17.10.2017 · IWW-Abrufnummer 197211
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 12.07.2017 – 2 Sa 2/17
Die Bestellung eines Arbeitnehmers zum Geschäftsführer eines anderen Unternehmens kann einen sachlichen Grund für eine nachträglich vereinbarte auflösende Bedingung des Arbeitsverhältnisses gemäß §§ 14 Abs. 1 , 21 TzBfG darstellen.
In der Rechtssache
- Kläger/Berufungskläger -
Proz.-Bev.:
gegen
- Beklagte/Berufungsbeklagte -
Proz.-Bev.:
hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 2. Kammer - durch den
Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hensinger, den ehrenamtlichen Richter Reuter und den ehrenamtlichen Richter Schellenberg auf die mündliche Verhandlung vom 12.07.2017
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 18.01.2017 - 24 Ca 4921/16 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob ihr Arbeitsverhältnis durch auflösende Bedingung mit Ablauf des 31. März 2017 geendet hat.
Der im Jahr 1964 geborene Kläger wurde zunächst am 1. April 1993 bei den T1. (T1.) eingestellt. Das Arbeitsverhältnis wurde im Jahr 1995 unter Anrechnung der Betriebszugehörigkeit von der N. übernommen. Sodann wurde das Arbeitsverhältnis unter Anrechnung der Betriebszugehörigkeit von der E. (im Folgenden: R. ) übernommen. Die R. firmiert seit Januar 2014 unter der Firma der Beklagten.
Der Kläger war bei der Beklagten und den Vorgängergesellschaften in diversen leitenden Positionen tätig. Bis Juli 2005 war der Kläger bei der R. in der Abteilung Projektierungen Bauleitungsnetz als Abteilungsleiter mit einem Bruttomonatseinkommen von zuletzt 7.200,00 € beschäftigt.
Mit Wirkung zum 1. Juli 2005 wurde der Kläger bei der T. (im Folgenden: T. ), einer E1.-Tochtergesellschaft, zum Geschäftsführer bestellt. Der Dienstvertrag vom 13. Mai 2005 sieht als Vergütung ein Jahresgrundgehalt von 72.000,00 € brutto und eine nicht ruhegehaltsfähige jährliche Mindesttantieme iHv. 20 % des Grundgehalts vor.
Der Dienstvertrag enthält folgende Bestimmungen:
In einer Zusatzvereinbarung vom 12. Mai 2005 trafen die Parteien vor dem Hintergrund der Geschäftsführerbestellung des Klägers bei der T. Vereinbarungen hinsichtlich des Ruhens ihres Arbeitsverhältnisses, zu Rückkehrmöglichkeiten zur Beklagten und zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Insbesondere ist unter Ziff. 1 ("Ruhen des Arbeitsverhältnisses und betriebliche Altersversorgung") folgende Regelung vorgesehen:
Ziff. 2 der Vereinbarung "Rückkehrregelung" lautet auszugsweise folgendermaßen:
Der Kläger wurde in der Folgezeit zweimal erneut jeweils auf 5 Jahre befristet zum Geschäftsführer bei der T. bestellt. Entsprechend wurde sein Dienstverhältnis mit der T. durch Nachtragsvertrag vom 21. April 2010 bis zum 30.Juni 2015 verlängert. Durch weiteren Nachtragsvertrag vom 12. April 2015 wurde das Dienstverhältnis "für die Zeit vom 1. Juli 2015 bis zum 30. Juni 2020 vereinbart".
Mit Schreiben vom 25. Juli 2016 wurde dem Kläger seitens der neuen alleinigen Gesellschafterin der T. mitgeteilt, dass mit Beschluss vom 22. Juli 2016 die Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer der T. mit Wirkung zum 22. Juli 2016 ende. Gleichzeitig wurde der Dienstvertrag zum 31. März 2017 gekündigt und der Kläger unwiderruflich bis zum 31. März 2017 freigestellt. Mit Schreiben vom 26. Juli 2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie davon Kenntnis davon erlangt habe, dass das Dienstverhältnis des Klägers als Geschäftsführer der T. zum 31. März 2017 enden würde. Weiter heißt es im Schreiben:
Mit seiner am 8. August 2016 beim Arbeitsgericht Stuttgart erhobenen Klage wendet der Kläger sich gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die vertraglich für den Fall des Ausscheidens aus der T. vorgesehene auflösende Bedingung des Arbeitsverhältnisses nicht eingetreten sei. Dem Wortlaut nach greife die Bedingung nur dann, wenn das Dienstverhältnis im nachfolgenden Bestellungszeitraum, also in der Zeit vom 1. Juli 2010 bis 30. Juni 2015, beendet worden wäre. Dieser Fall sei aber gerade nicht eingetreten. Somit sei das ruhende Arbeitsverhältnis nach wie vor existent und müsse in der Rechtsfolge wiederaufleben. An einer ausdrücklichen Regelung für eine Beendigung oder ein Ausscheiden nach dem 30. Juni 2015 fehle es. Da nicht transparent sei, was passiere, wenn eine Beendigung oder ein Ausscheiden außerhalb des relevanten Zeitraums eintrete, lebe der alte Vertrag mit der Beklagten wieder auf.
Im Übrigen sei die ganze Regelung in der Zusatzvereinbarung vom 12. Mai 2005 intransparent, da viel zu kompliziert. Außerdem benachteilige die Regelung den Kläger unangemessen.
Ein sachlicher Grund für die auflösende Bedingung, insbesondere ein in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund, sei zudem nicht erkennbar. Dem Kläger sei es durch die Verbindung der Regelungsbereiche Ziff. 1 (Ruhen des Arbeitsverhältnisses) und Ziff. 2 (Rückkehrregelung) der Zusatzvereinbarung schmackhaft gemacht worden, sein unbefristetes Arbeitsverhältnis in ein auflösend bedingtes zu ändern. Die Vertragsänderung habe jedoch nichts an der sozialen Absicherung des Klägers ändern wollen.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt:
Die Beklagte hat beantragt,
Die Beklagte ist der Auffassung, dass das Arbeitsverhältnis durch Eintritt der für die Auflösung der Geschäftsführertätigkeit bei der T. vereinbarten Bedingung zum 31. März 2017 beendet worden sei. Die getroffene Regelung sei weder unklar noch intransparent. Vor dem Hintergrund der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer der T. sei das Arbeitsverhältnis durch die Zusatzvereinbarung zunächst zum Ruhen gebracht worden. Für den Fall, dass das Dienstverhältnis des Klägers mit der T. vor dem 30. Juni 2016 beendet oder er über den Zeitraum der ersten Bestellung hinaus von der T. nicht wieder zum Geschäftsführer bestellt werden sollte, ohne dass dies auf Gründe gestützt würde, die in der Person oder dem Verhalten des Klägers liegen, die eine Kündigung des Dienstverhältnisses rechtfertigen würden, sei eine Rückkehrmöglichkeit vorgesehen gewesen. Hintergrund und Motivation für die Vereinbarung des ruhenden Arbeitsverhältnisses sei der Umstand gewesen, dass die Anwartschaften aus der betrieblichen Altersversorgung nicht aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entsprechend den geltenden Regelungen gekürzt werden, sondern auch während der Zeit der Geschäftsführertätigkeit bei der T. weiter bei der Beklagten unter Berücksichtigung des ruhegeldfähigen Einkommens anwachsen sollten. Damit hätten mit erheblichem Aufwand verbundene Berechnungen von Betriebsrentenanwartschaften zusammen mit wechselseitigen Vereinbarungen zur Übertragung derselben vermieden und die bislang bestehenden prozesstechnischen Abläufe unverändert fortgeführt werden sollen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass dem Kläger für den Zeitraum der ersten Bestellperiode von 5 Jahren ein Rückkehrrecht eingeräumt worden sei. Aus der vertraglichen Regelung lasse sich auch entnehmen, dass dieses Rückkehrrecht nicht über den 30. Juni 2010 hinaus bestehen sollte. Den Parteien sei klar gewesen, dass darüber hinaus lediglich der formale Bestand des Arbeitsverhältnisses wegen der Fortführung der betrieblichen Altersversorgung beabsichtigt gewesen sei. Ansonsten wäre das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten beendet worden. Um diese Beendigung im Gleichlauf mit der Tätigkeit als Geschäftsführer für die T. zu erreichen, sei dann die Bedingung in die Zusatzvereinbarung aufgenommen worden, die klar zum Ausdruck bringe, dass bei Ausscheiden des Klägers bei der T. während der nachfolgenden Bestellung automatisch auch das nur aus formalen Gründen noch aufrechterhaltene, ruhende Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ende, ohne dass es insoweit einer separaten Kündigung bedürfe.
Der sachliche Grund für die Befristung liege in dem vom Kläger eingegangenen separaten und eigenständigen Dienstverhältnis mit der T.. Lediglich für die ersten fünf Jahre sei eine Absicherung durch die Rückkehrregelung beabsichtigt gewesen, da der Kläger aus einem dem Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes unterliegenden Arbeitsverhältnisses in ein hiervon nicht umfasstes Dienstverhältnis gewechselt habe. Die Erstreckung des Ruhens auf den Zeitraum nach dem 30. Juni 2010 habe ausschließlich der Aufrechterhaltung der betrieblichen Altersversorgungsregelungen gedient.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 18. Januar 2017 die Klage abgewiesen. Das angefochtene Urteil ist der Ansicht, dass die in der Zusatzvereinbarung vom 12. Mai 2005 enthaltene auflösende Bedingung einer Transparenzkontrolle standhalte und dahingehend ausgelegt werden müsse, dass mit der Formulierung "während des nachfolgenden Bestellung" gemeint gewesen sei "während oder im Anschluss an eine nachfolgende Bestellung". Zwar könne die grammatisch korrekte Formulierung "während der nachfolgenden Bestellung" so verstanden werden, dass das Arbeitsverhältnis nur dann enden soll, wenn der Kläger während des zweiten Bestellungszeitraums vom 1. Juli 2010 bis zum 30. Juni 2015 aus dem Dienstverhältnis ausscheidet. Ein derartiges Verständnis der Regelung sei von den Vertragspartnern jedoch erkennbar nicht gewollt gewesen. Die Zusatzvereinbarung sei vor dem Hintergrund der Geschäftsführerbestellung abgeschlossen worden. In der Zusatzvereinbarung sei von den Parteien vereinbart worden, dass das ruhende Arbeitsverhältnis zum Zwecke der Fortführung der betrieblichen Altersversorgung auch bei einer erneuten Bestellung nach Ablauf der ersten Befristung des Dienstverhältnisses aufrecht bleiben solle. Weiter sei verabredet worden, dass das ruhende Arbeitsverhältnis nicht mehr aufleben solle. Schließlich sei eine ausdrückliche Rückkehrregelung nur bis zum 30. Juni 2010 vereinbart worden. Unter Einbeziehung der zeitlich beschränkten Rückkehrmöglichkeit mache ein Verständnis der Regelung der auflösenden Bedingung unter Ziff. 1 Abs. 3 der Zusatzvereinbarung, dass lediglich ein Ausscheiden während der unmittelbar nachfolgenden, also zweiten Bestellperiode, die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zur Konsequenz hätte, folglich keinen Sinn. Das angefochtene Urteil ist weiter der Meinung, dass die nachträgliche auflösende Bedingung des Arbeitsverhältnisses wegen Vorliegen eines sachlichen Grundes nach § 14 Abs. 1 iVm. § 21 TzBfG gerechtfertigt sei. Ein sachlicher Grund liege mit der Geschäftsführerbestellung des Klägers bei der T. vor. Mit der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer einer anderen Gesellschaft sei den Parteien klar gewesen, dass die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zumindest für den Zeitraum der Bestellung nicht hätten erfüllt werden können. Die Parteien hätten die Wahl zwischen einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der hier gewählten Variante der Vereinbarung des Ruhens des Arbeitsverhältnisses gehabt. Das Ruhen des Arbeitsverhältnisses sei zum Zwecke der Fortführung der betrieblichen Altersversorgung gewählt worden. Die Vereinbarung einer befristeten Rückkehrmöglichkeit in das Arbeitsverhältnis und einer auflösenden Bedingung des Arbeitsverhältnisses für den Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses nach dem 30. Juni 2010 sei für die Parteien eine interessengerechte Lösung der Situation gewesen. Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen das dem Kläger am 22. Februar 2017 zugestellte Urteil richtet sich die am 20. März 2017 eingelegte und innerhalb der verlängerten Begründungsfrist am 19. Mai 2017 ausgeführte Berufung des Klägers. Der Kläger vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und ist weiter der Ansicht, dass die auflösende Bedingung des Arbeitsverhältnisses nach Ablauf der zweiten Bestellperiode als Geschäftsführer nicht mehr habe gelten sollen. Für die nachträgliche Befristung des ursprünglich unbefristeten Arbeitsverhältnisses liege auch kein sachlicher Grund vor. Die Befristung des ruhenden Arbeitsverhältnisses habe mit der Geschäftsführerbestellung überhaupt nichts zu tun. Wegen des weiteren Berufungsvorbringen des Klägers wird auf dessen Schriftsatz vom 15. Mai 2017 ergänzend Bezug genommen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
Die Beklagte beantragt,
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft ebenfalls ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Zusatzvereinbarung sei einer Auslegung zugänglich und nicht intransparent. Die vereinbarte auflösende Bedingung für den Arbeitsvertrag gelte bei verständiger Auslegung auch für über den zweiten Bestellungszeitraum hinausgehende Bestellungen zum Geschäftsführer. Für die auflösende Bedingung sei auch ein sachlicher Grund gegeben. Dieser sachliche Grund ergebe sich aus dem Interesse der Parteien, das Arbeitsverhältnis nach dem 30. Juni 2010 (nur noch) zum Zwecke der Aufrechterhaltung der betrieblichen Altersversorgung ruhend zu stellen. Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Beklagten wird auf deren Schriftsatz vom 23. Juni 2017 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die gem. § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist fristgerecht eingelegt und ausgeführt worden. Im Übrigen sind Bedenken an der Zulässigkeit der Berufung nicht veranlasst.
II.
In der Sache hat die Berufung des Klägers keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist aufgrund des Eintritts der auflösenden Bedingung gem. Ziff. 1 Abs. 3 der Zusatzvereinbarung vom 12. Mai 2005 mit Ablauf des 31. März 2017 beendet worden. Da das Berufungsgericht den Gründen des angefochtenen Urteils folgt, wird insoweit von der Darstellung der Entscheidungsgründe gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und im Folgenden nur auf das Berufungsvorbringen des Klägers eingegangen.
1. Wie das Arbeitsgericht ist auch das Berufungsgericht der Auffassung, dass die in Ziff. 1 Abs. 3 der Zusatzvereinbarung vom 12. Mai 2005 enthaltene auflösende Bedingung einer Auslegung fähig ist und einer Transparenzkontrolle standhält.
Die Vereinbarung der auflösenden Bedingung in Ziff. 1 Abs. 3 der Zusatzvereinbarung stellt eine Allgemeine Geschäftsbedingung dar, die einer Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB unterliegt, nachdem die Beklagte als Unternehmerin dem Kläger vorformulierte Vertragsbedingungen vorgelegt hat und der Kläger als Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB).
a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - [...]). Dabei ist allgemein anerkannt, dass eine Auslegung der Inhaltskontrolle vorausgeht.
b) Die Berufungskammer ist wie das Arbeitsgericht der Meinung, dass die auflösende Bedingung in Ziff. 1 Abs. 3 der Zusatzvereinbarung eindeutig dahingehend ausgelegt werden kann, dass das ruhende Arbeitsverhältnis mit der Beklagten auch dann enden soll, wenn der Kläger aus dem Dienstverhältnis bei der T. auch nach der zweiten Bestellperiode, die am 30. Juni 2015 geendet hat, ausscheidet. Zwar lässt der grammatikalisch korrekte Wortlaut der auflösenden Bedingung "während der nachfolgenden Bestellung" das Verständnis zu, dass das Arbeitsverhältnis nur dann enden soll, wenn das Dienstverhältnis des Klägers während des zweiten Bestellungszeitraums vom 1. Juli 2010 bis zum 30. Juni 2015 endet. Nach Sinn und Zweck dieser Vereinbarung können die Parteien ein solches Verständnis jedoch nicht gehabt haben.
Die Berufungskammer legt die Zusatzvereinbarung vom 12. Mai 2005 folgendermaßen aus:
(1) Die Parteien haben das bestehende Arbeitsverhältnis (nachträglich) ab dem Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der T. ab dem 1. Juli 2005 ruhend gestellt. Die Parteien haben sich bewusst dagegen entschieden, ihr Arbeitsverhältnis zu beenden, damit der Kläger Geschäftsführer der T. werden kann.
(2) Für die erste Bestellperiode des Klägers als Geschäftsführer bis zum 30. Juni 2010 und für den Fall, dass der Kläger im unmittelbaren Anschluss daran nicht wieder zum Geschäftsführer der T. bestellt wird, haben die Parteien in Ziff. 2 der Zusatzvereinbarung eine Rückkehrregelung zur Beklagten vereinbart, mit der das ruhende Arbeitsverhältnis grundsätzlich wieder aufleben sollte.
(3) Nach einer weiteren (zweiten) Bestellung des Klägers als Geschäftsführer der T. ab dem 1. Juli 2010 sollte das (weiterhin) ruhende Arbeitsverhältnis zum Zwecke der Fortführung der betrieblichen Altersversorgung weiter aufrechterhalten werden. Es sollte allerdings bei Beendigung des Dienstverhältnisses mit der T. nicht mehr aufleben (Ziff.1 Abs. 2 Satz 2 der Zusatzvereinbarung). "Im nachfolgenden Bestellungszeitraum" iSv. Ziff. 1 Abs. 2 Satz 2 der Zusatzvereinbarung kann nur so verstanden werden, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien in allen nachfolgenden Bestellungszeiträumen ab dem 1. Juli 2010 nicht mehr aufleben soll. Diese Interpretation ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des ruhenden Arbeitsverhältnisses. Das ruhende Arbeitsverhältnis ist von den Parteien (nach dem Vertragswortlaut ausschließlich) dafür geschaffen worden, die betriebliche Altersversorgung bei der Beklagten (wohl aus verwaltungstechnischen Gründen) aufrechtzuerhalten. Diese betriebliche Altersversorgung sollte unstreitig in allen nachfolgenden Bestellungszeiträumen, also auch über den 30. Juni 2015 hinaus aufrechterhalten bleiben. Dies stellt auch der Kläger nicht in Zweifel. Es ist auch unstreitig, dass die betriebliche Altersversorgung für den Kläger bei der Beklagten über den 30. Juni 2015 hinaus bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. März 2017 weitergeführt worden ist.
(4) Mit einem Ausscheiden des Klägers als Geschäftsführer der T. sollte auch gleichzeitig das ruhende Arbeitsverhältnis mit der Beklagten enden (Ziff. 1 Abs. 3 der Zusatzvereinbarung). "Des nachfolgenden Bestellung" in Ziff. 1 Abs. 3 korrespondiert mit dem "nachfolgenden Bestellungszeitraum" in Ziff. 1 Abs. 2 Satz 2 der Zusatzvereinbarung. Wenn die betriebliche Altersversorgung bis zum Ende der Geschäftsführertätigkeit für die T. auch über den 1. Juli 2015 hinaus (unbegrenzt) aufrechterhalten werden sollte, kann diese Feststellung nach Sinn und Zweck der Zusatzvereinbarung auch (nur) für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten gelten. Es würde überhaupt keinen Sinn machen, das Arbeitsverhältnis nur in der zweiten Bestellperiode vom 1. Juli 2010 bis zum 30. Juni 2015 bei einer Beendigung des Dienstvertrages mit der T. enden zu lassen, die betriebliche Altersversorgung bei der Beklagten jedoch (unbegrenzt) bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses mit der T. fortzuführen.
2. Die nachträglich vereinbarte auflösende Bedingung des Arbeitsverhältnisses ist wegen Vorliegens eines sachlichen Grundes gem. § 14 Abs. 1 iVm. § 21 TzBfG wirksam.
Beim vorliegenden Sachverhalt liegt ein sachlicher Grund iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG vor, auch wenn sich dieser nicht aus dem Katalog der sachlichen Gründe in § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG ergibt. Der Katalog der sachlichen Gründe in dieser Vorschrift ist nicht abschließend. Dadurch sollen weder andere von der Rechtsprechung anerkannte noch weitere Sachgründe für die Befristung ausgeschlossen werden. Auch andere Sachverhalte können einen Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG geben, wenn die Rechtfertigung für die Befristung den Wertungsmaßstäben der Befristungskontrolle entspricht (BAG 25. Mai 2005 - 7 AZR 402/04 - Rn. 23, [...]).
Wie das Arbeitsgericht sieht die Berufungskammer einen sachlichen Grund iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG in der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer der T. . Mit der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer einer anderen Gesellschaft ist den Parteien bewusst gewesen, dass der Kläger die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zumindest für den Zeitraum der Bestellung nicht erfüllen kann. Die Parteien haben für diese Konstellation jedoch nicht die in der Praxis am häufigsten gewählte Variante ausgesucht, nämlich dass das Arbeitsverhältnis mit der Bestellung zum Geschäftsführer einer anderen Gesellschaft beendet wird. Hätten die Parteien nicht ausdrücklich das Ruhen des Arbeitsverhältnisses vereinbart, hätte nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach beim Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrages durch einen angestellten Mitarbeiter im Zweifel die konkludente Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses liegt, das Arbeitsverhältnis als beendet angesehen werden müssen (BAG 3. Februar 2009 - 5 AZB 100/08 - Rn. 8, [...]).
Mit der gewählten Variante des ruhenden Arbeitsverhältnisses konnten die Parteien eine (bis zum 30. Juni 2010) befristete Rückkehrregelung und die Aufrechterhaltung der betrieblichen Altersversorgung bei der Beklagten vereinbaren. Das ruhende Arbeitsverhältnis nach dem 30. Juni 2010 hat nach dem Wortlaut der Zusatzvereinbarung nur dazu dienen sollen, die betriebliche Altersversorgung bei der Beklagten fortzuführen.
Bei Berücksichtigung dieses Sachverhaltes ist die erkennende Kammer der Auffassung, dass vorliegend ein nicht dem Katalog des § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG zuzuordnender sachlicher Grund vorliegt, der seinem Gewicht nach den ausdrücklich normierten Befristungsgründen gleichwertig ist. Mit der bis zum 30. Juni 2010 vereinbarten Rückkehrmöglichkeit des Klägers zur Beklagten hat der Kläger eine soziale Absicherung für den Fall gehabt, dass sein Dienstverhältnis mit der T. nicht über den 30. Juni 2010 hinaus fortgeführt wird. Auf der anderen Seite hat die Beklagte nicht mit einer zeitlich unbegrenzten Rückkehr des Klägers rechnen müssen. Nach dem 30. Juni 2010 hat das ruhende Arbeitsverhältnis nach dem Wortlaut der Zusatzvereinbarung allein den Sinn gehabt, die betriebliche Altersversorgung bei der Beklagten aufrechtzuerhalten.
Auch eine Kontrollüberlegung zeigt nach Auffassung der Berufungskammer, dass die nachträgliche Vereinbarung eines befristeten ruhenden Arbeitsverhältnisses (allein) zur Aufrechterhaltung der betrieblichen Altersversorgung zulässig sein muss. Falls man beim vorliegenden Sachverhalt einen sachlichen Grund iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG verneinen würde, käme man zum Ergebnis, dass das ruhende Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt (§ 16 Satz 1 TzBfG). Da die Parteien nach dem 30. Juni 2010 explizit einen Rückkehranspruch des Klägers zur Beklagten ausgeschlossen haben und das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien deshalb nicht mehr aufleben sollte, wäre das ruhende Arbeitsverhältnis völlig sinnentleert.
III.
Da somit die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben konnte, hat er die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels gem. § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
Reuter
Schellenberg
Verkündet am 12.07.2017