23.01.2018 · IWW-Abrufnummer 199005
Landesarbeitsgericht Thüringen: Beschluss vom 23.04.2014 – 4 TaBV 8/13
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Erfurt vom 07.03.2013 - Az.: 1 BV 16/12 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten im Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG über die zutreffende tarifliche Eingruppierung der Mitarbeiterin S R.
Die Beteiligte zu1) ist eine Nachrichtenagentur mit rund 1.200 Mitarbeitern weltweit. In Deutschland unterhält sie rund 50 Büros, unter anderem auch das Außenbüro für den Landesdienst Thüringen in E.......... Der Beteiligte zu 2) ist der dort bestehende Betriebsrat.
Die Vergütung der Arbeitnehmer bestimmt sich nach einem tariflichen Entgeltsystem. Der Gehaltstarifvertrag vom 07.12.2006 enthielt bis zum 31.12.2006 sieben und ab dem 01.01.2007 fünf Gehaltsgruppen sowie eine Regelung für Bestandsfälle. Soweit vorliegend von Bedeutung enthielt der Tarifvertrag folgende Regelungen:
"3.a) Gehaltssätze für Redakteure/innen ab 01.02.2006
3. b) Gehaltssätze nach der zum 01.01.2007 vereinbarten Berufsjahresstaffel
3. c) Bestandsfälle
Für Redakteure/innen, die in 2007 nach der bis zum 31.12.2006 geltenden Berufsjahresstaffel (s. 3 a) in eine höhere Altersgruppe springen würden, bleibt es bei diesem Sprung. Für Redakteure/innen, die bis zum 31.12.2008 in die Gruppe III b der bis zum 31.12.2006 geltenden Berufsjahresstaffel (s. 3 a) springen würden, bleibt es ebenfalls bei diesem Sprung. Künftige lineare Gehaltserhöhungen erfolgen ohne Verrechnung auf der Basis der so erreichten persönlichen Tarifgehälter.
6. dpa-Dienstjahre
Redakteure mit einer ununterbrochenen Zugehörigkeit zur dpa sind nach fünf Jahren in Gruppe II b.), nach zehn Jahren in Gruppe III a.) und - bis zum 31.12.2008 - nach 15 Jahren in Gruppe III b.) einzustufen.
7. Gehalt der Gruppe IV
Das Gehalt der Gruppe IV wird zwischen dpa und dem/der Redakteur/in frei vereinbart. Das Monatsgehalt soll das jeweilige Tarifgehalt zuzüglich der höchsten Zulage angemessen überschreiten."
Wegen des Inhalts des Tarifvertrags im Übrigen wird auf Bl. 30 - 36 d. A. verwiesen.
Die Mitarbeiterin S R ist seit dem 01.09.1981 als Redakteurin tätig und seit dem 01.10.1990 bei der Antragstellerin angestellt. Seit dem 01.05.2003 war sie als Dienstchefin in die Gehaltsgruppe IV eingruppiert.
Im Jahr 2011 führte die Arbeitgeberin eine Strukturreform der journalistischen Prozesse im Inland durch, in deren Folge u. a. die Hierarchieebene der Dienstchefs entfiel. Die ehemaligen Dienstchefs wurden in der Folge auf Positionen als regionale Nachrichtenchefs oder Außenbüroleiter versetzt. Betroffen von der Strukturreform war auch die Mitarbeiterin R, welche von ihrer bisherigen Stellung als Dienstchefin auf die Position einer Außenbüroleiterin für das E Büro versetzt wurde.
Die Beteiligte zu 1) bat den Betriebsrat mit Schreiben vom 24.11.2011 um die Zustimmung zur Versetzung und Eingruppierung in die Gehaltsgruppe III (Bl.25 d. A.). Der Betriebsrat erbat mit Schreiben vom 25.11.2011 (Bl. 26 d. A.) weitere Informationen, welche mit Schreiben vom 01.12.2011(Bl. 27f d. A.) erteilt wurden. Mit E-Mail vom 08.12.2011(Bl. 29 d. A.) nahm der Betriebsrat die beabsichtigte Versetzung zur Kenntnis, widersprach aber der Eingruppierung in die Gehaltsgruppe III, da Frau R 2006 ihr 25. Berufsjahr vollendet habe und mehr als 15 Jahre ununterbrochene Zugehörigkeit zur dpa aufzuweisen gehabt habe, Die Gehaltsgruppe IV sei eindeutig an die Berufsjahresstaffel gekoppelt, sodass Grundlage der Vergütung der Frau R nach der Gehaltsgruppe IV die Gehaltsgruppe III b gewesen sein müsse. Eine Umgruppierung wegen ihres Funktionswechsels vom Dienstchef zur Außenbüroleiterin könne daher nur in die Gruppe III b erfolgen. Ansonsten werde die Mitarbeiterin gegenüber anderen Kolleginnen mit gleichen Dienstjahren benachteiligt, die keine leitende Funktion übernommen hätten und in dieser Zeit in die III b eingruppiert worden seien."
Mit am 24.05.2012 beim Arbeitsgericht Erfurt eingegangenen Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten beantragte die Beteiligte zu 1) die verweigerte Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur beabsichtigten Eingruppierung zu ersetzen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Mitarbeiterin R sei zutreffend in die Gehaltsgruppe III des Gehaltstarifvertrages umzugruppieren, da seit dem 01. Januar 2007 für sämtliche Eingruppierungen die neue Berufsjahresstaffel gelte, welche lediglich eine einheitliche Gehaltsgruppe III vorsehe. Da Frau R unstreitig nicht mehr die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Gehaltsgruppe IV erfülle, sei sie nach der seit dem 01. Januar 2007 geltenden Regelung in die Gehaltsgruppe III umzugruppieren. Sämtliche Ein-, Um- und Rückgruppierungen seien ausschließlich nach der neuen Berufsjahresstaffel vorzunehmen, soweit kein Bestandsfall vorliege. Die Mitarbeiterin R gehöre jedoch nicht zu den Bestandsfällen des Gehaltstarifvertrages.
Die Ausnahmeregelung der Bestandsfälle sei klar und abschließend. Der darin geregelte Vertrauensschutz für die Beschäftigten solle nur die im Einzelnen benannten Aufstiegschancen umfassen, nicht hingegen die Fortschreibung der gesamten bisherigen Berufsjahresstaffel. Zwischen den Beteiligten bestehe zwar Einigkeit, dass der Gehaltstarifvertrag keine gesonderte Regelung zu der Frage enthalte, wie solche Mitarbeiter ab dem 01. Januar 2007 einzugruppieren seien, die aufgrund eines Verlustes ihrer Leitungsfunktion aus der Gehaltsgruppe IV rückgruppiert werden müssten. Hieraus folge jedoch nicht, dass diese Mitarbeiter in die Gehaltsgruppe III b einzugruppieren seien. Die tarifvertragliche Regelung der Bestandsfälle sei von ihrem Wortlaut her abschließend.
Darüber hinaus hätten sich die Tarifvertragsparteien erkennbar für eine strikte Trennung der Gehaltsstruktur für leitende und nicht leitende Redakteure entschieden. Letztere seien ausschließlich anhand der Anzahl der zurückgelegten Berufsjahre bzw. Dienstjahre eingruppiert worden, während für leitende Redakteure die Eingruppierung unabhängig von der Anzahl der Berufs- bzw. Dienstjahre allein aufgrund der übertragenen Leitungsfunktion erfolgt sei. Die Eingruppierung in die Gehaltsgruppe IV knüpfe daher maßgeblich nicht an die Berufsjahre, sondern an die Tätigkeit an. Etwas anderes lasse sich auch nicht aus der Regelung unter Ziff. 7 des Gehaltstarifvertrages herleiten, wonach das Monatsgehalt der leitenden Redakteure das jeweilige Tarifgehalt angemessen überschreiten solle.
Die Beteiligte zu 1) hat beantragt, die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zu der Umgruppierung der Außenbüroleiterin Frau S R in die Gehaltsgruppe III gemäß Ziff. 3. b) des Gehaltstarifvertrages zwischen der Beteiligten zu 1) und dem Deutschen Journalistenverband e.V. sowie der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) zu ersetzen. Der Beteiligte zu 2) hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, Redakteure seien nach dem Wegfall ihrer Leitungs- und Führungsaufgabe nach wie vor in die Gehaltsgruppe III b einzugruppieren, wenn sie die Voraussetzungen für die Gehaltsgruppe III b zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Berufsjahresstaffel bereits erfüllt hätten, was bei der Mitarbeiterin R der Fall sei.
Der Gehaltstarifvertrag sehe zwar keine ausdrückliche Regelung für Redakteure vor, welche in die Gehaltsgruppe IV eingruppiert gewesen und durch einen späteren Wegfall ihrer Leitungsposition wieder in eine der übrigen Gehaltsgruppen einzustufen seien. Die Eingruppierung dieser Mitarbeiter ergebe sich jedoch aus einer Auslegung des Tarifvertrages .Die Zuordnung der Gehaltsgruppen nach dem Gehaltstarifvertrag für Redakteure erfolge aufgrund der zurückgelegten Berufsjahre. Je länger ein Redakteur in seinem Beruf tätig oder ununterbrochen bei der dpa beschäftigt sei, desto höher sei das Gehalt. Dies gelte auch für Redakteure mit besonderen Funktionen und mit Leitungsfunktionen. Soweit Leitungsfunktionen mit Führungsaufgaben übertragen würden, richte sich zwar das Gehalt nach einer frei zu treffenden Vereinbarung. Hinsichtlich der Höhe sei jedoch im Tarifvertrag vorgeschrieben, dass das Monatsgehalt das "jeweilige Tarifgehalt" zzgl. der höchsten Zulage angemessen überschreiten solle. Damit nehme auch die Gehaltsgruppe IV bei der Festlegung des Mindestgehaltes Bezug auf die nach Berufsjahren gestaffelten Gehaltsgruppen und verpflichte die Arbeitgeberin, bei der freien Vereinbarung des Gehaltes von der Gehaltshöhe auszugehen, die sich bei einer Eingruppierung entsprechend den zurückgelegten Berufsjahren / dpa-Dienstjahren ergebe. Die Regelung der Bestandsfälle in Ziff. 3 c) des Gehaltstarifvertrages habe die bisherige Aufgliederung in sieben Gehaltsgruppen aufrechterhalten. Dadurch sei der Wille der Tarif-Vertragsparteien zum Ausdruck gekommen, auch für die Zukunft an den mit der neuen Berufsjahresstaffel abgeschafften Zwischenstufen (II a und III b) festzuhalten, sofern die Redakteure die Voraussetzung für eine dieser Gehaltsgruppen bereits erreicht hätten. Die Bestandsregelung des Gehaltstarifvertrages habe daher zur parallelen Anwendbarkeit beider Berufsjahresstaffeln auf unbestimmte Dauer geführt. Soweit Redakteure bei Inkrafttreten des Gehaltstarifvertrages zum 01.01.2007 bereits die Voraussetzung für eine der in Ziff. 3. b) aufgeführten Gehaltsgruppen erreicht hätten, habe es auch in Zukunft beim Bestand dieser Gehaltsgruppen bleiben sollen. Auch die Mitarbeiterin Rothe habe diese Voraussetzungen zum 01.01.2007 bereits erfüllt. Sie sei daher in die Gehaltsgruppe III b einzugruppieren. Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten im Übrigen der tatsächlichen Feststellungen des Arbeitsgerichts und der gestellten Anträge wird auf die Gründe des erstinstanzlichen Beschlusses Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen, da die Mitarbeiterin R nicht in die Gehaltsgruppe III, sondern in die Gehaltsgruppe III b des Gehaltstarifvertrages einzugruppieren sei. Gegen diesen ihr am 10.05.2013 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts hat die Beteiligte zu 1) mit einem am 23.05.2013 per Telefax beim Beschwerdegericht eingegangenen Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten Beschwerde eingelegt und diese mit einem am 13.06.2013 ebenfalls per Telefax beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Hierin macht die Beteiligte zu 1) und Beschwerdeführerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens geltend, die Entscheidung des Arbeitsgerichts berücksichtige nicht hinreichend, dass die Bestandsfallregelung eine eng zu verstehende Ausnahme vom Regelfall der neuen Berufsjahresstaffel darstelle. Diese stelle eine von den Tarifvertragsparteien getroffene grundsätzliche Regelung dar, die alle Ein- und Umgruppierungen nach dem 01.01. 2007 erfasse. Bei der Auslegung der tariflichen Regelungen sei zwischen den Regelungen in Ziffer 3 c) und Ziff.7 des Gehaltstarifvertrags zu differenzieren. Ziffer 3 c) des Tarifvertrages könne weder vom Wortlaut noch aus systematischen oder teleologischen Erwägungen entnommen werden, dass für leitende Redakteure der Gehaltsgruppe IV zugleich eine der berufsjahresabhängigen niedrigeren Gehaltsgruppen habe fortgeschrieben werden sollen. Gleiches gelte aber auch für die Regelung der Ziffer 7 des Gehaltstarifvertrags, sodass dem Zustimmungsersetzungsantrag zu entsprechen sei. Wegen des Vorbringens der Bet. zu 1) in der Beschwerdeinstanz im Einzelnen wird auf den Inhalt ihres Beschwerdebegründungsschriftsatzes vom 12.08.2013 sowie ihres Schriftsatzes vom 18.03. 2014(Bl. 192-203, 231 - 233 d. A.)ergänzend Bezug genommen.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Erfurt vom 07.03.2013 abzuändern und die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zu der Umgruppierung der Außenbüroleiterin Frau Simone Rothe in die Gehaltsgruppe III gemäß Ziff. 3. b) des Gehaltstarifvertrages zwischen der Beteiligten zu 1) und dem Deutschen Journalistenverband e.V. sowie der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) zu ersetzen.
Die Beteiligte zu 2) beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung als zutreffend und vertritt die Auffassung, vor dem Hintergrund der von den Tarifvertragsparteien gewollten Bestandsregelung sei nicht nachvollziehbar, dass ein leitender Redakteur mit mehr als 15 Berufsjahren z. B. bei Verlust seiner leitenden Funktion schlechter gestellt werden solle als ein Redakteur ohne diese Funktion oder leitende Redakteure, die dies Funktion bereits vor dem Stichtag verloren hätten oder zu diesem Zeitpunkt erst 14 Berufsjahre aufzuweisen gehabt hätten. Die Bestandsfallregelung stelle auch keine Ausnahme dar, sondern stehe gleichberechtigt neben der neuen Struktur. Die Aufnahme der Gehaltsgruppe IV in die Beschreibung der Bestandsfälle sei zudem ein Indiz dafür, dass auch leitenden Redakteuren habe Bestandsschutz gewährt werden sollen. Wegen des Vorbringens der Bet. zu 2) in der Beschwerdeinstanz im Einzelnen wird auf den Inhalt ihres Beschwerdeerwiderungsschriftsatzes vom 21.10.2013 (Bl. 217 - 223 d. A.) ergänzend Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Das Arbeitsgericht hat zur Begründung seiner den Antrag zurückweisenden Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, der Beteiligte zu 2) habe mit seiner E-Mail vom 08.12.2011 der Umgruppierung form- und fristgerecht widersprochen, da die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG erst mit seiner vollständigen Unterrichtung per E-Mail vom 01.12.2011 zu laufen begonnen und seine E-Mail vom 08.12.2011 dem Schriftformerfordernis nach § 126 b BGB und inhaltlich dem Begründungerfordernis für die Zustimmungsverweigerung gemäß § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG genügt habe. Die vom Beteiligten zu 2) verweigerte Zustimmung sei auch nicht zu ersetzen, da die Mitarbeiterin R..... nicht gemäß Ziffer 3b) Gehaltsgruppe III, sondern gem. Ziffer 3c) Gehaltsgruppe III b des Gehaltstarifvertrages einzugruppieren sei. Der Gehaltstarifvertrag enthalte zwar keine ausdrückliche Regelung für die Umgruppierung eines leitenden Redakteurs der Gehaltsgruppe IV, dessen Führungsaufgaben weggefallen seien, dieses Ergebnis ergebe sich aber aus einer systematischen und teleologischen Auslegung des Tarifvertrags. Mit der Regelung in Ziffer 7 des Tarifvertrags, wonach das Monatsgehalt eines leitenden Redakteurs das "jeweilige Tarifgehalt" unter Hinzuziehung der höchsten Zulage angemessen überschreiten solle, hätten die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck gebracht, dass auch die Einstufung eines leitenden Redakteurs maßgeblich von den zurückgelegten Berufsjahren abhängen solle. Bei der freien Vereinbarung des Gehaltes sei nämlich zunächst das Gehalt zu ermitteln gewesen, welches der leitende Redakteur entsprechend seiner zurückgelegten Berufsjahre zu erhalten gehabt hätte. Dieses Gehalt habe dann mit Blick auf die Führungsaufgaben um die höchste Zulage und eine weitere Zulage aufgrund der besonderen Verantwortung erhöht werden sollen. Auch eine Auslegung des Gehaltstarifvertrages nach dessen Sinn und Zweck ergebe, dass leitende Redakteure Im Fall einer Umgruppierung wegen Entfallens der Führungsaufgaben ebenso einzugruppieren seien wie Mitarbeiter, welche keine Leitungsaufgaben innegehabt hätten. Die Bestandsregelung habe den Zweck, Redakteuren das Tarifgehalt zu sichern, das sie mit Erreichen einer bestimmten Anzahl von Berufsjahren sowie eines bestimmten Dienstalters erreicht haben. Das gleiche Sicherungsbedürfnis bestehe auch für Mitarbeiter, die diese Voraussetzungen ebenfalls erfüllten und zusätzlich Führungsaufgaben übernommen hätten. Andernfalls werde ein leitender Redakteur, sobald er seine leitende Funktion verliere, bei gleichen Berufsjahren und Dienstalter gegenüber Redakteuren ohne eine solche Funktion ebenso schlechter gestellt wie gegenüber leitenden Redakteuren, welche ihre Leitungsfunktion bereits vor Inkrafttreten der neuen Berufsjahresstaffel verloren hätten. Aus dem Sinn und Zweck der Bestandsregelung ergebe sich daher, dass leitende Redakteure in gleicher Weise wie die übrigen Redakteure ein schützenswertes Interesse an der Sicherung des erreichten Tarifgehaltes hätten. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Bestandsschutzregelung einen Sprung in die Gehaltsgruppe III b nur bis zum 31.12.2008 ermögliche. Für die Mitarbeiterin R sei diese Regelung nicht von Belang, weil sie schon vor dem 31.12.2006 die für die Gehaltsgruppe III b erforderlichen 25 Berufsjahre und 15 dpa-Dienstjahre erreicht habe und ohne ihre leitende Funktion bereits zum 01.01.2007 in die Gehaltsgruppe III b eingruppiert gewesen wäre.
Dieser Auffassung des Arbeitsgerichts schließt sich die erkennende Kammer im Ergebnis an. Die vom Betriebsrat mit Schreiben vom 27. Juli 2011 verweigerte Zustimmung ist nicht nach § 99 Abs. 4 BetrVG zu ersetzen, da der Betriebsrat seine Zustimmung form- und fristgerecht zu Recht unter Berufung auf § 99 Abs. 2 S. BetrVG verweigert hat. Die personelle Einzelmaßnahme verstößt gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag, da Frau Rothe zustehende Gehaltsgruppe 3 c III b einzugruppieren ist.
Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dem für die Auslegung vom Gesetzen geltenden Regeln. Bei der Ermittlung des Inhaltes der Tarifnorm ist zunächst vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelnden Wortsinn auszugehen. Darüber hinaus kommt es auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Bestimmungen an. von besonderer Bedeutung sind ferner der Sinn und Zweck der Regelung. Der tatsächliche Wille der Tarifvertragsparteien ist zu berücksichtigen, soweit er in den Regelungen seinen Niederschlag gefunden hat. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktischen, brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt (BAG Urteil vom 22.04.2010 - 6 AZR 962/08 - AP Nr. 2 zum § 12 TVÜ). Das Arbeitsgericht hat im Ausgangspunkt seiner Erwägungen zutreffend festgestellt, dass der Wortlaut der tariflichen Regelung nicht eindeutig ist. Sie enthält weder für den Zeitraum der Geltung der neuen Berufsjahresstaffel ab 01.01.2007 noch für die Zeit davor eine ausdrückliche Regelung für den Fall einer Herabgruppierung leitender Redakteure aus der Gehaltsgruppe IV in eine niedriger Gehaltsgruppe. Lässt man die Bestandsfallregelung zunächst außer Betracht, bedürfte es einer solchen Regelung aber auch nicht, weil sie sich, worauf die Beschwerde zutrifft hinweist, eindeutig aus den Ziffern 3 a), 3 b), und 6 des Tarifvertrages ergibt. Entfiel die Leitungsfunktion eines in die Gehaltsgruppe IV eingruppierten Redakteurs im Zeitraum vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2006, war er nunmehr in die Gehaltsgruppe einzugruppieren, die sich aus der Anzahl der zum Zeitpunkt der Wegfalls der Leitungsfunktion zurückgelegten Berufsjahre gem. Ziff. 3 a) bzw. dpa-Dienstjahre gemäß Ziff. 6 ergaben. Nichts anderes galt für eine Herabgruppierung aus der Gehaltsgruppe IV ab dem 01.01.2007, nach der sich die neue Gehaltsgruppe nach der Zahl der zurückgelegten Berufsjahre gem. Ziff. 3 b) errechnete. Einen Bestandsschutz vermitteln dagegen die Regelungen gem. Ziff. 3 c) und 6, die die Höherstufungsregelung für Redakteure enthalten, die nach der bis zum 31.12.2006 geltenden Berufsjahresstaffel noch im Jahr 2007 durch Veränderung einer höheren Berufsjahresstufe in eine höhere Gehaltsgruppe gelangt wären und erstrecken sie für die Gehaltsgruppe 3 b) zeitlich bis zum 31.12.2008. Auch wenn man diese Bestandsregelung der Ziffern 3 c) und 6 mit der Beteiligten zu 1) als eng auszulegende Ausnahmeregelung ansieht, folgt hieraus entgegen deren Auffassung jedoch noch nicht, dass ihre Anwendung für eine nach dem 31.12.2007 bzw. nach dem 31.12.2008 erfolgende Herabgruppierung generell ausgeschlossen ist. Auch unter Zugrundelegung dieser Prämisse stellt die Bestandsregelung nämlich einen eigenständigen Bestandteil der Vergütungsstruktur dar, deren gegenständlicher Bereich durch Auslegung zu ermitteln ist. Die Beschwerde weist allerdings ebenfalls zutreffend darauf hin, dass sich aus Ziff. 7 des Tarifvertrages entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts kein auf systematische Erwägungen gestütztes Argument für die Auslegung der Bestandsregelung herleiten lässt, weil diese Vorschriften die Höhe der Gehälter leitender Redakteure bestimmt, aber keinen Anhaltspunkt dafür bietet, welche Gehaltsgruppen nach einer Herabgruppierung zum Redakteur einschlägig ist. Insoweit kann auch dahingestellt bleiben, ob mit dem Arbeitsgericht aus der Bezugnahme auf das "jeweilige Tarifgehalt" in Ziff. 7 geschlossen werden kann, dass sich auch das Gehalt der leitenden Redakteure mittelbar an den zurückgelegten Berufsjahren orientieren sollte oder ob in Übereinstimmung mit der Beschwerde nicht mehr dafür spricht, dass für alle leitenden Redakteure unabhängig von deren zurückgelegten Berufsjahren bezüglich der zu treffenden Gehaltsvereinbarung auf das jeweils höchste Tarifgehalt Bezug genommen wird.
Das Arbeitsgericht hat jedoch zutreffend ausgeführt, dass Sinn und Zweck der Bestandsregelung entscheidend dafür sprechen, dass diese nach dem Willen der Tarifvertragsparteien unabhängig vom Zeitpunkt von deren Herabgruppierung für solche leitenden Redakteure Geltung beanspruchen sollte, die bis zu den Stichtagen 31.12.2007 bzw. 31.12.2008 für die Gehaltsgruppe 3 c) II b die erforderlichen Berufs- oder dpa-Dienstjahre vollendet hatten. Dem steht auch nicht entgegen, dass, wie die Beschwerde zutreffend ausführt, grundsätzlich nur die jeweils am 01.01.2007 nach der alten Staffel innegehabte Gehaltsgruppe beibehalten werden und mit der befristeten Ermöglichung weitere Gehaltsgruppensprünge bis 31.12.2007 bzw. 31.12.2008 das Vertrauen ob nach alter Gehaltsstaffel binnen dieser Zeiträume bevorstehende Gehaltssprünge geschützt werden sollten. Das Arbeitsgericht hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass Redakteure in Leitungsfunktionen, die zu den Stichtagen 31.12.2007 bzw. 31.12.2008 über eine gleiche Anzahl von Berufs- oder Dienstjahren verfügten, ein nicht weniger schützenswertes Interesse an der Berücksichtigung dieser Berufs- bzw. Dienstzeiten hatten als Kollegen ohne diese Funktion bei gleichen Berufs- oder Dienstjahren. Da die Tarifvertragsparteien sogar den Schutz der Aufstiegschancen einzelner Redakteure in eine höhere Gehaltsgruppe gewährleistete haben, wäre es zudem widersprüchlich, das Vertrauen leitender Redakteure, welche zu den Stichtagen die erforderlichen Berufs- oder Dienstjahre zurückgelegt hatten, auf Anrechnung dieser Zutaten unberücksichtigt zu lassen. Hierin läge, worauf das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat, eine Schlechterstellung sowohl gegenüber Redakteuren ohne Leitungsfunktion mit gleicher Dienstzeit als auch gegenüber Kollegen in Leitungsfunktion, die diese Funktion bereits vor In Krafttreten dieser Berufsjahresstaffel verloren hatten. Soweit die Beteiligte zu 1) die Auffassung vertritt, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts liege bei dem von ihnen zugrunde gelegten Verständnis keine Schlechterstellung herabgruppierter leitender Redakteure vor, da diese eine herausgehobener Stellung innehätten, einer anderen Gehaltsgruppe zugeordnet seien und ein deutlich höheres Gehalt erzielten, übersieht sie, dass leitende Redakteure während der Ausübung ihrer Leitungsfunktion eben auch Redakteure waren. Zudem sind die von der Bet. zu 1) genannten Differenzierungsmerkmale nach Verlust der Leitungsfunktion gerade nicht mehr gegeben sind und können einer Vergleichbarkeit dementsprechend auch nicht mehr entgegenstehen. Zutreffend ist schließlich auch der Hinweis des Beteiligten zu 2), dass es nicht nachvollziehbar wäre, einen Redakteur, der aus Gehaltsgruppe 3 b) in die Gruppe 4 höhergruppiert worden sei, bei Verlust seiner Leitungsfunktion nicht als Bestandsfall einzusehen, wodurch er sogar bereits seines vor der Höhergruppierung erdienten Besitzstands verlustig ginge. Ein solches sich nach der von der Beteiligten zu 2 vertretenen Auffassung ergebendes Ergebnis wäre nicht nachzuvollziehen. Dabei ist es für die Auslegung des Tarifvertrags entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2) unerheblich, dass diese Konstellation vorliegend im Fall der Frau R nicht gegeben war, da diese aus Gehaltsgruppe III a in die Gehaltsgruppe IV aufgestiegen war.
Im Ergebnis war daher die Beschwerde der Beteilten zu 1) in dem Beschluss des Arbeitsgerichts zurückzuweisen.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf der grundsätzlichen Bedeutung der Sache.