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13.12.2017 · IWW-Abrufnummer 198300

Landesarbeitsgericht Sachsen: Urteil vom 29.01.2015 – 8 Sa 435/14


In dem Rechtsstreit

...

hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 8 - durch Richterin am Arbeitsgericht ... als Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter Herrn ... und Frau ... auf die mündliche Verhandlung vom 29. Januar 2015

für R e c h t erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 02.07.2014 - Az. 4 Ca 834/14 - wird auf Kosten des Klägers

z u r ü c k g e w i e s e n .

Die Revision wird zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten um eine höhere Abfindungszahlung des Klägers.



Der Kläger war bei der Beklagten von Mai 2003 bis 31.12.2013 zuletzt als Warensetzer beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist ein Arbeitsvertrag, der unter Verwendung eines Vertragsformulars abgeschlossen wurde. Das Formular sieht in § 4 Folgendes vor:



"...



Das Bruttoentgelt setzt sich wie folgt zusammen:

Tarifgehalt/-lohn 1.410,63 EUR ab 4. Monat 1.521,33 EUR + freiwillige, übertarifliche Zulage .............. EUR .............. EUR + Schichtzulage .............. EUR .............. EUR Gesamtbrutto 1.410,63 EUR 1.521,33 EUR



Die übertarifliche Zulage wird freiwillig gewährt ...



..."



Im Dezember 2013 erhielt der Kläger ein Tarifentgelt nach der Lohngruppe 3 in Höhe von 1.919,02 €. Weiterhin wurden ihm 62,52 € Leistungslohn, 15,00 € Besitzstand/Tarif, 2,05 € Kontoführungsgebühr, 34,38 € Sonntagszuschlag 50 %, 74,43 € Sonntagszuschlag 100 % sowie 94,65 € Nachtzuschlag 20 % gezahlt. Auf die Abrechnung des Dezember-Gehalts (Bl. 15 d. A.) wird Bezug genommen. Grundlage des dem Kläger gezahlten Leistungslohns ist eine Betriebsvereinbarung aus dem Januar 2004 (vorgelegt als Anlage K9, Bl. 39 ff d.A.). Er errechnet sich grundsätzlich aus den gesammelten Colli. Nr. 2 der Betriebsvereinbarung lautet auszugsweise wie folgt:



"2. Entlohnung



2.1. Als Grundlohn für o.g. Aufgabengebiet gilt der Tariflohn für gewerbliche Arbeitnehmer des sächsischen Groß- und Außenhandels in der Lohngruppe 3 als vereinbart.



2.2. Diesem Grundlohn liegt eine Soll-Leistung von 206 Colli pro Arbeitsstunde zu Grunde. Jedes Colli, dass über die Soll-Leistung hinaus ge 2.3. Bemessungszeitraum ist jeweils ein Kalendermonat. Die errechnete Vergütung wird mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung des darauffolgenden Monats abgerechnet.



2.4. ..."



Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund Aufhebungsvertrages vom 03.12.2013. Hintergrund war eine Schließung der von der beklagten Partei unterhaltenen Betriebe in ... und ... Unter Nr. 3 der geschlossenen Aufhebungsvereinbarung ist geregelt, dass der Kläger für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung gemäß dem Sozialtarifvertrag vom 15.03.2010 in Höhe von 23.490,29 € brutto erhalten sollte. Nach Ziffer 7 des Aufhebungsvertrages sollten eventuell weitergehende Ansprüche aus einem zwischen dem Arbeitgeber und dem Gesamtbetriebsrat geschlossenen Sozialplan von der ebenfalls in Ziffer 7 enthaltenen Ausschlussregelung ausgenommen sein. Ein entsprechender Sozialplan liegt vor. Nach § 3 Nr. 1.3 dieses Sozialplans werden Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes nach den Regelungen des Sozialtarifvertrags gewährt unter Erhöhung des im Sozialtarifvertrag zugrunde gelegten Faktors von 0,9 auf 1,1. Im Übrigen sollte die Berechnung der Abfindung nach Ziffer II § 1 Nr. 1 des Sozialtarifvertrags erfolgen. Zwischen den Betriebsparteien bestand weiterhin Einvernehmen, dass das Bruttomonatsgehalt gemäß Ziffer II § 1 Nr. 5 des Sozialtarifvertrags zu berechnen ist.



Ziffer II § 1 des Sozialtarifvertrags zwischen der ... mbH und der ...gewerkschaft lautet wie folgt:



"1. Arbeitnehmer/innen, deren Arbeitsverhältnis aufgrund der gemäß I. durchgeführten Maßnahmen unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist oder im gegenseitigen Einvernehmen beendet wird, erhalten für den Verlust ihres Arbeitsplatzes eine Abfindung, die sich wie folgt errechnet:



Abfindungsbetrag: Bruttomonatsentgelt x 13,25 € : 12 x Betriebszugehörigkeit x 0,90 €



Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin hat die freie Wahlmöglichkeit, den angebotenen Arbeitsplatz oder die Abfindung anzunehmen.



2. Maßgebend für die Berechnung sind die am letzten Tag des Arbeitsverhältnisses vollendeten Jahre der Betriebszugehörigkeit. Fehlen zur Vollendung des nächsten vollen Jahres der Betriebszugehörigkeit bis zu 6 Monate, findet eine Aufrundung auf das nächste vollendete Jahr statt.



3. Schwerbehinderte Arbeitnehmer/innen ab einem GdB von 50, deren Arbeitsverhältnisse aufgrund der gemäß I. durchgeführten Maßnahmen unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist oder im gegenseitigen Einvernehmen beendet wird, erhalten für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung, die sich wie folgt errechnet:



Abfindungsbetrag: Bruttomonatsentgelt x 13,25 € € : 12 x Betriebszugehörigkeit x 1,2



4. Die Abfindung nach Ziffer 1. und Ziffer 3. darf nie höher sein als das durch den Mitarbeiter/die Mitarbeiterin rechnerisch erzielbare Einkommen bis zum Rentenbeginn ohne Abzüge.



5. Als Bruttomonatsentgelt gilt das im Monat des Ausscheidens bezogene Bruttomonatsentgelt ohne individuelle Zulagen, ohne Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie ohne Überstundenvergütung und vermögenswirksame Leistungen. Soweit zum Zeitpunkt des Ausscheidens kein Einkommen erzielt wird, ist analog Vorstehendem auf den Monat abzustellen, in dem das letzte Mal ein volles Bruttomonatsentgelt ausgezahlt wurde. ..."



Der zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag erklärt unter § 21 die Bestimmungen der jeweils gültigen Tarifverträge für die Arbeitnehmer in den sächsischen Betrieben des Groß- und Außenhandels im Übrigen für anwendbar. Der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen in den sächsischen Betrieben des Groß- und Außenhandels/Dienstleistungen vom 15.06.2000 i. d. F. v. 01.09.2008 lautet - soweit hier von Bedeutung - wie folgt:



"§ 9 Mehr-, Nach-, Sonntags- und Feiertagsarbeit



1. Bei einer Arbeitszeit gemäß § 8 Ziffer 1 ist Mehrarbeit, die über 39 Stunden in der Woche bzw. 78 Stunden in der Doppelwoche hinaus angeordnete bzw. notwendigerweise geleistete Arbeit.



Mehrarbeit ist in Firmen mit über 20 Arbeitnehmer/innen ab der 40. Stunde mit 1/169 des Monatsentgeltes pro Mehrarbeitsstunde und einem Zuschlag von 25 % zu vergüten. Mehrarbeit ist in Firmen bis einschließlich 20 Arbeitnehmer/innen ab der 43. Stunde mit 1/169 des Monatsentgeltes pro Mehrarbeitsstunde und einem Zuschlag von 25 % zu vergüten.



Bei einer Arbeitszeit gemäß § 8 Ziffer 2 ist Mehrarbeit die über die festgelegte Wochenarbeitszeit hinaus angeordnete bzw. notwendigerweise geleistete Arbeit. Ist ein Zeitausgleich dieser Mehrarbeit innerhalb einer Doppelwoche möglich, ist die Mehrarbeit nicht zusätzlich abzugelten. Ist dieser Zeitausgleich nicht möglich, ist die Mehrarbeit abzugelten. Mehrarbeit ist je Stunde mit 1/169 des Monatsentgeltes zu vergüten, wobei die ersten zwei Mehrstunden pro Woche zuschlagsfrei bleiben. Jede weitere Mehrarbeit ist mit einem Zuschlag von 25 % zu vergüten.



2. Wenn während der Saison oder in Zeiten erhöhten Arbeitsanfalles Mehrarbeit notwendig wird, kann die tägliche Arbeitszeit bis zu 10 Stunden täglich, jedoch nicht über 50 Wochenstunden hinaus verlängert werden. In Betrieben ohne Betriebsrat obliegt die Regelung der Geschäftsleitung im Einvernehmen mit den betreffenden Arbeitnehmer/innen.



3. Für Kraftfahrer und Beifahrer können zum Auf- und Abfüllen von Betriebsstoffen und zur Wagenpflege bis zu einer halben Stunde täglich Vor- bzw. Abschlussarbeiten angeordnet werden, ohne dass hierfür Mehrarbeitszuschlag zu bezahlen ist.



4. Pförtner und Wächter erhalten den Mehrarbeitszuschlag erst, wenn die Arbeitszeit ab dem 01.01.2002 von 42,5 Stunden bzw. 85 Stunden in der Doppelwoche einschließlich der Pausen überschritten ist.



5. Reisende erhalten anstelle der tariflichen Vergütung für Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit die im Arbeitsvertrag vereinbarte Entschädigung.



6. Für die von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr geleistete Arbeit wird ein Zuschlag von 20 % vergütet.



Soweit es sich um Mehrarbeit handelt, erhöht sich der Zuschlag auf 50 %. Für berufsübliche Nachtarbeit, z. B. Nachtwächter und Pförtner, ist kein Zuschlag gemäß Ziffern 6 und 7 zu zahlen.



7. Sonntagsarbeit bei Tage (6.00 Uhr bis 20.00 Uhr) wird mit einem Zuschlag von 50 % vergütet. Sonntags-Nachtarbeit von 0.00 Uhr bis 6.00 Uhr und von 20.00 Uhr bis 24.00 Uhr wird mit einem Zuschlag von 100 % vergütet.



Arbeit an gesetzlichen Feiertagen wird mit einem Zuschlag von 150 % vergütet.



8. Bei Zusammentreffen mehrerer Zuschläge ist nur der jeweils höhere zu zahlen.



9. Im Einvernehmen kann die Vergütung für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit einschließlich der Zuschläge durch Freizeit abgegolten werden.



...



§ 12



Lohn- und Gehaltsregelung



1. Die Vergütung bestimmt sich nach den jeweiligen Lohn- und Gehaltstarifverträgen sowie Lohn- und Gehaltsrahmentarifverträgen.



2. Der Lohn- bzw. Gehaltsabrechnungszeitraum umfasst in der Regel einen Kalendermonat.



3. Bei einer Arbeitszeitregelung gemäß § 8 Ziff. 2 (abweichende Verteilung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit) erhält der Arbeitnehmer - ausgenommen die Arbeitnehmer/innen, die während eines Regelzeitraumes eintreten - unabhängig von der abweichenden Verteilung der Wochenarbeitszeit eine monatliche Vergütung auf der Basis der regelmäßigen wöchentlichen tariflichen Arbeitszeit.



Scheidet ein Arbeitnehmer während eines Regelungszeitraumes aus, so ist tatsächlich geleistete Arbeitszeit, ab dem 01.01.2002 mit 1/169 des Monatsentgeltes je Stunde abzurechnen.



Tritt ein Arbeitnehmer während eines Regelungszeitraumes ein, so ist die tatsächlich geleistete Arbeitszeit, ab dem 01.01.2002 mit 1/169 des Monatsentgeltes pro Stunde monatlich abzurechnen. Die Bestimmungen des § 9 bleiben unberührt.



4. Die Eingruppierung in eine der Vergütungsgruppen erfolgt gemäß dem Gehalts- und Lohngruppenkatalog nach Maßgabe der Tätigkeit, nicht aber der beruflichen Bezeichnung. Übt ein Arbeitnehmer dauern mehrere Tätigkeiten nebeneinander aus, die in verschiedene Vergütungsgruppen fallen, so erfolgt die Einreihung entsprechend der überwiegenden Tätigkeit. Lässt sich eine überwiegende Tätigkeit nicht feststellen, so erfolgt die Bezahlung nach der höheren Vergütungsgruppe. Ist ein Arbeitnehmer vorübergehend mit Arbeiten beschäftigt, die eine Einstufung in eine höhere Vergütungsgruppe bedingen, dann ist bei länger als einmonatiger Tätigkeit eine Ausgleichsvergütung zu zahlen, die dem Unterschied beider Tarifgruppen entspricht.



5. Die Auszahlung des Monatslohns bzw. Monatsgehaltes erfolgt nachträglich, spätestens am letzten Werktag des Monats. Sie hat vorzugsweise bargeldlos zu erfolgen. Bei bargeldloser Zahlung gewährt der Arbeitgeber monatlich Kontoführungsgebühren in Höhe von 2,05 €. Abweichende einvernehmliche Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind zulässig. Mehrarbeits- und andere Vergütungen aufgrund von § 9, die bis zum 15. eines Monats angefallen sind, sind mit der nächsten Lohn- bzw. Gehaltszahlung abzurechnen. Provisionen sollen monatlich abgerechnet werden, falls nicht Abschlagszahlungen gewährt werden, und zwar jeweils spätestens bis zum letzten Werktag des nächstfolgenden Monats.



6. Die zur Aushilfe tageweise oder stundenweise Beschäftigten erhalten für jede Arbeitsstunde ab dem 01.01.2002 1/169 des Monatslohns bzw. Monatsgehaltes.



...



§ 19



Geltendmachung von Ansprüchen



1. Der/die Arbeitnehmer/in ist zur unverzüglichen Nachprüfung der Gehalts- bzw. Lohnabrechnung verpflichtet. Stimmt der Geldbetrag mit dem Gehalts- bzw. Lohnnachweis nicht überein, so ist dies unverzüglich dem Auszahlenden zu melden.



2. Gegenseitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind innerhalb der beiderseitigen Ausschlussfrist von zwei Monaten seit Fälligkeit des Anspruchs schriftlich geltend zu machen. Wird der Anspruch schriftlich abgelehnt, so ist innerhalb von zwei Monaten nach Ablehnung Klage zu erheben. Werden diese Fristen nicht eingehalten, so verfällt der Anspruch ersatzlos. Dies gilt nicht für Schadensersatzforderungen aus unerlaubter Handlung und für Verkehrsunfälle.



3. Bei Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis ist der Sitz des Betriebes, bei einer Zweigniederlassung deren Sitz Gerichtsstand.



..."



Mit Schreiben vom 05.12.2013 (vorgelegt als Anlage K 6, Bl. 16 d. A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Abfindungssumme in der Aufhebungsvereinbarung vom 03.12.2013 unrichtig berechnet worden sei und statt der dort aufgenommenen 23.490,29 € richtigerweise 27.839,31 € gezahlt würden. Mit Schreiben vom 08.01.2014 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass nach seiner Auffassung die Berechnung der Abfindung fehlerhaft sei, weil der durchschnittliche Leistungslohn nicht berücksichtigt wurde. Der Kläger machte mit diesem Schreiben eine Abfindungssumme in Höhe von insgesamt 29.234,81 € geltend. Mit Schreiben vom 14.01.2014 teilte die Beklagte hierauf mit, dass nach ihrer Ansicht die Leistungsprämie nicht zu berücksichtigen sei bei der Berechnung der Abfindung. Mit Schreiben vom 26.06.2014 machte der Kläger erneut die Zahlung einer höheren Abfindung geltend, nunmehr in Höhe eines Gesamtabfindungsbetrages von 31.392,92 €.



Mit der am 13.03.2014 bei Gericht eingegangenen Klage macht der Kläger eine Abfindungszahlung in Höhe von weiteren 3.553,61 € geltend. Die Klage wurde der beklagten Partei ausweislich der Postzustellungsurkunde (Bl. 22 d. A.) am 20.03.2014 zugestellt.



Der Kläger ist der Ansicht, dass die Formulierung im Sozialtarifvertrag dahingehend zu verstehen sei, dass lediglich individuell vereinbarte Zulagen bei der Berechnung nicht berücksichtigt werden sollten. Tarifliche Zulagen bzw. Zuschläge seien ebenso zu berücksichtigen wie der ihm im Dezember 2013 ausgezahlte Leistungslohn. Es sei somit insgesamt ein Bruttogehalt von 2.200,00 € der Berechnung zugrunde zu legen, woraus sich die klageweise geltend gemachte Differenz zur unstreitigen Zahlung von 27.839,31 € ergäbe.



Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,



die Beklagte zu verurteilen, weitere 3.553,61 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2014 an den Kläger zu zahlen.



Die Beklagte hat beantragt,



die Klage abzuweisen.



Die Beklagte steht auf dem Standpunkt, dass der Sozialtarifvertrag dahingehend zu verstehen sei, dass auch individuell verdiente Zulagen bzw. Zuschläge bei der Berechnung nicht zu berücksichtigen seien. Die von ihr errechnete Abfindungshöhe sei daher korrekt.



Das Arbeitsgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen. Zwar stehe die Abgeltungsklausel gemäß Ziffer 7 der Aufhebungsvereinbarung dem Anspruch nicht entgegen, da evtl. weitergehende Ansprüche aus dem Sozialplan gerade nicht hierunter fallen sollten und der Kläger einen entsprechenden weitergehenden Zahlungsanspruch geltend mache. Der Anspruch sei aber dennoch nicht gegeben, da die von der Beklagten im Monat Dezember 2013 gezahlten Sonntags- und Nachtzuschläge ebenso wie der Leistungslohn in die Berechnung der Abfindung nicht einzubeziehen seien. Diese seien als individuelle Zulagen i. S. d. Sozialtarifvertrages anzusehen, da sie persönliche Entgeltbestandteile darstellen würden, die an den jeweiligen Arbeitnehmer nur dann und auch nur in Höhe der tatsächlich erbrachten Sonntags- bzw. Nachtarbeit gezahlt würden. Auf die Urteilsbegründung (Bl. 77 und 78 d. A.), dort insbesondere Seite 6 und Seite 7, wird ergänzend Bezug genommen.



Das Urteil wurde dem Kläger am 23.07.2014 zugestellt.



Mit seiner am 07.08.2014 beim Sächsischen Landesarbeitsgericht eingegangenen Berufung, welche unter dem 22.10.2014 ausgeführt wurde, macht der Kläger geltend, dass das Arbeitsgericht die Klage zu Unrecht abgewiesen habe. Es habe nicht berücksichtigt, dass der Formulararbeitsvertrag die Möglichkeit der Vereinbarung einer freiwilligen, übertariflichen Zulage vorsehe. Schon hieraus lasse sich schließen, dass der in § 1 Nr. 5 des Sozialtarifvertrages genannte Begriff "individuelle Zulage" die vom Kläger geltend gemachten Zulagen und Zuschläge nicht erfasse. Das Arbeitsgericht habe die Berechnungsgrundlage somit verkannt. Die weitere Begründung des Arbeitsgerichts sei unverständlich und nicht nachvollziehbar. Es habe die Begriffe " individuelle Arbeitsleistung" und " individuelle Zulage" offenbar gleichgesetzt. Zu berücksichtigen sei, dass der Arbeitsvertrag des Klägers zwischen "übertariflichen Zulagen" und "Zuschlägen" unterscheide (§ 4 des Arbeitsvertrages einerseits und § 9 MTV andererseits).



Der Kläger beantragt,



das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 02.07.2014 - 4 Ca 834/14 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 3.553,61 € als Sozialplanabfindung nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.01.2014 zu zahlen.



Die Beklagte beantragt,



die Berufung zurückzuweisen.



Die Beklagte verteidigt mit ihrer Berufungserwiderung das angefochtene Urteil unter Verweis auf ihre erstinstanzlichen Ausführungen. Aus der Regelung, dass das Bruttomonatsentgelt mal 13,25 dividiert durch 12 zu berücksichtigen sei, ergäbe sich, dass nur das reine tarifliche Entgelt Grundlage der Abfindungsberechnung habe sein sollen, denn nur die Grundbezüge würden 13,25 mal im Jahr ausgezahlt, nicht jedoch sonstige Zulagen, insbesondere nicht Zulagen, die von der jeweiligen konkreten Arbeitsleistung abhingen und jeden Monat in anderer Höhe anfielen. Der Begriff "Entgelt" umfasse nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht variable Vergütungsanteile, die in unregelmäßiger Höhe zu berücksichtigen seien.



Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 29.01.2015.



Entscheidungsgründe



Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte und gemäß den §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und begründete, damit zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die zulässige Klage abgewiesen, da sie unbegründet ist.



I.



Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine höhere Abfindungszahlung.



1. Zwar steht dem Anspruch nicht bereits die im Aufhebungsvertrag unter Ziffer 7 enthaltene Abgeltungsklausel entgegen. Dies hat das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt. Auf Nummer 3 der Urteilsbegründung wird insoweit Bezug genommen.



2. Im Ergebnis ebenfalls zu Recht ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Formulierung im Sozialtarifvertrag zur Berechnung der Abfindungshöhe keine Einbeziehung der vom Kläger im Dezember 2013 verdienten Zuschläge bzw. des Leistungslohns gebietet.



a) Grundlage des Abfindungsanspruchs ist der geschlossene Aufhebungsvertrag in Verbindung mit dem Sozialplan. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts haben Sozialpläne nicht nur die Wirkung einer Betriebsvereinbarung (vgl. § 112 Abs. 1 Satz 3 Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG), sondern sind der Sache nach selbst Betriebsvereinbarungen (vgl. den Beschluss des BAG vom 18.12.1990, Az. 1 ABR 15/90 unter Hinweis auf das Urteil des BAG vom 27. August 1975 - 4 AZR 454/74; entnommen der Datenbank juris). Wie auch sonst bei Betriebsvereinbarungen ist daher hinsichtlich der Regelungen zu unterscheiden nach dem normativen Teil des Sozialplanes einerseits und dem schuldrechtlichen Teil andererseits. Zum normativen Teil gehören diejenigen Regelungen, die unmittelbare und zwingende Wirkung auf die betroffenen Arbeitsverhältnisse haben (vgl. zum Ganzen Kania in Erfurter Kommentar, 15. Aufl., § 77 BetrVG, Rn. 4ff). Die hier in Frage stehende Regelung des Sozialplanes begründet unmittelbar Ansprüche auf Abfindungszahlungen, gehört daher zweifellos zum normativen Teil. Wille der Betriebsparteien bei Abschluss des Sozialplanes war dabei offensichtlich, die Regelungen des Sozialtarifvertrages zur Berechnung der Abfindungshöhe unverändert zu übernehmen. Bezüglich des Inhalts dieser Regelungen ist daher auf den Sozialtarifvertrag abzustellen, der ebenfalls in einen normativen und einen schuldrechtlichen Teil zu trennen ist, wobei die hier gegenständliche Regelung ebenso zweifellos zum normativen Teil des Tarifvertrages zählt. Die Parteien haben anderes auch nicht geltend gemacht.



Hinsichtlich der Auslegung der im normativen Teil eines Tarifvertrages enthaltenen Regelungen folgt die Kammer den vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätzen. Der früher hierzu vorhandene Streit zwischen der Auslegung nach den für Gesetzen geltenden Grundsätzen einerseits und den für Verträge geltenden Grundsätzen andererseits dürfte sich nämlich aufgrund der vom Bundesarbeitsgericht jetzt (seit langem) vertretenen vermittelnden Ansicht weitgehend erledigt haben (vgl. dazu Franzen in Erfurter Kommentar, 15. Aufl., § 1 TVG Rn. 92ff). Das Bundesarbeitsgericht führt in seiner Entscheidung vom 06.07.2006 (Az. 2 AZR 587/05, entnommen der Datenbank juris) aus:



"Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Dabei ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in der tariflichen Norm seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorrang, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr. des BAG zB 29. August 2001 - 4 AZR 337/00 - BAGE 99, 24, 28 f. mwN)."



b) Unter Berücksichtigung des Vorstehenden kann nicht festgestellt werden, dass die Formulierung "Bruttoentgelt ohne individuelle Zulagen" im Sinne des Klägers zu verstehen ist. Allerdings ist der Wortlaut nicht eindeutig, wie der vorliegende Streit zeigt, denn es kann einerseits gemeint sein das Bruttomonatsentgelt ohne individuell vereinbarte Zulagen (also mit aus kollektivrechtlichen Regelungen - Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung - zustehenden Zulagen, so der Kläger) oder aber das Bruttomonatsentgelt ohne individuell verdiente Zulagen (also allen aufgrund der tatsächlichen Arbeitsleistung unter Berücksichtigung von Leistung/Sonntags-/Feiertags- und Nachtarbeit).



Für die Auffassung des Klägers spricht zunächst, dass im Arbeitsrecht hinsichtlich etwaiger Anspruchsgrundlagen grundsätzlich zwischen solchen unterschieden wird, die individuell (einzelvertraglich) vereinbart wurden und solchen, die auf kollektivrechtlichen Regelungen oder Gesetzen beruhen. Auch erscheint die Verwendung des Wortes "individuelle" überflüssig, wenn alle Zulagen (und Zuschläge) von der Ausnahme hätten erfasst sein sollen. Auf den ersten Blick scheinen daher die tarifvertraglichen Zuschläge ebenso mit einzuberechnen zu sein wie die auf der Betriebsvereinbarung beruhende Leistungsentlohnung. Es hätte weiterhin nahegelegen, anstelle der Formulierung "Bruttomonatsentgelt ohne individuelle Zulagen" gleich den Begriff "tarifliches Grundentgelt" zu verwenden, wenn doch alle Zulagen und Zuschläge nicht hätten erfasst sein sollen. Gegen diese Annahme spricht aber - wie gerade das Beispiel des Klägers zeigt -, dass den Arbeitnehmern gegebenenfalls Besitzstandzulagen gezahlt werden, die auch nach Ansicht der Beklagten in die Berechnung einzubeziehen sind. Diese Besitzstandzulagen erhöhen das tarifliche Grundentgelt monatlich wiederkehrend in gleichbleibender Höhe und sind daher als Teil des "Bruttomonatsentgelts" anzusehen.



Dieser auf den ersten Blick für die Ansicht des Klägers streitende Wortlaut ist jedoch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch keinesfalls eindeutig. Eine Eingabe des Begriffs "individuelle Zulage" in der juristischen Datenbank "JURIS" bringt eine Vielzahl von Entscheidungen, in denen dieser Begriff mit jeweils einer der beiden vorstehenden Bedeutungen verwendet wird. Insbesondere wenn bei tariflichem Leistungslohn die Höhe der für die erbrachte Leistung gezahlten "Zulage" (gerne auch "Zuschlag", siehe dazu noch unten) von einer vorhergehenden Leistungsfeststellung in der Weise abhängt, dass je nach erzielter Leistung gestaffelt andere prozentuale Zuschläge/Zulagen gezahlt werden, wird die konkret erreichte als "individuelle tarifliche Zulage" bezeichnet (vgl. insgesamt z.B. die Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf zur "garantierten individuelle Zulage - GIZ" vom 08.11.2013, Az. 12 Sa 651/13; vom 11.09.2013, Az. 12 Sa 510/13 und Az. 12 Sa 517/13; des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 07.08.2014, Az. 5 Sa 217/14 zur "individuellen Leistungszulage" nach den Tarifverträgen der Metall- und Elektroindustrie Rheinland-Pfalz, insbesondere nach dem Entgeltrahmenabkommen - ERA; alle Entscheidungen entnommen der Datenbank juris). Mit "individueller Zulage" kann daher durchaus auch eine tarifliche Zulage gemeint sein.



Unklarheiten entstehen dabei aber nicht nur aus der nicht eindeutigen Verwendung des Wortes "individuell", sondern auch aus der Verwendung des Wortes "Zulagen". Zu Unrecht macht der Kläger hier geltend, dass "Zulagen" nicht gleichbedeutend sei mit "Zuschlägen", wie sie in § 9 des Manteltarifvertrages genannt werden. Er verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass in seinem Formulararbeitsvertag ausdrücklich die Vereinbarung "freiwilliger, übertariflicher Zulagen" als Möglichkeit vorgesehen ist. Daraus folgert er, dass die Tarifvertragsparteien bei Abschluss des Sozialtarifvertrages sehr wohl unterschieden hätten zwischen solchen individuell (vereinbarten) "Zulagen" und den tariflichen "Zuschlägen". Bezüglich dieser Worte lässt sich aber ein einheitlicher allgemeiner Sprachgebrauch allenfalls dahingehend feststellen, dass diese Worte ohne Unterscheidung hinsichtlich der Bedeutung, also synonym verwendet werden. Dies zeigt schon ein Blick in die Kommentierung von Preis im Erfurter Kommentar, 15. Aufl., zu § 611 Rn. 480 ff. Sie beginnt mit dem Begriff "Zulagen". Unter Rn. 482 heißt es dann zu den Nachtschicht- und Wechselschichtzulagen: "Bei Nachtschichtarbeit hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in angemessenem Umfang bezahlte freie Tage oder einen Zuschlag zu gewähren." Unter Rn. 485 heißt es dann "Nachtarbeits-, Sonn- und Feiertagszuschläge" und weiter "Der Ausschluss Teilzeitbeschäftigter von der Zulage verstößt gegen § 4 Abs. 1 TzBfG." Auch der Blick in allgemeine Wörterbücher hilft nicht weiter. So heißt es beispielsweise im Neuen Deutschen Wörterbuch von K.-H. Göttert (erschienen im Verlag Lingen, Köln, 2007) unter dem Stichwort "Zuschlag": Aufschlag im Preis, Nachzahlung, Zusatz. Unter dem Stichwort "Zulage" heißt es dann: zusätzliche Bewilligung (z. B. Gehalt). Beide Begriffe werden also mit dem deutschen Wort "Zusatz" erläutert, eine unterschiedliche inhaltliche Bedeutung lässt sich nicht feststellen.



Aber auch der vom Kläger gezogene Rückschluss auf einen insoweit eindeutigen Sprachgebrauch jedenfalls der Tarifvertragsparteien verbietet sich. Zum einen ist bereits fraglich, ob der Formulararbeitsvertrag zur Auslegung des Tarifvertrages überhaupt herangezogen werden kann, da nicht davon auszugehen ist, dass die Tarifvertragsparteien das entsprechende Formular erstellt und dabei ihr Sprachverständnis eingebracht haben. Der Sozialtarifvertrag selbst verwendet nur den Begriff "Zulage", so dass eine Abgrenzung zu "Zuschlägen" nur anhand dieses Vertrages nicht möglich ist. Der Manteltarifvertrag dagegen, der immerhin von den Tarifvertragsparteien formuliert wurde (deren Sprachverständnis somit einfloss) enthält den Begriff "Zulagen" nicht, so dass eine Abgrenzung zu "Zuschlägen" ebenfalls nicht möglich ist. Selbst wenn man aber den Formulararbeitsvertrag heranziehen würde, ließe sich eine eindeutige Auslegung zugunsten des Klägers damit nicht begründen. Denn in dem Formular ist festgelegt, dass sich das "Bruttoentgelt" zusammensetzt aus dem "Tarifgehalt/-lohn" (welcher gleichbedeutend ist und auch im Arbeitsvertrag des Klägers so festgelegt wird mit dem monatlich fixen Lohn nach der Tabelle ohne tarifliche Zuschläge) und der "freiwilligen, übertariflichen Zulage". Ist nach Ziffer II § 1 Nr. 5 des Sozialtarifvertrages diese Zulage wegzulassen bei der Berechnung, bliebe nur noch das "Bruttoentgelt" - bei Auslegung anhand der arbeitsvertraglichen Formulierung als nur der monatliche Fixlohn. Dies wiederum würde für die Ansicht der Beklagten streiten.



Da der Wortlaut nicht eindeutig ist, macht sich ein Rückgriff auf den tariflichen Gesamtzusammenhang erforderlich. Die Beklagte hat hier geltend gemacht, dass sich aus der Berechnungsformel (Bruttomonatsentgelt mal 13,25 dividiert durch 12) ergäbe, dass nur das reine tarifliche Entgelt Grundlage der Abfindungsberechnung habe sein sollen, denn nur die Grundbezüge würden 13,25-mal im Jahr ausgezahlt, nicht jedoch sonstige Zulagen, insbesondere nicht Zulagen, die von der jeweiligen konkreten Arbeitsleistung abhingen und jeden Monat in anderer Höhe anfielen. Eine 13,25-fache Zahlung des tariflichen Entgeltes lässt sich den hier vorliegenden Tarifverträgen jedoch nicht entnehmen und wurde vom Kläger auch bestritten. Woraus sich der Faktor 13,25 ableitet, konnte vom Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht weiter erläutert werden. Hieraus ergibt sich für die Kammer daher kein Anhaltspunkt für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien.



Entgegen der Ansicht der Beklagten lässt sich auch nicht feststellen, dass der im Sozialtarifvertrag verwendete Begriff "Entgelt" nach dem allgemeinen Sprachgebrauch variable Vergütungsanteile, die in unregelmäßiger Höhe zu berücksichtigen seien, nicht umfasse. Die Beklagte hat diese Ansicht nicht weiter begründet. Die Annahme einer dahingehenden klaren Bedeutung verbietet sich nach der langjährigen Berufserfahrung der Vorsitzenden auch. Die Begriffe "Entgelt", "Vergütung", "Lohn", "Gehalt" werden durchgängig jeweils für durchaus unterschiedliche Sachverhalte, zum Teil aber auch synonym, verwendet. Für letzteres spricht auch die Erläuterung im oben genannten Wörterbuch zum Stichwort "Entgelt": Vergütung, Lohn, Bezahlung. Der Begriff für sich genommen gibt damit nicht einmal ausreichend Anhaltspunkte dafür, ob ein Brutto- oder ein Nettobetrag gemeint ist, geschweige denn, dass hieraus Rückschlüsse auf seine Bestandteile gezogen werden könnten. Unabhängig vom allgemeinen Sprachgebrauch spricht aber der sonstige Sprachgebrauch der hier beteiligten Tarifvertragsparteien für die Ansicht der Beklagten. Dies zeigt zum Beispiel ein Blick in den hier einschlägigen Entgelttarifvertrag über die Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für Groß-/Außenhandelsunternehmen und Verbundgruppen im Freistaat Sachsen: dieser verwendet grundsätzlich den Begriff "Vergütung" (siehe §§ 3, 4 und 5). In § 8 wird jedoch der Begriff "Entgelt" verwendet, bezogen auf die Erhöhungszeitpunkte. Hier können nur die Zeitpunkte der Erhöhung der in den Tabellen genannten fixen Gehälter und Löhne (dort bezeichnet als "Monatslohn") gemeint sein, also die "Vergütung" nach §§ 3 und 4 (jeweils: "Die Vergütung erfolgt nach Maßgabe der beigefügten Gehalts- bzw. Lohntabellen"). Die Begriffe "Entgelt" und "Vergütung" werden somit identisch verwendet und zwar im Sinne des tariflichen, monatlich fixen Lohns bzw. Gehaltes ohne Zulagen/Zuschläge.



Aber auch im zwischen den hier beteiligten Tarifvertragsparteien geschlossenen Manteltarifvertrag ist ein Sprachgebrauch feststellbar, der die Ansicht der Beklagten stützt. Sowohl in § 9 MTV als auch in § 12 MTV wird der Begriff "Monatsentgelt" jeweils bezogen auf den tariflichen, monatlich fixen Lohn. Dies ergibt sich aus der ratierlichen Berechnung mit 1/169 (169 Stunden sind die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit von 39 Stunden, § 8 Nr. 1 MTV, multipliziert mit dem - für die Berechnung der monatlichen Stundenzahl üblichen - Faktor 4,33). Wie unten noch weiter ausgeführt, werden Zuschläge nicht ratierlich gezahlt, sondern konkret nach tatsächlichem Anfall der entsprechenden Arbeitsleistung. Sie können daher vom Begriff "Monatsentgelt", wie die Tarifvertragsparteien ihn verwenden, nicht umfasst sein.



Diese Auffassung findet auch ihren Niederschlag im Sozialtarifvertrag (Andeutungstheorie). In Ziffer II § 1 Nr. 5 Satz 2 des Sozialtarifvertrages heißt es nämlich: "Soweit zum Zeitpunkt des Ausscheidens kein Einkommen erzielt wird, ist analog Vorstehendem auf den Monat abzustellen, in dem das letzte Mal ein volles Bruttomonatsentgelt ausgezahlt wurde." Ein "volles Bruttomonatsentgelt" kann hier nur im Sinne eines Fixbetrages verstanden werden, der im Falle zeitanteiliger Erbringung der Arbeitsleistung auch nur verhältnismäßig anteilig gezahlt würde. Dies spricht gegen die Annahme, dass die Tarifvertragsparteien mit dem Begriff "Bruttomonatsentgelt" grundsätzlich auch alle tariflichen Zulagen/Zuschläge erfassen und nur die individualvertraglich vereinbarten ausnehmen wollten. Denn alle Zulagen/Zuschläge werden auch bei nur zeitanteilig erbrachter Arbeitsleistung nicht im Verhältnis anteilig gezahlt, sondern immer nur so, wie sie (individuell) tatsächlich verdient wurden. Es kann nicht angenommen werden, dass der Begriff in Satz 2 der Nummer 5 eine andere Bedeutung haben sollte, als in Satz 1. Meint der Begriff aber das tarifliche Fixgehalt/-lohn, umfasst er weder die tariflichen Zuschläge noch den aufgrund Betriebsvereinbarung geschuldeten Leistungslohn. Danach stellt sich die Berechnung der Beklagten als richtig dar, so dass weitergehende Ansprüche nicht bestehen.



2. Es kann daher offenbleiben, ob der Kläger den eingeklagten Betrag im Sinne des § 19 MTV rechtzeitig geltend gemacht hat, wie das Arbeitsgericht meint. Insoweit bestehen erhebliche Bedenken, ob der Betrag auch in jetzt eingeklagter Höhe rechtzeitig geltend gemacht wurde. Der beklagten Partei brauchte aber keine Gelegenheit mehr gegeben werden, auf den erstmals in der Kammerverhandlung erfolgten Vortrag des Klägers zum Zugang des Geltendmachungsschreibens vom 26.02.2014 am 27.02.2014 zu erwidern, da Ansprüche, die hätten verfallen können, nach obigen Ausführungen nicht bestehen.



II.



Da die Voraussetzungen einer höheren Abfindungszahlung nicht gegeben sind, stehen dem Kläger auch keine Zinsansprüche zu.



III.



Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.



IV.



Die Revision war hier gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG unbeschränkt zuzulassen. Die grundsätzliche Bedeutung ergibt sich daraus, dass der Sozialtarifvertrag neben den Standorten im Freistaat Sachsen auch diejenigen in Thüringen und Nordbayern umfasst und zum jetzigen Zeitpunkt nach unstreitiger Angabe der Beklagten etwa 200 gleichgelagerte Fälle anstehen.

Vorschriften§ 9 MTV, § 64 Abs. 1, 2 ArbGG, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO, § 4 Abs. 1 TzBfG, § 12 MTV, § 8 Nr. 1 MTV, § 19 MTV, § 97 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG

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