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16.10.2017 · IWW-Abrufnummer 197157

Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt: Beschluss vom 29.03.2016 – 2 M 156/15

1. Eine sich aus der Zustandsverantwortlichkeit ergebende Verpflichtung stellt keine reine Nachlassverbindlichkeit im Sinne des § 1967 BGB dar. Die sich aus der Zustandshaftung ergebende Handlungspflicht des Rechtsnachfolgers entsteht erst nach dem Erbfall originär und neu.

2. Eine Haftungsbeschränkung eines Bundeslandes als Fiskalerbe nach Maßgabe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 16.02.2000 (- 1 BvR 242/91, 1 BvR 315/99 -, BVerfGE 102, 1), in der das Bundesverfassungsgericht Maßstäbe zu den aus Art. 14 Abs. 1 GG folgenden Grenzen der Zustandshaftung des Eigentümers für die Grundstückssanierung bei Altlasten aufgestellt hat, scheidet aus, weil sich juristische Personen des öffentlichen Rechts regelmäßig nicht auf Art. 14 GG berufen können.

3. Auch der allgemeine verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der auch im Verhältnis zwischen Trägern öffentlicher Verwaltung Geltung beanspruchen kann, steht der Inanspruchnahme des Fiskalerben als Zustandsstörer für den Abbruch eines einsturzgefährdeten Gebäudes nicht entgegen.

4. Bei dem Abbruch eines Gebäudes in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet wegen Einsturzgefahr handelt es sich nicht zwingend um eine Ordnungsmaßnahme im Sinne von § 147 BauGB.

5. Die Bauaufsichtsbehörde muss bei der Betätigung des ihr nach § 57 Abs. 2 Satz 2 BauO LSA eingeräumten Ermessens die Kulturdenkmaleigenschaft eines Gebäudes gebührend berücksichtigen.

6. Bei der Androhung der Ersatzvornahme darf die Angabe der voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme im Regelfall nicht fehlen.


Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt

Beschl. v. 29.03.2016

Az.: 2 M 156/15

Gründe

I.

Mit Verfügung vom 13.07.2015 gab der Antragsgegner dem Antragsteller unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung der Ersatzvornahme auf, an den auf den Grundstücken der Gemarkung B-Stadt, Flur A, Flurstücke 10017, 8224 und 8213 (T-Straße 55, 56 und 57 sowie K-Straße 1) errichteten Gebäuden folgende bauliche Maßnahmen durchzuführen: An dem in einer Übersichtsskizze bezeichneten Gebäude 1 ist die ehemalige Kranluke dauerhaft witterungsfest zu schließen (Ziffer 1). Die Gebäude 3, 4 und 5 sind komplett abzubrechen und die dabei anfallenden Abfälle ordnungsgemäß zu entsorgen (Ziffer 2). Ferner ist das Grundstück nach Abschluss dieser Maßnahmen mittels eines 2 m hohen Doppelstabmattenzauns einzufrieden (Ziffer 3). Zur Begründung gab der Antragsgegner an, das Gebäude 1 befinde sich zwar wie das Gebäude 2 in einem guten Zustand, lediglich über eine offene "Kranluke" dringe seit längerer Zeit Wasser in das Gebäude ein, was zu Fäulniserscheinungen im Bereich der darunter liegenden Deckenkonstruktion geführt habe. Die Gebäude 3, 4 und 5 befänden sich insgesamt in einem stark vernachlässigten Zustand. Durch Dachundichtigkeiten und den daraus resultierenden Fäulnisprozessen seien nahezu alle Dach- und Deckentragwerke weitgehend zerstört. Ursächlich für diese umfangreichen Schäden seien dauerhaft nicht durchgeführte Erhaltungsmaßnahmen.

Grundsätzlich seien die Gebäude 3 bis 5 nicht mehr ausreichend standssicher. Der Eigentümer des benachbarten Grundstücks T-Straße 58 sei durch den jetzigen Zustand des südlichen Teils des Gebäudes 5 akut gefährdet und perspektivisch in der Nutzung seines Grundstücks eingeschränkt. Die K-Straße, an die das Gebäude 5 angrenze, habe bereits gesperrt werden müssen. Die Gebäude 3 und 4 grenzten an einen öffentlichen Parkplatz, der ebenfalls habe gesperrt werden müssen. Das Land Niedersachsen sei Eigentümer der Grundstücke und somit als Verantwortlicher heranzuziehen. Mit Bescheid vom 02.10.2015 korrigierte der Antragsgegner die Verfügung dahingehend ab, dass die Flurstücke 8224 und 8213 gestrichen wurden.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 07.10.2015 hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des vom Antragsteller am 07.08.2015 erhobenen Widerspruchs hinsichtlich der aufgegebenen Maßnahmen wiederhergestellt und hinsichtlich Androhung der Ersatzvornahme angeordnet. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Die Verfügung sei formell rechtmäßig. Der Antragsteller sei vor Erlass der Verfügung hinreichend angehört worden, da er hinreichend über die beabsichtigten Maßnahmen informiert worden sei und Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt habe. Die Beteiligten hätten sich vor Erlass der Verfügung in regelmäßigem Austausch und Gespräch über den Sachstand und auch über die geplanten Maßnahmen befunden. So habe ein Mitarbeiter des Antragsgegners den Antragsteller ausweislich einer Telefonnotiz vom 12.06.2015 über ein am 11.06.2015 geführtes Telefonat die geplante Verfügung zum Abriss der Gebäude 3, 4 und 5 sowie zur Sicherung des Gebäudes 1 angekündigt. Ein Mitarbeiter des Antragstellers habe dazu mit E-mail vom 12.06.2015 Stellung genommen und sich unter anderem auf die Dürftigkeit des Nachlasses berufen.

Die Abrissverfügung in Ziffer 2 des Bescheides sei voraussichtlich materiell rechtswidrig. Nach summarischer Prüfung verstoße der Zustand des Gebäudes 5 zwar gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, weil das Gebäude die Anforderungen des § 3 Abs. 1 BauO LSA nicht erfülle. Der statischen Stellungnahme des Sachverständigen L. vom 14.06.2015 sei zu entnehmen, dass die Standsicherheit des Gebäudes aufgrund in weiten Teilen der Anlage eingefallener Geschossdecken und Dachkonstruktionen nicht mehr gegeben sei. Dies werde durch die dem Gutachten beigefügten und bei Ortsbesichtigungen des Antragsgegners erstellten Bildaufnahmen bestätigt, auf denen massive Deckeneinbrüche, vermoderte Holzbalken und behelfsmäßige Deckenstützkonstruktionen zu erkennen seien. Das Dach des südlichen Teils sei bereits eingestürzt. Aufgrund der Lage des Gebäudes zur öffentlichen Straße (K-Straße) und zu angrenzenden bzw. nahestehenden Nachbargebäuden (insbesondere zu den Gebäuden nordwestlich, südlich und südöstlich des Objektes) sowie aufgrund der beträchtlichen Wandhöhe sei mit erheblichen Schäden für Leib und Leben von Anwohnern und Passanten sowie für die Standsicherheit der angrenzenden bzw. nahen Gebäude zu rechnen. Soweit der Antragsteller vortrage, alle Gebäude seien mit einem solchen Grenzabstand errichtet worden, dass der Trümmerschatten aller Voraussicht nach nur eigenen Grund treffen könne, könne dem nach summarischer Prüfung nicht gefolgt werden, da sich weder aus den Verwaltungsunterlagen noch aus sonstigen Quellen ein solcher Grenzabstand ergebe. Die Mauer an der Südseite der K-Straße könne eine Gefährdung kaum verhindern.

Entsprechendes gelte für das Gebäude 3. Hinsichtlich des Gebäudes 4 hingegen sei ein Schaden in absehbarer Zeit für die öffentliche Sicherheit und Ordnung gemäß § 3 Abs. 1 BauO LSA zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststellbar.

Jedoch sei der Antragsteller für den baurechtswidrigen Zustand nicht verantwortlich. Er sei zwar Zustandsstörer nach § 8 Abs. 2 SOG LSA, er könne aber seiner Inanspruchnahme wegen bauordnungsrechtlicher Pflichten die Einrede der Dürftigkeit aus § 1990 BGB entgegenhalten. Von einer Überschuldung des Nachlasses sei nach den Angaben des Antragstellers auszugehen; denn mit Beschluss vom 01.11.2013 habe das Amtsgericht Jever festgestellt, dass der Nachlass durch die gesetzlichen Erben wegen Überschuldung ausgeschlagen worden sei. Auf den übrigen Nachlass könne nach Angaben des Antragstellers nicht zurückgegriffen werden, weil er dem lnsolvenzbeschlag unterliege. Die geschätzten Kosten des Abrisses in Höhe von 250.000 € dürften den Verkehrswert des Grundstücks (im Jahr 2009 auf 30.000 € geschätzt) zudem um ein Vielfaches übersteigen. Die bauordnungsrechtliche Zustandsverantwortlichkeit dürfte auch eine Nachlassverbindlichkeit im Sinne des § 1967 BGB darstellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könne die Haftung für eine Störungsbeseitigung Gegenstand der Gesamtrechtsnachfolge sein, auch wenn sie zum Eintritt des Erbfalls noch nicht durch Verwaltungsakt konkretisiert war. Auch sachbezogene Verhaltenspflichten seien den zivilrechtlichen Bestimmungen des Erbrechts folgend rechtsnachfolgefähig. Jedoch müsse die Störung, um deren Beseitigung es gehe, bis zum Erbfall eingetreten sein, um die entstehende Verpflichtung als Nachlassverbindlichkeit einstufen zu können. Dies sei hier nach summarischer Prüfung der Fall. Nach der statischen Stellungnahme des Sachverständigen L. vom 14.06.2015 hätten sich alle Gebäude in stark vernachlässigtem Zustand befunden. Fäulniserscheinungen, die auf Dachundichtigkeiten über einen langen Zeitraum zurückzuführen seien, hätten zur Zerstörung der Dach- und Deckentragwerke geführt. Zudem sei erkennbar, dass bereits beträchtliche Teile der Deckenkonstruktionen der Gebäude 3 und 5 eingestürzt seien oder (im Falle des Gebäudes 5) mit behelfsmäßigen Deckentragkonstruktionen hätten gesichert werden müssen. Das Dach des südlichen Teils des Gebäudes 5 sei zudem bereits komplett eingefallen gewesen. Deshalb sei mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Störung schon zu Zeiten des Erbfalls im Jahr 2013 eingetreten war. Dem werde der Antragsgegner ggf. noch nachzugehen haben.

Ziffer 1 sei materiell rechtswidrig, weil nach summarischer Prüfung die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 57 Abs. 2, 79 Satz 1 BauO LSA nicht erfüllt seien. Die nicht verschlossene Kranluke stelle auch nach der statischen Stellungnahme des Sachverständigen L. vom 14.06.2015 keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Sinne des § 3 Abs. 1 BauO LSA dar.

Die Anordnung der Einfriedung nach Ziffer 3 des Bescheides folge unter vorgenannten Gesichtspunkten dem Schicksal der ihr ausdrücklich vorangestellten Maßnahmen. Mangels konkreter Gefahr im Sinne des § 3 Abs. 1 BauO LSA und damit mangels Verstoßes gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften sei die Anordnung nach summarischer Prüfung rechtswidrig.

Mit Bescheid vom 28.10.2015 hat der Antragsgegner dem Widerspruch gegen Ziffer 1 der Verfügung vom 13.07.2015 vollständig abgeholfen; dem Widerspruch gegen Ziffer 2 hat er teilweise abgeholfen und die Verfügung zum Abbruch der Gebäude 3 und 4 zurückgenommen. Mit weiterem Bescheid vom 28.10.2015 hat er Ziffer 3 der Verfügung vom 13.07.2015 dergestalt abgeändert, dass die Flurstücke 10017 und 8213 entlang der K-Straße 1 mittels eines massiven, fest mit dem Erdreich verbundenen 2 m hohen Doppelstabmattenzaunes einzufrieden sind. Soweit dem Widerspruch des Antragstellers abgeholfen worden ist, haben die Beteiligen den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

II.

1. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Insoweit ist auch der erstinstanzliche Beschluss zur Klarstellung für wirkungslos zu erklären (§ 173 VwGO i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).

2. Im Übrigen hat die Beschwerde des Antragsgegners zum überwiegenden Teil keinen Erfolg. Die von ihm dargelegten Gründe rechtfertigen im Ergebnis keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung, soweit es um die Anordnung zum Abbruch des Gebäudes 5 und die Androhung der Ersatzvornahme geht.

2.1. Der Senat teilt allerdings nicht die Auffassung der Vorinstanz, dass der Antragsteller als (derzeitiger) Grundstückseigentümer und Zustandsstörer nach § 8 Abs. 2 Satz 1 SOG LSA nicht verantwortlich sei.

2.1.1. Der Senat vermag insbesondere nicht der Ansicht des Verwaltungsgerichts zu folgen, der Antragsteller könne der sich aus der Zustandsverantwortlichkeit ergebenden Verpflichtung zum Abbruch des einsturzgefährdeten Gebäudes die Dürftigkeitseinrede des § 1990 BGB entgegenhalten.

Gemäß § 1990 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Erbe, wenn die Anordnung der Nachlassverwaltung oder die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens wegen Mangels einer den Kosten entsprechenden Masse nicht tunlich ist oder aus diesem Grunde die Nachlassverwaltung aufgehoben oder das Insolvenzverfahren eingestellt wird, die Befriedigung eines Nachlassgläubigers insoweit verweigern, als der Nachlass nicht ausreicht.

Voraussetzung für die Dürftigkeitseinrede ist, dass der Erbe wegen einer (reinen) Nachlassverbindlichkeit (§ 1967 BGB) in Anspruch genommen wird; handelt es sich dagegen (auch) um eine Eigenverbindlichkeit des Erben, scheidet dies hingegen aus (vgl. BGH, Beschl. v. 16.07.2009 - IX ZR 218/06 -, [...] RdNr. ; Urt. v. 05.07.2013 - V ZR 81/12 -, NJW 2013, 3446, [...] RdNr. 6). Zu den Nachlassverbindlichkeiten zählen gemäß § 1967 Abs. 2 BGB die "vom Erblasser herrührenden Schulden", also im Zeitpunkt des Erbfalls in der Person des Erblassers bereits begründete Verpflichtungen, sowie "die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten", also Schulden, die erst nach und aus Anlass des Erbfalls entstehen (vgl. BGH, Urt. v. 05.07.2013, a.a.O., RdNr. 13).

Die sich aus der Zustandsverantwortlichkeit ergebende Verpflichtung zum Abbruch des einsturzgefährdeten Gebäudes stellt indes keine reine Nachlassverbindlichkeit im Sinne des § 1967 BGB dar. Die sich aus der Zustandshaftung ergebende Handlungspflicht des Rechtsnachfolgers entsteht erst nach dem Erbfall originär und neu (vgl. NdsOVG, Urt. v. 26.02.2014 - 1 LB 100/09 -, BRS 82 Nr. 204, RdNr. 55 in [...]; VG Lüneburg, Urt. v. 26.02.2015 - 2 A 190/13 -, [...], RdNr. 31). Die Verantwortlichkeit des Zustandsstörers für den ordnungsmäßigen Zustand von Sachen ist Ausfluss der rechtlichen und der tatsächlichen Sachherrschaft (Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl. S. 318). Sie knüpft an die Eigentümerstellung, die der Erbe mit Eintritt des Erbfalls erwirbt, und nicht an dessen Stellung als Erbe an; sie ist deshalb auch keine Nachlassverbindlichkeit im Sinne von § 1967 BGB (vgl. Beschl. d. Senats v. 02.09.2014 - 2 M 31/14 -, LKV 2014, 556 [558 f.], RdNr. 22 in [...]).

Dem steht die vom Verwaltungsgericht zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - BVerwG 7 C 3.05 -, DVBl 2006, 1114 [1116], RdNr. 19 ff. in [...]) nicht entgegen. In diesem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Gesamtrechtsnachfolge in öffentlich-rechtliche Pflichten auch dann in Betracht komme, wenn deren Konkretisierung durch einen Verwaltungsakt noch aussteht; sie folge aus dem allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts, dass sachbezogene Verhaltenspflichten den zivilrechtlichen Bestimmungen des Erbrechts und des Umwandlungsrechts folgend rechtsnachfolgefähig seien. Diese Entscheidung betraf allerdings den Übergang der Handlungspflicht des Verhaltensverantwortlichen auf den Gesamtrechtsnachfolger. Zur Zustandsverantwortlichkeit enthält das Urteil lediglich die Aussage, dass eine die Zustandsverantwortlichkeit konkretisierende Beseitigungsanordnung bei Tod des Verfügungsberechtigten übergehe, da diese Verpflichtung eine vertretbare Leistung zum Gegenstand habe. Soweit das Bundesverwaltungsgericht im nachfolgenden Satz die Aussage getroffen hat, die Übergangsfähigkeit sachlich bestimmter Pflichtigkeiten werde nicht dadurch beeinträchtigt, dass diese noch nicht durch den Erlass eines Bescheides zu einer konkreten Verpflichtung erstarkt sind, mag dem entnommen werden können, dass auch die Verpflichtungen aus der Zustandsverantwortlichkeit gesamtrechtsnachfolgefähig sind. Selbst wenn aber eine bereits vor dem Erbfall aufgrund der Zustandsverantwortlichkeit bestehende (abstrakte) Handlungspflicht des Erblassens im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Erben übergehen sollte, schließt dies nicht aus, dass dieselbe Handlungspflicht in der Person des Erben - nunmehr aufgrund der Zustandsverantwortlichkeit als Grundstückseigentümer - neu begründet wird. Dann besteht ein doppelter Haftungsgrund, wie er bei einer Nachlasserben- bzw. Nachlasseigenschuld gegeben ist, bei der eine Haftungsbeschränkung nicht möglich ist (vgl. dazu W. Schlüter, in: Erman, BGB 13. Aufl., Bd II, § 1967 RdNr. 9). Dem entsprechend verfängt auch nicht der Einwand des Antragstellers, eine Pflicht, die bereits entstanden sei, könne nicht nochmals neu entstehen. Denn zu der im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge übergegangenen Haftung als Erbe tritt lediglich die Haftung als (neuer) Grundstückseigentümer und jetziger Zustandsstörer hinzu.

Auch das vom Verwaltungsgericht herangezogene Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (Urt. v. 27.03.2014 - 8 A 1251/12 -, [...]) führt zu keiner anderen Beurteilung. Der Verwaltungsgerichtshof hat lediglich ausgeführt (vgl. RdNr. 42 in [...]), als Nachlassverbindlichkeit könnte die Haftung für die Störungsbeseitigung anzusehen sein, wenn die ordnungsrechtliche Zustandsverantwortlichkeit, auch soweit sie bei Eintritt des Erbfalls noch nicht durch Verwaltungsakt konkretisiert war, Gegenstand der Gesamtrechtsnachfolge des Erben wäre. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat diese Frage aber offen gelassen, weil sie in der dort gegebenen Fallkonstellation nicht entscheidungserheblich war.

Nach seinen Feststellungen hatte die Störung zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht bestanden. Zwar hat er angenommen, das Bundesverwaltungsgericht sei in dem Urteil vom 16.03.2006 (a.a.O., RdNr. 19 ff.) davon ausgegangen, dass die ordnungsrechtliche Zustandsverantwortlichkeit, auch soweit sie bei Eintritt des Erbfalls noch nicht durch Verwaltungsakt konkretisiert war, Gegenstand der Gesamtrechtsnachfolge des Erben sei. Wie oben bereits dargelegt, war allerdings Gegenstand der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nur die Übergangsfähigkeit der Verhaltensstörerhaftung, und zudem schließt das Übergehen der dem Erblasser obliegenden Verpflichtungen auf die Erben die Entstehung einer originären Pflicht des Erben als Grundstückseigentümer nicht aus.

Damit kommt es hier nicht darauf an, ob die Gefahr, für deren Beseitigung der Antragsteller als Eigentümer gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 SOG LSA verantwortlich ist, bereits im Zeitpunkt des Todes des Voreigentümers am 04.04.2013 vorlag.

2.1.2. Für die vom Antragsteller hilfsweise erwogene Haftungsbeschränkung auf den Wert des übernommenen Vermögens entsprechend §§ 1975 ff. BGB auch für den Fall, dass die Dürftigkeitseinrede des § 1990 BGB nicht greift, ist eine rechtliche Grundlage nicht ersichtlich.

2.1.3. Eine Haftungsbeschränkung ist auch nicht nach Maßgabe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 16.02.2000 (- 1 BvR 242/91, 1 BvR 315/99 -, BVerfGE 102, 1) geboten. In dieser Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht Maßstäbe zu den aus Art. 14 Abs. 1 GG folgenden Grenzen der Zustandshaftung des Eigentümers für die Grundstückssanierung bei Altlasten aufgestellt. Eine Anwendung dieser Rechtsprechung zur Haftungseinschränkung für die Zustandshaftung des Antragstellers scheidet indes aus, weil dieser sich nicht auf den Eigentumsschutz nach Art. 14 GG berufen darf. Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich regelmäßig nicht auf Art. 14 GG berufen, selbst wenn sie keine öffentlich-rechtliche Aufgabe wahrnehmen, da sie sich dem Staat gegenüber auch nicht in der gleichen "grundrechtstypischen Gefährdungslage" gegenüberstehen wie der einzelne Eigentümer (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.07.1982 - 2 BvR 1187/80 -, BVerfGE 61, 82 [100 ff.], RdNr. 55 ff. in [...]). Zwar hat es das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung (a.a.O., [S. 109], RdNr. 73 in [...]) offen gelassen, ob in "ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen" etwas anderes gelten könne. Dass hier ein solcher besonderer Ausnahmefall vorliegen könnte, ist aber nicht ersichtlich.

2.1.4. Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand des Antragstellers, die Haftungsbeschränkung als Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, der als selbständiger Grundsatz des Rechtsstaatsprinzips auch zwischen Trägern öffentlicher Verwaltung zu beachten sei, greife auch zu seinen Gunsten.

Dem Antragsteller ist zwar darin beizupflichten, dass der allgemeine verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch im Verhältnis zwischen Trägern öffentlicher Verwaltung Geltung beanspruchen kann, wie etwa bei Eingriffen in die gemeindliche Planungshoheit, mit der Folge, dass eine Güterabwägung vorzunehmen ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.05.2001 - 2 BvK 1/00 -, BVerfGE 103, 332 [366 f.], RdNr. 124 in [...]). Ein damit vergleichbarer Eingriff steht hier allerdings nicht in Rede. Zwar hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in der vom Antragsteller zitierten Entscheidung (BayVGH, Urt. v. 05.04.2006 - 23 BV 05.1433 -, NuR 2007, 65 [66], RdNr. 47 in [...]) die Auffassung vertreten, bei der - von der Behörde dort nicht vorgenommenen - Heranziehung des Freistaats Bayern würde sich auf jeden Fall die Frage stellen, ob nicht seine Verpflichtung aus Eigentum den gleichen Begrenzungen unterliege, wie dies vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 16.02.2000 (a.a.O.) zum Ausdruck gebracht worden sei. Eine solche Begrenzung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit hält der Senat hier aber nicht für gerechtfertigt. Die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof aufgeworfene Frage, ob der Freistaat Bayern als Zustandsstörer hätte herangezogen werden können, stellte sich bei der Prüfung, ob die Behörde, die den ehemaligen Deponiebetreiber herangezogen hatte, ihr Auswahlermessen rechtmäßig ausgeübt hatte. Da hier nur der Antragsteller als Störer in Betracht kommt, bestand für den Antragsgegner kein Auswahlermessen. Die Kosten für den Abbruch des Gebäudes fallen hier in jedem Fall der öffentlichen Hand zur Last. Es geht letztlich nur um die Frage, ob der Antragsteller als Fiskalerbe oder der Antragsgegner als für die Bauaufsicht zuständiger Verwaltungsträger die Kosten zu tragen hat. Soweit im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung eine Güterabwägung zu treffen sein sollte, ist nicht ersichtlich, weshalb das für die Kosten der Beseitigung einzusetzende Vermögen des Antragstellers schutzwürdiger ist als das des Antragsgegners.

2.1.5. Der Antragsteller kann seiner Inanspruchnahme auch nicht entgegenhalten, der Antragsgegner sei seit langen Jahren nicht gegen den ordnungswidrigen Zustand eingeschritten, obwohl er hätte einschreiten können. Wie der Senat bereits entschieden hat (vgl. Beschl. v. 12.06.2013 - 2 M 28/13 -, NVwZ-RR 2013, 874 [875], RdNr. 22 in [...], m.w.N.) beseitigen fehlerhaftes behördliches Handeln oder behördliche Überwachungsdefizite weder die grundsätzliche Verantwortlichkeit des Zustands- oder Verhaltensstörers noch begründen sie eine eigene Störerhaftung der Behörde. Der Behörde kommt allein aufgrund ihrer Kenntnis von einer möglichen Gefahrenlage und ihrer gesetzlichen Zuständigkeit keine eine polizeirechtliche Störerhaftung begründende Garantenstellung zu, wie sie für die Unterlassenshaftung erforderlich ist (vgl. VGH BW, Urt. v. 18.12.2012 - 10 S 744/12 -, DVBl 2013, 594 [597], RdNr. 53). Ob der Antragsgegner durch Unterlassen gebotener Maßnahmen amtspflichtwidrig gehandelt hat und dadurch letztlich ein Schadensersatz- oder Erstattungsanspruch des Antragstellers erwächst, ist in diesem Zusammenhang ohne Belang. Unabhängig davon lässt sich - jedenfalls im Rahmen der summarischen Prüfung - nicht hinreichend sicher feststellen, dass die Gefahrenlage, die im Jahr 2015 zum Einschreiten des Antragsgegners geführt hat, bereits vor Eintritt des Erbfalls bestand.

2.1.6. Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand des Antragstellers, für den Abriss seien vorrangig sachnähere Mittel aus der Finanzierung von städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen heranzuziehen.

Sein Vortrag, er würde gegen haushaltsrechtliche Vorschriften verstoßen, wenn durch zusätzliche Aufwendungen öffentliche Aufgaben finanziert würden, die in den Zuständigkeitsbereich des Landes Sachsen-Anhalt oder des Landkreises im übertragenen Wirkungskreis fallen, bleibt unsubstantiiert. Haftet er als Fiskalerbe, ist es (vorrangig) seine Aufgabe und nicht die des Landes Sachsen-Anhalt oder des Antragsgegners, die sich aus der Zustandsverantwortlichkeit ergebenden Pflichten zu erfüllen.

Der Antragsteller vermag auch nicht mit der Erwägung durchzudringen, die Stadt B. habe die Abrisskosten zu tragen, weil das Grundstück in einem Sanierungsgebiet liege und der Stadt gemäß § 147 BauGB der Abriss von Gebäuden obliege, die einen städtebaulichen Missstand darstellten. Es ist schon nicht ersichtlich, dass es sich bei dem verfügten Abbruch um eine Ordnungsmaßnahme im Sinne von § 147 BauGB, etwa eine sonstige, zur Durchführung von Baumaßnahmen notwendige Maßnahme im Sinne von § 147 Satz 1 Nr. 5 BauGB BauGB handelt. Gemäß § 146 Abs. 1 BauGB umfasst die Durchführung der Sanierung die Ordnungsmaßnahmen und die Baumaßnahmen innerhalb des förmlich festgelegten Sanierungsgebiets, die nach den Zielen und Zwecken der Sanierung erforderlich sind. Damit ist festgelegt, dass nur solche Maßnahmen erfasst werden, die der Umsetzung des Sanierungskonzepts der Gemeinde dienen; sie müssen also einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Sanierungskonzept aufweisen, quasi durch das Sanierungskonzept veranlasst sein (vgl. Roeser, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., § 146 RdNr. 5). Eine solche Fallkonstellation dürfte nicht vorliegen, wenn die Bauaufsichtsbehörde bei Vorliegen einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung für Leib und Leben Dritter auf der Grundlage der landesrechtlichen Vorschriften des (Bau-)Ordnungsrechts gegen den Zustandsstörer einschreitet. Der Umstand, dass mit dem verfügten Abbruch zugleich ein städtebaulicher Missstand im Sinne von § 136 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BauGB beseitigt und die Gemeinde ggf. von einer Ordnungsmaßnahme im Sinne von § 147 Satz 1 Nr. 5 BauGB entlastet wird, vermag daran nichts zu ändern.

2.1.7. Der Inanspruchnahme des Antragstellers stehen schließlich auch keine "grundsätzlichen staatsrechtlichen Erwägungen", insbesondere der Grundsatz länderfreundlichen Verhaltens entgegen. Der ungeschriebene Verfassungsgrundsatz von der wechselseitigen Pflicht des Bundes und der Länder zu bundes- oder länderfreundlichem Verhalten begründet für sich allein keine selbstständigen Pflichten des Bundes oder eines Landes; er ist vielmehr akzessorischer Natur und kann nur innerhalb eines anderweitig begründeten Rechtsverhältnisses Bedeutung gewinnen, indem er die hiernach bestehenden Rechte und Pflichten moderiert, variiert oder durch Nebenpflichten ergänzt. In diesem Kontext kann er gebieten, dass der Bund oder ein Land bei der Inanspruchnahme seiner Rechte nicht auf Durchsetzung rechtlich eingeräumter Positionen dringt, die elementare Interessen eines (anderen) Landes schwerwiegend beeinträchtigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.09.2013 - BVerwG 8 C 11.12 -, BVerwGE 147, 348 [359], RdNr. 41, m.w.N.). Eine schwerwiegende Beeinträchtigung elementarer Interessen des Antragstellers durch die Inanspruchnahme als Zwangserbe vermag der Senat im konkreten Fall nicht zu erkennen.

2.2. Im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 VwGO nur möglichen summarischen Prüfung geht der Senat jedoch davon, dass die Anordnung zum Abbruch des Gebäudes 5 aus anderen Gründen voraussichtlich materiell rechtswidrig ist.

2.2.1. Zu folgen ist der Vorinstanz allerdings darin, dass die Voraussetzungen für ein bauaufsichtliches Einschreiten nach § 57 Abs. 2 BauO LSA vorliegen, weil das in der Verfügung als Gebäude 5 bezeichnete Haus die Anforderungen der §§ 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 BauO LSA nicht mehr erfüllt.

Aufgrund der vom Sachverständigen festgestellten fehlenden Standsicherheit (§ 12 Abs. 1 BauO LSA) dürfte eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, insbesondere Leben und Gesundheit Dritter im Sinne von § 3 Abs. 1 BauO LSA) bestehen. Aufgrund der Lage des Gebäudes zur öffentlichen Straße (K-Straße) und zu den angrenzenden bzw. nahestehenden Gebäuden und der beträchtlichen Wandhöhe muss mit erheblichen Gefahren für Leib und Leben von Anwohnern und Passanten sowie für die Standsicherheit der angrenzenden bzw. nahen Gebäude gerechnet werden. Dem Einwand des Antragstellers, dass alle Gebäude mit einem solchen Grenzabstand errichtet worden seien, dass der Trümmerschaden aller Voraussicht nach nur eigenen Grund treffen könne, hat die Vorinstanz zu Recht entgegengehalten, dass sich dies weder den Verwaltungsvorgängen noch sonstigen Quellen entnehmen lasse.

2.2.2. Die Abbruchverfügung dürfte jedoch ermessensfehlerhaft sein, weil der Antragsgegner - wie der Antragsteller im erstinstanzlichen Verfahren zu Recht beanstandet hat - bei der Wahl der Maßnahme nicht hinreichend berücksichtigt hat, dass der Abbruch des Gebäudes voraussichtlich einer denkmalrechtlichen und ggf. auch einer sanierungsrechtlichen Genehmigung bedarf.

2.2.2.1. Gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 5 DenkmSchG LSA bedarf einer Genehmigung durch die zuständige Denkmalschutzbehörde, wer ein Kulturdenkmal beseitigen oder zerstören will.

Das in Rede stehende Gebäude dürfte ein Kulturdenkmal darstellen. Dafür spricht, dass im (nachrichtlichen) Denkmalverzeichnis des Landes Sachsen-Anhalt unter der Erfassungsnummer 094 61097 unter der Ortsangabe "T-Straße 55 & 56 & 57" die "Tuchfabrik (...)" als Baudenkmal eingetragen ist. Im Rahmen der summarischen Prüfung kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Gebäude seine Denkmaleigenschaft wegen seines schlechten baulichen Zustands mittlerweile verloren hat. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urt. v. 18.02.2015 - 2 L 175/13 -, [...], RdNr. 44) das öffentliche Interesse an der Erhaltung einer denkmalwürdigen Sache entfallen, wenn ihre historische Substanz so weit verloren gegangen ist, dass sie ihre Funktion, Aussagen über geschichtliche Umstände oder Vorgänge zu dokumentieren, nicht mehr erfüllen kann; Voraussetzung dafür ist eine sehr weitgehende Zerstörung. Nach den Feststellungen des vom Antragsgegner zugezogenen Sachverständigen sind indes nur in Teilbereichen Geschossdecken bzw. Dachkonstruktionen nicht mehr vorhanden, was die fehlende Gesamtgebäudeaussteifung und damit die fehlende Standsicherheit des Gebäudes zur Folge hat. Dass eine Sicherung des Gebäudes, etwa durch den Einbau von Stahlträgern, von vornherein ausscheidet, lässt sich der Stellungnahme des Sachverständigen nicht entnehmen. Er hat lediglich ausgeführt, dass aus seiner Sicht eine Sanierung des Gebäudes mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand nicht mehr möglich sei. Ob aber ein Gebäude nach einer erforderlichen Sanierung noch die Denkmalaussage enthält, die es vor der Sanierung enthalten hat, ist weder vom bautechnischen Aufwand noch von den damit verbundenen Kosten her, sondern allein aus denkmalfachlicher Sicht zu beurteilen (Urt. d. Senats v. 18.02.2015, a.a.O., RdNr. 64).

Zwar mag es einer förmlichen denkmalschutzrechtlichen Genehmigung im Falle des Ergehens einer Abbruchanordnung durch die Bauaufsichtsbehörde nicht bedürfen, wenn der Abrissverfügung zugleich die Feststellung entnommen werden könnte, dass das Abrissverlangen denkmalschutzrechtlich zulässig ist (so HessVGH, Urt. v. 20.03.2002 - 4 UE 891/97 -, BRS 77 Nr. 151; BayVGH, Urt. v. 22.09.1986 - 14 B 85 A.707 -, BRS 46 Nr. 193). Dies erscheint hier schon deshalb problematisch, weil der Antragsgegner für die Erteilung der denkmalrechtlichen Genehmigung nicht zuständig ist. Gemäß § 14 Abs. 10 DenkmSchG LSA bedarf es, wenn ein Kulturdenkmal aus zwingenden Gründen zerstört oder weggenommen werden muss, der Genehmigung durch die obere Denkmalschutzbehörde, also das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt (§ 4 Abs. 2 Satz 1 DenkmSchG LSA).

Selbst wenn die Abbruchverfügung die erforderliche denkmalrechtliche Genehmigung enthalten sollte, muss die Bauaufsichtsbehörde bei der Betätigung des ihr nach § 57 Abs. 2 Satz 2 BauO LSA eingeräumten Ermessens die Kulturdenkmaleigenschaft eines Gebäudes gebührend berücksichtigen. Geht es um die Behebung eines von einem geschützten Kulturdenkmal ausgehenden gefahrenträchtigen Zustandes durch eine Maßnahme der Bauaufsichtsbehörde, dürfte eine Abbruchanordnung nur ausnahmsweise in Betracht kommen, während dem Verantwortlichen in der Regel Maßnahmen zur Sicherung der betroffenen Bausubstanz aufzuerlegen sind. Nur wenn die Voraussetzungen für die Erteilung einer denkmalrechtlichen Genehmigung offensichtlich erfüllt sind, dürfte es sachgerechter Ermessensausübung entsprechen, dem Verantwortlichen den Abbruch des Kulturdenkmals aufzugeben (vgl. zum Ganzen: HessVGH, Urt. v. 20.03.2002, a.a.O.; OVG RP, Urt. v. 02.02.1994 - 8 A 11609/92 -, BRS 56 Nr. 220, RdNr. 26 f. in [...]). Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Bauaufsichtsbehörde für das Sachgebiet des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege weder zuständig noch letztlich fachlich kompetent ist und es deshalb nahe liegt, das gemäß § 57 Abs. 2 Satz 2 BauO LSA eröffnete Ermessen in Fällen wie dem vorliegenden grundsätzlich im Sinne einer Erhaltung des geschützten Kulturdenkmals auszuüben und nur in klar umrissenen Ausnahmefällen ohne Rücksprache mit der Denkmalfachbehörde den Abbruch einer denkmalgeschützten Bausubstanz anzuordnen (vgl. OVG RP, Urt. v. 02.02.1994, a.a.O.).

Im konkreten Fall ist nicht erkennbar, dass der Antragsgegner die Denkmaleigenschaft des Gebäudes bei seiner Ermessensausübung hinreichend berücksichtigt hat. Es ist auch nicht ersichtlich, dass er die obere Denkmalschutzbehörde oder das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie des Landes Sachsen-Anhalt zu Rate gezogen hat. Es lässt sich ferner nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, dass die Durchführung von Sicherungsmaßnahmen anstelle des Abbruchs des gesamten Gebäudes, etwa den Einbau von Stahlträgern, von vorn herein ausscheidet.

2.2.2.2. Gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 BauGB bedürfen im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet die in § 14 Abs. 1 BauGB bezeichneten Vorhaben und sonstigen Maßnahmen der schriftlichen Genehmigung der Gemeinde. Das Flurstück 10017, Flur A, Gemarkung B-Stadt, auf dem sich das Gebäude 5 befindet, liegt nach der im Grundbuchauszug ersichtlichen Eintragung des Sanierungsvermerks nach § 143 Abs. 2 Satz 2 BauGB im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet der Stadt B.. Zu den sonstigen Maßnahmen im Sinne von § 14 Abs. 1 Nr. 1 BauGB gehört auch die Beseitigung baulicher Anlagen. Eine sanierungsrechtliche Genehmigung für den Gebäudeabbruch hat die Stadt B. - soweit ersichtlich - nicht erteilt.

Den vorgelegten Verwaltungsvorgängen lässt sich auch nicht entnehmen, dass eine Abstimmung mit der Stadt B. erfolgt ist.

2.3. Voraussichtlich nicht zu beanstanden ist hingegen die Anordnung zur Einfriedung der Flurstücke 10017 und 8213, mit der der Antragsgegner sicherstellen will, dass im Fall eines Einsturzes u.a. der - von der Straße abgesetzten - Gebäude 3 und 4 keine Gefahr für Passanten und Anwohner ausgeht. Der vom Antragsgegner hinzugezogene Sachverständige hat angenommen, dass auch diese Gebäude einsturzgefährdet sind.

Dieser Einschätzung ist das Verwaltungsgericht in Bezug auf das Gebäude 4 gefolgt. Dem kann der Antragsteller voraussichtlich nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass das Flurstück 8213 nur de facto als öffentlicher Parkplatz genutzt werde. Soweit die Fläche, wie er geltend macht, nicht als öffentlicher Parkplatz gewidmet sein sollte, obliegt es ihm als Grundstückseigentümer, eine Nutzung der Fläche als Parkplatz zu unterbinden.

2.4. Die Androhung der Ersatzvornahme in der Fassung des Änderungsbescheides vom 28.10.2015 kann, auch wenn hinsichtlich der Verpflichtung der Herstellung einer Einfriedung die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs nicht wiederhergestellt worden ist, insgesamt keinen Bestand haben. Denn es dürfte - jedenfalls nunmehr - an einer hinreichenden Angabe der voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornehme nach § 59 Abs. 4 SOG LSA fehlen.

Gemäß § 59 Abs. 4 SOG LSA sollen, wenn die Ersatzvornahme angedroht wird, in der Androhung die voraussichtlichen Kosten angegeben werden.

Da es sich um eine Sollvorschrift handelt, darf diese Angabe im Regelfall nicht fehlen (vgl. Sadler, VwVG/VwZG, 9. Aufl., § 13 VwVG RdNr. 105; Hornmann, HSOG, 2. Aufl., § 53 RdNr. 16). Mit ihr soll dem Pflichtigen das Kostenrisiko vor Augen geführt werden, das auf ihn zukommt, wenn er seine Pflicht nicht erfüllt und es auf die Ersatzvornahme ankommen lässt (vgl. Troidl, in: Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG/VwZG, § 13 VwVG, RdNr. 6). Ohne die Angabe der vorläufig veranschlagten Kosten ist, sofern nicht im Ausnahmefall davon abgesehen werden darf, die Androhung rechtswidrig (vgl. Hornmann, a.a.O.).

Ob § 59 Abs. 4 SOG LSA die Behörde, die in einer bauaufsichtlichen Verfügung dem Pflichtigen mehrere Maßnahme aufgibt, regelmäßig dazu verpflichtet, die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme jeder einzelnen Maßnahme anzugeben, oder ob die Angabe des veranschlagten Gesamtbetrages genügt, kann hier offen bleiben. Die Angabe der voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme im Änderungsbescheid vom 28.10.2015, die der Antragsgegner auf zusammen 200.000 € veranschlagt hat, genügt hier jedenfalls deshalb nicht (mehr), weil die Anordnung zum Abbruch des Gebäudes 5, der den ganz überwiegenden Teil der Kosten verursachen würde, aufgrund der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nicht vollziehbar ist und damit die Grundlage für die Kostenschätzung des Antragsgegners entfallen ist.

3. Die Kostenentscheidung folgt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, aus § 161 Abs. 2 VwGO. Billigem Ermessen im Sinne dieser Vorschrift entspricht es insoweit, dem Antragsgegner die Verfahrenskosten aufzuerlegen. Denn die Anordnung vom 13.07.2015 zur Schließung der Kranluke im Gebäude 1 und die Anordnung zum Abbruch der Gebäude 3 und 4 wären voraussichtlich rechtswidrig gewesen. Dem Verwaltungsgericht wäre voraussichtlich darin zu folgen gewesen, dass die offene Kranluke im Gebäude 1 zwar dazu führen mag, dass durch Eindringen von Wasser und Schnee perspektivisch Fäulnis an der darunter liegenden Holzdecke entsteht, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit aufgrund fehlender Standsicherheit dieses Gebäudes aber so weit in der Zukunft liegen dürfte, dass nicht von eine konkreten Gefahr gesprochen werden kann. Dem hat der Antragsgegner durch die Aufhebung der Ziffer 1 der Verfügung Rechnung getragen. In der Begründung des Änderungsbescheides vom 28.10.2015 ist der Antragsgegner ferner selbst davon ausgegangen, dass der von den Gebäuden 3 und 4 ausgehenden Gefahr durch ein milderes Mittel, nämlich die Einfriedung der Flurstücke 1007 und 8213 entlang der K-Straße 1 mittels eines massiven, fest mit dem Erdboden verbundenen Doppelstabmattenzauns, ebenso wirksam begegnet werden kann.

Im Übrigen folgt die Kostenentscheidung aus §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Da der Antragsteller (auch) hinsichtlich des nicht erledigten Teils des Verfahrens nur zu einem geringen Teil unterlegen ist, macht der Senat von der Möglichkeit des § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO Gebrauch, dem Antragsgegner die Verfahrenskosten insgesamt aufzuerlegen.

4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Die sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebende Bedeutung der Sache bemisst der Senat nach den voraussichtlichen Kosten für den Abbruch der Gebäude, die der Antragsteller ursprünglich auf 250.000,00 € geschätzt hat. Dieser Wert ist im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht zu halbieren (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen), weil der Sofortvollzug einer Beseitigungsanordnung einer Vorwegnahme der Hauptsache gleichkommt (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 28.10.2009 - 1 OA 222/09 -, BauR 2010, 206, RdNr. 7 in [...]).

RechtsgebieteBGB, GG, BauGB, SOG LSA, BauO LSA, DenmSchG LSAVorschriften§ 1967 BGB; § 1975 BGB; § 1990 Abs. 1 S. 1 BGB; Art. 14 Abs. 1 GG; § 14 Abs. 1 BauGB; § 144 Abs. 1 Nr. 1 BauGB; § 147 BauGB; § 8 Abs. 2 S. 1 SOG LSA; § 59 Abs. 4 SOG LSA; § 57 Abs. 2 S. 2 BauO LSA; § 14 Abs. 1 Nr. 5 DenkmSchG LSA

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