12.10.2017 · IWW-Abrufnummer 197112
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 15.02.2017 – 7 Sa 343/16
In dem Rechtsstreit
A., A-Straße, A-Stadt
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte/r: Rechtsanwälte B., B-Straße, B-Stadt
gegen
Firma C., C-Straße, A-Stadt
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte/r: Arbeitgeberverband D., D-Straße, D-Stadt
hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz auf die mündliche Verhandlung vom 15. Februar 2017 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Krol-Dickob als Vorsitzende und den ehrenamtlichen Richter Gelhard und den ehrenamtlichen Richter Cavelius als Beisitzer für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 5. Juli 2016, Az. 12 Ca 2768/14, wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch darüber, ob die Klägerin aufgrund einer individualvertraglichen Zusage nach der Entgeltgruppe E 09 K des Bundesentgelttarifvertrags für die chemische Industrie mit den Modifikationen durch einen firmenbezogenen Verbands- und Überleitungstarifvertrag zu vergüten ist.
Die Beklagte ist auf dem Gebiet der Verarbeitung und Entwicklung hochwertiger flexibler Packstoffe tätig und führender Erzeuger von Verpackungen für Lebensmittel und Hersteller von Folien. Sie beschäftigt am Standort A-Stadt circa 250 Mitarbeiter. Im dortigen Betrieb existiert ein Betriebsrat.
Die Klägerin ist gemäß Anstellungsvertrag vom 2. Juni 1992 seit dem 1. Juli 1992 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern (seinerzeit "Z.") beschäftigt. Nach § 4 dieses Anstellungsvertrages wurde sie "Unter Zugrundelegung des derzeit geltenden Entgelttarifvertrages der Chemischen Industrie Rheinland-Pfalz (...) in die Tarifgruppe E 05 eingestuft."
Sie war zunächst als Sachbearbeiterin Auftragsabwicklung tätig. Danach wurde sie zum 1. April 1994 in den Bereich Buchhaltung, Abteilung Rechnungskontrolle, versetzt.
Gemäß dem Versetzungsschreiben der Beklagten vom 22. März 1994 (Bl. 235 d. A.) war mit der Maßnahme eine tarifliche Höhergruppierung in die Tarifgruppe E 07 verbunden und nach erfolgreicher Einarbeitung (nach einem halben Jahr) die Eingruppierung in die Tarifgruppe E 09 geplant.
Entsprechend der Angaben in dem Formular "Personal-Veränderung" vom 15. Mai 1996 (Blatt 236 d. A.) wurde die Klägerin von der Entgeltgruppe E 08 in die Entgeltgruppe E 09 verbunden mit einer übertariflichen Zulage von erstmals 317 DM und einem Gesamtentgelt von 3.900,00 € höhergruppiert. Als Begründung wurde dort angeführt: "Im Rahmen der Segmentorganisation X am 01.03.96 wurden Frau W. mehr eigenverantwortliche Aufgaben übertragen, die deutlich über die bisherige Aufgabe der Auftragsabwicklung hinausgehen".
Per "Ergänzung zum Anstellungsvertrag vom 02. Juni 1992" vom 23. November 2006 (Bl 16 f. d. A.) wurde das bestehende Beschäftigungsverhältnis ab dem 1. November 2006 als Teilzeitarbeitsverhältnis fortgesetzt. Die Klägerin wurde im Bereich Marketing und Vertrieb Consumer Goods als interne Kundenbetreuerin eingesetzt. In § 4 "Vergütung" heißt es:
Im Übrigen sollten "für das Arbeitsverhältnis und die sonstigen Arbeitsbedingungen der Arbeitsvertrag vom 02.06.1992, die gesetzlichen Bestimmungen, die Tarifverträge der Chemischen Industrie und die Betriebsvereinbarungen in ihrer jeweils geltenden Fassung" gelten (§ 6 S. 2 der Ergänzung vom 23. November 2006).
Seit dem 1. Oktober 2013 beträgt die regelmäßige Wochenarbeitszeit der Klägerin 30 Stunden.
Unter dem 12. Mai 2014 schlossen der Bundesarbeitgeberverband Chemie e.V. und der Arbeitgeberverband Chemie Rheinland-Pfalz e. V. einerseits und die IG BCE und die IG BCE, Landesbezirk Rheinland-Pfalz/Saarland, andererseits rückwirkend ab dem 15. Dezember 2013 einen "
firmenbezogenen Verbandstarifvertrag für die C. gemäß Fußnote 1 Abs. 3 zum Manteltarifvertrag vom 24. Juni 1992 i.d.F. vom 16. April 2008 (im Folgenden: FVTV) für die Beklagte, der bis zum 31. Dezember 2018 Geltung haben soll. Dieser sieht unter anderem vor, dass für die Beschäftigen der Beklagten ein um 9 % abgesenkter Tarifvertrag zur Anwendung kommt (vgl. § 4 Abs. 1). Zudem soll sich die Zuweisung der Tätigkeiten auf die im Bundesentgelttarifvertrag definierten Entgeltgruppen aus der Betriebsvereinbarung über eine Eingruppierungsrichtlinie und die Überleitung auf die neue Entgeltstruktur vom 12. Mai 2014 zwischen dem Betriebsrat und der Beklagten ergeben (§ 3). Wegen des Inhalts des FVTV im Übrigen wird auf Bl. 98 ff. d. A. Bezug genommen.
An demselben Tag schlossen die Beklagte und die IG BCE zur weiteren Ergänzung einen "
Überleitungstarifvertrag
" (im Folgenden: Ü-TV) mit Wirkung zum 15. Dezember 2013. Wegen des Inhalts des Ü-TV wird auf Bl. 101 ff. d. A. Bezug genommen.
Zur Anpassung der Eingruppierung der Mitarbeiter der Beklagten schlossen die Beklagte und der Betriebsrat der Beklagten sodann am 30. Juni 2014 mit Wirkung zum 12. Mai 2014 eine "
Betriebsvereinbarung über eine Eingruppierungsrichtlinie und die Überleitung auf die neue Entgeltstruktur" ab. Wegen deren Inhalts wird auf Bl. 104 ff. d. A. Bezug genommen.
Der Tätigkeit als Sachbearbeiterin Customer Service liegt die Funktionsbeschreibung der Beklagten vom 5. Mai 2014 (Bl. 18 d. A.) zugrunde.
Zuletzt erhielt die Klägerin als Sachbearbeiterin Customer Service Tariflohn nach Entgeltgruppe E 09 K. Mit Vertragsergänzungsangebot der Beklagten vom 22. Mai 2014 (Bl. 12 ff. d. A.) wurde ihr angeboten, in Ergänzung ihres Arbeitsvertrags ab dem 1. Juni 2014 in der Funktion als Sachbearbeiterin Customer Service weiterzuarbeiten unter gleichzeitiger, ausschließlicher Geltung der "Tarifverträge, die die C. selbst oder ein Verband, deren Mitglied sie ist, mit Geltung für die C. abgeschlossen haben und künftig abschließen" und Vergütung nach der Entgeltgruppe E 08.
Seit dem 1. Juni 2014 wird die Klägerin nach Vergütungsgruppe E 08 vergütet.
Mit Schreiben vom 27. Mai 2014 (Bl. 19 f. d. A.) forderte die Klägerin die Beklagte unter anderem auf, sie auch weiterhin nach Entgeltgruppe E 09 K des BETV zu vergüten. Ihren Anspruch verfolgte sie mit der am 17. Juli 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage weiter, die sie mit am 19. August 2015 beim Gericht eingegangenem Schriftsatz zunächst erweiterte und sodann mit am 12. Mai 2016 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz unter Rücknahme der weitergehenden Klage änderte.
Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
Die Beklagte hat beantragt,
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird im Übrigen Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 5. Juli 2016 (Bl. 295 ff. d. A.).
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es - zusammengefasst - ausgeführt, die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe E 09 K BETV in Verbindung mit den sich aus dem FVTV in Verbindung mit dem Ü-TV ergebenden Modifikationen. Ein solcher Anspruch ergebe sich weder aus den kollektivrechtlichen Regelungen noch aus einer für die Klägerin günstigeren individualvertraglichen Vereinbarung. Die Klägerin übe nach den für sie maßgeblichen geltenden kollektivrechtlichen Regelungen eine ihrer jetzigen Entgeltgruppe E 08 BETV zugeordnete Tätigkeit als "Sachbearbeiterin Customer Service" aus. Ein Anspruch der Klägerin auf Weiterzahlung der bisherigen (höheren) Vergütung nach Entgeltgruppe E 09 K ergebe sich auch nicht aus einer fehlenden oder mangelhaften Beteiligung des Betriebsrats. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe E 09 K aufgrund einer für sie günstigeren einzelvertraglichen Vereinbarung, die insoweit Vorrang vor der kollektivrechtlichen Entgeltgruppe hätte. Eine solche Vereinbarung sei weder in dem Versetzungsschreiben noch in dem Formular "PersonalVeränderung" zu sehen. Aus dem Versetzungsschreiben ergebe sich keine Zusage auf Zahlung einer übertariflichen Vergütung. In dem Versetzungsschreiben habe allein die mit der Versetzung verbundene andere höherwertige Tätigkeit der Klägerin - entsprechend der Tarifsystematik folgend - zu einer höheren Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 07 geführt. In dem Schreiben sei auch nur die Rede von einer geplanten weiteren Höhergruppierung in die Entgeltgruppe E 09 für den Fall, dass sich die Klägerin nach der Einarbeitungszeit bewähre. Nur unter dieser Voraussetzung habe die Höhergruppierung in die Entgeltgruppe E 09 erfolgen sollen. Offensichtlich sei diese Bedingung aber nicht erfüllt worden, da sie tatsächlich erst mit der zeitlich nachfolgenden Personal-Veränderung in die Entgeltgruppe E 09 eingruppiert worden sei. Dies zeige sich auch daran, dass die Klägerin laut dem Formular "Personal-Veränderung" weiterhin in der Auftragsabwicklung tätig gewesen sei, sie aber mit dem Versetzungsschreiben in den Bereich Buchhaltung, Abteilung Rechnungskontrolle versetzt worden sei. Das Formular "Personal-Veränderung" stelle ebenfalls keine konstitutive Eingruppierungszusage dar. Anlass der höheren Vergütung sei offenkundig die Übertragung von mehr eigenverantwortlichen Aufgaben gewesen, wie sich aus der Begründung in dem Formular ergebe. Damit habe die Beklagte objektiv zu erkennen gegeben, die Klägerin lediglich richtig eingruppieren und gerade keine Zusage außerhalb des kollektiven Entgeltgefüges machen zu wollen. Dies zeige sich im Übrigen auch daran, dass die Klägerin zugleich eine übertarifliche Zusage zusätzlich zu der geänderten Entgeltgruppe erhalten habe. Die Beklagte habe also zwischen tariflichem Entgelt und übertariflichen Gehaltsbestandteilen klar differenziert. Der Charakter einer bloßen Wissenserklärung zeige sich zudem darin, dass die Klägerin diese Personal-Veränderung mit ihrer Unterschrift auch nur zur Kenntnisnahme bestätigen musste. Schließlich sei der Vortrag der Klägerin, sie habe im Zuge der Personal-Veränderung die Zusage für eine Vergütung nach der Entgeltgruppe E 09 K erhalten, unsubstantiiert und im Übrigen auch unerheblich, da der behauptete (gleichwohl bestrittene) Vortrag zur höheren Vergütung gerade nicht die Festschreibung dieser Vergütung losgelöst von einem kollektiven Entgeltsystem bedeutet hätte, da das höhere Tarifgehalt im Zusammenhang mit einer höher dotierten Tätigkeit gestanden habe. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz (Bl. 304 ff. d. A.) Bezug genommen.
Das genannte Urteil ist der Klägerin am 19. Juli 2016 zugestellt worden. Die Klägerin hat hiergegen mit einem am 8. August 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 5. August 2016 Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
Zur Begründung der Berufung macht die Klägerin nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes sowie des Schriftsatzes vom 2. Februar 2017, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 317 ff., 355 d. A.), zusammengefasst geltend,
unter anderem aus der Personal-Veränderung vom 15./20. Mai 1996 folge ein individualvertraglicher Anspruch der Klägerin auf eine dauerhafte Vergütung nach der Entgeltgruppe E 09 K. Klares Indiz hierfür sei, dass das Dokument auf Seiten der Klägerin zu unterzeichnen gewesen sei. Wolle ein Arbeitgeber bloß die Tarifautomatik anwenden, so müsse und werde er einem Arbeitnehmer die aus seiner Sicht zutreffende Eingruppierung lediglich einseitig mitteilen. Lege er dem Arbeitnehmer jedoch ein Dokument vor, welches auf Seiten des Arbeitgebers von mehreren Personen unterzeichnet werde und welches auch vom Arbeitnehmer zu unterzeichnen sei, stelle dies keine bloße einseitige Mitteilung, sondern eine Vereinbarung dar. Hinzu komme, dass in der Vereinbarung vom 15./20. Mai 1996 eine Begründung für die Entgelterhöhung genannt werde, die ersichtlich keine Merkmale der höheren Entgeltgruppe E 09 K erfülle. In dieser Begründung sei ersichtlich kein Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe 09 enthalten. Grundentgeltgruppe sei insoweit die Entgeltgruppe 06 des BETV. Voraussetzung für eine Vergütung nach der Entgeltgruppe E 06 sei eine kaufmännische Ausbildung. Über diese verfüge sie. Eine Vergütung nach der nächsthöheren Entgeltgruppe E 07 erfordere die Verrichtung von Tätigkeiten, die über die Anforderungsmerkmale der Gruppe E 06 hinaus erweiterte Kenntnisse und Fertigkeiten voraussetzten. Eine Vergütung nach der Entgeltgruppe E 08 erfordere wiederum entweder die Verrichtung von schwierigen Spezialtätigkeiten, die über die Anforderungsmerkmale der Entgeltgruppe E 07 hinaus qualifizierte, durch eine zusätzliche planmäßige betriebliche Spezialausbildung erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten erforderten und selbstständig ausgeübt würden oder die Verrichtung von kaufmännischen Tätigkeiten, die über die Anforderungsmerkmale der Entgeltgruppe E 07 hinaus erweiterte Kenntnisse und Fertigkeiten voraussetzten und nur allgemeiner Aufsicht bedürften. Als Tätigkeitsbeispiel werde hier die kaufmännische Sachbearbeitung mit hohem Schwierigkeitsgrad genannt. Eine Vergütung nach der Entgeltgruppe E 09 erfordere dagegen zusätzlich die Verrichtung höherwertiger kaufmännischer Tätigkeiten, für die eine abgeschlossene funktionsbezogene zusätzliche Aus- oder Weiterbildung erforderlich sei oder welche zusätzliche Fachkenntnisse erfordere, für die in der Regel eine mehrjährige Berufserfahrung in der Entgeltgruppe E 08 vorausgesetzt werde. Diese Tätigkeitsmerkmale seien in der Begründung der Vergütungsvereinbarung (Personal-Veränderung) vom Mai 1996 in keiner Weise enthalten. Sie habe zudem erst seit dem Jahr 1995 eine Vergütung nach der Entgeltgruppe E 08 erhalten. Sie habe also in keiner Weise über eine mehrjährige Berufserfahrung in der Entgeltgruppe E 08 verfügt. Auch habe sie keine funktionsbezogene zusätzliche Aus- oder Weiterbildung absolviert. Es hätten dementsprechend ersichtlich nicht die Voraussetzungen einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 09 K vorgelegen. Ebenso wenig habe die Beklagte die Höhergruppierung mit Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppe E 09 K begründet. Auch hieraus folge, dass die Beklagte der Klägerin eine übertarifliche Vergütung habe zusagen wollen.
Die Klägerin beantragt,
Die Beklagte beantragt,
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe des Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 12. September 2016, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 333 ff. d. A.), als rechtlich zutreffend.
Aus dem Formular "Personal-Veränderung" ergebe sich gerade kein Anspruch der Klägerin auf Weiterzahlung der bisherigen höheren Vergütung nach Entgeltgruppe E 09. Aus der im Formular angegebenen Begründung ergebe sich, dass eine Anpassung der Entlohnung infolge einer Veränderung der Tätigkeit vorgesehen gewesen sei. Diese Anpassung sei im Rahmen der Vorgaben des BETV erfolgt und damit gerade nicht übertariflich. Aus den gesamten Formulierungen des Formulars lasse sich keine unveränderliche Eingruppierungs- oder Gehaltszusage zugunsten der Klägerin entnehmen. Vielmehr sehe das Feld "Änderung" gerade auch eine jederzeitige Änderungsmöglichkeit vor, die sie damit ausdrücklich jederzeit im Rahmen der Vorgaben des BETV und des FVTV bzw. Ü-TV nutzen könne. Es ließen sich schon im ersten Schritt keine Argumente ins Feld führen, die für eine dem Wortlaut nach günstigere einzelvertragliche Zusage sprächen. Folglich sei die behauptete Nicht-Erfüllung der Voraussetzungen der Entgeltgruppe E 09 für die weitere Auslegung unerheblich. Weder Wortlaut noch Gestaltung des Formulars "Personal-Veränderung" ließen erkennen, dass der Klägerin eine über dem Tarif liegende Vergütung habe zugesprochen werden sollen. Die Klägerin räume selbst ein, dass Hintergrund der Erhöhung der Vergütung auf dem konkreten Anlass der Übertragung von mehr eigenverantwortlichen Aufgaben sei. Unerheblich sei dabei auch, ob es sich um die Voraussetzungen nach E 09 handele, die im Formular angegeben seien, da die Parteien einig gewesen seien, dass diese Änderungen eine Veränderung (lediglich) im Rahmen des Tarifsystems darstellen sollten. Ferner sei zu berücksichtigen, dass nach dem für die Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 09 maßgeblichen Oberbegriff der Arbeitnehmer nach Anweisung höherwertige kaufmännische oder technische Tätigkeiten verrichten müsse, für die eine funktionsbezogene Aus- oder Weiterbildung oder zusätzliche Fachkenntnisse erforderlich seien, für die in der Regel eine mehrjährige Berufserfahrung in Entgeltgruppe E 08 vorausgesetzt werde. Eine Höhergruppierung von der Entgeltgruppe E 08 in die Entgeltgruppe E 09 habe daher auch nicht mit einer deutlich nach außen erkennbaren Änderung der Tätigkeit der Klägerin verbunden gewesen sein müssen.
Auch wenn das Formular "Personal-Veränderung" vom Mai 1996 die Entgeltgruppe "E 09 " erwähne, diene dies nur der Dokumentation der aktuellen Vergütung laut Tarifsystematik. Solche Angaben seien auch nicht überflüssig, da sie zum einen intern dokumentierten, welche aktuelle Vergütung für den Arbeitnehmer gelten solle. Gleichzeitig bestehe auch so die Möglichkeit einer Kommunikation zwischen den einzelnen Abteilungen. Da die Personalabteilung nicht immer die Bewertung der Stelle nach dem BETV selbst vornehmen könne, sondern dies auch durch die Fachabteilungen und den Vorgesetzten erfolgen könne, bedürfe es dazu eines festen internen Ablaufs. Dies begründe auch das Verfahren mit verschiedenen Datumsangaben und Unterschriftenfeldern. Die Felder der Beantragung und Genehmigung dienten dabei lediglich der Kommunikation zwischen Fach- und Personalabteilung, die Unterschrift des Arbeitnehmers nur der Bestätigung der Kenntnisnahme. Beabsichtigt gewesen sei gerade keine Schaffung einer eigenen vertraglichen Rechtsgrundlage. Andernfalls würde die Unterschriftszeile zur Genehmigung anders lauten. Zur internen Wirksamkeit habe es keiner Unterschrift des Arbeitnehmers bedurft, da durch die Bezeichnung "genehmigt von" bereits zum Ausdruck gebracht werde, dass die genehmigende Stelle allein und ohne vertragliche Zustimmung durch den Arbeitnehmer gemäß den tariflichen Vorgaben die Gehaltsstruktur schaffe. Andernfalls wäre ihr und ihrer Rechtsvorgängerin zu unterstellen, dass sie mit jeder Personal-Veränderung einen eigenen Änderungsvertrag schließen wollten. Diese Auslegung hätte zur Folge, dass sie und ihre Rechtsvorgängerin bewusst auf die einseitige Anpassung des Gehaltsgefüges an die tariflichen Vorgaben habe verzichten wollen, obwohl sie dies durch die Bezugnahme im Arbeitsvertrag ausdrücklich vorgesehen hätten. Umgekehrt würden betriebsintern Dokumentationen aufgesetzt, die einen solchen am Tarifsystem orientierten Ablauf gerade vorsähen. Das Verfahren des förmlichen Antrags, der Genehmigung und der Unterschrift spreche gerade für eine bloße Wissenserklärung.
Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Sitzung vom 15. Februar 2017 (Bl. 358 ff. d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A.
Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.
B.
In der Sache hatte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg.
Wie das Arbeitsgericht zu Recht - und von der Klägerin mit der Berufung nicht angegriffen - festgestellt hat, ist die Klägerin nach den auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren kollektivrechtlichen Regelungen zutreffend in die Entgeltgruppe E 08 eingruppiert.
Sie hat auch nicht aufgrund einer für sie günstigeren individualvertraglichen Vereinbarung Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe E 09 K.
Haben die Arbeitsvertragsparteien eine eigenständige Entgeltregelung über die maßgebende Entgeltgruppe getroffen, ist diese Entgeltgruppe insoweit vorrangig (vgl. BAG, Urteil vom 21. August 2013 - 4 AZR 656/11 - NZA 2014, 561, 564 Rz. 31). Beruht die Eingruppierung nicht auf einer nur deklaratorisch nachvollzogenen Automatik, sondern auf einer vertraglichen Zusage, steht dem Arbeitgeber die Möglichkeit einer "korrigierenden" Rückgruppierung nicht offen.
Wie vom Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt, hat die Klägerin jedoch keinen individualvertraglichen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe E 09 K aufgrund des Formulars "Personal-Veränderung" vom 15. Mai/20. Mai 1996 (Bl. 236 d. A.).
Nach Auffassung der Kammer ist in diesem Schreiben kein Angebot der Beklagten auf Zahlung einer Vergütung nach Entgeltgruppe E 09 unabhängig von der zutreffenden tariflichen Eingruppierung der Klägerin enthalten, das die Klägerin durch ihre Unterschrift auf dem Formularblatt oder in sonstiger Weise angenommen hätte.
Ansatzpunkt für die Auslegung der Erklärung der Rechtsvorgängerin der Beklagten ist in erster Linie der Wortlaut. Nach der Ermittlung des Wortsinns sind die außerhalb des Erklärungsaktes liegenden Begleitumstände in die Auslegung einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen und diese dem Erklärungsempfänger bekannt oder erkennbar waren. Von Bedeutung ist ferner der verfolgte Regelungszweck sowie eine dem Erklärungsempfänger erkennbare Interessenlage.
Grundsätzlich ist die bloße Bezeichnung der Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag oder in einer Eingruppierungsmitteilung - wie in der vorliegenden "PersonalVeränderung" - nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. nur Urteil vom 20. Mai 2009 - 4 AZR 184/04 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Arbeiterwohlfahrt Nr. 12 Rz. 12) jedenfalls für den Bereich des öffentlichen Dienstes gemäß §§ 133, 157 BGB regelmäßig nicht dahin auszulegen, dass dem Arbeitnehmer ein eigenständiger, von den tariflichen Bestimmungen unabhängiger arbeitsvertraglicher Anspruch auf diese Vergütung zustehen soll. Sie ist vielmehr als Wissenserklärung anzusehen. Die Angabe einer unzutreffenden höheren Vergütungsgruppe führt ohne besondere Umstände nicht zu einem höheren Entgelt als demjenigen, welches sich in der Anwendung der Vergütungsordnung ergibt.
Im Formular "Personal-Veränderung" vom 15./20. Mai 1996 sind die bisherige Entgeltgruppe "E 8 3667,-" und die "Änderung" "E 9 3583,-" sowie neu eine übertarifliche Zulage in Höhe von 317,- € und ein neues Gesamtentgelt in Höhe von 3900,- DM angegeben. Als Begründung ist in den Formular angegeben: "Im Rahmen der Segmentorganisation X am 01.03.96 wurden Frau W. mehr eigenverantwortliche Aufgaben übertragen, die deutlich über die bisherige Aufgabe der Auftragsabwicklung hinausgehen". Die "Personal-Veränderung" ist "beantragt" und "genehmigt" worden, die Klägerin hat durch ihre Unterschrift die "Kenntnisnahme bestätigt".
Die Aufspaltung der "Entgelterhöhung" in eine Änderung der Entgeltgruppe und eine übertarifliche Zulage deutet darauf hin, dass die Beklagte von einer sich aus der Vergütungsordnung ergebenden Eingruppierung der Klägerin ab dem 1. Juli 1996 in die E 09 ausgegangen ist. Ansonsten hätte lediglich eine übertarifliche Zulage vereinbart werden können, um das angegebene Gesamtentgelt zu erreichen. Hierfür spricht auch die im Formular angegebene Begründung. Diese knüpft an eine Erweiterung der Aufgaben der Klägerin "im Rahmen der Segmentorganisation X" an. Die Änderung wird damit begründet, dass der Klägerin "mehr eigenverantwortliche Aufgaben übertragen" wurden, "die deutlich über die bisherige Aufgabe der Auftragsabwicklung hinausgehen." Der Anlass für die Annahme einer höheren Vergütungsgruppe waren demnach weitere Aufgaben der Klägerin, eine Änderung ihrer Tätigkeit. Zwar zitiert die Begründung nicht den genauen Wortlaut des Entgeltgruppenkataloges, gibt aber zu erkennen, dass die Aufgaben und damit die Tätigkeiten der Klägerin eine höhere Wertigkeit erhalten haben. Zu denken ist insoweit beispielsweise an die Richtbeispiele "kaufmännische Sachbearbeitung hohen Schwierigkeitsgrades" (Entgeltgruppe E 08) und "kaufmännische Sachbearbeitung komplexer Vorgänge" (Entgeltgruppe E 09).
Aus der von der Klägerin geleisteten Unterschrift auf der Zeile "Kenntnisnahme bestätigt" allein folgt ebenso wie aus den Unterschriften von Mitarbeitern der Rechtsvorgängerin der Beklagten hinter "beantragt von" und "genehmigt von" nicht, dass der Klägerin ein Angebot auf Zahlung einer höheren als tariflichen Vergütung unterbreitet worden ist, das sie durch ihre Unterschrift angenommen hätte. Die Unterschriften waren bereits im Hinblick auf die im Formular angegebene "übertarifliche Zulage" zu leisten.
Weitere Umstände der Erklärung vom 15./20. Mai 1996, aus denen sich Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Individualzusage entnehmen lassen würden, wie eine Bitte um Entgelterhöhung, hat die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit nicht substantiiert vorgetragen.
Die Berufung der Klägerin hatte daher keinen Erfolg.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.
Gelhard
Cavelius
Verkündet am: 15.02.2017