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04.10.2017 · IWW-Abrufnummer 196856

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 13.03.2017 – 3 Sa 499/16


In dem Rechtsstreit
A., A-Straße, A-Stadt
- Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte/r: Rechtsanwälte B., B-Straße, B-Stadt
gegen
Firma C., C-Straße, C-Stadt
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte/r: Arbeitgeberverband D., D-Straße, D-Stadt
hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2017 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Dörner als Vorsitzenden und den ehrenamtlichen Richter Bachmann und den ehrenamtlichen Richter Rennig als Beisitzer für Recht erkannt:

Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 13.10.2016, Az.: 8 Ca 834/16, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.


2. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten über Vergütungsansprüche des Klägers für Umkleidezeiten sowie für innerbetriebliche Wege- und Rüstzeiten.



Der Kläger ist seit 1997 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Lokomotivführer zu einem monatlichen Tarifentgelt von 2.871,00 € brutto bei einer Arbeitszeit von 169,66 Stunden/Monat beschäftigt. Er ist Mitglied in der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), die Beklagte ist Mitglied des Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbandes der Mobilitäts- und Verkehrsdienstleister e. V. (AGV MoVe).



Die Einsatzstelle des Klägers ist L-Stadt. Von dort aus tritt der Kläger regelmäßig seine Arbeitsschichten an.



Während Zugbegleiter und Kundenbetreuer im Nahverkehr verpflichtet sind, Unternehmensbekleidung (Ubk) zu tragen, sind Lokomotivführer wie der Kläger von dieser Tragepflicht ausgenommen gemäß Ziff. 1 Abs. 2 der "Richtlinie Unternehmensbekleidung bestellen und tragen" i. V. m. der Anlage 1 der "Konzernbetriebsvereinbarung über die Ausstattung mit Unternehmensbekleidung (KBV Ubk)". Die Lokomotivführer sind berechtigt, die Ubk zu tragen; sie müssen dies aber nicht. Wenn sie sich dagegen entscheiden, ist gemäß Ziff. 11 der "Richtlinie Unternehmensbekleidung bestellen und tragen" zu beachten:

"(1)... Soweit ein Ubk-Berechtigter auf sein Tragerecht der Ubk ganz oder teilweise verzichtet, ist die für die Arbeit zu tragende Kleidung so zu wählen, dass sie einem adäquaten Erscheinungsbild entspricht und mit den Kleidungsstücken der Ubk in Farbe und Form harmoniert. Hierfür dienen folgende Grundsätze: - Hemden/Blusen oder Poloshirt hell unifarben (weiß oder hellblau) - Strickjacke oder Pullover dunkel unifarben (schwarz/anthrazit oder dunkelblau) - Lange Unterbekleidung (Hose oder Röcke) dunkel unifarben (schwarz/anthrazit oder dunkelblau)."



Der Kläger hat sich am 16.03.2016 und am 18.03.2016 von einem Zeugen begleiten lassen und die Zeiten für das Anlegen der Ubk und die Empfangnahme und Vorbereitung der Arbeitsmittel protokolliert. Die Protokollierungen sind als Anlage K 4 (= Bl. 37 ff d. A.) zur Akte gereicht worden.



Für jeden Lokomotivführer wird vor dem Antritt der eigentlichen Arbeitstätigkeit auf einem Zug unter anderem eine persönliche Vorbereitungszeit (sogenannte Teilarbeiten persönlicher Art) in der Schicht- und Einsatzplanung berücksichtigt. Diese ist pauschaliert, gilt als Arbeitszeit und wird dementsprechend vergütet. Diese Teilarbeiten persönlicher Art erfassen z. B. das Einsehen von Unterlagen, die Auf- und Entgegennahme sowie Abgabe von Arbeitsmitteln oder das Melden zur Arbeit ab. Einzelheiten dazu sind in der Richtlinie Nr. 498.2031 (Teilarbeiten persönlicher Art) festgelegt.



Der Kläger hat vorgetragen,



zwar sei er nicht zum Tragen der Ubk verpflichtet, er besitze aber keine private Kleidung, die dem von der Beklagten vorgegebenen Dresscode entspräche. Er müsse sich daher eigens "private" Kleidungsstücke anschaffen, um diese nur für die Arbeit zu nutzen. Die einzige Möglichkeit, eigene Ausgaben in diesem Zusammenhang zu vermeiden, sei das Tragen der Ubk, zu deren Anschaffung die Beklagte jährlich ein Budget von 160,80 zur Verfügung stelle. Im Übrigen genüge die pauschalvergütete persönliche Zusatzzeit nicht für die notwendigen Vor- und Nachbereitungen. Auch die Zeit des An- und Ablegens der Ubk sei vergütungspflichtig.



Der Kläger hat beantragt,

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für Umkleide- und Rüstzeiten am 16.03.2016 und 18.03.2016 6,72 € brutto, ersatzweise eine Zeitgutschrift von 24 Minuten, zu leisten. 2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Zeit des An- und Ablegens der Unternehmensbekleidung im Betrieb, sowie die Empfangnahme, Abgabe und Bereitstellung von Arbeitsmitteln, einschließlich dabei veranlasster Wegezeiten als Arbeitszeit auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers zu berücksichtigen, bei Schichtbeginn und -ende an der Einsatzstelle L-Stadt im Umfang von 17 Minuten abzüglich 1 Minute je Schicht, hilfsweise ist diese Arbeitszeit finanziell abzugelten.



Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.



Die Beklagte hat vorgetragen,



zunächst seien die im Einzelnen protokollierten Zeiten des Klägers für die Vorbereitungsschritte mit Nichtwissen zu bestreiten. Im Übrigen sei dem Kläger weder das Tragen von Ubk - unstreitig - noch das An- und Ablegen der Ubk im Betrieb - unstreitig - vorgeschrieben. Die darüber hinaus vom Kläger geltend gemachten Zeiten berücksichtige sie bereits ausreichend im Rahmen der vergüteten Teilarbeiten persönlicher Art.



Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat die Klage daraufhin durch Urteil vom 13.10.2016 - 8 Ca 834/16 - abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Blatt 162 bis 168 d. A. Bezug genommen.



Gegen das ihm am 02.11.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 30.11.2016 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 08.12.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.



Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, er sei zum Tragen der Unternehmenskleidung berechtigt und er trage sie auch. Als notwendiges Arbeitsmittel nutze er ein Diensthandy. Er ziehe sich im Betrieb um und müsse von der Umkleide zur Leitstelle für Personal (Ort des Empfangs des Dienstmittels) und von der Leitstelle für Personal zum Einsatzzug jeweils innerbetriebliche Wege zurücklegen. Die Beklagte vergüte keine Umkleide-, Wege- und Rüstzeiten. Sie berücksichtige zwar Vorbereitungszeiten. Diese seien aber nicht für die streitgegenständlichen Umkleide-, Wege- und Rüstzeiten vorgesehen und reichten dafür auch bei Weitem nicht aus. Er, der Kläger, habe die arbeitstäglich vorzunehmenden Umkleide- und Rüstvorgänge beschrieben, zeitlich erfasst und sich die Richtigkeit seiner Angaben durch ein Zeugnis bestätigen lassen. Dem Arbeitsgericht fehle bei der klageabweisenden Entscheidung offenkundig jede Vorstellung davon, welchen Umfang die pauschalierte Vorbereitungszeit denn nun eigentlich habe und inwieweit was genau vergütet werde. Es sei nicht Sache des Klägers, darzulegen, weshalb die 2 Minuten, die er für den Empfang und das Bereitmachen des Diensthandys benötige, nicht bereits durch irgendeine Vorbereitungszeit vergütet seien. Er trage im Übrigen die Unternehmensbekleidung, und darauf komme es allein an. Er müsse sich nach dem Dresscode der Beklagten richten oder eben die Unternehmensbekleidung tragen, was er unstreitig tue. Das komme einer Tragepflicht gleich. Eine vergütungstechnische Unterscheidung erscheine insoweit nicht als legitim.



Die von ihm geltend gemachten Zeiten seien wie folgt aufzuteilen:

- 5 Minuten Umkleiden - 1 Minute Fußweg vom Umkleideraum zum Ort des Empfangs des Diensthandys - 2 Minuten Empfang und Bereitmachen des Diensthandys - 1 Minute vom Empfang des Diensthandys zur Entgegennahme von Weisungen und Änderungen der Schicht - 2 Minuten Abgabe des Diensthandys - 1 Minute Weg zum Umkleideraum - 5 Minuten Umkleidevorgang = 17 Minuten insgesamt, abzgl. 1 Minute anerkannt



Der Kläger nehme die dienstlichen Materialien, insbesondere das Diensthandy, niemals mit nach Hause, er nutze es auch nicht privat. Eine Aufbewahrungspflicht für Dienstkleidung und das Diensthandy wolle er von vornherein vermeiden.



Zur weiteren Darstellung des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 08.12.2016 (Bl. 183 bis 188 d. A.) sowie seinen Schriftsatz vom 07.03.2017 (Bl. 247 bis 249 d. A.) Bezug genommen.



Der Kläger beantragt,

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für Umkleide- und Rüstzeiten am 16.03.2016 und 18.03.2016 € 6,72 brutto, ersatzweise eine Zeitgutschrift von 24 Minuten, zu leisten. 2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Zeit des An- und Ablegens der Unternehmensbekleidung im Betrieb, sowie die Empfangnahme, Abgabe und Bereitstellung von Arbeitsmitteln, einschließlich dabei veranlassten Wegezeiten als Arbeitszeit auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers zu berücksichtigen, bei Schichtbeginn und -ende an der Einsatzstelle L-Stadt im Umfang von 17 Minuten abzüglich 1 Minuten je Schicht; hilfsweise ist diese Arbeitszeit finanziell abzugelten.



Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.



Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, die Klage sei unschlüssig, weil es Sache des Klägers sei, zunächst im Detail zu den tatsächlichen Voraussetzungen seines Klagebegehrens vorzutragen. Denn der Kläger sei vorliegend näher am Geschehen als die Beklagte, da er selbst die jeweiligen Umkleide- und Wegezeiten vorgenommen habe. An einer denknotwendig erforderlichen Anspruchsvoraussetzung, nämlich dem Vorliegen einer arbeitgeberseitigen Weisung, wonach sich der Arbeitnehmer im Betrieb umziehen müsse, fehle es vorliegend. Warum der Dresscode der Beklagten mit der Pflicht zum Anlegen und Tragen einer vorgeschriebenen Dienstkleidung gleichzusetzen sei, lasse sich dem Vorbringen des Klägers nicht entnehmen. Dieser Dresscode sei auch nicht derart begrenzt, dass der Kläger ungewöhnliche, für die Freizeit völlig untaugliche Kleidungsstücke anschaffen müsse. Es gehe um eine dunkle Hose bzw. eine Jeans und ein helles unifarbenes Oberbekleidungsstück. Gerade eine Jeans sei ein weitverbreitetes Kleidungsstück, das der Kläger zu vielen Gelegenheiten und eben auch bei der Verrichtung seiner Arbeit tragen könne. Gleiches gelte für ein helles Oberbekleidungsstück.



Hinsichtlich der Rüstzeiten sei zu berücksichtigen, dass u. a. stets 3 Minuten für die Empfangnahme von Arbeitsmitteln und Einsehen von Unterlagen als bezahlte Arbeitszeiten berücksichtigt würden. Diese Vorbereitungszeiten deckten auch das Einschalten des Mobiltelefons sowie die Zeit für das Anmelden im XY-Programm ab. Dem Kläger sei zudem nicht vorgeschrieben, das Mobiltelefon in der Leitstelle aufzubewahren, er könne es mit nach Hause nehmen und auch privat nutzen. Wenn er der Auffassung sei, die bezahlten Vorbereitungszeiten seien nicht ausreichend, sei es seine Sache, dies näher zu begründen und nicht nur pauschal zu behaupten.



Zur weiteren Darstellung des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 02.02.2017 (Bl. 218 bis 223 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 224 bis 246 d. A.) Bezug genommen.



Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.



Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 13.03.2017.



Entscheidungsgründe



I.



Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.



II.



Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache kein Erfolg.



Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage des Klägers in vollem Umfang unbegründet ist. Die Berufung ist folglich zurückzuweisen.



Der Kläger hat gegen die Beklagte weder Anspruch auf Vergütung zusätzlicher Umkleide- und Rüstzeiten für den 16.03.2016 und den 18.03.2016, noch hat er Anspruch auf eine entsprechende Feststellung für die Zukunft, dass arbeitstäglich ein höherer Zeitanteil für weitere Vorbereitungshandlungen zu vergüten ist.



Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass § 2 Abs. 1 ArbZG die Arbeitszeit als die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeitszeit ohne die Ruhepausen definiert. Entscheidend ist dabei, ob die streitgegenständlichen Umkleide-, innerbetrieblichen Wegezeiten und Rüstzeiten "Arbeit" sind.



Insoweit gilt Folgendes:



Waschen und Umkleiden sind an sich, sofern nichts anderes vereinbart ist, keine zu vergütenden Hauptleistungspflichten des Arbeitnehmers, für die der Arbeitgeber nach § 611 BGB eine Vergütung zu gewähren hätte. Werden diese Tätigkeiten vom Arbeitnehmer verlangt, kann es sich zwar um Dienstleistungen nach § 612 Abs. 1 BGB handeln, diese sind regelmäßig nach überkommener Rechtsauffassung aber nicht nur gegen eine Vergütung zu erwarten (BAG 11.10 2000 EzA § 611 BGB Nr. 30 m. Anm. Walker SAE 2002, 16; a. A. Adam AuR 2001, 481 ff) Maßgeblich sind aber andererseits letztlich die Verhältnisse im Einzelfall. Zu bejahen ist dies z. B. bei einem Model auf einer Modenschau. Gehört das Umkleiden nicht zum Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung, z. B. bei der Tätigkeit eines Kochs, so sind in erster Linie die organisatorischen Gegebenheiten des jeweiligen Betriebes und die konkreten Anforderungen an den Arbeitnehmer maßgebend, wie sie sich aus den betrieblichen Regelungen und Handhabungen tatsächlich ergeben (vgl. auch Busch BB 1995, 1690). Das BAG (22.03.1995 EzA § 611 BGB Arbeitszeit Nr. 1) hat dies z. B. für einen Koch verneint. Anders ist es aber jedenfalls dann, wenn für die Ausübung von Tätigkeiten öffentlich-rechtlich vorgeschrieben ist, dass die Beschäftigten nach dem jeweiligen Stand von Technik, Arbeitsmedizin, Hygiene und sonstigen arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen spezifische Berufskleidung tragen müssen; dann ist der dem An- und Ablegen dieser Kleidung gewidmete Zeitaufwand des Personals am Arbeitsort als Arbeitszeit zu klassifizieren (ArbG Bln. 17.10.2012 - 28 BV 14611/12, ZTR 2013, 164 LS; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 13. Aufl. 2016, Kap. 3 RdNr. 280 ff).



Je nach den Umständen kann der Beginn der Arbeitszeit aber auch vorverlegt sein (z. B. auf das Betätigen der Stechuhr vgl. BAG 29.04.1982 EzA § 2 AZO Nr. 1) oder auf das Erreichen der Arbeitsstelle (im öffentlichen Dienst), sodass die Arbeitszeit nach dem Erreichen bzw. Verlassen des Betriebsgebäudes oder gar - geländes beginnt oder endet (vgl. BAG 18.01.1990 EzA § 15 BAT Nr. 1).



Generell gilt nach neuerem Rechtsverständnis (BAG 19.09.2012 EzA § 611 BGB 2002 Nr. 1 = NZA-RR 2013, 63; 26.10.2016 - 5 AZR 168/16 - NZA 2017, 323; 13.12.2016 - 9 AZR 574/15 - NZA 2017, 459; s. a. BAG 12.11.2013 EzA § 87 BetrVG 2001 Arbeitszeit Nr. 18; LAG Hmb. 06.07.2015 LAGE § 3 ArbSchG Nr. 1; s. Schramm/Lodemann NZA 2017, 624 ff; Andritzky/Schneedorf, NZA 2016, 1379 ff):



Der Arbeitgeber verspricht regelmäßig die Vergütung für alle Dienste, die er dem Arbeitnehmer aufgrund seines arbeitsvertraglich vermittelten Direktionsrechts abverlangt. Ordnet der Arbeitgeber das Umkleiden im Betrieb an, macht er mit seiner Weisung das Umkleiden und das Zurücklegen des Wegs von der Umkleide- zur Arbeitsstelle zur arbeitsvertraglichen Verpflichtung. Zur Arbeit gehört deshalb auch das Umkleiden für die Arbeit, wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreibt und das Umkleiden im Betrieb erfolgen muss. Dann handelt es sich um eine ausschließlich fremdnützige Tätigkeit (BAG 12.11.2013 EzA § 87 BetrVG 2001 Arbeitszeit Nr. 18; 26.10.2016 - 5 AZR 168/16 - NZA 2017, 323; 13.12.2016 - 9 AZR 574/15 - NZA 2017, 459). An der ausschließlichen Fremdnützigkeit fehlt es, wenn der Arbeitnehmer sich entscheidet, eine solche Dienstkleidung zu Hause anzulegen und sich nicht im Betrieb umzieht (BAG 12.11.2013 EzA § 87 BetrVG 2001 Arbeitszeit Nr. 18).



Beginnt und endet die Arbeit mit dem Umkleiden, zählen die innerbetrieblichen Wege zur Arbeitszeit, die dadurch veranlasst sind, dass der Arbeitgeber das Umkleiden nicht am Arbeitsplatz ermöglicht, sondern dafür eine vom Arbeitsplatz getrennte Umkleidestelle einrichtet, die der Arbeitnehmer zwingend benutzen muss. Zur Arbeitszeit zählt (nur) die Zeitspanne, die für den einzelnen Arbeitnehmer unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit für das Umkleiden und das Zurücklegen des Wegs von der Umkleide- zur Arbeitsstelle erforderlich ist (BAG 19.09.2012 EzA § 611 BGB 2002 Nr. 1 = NZA-RR 2013, 63; 26.10.2016 - 5 AZR 168/16 - NZA 2017, 323).



Umkleidezeiten gehören zur vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung, wenn das Umkleiden einem fremden Bedürfnis dient und nicht zugleich ein eigenes Bedürfnis erfüllt. Das ist bei einer besonders auffälligen Dienstkleidung der Fall. An der Offenlegung seines Arbeitgebers gegenüber Dritten hat der Arbeitnehmer außerhalb seiner Arbeitszeit kein objektiv feststellbares eigenes Interesse. Zur Arbeitszeit zählt bei besonderer Auffälligkeit der Dienstkleidung auch das Zurücklegen des Wegs von der Umkleide- zur Arbeitsstelle. Das Ankleiden mit vorgeschriebener Dienstkleidung ist nicht lediglich fremdnützig und damit nicht Arbeitszeit, wenn sie zu Hause angelegt und - ohne besonders auffällig zu sein - auf dem Weg zur Arbeitsstätte getragen werden kann. An der ausschließlichen Fremdnützigkeit fehlt es auch, wenn es dem Arbeitnehmer gestattet ist, eine an sich besonders auffällige Dienstkleidung außerhalb der Arbeitszeit zu tragen, und er sich entscheidet, diese nicht im Betrieb an- und abzulegen. Es handelt sich um eine besonders auffällige Dienstkleidung, wenn der Arbeitnehmer im öffentlichen Raum auf Grund der Ausgestaltung seiner Kleidungsstücke ohne weiteres als Angehöriger seines Arbeitgebers erkannt werden kann. Eine solche Zuordnungsmöglichkeit besteht auch bei einer unauffälligen Farbgestaltung der Dienstkleidung, wenn auf dieser ein Emblem oder Schriftzüge angebracht sind, die auf Grund ihrer Bekanntheit in der Öffentlichkeit mit einem bestimmten Rechtsträger oder einer Unternehmensgruppe in Verbindung gebracht werden. Hierfür kommt es - unabhängig von der Größe der Schriftzüge oder Logos - nur auf deren Erkennbarkeit an (BAG 17.11.2015 EzA § 87 BetrVG 2001 Arbeitszeit Nr. 23; s. BAG 26.10.2016 - 5 AZR 168/16 - NZA 2017, 323; 13.12.2016 - 9 AZR 574/15 - NZA 2017, 459).



Das Umkleiden für die Arbeit ist also dann Arbeitszeit, wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreibt und das Umkleiden im Betrieb erfolgen muss. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber eine Weisung, sich im Betrieb umzukleiden nicht erteilt hat, es sich aber um auffällige Schutzkleidung handelt, deren Tragen dem Arbeitnehmer in der Öffentlichkeit nicht zuzumuten ist (LAG Hessen 23.11.2015 LAGE § 611 BGB 2002 Arbeitszeit Nr. 2).



Die Tarifvertragsparteien sind allerdings berechtigt, die Höhe des Arbeitsentgelts zu tarifieren und hierbei eine unterschiedliche Vergütung von Arbeitszeiten vorzusehen. Diese in der grundrechtlich geschützten Tarifautonomie wurzelnde Rechtsmacht umfasst die grundsätzliche Befugnis, bestimmte Teile der Arbeitszeit von der andererseits bestehenden Vergütungspflicht des Arbeitgebers auszunehmen (BAG 13.12.2016 - 9 AZR 574/15 - NZA 2017, 459).



Auch das Empfangen, Abgeben und Aufrüsten von ausschließlich dienstlich nutzbaren Arbeitsmitteln ist betriebliche Arbeitszeit (i. S. d. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG; BAG 12.11.2013 EzA § 87 BetrVG 2001 Arbeitszeit Nr. 18; 17.11.2015 EzA § 87 BetrVG 2001 Arbeitszeit Nr. 23; s. a. LAG Hmb. 06.07.2015 LAGE § 3 ArbSchG Nr. 1: Schutzkleidung), wenn diese Tätigkeiten einem fremden Bedürfnis dienen und nicht zugleich ein eigenes Bedürfnis des Arbeitnehmers erfüllen. Arbeitnehmer sind regelmäßig nicht verpflichtet, Arbeitsmittel, die sie in der dienstfreien Zeit nicht nutzen, nach Beendigung ihrer Arbeitszeit für den Arbeitgeber zu verwahren. Eine solche Tätigkeit dient nicht ihrem eigenen Bedürfnis (BAG 17.11.2015 EzA § 87 BetrVG 2001 Arbeitszeit Nr. 23).



Der Arbeitnehmer trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass Umkleide- und Wegezeiten angefallen sind, vom Arbeitgeber veranlasst wurden und im geltend gemachten Umfang erforderlich waren. § 287 ZPO bietet Erleichterungen für das Beweismaß und das Verfahren, hat aber keine Auswirkungen auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast (BAG 26.10.2016 - 5 AZR 168/16 - NZA 2017, 323). Steht aber fest (§ 286 ZPO), dass Umkleide- und Wegezeiten auf Veranlassung des Arbeitgebers entstanden sind, kann aber der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- oder Beweislast für den zeitlichen Umfang, in dem diese erforderlich waren, nicht in jeder Hinsicht genügen, darf das Gericht die erforderlichen Umkleide- und damit verbundenen Wegezeiten nach § 287 Abs. 2 ZPO i. V. m. Abs. 1 S. 1 und 2 ZPO schätzen (BAG 26.10.2016 - 5 AZR 168/16 - NZA 2017, 323). Eine vom Tatsachengericht gemäß § 287 Abs. 2 ZPO vorgenommene Schätzung erforderlicher Umkleide- und Wegezeiten unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung, ob wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht geblieben oder der Schätzung unrichtige oder unbewiesene Anknüpfungstatsachen zugrunde gelegt wurden (BAG 26.10.2016 - 5 AZR 168/16 - NZA 2017, 323).



In Anwendung dieser Grundsätze hat das Arbeitsgericht ausgeführt:



Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer voll inhaltlich an, stellt dies hiermit ausdrücklich fest und nimmt deshalb gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG zur Vermeidung von Wiederholungen ausdrücklich darauf Bezug.



Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts. Denn es enthält keinerlei neue, nach Inhalt, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die zu einem anderen Ergebnis führen könnten. Gleiches gilt für etwaige Rechtsbehauptungen. Es macht vielmehr lediglich - wenn auch aus der Sicht des Klägers heraus verständlich - deutlich, dass der Kläger mit der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des schriftsätzlichen Vorbringens der Parteien im erstinstanzlichen Rechtszug durch das Arbeitsgericht, der die Kammer voll inhaltlich folgt, nicht einverstanden ist.



Warum sich das Arbeitsgericht in der angefochtenen Entscheidung mit den vom Kläger behaupteten Umkleide-, Wege- und Rüstzeiten in ihrer Zusammensetzung aus Einzelpositionen näher hätte auseinandersetzen müssen, erschließt sich auch im Berufungsverfahren nicht. Denn maßgeblich ist, wovon das Arbeitsgericht zutreffend ausgegangen ist, dass der Kläger nach Maßgabe betrieblicher Weisungen sich weder im Betrieb umkleiden muss, noch ihm das Tragen einer bestimmten Arbeitskleidung vorgeschrieben ist. Von einer ausschließlich fremdnützigen Tätigkeit kann folglich nicht ausgegangen werden. Daran fehlt es im Übrigen schon dann, wenn der Arbeitnehmer sich auch nur entscheidet, eine solche Dienstkleidung zu Hause anzulegen und sich nicht im Betrieb umzieht. Vor diesem Hintergrund sind auch die Ausführungen des Klägers zum Dresscode der Beklagten unerheblich. Soweit es um den Empfang und das Bereitmachen des Diensthandys geht, hat das Arbeitsgericht zutreffend angenommen, dass der Kläger, woran sich auch im Berufungsverfahren nichts geändert hat, nicht schlüssig begründet hat, in wieweit diese Minuten nicht bereits vergütet werden, da die Beklagte - unstreitig - Teilarbeiten persönlicher Art berücksichtigt und bezahlt.



Weitere Ausführungen sind folglich nicht veranlasst.



Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.



Die Kostenentscheidung folgt aus § 37 Abs. 1 ZPO.



Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

Dr. Dörner
Bachmann
Rennig

Verkündet am: 13.03.2017

Vorschriften§§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG, §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 518, 519 ZPO, § 2 Abs. 1 ArbZG, § 611 BGB, § 612 Abs. 1 BGB, § 15 BAT, § 87 BetrVG, § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG, § 287 ZPO, § 286 ZPO, § 287 Abs. 2 ZPO, § 69 Abs. 2 ArbGG, § 37 Abs. 1 ZPO, § 72 ArbGG

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