09.11.2017 · IWW-Abrufnummer 197553
Landesarbeitsgericht Köln: Beschluss vom 24.10.2017 – 4 Ta 193/17
1. Nach der Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3, 2 Alt. VV RVG entsteht eine Terminsgebühr u. a. für die Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind.
2. Besprechungen über die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil sind nicht auf die Erledigung des Verfahrens gerichtet. Sie gehören als Abwicklungstätigkeiten gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 11 RVG zum Rechtszug der Hauptsache und sind durch die in der Hauptsache angefallenen Gebühren abgegolten.
3. Wird der Rechtsstreit nach Einspruch gegen ein Versäumnisurteil an das Arbeitsgericht wegen sachlicher Unzuständigkeit verwiesen, entsteht die Terminsgebühr für den Bevollmächtigten des s äumigen Beklagten mit Wahrnehmung des Einspruchstermins vor dem Arbeitsgericht.
4. Mit dieser Terminsgebühr ist die Tätigkeit gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 11 RVG mit abgegolten. Eine Erstattung der Terminsgebühr gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 3 ArbGG durch den Kläger scheidet aus, da sie nicht vor den ordentlichen Gerichten entstanden ist.
Tenor:
1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Siegburg - 2 Ca 1033/16 - vom 05.05.2017 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die nach dem Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 14.12.2016 (2 Ca 1033/16) vom Kläger an den Beklagten zu erstattenden Kosten für die Anrufung des unzuständigen Gerichts sowie für Reisekosten der Partei zum Termin werden auf € 1.823,44 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.01.2017 festgesetzt. Der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag des Beklagten wird zurückgewiesen.
2. Die weitergehende sofortige Beschwerde des Klägers wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger 17 % und der Beklagte 83 % zu tragen.
4. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf € 1.620,95 festgesetzt.
5. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Kostenfestsetzungsverfahren über die Festsetzung einer Terminsgebühr und die Erstattung von Reisekosten und Tagegeld.
Im Ausgangsrechtsstreit nahm der Kläger den Beklagten auf Zahlung von € 30.867,35 in Anspruch. Der Beklagte lebt in F-4 V in F .
Das durch den Kläger zunächst angerufene Landgericht Bonn erließ am 07.09.2015 im schriftlichen Verfahren ein Versäumnisurteil, durch das der Beklagte antragsgemäß zur Zahlung des geltend gemachten Betrages verurteilt wurde.
Mit Schriftsatz vom 14.12.2015 bestellten sich für den Beklagten seine jetzigen Prozessbevollmächtigten und legten innerhalb der durch das Landgericht Bonn festgesetzten vierwöchigen Frist Einspruch gegen das Versäumnisurteil ein. Sie beantragten darüber hinaus, die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil ohne Sicherheitsleistung, hilfsweise gegen Sicherheitsleistung einzustellen. Der Kanzleisitz der Prozessbevollmächtigten des Beklagten ist in S .
Mit Beschluss vom 16.12.2015 stellte das Landgericht Bonn die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung einstweilen ein. Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 28.12.2015, die Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung einzustellen und wiederholte diesen Antrag mit Schriftsätzen vom14.01.2016 und 20.01.2016.
Das Landgericht Bonn entschied über den Antrag nicht (mehr). Mit Schriftsatz vom 29.01.2016 rügte der Beklagte die fehlende sachliche Zuständigkeit des Landgerichts Bonn und dieses verwies den Rechtsstreit mit Beschluss vom 07.03.2016 an das Arbeitsgericht Siegburg.
Vor der Verweisung des Ausgangsrechtsstreits an das Arbeitsgericht hatte der Kläger sich bereit erklärt, zunächst keine Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten. Der Vorsitzende Richter am Landgericht Bonn hatte zu dieser Frage zwischen den Parteien via Email und telefonisch vermittelt. Am 03.02.2016 telefonierten die Bevollmächtigten der Parteien zu dieser Frage auch miteinander.
Am 14.12.2016 fand am Arbeitsgericht Siegburg ein Gütetermin mit anschließendem Kammertermin statt. Das persönliche Erscheinen der Parteien war nicht angeordnet. Mit Urteil vom 14.12.2016 hob das Arbeitsgericht Siegburg das Versäumnisurteil des Landgerichts Bonn vom 07.09.2015 auf, wies die Klage ab und erlegte dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auf. Das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg ist rechtskräftig.
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 26.01.2017 beantragte der Beklagte die Festsetzung einer 1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG, einer 1,2 Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 VV RVG, einer Aktenversendungspauschale, einer Post- und Kommunikationspauschale sowie von Reisekosten für die Strecke S - Si -S nebst Tage- und Abwesenheitsgeld und Fotokopierkosten, jeweils zzgl. Umsatzsteuer. Zur geltend gemachten Terminsgebühr führte er aus, dass die Parteien bereits vor dem Landgericht Bonn über die Durchsetzung des Versäumnisurteils verhandelt hatten.
Mit Beschluss vom 05.05.2017 hat das Arbeitsgericht Siegburg die von dem Kläger an den Beklagten zu erstattenden, vor dem Landgericht Bonn entstandenen Kosten antragsgemäß auf € 3.162,90 festgesetzt.
Der Kläger hat gegen den ihm am 11.05.2017 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss am 16.05.2017 sofortige Beschwerde mit der Begründung eingelegt, dass eine Terminsgebühr nicht entstanden sei, da nicht über die Sache selbst, sondern ausschließlich über die Einstellung der Zwangsvollstreckung gesprochen worden sei. Die festgesetzten Reisekosten wären nicht entstanden, wenn der Beklagte einen Rechtsanwalt im Bezirk des Arbeitsgerichts beauftragt hätte.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 18.08.2017 nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Terminsgebühr jedenfalls aufgrund des Telefonats mit dem Vorsitzenden Richter am Landgericht Bonn entstanden sei. Die Reisekosten seien deshalb erstattungsfähig, weil die fiktiven Reisekosten der beklagten Partei aus Frankreich um ein Vielfaches höher als die tatsächlich geltend gemachten seien.
II. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist zulässig und teilweise begründet.
1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig.
Sie ist gemäß § 78 ArbGG, §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 ZPO statthaft. Die in Kostensachen nach § 567 Abs. 2 ZPO notwendige Beschwer von € 200,00 ist erreicht. Die Beschwerde ist auch form- und fristgerecht eingelegt.
Ein bestimmter Antrag, der in der Beschwerdeschrift des Klägers nicht enthalten ist, ist im Rahmen des § 569 Abs. 2 ZPO grundsätzlich nicht erforderlich (Zöller/Heßler, 31. Aufl. 2016, § 569 ZPO Rn. 8; Musielak/Voit-Ball, 14. Aufl. 2017, § 569 ZPO Rn. 7). Etwas anderes folgt nicht daraus, dass der Kläger die Vorentscheidung nur teilweise anficht. Der Kläger benennt in seiner Begründung eindeutig die Festsetzungen, gegen die er sich mit der sofortigen Beschwerde wendet (vgl. für den umgekehrten Fall, in dem mangels Erkennbarkeit des Umfangs der Anfechtung die Unzulässigkeit der Beschwerde angenommen wurde OLG Düsseldorf 09.09.2013 - I-23 W 37/13 -, BeckRS 2013, 18079).
2. Die sofortige Beschwerde ist in der Sache teilweise erfolgreich.
Eine Terminsgebühr nach § 2 Abs. 2 RVG, Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV i.V. mit Nr. 3104 RVG zzgl. Umsatzsteuer ist für den Bevollmächtigten des Beklagten beim Landgericht Bonn nicht angefallen und durfte daher nicht festgesetzt werden (dazu unter a.). Das Arbeitsgericht hat jedoch zu Recht die fiktiven Reisekosten zzgl. Umsatzsteuer als erstattungsfähig angesehen (dazu unter b.).
a. Nach § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG besteht im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten. Nach § 12a Abs. 1 Satz 3 ArbGG gilt Satz 1 jedoch nicht für Kosten, die dem Beklagten dadurch entstehen, dass der Kläger ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit angerufen und dieses den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht verwiesen hat. Die Erstattung dieser Kosten ist durch § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V. mit §§ 495, 91, 103 ff ZPO geregelt. Obsiegt der Beklagte, so kann er Erstattung der ihm vor dem ordentlichen Gericht entstandenen Kosten verlangen. Gemäß § 91 Abs. 2 ZPO sind dabei die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts immer zu erstatten; der Kostenerstattungsanspruch ist nicht beschränkt auf etwaige "Mehrkosten" (BAG vom 19.02.2013- 10 AZB 2/13 - Rn. 7, [...] mit weiteren Nachweisen; ErfK/Koch, 17. Aufl. 2017, § 12 a ArbGG Rn. 6; Germelmann/Matthes/Prütting/Germelmann/Künzl, 9. Aufl. 2017, § 12 a ArbGG Rn. 19).
Eine Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 VV RVG ist für den Bevollmächtigten des Beklagten bis zur Verweisung an das Arbeitsgericht nicht angefallen. Die allgemeinen Voraussetzungen der Entstehung einer Terminsgebühr sind in Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG niedergelegt. Die Tätigkeiten des Bevollmächtigten des Beklagten bis zur Verweisung des Rechtsstreits an das Arbeitsgericht erfüllen keine der dort geregelten Voraussetzungen.
aa. Der Bevollmächtigte des Beklagten hat keinen gerichtlichen Termin wahrgenommen, Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 1, 1. Alt. VV RVG. Für ihn ist insbesondere nicht die (reduzierte) Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV RVG angefallen, die gemäß Abs. 1 Nr. 2 auch bei einer Säumnisentscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 331 Abs. 3 ZPO entsteht. Als das Versäumnisurteil erging, hatte sich der Bevollmächtigte des Beklagten noch nicht bestellt - der Beklagte war säumig. Die (volle) Terminsgebühr ist für den Bevollmächtigten des Beklagten erst mit der Wahrnehmung des Einspruchstermins angefallen, der am 14.12.2016 nach der Verweisung des Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht stattfand.
bb. Der Bevollmächtigte des Beklagten hat auch nicht an einem außergerichtlichen Termin oder an einer außergerichtlichen Besprechung im Sinne der Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 1, 2. Alt. VV RVG teilgenommen. Eine Terminsgebühr für eine außergerichtliche Besprechung entsteht unter anderem für "die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts" mit Ausnahme von Besprechungen mit dem Auftraggeber.
Entgegen der Auffassung des Beklagten sind diese, zuvor genannten Voraussetzungen vorliegend jedoch nicht erfüllt. Sein Bevollmächtigter hat nicht an Besprechungen, die auf die Erledigung des Verfahrens gerichtet waren, teilgenommen, denn solche Besprechungen haben nicht stattgefunden. Weder das Telefonat zwischen den Bevollmächtigten noch die Emails und Telefonate zwischen den Bevollmächtigten und dem Vorsitzenden Richter am Landgericht Bonn dienten der Erledigung des Verfahrens. Gegenstand der Gespräche war nicht die von dem Kläger gegenüber dem Beklagten in der Hauptsache geltend gemachte Forderung von € 30.867,35, sondern die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil, das in der Hauptsache ergangen war.
Die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil gemäß §§ 707, 719 ZPO gehört nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 11 RVG zum Rechtszug der Hauptsache. § 19 Abs. 1 Satz 1 RVG erfasst sämtliche Vorbereitungs-, Neben- und Abwicklungstätigkeiten des Rechtsanwalts und solche Verfahren, die mit dem Rechtszug oder Verfahren zusammenhängen, zu dem jeweiligen Rechtszug oder Verfahren gehören, es sei denn, die Tätigkeit ist nach § 18 RVG als besondere Angelegenheit definiert. Die unter § 19 RVG fallenden Tätigkeiten können somit nicht gesondert abgerechnet werden, sie sind durch die in der Hauptsache angefallenen Gebühren abgegolten (Riedel/Sußbauer/Schütz, 10. Aufl. 2015, § 19 RVG Rn. 134; Mayer/Kroiß/Ebert, 6. Aufl. 2013, § 19 RVG Rn. 109). Wie der Beklagte in seiner Beschwerdeerwiderung zutreffend ausführt, stellt § 19 RVG klar, dass jede Gebühr nur einmal anfällt. Anders als der Beklagte meint, folgt daraus aber nicht, dass die Terminsgebühr auch durch eine Besprechung über die Einstellung der Zwangsvollstreckung entstehen kann. Dies scheitert daran, dass - wie zuvor ausgeführt - eine Besprechung nur über die Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht auf die Erledigung des Verfahrens insgesamt gerichtet ist.
cc. Dass eine Besprechung oder Verhandlung über die Einstellung einer Zwangsvollstreckung keine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG auslöst, zeigt darüber hinaus der Gebührentatbestand Nr. 3328 VV RVG. Diese Gebühr entsteht in Verfahren über die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung dann, wenn - anders als im vorliegenden Fall - eine abgesonderte mündliche Verhandlung oder ein besonderer gerichtlicher Termin stattfindet. Dann geht die anwaltliche Tätigkeit über bloße Neben- und Abwicklungstätigkeiten im Rechtszug hinaus, mit der Folge, dass die Tätigkeit nicht mit den im Rechtszug verdienten Gebühren abgegolten ist (Bischof/Jungbauer/Bischof, 6. Aufl. 2014, § 19 RVG Rn. 57; Mayer/Kroiß/Gierl, 6. Aufl. 2013, RVG Nr. 3328 VV Rn. 8). Verhandlungen über die Einstellung der Zwangsvollstreckung gehören damit entweder zum Rechtszug zuzurechnen oder lösen einen eigenständigen Gebührentatbestand aus. Eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG fällt durch sie nicht an.
In der Hauptsache ist durch die Tätigkeit des Bevollmächtigten des Beklagten eine Verfahrensgebühr und - mit Wahrnehmung des Einspruchstermins vor dem Arbeitsgericht - auch eine Terminsgebühr entstanden. Mit diesen Gebühren sind seine Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil abgegolten.
b. Das Arbeitsgericht hat zurecht fiktive Reisekosten des Beklagten nebst Tage- und Abwesenheitsgeld in Höhe von insgesamt € 236,55 zzgl. Umsatzsteuer festgesetzt. Der Beklagte hat gegen den Kläger gemäß § 91 Abs. 1 ZPO Anspruch auf Erstattung der genannten Positionen in geltend gemachter Höhe.
aa. Nach § 91 Abs. 1 ZPO kann die Partei diejenigen Kosten ersetzt verlangen, die zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Reisekosten sind notwendige Kosten, wenn eine Partei in der konkreten Lage die die Kosten verursachende Reise vernünftigerweise als sachdienlich ansehen darf (BAG, Beschluss vom 17.08.2015 - 10 AZB 27/15 -, Rn. 13, [...]).
Erscheint die Partei nicht selbst, sondern entsendet sie einen Prozessbevollmächtigten, sind die durch diesen entstehenden Kosten im Rahmen hypothetisch berechneter Reisekosten, die der Partei sonst entstanden wären, grundsätzlich erstattungsfähig (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting/Germelmann/Künzl, ArbGG, 9. Aufl. 2017, § 12 a Rn. 22; Schwab/Weth/Vollstädt, ArbGG, 4. Aufl. 2014, § 12 a Rn. 25). Zwar sind nach § 12a Abs. 1 ArbGG die Kosten für die Beiziehung eines Prozessbevollmächtigten erstinstanzlich nicht erstattungsfähig. Durch diese Regelung soll das Kostenrisiko der Partei begrenzt werden. Sie soll aber nicht dadurch begünstigt werden, dass die erstattungsberechtigte Gegenpartei nicht selbst erscheint, sondern einen Prozessbevollmächtigten entsendet. Das folgt aus dem vom Gesetz verfolgten Zweck, die durch einen Prozessbevollmächtigten eintretende Verteuerung des Prozesses zu verhindern, nicht jedoch Kostenerstattungsansprüche schlechthin auszuschließen (BAG, Beschluss vom 17.08.2015 - 10 AZB 27/15 -, Rn. 14, [...]).
Vorliegend hat der Beklagte durch die Tätigkeit seines Bevollmächtigten Reisekosten erspart, weil er nicht selbst zu dem Gerichtstermin am 14.12.2016 nach Si reisen musste. Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, dass das Arbeitsgericht das persönliche Erscheinen des Beklagten nicht angeordnet hatte; denn es geht nicht um die Festsetzung eigener zusätzlicher Reisekosten der Partei oder die Erstattungsfähigkeit anwaltlicher Reisekosten, sondern ausschließlich um die Frage, ob durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten eigene erstattungsfähige Reisekosten erspart wurden. Entscheidend ist daher ausschließlich, ob und in welchem Umfang der Beklagte Reisekosten hätte aufwenden und erstattet verlangen können, wenn er selbst zu dem Gerichtstermin angereist wäre (vgl. LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.02.2012 - 17 Ta (Kost) 6010/12 - BeckRS 2012, 67080). Aus diesem Grund spielt es auch keine Rolle, dass der Bevollmächtigte des Beklagten aus Stuttgart angereist ist und Reisekosten bei einem im Bezirk des Arbeitsgerichts ansässigen Rechtsanwalt nicht angefallen wären. Die Höhe der zu erstattenden Reisekosten richtet sich gemäß § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO nach §§ 19 ff JVEG.
bb. Bei eigener Prozessführung des Beklagten wären höhere Reisekosten für die Wahrnehmung des Termins am 14.12.2016 als die geltend gemachten € 236,55 zzgl. Umsatzsteuer angefallen. Hätte der Beklagte den Termin selbst wahrgenommen, hätte er aus V F V ist 684 km von Si entfernt. Der Kanzleisitz seines Bevollmächtigten in S ist nur 344 km von Si entfernt.
Im Fall des Beklagten wären die Kosten einer nach §§ 19, 5 Abs. 1 JVEG zu erstattenden Reise mit der ersten Wagenklasse der Bahn (inkl. Platzreservierung) aufgrund der fast doppelt so weiten Wegstrecke höher gewesen, als die Kosten, die für die Reise seines Bevollmächtigten mit der ersten Wagenklasse der Bahn angefallen sind. Eine Anreise des Beklagten mit dem eigenen Pkw wäre nicht günstiger gewesen: Die dann nach §§ 19, 5 Abs. 2 JVEG zu erstattenden Kosten hätten bei einer Hin- und Rückstrecke von 1.368 km bei zu erstattenden € 0,25 je Kilometer € 342,00 betragen. Das geltend gemachte Tagegeld, das gemäß §§ 19, 6 Abs. 1 JVEG erstattungsfähig ist, wäre im Fall einer Anreise des Beklagten aufgrund dessen längerer Abwesenheit ebenfalls höher gewesen. Die zu erstattenden hypothetischen Reisekosten des Beklagten belaufen sich daher auf die geltend gemachten und durch das Arbeitsgericht zutreffend festgesetzten € 236,55 zzgl. Umsatzsteuer.
III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wurde gemäß §§ 3 ff ZPO in Höhe der Summer der streitigen Kosten (Terminsgebühr, Reisekosten und Abwesenheitsgeld jeweils zzgl. Umsatzsteuer) festgesetzt. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlte es unter Berücksichtigung von §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.