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09.08.2017 · IWW-Abrufnummer 195784

Landgericht Düsseldorf: Urteil vom 09.03.2017 – 9 O 113/16

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Tenor:

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Forderung der Dr. Stoll und Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH i.H.v. 1.605,07 für die Fertigung des Stichentscheids bezüglich des Versicherungsvertrags mit der Vers.-Nr. RS-V-11.0031.1301.3253 hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche der Klägerpartei gegenüber der Hülpert VZ GmbH und hinsichtlich der Schadensersatzansprüche gegenüber der Volkswagen AG  freizustellen.

Es wird festgestellt, dass  die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag mit der Versicherungsnummer RS-V-11.0031.1301.3253 verpflichtet ist, die Kosten der außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsverfolgung hinsichtlich der Schadensersatzansprüche gegenüber der Volkswagen AG, Wolfsburg zu tragen, die auf dem Kauf eines VW Tiguan Sport & Style, FIN WVGZZZ5NZFW048305 beruhen,

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Dieses Urteil ist hinsichtlich des Freistellungsanspruchs gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.800,00 €, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
 
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Tatbestand:
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Der Kläger unterhielt bei der Beklagten einen Rechtsschutzversicherungsvertrag. Die einschlägigen Versicherungsbedingungen – ARB 2013 – 3.2013 – sind als Anlage K 17 vorgelegt worden.
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Der Kläger erwarb unter dem 27.2.2014 einen VW Tiguan Sport & Style 4 Motion  BM Techn. 2,0 TDI, 130 KW als Neuwagen bei der Hülpert VZ GmbH für brutto 37.214,64 €. Das Fahrzeug war mit dem Motoraggregat EA 189 ausgestattet und ist von dem VW-Abgasskandal betroffen.
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Die Prozessbevollmächtigten des Klägers ersuchten die Beklagte unter dem 4.11.2015  (Anlage K4) um Zusage von Deckungsschutz: Der Kläger habe einen Pkw aus dem VW-Konzern erworben. Das Fahrzeug sei von dem VW-Skandal betroffen. Der Kläger begehre die Geltendmachung gesetzlicher Gewährleistungsrechte sowie Schadensersatz. Gewährleistungsansprüche bestünden gegenüber dem Händler, der sich zudem eine arglistige Täuschung durch VW zurechnen lassen müsse. Darüber hinaus bestünden Schadensersatzansprüche gegen den Hersteller.
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Mit Schreiben vom 19.11.2015 (Anlage K5) lehnte die Beklagte mit Hinweis auf fehlende Erfolgsaussichten Deckungsschutz ab. Sie wies auf die Möglichkeit eines Schiedsgutachterverfahrens oder eines Stichentscheids  hin und führte dazu wie folgt aus: „Nur soweit unsere Ablehnung auf fehlenden Erfolgsaussichten beruht, weisen wir unseren Kunden der Ordnung halber darauf hin, dass er, falls er unserer Auffassung nicht zustimmt, das Recht hat, innerhalb eines Monats die Einleitung eines Schiedsgutachtenverfahrens zu verlangen oder einen für ihn tätigen Rechtsanwalt zu veranlassen, eine begründete Stellungnahme darüber abzugeben, dass die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen hinreichende Aussicht auf Erfolg hat“.
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Unter dem 7.12.2015 fertigten die Prozessbevollmächtigten des Klägers ein von ihnen als „Stichentscheid“ gekennzeichnetes Schriftstück. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K6 verwiesen. Mit Schreiben vom 23.12.2015 (Anlage K 7) bestätigte die Beklagte den Erhalt und wies auf nach ihrer Ansicht vorliegende Unstimmigkeiten hin. Mit Schreiben vom 7.1.2016 (Anl. 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 29.05.2016) baten die Prozessbevollmächtigten um Deckungszusage für die gerichtliche Durchsetzung.
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Die Beklagte erteilte auch insoweit keinen Deckungsschutz.
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Der Kläger vertritt die Ansicht, dass die Voraussetzungen der Fiktion nach § 128 Abs. 3 VVG erfüllt seien. Zudem sei die Rechtsverfolgung nicht mutwillig und bestünden hinreichende Erfolgsaussichten.
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Diesbezüglich bezieht er sich auf die Rechtsprechung der Instanzgerichte, welche von dem Abgasskandal betroffenen Käufern Ansprüche sowohl gegen die Händler als auch gegen den Hersteller selbst zuerkannt hätten.
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Der Kläger hat beantragt,
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1.)    festzustellen, dass, die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag mit der Versicherungsnummer RS-V-11.0031.1301.3253 verpflichtet ist, die Kosten der außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsverfolgung hinsichtlich der Gewährleistungsrechte, insbesondere der Rückabwicklung des Kaufvertrages und Schadensersatzansprüche des Klägers gegenüber der Hülpert VZ GmbH, Planetenfeldstraße 87, 44379 Dortmund sowie Schadensersatzansprüche gegenüber der Volkswagen AG, Wolfsburg zu tragen, die auf dem Kauf eines VW Tiguan Sport & Style, FIN WVGZZZ5NZFW048305 beruhen,
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2.)    die Beklagte zu verurteilen, ihn von den Kosten i.H.v. 1.605,07 freizustellen, die durch die Fertigung des Stichentscheids bezüglich des Versicherungsvertrags mit der Vers.-Nr. RS-V-11.0031.1301.3253 hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche der Klägerpartei gegenüber der Hülpert VZ GmbH und hinsichtlich der Schadensersatzansprüche gegenüber der Volkswagen AG durch die Dr. Stoll und Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH entstanden sind.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Parteien haben den Klageantrag zu 1 nach Erteilung einer Deckungszusage der Beklagten für das Vorgehen gegen den Händler in der mündlichen Verhandlung am 2.2.2017 teilweise übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt.
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Der Kläger beantragt nunmehr noch,
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1.)    festzustellen, dass, die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag mit der Versicherungsnummer RS-V-11.0031.1301.3253 verpflichtet ist, die Kosten der außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsverfolgung hinsichtlich der Schadensersatzansprüche gegenüber der Volkswagen AG, Wolfsburg zu tragen, die auf dem Kauf eines VW Tiguan Sport & Style, FIN WVGZZZ5NZFW048305 beruhen,
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2.)    die Beklagte zu verurteilen, ihn von den Kosten i.H.v. 1.605,07 freizustellen, die durch die Fertigung des Stichentscheids bezüglich des Versicherungsvertrags mit der Vers.-Nr. RS-V-11.0031.1301.3253 hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche der Klägerpartei gegenüber der Hülpert VZ GmbH und hinsichtlich der Schadensersatzansprüche gegenüber der Volkswagen AG durch die Dr. Stoll und Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH entstanden sind.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie bestreitet die ordnungsgemäße Bevollmächtigung der Prozessbevollmächtigten des Klägers. Sie meint, dass außergerichtliche Kosten nicht mehr im Wege der Feststellungsklage geltend gemacht werden könnten. Dazu behauptet sie, dass der Kläger Klageauftrag erteilt habe. Dementsprechend, so meint sie, sei die außergerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten beendet. Sie hält die Klageanträge für nicht hinreichend bestimmt. Insbesondere sei nicht ersichtlich, welche konkreten Kosten sie, die Beklagte, übernehmen solle. Sie behauptet, dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers diesem kostenfreie außergerichtliche Vertretung zugesichert hätten. Aufgrund des Gebührenverzichts könne sie nicht zur Übernahme außergerichtlicher Anwaltsgebühren verpflichtet sein. Eine individuelle und einzelfallbezogene rechtsanwaltliche Interessenwahrnehmung sei nicht erkennbar. Vielmehr verträten die Prozessbevollmächtigten mehrere 1000 Mandanten in Sachen „VW-Abgasskandal“. Sie behauptet, dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht über die Verjährungsfristen von Gewährleistungsrechten, Beweisschwierigkeiten einer individuellen Zurechnung aufgrund der Informationslage sowie der konkreten Schadensberechnung beraten hätten. Sie meinen, ein Stichentscheid liege tatsächlich nicht vor, da das entsprechende Schriftstück keinen Bezug zu dem hier zu beurteilenden Einzelfall aufweise.
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Sie meinen, dass die von dem Kläger beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg habe und darüber hinaus mutwillig sei. Der Sachverhalt sei unsubstantiiert und lasse einen konkreten Einzelfall nicht erkennen. Insbesondere liege kein Anhaltspunkt oder tatsächlicher Umstand dafür vor, dass die Verkäuferin zum Zeitpunkt des Kaufvertrags oder zum Zeitpunkt der Übergabe Kenntnisse von der aufgespielten Software gehabt habe. Handlungen Dritter könnten der Verkäuferin nicht zugerechnet werden. Ohnehin existiere ein mangelfreies Fahrzeug aus der gekauften Gattung nicht. Die beabsichtigte Klage gegen die Volkswagen AG laufe auf Vermutungen und Behauptungen ins Blaue hinaus. Insbesondere seien die Voraussetzungen der erwogenen deliktischen Anspruchsgrundlagen nicht hinreichend individuell ausgeführt. Zudem verstoße der Kläger gegen die Obliegenheit zur Kostenminderung nach § 82 VVG. Dem Kläger sei ein Zuwarten bzw. Abwarten auf das Ergebnis der Nachbesserung zumutbar.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst den diesen beigefügten Anlagen verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist, soweit nach der Teilerledigung noch über sie zu entscheiden ist, zulässig und begründet.
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Der verbliebene Klageantrag zu 1 ist gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bestimmt. Ein Klageantrag ist allgemein dann hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf die beklagte Partei abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt (BGH NJW 1999, 954). Im Falle der Feststellungsklage muss der Klageantrag aufgrund der gestaltenden Wirkung des Urteils das festzustellende Rechtsverhältnis bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 ZPO bezeichnen, sodass Umfang der Rechtshängigkeit und späteren Rechtskraft feststeht (Greger in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 256 ZPO Rn. 15 m.w.N.; BGH NJW-RR 2009, 114, 116). Dies trifft auf die hier gestellten Klageanträge zumindest in der zuletzt gestellten Form zu.
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Der Klageantrag zu 1 ist auf die Feststellung konkreter Ansprüche gegen die Beklagte und damit eines Rechtsverhältnisses i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet. Eine genaue Bezifferung der Kosten, welche die Beklagte übernehmen soll, ist nicht erforderlich. Die Angabe der Vertragsgrundlage sowie die Angabe, dass es sich um Gewährleistungsrechte, insbesondere um Rückabwicklungs- und Schadensersatzansprüche im Hinblick auf den Kaufvertrag des mit Fahrzeugidentifikationsnummer benannten Fahrzeugs handelt, ist insbesondere unter dem Aspekt ausreichend, dass zur streitgegenstandsbestimmenden Auslegung des Antrags auch der Sachvortrag des Klägers heranzuziehen ist (vgl. BGH NJW 2001, 445, 447; BGH NJW 1987, 3003). Zudem wurden im Hinblick auf etwaige Ansprüche auch die Anspruchsgegner, namentlich die Volkswagen AG, benannt.
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Der verbliebene Klageantrag zu 1 zudem begründet.
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Soweit das beabsichtigte Vorgehen gegen die Volkswagen AG betroffen ist, hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Deckungsschutz aus  § 125 VVG i.V.m. dem Rechtsschutzversicherungsvertrag ausgestaltet durch die zugehörigen ARB. Hiernach ist der Versicherer bei einer Rechtschutzversicherung verpflichtet, die für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen des Versicherungsnehmers erforderlichen Leistungen im vereinbarten Umfang zu erbringen.
31

Der streitgegenständliche Sachverhalt in Form der Geltendmachung von Rückabwicklungs-, Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüchen anlässlich des Erwerbs eines Fahrzeugs ist grundsätzlich i.R.d. zugrundeliegenden Rechtsschutzversicherungsvertrags gem. § 2 d) i.V.m. § 5 ARB 2013 – 3.2013 versichert. Insbesondere ist unstreitig, dass der Kläger von dem Autohaus in versicherter Zeit ein von dem Abgasskandal betroffenes Fahrzeug erworben hat. Unstreitig ist ferner die Betroffenheit des Fahrzeugs mit der angegebenen Fahrzeugidentifkationsnummer von dem Abgasskandal.
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Die Beklagte kann ihre Leistungspflicht nicht deshalb verneinen, weil die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig ist (§ 128 S. 1 VVG 10).
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Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers gilt nach § 128 S. 3 VVG als anerkannt, weil kein zutreffender Hinweis nach § 128 S. 2 VVG erfolgte. Nach § 128 S. 3 VVG gilt das Rechtsschutzbedürfnis des Versicherungsnehmers als anerkannt, wenn der Versicherungsvertrag kein Verfahren i.S.d. § 128 VVG vorsieht oder der Versicherer einen Hinweis nach § 128 S. 2 VVG unterlässt. Gleiches muss gelten, wenn zwar ein Hinweis erfolgt, dieser aber fehlerhaft ist (OLG Dresden VersR 2013, 450).
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Die Beklagte hat dem Kläger im Schreiben vom 19.11.2015 zwar einen Hinweis im Sinne des § 128 S. 2 VVG erteilt, dieser war jedoch fehlerhaft.
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Zum einen sieht der Hinweis der Beklagten entgegen § 128 S. 2 VVG eine Monatsfrist vor. Das VVG sieht an dieser Stelle keine zeitliche Beschränkung für das Überprüfungsverfahren vor (vgl. Rixecker, in: Römer/Langheid, VVG, 5. Aufl. 2016, § 128 Rn. 6). Nach § 129 VVG kann von § 128 VVG nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden. In der von der Beklagten im Ablehnungsschreiben gesetzten Monatsfrist liegt ein nicht unerheblicher Nachteil für den Kläger. Ob sich die Beklagte letztlich auf die Einhaltung der Monatsfrist beruft, ist für die Beurteilung des Hinweises unerheblich. Insofern ist zu beachten, dass es für den Versicherungsnehmer nicht vorherzusehen ist, ob sich der Versicherer auf die Frist berufen wird oder nicht.
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Zum anderen bezieht sich der Hinweis ausdrücklich nur auf die Ablehnung aufgrund fehlender Erfolgsaussichten. Ein Hinweis wegen Ablehnung der Versicherungsleistung aufgrund von Mutwilligkeit fehlt, obwohl sich die Beklagte zumindest konkludent auf Mutwilligkeit beruft. So beruft sich die Beklagte in dem Ablehnungsschreiben, wenn auch nur vorsorglich, auf die Verursachung unnötiger Kosten vor dem Hintergrund der Kostenminderungsobliegenheit des Versicherungsnehmers nach § 17 Abs. 5 c) cc) ARB bzw. § 82 VVG. Die Verursachung unnötiger Kosten stellt im Ergebnis aber einen Fall der Mutwilligkeit dar. Denn Mutwilligkeit wird angenommen, wenn ein grobes Missverhältnis zwischen dem angestrebten rechtlichen Erfolg und dem entstehenden Kostenaufwand besteht (vgl. Rixecker, in: Römer/Langheid, VVG, 5. Aufl. 2016, § 128 Rn. 3; ähnl. Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, § 1 ARB 2010 Rn. 14). Fragen der Kostenintensität und Zweckmäßigkeit der Rechtsverfolgung stellen Teilaspekte der Mutwilligkeit dar (LG Düsseldorf, Urteil v. 18.06.2009 – 11 O 509/08 –, juris). Der Kläger konnte diesen Hinweis der Beklagten in dem Ablehnungsschreiben nur so verstehen, dass die Beklagte die Auffassung vertritt, die durch das angestrebte Vorgehen verursachten Kosten würden außer Verhältnis zu dem realistischen Erfolg stehen, zumal die Betroffenheit des klägerischen Pkw vom sog. VW-Abgasskandal nach ihrer Einschätzung keinen erheblichen Mangel darstellen würde.
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Die Hinweispflicht gilt auch dann, wenn der Rechtsanwalt des Versicherungsnehmers die Möglichkeit eines solchen Verfahrens kennt (BGH NJW 2014, 1813; BGH ZfS 2016, 38; Rixecker, in: Römer/Langheid, VVG, 5. Aufl. 2016, § 128 Rn. 5; Paffenholz, in: Looschelders/Pohlmann, VVG, 3. Aufl. 2016, § 128 Rn. 12; a.A. Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, § 128 Rn. 5). Der Wortlaut des § 128 S. 2 VVG sieht eine Einschränkung der Hinweispflicht aus subjektiven Gründen nicht vor; auch § 128 S. 3 VVG knüpft die Fiktion der Anerkennung an rein objektive Kriterien (BGH NJW 2014, 1813, 1815). Der Kläger musste unabhängig von einer etwaigen Kenntnis der Verfahrensbevollmächtigten davon ausgehen, dass die Durchführung eines Schiedsverfahrens oder Erstellung eines Stichentscheids für sein Begehren nicht erfolgversprechend sei, da, selbst wenn im Rahmen eines Stichentscheids die fehlende Erfolgsaussicht des Begehrens verneint würde, dem Rechtschutzbegehren nach wie vor die – nach Mitteilung der Beklagten im Stichentscheidverfahren nicht zu berücksichtigende – Mutwilligkeit entgegenstünde.
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Zudem bestehen für die beabsichtigte Rechtsverfolgung gegen die VW-AG hinreichende Aussichten auf Erfolg. Der Versicherer ist aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrag zur Gewährung von Rechtsschutz hinsichtlich der für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers erforderlichen Leistungen verpflichtet. Leistungen sind erforderlich, wenn sie sich auf eine objektiv notwendige Interessenwahrnehmung beziehen (BGH, Urteil vom 04. Mai 2005, Az.: IV ZR 135/04, juris). Hierbei muss die Interessenwahrnehmung hinreichende Aussicht auf Erfolg haben. Dies bemisst sich nach den zu § 114 ZPO entwickelten Grundsätzen. Der Standpunkt des Versicherungsnehmers muss nach den von ihm aufgestellten Behauptungen und den ihm bekannten Einwendungen des Gegners zumindest vertretbar sein. Hat sich noch keine herrschende Meinung gebildet, so ist großzügig zu verfahren, sofern es nicht um Fragen geht, die wegen ihrer Selbstverständlichkeit gar nicht diskutiert werden.  Es muss zudem als möglich erscheinen, dass der Versicherungsnehmer den Beweis der von ihm zu beweisenden Tatsachen mit Hilfe zulässiger und geeigneter Beweismittel zu führen vermag. Eine Beurteilung der Beweischancen durch antizipierte Beweiswürdigung darf jedoch bei der Prüfung der Erfolgsaussichten grundsätzlich nicht stattfinden (vgl. Prölss/Martin/Armbrüster, 29. Aufl. 2015, ARB 2010 § 1 Rn. 1 ff). Es darf nicht nur eine entfernte, sondern es muss eine zumindest gleich große Wahrscheinlichkeit des positiven Ausgangs des Rechtsstreits für den Versicherungsnehmer bestehen.
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Der Abgasskandal, von dem unzählige Fahrzeuge betroffen sind, wirft diverse schwierige Tatsachen- und Rechtsfragen auf, die bislang in der Rechtsprechung nicht geklärt sind. Für einen derartigen Fall gilt, dass es verfassungsrechtlich unzulässig ist, schwierige und nicht geklärte Rechtsfragen im PKH-Verfahren durchzuentscheiden (OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016, Az.: 7 W 26/16).
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Es besteht wegen der beabsichtigten Rechtsverfolgung gegen die VW-AG eine zumindest gleich große Wahrscheinlichkeit für einen positiven wie negativen Ausgang für die klagende Partei. Es ist ohne weiteres jedenfalls vertretbar, anzunehmen, dass der klagenden Partei Schadensersatzansprüche gegen die Volkswagen AG zustehen.
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Es besteht die zumindest gleich große Wahrscheinlichkeit für einen positiven Ausgang des Vorgehens gegen die VW-AG aus § 826 BGB wie für einen negativen Ausgang. Der Anspruch aus § 826 BGB setzt voraus, dass die VW AG der klagenden Partei in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich einen Schaden zugefügt hat, indem sie wissentlich manipulierte Software in ihre Fahrzeuge einbaute und diese in den Verkehr brachte. Einen Schaden im Sinne von § 826 BGB bedeutet jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses oder Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung, gleichgültig, ob vermögensrechtlicher oder nicht vermögensrechtlicher Art (Palandt/Sprau, 75. Aufl. 2016, § 826 Rn. 3). Es besteht jedenfalls eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass Fahrzeuge mit der manipulierten Software an Marktwert einbüßen und nur zu (ggf. wesentlich) geringeren Preisen verkäuflich sind als vergleichbare Fahrzeuge, die nicht betroffen sind (LG Köln, Urteil vom 22.06.2016, Az.: 20 O 62/16). Jüngst erging hierzu auch ein Urteil des Landgerichts Hildesheim gegen die VW-AG. Hierin bejaht das LG Hildesheim einen Anspruch der dort klagenden Partei aus § 826 BGB. Durch diese Manipulation habe die VW-AG dem dortigen Kläger in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Art und Weise einen Schaden zugefügt und darüber hinaus den Tatbestand des Betruges verwirklicht: Kein verständiger Kunde würde ein Fahrzeug mit einer nicht gesetzeskonformen Motorsteuerungssoftware erwerben - der Kläger habe nicht das bekommen, was ihm aus dem Kaufvertrag zustand, nämlich ein technisch einwandfreies, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes Fahrzeug. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte müsse davon ausgegangen werden, dass die Beklagte die Softwaremanipulation vorsätzlich vorgenommen habe (LG Hildesheim Urteil vom 17.01.2017,  Az. 3 O 139/16, Pressemitteilung LG Hildesheim)
42

Der Anspruch auf Gewährung von Rechtsschutzdeckung ist auch nicht wegen Verstoßes gegen eine vertraglich vereinbarte Obliegenheit ausgeschlossen. Soweit die Beklagte meint, der Kläger verursache durch das beabsichtigte Vorgehen unverhältnismäßig hohe Kosten, ist dem zu entgegnen, dass gegenwärtig gerade nicht ausgeschlossen ist, dass nach den vorstehenden Ausführungen die letztlich verfolgten Ansprüche auf Nachlieferung bzw. Schadensersatz tatsächlich in Betracht kommen. Die Gründe hierfür wurden bereits dargelegt.
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Ob die Prozessbevollmächtigen des Klägers diesem, wie von der Beklagten behauptet, kostenlose Vertretung zugesagt haben und deshalb kein Honoraranspruch besteht, ist im Mandatsverhältnis zu prüfen. Diese Frage ist nicht Gegenstand der Klage auf Feststellung des Anspruchs auf Deckungsschutz.
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Der Klageantrag zu 2 ist ebenfalls erfolgreich.
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Der Kläger hat den mit der Klage verfolgten Anspruch auf Befreiung von Kosten, welche die Prozessbevollmächtigten für die Fertigung des von ihnen als „Stichentscheid“ bezeichnete Schriftstück geltend machen. Dies folgt aus § 3a Abs. 3 der im hiesigen Streitfall vereinbarten ARB. Eine Umwandlung des Befreiungs- in einen Zahlungsanspruch hat nicht stattgefunden, da der Kläger seine Prozessbevollmächtigten bislang nicht bezahlt hat.
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Der Anspruch aus der Rechtsschutzversicherung ist nach gefestigter Rechtsprechung des BGH auf die Befreiung von den bei der Wahrung der rechtlichen Interessen entstehenden Kosten gerichtet (BGH, Urteil vom 16. Juli 2014 Az.: IV ZR 88/13, m.w.N). Der Versicherer verspricht, den Versicherungsnehmer vor konkreten Vermögensnachteilen zu schützen, so dass dieser im Rechtsschutzfall nicht mit Kosten belastet wird. Diese Kosten bilden den Schaden, dessen Deckung der Rechtsschutzversicherer vertraglich übernommen hat (BGH, Urteil vom 14. April 1999, Az.: IV ZR 197/98, VersR 1999, 706 unter 2 c, m.w.N) und von denen der Versicherer den Versicherungsnehmer nach den Regelungen der ARB freizustellen hat. Für die Kosten des Stichentscheids, deren Übernahme die Beklagte versprochen hat, gilt nichts anderes.
47

Eine vertraglich zugesagte Freistellungsverpflichtung umfasst nach allgemeinen Regeln auch die Berechtigung und die Verpflichtung des Versicherers, den Versicherungsnehmer von unbegründeten Ansprüchen freizustellen. Es handelt sich dabei um einen allgemeinen Grundsatz vertraglicher Freistellungsansprüche. Dies gilt auch für die Rechtsschutzversicherung (Wendt, r+s 2012, 209, 212).
48

Der Versicherer kann diesen Befreiungsanspruch hinsichtlich der von ihm zu tragenden gesetzlichen Vergütung eines Rechtsanwalts auch dadurch erfüllen, dass er dem Versicherungsnehmer Kostenschutz für einen etwaigen Gebührenprozess zwischen dem Versicherungsnehmer und seinem Prozessbevollmächtigten zusagt.  Denn auf welche Art und Weise der Versicherer den Kostenbefreiungsanspruch erfüllt, richtet sich nach den allgemein für einen Freistellungsanspruch geltenden Regeln. Weder die ARB noch das Gesetz enthalten vorrangige Bestimmungen. Es stimmt zudem mit der in der Rechtsschutzversicherung angelegten Trennung zwischen Versicherungsvertrag und Mandatsverhältnis überein und benachteiligt den Versicherungsnehmer nicht unangemessen (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2015, Az.: IV ZR 266/14, juris). Sich widersprechende Gerichtsentscheidungen im Mandats- und dem Versicherungsverhältnis zur Auftragserteilung und zur Qualität der vom Kläger in Auftrag gegebenen Stellungnahme als Stichentscheid müssen vermieden werden, da sonst die Gefahr besteht, dass im Versicherungsverhältnis vom zur Entscheidung berufenen Gericht das Vorliegen eines zu bezahlenden Stichentscheids verneint wird, der Versicherungsnehmer aber im Rechtsstreit über den Gebührenanspruch des Anwalts zur Zahlung des vom Anwalt für die Erstellung des Stichentscheids geltend gemachten Gebührenanspruchs verurteilt wird und damit letztlich entgegen der versicherungsvertraglichen Regelung die Kosten des Stichentscheids zu tragen hätte.
49

Es kann dem entsprechend für die Beurteilung des vorliegenden Falles dahin stehen, ob der Kläger seine Prozessbevollmächtigten mit der Erstellung eines Stichentscheids rechtsverbindlich beauftragt hat oder ob der streitgegenständliche Stichentscheid bindend war, denn die Frage, ob und in welcher Höhe die vom Versicherer zu tragende gesetzliche Vergütung des Rechtsanwalts entstanden ist und ob dem Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts Einreden entgegenstehen, etwa die, dass auftragswidrig ein bindender Stichentscheid nicht gefertigt wurde, richtet sich nicht nach dem Rechtsverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer, sondern ausschließlich nach dem Mandatsverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Versicherungsnehmer. Über die Höhe der gesetzlichen Vergütung eines für den Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwalts kann deshalb verbindlich nur im Verhältnis zwischen Anwalt und Versicherungsnehmer entschieden werden (BGH, Urteil vom 21.10.2015, Az.: IV ZR 266/14, NJW 2016, 61).
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Der Freistellungsanspruch ist auch fällig.
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Dem steht nicht entgegen, dass sich nicht feststellen lässt, dass der Kläger bislang von den Prozessbevollmächtigten auf Zahlung der Gebühr für den Stichentscheid durch Übersendung einer Berechnung nach § 10 RVG in Anspruch genommen wurde, denn die Inanspruchnahme ist nicht Voraussetzung der Fälligkeit des Freistellungsanspruchs (so aber Bauer, NJW 2015, 1329, 1331).
52

Nach § 257 BGB kann die Befreiung jedenfalls mit Fälligkeit der Verbindlichkeit verlangt werden. Fälligkeit des Vergütungsanspruchs ist nach § 8 RVG mit der Erledigung der Angelegenheit, also der Fertigung des Stichentscheids eingetreten. Nach § 10 RVG richtet sich nur die Einforderbarkeit des Honorars.
53

Zur Vermeidung des Eindrucks, die Kammer gehe vom Vorliegen eines verbindlichen Stichentscheids aus, hat sie in Abweichung vom Klageantrag zur Klarstellung den Urteilsausspruch redaktionell modifiziert.
54

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 91a ZPO.
55

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits auch insoweit zu tragen, als die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache – teilweise –  für erledigt erklärt haben, denn dies entspricht billigem Ermessen unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstands zum Zeitpunkt der Erledigung.
56

Zum einen hat sich die Beklagte durch die Erteilung von Deckungsschutz für das Vorgehen gegen den Händler in die Rolle der unterlegenen Partei begeben. Zum anderen war der Klageantrag zu 1 auch insoweit zulässig und begründet.
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Auch hier gilt folgendes:
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Die Prozessbevollmächtigten des Klägers haben die von der Beklagten in Abrede gestellte Prozessvollmacht durch die Vorlage der Anlagen K1, K 18, K 19 nachgewiesen. Dort hat der Kläger den Prozessbevollmächtigten „Klageauftrag“ erteilt.
59

Der Klageantrag zu 1  war auch, soweit das Vorgehen gegen den Händler betroffen ist, gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bestimmt. Auch die weiteren Voraussetzungen der Zulässigkeit waren erfüllt. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
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Der Klageantrag zu 1 war zudem auch hinsichtlich des Vorgehens gegen den Händler begründet.
61

Der Kläger hatte auch insoweit gegen die Beklagte einen Anspruch auf Deckungsschutz aus dem § 125 VVG i.V.m. dem Rechtsschutzversicherungsvertrag ausgestaltet durch die zugehörigen ARB. Hiernach ist der Versicherer bei einer Rechtschutzversicherung verpflichtet, die für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen des Versicherungsnehmers erforderlichen Leistungen im vereinbarten Umfang zu erbringen.
62

Der streitgegenständliche Sachverhalt in Form der Geltendmachung von Rückabwicklungs-, Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüchen anlässlich des Erwerbs eines Fahrzeugs ist grundsätzlich i.R.d. zugrundeliegenden Rechtsschutzversicherungsvertrags gem. § 2 d) i.V.m. § 5 ARB 2013 – 3.2013 versichert. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen.
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Die Beklagte konnte ihre Leistungspflicht nicht deshalb verneinen, weil die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig ist (§ 128 S. 1 VVG).
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Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers gilt nach § 128 S. 3 VVG als anerkannt, weil kein zutreffender Hinweis nach § 128 S. 2 VVG erfolgte. Nach § 128 S. 3 VVG gilt das Rechtsschutzbedürfnis des Versicherungsnehmers als anerkannt, wenn der Versicherungsvertrag kein Verfahren i.S.d. § 128 VVG vorsieht oder der Versicherer einen Hinweis nach § 128 S. 2 VVG unterlässt. Gleiches muss gelten, wenn zwar ein Hinweis erfolgt, dieser aber fehlerhaft ist (OLG Dresden VersR 2013, 450).
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Die Beklagte hat dem Kläger im Schreiben vom 19.11.2015 zwar einen Hinweis im Sinne des § 128 S. 2 VVG erteilt, dieser war jedoch fehlerhaft.
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Zum einen sieht der Hinweis der Beklagten entgegen § 128 S. 2 VVG eine Monatsfrist vor. Das VVG sieht an dieser Stelle keine zeitliche Beschränkung für das Überprüfungsverfahren vor (vgl. Rixecker, in: Römer/Langheid, VVG, 5. Aufl. 2016, § 128 Rn. 6). Nach § 129 VVG kann von § 128 VVG nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden. In der von der Beklagten im Ablehnungsschreiben gesetzten Monatsfrist liegt ein nicht unerheblicher Nachteil für den Kläger. Ob sich die Beklagte letztlich auf die Einhaltung der Monatsfrist beruft, ist für die Beurteilung des Hinweises unerheblich. Insofern ist zu beachten, dass es für den Versicherungsnehmer nicht vorherzusehen ist, ob sich der Versicherer auf die Frist berufen wird oder nicht.
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Zum anderen bezieht sich der Hinweis ausdrücklich nur auf die Ablehnung aufgrund fehlender Erfolgsaussichten. Ein Hinweis wegen Ablehnung der Versicherungsleistung aufgrund von Mutwilligkeit fehlt, obwohl sich die Beklagte zumindest konkludent auf Mutwilligkeit beruft. So beruft sich die Beklagte in dem Ablehnungsschreiben, wenn auch nur vorsorglich, auf die Verursachung unnötiger Kosten vor dem Hintergrund der Kostenminderungsobliegenheit des Versicherungsnehmers nach § 17 Abs. 5 c) cc) ARB bzw. § 82 VVG. Die Verursachung unnötiger Kosten stellt im Ergebnis aber einen Fall der Mutwilligkeit dar. Denn Mutwilligkeit wird angenommen, wenn ein grobes Missverhältnis zwischen dem angestrebten rechtlichen Erfolg und dem entstehenden Kostenaufwand besteht (vgl. Rixecker, in: Römer/Langheid, VVG, 5. Aufl. 2016, § 128 Rn. 3; ähnl. Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, § 1 ARB 2010 Rn. 14). Fragen der Kostenintensität und Zweckmäßigkeit der Rechtsverfolgung stellen Teilaspekte der Mutwilligkeit dar (LG Düsseldorf, Urteil v. 18.06.2009 – 11 O 509/08 –, juris). Der Kläger konnte diesen Hinweis der Beklagten in dem Ablehnungsschreiben nur so verstehen, dass die Beklagte die Auffassung vertritt, die durch das angestrebte Vorgehen verursachten Kosten würden außer Verhältnis zu dem realistischen Erfolg stehen, zumal die Betroffenheit des klägerischen Pkw vom sog. VW-Abgasskandal nach ihrer Einschätzung keinen erheblichen Mangel darstellen würde.
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Die Hinweispflicht gilt auch dann, wenn der Rechtsanwalt des Versicherungsnehmers die Möglichkeit eines solchen Verfahrens kennt (BGH NJW 2014, 1813; BGH ZfS 2016, 38; Rixecker, in: Römer/Langheid, VVG, 5. Aufl. 2016, § 128 Rn. 5; Paffenholz, in: Looschelders/Pohlmann, VVG, 3. Aufl. 2016, § 128 Rn. 12; a.A. Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, § 128 Rn. 5). Der Wortlaut des § 128 S. 2 VVG sieht eine Einschränkung der Hinweispflicht aus subjektiven Gründen nicht vor; auch § 128 S. 3 VVG knüpft die Fiktion der Anerkennung an rein objektive Kriterien (BGH NJW 2014, 1813, 1815). Der Kläger musste unabhängig von einer etwaigen Kenntnis der Verfahrensbevollmächtigten davon ausgehen, dass die Durchführung eines Schiedsverfahrens oder Erstellung eines Stichentscheids für sein Begehren nicht erfolgversprechend sei, da, selbst wenn im Rahmen eines Stichentscheids die fehlende Erfolgsaussicht des Begehrens verneint würde, dem Rechtschutzbegehren nach wie vor die – nach Mitteilung der Beklagten im Stichentscheidverfahren nicht zu berücksichtigende – Mutwilligkeit entgegenstünde.
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Zudem bestehen für die beabsichtigte Rechtsverfolgung gegen den Händler hinreichende Aussichten auf Erfolg. Der Versicherer ist aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrag zur Gewährung von Rechtsschutz hinsichtlich der für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers erforderlichen Leistungen verpflichtet. Leistungen sind erforderlich, wenn sie sich auf eine objektiv notwendige Interessenwahrnehmung beziehen (BGH, Urteil vom 04. Mai 2005, Az.: IV ZR 135/04, juris). Hierbei muss die Interessenwahrnehmung hinreichende Aussicht auf Erfolg haben. Dies bemisst sich nach den zu § 114 ZPO entwickelten Grundsätzen. Der Standpunkt des Versicherungsnehmers muss nach den von ihm aufgestellten Behauptungen und den ihm bekannten Einwendungen des Gegners zumindest vertretbar sein. Hat sich noch keine h. M. gebildet, so ist großzügig zu verfahren, sofern es nicht um Fragen geht, die wegen ihrer Selbstverständlichkeit gar nicht diskutiert werden.  Es muss zudem als möglich erscheinen, dass der Versicherungsnehmer den Beweis der von ihm zu beweisenden Tatsachen mit Hilfe zulässiger und geeigneter Beweismittel zu führen vermag. Eine Beurteilung der Beweischancen durch antizipierte Beweiswürdigung darf jedoch bei der Prüfung der Erfolgsaussichten grundsätzlich nicht stattfinden (vgl. Prölss/Martin/Armbrüster, 29. Aufl. 2015, ARB 2010 § 1 Rn. 1 ff). Es darf nicht nur eine entfernte, sondern es muss eine zumindest gleich große Wahrscheinlichkeit des positiven Ausgangs des Rechtsstreits für den Versicherungsnehmer bestehen.
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Der Abgasskandal, von dem unzählige Fahrzeuge betroffen sind, wirft – wie bereits ausgeführt –  diverse schwierige Tatsachen- und Rechtsfragen auf, die bislang in der Rechtsprechung nicht geklärt sind. Für einen derartigen Fall gilt, dass es verfassungsrechtlich unzulässig ist, schwierige und nicht geklärte Rechtsfragen im PKH-Verfahren durchzuentscheiden (OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016, Az.: 7 W 26/16).
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Es besteht wegen der beabsichtigten Rechtsverfolgung auch gegen den Händler eine zumindest gleich große Wahrscheinlichkeit für einen positiven wie negativen Ausgang für die klagende Partei. Es ist ohne weiteres jedenfalls vertretbar, anzunehmen, dass der klagenden Partei Gewährleistungsrechte und/oder Schadensersatzansprüche gegen den Händler zustehen.
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Hinsichtlich der Gewährleistungsrechte gegenüber dem Händler gilt Folgendes: Ein Anspruch des Klägers gegen den Händler wegen des Rücktritts vom Kaufvertrag (§§ 434, 437, 440, 323 BGB) ist jedenfalls ebenso wahrscheinlich, wie eine klageabweisende Entscheidung. Dass der Mangel im Rahmen einer Rückrufaktion durch ein Softwareupdate oder ähnliche geringfügige Eingriffe endgültig behoben werden kann, ist nicht sicher. Dabei kann es auch dahinstehen, ob die Nachbesserungskosten nur den am Fahrzeug vorzunehmenden Nachbesserungsaufwand umfassen oder auch die vorangegangene Entwicklung einer neuen Software. Es ist jedenfalls offen, ob die geplanten Maßnahmen ausreichen, um das Fahrzeug in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen. Zwar mag es sein, dass durch die geänderte Software oder ähnliche Eingriffe der manipulative Charakter der bisherigen Software beseitigt wird. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass damit andere Nachteile verbunden sind, wie zum Beispiel ständig überhöhte Abgaswerte, Leistungsverlust, Mehrverbrauch oder erhöhter Verschleiß. Daneben kann es sein, dass betroffene Fahrzeuge auch nach der Rückrufaktion in den Augen der Marktteilnehmer einen Makel behalten und damit zum Beispiel beim Verkauf im Wert gemindert sind. Es erscheint auch nicht zumutbar, die zeitlich sowieso weiträumig geplanten Rückrufaktionen abzuwarten und zu sehen, ob die klagende Partei danach über ein ordnungsgemäßes Fahrzeug verfügt. Jedenfalls wurde das Vorliegen eines erheblichen Sachmangels durch einige Instanzgerichte bereits bejaht (exemplarisch LG München I, Urteil vom 14. April 2016, Az.: 23 O 23033/15, juris). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es sich nicht nur um einen einfachen Herstellungsfehler handelt, sondern um eine bewusst auf Manipulation ausgerichtete und programmierte Software, die Abgaswerte vortäuschen sollte, die tatsächlich nicht zu erreichen waren (LG Detmold, Urteil vom 11. August 2016, Az.: 9 O 51/16, juris).
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Soweit sich die Beklagte diesbezüglich auf einzelne gegenteilige Gerichtsentscheidungen berufen hat, verkennt sie, dass die Frage, ob die Rechtsverfolgung letztendlich zum Erfolg führt, im Klageverfahren auf Erteilung von Deckungsschutz nicht abschließend zu klären ist, sondern, sofern die Rechtsansicht jedenfalls vertretbar ist, dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss. Anderenfalls würden die Rechte des Versicherungsnehmers aus dem Versicherungsvertrag unzulässig verkürzt. Insbesondere ist vorliegend eine höchstrichterliche Klärung der Hauptsache in den streitigen Rechtsfragen noch nicht erfolgt. Die hinreichenden Erfolgsaussichten entfallen nicht bereits dadurch, dass Instanzgerichte in Einzelfällen abweichend entschieden haben (OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.12.2016, Az.: 12 U 106/16).
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Der Anspruch auf Gewährung von Rechtsschutzdeckung war auch nicht wegen Verstoßes gegen eine vertraglich vereinbarte Obliegenheit ausgeschlossen. Soweit die Beklagte meint, die Klägerin verursache durch das beabsichtigte Vorgehen unverhältnismäßig hohe Kosten, ist dem zu entgegnen, dass gegenwärtig gerade nicht ausgeschlossen ist, dass nach den vorstehenden Ausführungen die letztlich verfolgten Ansprüche auf Nachlieferung bzw. Schadensersatz tatsächlich in Betracht kommen. Die Gründe hierfür wurden bereits dargelegt.
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Ob die Prozessbevollmächtigen des Klägers diesem, wie von der Beklagten behauptet, kostenlose Vertretung zugesagt haben und deshalb kein Honoraranspruch besteht, ist im Mandatsverhältnis zu prüfen. Diese Frage ist nicht Gegenstand der Klage auf Feststellung des Anspruchs auf Deckungsschutz.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
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Der Streitwert wird auf 8.253,32 € festgesetzt.

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