. Am 11.4.2014 war die Klägerin Vorsitzende des Betriebsrates, mithin für Organisation, Durchführung und Moderation der Veranstaltung verantwortlich. Wenn in diesem Kontext eine Mitarbeiterin die Frage der Protokollierung im Rahmen der Qualitätssicherung anspricht, handelt es sich um eine Angelegenheit des betrieblichen Ablaufs. Es bleibt ein allgemeines Thema, zu dem die Teilnehmer der Betriebsversammlung und auch der Betriebsrat Stellung nehmen kann. Es mutet seltsam an, wenn dort gefallene Äußerungen zur Erhärtung eines vermeintlichen Rechtsbruchs herangezogen werden. Dies kann jedoch dahinstehen, weil die Kammer die Rechtsauffassung der Klägerin nachdrücklich teilt.



2. Die beiden weiteren, von der Beklagten beanstandeten Vorfälle stehen nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang zu der für den Rechtsstreit zentralen, angeblichen Arbeitsverweigerung. Sie sind auch zeitlich verbraucht, für eine eigenständige Begründung des am 11.4.2014 in die Wege geleiteten Gestaltungsrechts im Hinblick auf § 626 Abs. 2 BGB kaum zu verwerten.



a) Am 20.11.2013 wollte die Klägerin arbeiten, obwohl die erforderliche Zustimmung des Betriebsrats für ihren Einsatz nicht vorlag. Das erscheint paradox, wäre es doch Aufgabe der Klägerin, als Vorsitzende des Betriebsrats sich gerade für die Einhaltung der kollektivrechtlichen Bestimmungen zu verwenden. Hier brechen sich - wie nicht selten - Amt und Eigeninteresse. Allerdings hat sich der Arbeitgeber bei der Wahrung der Betriebsverfassung durchgesetzt und die Klägerin hat das Feld geräumt. Eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten lässt sich nicht feststellen, etwaige Amtspflichtverfehlungen sind nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.



b) Bei der Abmahnung liegt eine Auseinandersetzung auf einer Betriebsversammlung zugrunde. Die Klägerin hat zu Unrecht erhobene Vorwürfe zurückgenommen, allerdings nicht in der von der Beklagten gewünschten Form. Die Ereignisse fallen in den Sommer 2013. Zutreffend hat das Arbeitsgericht Zweifel an der Wirksamkeit der erteilten, inzwischen wohl überholten Abmahnung geäußert. Dies kann indes vorliegend dahinstehen. Ebenso kann für die Entscheidung keine Rolle spielen, ob das kryptische Protokoll vom 3.12.2013 (Anlage B 11 Blatt 315 GA) eine Wiederbelebung der angeblichen Verleumdung enthält. Denn der erste Vorwurf betraf die Behauptung bestimmter, angeblicher Äußerungen, im Dezember ist von einer Befürchtung die Rede. Es geht aber darum, ob beim "werbenden" Auftreten für den Betriebsrat die allgemeinen Grenzen gegenseitiger Achtung eingehalten wurden oder nicht. Mit dem konkreten Streitstoff hat das nicht direkt zu tun.



IV. Die Klägerin ist Mitglied des Betriebsrats. Andere Grundlagen jenseits § 626 BGB können zur Beurteilung des Gestaltungsrechts nicht herangezogen werden.



V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Für die Zulassung der Revision besteht kein Anhalt. Die Kammer bewegt sich bei der Entscheidung eines Einzelfalls innerhalb des vorgegebenen Rahmens.

Kotzian-MarggrafBricoStötzer

VorschriftenRL 93/42 EG, § 626 Abs. 1 BGB, § 106 GewO, § 315 Abs. 3 BGB, § 781 BGB, § 619 BGB, §§ 42 BetrVG, § 626 Abs. 2 BGB, § 626 BGB, § 97 Abs. 1 ZPO

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr