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13.02.2007 · IWW-Abrufnummer 070514

Bundesgerichtshof: Urteil vom 12.01.2007 – V ZR 268/05

a) Die für die Einstellung eines Bodenordnungsverfahrens gegebene Begründung der Flurneuordnungsbehörde, selbständiges Gebäudeeigentum eines Beteiligten liege nicht vor, bindet die Zivilgerichte nicht. Diese haben vielmehr, wenn es weder zu einem Grundbuchverfahren nach Art. 233 § 2b Abs. 3 Satz 4 EGBGB noch zu einer Feststellung der zuständigen Zuordnungsbehörde nach Art. 233 § 2b Abs. 3 Satz 1 EGBGB kommt, selbst zu prüfen, ob Gebäudeeigentum besteht.



b) Selbständiges Gebäudeeigentum konnte auch vor dem Inkrafttreten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes vom 14. Juli 1992 (BGBl. I S. 1257) am 21. Juli 1992 nicht durch schlichte Vereinbarung der Parteien aufgegeben werden, sondern nur durch Aufgabe nach § 875 BGB, durch Dereliktion nach § 959 BGB oder durch Wiederherstellung des Bestandteilverbunds mit dem Grundstück im Wege der Übereignung an den Grundstückseigentümer nach § 929 Satz 2 BGB.



c) Seitdem ist die Aufgabe nur durch Abgabe einer Verzichtserklärung und Löschung des Gebäudeeigentums im Gebäudegrundbuch nach § 875 BGB oder, bei Fehlen eines Gebäudegrundbuchs, durch Einreichung einer notariell beurkundeten Aufgabeerklärung bei dem Grundbuchamt möglich.


BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

V ZR 268/05

Verkündet am:
12. Januar 2007

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 9. November 2005 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 2. Februar 2005 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die R. GmbH (fortan: Schuldnerin), für die der Kläger als Insolvenzverwalter handelt, erwarb von der (als Rechtsträger von Volkseigentum eingetragenen) LPG E. am 11. Januar 1991 ein Grundstück und ein Werkstattgebäude, das die LPG 1971 auf dem Grundstück errichtet hatte. 1998 schloss die Schuldnerin für das Gebäude eine Gebäudeversicherung ab. Im selben Jahr wurde sie als Eigentümerin des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen. 1999 bestellte sie der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine erstrangige Grundschuld an dem Grundstück.

Das Grundstück war seit 1996 in ein Bodenordnungsverfahren einbezogen, welches die zuständige Flurneuordnungsbehörde am 1. Februar 2000 in Ansehung des verkauften Grundstücks mit der Begründung einstellte, dass selbständiges Gebäudeeigentum an dem Werkstattgebäude nicht bestehe.

Am 4. Juli 2000 wurde das Werkstattgebäude durch einen Brand zerstört. Am 7. August 2002 zahlte der Gebäudeversicherer für das zerstörte Gebäude umgerechnet 114.983,92 ¤ als Versicherungsleistung an die Beklagte aus. Diesen Betrag will der Kläger zur Masse des zwischenzeitlich eröffneten Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin ziehen.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Auskehrung des Betrags an den Kläger und zur Erteilung von Auskunft über weitere Leistungen des Versicherers verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die von dem Senat zugelassene Revision des Klägers, mit welcher er die Wiederherstellung der Verurteilung der Beklagten durch das Landgericht erreichen möchte. Diese beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht nimmt an, die Grundschuld der Beklagten habe sich auf die Versicherungsforderung erstreckt (§§ 1127 Abs. 1, 1192 Abs. 1 BGB). Es meint, selbständiges Gebäudeeigentum an dem Werkstattgebäude habe nicht bestanden. Dies stehe aufgrund des Bescheids des Amts für Landwirtschaft und Flurneuordnung mit Bindungswirkung für die Parteien fest. Jedenfalls hätten die Parteien Grundstück und Gebäude in ihrem Kaufvertrag als Einheit angesehen. Aufgrund dieser Vereinbarung sei etwa entstandenes selbstständiges Gebäudeeigentum untergegangen, ohne dass dazu ein Verzicht nach Maßgabe vom Art. 233 § 4 Abs. 6 EGBGB habe herbeigeführt werden müssen.

II.

Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.

1. Die Beklagte ist dem Kläger nach § 816 Abs. 2 BGB zur Herausgabe der eingezogenen Versicherungssumme verpflichtet. Die Zahlung des Gebäudeversicherers an die Beklagte hat diesen zwar nicht befreit, weil die Beklagte weder Gläubigerin der Versicherungsforderung noch zu deren Einziehung ermächtigt war. In der Erhebung der Klage liegt aber eine stillschweigende Genehmigung der Zahlung an die Beklagte. Eine solche Genehmigung führt nach § 185 BGB zur Wirksamkeit der Zahlung und verpflichtet den Empfänger nach § 816 Abs. 2 BGB zur Herausgabe, wenn ihm die Forderung nicht zustand (st. Rspr. BGHZ 85, 267, 272 f.; BGH, Urt. v. 27. Januar 2005, I ZR 119/02, NJW 2005, 2698, 2699).

2. Die eingezogene Versicherungsforderung stand der Beklagten als Grundschuldgläubigerin nach §§ 1192, 1127 Abs. 1 BGB nur zu, wenn die Grundschuld als Gesamtgrundschuld auch das Gebäudeeigentum belastete oder selbständiges Eigentum an dem versicherten Gebäude vor dem Eintritt des Versicherungsfalls nicht oder nicht mehr bestand. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

a) Eine Gesamtgrundschuld an Grundstück und Gebäudeeigentum wäre zwar nach §§ 1192, 1132 BGB, Art. 233 §§ 2b Abs. 4, 4 Abs. 1 Satz 1 EGBGB rechtlich möglich gewesen. Sie setzte aber nach § 873 BGB, Art. 233 § 2b Abs. 4, § 4 Abs. 1 Satz 1 EGBGB die Eintragung der Grundschuld nicht nur in das Grundbuch des Grundstücks, sondern auch in ein dazu nach Art. 233 § 2b Abs. 2 Satz 1 EGBGB anzulegendes Grundbuch für das Gebäudeeigentum voraus. Daran fehlt es.

b) Das Fehlen selbständigen Gebäudeeigentums lässt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht daraus ableiten, dass die Flurneuordnungsbehörde mit ihrem Bescheid vom 1. Februar 2000 das eingeleitete Bodenordnungsverfahren für das Grundstück mit der Begründung eingestellt hat, es bestehe mangels von dem Grundeigentum unabhängigen Gebäudeeigentums kein Neuordnungsbedarf. Diese Entscheidung bindet die Zivilgerichte nicht und enthebt sie auch nicht der Notwendigkeit, das Bestehen selbständigen Gebäudeeigentums eigenständig zu prüfen.

aa) Ein Verwaltungsakt entfaltet zwar im Zivilrechtsstreit Tatbestandwirkung (Senat, BGHZ 159, 179, 182; BGH, Beschl. v. 27. Juni 2003, IXa ZA 5/03, BGH-Report 2003, 1258, 1259). Das bedeutet aber zunächst nur, dass der Erlass des Bescheids als solcher (Senat, BGHZ 103, 30, 35; 122, 1, 6) und sein Ausspruch (Senat, Urt. v. 19. Juni 1998, V ZR 43/97, NJW 1998, 3055) von den Zivilgerichten hinzunehmen sind. Die Begründung eines Verwaltungsakts nimmt dagegen an der Tatbestandswirkung nicht teil (BGH, Beschl. v. 27. Juni 2003, IXa ZA 5/03, aaO). Weitergehende Wirkungen entfaltet ein Verwaltungsakt im Zivilrechtsstreit nur, wenn er, wie ein Restitutionsbescheid (dazu Senat, BGHZ 159, 179, 182 f.; Urt. v. 19. Juni 1998, V ZR 43/97, NJW 1998, 3055, 3056) oder ein Bescheid über ein Vorkaufsrecht (dazu: Senat, Urt. v. 14. März 1997, V ZR 129/95, VIZ 1997, 346 f.) nach dem Vermögensgesetz, kraft Gesetzes Gestaltungswirkung hat oder, wie ein Zuordnungsbescheid (dazu: Senat, Urt. v. 14. Juli 1995, V ZR 39/94, VIZ 1995, 592, 593; Urt. v. 18. Januar 2002, V ZR 104/01, VIZ 2002, 422, 423 f.), kraft Gesetzes dazu bestimmt ist, die Rechtslage zwischen den am Verwaltungsverfahren Beteiligten auch zivilrechtlich abschließend zu klären.

bb) Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Flurneuordnungsbehörde hat in ihrem Bescheid nur die teilweise Einstellung des Bodenordnungsverfahrens angeordnet, hingegen keine förmliche Feststellung über das Bestehen oder Nichtbestehen von Gebäudeeigentum getroffen. Zu einer solchen Feststellung wäre sie auch nicht berechtigt gewesen. Eine Flurneuordnungsbehörde hat zwar nach Einleitung eines Bodenordnungsverfahrens gemäß §§ 56 Abs. 2, 57, 64 LwAnpG festzustellen, welche Grund- und Gebäudeeigentümer an dem Verfahren beteiligt sind. Sie wäre auch nicht verpflichtet, von der eigenständigen Feststellung des Gebäudeeigentums von Beteiligten abzusehen und eine Entscheidung der dazu nach Art. 233 § 2b Abs. 3 Satz 1 EGBGB berufenen Zuordnungsstellen - seit dem 1. Januar 2006 des Bundesamts für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen - herbeizuführen (BVerwGE 107, 177, 184), weil das Verfahren vor den Zuordnungsstellen nach Art. 233 § 2b Abs. 3 Satz 5 EGBGB nachrangig ist. Das gilt aber nur, wenn ein Bodenordnungsverfahren tatsächlich durchgeführt wird. Wird das Bodenordnungsverfahren nicht durchgeführt und kommt es auch weder zu einem Grundbuchverfahren nach Art. 233 § 2b Abs. 3 Satz 4 EGBGB oder einem anderen Verfahren, so obliegt es nach Art. 233 § 2b Abs. 3 Satz 1 EGBGB allein der zuständigen Zuordnungsbehörde, das Bestehen oder Nichtbestehen von Gebäudeeigentum mit Wirkung für und gegen alle Beteiligten festzustellen (Staudinger/Rauscher, BGB [2003], Art. 233 § 2b EGBGB Rdn. 54 a.E. für Grundbuchverfahren). Da es an einer solchen Feststellung fehlt, hatte das Berufungsgericht selbst zu prüfen, ob das geltend gemachte selbständige Gebäudeeigentum vor dem Brandfall (noch) bestand.

b) Das ist entgegen der Hilfserwägung, die das Berufungsgericht angestellt hat, der Fall.

aa) Das Werkstattgebäude wurde mit seiner Errichtung nicht Bestandteil des Grundstücks; an ihm entstand vielmehr selbständiges Gebäudeeigentum der LPG E. . Das ergibt sich aus § 13 Abs. 2 LPG-Gesetz 1959. Danach wurden Gebäude unabhängig von Eigentum an Grund und Boden genossenschaftliches Eigentum, welche die LPG aufgrund eines Nutzungsrechts an ihr übergebenem Boden errichtete. So liegt es hier. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurde das Werkstattgebäude im Jahre 1971 von der LPG E. errichtet. Zu diesem Zeitpunkt war das ursprünglich Privateigentümern gehörende Grundstück enteignet, in Volkseigentum überführt und der LPG in Rechtsträgerschaft übergeben worden. Damit war nach § 9 Abs. 3 LPG-Gesetz 1959 i. V. m. §§ 2 Abs 1 Buchstabe c, 9 der Anordnung über die Rechtsträgerschaft an volkseigenen Grundstücken (vom 7. Juli 1969, GBl. II S. 433) ein Nutzungsrecht der LPG E. an diesem Grundstück im Sinne von § 13 Abs. 2 LPG-Gesetz 1959 entstanden (BVerwG VIZ 1995, 354, 355; 2000, 162, 163 für den inhaltsgleichen § 18 LPG-Gesetz 1982). Das berechtigte sie nach § 10 Abs. 1 Buchstabe d LPG-Gesetz 1959 zur Errichtung eines neuen Gebäudes, an dem sie selbständiges Gebäudeeigentum erlangte.

bb) Dieses hat die Schuldnerin durch den Kaufvertrag mit der LPG vom 11. Januar 1991 erworben (§ 929 Satz 2 BGB, Art. 233 § 2b Abs. 6 Sätze 1 und 2 EGBGB). Es ist entgegen der Annahme des Berufungsgerichts auch nicht durch die Vereinbarungen in diesem Kaufvertrag oder später aufgegeben worden.

(1) Das Berufungsgericht entnimmt diesem Vertrag die Vereinbarung, dass das Gebäudeeigentum aufgegeben werden sollte. Dem kann nicht gefolgt werden.

(a) Die Auslegung einer Willenserklärung kann im Revisionsverfahren nur beschränkt überprüft werden (st. Rspr., Senat, Urt. v. 30. September 2005, V ZR 197/04, BGH-Report 2006, 4, 5), nämlich dahin, ob der Tatrichter die gesetzlichen Auslegungsregeln, die anerkannten Auslegungsgrundsätze, die Denkgesetze und die Erfahrungssätze beachtet und die der Auslegung zugrunde liegenden Tatsachen ohne Verfahrensfehler festgestellt hat (st. Rspr., vgl. BGHZ 135, 269, 273; BGH, Urt. v. 29. März 2000, VIII ZR 257/98, NJW 2000, 2508, 2509). Diesen Anforderungen genügt die Auslegung des Kaufvertrags der Schuldnerin mit der LPG durch das Berufungsgericht nicht. Das Berufungsgericht hat nicht beachtet, dass bei der Auslegung einer Willenserklärung von ihrem Wortlaut auszugehen ist (st. Rspr., vgl. BGHZ 121, 13, 16; BGH, Urt. v. 27. November 1997, IX ZR 141/96, NJW 1998, 900, 901; v. 28. Januar 2002, II ZR 385/00, ZfIR 2004, 170 [Ls]; Senat, Urt. v. 30. September 2005, V ZR 197/04, aaO). Außerdem hat es verkannt, dass an die Annahme eines Rechtsverzichts strenge Anforderungen zu stellen sind und ein solcher in der Regel eine insoweit eindeutige Willenserklärung erfordert, weil ein Rechtsverzicht niemals zu vermuten ist (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 20. Dezember 1983, VI ZR 19/82, NJW 1984, 1346, 1347; v. 16. November 1993, XI ZR 70/93, NJW 1994, 379, 380; v. 22. Juni 1995, VII ZR 118/94, WM 1995, 1677, 1678 f.). Der Senat ist deshalb an die Auslegung des Berufungsgerichts nicht gebunden. Er kann sie, da weitere Erkenntnisse nicht zu erwarten sind, selbst vornehmen. Sie führt zu dem Ergebnis, dass die Schuldnerin mit der LPG keinen Verzicht auf das Gebäudeeigentum vereinbart hat.

(b) Der gleichzeitige Erwerb von Gebäude- und Grundeigentum lässt, was das Berufungsgericht übergeht, nach § 889 BGB den Bestand des Gebäudeeigentums rechtlich unberührt. Gerade deshalb ist der Erwerber eines Grundstücks im Beitrittsgebiet nach § 78 Abs. 1 Satz 3 SachenRBerG verpflicht, das ihm zustehende oder gleichzeitig erworbene selbständige Eigentum an einem Gebäude auf dem Grundstück aufzugeben. Eine solche Aufgabe könnte der Erwerber zwar auch in dem Grundstückskaufvertrag erklären. Der Kaufvertrag der Schuldnerin mit der LPG vom 11. Januar 1991 enthält aber eine solche Erklärung nicht und verhält sich auch sonst nicht zum weiteren Schicksal des Gebäudeeigentums. Die Annahme, die Schuldnerin habe das Gebäudeeigentum aufgeben wollen, wird auch der zu berücksichtigenden (Senat, Urt. v. 9. Mai 2003, V ZR 240/02, NJW-RR 2003, 1053, 1054) Interessenlage der Vertragsparteien nicht gerecht. Die LPG war nämlich rechtlich nicht in der Lage, der Schuldnerin das Eigentum am Grundstück zu verschaffen, weil die ihr bis dahin zustehende Rechtsträgerschaft an dem ehemals volkseigenen Grundstück mit dem Wirksamwerden des Beitritts durch die Umwandlung des Volkseigentums in bürgerlich-rechtliches Eigentum (Art. 233 § 2 Abs. 1 EGBGB) kraft Gesetzes entfallen war (Schmidt-Räntsch, Eigentumszuordnung, Rechtsträgerschaft und Nutzungsrechte an Grundstücken, 2. Aufl., S. 19) und ihr fortan nicht mehr ermöglichte, über das Grundstück zu verfügen. Dies war nach § 3 3. DVO z. THG der damals noch als Treuhandanstalt bezeichneten Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgabe (BvS) zugefallen, die an dem Vertrag nicht beteiligt war. Die Schuldnerin war zudem nicht durch Vormerkung gesichert und hat das Eigentum auch nicht aufgrund des Kaufvertrags, sondern, Jahre später, aufgrund des Restitutionsbescheids des Amts zur Regelung offener Vermögensfragen des Landkreises S. erworben. Bei erfolgter Aufgabe wäre das Werkstattgebäude mit dem Grundstück der BvS zugefallen. Das Gelingen des Erwerbs wäre auch hinsichtlich dieses wesentlichen Teils allein von dem Erfolg des Restitutionsverfahrens abhängig gewesen. Weshalb die Schuldnerin bei dieser Sachlage das Eigentum an dem Werkstattgebäude und damit die einzige Sicherheit und Gegenleistung hätte aufgeben sollen, erschließt sich nicht.

(2) Unabhängig hiervon scheiterte eine Aufgabe des Gebäudeeigentums der Schuldnerin, was dem Berufungsgericht entgangen ist, auch daran, dass dafür eine bloße Einigung der Kaufvertragsparteien darüber nicht ausreichte. Hierfür kann offen bleiben, ob sich die Aufgabe von nutzungsrechtlosem Gebäudeeigentum bei Abschluss des Kaufvertrags Anfang 1991 nach Mobiliar- oder nach Immobiliarsachenrecht richtete (vgl. dazu BGH, Urt. v. 5. Januar 1995, IX ZR 214/93, DtZ 1995, 169, 171). Denn zu einer wirksamen Aufgabe des Gebäudeeigentums ist es im einen wie im anderen Fall nicht gekommen.

(a) Richtete sich die Aufgabe nach Immobiliarsachenrecht, war nach § 875 BGB die Abgabe einer Aufgabeerklärung und die Löschung des Rechts im - dazu anzulegenden - Gebäudegrundbuch erforderlich. Daran fehlt es. Auch die später eingeführte Möglichkeit des Verzichts nach Art. 233 § 2b Abs. 4 i.V.m. § 4 Abs. 6 Satz 2 EGBGB haben die Beteiligten nicht genutzt. Denn dazu hätte die Erklärung, das Recht aufzugeben, notariell beurkundet und bei dem Grundbuchamt eingereicht werden müssen. Hierfür ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich.

(b) Richtete sich die Aufgabe des Gebäudeeigentums nach Mobiliarsachenrecht, war sie nur durch Dereliktion nach Maßgabe von § 959 BGB oder durch Wiederherstellung des Bestandsverbunds mit dem Grundstück zu erreichen, die entsprechend § 929 Satz 2 BGB möglich ist (Senat, BGHZ 23, 57, 59 f.; 165, 184, 188). An beidem fehlt es. Eine Dereliktion setzt außer der Absicht, das Eigentum aufzugeben, die Besitzaufgabe voraus. Die Schuldnerin hat aber im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag den Besitz an dem Werkstattgebäude nicht aufgegeben, sondern dieses im Vorgriff auf den Kaufvertrag in Besitz genommen. Die Wiederherstellung des Bestandteilverbunds mit dem Grundstück erforderte die Mitwirkung des Grundstückseigentümers. Das waren aber weder die LPG noch die Eheleute T. , von deren Zustimmung der Vertrag abhängen sollte, sondern die an dem Vertrag nicht beteiligte BvS.

cc) Das Gebäudeeigentum der Schuldnerin ist entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch nicht dadurch entfallen, dass ihr das Eigentum an dem Grundstück (offenbar aufgrund einer Abtretung ihres Rückübertragungsanspruchs durch die Eheleute T. nach § 3 Abs. 1 Satz 2 VermG) durch einen Restitutionsbescheid übertragen worden ist. Gegenstand des Restitutionsverfahrens kann hier nur das Grundstück, nicht aber das selbständige Eigentum an dem nach Entziehung des Grundstücks durch die LPG errichteten Gebäude gewesen sein. Dieses Gebäudeeigentum konnte im Restitutionsverfahren auch nicht nach § 16 Abs. 3 VermG aufgehoben werden. Es ist nicht, was § 16 Abs. 3 VermG aber voraussetzt, mit einem dinglichen Nutzungsrecht unterlegt und stünde, anders als mit einem Nutzungsrecht unterlegtes Gebäudeeigentum natürlicher Personen, einer Restitution nach § 4 Abs. 2 VermG nicht entgegen. Sein Fortbestand bleibt vielmehr nach § 16 Abs. 2 und 4 VermG von der Restitution unberührt und richtet sich allein nach dem Sachen- und dem Sachenrechtsbereinigungsrecht, das zudem für den unredlichen Erwerb in § 30 SachenRBerG eine vorrangige Sonderreglung bereithält.

dd) Die Beklagte kann sich auch nicht auf Grundsätze des Gutglaubensschutzes stützen. Zwar ist das Gebäudeeigentum der Schuldnerin bislang nicht nach Maßgabe von Art. 233 § 2c Abs. 1 EGBGB wie eine Belastung des Grundstücks in das Grundbuch für das Grundstück eingetragen. Es gilt deshalb nach Art. 231 § 5 Abs. 4 Satz 1 EGBGB gegenüber gutgläubigen Erwerbern von Belastungen an dem Grundstück als dessen Bestandteil. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Erwerb des Rechts an dem Grundstück nach dem 31. Dezember 2000 erfolgt. Daran fehlt es hier, weil die Grundschuld für die Beklagte am 21. Januar 1999 eingetragen wurde.

3. Der Kläger ist auch aktivlegitimiert. Nach dem 31. Dezember 2000 sind zwar noch weitere Grundpfandrechte an dem Grundstück eingetragen worden, bei denen die Voraussetzungen des Art. 231 § 5 Abs. 4 EGBGB gegeben sein können. Bei Entstehen der Versicherungsforderung am 4. Juli 2000 war das aber nicht der Fall. Diese steht daher der Schuldnerin und damit dem Kläger zu.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

RechtsgebieteBGB, EGBGBVorschriftenBGB § 875 BGB § 959 EGBGB Art. 233 § 2b

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