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19.09.2017 · IWW-Abrufnummer 196549

Landesarbeitsgericht Hamm: Urteil vom 17.11.2016 – 18 Sa 555/16

Ein Auflösungsantrag, den eine Kirchengemeinde als Arbeitgeberin stellt, kann begründet sein, wenn ein Kantor seine arbeitsvertraglichen Pflichten vielfältig und hartnäckig verletzt und dadurch das Interesse der Arbeitgeberin, ein gedeihliches Gemeindeleben zu führen, erheblich beeinträchtigt.


Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 22.03.2016 - 3 Ca 573/15 wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 13.05.2015 noch durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 27.05.2015 aufgelöst wurde.

Auf Antrag der Beklagten wird das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 9.000,-- € zum 30.09.2015 aufgelöst.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz trägt die Beklagte zu 3/10 und der Kläger zu 7/10. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte zu 3/8 und der Kläger zu 5/8.

Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung, um die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf Antrag des Arbeitgebers und um die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte des Klägers.



Die Beklagte ist eine evangelisch-lutherische Kirchengemeinde und beschäftigt regelmäßig mehr als 20 Arbeitnehmer. Der am xx.xx.19xx geborene Kläger ist seit dem 01.05.2006 als hauptamtlicher Kirchenmusiker (Kantor) bei der Beklagten tätig. Sein monatliches Entgelt beträgt bei einer vereinbarten Arbeitszeit von 19,25 Wochenstunden ca. 1.800 Euro brutto. Die Einzelheiten des Arbeitsverhältnisses regelt der Arbeitsvertrag vom 28.04.2006. Nach § 2 des Arbeitsvertrages sind auf das Arbeitsverhältnis unter anderem die Regelungen des Bundesangestelltentarifvertrages für die Angestellten im Bereich der evangelischen Kirche von Westfalen (BAT-KF), die Bestimmungen der Ordnung für den Dienst der hauptamtlichen Kirchenmusiker der evangelischen Kirche von Westfalen und die sonstigen für die Angestellten im Bereich der evangelischen Kirche von Westfalen beschlossenen verbindlichen arbeitsrechtlichen Bestimmungen in der jeweils geltenden Fassung anwendbar. Der Kläger arbeitet auch noch in einer weiteren Gemeinde des Kirchenkreises als Kirchenmusiker.



Zwischen den Parteien gab es seit Beginn des Arbeitsverhältnisses immer wieder Auseinandersetzungen.



Da die von der Beklagten zu besetzende Kirchenmusikerstelle eine A-Kirchenmusikerstelle war und der Kläger B-Musiker ist, vereinbarten die Parteien, dass der Kläger im Herbst 2006, spätestens im Frühjahr 2007, sein A-Examen ablegen sollte. In den Jahren 2008, 2009 und 2010 sagte der Kläger auf wiederholte Nachfrage der Beklagten die Ablegung des A-Examens zu. Seine Zusage setzte der Kläger nicht um.



Am 04.08.2010 wurde ein Gespräch geführt, an der dem Kläger, Herr T und eine Presbyterin teilnahmen. Dem Kläger wurden Verfehlungen und Unzulänglichkeiten vorgehalten, u. a. die fehlende Jahresplanung für die Kirchenmusik in den Jahren 2008 bis 2010, die kurzfristige Absage von Veranstaltungen und die Abwesenheit von übernommenen Diensten ohne Vertretung. Der Kläger wurde mündlich abgemahnt.



Im Frühjahr 2011 gab der Kläger, ohne vorherige Rücksprache mit der Beklagten, ein Programm in Auftrag, in der für die Veranstaltungen und Konzerte des Klägers im Zeitraum von Juni bis Dezember 2011 geworben wurde. Der Kläger unterließ es, Hinweise auf Veranstaltungen des zum damaligen Zeitpunkt zweiten beschäftigten Kirchenmusikers y3 in das Programm aufzunehmen. Die Beklagte ließ den Kläger durch Herrn T auffordern, sich bei Herrn y3 entschuldigen. Herr T richtete am 31.10.2011 und am 03.11.2011 entsprechende Schreiben an den Kläger, der sich dann zu einer Entschuldigung bereit fand. Mit dem Schreiben vom 31.10.2011 wurde der Kläger zudem ersucht, Prospekte und Programme "einzeln, sorgfältig und rechtzeitig mit dem Leitungsgremium der Kirchengemeinde abzustimmen", auch nachträgliche Änderungen seien anzuzeigen.



Am 12.12.2011 fand eine Besprechung zwischen dem Kläger und Mitgliedern des Presbyteriums statt. Der Kläger versprach, dass das Jahresprogramm für die Kirchenmusik Mitte Januar 2012 erscheinen könne. Mit Schreiben vom 18.12.2011 wurden dem Kläger die Termine genannt, die 2012 im Jahr der Kirchenmusik stattfinden sollten. Der Kläger legte keinen Entwurf für ein Jahresprogramm vor. Das wurde in der Sitzung des Presbyteriums vom 20.09.2012 beanstandet.



Am 14.02.2013 wurden auf einer Presbyteriumssitzung die Probleme des Arbeitsverhältnisses thematisiert. Herr T erklärte in einer persönlichen Stellungnahme, er sehe sich außerstande, mit dem Kläger weiter zusammen zu arbeiten. Das Presbyterium beschloss, dass mit dem Kläger über eine einvernehmliche Trennung zwischen den Parteien gesprochen werden sollte. In dem daraufhin am 09.03.2013 geführten Gespräch versuchte die Beklagte vergeblich, den Kläger zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu bewegen. Die Beklagte mahnte in dem Gespräch verschiedene Vorfälle ab. Mit Schreiben vom 19.03.2013 wiederholte die Beklagte die Abmahnung.



Da sich die Zusammenarbeit zwischen den Parteien aus Sicht der Beklagten nicht wesentlich verbesserte, wurde der Presbyter Herr y mit der Aufgabe eines Kirchenmusikbeauftragten betraut. Dieser sollte sicherstellen, dass die Angelegenheiten der Kirchenmusik ordnungsgemäß erledigt werden und die Koordination zwischen den Pfarrern, dem Presbyterium und dem Kläger reibungslos erfolgt.



Die Beklagte entschloss sich wegen der Schwierigkeiten, die sich in der Vergangenheit mit der Erstellung von Jahresprogrammen durch den Kläger ergeben hatten, die Planung hinsichtlich kirchenmusikalischer Veranstaltungen auf einen halbjährlichen Zeitraum umzustellen. Das Programm für die erste Hälfte des Jahres 2013 sollte Ende Januar 2013 vorliegen. Dem Kläger gelang es nicht, das Programm fristgerecht zu erstellen. Im Hinblick auf seinen Sommerurlaub bat Herr y den Kläger, das Programm für die zweite Jahreshälfte bis zum 15.07.2013 zu erstellen. Der Kläger übersandte am 18.07.2013 einen Programmentwurf an Herrn y. Mit einer E-Mail vom 27.01.2014 beschwerte sich Herr y bei Herrn T2 darüber, dass der Kläger trotz entsprechender Zusage nicht bis zum 26.01.2014 einen Entwurf für das Programm des ersten Halbjahres 2014 vorgelegt hatte.



In der Sitzung des Presbyteriums vom 20.02.2014 schilderte Herr y, der Kläger habe selbständig eigene kirchenmusikalische Veranstaltungen auf Seiten des Kirchenkreises und bei "S" eingestellt. Das Presbyterium stellte fest, solche "Alleingänge" seien dem Kläger untersagt; das Verhalten des Klägers wurde ausweislich des Sitzungsprotokolls ausdrücklich missbilligt. Mit Schreiben vom 14.03.2014 wurde dem Kläger ein Auszug des Sitzungsprotokolls übersandt. Der Vorsitzende des Presbyteriums und Herr T kündigten in diesem Schreiben ein "letztes abmahnendes Gespräch" mit dem Kläger an.



Im Mai 2014 versuchte der Kläger, einen Hinweis auf die kirchenmusikalische Veranstaltung "D4 - wir singen mit" in die Homepage des Kirchenkreises einstellen zu lassen. Herrn L2, der die Homepage des Kirchenkreises betreut, teilte er mit, der Hinweis auf die Veranstaltung sei wohl von einem Mitarbeiter vergessen worden. Herr y, der davon durch Dritte erfuhr, wies dann Herrn L2 darauf hin, der Kläger sei zu solchen Ankündigungen nicht autorisiert.



Am 05.05.2014 wurde dem Kläger in einem Gespräch mit Vertretern des Presbyteriums mitgeteilt, dass sich die Situation seit dem letzten Gespräch am 09.03.2013 aus Sicht der Beklagten nicht wesentlich verbessert habe. Sie sehe die weitere Zusammenarbeit als unzumutbar an. Weiterhin machte die Beklagte deutlich, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses von ihr nicht gewollt sei, und appellierte an den Kläger, über eine Trennung nachzudenken.



Auf einer Sondersitzung des Presbyteriums am 19.05.2014 beschloss die Beklagte, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger alsbald beendet werden solle, da man die Hoffnung auf eine durchgreifende Besserung im Verhalten des Klägers verloren hatte. Zunächst sollte durch den damaligen Vorsitzenden des Presbyteriums mit dem Kläger das Gespräch über eine einvernehmliche Trennung gesucht werden, im Falle des Scheiterns war beabsichtigt, eine fristgerechte Kündigung auszusprechen. Das Ergebnis der Sitzung teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 02.06.2014 mit.



Danach fanden zwischen dem damaligen Vorsitzenden des Presbyteriums und dem Kläger mehrfach Gespräche statt, in deren Anschluss die Beklagte mit Schreiben vom 27.06.2014 dem Kläger die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses anbot. Der Kläger nahm das Angebot nicht an.



Nachdem die Beklagte einen Kalender mit kirchenmusikalischen Terminen für den Zeitraum September 2014 bis Februar 2015 herausgab, teilte der Kläger per E-Mail am 04.09.2014 mit, er sehe in der Veröffentlichung kirchenmusikalischer Termine ohne seine Kenntnis und ohne sein Einverständnis eine "Verletzung des Amtes des Kantors". Er werde jetzt anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 08.09.2014, der Kläger habe Termine zurückgehalten, der jetzt veröffentlichte Kalender enthalte nur die bekannten Termine.



Mit Schreiben vom 02.10.2014 ließ die Beklagte den Kläger wissen, sie betrachte es als Missachtung des Presbyteriums, wenn der Kläger am 12.10.2014 ein Orgelkonzert geben wolle, ohne dies wie vorgesehen mit dem Kirchenmusikbeauftragten abzusprechen. Außerdem liege die Terminplanung des Klägers für das Halbjahr ab September 2014 noch nicht vor; der Terminplan sei bis zum 07.10.2014 an Herrn y zu übergeben.



Am 02.11.2014 versandte der Kläger zwei E-Mails an eine Mitarbeiterin des Gemeindeamtes. Die erste E-Mail, die sich über kirchenmusikalische Veranstaltungen im November 2014 verhielt, leitete er auch Herrn y zu. In der zweiten E-Mail nannte der Kläger auch eine Veranstaltung für den 08.11.2014 mit ("D4 - wir singen mit"). In dieser zweiten E-Mail teilte er der Mitarbeiterin des Gemeindeamtes mit, die Mail auch Herrn y zugesandt zu haben. Tatsächlich leitete er die zweite E-Mail nicht an Herrn y weiter. Die Veranstaltung "D4 - wir singen mit" konnte nicht wie vom Kläger angekündigt am 08.11.2014 stattfinden, da dieser Tag bereits für einen Taufgottesdienst reserviert war (an dem auch der Sohn von Herrn y getauft wurde). Der Taufgottesdienst war im Terminkalender eingetragen. Der Kläger, von Herrn y persönlich angesprochen, erklärte, vom Tauftermin nichts gewusst zu haben.



Es kam am 17.11.2014 zu einem erneuten Personalgespräch, in welchem dem Kläger wiederum die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses angeboten wurde. Der Kläger nahm auch dieses Angebot nicht an. Mit Schreiben vom 18.11.2014 wiederholte die Beklagte das Angebot nochmals. Zudem ersuchte sie den Kläger, seine kirchenmusikalischen Termine bis zum 21.11.2014 mitzuteilen und Abrechnungen der letzten drei Konzerte aufzustellen.



Je



Mit Schreiben vom 09.12.2014 lud die Beklagte den Kläger zu einem Personalgespräch ein, das am 11.12.2014 um 18:00 Uhr stattfinden sollte. Die Beklagte beabsichtigte, in diesem Gespräch mit dem Kläger über einen von ihm verfassten Brief an die Mitglieder des Gemeindechores zu reden. Am 11.12.2014 war der Kläger bis ca. 18:15 Uhr im Gemeindehaus anwesend. Das Personalgespräch sagte er kurzfristig mit der Begründung ab, dass er keine Zeit habe. Am 19.12.2014 wurde das Personalgespräch zwischen Parteien nachgeholt. In dem Gespräch gab der Kläger an, dass der von ihm an den Chor verfasste Brief nicht an den Kirchenmusikbeauftragten y gesendet werden sollte, da er nicht wolle, dass dieser Brief unbeteiligten Dritten zur Kenntnis gelange. Die Beklagte forderte den Kläger auf seine E-Mails, welche die Planungstermine und sonstige organisatorische Fragen an den Chor betreffen, auch an den Presbyter y zu senden, indem der Kläger ihm eine Kopie der E-Mails ("cc") zuleitet. Dem Kläger wurde überdies vorgehalten, seine dienstlichen Mails nicht zu lesen; er habe auch gegenüber Herrn T gegebene Zusagen hinsichtlich der Mitteilung von Musikbeiträgen für die Christvesper nicht eingehalten. Gleichzeitig wurde dem Kläger ein Schreiben vom 13.12.2014 übergeben, mit dem der Kläger zum Nichterscheinen am Personalgespräch am 11.12.2014 schriftlich angehört wurde. Der Kläger nahm dazu keine Stellung.



Mit zwei Schreiben vom 19.12.2014 wies die Beklagte den Kläger an, keine persönlichen Gegenstände im jedermann zugänglichen hinteren Bereich der Collon-Orgel aufzubewahren und bis zum 27.12.2014 die Abrechnungen für die Konzerte nachzubessern.



Mit Schreiben vom 30.12.2014 ermahnte die Beklagte den Kläger, da er am 22.12.2014 eine E-Mail an den Chor verfasst und dem Presbyter Herrn y nicht in Kopie zugeleitet habe. Die Beklagte forderte den Kläger erneut auf, zukünftige E-Mails Herrn y zur Kenntnis zu geben. Mit Schreiben vom 07.01.2015 antwortete der Kläger und fragte nach den Gründen der Anweisung und auf welcher Rechtsgrundlage die Anweisung erfolgte.



Mit Schreiben vom 16.01.2015 mahnte die Beklagte den Kläger ab, weil er zum Personalgespräch vom 11.12.2014 nicht erschienen war.



Im Rahmen eines abermaligen Personalgespräches am 21.01.2015 ermahnte die Beklagte den Kläger, da dieser dem Presbyter Herrn y in einer E-Mail an den Chor am 20.01.2015 um 12:31 Uhr nicht zugeleitet hatte, sondern anschließend eine E-Mail mit verkürztem Inhalt um 12:35 erneut an den Chor und an Herrn y ("cc") versendete. Mit Schreiben vom 29.01.2015 schilderte die Beklagte dem Kläger die Gründe für ihre Anweisung, E-Mails an Herrn y weiterzuleiten. Sie führte unter anderem aus, für die Gemeinde sei es schwierig, verlässliche kirchenmusikalische Planungen und die Personalführung zu gestalten, da der Kläger Chorproben verschiebe, seinen Urlaub nicht rechtzeitig beantrage und Konzerte wie den "3", deren Planung sich schwierig gestalte, mehrfach verschiebe.



Mit einer E-Mail vom 04.02.2015 wandte sich der Kläger an Frau I, eine Mitarbeiterin des Projektes "Klosterlandschaft Q" mit der Bitte, die Ankündigung eines von ihm gegebenen Orgelkonzerts am 02.02.2015 in das Internet zu stellen. Die Mitarbeiterin teilte mit, sie dürfe Konzertankündigungen nur noch in das Internet einstellen, wenn die Ankündigung über das Büro der Beklagten in Abstimmung mit dem Kirchenmusikbeauftragten erfolge. Mit einer weiteren E-Mail vom 05.03.2015 bat der Kläger Frau I, einen ergänzenden Text zu der bereits vorhandenen Ankündigung einer kirchenmusikalischen Veranstaltung in das Internet zu stellen. Frau I informierte Herrn y über diese E-Mail.



Mit Schreiben vom 12.02.2015 mahnte die Beklagte den Kläger wegen fehlerhafter Abrechnung von drei Konzerten ab.Mess



Mit der E-Mail vom 24.02.2015 bat der Kläger Herrn y, den 27.09.2015 und den 29.11.2015 als Termine für die geplante Aufführung des "3" zu prüfen. Am 26.02.2015 teilte der Kläger dem Chor mit, die Aufführung finde am 29.11.2015 statt. Mit Schreiben vom 03.03.2015 unterrichtete die Beklagte den Kläger darüber, dass der Termin vom 29.11.2015 nicht in Betracht komme, da sonst an drei aufeinanderfolgenden Wochenenden konzertante Veranstaltungen in der Kirche stattfänden.



Mit Schreiben vom 11.03.2015 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie am 23.03.2015 ein Personalgespräch mit ihm führen wolle, um die Themen "Konzert am 25.04.2015" und "Orator" zu besprechen. Am Abend des 20.03.2015 (Freitag) ließ der Kläger die Beklagte per E-Mail wissen, er sei am 23.03.2015 aufgrund eines anderen Termins verhindert. Er schlug als Termine für das Gespräch den 25., 26., 27. oder 30.03.2015 oder den 01.04.2015 vor und bat die Beklagte, ihm "2-3 mögliche Alternativtermine" zu nennen. Mit Schreiben vom 23.03.2015 lud die Beklagte den Kläger am 26.03.2015 zu einem Personalgespräch. Der Kläger brachte mit seiner E-Mail vom 26.03.2015 sein "Erschrecken" und seine "Betroffenheit" darüber zum Ausdruck, dass seine Bitte, ihm einige Termine zur Auswahl anzubieten, "gänzlich übergangen" worden sei. In "dieser wichtigen Personalangelegenheit innerhalb der aktuell gegebenen Situation" wolle er die Möglichkeit haben, sich "fachgerechte Begleitung" an die Seite zu rufen. Der Kläger erneuerte seine Bitte um 2-3 Alternativtermine. Mit Schreiben vom 27.03.2015 erklärte die Beklagte, der Kläger habe am Personalgespräch vom 26.03.2015 teilnehmen müssen. Er habe das Recht, die Mitarbeitervertretung, den Superintendenten, den Landeskirchenmusikdirektor und den Kreiskantor zu dem Personalgespräch hinzuzuziehen, nicht aber andere Dritte. Die Beklagte gab dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme und wies ihn darauf hin, die Angelegenheit werde arbeitsrechtlich gewürdigt.



Die Beklagte veröffentlichte auf den Internetseiten von "S" sowie "Klosterlandschaft Q" die Ankündigung für eine Konzertveranstaltung unter Mitwirkung des Klägers als Organisten am 25.04.2015. Mit einer E-Mail vom 22.04.2015 wandte sich der Kläger an Herrn J ("musikfreunde.org") mit der Bitte, eine andere, von ihm formulierte Ankündigung des Konzerts vom 25.04.2015 im Internet veröffentlichen zu lassen. Nachdem Frau I hiervon erfuhr, antwortete sie Herrn J am 22.04.2015, das Konzert sei bereits online, man dürfe auch keine Anmeldungen des Klägers entgegen nehmen. Der Kläger rief am 23.04.2015 bei einer Mitarbeiterin der Stadtverwaltung an und erkundigte sich danach, warum die von ihm formulierte Ankündigung sich nicht im Internet befinde. Diese Mitarbeiterin war, anders als die üblichen Ansprechpartner bei "S" und "Klosterlandschaft Q", nicht darüber in Kenntnis gesetzt worden waren, dass Konzertankündigungen der Beklagten ausschließlich über das Gemeindeamt und in Absprache mit dem Kirchenmusikbeauftragten erfolgen sollen. Sie änderte den Inhalt der Internetseite im Sinne des Klägers, wobei gleichzeitig die Ankündigungen der Beklagten gelöscht wurden. Nachdem die Beklagte hiervon Kenntnis erlangte, wies sie den Kläger mit Schreiben vom 23.04.2015 erneut darauf hin, dass Veranstaltungshinweise nicht direkt von ihm veröffentlicht werden dürfen. Herr y veranlasste, dass der ursprünglichen Text der Konzertankündigung wieder hergestellt wurde, wobei der Text des Klägers von den Internetseiten entfernt wurde.



Daraufhin schrieb der Kläger mit einer E-Mail vom 29.04.2015 an den damaligen Vorsitzenden des Presbyteriums Herrn Dr. C3 und an den weiteren Presbyter und Kirchenmusikbeauftragten Herrn y unter anderem:

"Ich muss hier einmal meiner heftigen Bestürzung Ausdruck verleihen und meinem Erschrecken Luft machen darüber, daß ich mich an sehr viel dunklere Kapitel deutscher Geschichte gemahnt sehe, als die lichtvollen, freiheitlichen und humanistischen in denen wir jetzt leben dürfen, wenn von einer öffentlichen, städtischen Internet-Plattform, die der Pflege und der Bekanntmachung kultureller Veranstaltungen dient, Text und Bild von unmissverständlich der Sache dienender Aussage, Qualität und Gestalt kommentarlos entfernt werden, und umso mehr wenn das im Lichte dessen geschieht, daß in der Kirchenmusikverordnung der westfälischen Landeskirche die Öffentlichkeitsarbeit in seinem Arbeitsbereich eindeutig in die Hände des Kirchenmusikers gelegt wird. Das ist inakzeptabel und ich bitte in dieser Sache um Klärung."



Am 06.05.2015 wurde das Presbyterium über die E-Mail informiert und beschloss in einer Sitzung am selben Tag, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zu kündigen. Mit Schreiben vom 07.05.2015 wurde die Mitarbeitervertretung bei der Beklagten angehört. Das Schreiben wurde an den Vorsitzenden der Mitarbeitervertretung H am selben Tag übergeben. Die Mitarbeitervertretung stimmte der Kündigung mit Schreiben vom 08.05.2015 zu. Mit Schreiben vom 08.05.2015 bat die Beklagte das Landeskirchenamt der evangelischen Kirche von Westfalen um Genehmigung der außerordentlichen Kündigung. Mit Schreiben vom 11.05.2015 genehmigte das Landeskirchenamt die außerordentliche Kündigung. Nach Erhalt der Genehmigung sprach die Beklagte mit Schreiben vom 13.05.2015 die außerordentliche Kündigung gegenüber dem Kläger aus. Das Kündigungsschreiben ging dem Kläger am gleichen Tag zu.



Mit Schreiben vom 22.05.2015 hörte die Beklagte die Mitarbeitervertretung zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses an. Diese stimmte mit Schreiben vom gleichen Tag der ordentlichen Kündigung zu. Daraufhin bat die Beklagte das Landeskirchenamt um Genehmigung zum Ausspruch der ordentlichen Kündigung, die mit Schreiben vom 26.05.2015 erteilt wurde. Mit Schreiben vom 27.05.2015 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich. Das Schreiben ging dem Kläger am 28.05.2015 zu.



Gegen diese Kündigungen hat sich der Kläger mit seiner am 02.06.2015 bei Gericht eingegangen und der Beklagten am 12.06.2015 zugestellten Klage zur Wehr gesetzt. Des Weiteren hat er die Entfernung der Abmahnungen vom 16.01.2015 und 12.02.2015 begehrt. Der Kläger hat gerügt, dass die Anhörung der Mitarbeitervertretung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Insbesondere enthielten die Anhörungen überwiegend keine Darstellungen zu Auseinandersetzungen und Vorwürfen aus der Vergangenheit, die im Rahmen des Verfahrens aufgeführt und behauptet wurden. Zudem sei der Vorwurf pauschal dargestellt worden, da die Beklagte gegenüber der Mitarbeitervertretung den Kündigungsvorwurf als Äußerung "in beleidigender Weise" zusammengefasst habe. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe sich nicht arbeitsvertragswidrig verhalten. Aus § 6 Abs. 1 der Kirchenmusikverordnung ergebe sich, dass er als hauptamtlicher Kirchenmusiker zuständig sei für die Organisation und Öffentlichkeitsarbeit bei kirchenmusikalischen Veranstaltungen. Die Kirchenmusikverordnung der Evangelischen Kirchen von Westfalen weise die Öffentlichkeitsarbeit ausschließlich dem Kantor zu; die Installation eines Kirchenmusikbeauftragten sei deswegen nicht möglich. Der Kläger hat behauptet, ihm sei nicht bekannt gewesen, dass vor seiner Veröffentlichung hinsichtlich des Konzerts vom 25.04.2015 bereits Ankündigungen auf den Internetseiten durch die Beklagte veröffentlicht waren. Er habe auch nicht die Löschung der Ankündigungen veranlasst. Zudem habe er erstmals am 23.04.2015 davon Kenntnis erlangt, dass er nur nach Rücksprache mit dem Kirchenmusikbeauftragten oder dem Presbyterium für Veranstaltungen Ankündigungen veröffentlichen dürfe. Deswegen sei er auch so entsetzt gewesen. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe in der E-Mail vom 29.04.2015 weder die Presbyter noch das Presbyterium mit dem Vorgehen der Nationalsozialisten verglichen. Die Anweisung, den Presbyter y bei E-Mails in "cc" zu setzen, sei nicht vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt und deswegen unwirksam. Es könne nicht Aufgabe des Presbyteriums sein, die Korrespondenz des hauptamtlichen Kantors mit den Mitgliedern des Kirchenchores zu überwachen. Im Übrigen habe er auch nicht vertragswidrig gehandelt, da er nur persönliche E-Mails unmittelbar an den Chor gesendet habe, ohne diese an den Presbyter y zu senden. Die Einladung zum Personalgespräch sei nicht wirksam erfolgt, da er zuvor die Weisung erhalten habe, nicht länger als 18:00 Uhr in der Kirche zu üben (das ist zwischen den Parteien unstreitig). Beide Abmahnungen seien bereits formal unwirksam. Der Kläger hat ferner vorgetragen, er genieße in der Kantorei, in der Gemeinde und bei Teilen des Presbyteriums einen guten Ruf. Das Vertrauensverhältnis sei nicht nachhaltig zerrüttet. Eine gedeihliche Zusammenarbeit sei weiterhin möglich.



Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung vom 13.05.2015, noch durch die ordentliche Kündigung vom 27.05.2015 aufgelöst worden ist, 2. die Beklagte zu verurteilen, die unter dem 16.01.2015 und 12.02.2015 erteilten Abmahnungen aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.



Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen; hilfsweise für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis nicht auf Grund der ordentlichen Kündigung vom 27.05.2015 beendet worden ist, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zum 30.09.2015 aufzulösen.



Der Kläger hat beantragt,

den Auflösungsantrag abzuweisen.



Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe in der E-Mail vom 29.04.2015 das Verhalten der Beklagten mit Maßnahmen des Regimes aus der Zeit des Dritten Reiches gleichgesetzt. Nur so könne die Formulierung "sehr viel dunklere Kapitel deutscher Geschichte" verstanden werden. Zudem sei der Vorwurf nicht nur an die Adressaten der E-Mail, die Presbyter Dr. C3 und y, sondern an die Gemeinde bzw. das Presbyterium als Vertretungsorgan der Beklagten gerichtet gewesen. Dies stelle einen Grund für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung dar. Die Beklagte hat behauptet, der Kläger habe unter bewusster Missachtung der ihm erteilten Anweisungen die ursprüngliche Konzertankündigung löschen und seine eigene Ankündigung platzieren lassen. Die Anhörung der Mitarbeitervertretung sei ordnungsgemäß erfolgt, da die E-Mail des Klägers der Mitarbeitervertretung vorgelegt worden sei. - Eine gedeihliche Zusammenarbeit sei mit dem Kläger nicht mehr möglich, da sich der Kläger nicht an Absprachen halte und sich benehme, als sei er weisungsfrei. T habe jegliches Vertrauen in den Kläger verloren. Pfarrerin Ü habe eine Mediation vorgeschlagen, die der Kläger abgelehnt habe.



Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und den Auflösungsantrag der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien sei weder durch die fristlose Kündigung vom 13.05.2015 noch durch die ordentliche Kündigung vom 27.05.2015 aufgelöst worden. Die Äußerungen des Klägers in der E-Mail vom 29.04.2015 seien nicht als schwere arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen anzusehen. Soweit in dieser E-Mail hinsichtlich des Vorgehens der Beklagten von "sehr viel dunkleren Kapiteln deutscher Geschichte" die Rede sei, bedürfe diese Äußerung der Auslegung. Der Ausdruck "dunkle Kapitel in der deutschen Geschichte" könne nicht ausschließlich mit der Zeit des Nationalsozialismus, sondern auch mit anderen Epochen in Verbindung gebracht werden. Die Äußerung des Klägers sei allgemein gehalten. Ihm sei es nicht um eine Diffamierung der Empfänger der E-Mail gegangen; vielmehr habe er lediglich erklärt, er heiße das Verhalten oder die Ansichten der Kritisierten nicht gut. Die Abmahnung vom 12.12.2015 sei aus der Personalakte des Klägers zu entfernen, da im Abmahnungsschreiben die dem Kläger vorgeworfene Pflichtverletzung nicht hinreichend konkret bezeichnet worden sei. Demgegenüber sei die Abmahnung vom 16.01.2015 wirksam, da der Kläger verpflichtet gewesen sei, der Einladung zum Personalgespräch zu folgen. Nach Auffassung des Arbeitsgerichts liegen keine Gründe für die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses vor. Zwar könne die Kirche sich unglaubwürdig machen, wenn sie zwischenmenschliche Probleme innerhalb der Gemeinde nicht lösen könne. Jedoch müssten auch kirchliche Arbeitsverhältnisse Auseinandersetzungen aushalten können. Wesentlicher Streitpunkt zwischen den Parteien sei das unterschiedliche Verständnis der Kompetenzen des Klägers und des Weisungsrechts der Beklagten gewesen. Die Beklagte habe im Hinblick auf diesen Konflikt nicht versucht, eine Schlichtung oder Mediation unter Mitwirkung des Kreiskantors oder des Landeskirchenmusikdirektors durchzuführen. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Kläger Äußerungen, an denen sich die Beklagte stoße, nicht öffentlich getätigt habe.



Das Urteil erster Instanz ist der Beklagten am 13.04.2016 zugestellt worden. Sie hat mit einem Schriftsatz, der am 11.05.2016 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen ist, Berufung eingelegt. Die Berufung ist mit einem am 07.07.2016 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet worden, nachdem zuvor die Berufungsbegründungsfrist durch gerichtlichen Beschluss bis zum 13.07.2016 verlängert worden war.



Die Beklagte ist der Auffassung, das Arbeitsverhältnis sei durch die außerordentliche Kündigung vom 13.05.2015, jedenfalls aber durch die ordentliche Kündigung vom 27.05.2015 aufgelöst worden. Der Inhalt der E-Mail vom 29.04.2015 sei ausschließlich als vom Kläger gewollte Beleidigung der Beklagten bzw. des Presbyteriums zu qualifizieren. Der Hinweis des Klägers auf dunklere Kapitel der deutschen Geschichte sei ausschließlich auf die Zeit des Dritten Reichs zu beziehen. Eine Recherche im Internet nach "dunklen" oder "dunkelsten" Kapiteln deutscher Geschichte bringe ausschließlich Berichte und Artikel hervor, die sich auf die Zeit des Dritten Reichs bezögen. Der Kläger selbst habe sich auch nicht dazu geäußert, welche Zeiten dunklerer deutscher Geschichte er in seiner E-Mail gemeint haben will. - Das Arbeitsgericht habe den Auflösungsantrag der Beklagten zu Unrecht abgewiesen. Nach dem von der Beklagten vorgetragenen unstreitigen Sachverhalt sei eine den Gemeindezwecken dienliche weitere Zusammenarbeit der Parteien nicht mehr zu erwarten. Wesentlicher Teil seiner Persönlichkeit sei die Ich-Bezogenheit des Klägers. Das Handeln des Klägers sei weniger von dem Bestreben getragen, im Dienste der Gemeinde tätig zu werden, sondern nur zu seinem Vorteil bzw. zu seiner Profilierung. Der Kläger sei insoweit beratungsresistent. Er habe seinerzeit den Vorschlag der Pfarrerin Ü, die eine Mediation angeregt hatte, abgelehnt, und im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht erklärt, sich an dieses Angebot nicht erinnern zu können. Im Rahmen des erstinstanzlichen arbeitsgerichtlichen Verfahrens sei ein Güterichterverfahren durchgeführt worden, das der Kläger nach nur einem Termin als gescheitert erklärt habe. Den Auflösungsantrag will die Beklagte auch auf folgendes Geschehen stützen, das sich nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils zutrug und zwischen den Parteien unstreitig ist: Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.03.2016 ließ der Kläger seine Arbeitskraft anbieten und die Beklagte auffordern, rückständige Vergütung seit Mai 2015 abzurechnen und den abgerechneten Betrag an den Kläger zu überweisen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.03.2016 wies die Beklagte hinsichtlich der Aufforderung, das Gehalt abzurechnen und zu zahlen, darauf hin, dass die Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht rechtskräftig sei und eine Zahlung rückständiger Vergütung nicht erfolgen werde, da die Beklagte prüfe, ob sie Berufung einlege. Aufgrund eines Versehens beim Kreiskirchenamt kam es dennoch zu einer Abrechnung des rückständigen Gehalts und zur Auszahlung des Nettobetrages in Höhe von 13.060,42 Euro an den Kläger. Nachdem dies auffiel, wurde der Kläger mit Schreiben vom 24.05.2016 aufgefordert, den erhaltenen Betrag bis zum 08.06.2016 zurückzuzahlen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.04.2016 äußerte der Kläger, die Zahlung des abgerechneten Betrages sei vorbehaltlos und aufgrund der Entscheidung des Arbeitsgerichts auch nicht ohne Rechtsgrund erfolgt. Mit weiterem Schreiben vom 24.05.2016 ließ die Beklagte den Sachverhalt noch einmal schildern und den Kläger abermals auffordern, den Betrag zurückzuzahlen. Am Ende des Schreibens heißt es, die Beklagte sehe das Behaltenwollen einer irrtümlichen Zahlung als nicht geeignet an, künftig vertrauensvoll zusammen zu arbeiten. Mit Schreiben vom 09.06.2016 antwortete der Kläger, die Zahlung sei nicht zufällig erfolgt, Rechtsgrund der Zahlung seien Ansprüche aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges. Die Beklagte meint, dieses Geschehen zeige, dass sich an der Einstellung des Klägers nichts geändert habe. Er lasse ausschließlich seine Meinung und Ansicht als richtig gelten und missachte den Willen und die Erklärungen der Beklagten.



Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 22.03.2016, Az.: 3 Ca 573/15, abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen, hilfsweise für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der ordentlichen Kündigung vom 27.05.2015 beendet worden ist, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zum 30.09.2015 aufzulösen.



Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.



Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend. Der Kläger habe durch seine Äußerungen in der E-Mail vom 29.04.2015 weder das Presbyterium noch einzelne Presbyter beleidigt. Die E-Mail sei nicht an das Presbyterium als Kollegialorgan versandt worden. Vielmehr habe der Kläger den vormaligen Vorsitzenden des Presbyteriums und einen weiteren Presbyter unmittelbar angesprochen. Der Kläger habe auch nicht von "dunkelsten Kapiteln" deutscher Geschichte gesprochen, sondern auf "sehr viel dunklere Kapitel" deutscher Geschichte verwiesen. Der Kläger habe das Vorgehen des Presbyteriums nicht mit der "Zensur wie im Dritten Reich" verglichen. Zu berücksichtigen sei auch, dass es "eine ureigene Aufgabe des Kantors" sei, sich auch um die Öffentlichkeitsarbeit zu kümmern. Dem Kläger sei, so trägt er vor, erst wenige Tage vor dem Verfassen der E-Mail vom 29.04.2015 schriftlich verboten worden, eigenständig die Öffentlichkeitsarbeit in seinem Arbeitsgebiet der Kirchenmusik wahrzunehmen. Die Kündigung des Klägers sei auch weder in der Gemeinde noch im Kirchenkreis unumstritten. Teile der Gemeinde hätten den Superintendenten des Kirchenkreises darum gebeten, für eine versöhnliche Beendigung des Streites zu sorgen. Dieser habe auf der Kreissynode darauf hingewiesen, er halte es für angemessen, eine weitere rechtliche Auseinandersetzung zu vermeiden.



Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf das erstinstanzliche Urteil und den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.



Entscheidungsgründe



I



Die Berufung der Beklagten ist zulässig.



Die Beklagte hat die Berufung insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 66 Abs. 1 ArbGG eingelegt und begründet.



II



Die Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.



1. Die Berufung ist zurückzuweisen, soweit die Beklagte die Entscheidung des Arbeitsgerichts hinsichtlich der Kündigungsschutzklage angreift.



Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien wurde weder durch die außerordentliche Kündigung vom 13.05.2015 noch durch die ordentliche Kündigung vom 27.05.2015 beendet. Beide Kündigungen sind rechtsunwirksam.



a) Die Kündigungen gelten nicht gemäß §§ 7, 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG als von Anfang an rechtswirksam.



Der Kläger hat die Rechtsunwirksamkeit der Kündigungen rechtzeitig geltend gemacht. Er hat die dreiwöchige Klagefrist nach § 4 Satz 1 KSchG gewahrt. Die gegen beide Kündigungen gerichtete Klage ist am 02.06.2015 bei dem Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 12.06.2015 zugestellt worden. Zwar ist die Klageerhebung durch Zustellung der Klageschrift (§ 253 Abs. 1 ZPO) im Hinblick auf die außerordentliche Kündigung außerhalb der dreiwöchigen Klagefrist erfolgt. Die Wirkung der Klageerhebung ist aber gemäß § 167 ZPO bereits mit rechtzeitigem Eingang der Klage bei dem Arbeitsgericht eingetreten, da die Zustellung demnächst erfolgt ist.



b) Es liegt weder ein Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung noch ein Grund im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG für den Ausspruch einer ordentlichen Kündigung vor.



Die Äußerungen des Klägers in der E-Mail des Klägers vom 29.04.2015 stellen keine schweren arbeitsvertraglichen Pflichtverletzungen dar. Der Kläger rückte mit seinen Äußerungen weder Geschehnisse innerhalb der Gemeinde noch das Verhalten des Presbyteriums oder einzelner Presbyter in die Nähe des Nationalsozialismus. Das Arbeitsgericht hat dies im erstinstanzlichen Urteil unter Heranziehung der einschlägigen Rechtsprechung ausführlich und überzeugend begründet. Das Berufungsgericht schließt sich dem an.



Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Kläger durch die Benutzung des Plurals ("sehr viel dunklere Kapitel deutscher Geschichte") es gerade vermieden hat, einen eindeutigen Bezug zu der Epoche herzustellen, die allgemein als das "dunkelste Kapitel" der deutschen Geschichte angesehen wird, nämlich die Herrschaft der Nationalsozialisten in der Zeit von 1933 bis 1945. Nach dem Inhalt der E-Mail ist eine persönliche, auf die Beleidigung einzelner Mitglieder des Presbyteriums oder Gemeinde gerichtete Zielrichtung nicht erkennbar. Der Kläger spricht keine Person konkret an. Zu berücksichtigen ist auch, dass es dem Kläger nicht um persönliche Angriffe und Beschimpfungen ging, sondern dass er mit der E-Mail ein sachliches (wenn auch unbegründetes) Anliegen verfolgt: Er bringt, wie insbesondere aus dem letzten Satz der E-Mail hervorgeht, seinen Wunsch zum Ausdruck, die Kompetenzen des Kirchenmusikers im Hinblick auf die Öffentlichkeitsarbeit (in seinem Sinne) zu klären. Der Kläger war auch nicht bestrebt, durch das Verfassen der E-Mail den bestehenden Konflikt öffentlich zu machen und dadurch zu eskalieren, denn er richtete die E-Mail nur an zwei Mitglieder des Presbyteriums.



2. Erfolg hat die Berufung der Beklagten, soweit sie sich gegen die Abweisung des Auflösungsantrages wendet.



Der Auflösungsantrag der Beklagten ist gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG begründet. Die Voraussetzungen für eine gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses liegen vor.



a) Das Arbeitsverhältnis wurde durch die von der Beklagten ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 27.05.2015 nicht beendet. Die Kündigung ist sozial ungerechtfertigt gemäß § 1 Abs. 1 KSchG, da Kündigungsgründe im Verhalten des Klägers nicht vorliegen (siehe oben unter II 1 der Entscheidungsgründe).



b) Die Kündigung vom 27.05.2015 ist nicht (auch) aus anderen Gründen rechtsunwirksam.



Der Auflösungsantrag des Arbeitgebers erfordert, dass die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers ausschließlich wegen der fehlenden sozialen Rechtfertigung und nicht aus anderen Gründen im Sinne des § 13 Abs. 3 KSchG Erfolg hat. Ist die Kündigung aus anderen Gründen unwirksam, weil sie gegen eine arbeitnehmerschützende Norm verstößt, besteht kein Anlass, dem Arbeitgeber eine Auflösungsmöglichkeit zuzubilligen (BAG, Urteil vom 23.02.2010 - 2 AZR 554/08).



aa) Die Kündigung vom 27.05.2015 ist nicht wegen fehlerhafter Beteiligung der Mitarbeitervertretung gemäß §§ 42 b, 41 Abs. 3, 38 Abs. 1 Satz 2 des Zweiten Kirchengesetzes über Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (MVG) unwirksam.



Die Beklagte hat die Mitarbeitervertretung ordnungsgemäß nach § 38 Abs. 2 MVG im Hinblick auf die Kündigung vom 27.05.2015 beteiligt. Mit dem Schreiben vom 22.05.2015, das dem Vorsitzenden der Mitarbeitervertretung ausweislich des Empfangsvermerks, der sich auf dem Anhörungsschreiben befindet, am 22.05.2015 zuging, informierte die Beklagte die Mitarbeitervertretung über die Person des Klägers, seine Sozialdaten und die Kündigungsgründe. Die Mitarbeitervertretung wurde über die E-Mail des Klägers vom 29.04.2015 in Kenntnis gesetzt. Die Mitarbeitervertretung verlangte keine förmliche Erörterung der Angelegenheit, sondern stimmte der ordentlichen Kündigung am 22.05.2015 ausweislich des entsprechenden undatierten Schreibens zu. Erst nach Erteilung der Zustimmung wurde die Kündigung ausgesprochen.



Dies muss zwischen den Parteien gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig gelten. Der Kläger hat zwar in der Klageschrift bestritten, dass die Mitarbeitervertretung ordnungsgemäß angehört worden sei. Nachdem die Beklagte aber hierzu konkret vorgetragen und die Schreiben vom 22.05.2015 vorgelegt hat, hat er sein Bestreiten nicht hinreichend gemäß § 138 Abs. 1, Abs. 2 ZPO konkretisiert. Er hat insbesondere nicht in Abrede gestellt, dass die Schreiben tatsächlich vor Ausspruch der Kündigung verfasst wurden und zugingen.



bb) Die Kündigung ist nicht wegen fehlender Genehmigung des Landeskirchenamtes unwirksam.



Das Landeskirchenamt erteilte mit dem Schreiben vom 26.05.2015 die Zustimmung, die gemäß §§ 3 Nr. 3, 5 Abs. 2 Nr. 7 der Verordnung über die kirchenaufsichtliche Genehmigung dienst- und arbeitsrechtlicher Maßnahmen vom 29.11.1995 (GenVO der Evangelischen Kirche von Westfalen) erforderlich ist.



Auch dies muss zwischen den Parteien gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig gelten. Der Kläger hat zwar in der Klageschrift bestritten, dass die erforderliche Zustimmung der Landeskirche erteilt worden sei. Nachdem die Beklagte aber hierzu konkret vorgetragen und das Schreiben vom 26.05.2015 vorgelegt hat, hat er sein Bestreiten nicht hinreichend gemäß § 138 Abs. 1, Abs. 2 ZPO konkretisiert. Er hat insbesondere nicht in Abrede gestellt, dass die Zustimmung tatsächlich vor Ausspruch der Kündigung erteilt worden war.



cc) Nicht von Belang ist es, dass die Beklagte zuvor die fristlose Kündigung vom 13.05.2015 aussprach, die sich ebenfalls als rechtsunwirksam erwies. Hat der Arbeitgeber außerordentlich und hilfsweise ordentlich gekündigt, so kann er die Auflösung begehren, wenn die außerordentliche Kündigung unwirksam und die ordentliche Kündigung sozialwidrig ist (Kiel in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 16. Auflage 2016, § 9 KSchG Rdnr. 10 m.w.N.).



c) Der erforderliche Auflösungsgrund liegt vor. Eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit der Parteien ist nicht zu erwarten.



aa) Für die Beantwortung der Frage, ob ein Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf Antrag des Arbeitgebers vorliegt, ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:



Die Beurteilung der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 KSchG erfordert eine Abwägung, die der Grundkonzeption des Kündigungsschutzgesetzes als ein Bestandsschutz gewährenden Gesetzes und dem Ausnahmecharakter der Regelung ausreichend Rechnung trägt (BAG, Urteil vom 23.10.2008 - 2 AZR 483/07). Der im Interesse des Arbeitnehmers geschaffene Bestandschutz soll zwar, wie schon die Regelungen des § 7 und des § 12 KSchG belegen, nicht gegen dessen Willen durchsetzbar sein. Grundsätzlich geht das Gesetz aber bei sozial ungerechtfertigter Kündigung von der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses aus. Die Auflösung ist an Umstände gebunden, die messbar über die bloße Unwirksamkeit der Kündigung nach § 1 KSchG hinausgehen (BAG, Urteil vom 11.07.2013 - 2 AZR 241/12).



Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG ist maßgeblich, ob eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit weiterhin erwartet werden kann. Erforderlich ist eine differenzierte Würdigung der jeweiligen Betriebszwecke. Soweit sich aus unterschiedlichen Betriebszwecken abgeschwächte oder verstärkte Anforderungen an das Verhalten oder die Person des Arbeitnehmers ergeben, folgt daraus auch ein geringeres oder stärkeres Interesse des Arbeitgebers an der Vertragsauflösung. Eine Kirchengemeinde ist von ihrer Zielsetzung - ihrem "Betriebszweck" - her auf Glaubwürdigkeit in spezifischer Weise angewiesen. Der Eindruck, das Gemeindepersonal sei tief zerstritten, ist dem Erscheinungsbild einer christlichen Kirchengemeinde in hohem Maße abträglich. Der Glaubwürdigkeit einer Kirchengemeinde in der Öffentlichkeit ist ein besonderes Gewicht beizumessen. (BVerfG, Kammerbeschluss vom 09.02.1990 - 1 BvR 717/87).



Nach dem in § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG verankerten Prognoseprinzip ("nicht erwarten lassen") hängt die Begründetheit des arbeitgeberseitigen Auflösungsantrags nicht von einer rückschauenden Bewertung ab (Kiel, a.a.O., Rdnr. 13). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (BAG, Urteil vom 23.06.2005 - 2 AZR 256/04). Zu diesem Zeitpunkt muss die Prognose gerechtfertigt sein, es fehle die Basis für eine weitere Zusammenarbeit der Parteien. In einer Gesamtabwägung sind sämtliche Umstände zu würdigen, die vor und nach der Kündigung eingetreten sind. Der Arbeitgeber kann sich zur Begründung seines Auflösungsantrags auch auf die Gründe berufen, mit denen er zuvor erfolglos die ausgesprochene Kündigung zu rechtfertigen versucht hat. Der Arbeitgeber muss in diesen Fällen allerdings regelmäßig zusätzliche greifbare Tatsachen dafür vortragen, dass der Kündigungssachverhalt, obwohl er die Kündigung nicht rechtfertigt, gleichwohl so beschaffen ist, dass eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit nicht erwartet werden kann (BAG, Urteil vom 23.06.2005 - 2 AZR 256/04). Der Anlass der Kündigung kann die Negativprognose verstärken und den Auflösungsgründen besonderes Gewicht verleihen (Kiel, a.a.O., Rdnr. 13). Als Grundlage für die erforderliche Negativprognose sind nur die Tatsachen zu berücksichtigen, auf die sich der Arbeitgeber als darlegungspflichtige Partei beruft (BAG, Urteil vom 30.09.1976 - 2 AZR 402/75). In Betracht kommen solche Umstände, die das persönliche Verhältnis zwischen den Vertragsparteien, die Wertung der Persönlichkeit des Arbeitnehmers, seiner Leistung oder seiner Eignung für die von ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Es kommt nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer sich schuldhaft verhielt; maßgeblich ist die objektive Lage beim Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (BAG, Urteil vom 10.06.2010 - 2 AZR 297/09, Urteil vom 09.09.2010 - 2 AZR 482/09, Urteil vom 11.07.2013 - 2 AZR 241/12).



bb) Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall die erforderliche negative Zukunftsprognose zu erstellen.



(1) Der Kläger verletzte, während das Arbeitsverhältnis bestand, seine arbeitsvertraglichen Pflichten in vielfältiger und hartnäckiger Weise.



(a) Trotz entsprechender Weisung legte der Kläger die von ihm zu erstellenden Jahresprogramme nicht pünktlich vor.



Nach dem Gespräch, das die Parteien am 12.12.2011 führten, sagte der Kläger zu, das Jahresprogramm für 2012 bis Mitte Januar vorzulegen. Es wurde jedoch - jedenfalls zu diesem Zeitpunkt - nicht erstellt. Dies wurde in der Sitzung des Presbyteriums vom 20.09.2012 beanstandet. Am 18.07.2013 legte der Kläger einen Entwurf für das Halbjahresprogramm vor. Termin zur Erstellung des Programms war aber der 15.07.2013. Dies bemängelte Herr y mit den E-Mails vom 14.01.2014 und vom 27.01.2014. Der Kläger erstellte auch nicht die Halbjahresplanung ab September 2014. Dies rügte die Beklagte mit dem Schreiben vom 02.10.2014. Herr y hatte auch Anlass, zu monieren, dass der Kläger trotz entsprechender Zusage nicht bis zum 26.01.2014 einen Entwurf für das Programm des ersten Halbjahres 2014 vorgelegt hatte.



(b) Das Verhalten des Klägers während des Arbeitsverhältnisses ist gekennzeichnet von Eigenmächtigkeiten im Hinblick auf die Veröffentlichung von Konzertterminen.



Schon im Frühjahr 2011 hatte der Kläger eine Broschüre in Auftrag gegeben, die nur seine eigenen Veranstaltungen, nicht aber die Stücke des Herrn y3 erwähnte. Der Name des Kollegen wurde gar nicht genannt. Das Presbyterium reagierte daraufhin mit dem Schreiben vom 31.10.2011 und wies den Kläger an, die Programme der Kirchenmusik im Namen der Beklagten vor Veröffentlichung zunächst dem Pfarrer oder dem Presbyterium vorzulegen. I



m Mai 2014 versuchte der Kläger, einen Hinweis auf eine Veranstaltung auf der Homepage des Kirchenkreises zu veröffentlichen. Dies geschah ohne die erforderliche Absprache, obgleich seit März 2003 der Presbyter Herr y als Kirchenmusikbeauftragter fungierte und der Kläger angewiesen war, Veröffentlichungen mit ihm abzustimmen. Noch auf der Sitzung des Presbyteriums vom 06.02.2014 war dem Kläger die eigenmächtige Ankündigung von Veranstaltungen untersagt worden. Ein entsprechender Hinweis erfolgte abermals im Gespräch vom 05.05.2014.



Dass der Kläger diese Weisung im Grundsatz nicht zu akzeptieren bereit war, zeigt sein Schreiben vom 04.09.2014, in dem er die Auffassung vertritt, eine Veröffentlichung von Konzertterminen ohne sein Einverständnis stelle eine Verletzung des Amtes als Kantor dar. Das weisungswidrige und unkooperative Verhalten des Klägers gegenüber Herrn y setzte sich denn auch darin fort, dass er die E-Mail hinsichtlich der Veranstaltung am 08.11.2014 (die wegen eines bereits vorgesehenen Taufgottesdienstes nicht wie vom Kläger geplant stattfinden konnte) nicht an Herrn y weiterleitete. Der Kläger wurde am 08.11.2014 durch Herrn y und am 19.12.2014 im Rahmen eines Personalgesprächs durch die Beklagte auf die Notwendigkeit einer Abstimmung hingewiesen; im Rahmen des Personalgesprächs wurde ihm erneut untersagt, eigenmächtige Konzertankündigung oder Veröffentlichungen vorzunehmen. Gleichwohl veranlasste der Kläger durch seine E-Mail vom 22.04.2015, dass die Ankündigung eines Konzerts vom 25.04.2015, an dem er selbst teilnahm, in das Internet gestellt wurde. Dies geschah, ohne sich mit Herrn y zuvor ins Benehmen zu setzen.



Wenn der Kläger meint, die Beklagte sei gar nicht befugt gewesen, seine Öffentlichkeitsarbeit als Kirchenmusiker einschränkenden Weisungen zu unterwerfen, so irrt er. Zwar sind Kirchenmusiker gemäß § 6 Abs. 1 der Verordnung für den Dienst von Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusikern in der Evangelischen Kirche von Westfalen (Kirchenmusikverordnung) für die Organisation und Öffentlichkeitsarbeit zuständig, jedoch gilt dies nur, wie diese Vorschrift ausdrücklich klarstellt, "im Rahmen ihres Arbeitsfeldes und der Gesamtkonzeption". Auch Organisation und Durchführung von Konzerten und kirchenmusikalischen Veranstaltungen sind nach § 5 Abs. 1 der Kirchenmusikverordnung nur "im Rahmen der Gesamtkonzeption" Aufgaben der Kirchenmusikers. § 25 der Kirchenmusikverordnung verpflichtet die Kirchenmusiker zur Zusammenarbeit mit den Leitungsgremien: Der kirchenmusikalische Dienst geschieht in Abstimmung mit dem Anstellungsträger und unter Beachtung des Gesamtkonzeptes für die kirchliche Arbeit in ihrem Verantwortungsbereich (§ 25 Abs. 1 Satz 2 Kirchenmusikverordnung). Das für die Erstellung des Gesamtkonzepts zuständige Leitungsgremium ist nach Artikel 35, 55 ff. der Kirchenordnung der Evangelischen Kirche von Westfalen das Presbyterium. Nach diesen grundlegenden Regelungen der evangelischen Landeskirche von Westfalen hat sich der Kläger als Kirchenmusiker der Leitungsfunktion des Presbyteriums unterzuordnen. Dies gilt zum einen hinsichtlich der kirchenmusikalischen Veranstaltungen, die die Beklagte selbst durchführt, weil der Kläger insoweit in ihrem Namen tätig wird. Dies gilt aber auch für musikalische Veranstaltungen, die zwar nicht von der Beklagten getragen werden, aber in ihren Räumlichkeiten stattfinden. Denn auch insoweit bedarf es eines ordnenden Gesamtkonzeptes, zumal in der Vergangenheit organisatorische Probleme auftraten. Vor diesem Hintergrund, und weil es entgegen der Auffassung des Klägers keinen "Alleinvertretungsanspruch" des Kirchenmusikers bei der kirchenmusikalischen Öffentlichkeitsarbeit gibt, ist es nicht zu beanstanden, dass das Presbyterium Herrn y als Kirchenmusikbeauftragten berief und den Kläger anhielt, sich mit dem kirchenmusikbeauftragten hinsichtlich der kirchenmusikalischen Angelegenheiten - insbesondere hinsichtlich der Öffentlichkeitsarbeit - ins Benehmen zu setzen.



Mit diesen Rahmenbedingungen für seine Tätigkeit will der Kläger sich indes dauerhaft nicht abfinden. Er beharrt vielmehr (auch im Rechtsstreit in beiden Instanzen) auf seiner Position. Diese Haltung führte letztlich auch zum Verfassen der E-Mail vom 29.04.2014, in der der Kläger trotzig und larmoyant darüber Beschwerde führt, dass die Beklagte konsequent darauf besteht, die geltenden Zuständigkeiten zu beachten und die arbeitgeberseitigen Weisungen einzuhalten.



(c) Hartnäckige und wiederholte Pflichtverletzung beging der Kläger auch durch sein Vermeidungsverhalten bei Personalgesprächen.



So hat er, nachdem die Beklagte ihn mit dem Schreiben vom 09.12.2014 zum Personalgespräch am 11.12.2014 einlud, kurzerhand erklärt, er sei verhindert, ohne hierfür triftige Gründe zu nennen. Ebenso reagierte er, nachdem die Beklagte ihn mit dem Schreiben vom 11.03.2015 zu einem Personalgespräch am 23.03.2015 einbestellte. Am Freitag, dem 20.03.2015 teilte der Kläger abends mit, er sei verhindert. Der Kläger schlug seinerseits Alternativtermine vor und ersuchte die Beklagte, bei der Einladung zu einem Gespräch stets zwei bis drei Alternativtermine zu nennen. Nachdem die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 23.03.2015 zu einem Personalgespräch am 26.03.2015 bat (diesen Termin hatte der Kläger zuvor in der E-Mail vom 20.03.2015 selbst vorgeschlagen), äußerte der Kläger per E-Mail vom 26.03.2015 "Erschrecken und Betroffenheit" darüber, dass die Beklagte nicht seiner Aufforderung gefolgt war und mehrere Termine für das Personalgespräch vorgeschlagen hatte.



Das widersetzliche Verhalten des Klägers zeigt, dass er (ihm möglicherweise unliebsame) Gespräche mit der Arbeitgeberin nur wahrzunehmen bereit ist, wenn es ihm passt, und auch nur nach Maßgabe von ihm vorgegebener Einladungsregularien. Dabei verkennt der Kläger, dass der Arbeitgeber (selbstverständlich) im Rahmen seines Weisungsrechts befugt ist, Personalgespräche anzuordnen (BAG, Urteil vom 23.06.2009 - 2 AZR 606/08; LAG Hamm, Urteil vom 28.01.2016 - 18 Sa 1140/15). Das arbeitgeberseitige Weisungsrecht beinhaltet die Berechtigung, den Arbeitnehmer zur Teilnahme an Gesprächen zu verpflichten, in denen der Arbeitgeber Weisungen vorbereiten, erteilen oder ihre Nichterfüllung beanstanden will. Zwar ist eine Weisung unwirksam, die auf Teilnahme an einem Gespräch gerichtet ist, das ausschließlich Verhandlungen zur Vertragsänderung zum Gegenstand hat (BAG, Urteil vom 23.06.2009 - 2 AZR 606/08). Um eine solche Weisung handelte es sich aber nicht. Die Beklagte wollte mit dem Kläger kein Gespräch über den Abschluss eines Aufhebungsvertrages führen. Gegenstand des Gesprächs sollte der Inhalt eines Briefes sein, den der Kläger an die Mitglieder des Gemeindechores verfasst hatte. Soweit der Kläger in der E-Mail vom 26.03.2015 zur Rechtfertigung seiner Vorgehensweise andeutet, er wolle sich bei dem Personalgespräch "fachkundig" durch Dritte begleiten lassen, so muss er sich entgegenhalten lassen, dass es kein Recht des Arbeitnehmers gibt, ein Personalgespräch nur in Anwesenheit eines Interessenvertreters zu führen (LAG Hamm, Urteil vom 23. Mai 2001 - 14 Sa 497/01; LAG Sachsen, Urteil vom 10.07.2002 - 2 Sa 407/01; LAG Hamm, Urteil vom 28.01.2016 - 18 Sa 1140/15).



(2) Durch das Verhalten des Klägers ist das Interesse der Beklagten, ein gedeihliches Gemeindeleben zu pflegen, beeinträchtigt worden.



Das Presbyterium sah sich veranlasst, in vielen Sitzungen die Unzuträglichkeiten im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem Kläger zu thematisieren. Der Kläger brachte Herrn T so gegen sich auf, dass dieser im Rahmen der Sitzung des Presbyteriums vom 14.02.2013 und anschließend auch mit dem Schreiben vom 19.03.2013 erklärte, die weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger sei für ihn unzumutbar. Mit dem Kläger wurden mehrfach Gespräche darüber geführt, dass das Arbeitsverhältnis aus Sicht der Beklagten zerrüttet ist (am 09.03.2013, am 05.05.2014, am 17.11.2014). Dass die Kreissynode sich mit dem Vorgang befassen musste und die Presse über den Rechtsstreit berichtete, zeigt, dass der Konflikt innerhalb der Gemeinde, der durch das Verhalten des Klägers hervorgerufen wurde, auch an die Öffentlichkeit gedrungen ist. All dies ist einem friedlichen Zusammenwirken innerhalb der Gemeinde abträglich.



(3) Die Grundlage für eine weitere Zusammenarbeit zwischen den Parteien wird auch durch das Verhalten des Klägers nach Ausspruch der Kündigung in Frage gestellt.



Nachdem der Kläger erstinstanzlich im Wesentlichen obsiegte, forderte er die Beklagte (legitimerweise) zur Entgeltzahlung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges auf. Daraufhin erwiderte die Beklagte, eine Entgeltzahlung werde nicht erfolgen, da die Beklagte gegebenenfalls Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil einlege. Schon vor diesem Hintergrund hätte es für den Kläger nahe gelegen, die kurze Zeit später erfolgte Entgeltzahlung als ein Versehen der Beklagten zu betrachten. Jedenfalls musste dem Kläger klar sein, dass die Entgeltzahlung versehentlich erfolgte, nachdem die Beklagte ihn schriftlich darauf hinwies. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass aus seiner Sicht objektive Anhaltspunkte dafür bestanden, die Entgeltzahlung sei bewusst und gewollt vorgenommen worden, obgleich der Kündigungsrechtsstreit noch nicht rechtskräftig abgeschlossen war. Wenn der Kläger angesichts dieser Sachlage sich nicht dazu verstehen wollte, den erhaltenen Betrag zurück zu gewähren, so muss er sich vorhalten lassen, die eigenen (hier: finanziellen) Interessen rücksichtslos über die Interessen der Beklagten zu stellen. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte ihn darauf hingewiesen hatte, sein Verhalten stelle keine Grundlage für eine künftig vertrauensvolle Zusammenarbeit dar. Rechtfertigende Gründe für sein Verhalten hat der Kläger nicht vorgebracht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass es dem Kläger aufgrund eines finanziellen Engpasses nicht möglich oder nicht zumutbar war, den gezahlten Betrag an die Beklagten zu erstatten. Ein Arbeitnehmer, der sich nach dem Ausspruch der Kündigung einerseits auf den Standpunkt stellt, das Arbeitsverhältnis bestehe weiter fort (weil die Kündigung unwirksam sei), andererseits aber seine vertraglichen Nebenpflichten gemäß § 241 Abs. 2 BGB missachtet und nicht bereit ist, berechtigte Ansprüche des Arbeitgebers anzuerkennen, setzt damit selbst einen Umstand, auf den die negative Prognose begründet werden kann, die für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf Antrag des Arbeitgebers erforderlich ist (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 11.03.2014 - 16 Sa 1437/03 im Hinblick auf die grundlose Weigerung, im Betrieb benötigte Unterlagen herauszugeben).



Dass der Beklagten ein Rückzahlungsanspruch hinsichtlich des Entgelts zusteht, folgt aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Variante BGB. Der Kläger erhielt die Zahlung rechtsgrundlos. Zum Zeitpunkt der Zahlung war das Arbeitsverhältnis aufgrund der ausgesprochenen Kündigungen beendet. Eine rechtskräftige Entscheidung über die Unwirksamkeit der Kündigungen lag nicht vor. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte in Kenntnis der Nichtschuld gemäß § 814 BGB zahlte, sind nicht ersichtlich.



(4) Eine Gesamtwürdigung der Umstände ergibt, dass eine negative Prognose im Hinblick auf eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit der Parteien zu erstellen ist.



Der Kläger hat sich die vielfältigen Versuche der Beklagten, ihn durch Hinweise, Ermahnungen und Abmahnungen zu vertragstreuem Verhalten zu veranlassen, nicht zur Lehre gereichen lassen, sondern beharrlich weiter gegen Vertragspflichten verstoßen. Aus dem Verhalten des Klägers ergibt sich das Bild einer, wie die Beklagte treffend ausführt, ich-bezogenen Persönlichkeit. Er versucht ihm vermeintlich zustehende Rechte unter allen Umständen durchzusetzen. Seine arbeitsvertraglichen Pflichten ist er hingegen nur nach eigenem Gutdünken zu erfüllen bereit. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Parteien zukünftig konfliktfrei oder auch nur weitgehend konfliktfrei zusammenarbeiten können. Der Kläger hat im vorliegenden Rechtsstreit keine Einsicht gezeigt und nach wie vor die Rechtsauffassung vertreten, ihm stehe als Kirchenmusiker ein weisungsfreier Raum (jedenfalls im Hinblick auf die kirchenmusikalische Öffentlichkeitsarbeit) zu, in den die Beklagte nicht eingreifen dürfe. Er ließ im Rechtsstreit vortragen, die Beklagte habe ihm erst wenige Tage vor dem Verfassen der E-Mail vom 29.04.2015 schriftlich verboten, eigenständig die Öffentlichkeitsarbeit in seinem Arbeitsgebiet der Kirchenmusik wahrzunehmen; er verkennt (oder verschweigt) dabei, dass die Beklagte ihm schon mit dem Schreiben vom 31.10.2011 auftrug, Ankündigungen und Programme vorab abzustimmen, und dass die Beklagte ihm mit dem Schreiben vom 14.03.2014 den Protokollauszug einer Sitzung des Presbyteriums übersandt hatte, in dem genau dieser Punkt noch einmal angesprochen wurde. Trotz des anhängigen Rechtsstreits, in dem die Beklagte bereits erstinstanzlich einen Auflösungsantrag gestellt hatte, nutzte er eine versehentlich erfolgte Entgeltzahlung aus, weigerte sich, die Zahlung zurückzugewähren und schädigte dadurch das Vermögen der Beklagten. Vor diesem Hintergrund sind weitere Auseinandersetzungen und damit auch weitere Beeinträchtigungen des Gemeindelebens auch in der Zukunft zu erwarten.



Die Beklagte muss sich nicht entgegenhalten lassen, sie habe nicht hinreichend versucht, auf den Kläger zuzugehen und vermittelnde Verfahren durchzuführen. Es war der Kläger, der das von Pfarrerin Ü angeregte Mediationsverfahren nicht durchzuführen bereit war. Das muss im Ergebnis als zwischen den Parteien unstreitig gelten, nachdem die Beklagte dies in der Berufungsbegründung vorgetragen hat und der Kläger dem nicht konkret entgegengetreten ist. Die Beklagte hat sich auch dem gerichtlichen Güterichterverfahren nicht verschlossen, das freilich ergebnislos blieb. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht war nicht davon auszugehen, dass ein Schlichtungs- oder Mediationsverfahren noch Erfolgsaussichten bot.



Erst recht kann die Beklagte nicht der Vorwurf treffen, sie habe durch ihr Verhalten dazu beigetragen, dass der Konflikt eskalierte. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte die arbeitsvertraglichen Pflichten, die sie als Arbeitgeberin treffen, auch nur in einem Punkt verletzt hätte. Die Beklagte war auch nicht unduldsam, sondern hat über Jahre hinweg Nachsicht mit dem Kläger geübt und stets aufs Neue das Gespräch mit ihm gesucht.



Das Berufungsgericht hat nicht außer Betracht gelassen, dass es für den Kläger als Kirchenmusiker nicht einfach sein wird, eine neue gleichwertige Anstellung zu finden. Berücksichtigt wurde auch, dass das Arbeitsverhältnis bei Ausspruch der Kündigung bereits neun Jahre bestand. Andererseits ist das Arbeitsverhältnis schon seit mehreren Jahren stark belastet. Aufgrund des gravierenden Fehlverhaltens, das der Kläger an den Tag legte, und des tiefgreifenden Zerwürfnisses zwischen den Parteien, das der Öffentlichkeit nicht verborgen blieb, ist letztlich - auch in Ansehung des Ausnahmecharakters der Vorschrift des § 9 Abs. 1 KSchG und des sozialen Schutzes, den das Kündigungsschutzgesetz als Bestandsschutzgesetz für den Kläger vermittelt - festzustellen, dass das Interesse der Beklagten an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses das Weiterbeschäftigungsinteresse des Klägers ganz deutlich überwiegt.



d) Nach § 9 Abs. 2 KSchG hat das Gericht für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem das Arbeitsverhältnis bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte. Dies ist im Streitfall der 30.09.2015. Nach § 33 Abs. 1 BAT-KF beträgt die für den Kläger geltende Kündigungsfrist vier Monate zum Quartalsende.



e) § 10 Abs. 1 KSchG sieht vor, dass als Abfindung ein Betrag bis zu 12 Monatsverdiensten festzusetzen ist.



Das Berufungsgericht hat die Dauer der Betriebszugehörigkeit bei der Bemessung der Abfindung berücksichtigt. Nicht außer Betracht gelassen hat das Berufungsgericht auch, dass der Kläger sich in einem Lebensalter befindet, in dem allgemein bereits mit Schwierigkeiten bei der Bewerbung um einen neuen Arbeitsplatz zu rechnen ist, wenngleich der Kläger einen Beruf ausübt, in dem es vorrangig nicht auf körperliche Leistungsfähigkeit ankommt (vielmehr kann mit zunehmendem Alter auch eine Verfeinerung musikalischer Fähigkeiten eintreten). Insbesondere ist auch der Umstand berücksichtigt worden, dass der Kläger aufgrund seiner spezialisierten beruflichen Tätigkeit nur bei einem kleinen Kreis von Arbeitgebern die Möglichkeit hat, sich um einen neuen Arbeitsplatz zu bewerben. Vor diesem Hintergrund ist der Abfindungsbetrag etwas höher festgesetzt worden als ein Monatseinkommen für zwei Beschäftigungsjahre. Einer weiter gehenden Erhöhung der Abfindung steht der Umstand entgegen, dass der Kläger durch sein Verhalten maßgeblich selbst zur Zerrüttung des Arbeitsverhältnisses beitrug.



3. Die Berufung der Beklagten hat schließlich auch Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben hat, die auf Entfernung der Abmahnung vom 12.03.2015 gerichtet war.



Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt ein Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte nicht mehr in Betracht (BAG, Urteil vom 14.09.1994 - 5 AZR 632/93). Ist das Arbeitsverhältnis beendet, steht nicht zu erwarten, dass durch einen unrichtigen Inhalt der Personalakte das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers beeinträchtigt wird. Umstände, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, sind im Streitfall nicht ersichtlich.



III



Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1, 2. Variante ZPO. Die Kosten sind verhältnismäßig zu teilen, da jede Partei teils obsiegte, teils unterlag. Dabei ist berücksichtigt worden, dass im Berufungsverfahren die klageabweisende Entscheidung hinsichtlich des Antrags auf Entfernung der Abmahnung vom 16.01.2015 nicht zur Überprüfung anstand, da der Kläger das erstinstanzliche Urteil nicht angegriffen hatte.



Es bestand keine Veranlassung, die Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Insbesondere wirft der Rechtsstreit keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf.

Vorschriften§ 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 7, 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG, § 4 Satz 1 KSchG, § 253 Abs. 1 ZPO, § 167 ZPO, § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG, § 1 Abs. 1 KSchG, § 13 Abs. 3 KSchG, § 138 Abs. 3 ZPO, § 138 Abs. 1, Abs. 2 ZPO, § 9 Abs. 1 KSchG, § 7, § 12 KSchG, § 1 KSchG, § 241 Abs. 2 BGB, § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Variante BGB, § 814 BGB, § 9 Abs. 2 KSchG, § 33 Abs. 1 BAT, § 10 Abs. 1 KSchG, § 92 Abs. 1 Satz 1, 2. Variante ZPO, § 72 Abs. 2 ArbGG

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