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04.01.2018 · IWW-Abrufnummer 198669

Finanzgericht Schleswig-Holstein: Urteil vom 18.07.2017 – 4 K 34/16

1. Der in § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG geregelte Genehmigungsvorbehalt ist erfüllt, wenn eine Genehmigung für die Beförderung von Personen im Linienverkehr mit Schiffen nach Landesrecht nicht vorgesehen ist. Das Finanzgericht hat in diesem Fall eigenständig zu prüfen, ob eine begünstigte Personenbeförderung vorliegt.

2. Die Auslegung des Merkmals des Linienverkehrs mit Schiffen in § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG richtet sich nach der verkehrsrechtlichen Bedeutung des Linienverkehrs, die sich aus den Vorschriften des für die Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen geltenden PBefG ergibt.

3. Eine Stadtrundfahrt mit Schiffen, bei der ein Wechsel der Fahrgäste aufgrund fehlender Zwischenhaltestellen regelmäßig nur an zwei Anlegern zu Beginn und am Ende der Rundfahrt stattfindet, stellt keinen ermäßigt besteuerten Linienverkehr dar.


FG Schleswig-Holstein

18.07.2017

4 K 34/16

In dem Rechtsstreit
wegen Umsatzsteuer 2012

hat der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts am 18. Juli 2017 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Umsätze des Klägers aus Stadtrundfahrten und weiteren Schiffsfahrten dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unterliegen.

Der Kläger betreibt mit der A auf den Gewässern in M und der näheren Umgebung Personenschifffahrt. Im Streitjahr 2012 führte der Kläger mit der A sowohl Stadtrundfahrten auf der O und um die Stadt M als auch Schiffsfahrten nach Q, zum See S und nach U sowie Charterfahrten durch.

Die Schiffsfahrten nach Q und zum See S sowie die Fahrten nach U wurden nur durchgeführt, wenn sich insbesondere durch Gruppenanmeldungen eine ausreichende Anzahl an Personen zum vorgesehenen Abfahrtstermin zusammenfand. Einzelfahrgäste wurden bei telefonischer Anfrage darauf hingewiesen, dass die Fahrten nur bei ausreichender Fahrgastanzahl durch Gruppenanmeldungen durchgeführt würden. Eine gesonderte Genehmigung für die vom Kläger durchgeführten Schiffsfahrten ist nach dem Landesrecht Schleswig-Holsteins nicht erforderlich. Die Beförderungsstrecken betrugen für alle Schiffsfahrten weniger als 50 km.

Die Stadtrundfahrten wurden im Streitjahr in der Hauptsaison täglich von 10-18 Uhr in halbstündigem Rhythmus mit der MS C und der MS E durchgeführt. Eine Rundfahrt dauerte etwa eine Stunde. Die Fahrgäste erhielten während der Fahrt Informationen zu Geschichte, Kultur und Architektur der Stadt M. Das Beförderungsentgelt betrug im Streitjahr für Erwachsene einheitlich 9 €. Eine Ermäßigung für Teilstrecken wurde nicht gewährt. Im Beförderungsentgelt waren weder die Teilnahme an Führungen noch Eintritte zu Sehenswürdigkeiten enthalten. Ausgangspunkt der Stadtrundfahrten war der auf der Uferseite zur Altstadt der Stadt M belegene Anleger V. Weitere Fahrgäste wurden am 500m entfernten Anleger W auf der anderen Uferseite aufgenommen. Bei diesen Fahrgästen handelte es sich um Reisegruppen, die mit dem Bus angereist waren, und um Einzelpersonen, die auf dem nahegelegenen Parkplatz ihre Fahrzeuge abgestellt hatten. Nach Abschluss der Rundfahrt konnten die Fahrgäste nach ihrer Wahl an einem der beiden Anleger unabhängig davon aussteigen, ob sie dort auch zugestiegen waren. Für die MS C und die MS E erhielt die A von der Stadt M die hafenbehördliche Erlaubnis zur Nutzung der Liegeplätze V und W sowie der öffentlichen Liegeplätze X, Y und Z zum Zwecke der Passagierabfertigung bzw. des Überliegens.

Mit der Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr meldete der Kläger Umsatzsteuer in Höhe von 9.525,09 € an. Der Steueranmeldung lagen steuerpflichtige Umsätze zum Regelsteuersatz in Höhe von 27.131 € zugrunde, die sich aus den Umsätzen aus Charterfahrten ergaben. Die Umsätze aus Stadtrundfahrten und den übrigen Schiffsfahrten in Höhe von insgesamt 142.921 € behandelte der Kläger als steuerpflichtige Umsätze zum ermäßigten Steuersatz. Eine getrennte Aufzeichnung der Umsätze aus Stadtrundfahrten nahm der Kläger im Streitjahr nicht vor.

Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für das Streitjahr vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die vom Kläger durchgeführten Stadtrundfahrten nicht als Linienverkehr i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG anzusehen sei, da die Fahrten ohne die Möglichkeit zum planmäßigen Verlassen des Schiffes zum Ausgangspunkt zurückgeführt hätten. Die vom Kläger erklärten steuerpflichtigen Umsätze zum ermäßigten Steuersatz in Höhe von 142.921 € unterlägen damit dem Regelsteuersatz; die steuerpflichtigen Umsätze zum Regelsteuersatz seien daher um 128.509 € auf 155.640 € zu erhöhen.

Der Beklagte schloss sich der Auffassung des Prüfers an und setzte die Umsatzsteuer für 2012 mit Bescheid vom 23. Juli 2014 in Höhe von 23.937,33 € fest. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 21. August 2014 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 26. Februar 2016 als unbegründet zurückwies. Die Stadtrundfahrten seien nach der Eigenwerbung des Klägers auf dessen Internetseite als Ausflugsfahrten i.S. des § 48 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) anzusehen, da es an Hinweisen für zusätzliche Ein- und Ausstiege fehle, die für eine Gestaltung als Linienverkehr sprechen würden. Die Rundfahrt diene zudem keinem Verkehrsinteresse, da die beiden zentralen Haltestellen nur 500m voneinander entfernt lägen. Bei den Stadtrundfahrten handele es sich damit nicht um Linienverkehr i.S. des § 42 PBefG, so dass der ermäßigte Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG keine Anwendung finde.

Hiergegen richtet sich die am 23. März 2016 beim Finanzgericht eingegangene Klage. Bei den vom Kläger durchgeführten Schiffsfahrten handele es sich um Linienverkehr i.S. des § 42 PBefG, der für die Abgrenzung der begünstigten Verkehrsarten i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG heranzuziehen sei. Die Personenbeförderung mit Schiffen sei in Schleswig-Holstein nicht genehmigungspflichtig, so dass von einer stillschweigenden Genehmigung auszugehen sei. Maßgeblich für die Leistungsbeziehung zwischen dem Kläger und den Fahrgästen seien die zivilrechtlichen Vereinbarungen. Nach § 1 der Allgemeinen Beförderungsbestimmungen (ABB) der A in der aktuellen Fassung, die gegenüber den im Streitjahr geltenden ABB nur redaktionelle Änderungen aufweise, führe die A Linienverkehr gemäß PBefG und Gelegenheitsverkehr (Sonderfahrten) durch. Fahrgäste im Linienverkehr um die Stadt M könnten regelmäßig an 4 Anlegern ein- und aussteigen. Weitere Bedarfsanleger könnten nach Absprache mit dem Unternehmen genutzt werden. Die Anleger und die Bedarfsanleger seien aus dem Prospekt der A ersichtlich, der an den Fahrkartenverkaufsstellen ausliege. Die ABB seien in den Fahrkartenverkaufsstellen einsehbar und würden vom Fahrgast mit dem Kauf einer Fahrkarte anerkannt. Die Schiffsführer hätten regelmäßig auf die Ausstiegsmöglichkeiten hingewiesen. An den Bedarfsanlegern seien keine Hinweisschilder zum Linienverkehr der A vorhanden, da der Kläger diese auf Anweisung der Stadt M habe entfernen müssen.

Den Fahrgästen sei der Zustieg an den Bedarfsanlegern durch informative Auskunft oder telefonische Absprache mit Busunternehmen oder Hotels ermöglicht worden. Zwischen den Schiffsführern und den Büromitarbeiterinnen habe ein regelmäßiger telefonischer Austausch zur Abstimmung über an Haltepunkten mitzunehmende Fahrgäste bestanden. Die Bedarfsanleger seien nach Auskunft der Schiffsführerin D im Saisondurchschnitt ca. zehn Mal pro Woche im Wesentlichen durch Gruppenreisende genutzt worden, die vor Ort über den Ausstieg während der Fahrt entschieden hätten. Der Anteil der monatlich etwa 40 Fahrten mit Zwischenhalt an einem Bedarfsanleger an der geschätzten Gesamtzahl von 280 monatlichen Stadtrundfahrten betrage damit 15 %. Zahlreiche Fahrgäste seien nach dem Zustieg am Anleger W an einem der Bedarfsanleger wieder ausgestiegen, der einen idealen Startpunkt für eine Stadtrundgang biete. Soweit dadurch wieder freie Plätze vorgelegen hätten, hätten andere Fahrgäste zusteigen können. Es liege daher in der Freiheit des Fahrgastes, an einem der regelmäßigen Haltepunkte oder nach Abstimmung mit dem Schiffsführer an einem Bedarfsanleger auszusteigen.

Nach § 42 PBefG komme es für das Vorliegen von Linienverkehr weder darauf an, dass überhaupt Zwischenhaltestellen eingerichtet seien, noch darauf, dass zwischen diesen eine Mindestentfernung bestehe. Die Linienführung der Stadtrundfahrten erfolge in regelmäßigem halbstündigem Kreisverkehr in eine Richtung mit festen Anfangs- und Endpunkten um die Innenstadt von M herum, so dass sich die Öffentlichkeit hierauf einstellen könne. Bei einem Rundverkehr müssten Ausgangs- und Endpunkt der Linienführung gerade nicht unterschiedlich sein. Gegen die Regelmäßigkeit der Stadtrundfahrten spreche nicht, dass es aufgrund von Zwischenstopps an den Bedarfsanlegern zu Verschiebungen der Ankunfts- und Abfahrtszeiten komme, da eine fahrplanmäßige Regelmäßigkeit nach § 42 Satz 2 PBefG gerade nicht erforderlich sei.

Witterungsbedingte Ausfälle sprächen ebenfalls nicht gegen die Regelmäßigkeit, da diese auch im Buslinienverkehr aufträten. Der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes stehe nicht entgegen, dass die Stadtrundfahrten auch touristischen Zwecken dienten (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 30. Juni 2011 V R 44/10, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2011, 1003). Anhaltspunkte dafür, dass die Stadtrundfahrten keinem Verkehrsinteresse dienten, seien im Streitfall nicht erkennbar. Die Stadtrundfahrten stellten vielmehr eine Ergänzung des Bus-Linienverkehrs dar. Durch den vom Beklagten zitierten Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) vom 20. September 2004 1 Bs 303/04 ([...]) werde bei Stadtrundfahrten die Gewährung der Linienverkehrsgenehmigung bestätigt. Das Fehlen einer Preisstaffelung sei schließlich kein hinreichendes Indiz gegen die Annahme von Linienverkehr.

Die Schiffsfahrten nach Q und zum See S sowie die Fahrten nach U seien ebenfalls als Linienfahrten i.S. des § 42 PBefG anzusehen. Eine Charterfahrt liege insoweit nicht vor, da die Mitnahme weiterer Fahrgäste ausdrücklich als Hinweis in die Gruppenbestätigungen aufgenommen worden sei. Im Jahr 2013 sei zudem bis auf eine Ausnahme keine Rückfahrt mit der Gruppe als Fahrgäste erfolgt, so dass keine Rundfahrt oder Ausflugsfahrt vorliege. Der auf die Schiffsfahrten nach Q und zum See S sowie die Fahrten nach U entfallende Nettoumsatz belaufe sich im Jahr 2013 auf ca. 15.000 € und entspreche damit ca. 10 % des Gesamtumsatzes des Linienverkehrs in Höhe von 160.000 €. Für das Streitjahr 2012 sei damit im Schätzwege von einem Nettoumsatz in Höhe von 14.000 € bei einem Gesamtumsatz des Linienverkehrs in Höhe von 142.921 € auszugehen.

Der Kläger beantragt,

den Umsatzsteuerbescheid für 2012 vom 23. Juli 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Februar 2016 dahin abzuändern, dass die steuerpflichtigen Lieferungen und sonstigen Leistungen zum Regelsteuersatz auf 27.131 € und die steuerpflichtigen Lieferungen und sonstigen Leistungen zum ermäßigten Steuersatz auf 142.921 € erhöht werden und die Umsatzsteuer in Höhe von 9.525,09 € festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt der Beklagte vor, dass die vom Kläger durchgeführten Stadtrundfahrten nicht als Linienverkehr i.S. des § 42 PBefG anzusehen seien. Die als Bedarfsanleger ausgewiesenen Haltepunkte seien auf dem Prospekt der A nicht dargestellt. Bei den vorgelegten ABB handele es sich um eine erst nach dem Streitjahr geltende Fassung, da einer der Bedarfsanleger erst im Jahr 2015 eröffnet worden sei. Bei den weiteren Anlegern handele es sich um Plätze, an denen keine Ausschilderung vorhanden sei, die eine Verbindung zur A erkennen lasse. Es sei nicht ersichtlich, dass dort Einstiegsmöglichkeiten zu einer Rundfahrt gegeben seien, noch sei erkennbar, wie dem Bootsführer ein Fahrtwunsch gemeldet werden könne. Für den durchschnittlichen Kunden sei damit nicht ersichtlich, dass an den im Prospekt angezeigten Bedarfsanlegern ein Zu- und Ausstieg möglich gewesen sei. Es sei dem Beklagten nicht bekannt, dass entsprechende Ankündigungen in den Ansagen der Rundfahrten enthalten gewesen seien. Soweit in Einzelfällen Vereinbarungen für Gruppen über Zu- und Ausstiege getroffen worden seien, spreche dies nicht für ein allgemein ersichtliches, öffentliches Angebot. Der Kläger habe zwar die Zulässigkeit der Nutzung der Bedarfsanleger belegt, es fehle im Streitfall aber am hinreichenden Nachweis der tatsächlichen Nutzung für Ein- und Ausstiege von Fahrgästen. Auf der Internetseite der A seien im Streitjahr keine Hinweise zu flexiblen Zustiegs- und Ausstiegsmöglichkeiten genannt worden. Die telefonische Mitteilung von Zusteige- und Aussteigewünschen sei nicht während der gesamten täglichen Fahrzeiten möglich, da das Büro nur bis 16 Uhr besetzt sei. Die Zeiten der Anlegevorgänge an den Bedarfsanlegern seien zudem nicht in die reguläre Fahrtzeit einkalkuliert und führten zu einer Verschiebung der Ankunfts- und Abfahrtszeiten, die der für den Linienverkehr erforderlichen Regelmäßigkeit widerspreche. Gegen die tatsächliche und wiederholte Durchführung von Zwischenhalten spreche, dass keine Ermäßigung des Fahrpreises für Teilstrecken vorgesehen sei. Die Stadtrundfahren seien aufgrund des von den Teilnehmern verfolgten einheitlichen Zwecks, die Sehenswürdigkeiten der Stadt kennenzulernen, als nicht begünstigte Ausflugsfahrten i.S. des § 48 Abs. 1 Satz 1 PBefG anzusehen (Hamburgisches Oberverwaltungsgericht -OVG-, Beschluss vom 20. September 2004 1 Bs 303/04, [...]; Illing, Umsatzsteuer-Rundschau -UR- 2011, 845). Für die Beurteilung als Ausflugsfahrt spreche auch die Einheitlichkeit des Fahrpreises. Der Fahrpreis in Höhe von 9 € unterscheide sich erheblich von den Fahrpreisen für den im gleichen Stadtgebiet angebotenen Nahverkehr mit Bussen, für den Einzelkarten ab 1,80 € erhältlich seien. Die in § 48 PBefG benannten Tatbestandsmerkmale des Ausflugszwecks und des Gesamtpreises seien bei der Abgrenzung zum Linienverkehr gleichwertig zu den in § 42 PBefG genannten Merkmalen zu berücksichtigen.

Für das Vorliegen eines Linienverkehrs i.S. des § 42 PBefG komme es auf die Streckenbindung, die Regelmäßigkeit des Verkehrs und die Fahrgastfreiheit an. Die Fahrgastfreiheit erfordere, dass jeder Fahrgast an den dafür vorgesehenen Stellen ein- und aussteigen könne. Der ständige Fahrgastwechsel auf der Fahrt gehöre zum wesentlichen Merkmal des Linienverkehrs; ein solcher Fahrgastwechsel müsse zumindest möglich sein. Der an die Möglichkeit des Fahrgastwechsels anzulegende Maßstab dürfe indessen nicht zu niedrig angesetzt werden, da die Fahrgäste im Linienverkehr nicht von einer eigens für sie, sondern von einer im Hinblick auf ein allgemeines Verkehrsbedürfnis eingerichteten Verkehrsverbindung Gebrauch machten. Die Grenze zum Gelegenheitsverkehr sei damit überschritten, wenn der Fahrgast ähnlich wie bei einem Anruftaxi entsprechende Maßnahmen ergreifen müsse, um eine Mitnahme zu erreichen. Dem Anrufbus fehlten die Ausgangs- und Endpunkte als prägende Elemente des Linienverkehrs, da der Streckenverlauf nach den vorherigen telefonischen Anmeldungen der Fahrgäste geplant werde (OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 1. August 2012 3 L 2/11, [...]). Aus dem Vortrag des Klägers, dass während der Stadtrundfahrten Zu- und Ausstiege auf telefonischem Wege erfolgen könnten, ergebe sich in gleicher Weise eine Beliebigkeit der Route. Der Regelmäßigkeit der Verkehrsverbindung stehe im Streitfall entgegen, dass die Stadtrundfahrten nur witterungsabhängig durchgeführt und bei Hochwasser ausfallen würden.

Die A betreibe im Hinblick auf das Verhältnis der Kosten zur gefahrenen Strecke keinen wirtschaftlich nachvollziehbaren Linienverkehr. Vom Fahrpreis in Höhe von 9 € für die Gesamtstrecke von rund acht Kilometern entfalle ein Anteil von weniger als 1 € auf die Teilstrecke von 500m zwischen den beiden Anlegern V und W. Die beiden Anleger seien zudem nicht als unabhängige Haltestellen, sondern als einheitlicher Ausgangspunkt anzusehen, da die Fahrgäste dort erst nach Abschluss der Rundfahrt aussteigen würden. Sehe man die Anleger dagegen als selbständige Haltestellen an, so sei mit Erreichen der jeweils anderen Haltestelle das Fahrziel erreicht. Für einen Fahrgast, der am Anleger W einsteige, um unabhängig von der Stadtrundfahrt die Strecke bis zum Anleger V zurückzulegen, sei ein direkter Pendelverkehr wirtschaftlicher. Die Annahme eines Linienverkehrs sei bei einem Verhältnis der Strecken zwischen den Haltestellen von ca. 7 % zu 93 % abzulehnen.

Die vom BFH im Urteil vom 30. Juni 2011 V R 44/10 (BStBl II 2011, 1003) angenommene einheitliche Beförderungsleistung werde schließlich in der Literatur (Illing, UR 2011, 845) abgelehnt. Der Gesetzgeber habe mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG nicht touristische Bedürfnisse fördern wollen. Im Hinblick auf die Schiffsfahrten nach Q und zum See S sowie die Fahrten nach U fehle es an der Regelmäßigkeit der Verkehrsverbindung, da diese Fahrten nur bei ausreichender Fahrgastanzahl durchgeführt würden. Ergänzend verweist der Beklagte auf die Einspruchsentscheidung vom 26. Februar 2016.

Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage vom 18. Januar 2017 ist Herr F, der im Streitjahr für den Kläger als Schiffsführer tätig war, informatorisch angehört worden. Nach Auskunft von Herrn F bestand im Streitjahr die Möglichkeit des Ein- und Ausstiegs an den Bedarfsanlegern, die auf dem vorliegenden Ausdruck aus dem Flyer ausgewiesen sind. Den Ausstiegswunsch während der Rundfahrt hätten die Fahrgäste dem Schiffsführer mitteilen müssen. Ein Einstieg von Passagieren sei nach vorheriger telefonischer Mitteilung bei Frau D im Büro des Klägers unter der auf der Internetseite aufgeführten Telefonnummer oder durch Handzeichen gegenüber dem Schiffsführer vom Anleger aus möglich gewesen. Bei einem Einstieg an einem Bedarfsanleger hätten die Fahrgäste mit den anderen Fahrgästen an einer der beiden Ausgangshaltestellen (V oder W) wieder aussteigen müssen; der Fahrpreis betrage auch in diesen Fällen im Streitjahr einheitlich 9 € für Erwachsene.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid für 2012 ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Der Beklagte hat die Umsätze aus den Stadtrundfahrten und aus den übrigen Schiffsfahrten zutreffend mit dem Regelsteuersatz besteuert.

1. Die Umsätze aus den Stadtrundfahrten unterliegen gemäß § 12 Abs. 1 UStG dem Regelsteuersatz. Die Voraussetzungen für die Besteuerung mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG sind im Hinblick auf die Stadtrundfahrten nicht erfüllt.

a) Nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG ermäßigt sich die Umsatzsteuer auf sieben Prozent für die Umsätze aus Beförderungen von Personen u.a. im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen
a) innerhalb einer Gemeinde oder
b) wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt.

§ 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG beruht auf Art. 98 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Anhang III Nr. 5 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, der die Mitgliedstaaten zur Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes auf die Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks ermächtigt. Die in § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG geregelte Beschränkung des ermäßigten Steuersatzes auf die Beförderung von Personen im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen stellt eine richtlinienkonforme Umsetzung dieser Ermächtigung dar, da die Richtlinie den Mitgliedstaaten lediglich einen Rahmen vorgibt und damit eine selektive Anwendung ermöglicht (BFH-Urteil vom 30. Juni 2011 V R 44/10, BStBl II 2011, 1003).

Für die Auslegung des in § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG enthaltenen Merkmals des genehmigten Linienverkehrs ist die verkehrsrechtliche Bedeutung dieser Begriffe maßgeblich (BFH-Urteil vom 30. Juni 2011 V R 44/10, BStBl II 2011, 1003; Abschn. 12.13 Abs. 1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses -UStAE-). Eine Genehmigung für die Beförderung von Personen im Linienverkehr mit Schiffen ist nach dem insoweit maßgeblichen Landesrecht in Schleswig-Holstein nicht vorgesehen, so dass der in § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG geregelte Genehmigungsvorbehalt aufgrund der Erlaubnisfreiheit der Personenbeförderung mit Schiffen erfüllt ist (Kraeusel in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG Kommentar, § 12 Rz. 377.3; Abschn. 12.13 Abs. 10a Satz 3 UStAE).

Der Begriff des Linienverkehrs in § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG ist im Hinblick auf den durch die Vorschrift begünstigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen und den Linienverkehr mit Schiffen einheitlich auszulegen. Für die Auslegung sind die Vorschriften des für die Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen geltenden PBefG heranzuziehen, da es an gesonderten Vorschriften fehlt, aus denen sich die verkehrsrechtliche Bedeutung des Linienverkehrs mit Schiffen ergibt (Kraeusel in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG Kommentar, § 12 Rz. 377.3; Abschn. 12.13 Abs. 10a Satz 1 UStAE). Linienverkehr ist nach § 42 Satz 1 PBefG eine zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten eingerichtete regelmäßige Verkehrsverbindung, auf der Fahrgäste an bestimmten Haltestellen ein- und aussteigen können. Er setzt nach § 42 Satz 2 PBefG nicht voraus, dass ein Fahrplan mit bestimmten Abfahrts- und Ankunftszeiten besteht oder Zwischenhaltestellen eingerichtet sind. Vom Linienverkehr abzugrenzen ist nach § 46 Abs. 1 PBefG der Gelegenheitsverkehr, der nach § 46 Abs. 2 Nr. 2 PBefG u.a. in Form der Ausflugsfahrten zulässig ist. Ausflugsfahrten sind nach § 48 Abs. 1 Satz 1 PBefG Fahrten, die der Unternehmer nach einem bestimmten, von ihm aufgestellten Plan und zu einem für alle Teilnehmer gleichen und gemeinsam verfolgten Ausflugszweck anbietet und ausführt. Die Fahrt muss nach § 48 Abs. 1 Satz 2 PBefG wieder an den Ausgangsort zurückführen. Die Fahrgäste müssen im Besitz eines für die gesamte Fahrt gültigen Fahrscheins sein, der die Beförderungsstrecke und das Beförderungsentgelt ausweist (§ 48 Abs. 1 Satz 3 PBefG).

b) Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei den vom Kläger durchgeführten Stadtrundfahrten nicht um die Beförderung von Personen im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen.

aa) Die Stadtrundfahrten sind als Beförderung von Personen mit Schiffen anzusehen, da der Kläger im Rahmen der Stadtrundfahrten Personen mit Schiffen als Beförderungsmittel fortbewegt hat (BFH-Urteile vom 30. Juni 2011 V R 44/10, BStBl II 2011, 1003, unter II.1.a; vom 18. November 2015 XI R 32/14, BFH/NV 2016, 789, Rz. 33). Die Beförderungsleistung stellt sich auch im Hinblick auf die während der Stadtrundfahrten erbrachten touristischen Zusatzleistungen durch die Informationen zu Geschichte, Kultur und Architektur der Stadt M als Hauptleistung dar (a.A. Illing, UR 2010, 845, 847, m.w.N.). Die Stadtrundfahrten wurden auch auf dem Gebiet der Stadt M und damit innerhalb der Gemeindegrenze des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. a UStG durchgeführt.

bb) Die vom Kläger erbrachte Beförderung von Personen mit Schiffen erfolgte im Streitjahr nicht im genehmigten Linienverkehr. Eine Genehmigung für die Stadtrundfahrten ist nach dem insoweit maßgeblichen Landesrecht nicht erforderlich. Im Streitfall greift damit im Hinblick auf das Vorliegen einer Personenbeförderung im Linienverkehr nicht die Tatbestandswirkung einer solchen Genehmigung ein, nach der die Personenbeförderung für das finanzgerichtliche Verfahren als Linienverkehr anzusehen ist (vgl. BFH-Urteil vom 30. Juni 2011 V R 44/10, BStBl II 2011, 1003, unter II.1.c).

Der Senat hat vielmehr im Streitfall eigenständig zu prüfen, ob die Stadtrundfahrten im Linienverkehr durchgeführt wurden.

Nach Überzeugung des Senats sind die Stadtrundfahrten nicht als Linienverkehr i.S. des § 42 PBefG, sondern als Ausflugsfahrten i.S. des § 48 Abs. 1 PBefG anzusehen (vgl. Hamburgisches OVG, Beschluss vom 20. September 2004 1 Bs 303/04, [...] Rz. 11). Die Stadtrundfahrten erfüllen im Streitfall bei jeweils gesonderter Betrachtung sowohl die Merkmale des Linienverkehrs als auch die Merkmale des Ausflugsverkehrs (1). Bei einer Gesamtwürdigung der Umstände des Streitfalls überwiegen die Merkmale des Ausflugsverkehrs (2).

(1) Bei den Stadtrundfahrten handelt es sich zum einen um eine regelmäßige Verkehrsverbindung, da diese täglich von 10 bis 18 Uhr im halbstündigen Rhythmus durchgeführt werden und sich die Fahrgäste hierauf einstellen können. Der witterungsbedingte Ausfall einzelner Stadtrundfahrten ist insoweit unschädlich. Der Annahme von Linienverkehr steht im Streitfall nicht entgegen, dass die Verkehrsverbindung als Rundkurs eingerichtet ist (vgl. zu Rundfahrten als Linienfahrten Hamburgisches OVG, Beschluss vom 20. September 2004 1 Bs 303/04, [...] Rz. 10). Denn die Fahrgäste können sowohl am Anleger V als auch am Anleger W ein- und aussteigen. Es besteht damit eine Verkehrsverbindung mit festen Ausgangs- und Endpunkten und zwei festen Haltestellen für den Ein- und Ausstieg von Fahrgästen, so dass ein Rundkurs ohne Zwischenhaltestellen im Streitfall nicht gegeben ist (vgl. hierzu Abschn. 12.13 Abs. 10a Satz 3 UStAE).

Die Stadtrundfahrten werden vom Kläger zum anderen nach einem von ihm aufgestellten bestimmten Plan auf einem Rundkurs um die Stadt M durchgeführt und führen vom Ausgangsort am Anleger V über den 500m entfernten Anleger W wieder zum Anleger V zurück. Die Fahrgäste waren im Besitz eines für die gesamte Fahrt gültigen Fahrscheins. Die Stadtrundfahrten werden schließlich zu einem für alle Fahrgäste gleichen und gemeinsam verfolgten touristischen Ausflugszweck der Besichtigung der Stadt M und der Information über deren Geschichte, Kultur und Architektur angeboten und ausgeführt.

(2) Im Streitfall ist für die Abgrenzung zwischen dem ermäßigt besteuerten Linienverkehr und dem der Regelbesteuerung unterliegenden Ausflugsverkehr darauf abzustellen, ob das für den Linienverkehr prägende Merkmal der Fahrgastfreiheit oder das für den Ausflugsverkehr prägende Merkmal des gemeinsamen Ausflugszwecks im Vordergrund steht. Beide Merkmale schließen sich insoweit aus, als der ständige Wechsel von Fahrgästen der Annahme eines gemeinsamen Ausflugszwecks entgegensteht. Das für den Linienverkehr prägende Merkmal der Fahrgastfreiheit ist durch das Bestimmungsrecht des Fahrgastes im Hinblick auf die von ihm individuell zurückgelegte Fahrtstrecke gekennzeichnet (Bundesverwaltungsgericht -BVerwG-, Urteile vom 12. Dezember 2013 3 C 30/12, Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts -BVerwGE- 148, 321 Rz. 38). Das für den Ausflugsverkehr prägende Merkmal des gemeinsamen Ausflugszwecks erfordert, dass der Teilnehmerkreis aufgrund der Ausgestaltung der Fahrt als wenigstens lose verbundene Gruppe während der gesamten Fahrt unverändert bleibt (Bauer/Hartmann, PBefG Kommentar, § 48 Rz. 5; Heinze, PBefG Handkommentar, § 48 Rz. 1).

Die Regelmäßigkeit der Verkehrsverbindung stellt demgegenüber kein taugliches Abgrenzungskriterium dar, da auch Ausflugsfahrten i.S. des § 48 Abs. 1 PBefG regelmäßig durchgeführt werden können. Gleiches gilt im Streitfall für das Merkmal der Verkehrsverbindung zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten, da die Stadtrundfahrten als Rundkurs zum Ausgangspunkt V zurückführen. Das Vorliegen einer zweiten Haltestelle am Anleger W schließt für sich allein die Annahme einer Ausflugsfahrt nicht aus, wenn für die Stadtrundfahrt der gemeinsame Ausflugszweck prägend ist (Hamburgisches OVG, Beschluss vom 20. September 2004 1 Bs 303/04, [...] Rz. 12).

Nach Auffassung des Senats steht im Streitfall der Ausflugszweck der Stadtrundfahrten im Vordergrund. Dies ergibt sich bereits aus der Streckenführung, die auf touristische Belange abgestellt ist und den Fahrgästen über die bloße Beförderung hinaus einen hohen Erlebniswert bietet. Die Stadtrundfahrt ermöglicht den Fahrgästen die Aussicht auf zahlreiche Sehenswürdigkeiten der Stadt M, zu deren Geschichte, Kultur und Architektur die Fahrgäste während der Fahrt Informationen erhalten. Die Fahrgäste bilden im Hinblick auf den touristischen Zweck der Stadtrundfahrt eine zumindest lose verbundene Gruppe, die während der Rundfahrt im Wesentlichen unverändert bleibt. Ein Wechsel der Fahrgäste auf der Strecke zwischen dem Anleger W und dem Anleger V findet an den Bedarfsanlegern nur in Ausnahmefällen statt, die gegenüber dem gemeinsamen Ausflugszweck nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Ein Einstieg von Fahrgästen an den Bedarfsanlegern war nach der Auskunft des Schiffsführers F nur nach vorheriger telefonischer Mitteilung gegenüber dem Büro des Klägers oder durch Handzeichen gegenüber dem Schiffsführer vom Anleger aus möglich. Ein Hinweis auf die Einstiegsmöglichkeit an den Bedarfshaltestellen und das Erfordernis der vorherigen telefonischen Anmeldung bzw. des Handzeichens war im Streitjahr weder auf der Internetseite der A noch in deren Prospekt enthalten.

Die konkrete Möglichkeit des Einstiegs an den Bedarfshaltestellen war damit für den individuellen Durchschnittskunden, auf den für die Beurteilung der Stadtrundfahrten abzustellen ist, nicht von vornherein erkennbar. Auf die Möglichkeit des Ausstiegs an den Bedarfsanlegern ist nach dem Vorbringen des Klägers zwar durch die Schiffsführer hingewiesen worden. Die Ausstiegsmöglichkeit ist im Wesentlichen durch Gruppenreisende wahrgenommen worden, so dass auch insoweit keine Nutzung der Bedarfsanleger durch den individuellen Durchschnittskunden erfolgt ist. Zu einem Wechsel von Individual- und Gruppenreisenden ist es nur zu Beginn und zum Ende der Stadtrundfahrt auf der kurzen Strecke von 500 m zwischen dem Anleger V und dem Anleger gekommen, die im Vergleich zur Gesamtstrecke von ca. 8 km lediglich einen Anteil von weniger als 10 % ausmacht. Die insoweit vorliegende Fahrgastfreiheit fällt damit gegenüber dem auf der übrigen Strecke verfolgten gemeinsamen Ausflugszweck nicht ins Gewicht. Gegen die Annahme von Linienverkehr spricht im Streitfall schließlich, dass der Fahrpreis von 9 € erheblich über den Tarifen des öffentlichen Nahverkehrs liegt und eine Ermäßigung für Teilstrecken bei der Nutzung der Bedarfsanleger durch Gruppenreisende nicht vorgesehen ist.

Die Stadtrundfahrten sind damit derart mit dem touristischen Ausflugszweck verbunden, dass die Personenbeförderung nahezu ausschließlich zu diesem Zweck erfolgt. Die Benutzung der Schiffe allein zum Zweck der Personenbeförderung wird durch die Streckenführung praktisch ausgeschlossen, da der Rundkurs - mit Ausnahme der kurzen Strecke zwischen den Ausgangs- und Ankunftshaltestellen - und die auf den gelegentlichen Ausstieg von Gruppenreisenden beschränkte Nutzung der Bedarfsanleger den einzelnen Fahrgästen keine Möglichkeit bieten, ihre individuellen Verkehrsbedürfnisse zu verfolgen.

2. Die Umsätze aus den übrigen Schiffsfahrten nach Q, zum See S und den Fahrten nach U unterliegen ebenfalls gemäß § 12 Abs. 1 UStG dem Regelsteuersatz. Für die Annahme einer dem ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG unterliegenden Beförderung von Personen im Linienverkehr mit Schiffen fehlt es insoweit an einer regelmäßigen Verkehrsverbindung i.S. des § 42 Satz1 PBefG, da die Schiffsfahrten nur bei einer ausreichenden Anzahl von Fahrgästen durchgeführt wurden. Das Vorliegen einer regelmäßigen Verkehrsverbindung erfordert zwar nach § 42 Satz 2 PBefG keinen Fahrplan mit bestimmten Abfahrts- und Ankunftszeiten. Das Merkmal der Regelmäßigkeit setzt aber voraus, dass die Fahrten in einer erkennbaren zeitlichen Ordnung wiederholt werden und dass die Fahrgäste sich auf das Vorhandensein einer Verkehrsverbindung einrichten können (BVerwG-Urteile vom 12. Dezember 2013 3 C 30/12, BVerwGE 148, 321 Rz. 27; vom 27. August 2015 3 C 14/14, BVerwGE 152, 382 Rz. 29). Hieran fehlt es im Streitfall, wenn für die tatsächliche Durchführung der übrigen Schiffsfahrten eine Mindestanzahl von Fahrgästen erreicht werden muss und die Verkehrsverbindung damit von der konkreten Nachfrage abhängig ist (vgl. BVerwG-Urteil vom 27. August 2015 3 C 14/14, BVerwGE 152, 382 Rz. 29).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Der Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung zu, da es an einer höchstrichterlichen Entscheidung zur Streitfrage des Vorliegens von Linienverkehr bei einer Stadtrundfahrt mit Schiffen fehlt.

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