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31.07.2017 · IWW-Abrufnummer 195517

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 06.09.2016 – 6 Sa 78/16


In dem Rechtsstreit
A., A-Straße, A-Stadt
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte/r: Rechtsanwälte B., B-Straße, B-Stadt
gegen
C., C-Straße, C-Stadt
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte/r: Rechtsanwältin D., D-Straße, D-Stadt
hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz auf die mündliche Verhandlung vom 6. September 2016 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Friedrichs als Vorsitzende und den ehrenamtlichen Richter Becker und den ehrenamtlichen Richter Hoffmann als Beisitzer für Recht erkannt:

Tenor:
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 21. Januar 2016 - 7 Ca 417/14 KH - in Ziff. 1 teilweise abgeändert und der Klarstellung halber insgesamt wie folgt neu gefasst:


1.1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin folgenden Lohn zu zahlen:


  • Für April 2011 4.649,38 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2011 abzüglich eines gezahlten Nettobetrages von 1.700,75 Euro;
  • Für August 2011 3.279,11 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2011 abzüglich eines gezahlten Nettobetrages von 1.670,48 Euro;
  • Für Oktober 2012 4.239,49 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2011 abzüglich eines gezahlten Nettobetrages von 1.690,18 Euro.



1.2. Die weitergehende Klage auf Differenzvergütung für den Zeitraum von März 2011 bis Juni 2013 wird abgewiesen.


II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin zu 64,82 %, die Beklagte zu 35,18 %.


III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten über Differenzvergütungsansprüche der Klägerin für tatsächlich geleistete Arbeit im Zeitraum von März 2011 bis Juni 2013.



Die 55 Jahre alte Klägerin, gelernte Friseurin, war aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom gleichen Tag (Bl. 57 f. d. A.) seit 15. Februar 2010 bei der Beklagten, die seit Geburt schwermehrfachbehindert und betreuungsbedürftig ist, zu einem Stundenlohn von 12,36 Euro brutto bei einer monatlichen Arbeitszeit von bis zu 225 Stunden im 24-Stunden-Dienst als Haushaltshilfe und praktische Pflegehelferin im Tag-, Nacht- und Bereitschaftsdienst tätig. Das Arbeitsverhältnis richtete sich zuletzt nach dem schriftlichen Änderungsvertrag vom 04. November 2010 (Bl. 4 f. d. A., im Folgenden: ÄV), dessen Ziff. 6 die Arbeitszeit der Klägerin wie folgt regelte:

"6. Arbeitszeit Die monatliche Arbeitszeit beträgt ab 01. Dezember 2010 296 Stunden, diese werden geleistet im 24-Stunden-Dienst (Blockdienst), soweit es der betriebliche Ablauf erlaubt. Der Tagdienst beträgt dabei 14,2 Stunden, die mit 12,36 Euro vergütet werden. Von den 8 Stunden Nachtbereitschaftsdienst werden 4,75 Stunden mi 12,36 Euro vergütet. Zu der täglichen Arbeitszeit kommt eine Ruhezeit von 1 Std. 50 Minuten hinzu. Diese Ruhepausenzeit wird täglich individuell abgesprochen. Die Beschäftigung erfolgt nach Maßgabe der persönlichen Bedürfnisse der Arbeitgeberin."



Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde im Rahmen des sog. Arbeitgebermodells durchgeführt. Die Beklagte beschäftigte neben der Klägerin weitere Pflege- und Assistenzkräfte, weitestgehend ohne fachliche Qualifikation, und erhielt zu deren Vergütung Leistungen der Kreisverwaltung Bad Kreuznach im Rahmen der Eingliederungshilfe.



Im Frühjahr 2014 kam es zu einer Auseinandersetzung der Parteien über den Umfang der Arbeitstätigkeit der Klägerin, da die Beklagte ihr unter Berufung auf einen bestehenden Bedarf nach geschultem Personal eine Verkürzung der Arbeitszeit angeboten hatte, die Klägerin jedoch zu einer einvernehmlichen Vertragsänderung nicht bereit war. Mit Schreiben vom 05. April 2014 wendete sich der Ehemann der Klägerin wegen ausstehender Lohnzahlungen seiner Ehefrau und der Kollegin T an die damalige Betreuerin der Beklagten, Rechtsanwältin S. Im Schreiben heißt es auszugsweise wie folgt:

"Sehr geehrte Frau RA'in S Wir haben erfahren, dass Sie die Betreuung für Frau C. demnächst abgeben werden. Wir bitten Sie darum, die offene Angelegenheit betreffend der Auszahlung der ausstehenden Löhne für geleistete Stunden... noch zu erledigen. Es handelt sich hier um die Zeit zwischen dem 01.07.2013 und dem 31.03.2014, in welcher keine bzw. nur Teilzahlungen geleistet wurden. Wir bitten Sie hier um die vollständigen Auszahlungen der noch ausstehenden Löhne und nicht nur von, wie bisher geleisteten Teilzahlungen. Nachdem Frau A. und Frau T zwischen Dezember 2013 und dem 31.03.2014 keine Lohnabrechnungen mehr bekommen hatten, waren wir gezwungen, ein Steuerbüro aufzusuchen, um die korrekte Summe der noch ausstehenden Löhne errechnen zu lassen. Diese Summe wurde nach den ausgehändigten Arbeitsplänen, und den Netto geleisteten Stunden errechnet. Dies geschah auch, damit Sie einen vereinfachten Überblick über die noch offenen Löhne erhalten, und somit eine einfachere Abwicklung haben. Nachdem wir Ihnen diese Unterlagen, die die erhaltenen Löhne vom 01.01.2013 bis zum 31.03.2014 enthalten (ihre Zuständigkeit ab 01.07.2013 bis 31.03.2014), zugesandt hatten, teilten Sie Frau C. mit, dass Frau A. keine Gelder mehr zu bekommen hat. Dies ist leider ein grober Irrtum und entspricht nicht der Wahrheit. Wir bitten Sie die monatlichen Abrechnungen nochmals zu überprüfen, um somit auf das gleiche Ergebnis wie wir zu kommen. ..."



Nach verschiedenen Streitigkeiten zwischen der Klägerin bzw. deren Ehemann und der Beklagten bzw. ihrer nunmehrigen Prozessbevollmächtigten sprach die Beklagte unter dem 12. Mai 2014 eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung aus, die der Klägerin am 21. Mai 2014 zugegangen ist. Nach einem arbeitsgerichtlichen Teilurteil steht aufgrund Urteils der Berufungskammer vom 22. September 2015 - Az.: 6 Sa 169/15 - zwischenzeitlich rechtskräftig fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht mit sofortiger Wirkung, sondern erst zum 30. Juni 2014 beendet worden ist.



Die Klägerin hat im Zuge des Kündigungsschutzverfahrens vor dem Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - Differenzvergütungsansprüche für den Zeitraum März 2011 bis Juni 2014 geltend gemacht.



Die Klägerin hat - soweit vorliegend von Belang - erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, sie mache ihre Lohnansprüche geltend seit 2011, da diese nicht richtig abgerechnet worden oder die Nettolöhne überhaupt nicht zur Auszahlung gelangt seien. Die Stunden seien nach den zur Akte gereichten Arbeitsplänen (Bl. 199 bis 218 d. A.) berechnet worden, da sie die Stunden aus den von der Beklagten selbst gefertigten Dienstplänen tatsächlich gearbeitet habe. Aus den Dienstplänen ergebe sich auch, wann ihre Nichte und wann ihre Söhne gearbeitet hätten. Die von der Beklagten vorgelegten Abrechnungen seien falsch. Auf die von der Klägerin zur Akte gereichten Abrechnungen (Bl. 263 bis 283 d. A.) wird Bezug genommen. Es könne nicht richtig sein, dass vom Nachtarbeitsdienst nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung nur 4,75 Stunden zu vergüten seien, vielmehr liege eine zu vergütenden Arbeitszeit mit Bereitschaftsdienst von 22,2 Stunden vor, von denen sie entgegenkommenderweise nur 19,95 Stunden bezahlt verlange. Wegen der Begründung der von der Klägerin für die einzelnen Monate verlangten Zahlungen im Einzelnen wird auf ihre erstinstanzlichen Schriftsätze vom 18. Juli 2014 (Bl. 99 ff. d. A.) und 28. Oktober 2014 (Bl. 193 ff. d. A.) verwiesen. Die Klägerin hat unter Vorlage einer von ihr gefertigten tabellarischen Aufstellung (Bl. 105 d. A.) geltend gemacht, bei einem ihr insgesamt für den Zeitraum von März 2011 bis Juni 2014 zustehenden Nettolohn von 46.361,01 Euro und erhaltenen 30.446,61 Euro stehe ihr noch ein Differenzlohn von 15.914,40 Euro zu.



Die Klägerin hat - soweit vorliegend von Belang - beantragt,

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin folgenden Lohn zu zahlen: März 2011 2.654,93 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.04.2011, April 2011 4.858,41 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.05.2011 abzüglich eines gezahlten Nettobetrages in Höhe von 1.700,75 Euro, August 2011 3.452,14 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.09.2011 abzüglich eines gezahlten Nettobetrages in Höhe von 1.670,48 Euro, März 2012 2.469,53 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.04.2012 abzüglich eines gezahlten Nettobetrages in Höhe von 1.582,00 Euro, Oktober 2012 4.151,11 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.11.2012 abzüglich eines gezahlten Nettobetrages in Höhe von 1.690,18 Euro, November 2012 4.678,88 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.12.2012 abzüglich eines gezahlten Nettobetrages in Höhe von 1.669,83 Euro, April 2013 2.904,60 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.05.2013 abzüglich eines gezahlten Nettobetrages in Höhe von 1.548,13 Euro, Mai 2013 4.320,11 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.06.2013 abzüglich eines gezahlten Nettobetrages in Höhe von 1.512,64 Euro, Juni 2013 2.086,37 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.07.2013. 2. Die Beklagte wird des Weiteren verurteilt, an die Klägerin für den Monat Mai 2014 3.049,02 EUR brutto zu zahlen, abzüglich eines gezahlten Nettobetrages in Höhe von 1.090,92 EUR und abzüglich eines Arbeitslosengeldbetrages in Höhe von 180,70 EUR; 3. für den Monat Juni einen weiteren Betrag in Höhe von 1.977,60 EUR brutto, woraus sich errechnet ein Nettobetrag in Höhe von 1.555,30 EUR netto abzüglich eines gezahlten Nettobetrages in Höhe von 1.084,20 EUR.



Die Beklagte hat beantragt,

die weitere Klage abzuweisen.



Sie hat erstinstanzlich - soweit vorliegend von Interesse - im Wesentlichen vorgetragen, die geltend gemachten Forderungen für März, April und August 2011 bestünden nicht, da die Klägerin, die - bei bestehendem Einsatz eines Pflegedienstes - nicht die einzige Assistentin gewesen sei, die behaupteten Arbeitszeiten nicht geleistet habe. Auch die Höhe stimme nicht, Ruhezeiten fehlten gänzlich. Die vom Sohn der Klägerin erstellten Dienstpläne seien nur Planungen gewesen, die nicht geeignet seien, die tatsächlichen Arbeitszeiten nachzuweisen. Auch die behaupteten Lohnforderungen für April, Mai und Juni 2013 stimmen der Höhe nach nicht, zumal die Klägerin auch durch ihre Söhne als angegebene Zahlungsempfänger Geld erhalten habe. Die Lohnforderungen für August, September, Oktober und Dezember 2013 seien ausweislich einer Auflistung der Zahlungen der ehemaligen Betreuerin der Beklagten Z (Bl. 174 d. A.) bezahlt. Es seien Abschlagszahlungen vorgenommen worden, wenn die Lohnabrechnung noch nicht vorgelegen habe und dann der der Höhe nach richtig berechnete Lohnanspruch ausgezahlt worden (Aufstellung (Bl. 187 ff. d. A.) und Zeugnis RAin S). Die Klägerin habe auch insgesamt mindestens 7.194,12 Euro auf das von ihr angegebene Konto T erhalten. Obwohl die Zeugin T ab 01. September 2013 als Vertretung für die Klägerin habe arbeiten sollen, sei tatsächlich die Klägerin erschienen, weil die Zeugin erkrankt sei.



Das Arbeitsgericht hat der Klägerin mit (weiterem) Teilurteil vom 21. Januar 2016 Annahmeverzugslohn für die Monate Mai und Juni 2015 abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes zugesprochen und ihre Klage auf Differenzvergütung für die Monate März 2011 bis Juni 2013 abgewiesen. Zur Begründung der teilweisen Klageabweisung hat es im Wesentlichen angeführt, der Klägerin stehe kein Lohn für die Monate März 2011 bis Juni 2013 zu, da die diesbezüglichen Ansprüche sämtlich durch Erfüllung erloschen seien. Diese Würdigung ergebe sich aus dem Anspruchsschreiben des Ehemanns der Klägerin, in dem Differenzlöhne lediglich für die Zeit ab 01. Juli 2013 geltend gemacht würden, was einen relativ zwingenden Schluss darauf zulasse, dass die Klägerin, die über die nötigen Dienstpläne verfügt und die Abrechnungen in den Händen gehabt habe und daher ergänzende Ansprüche leicht habe nachvollziehen können, der Auffassung gewesen sei, für die Vergangenheit ordentlich bezahlt gewesen zu sein. Angesichts der Erklärungen des Ehemanns der Klägerin sei sie verpflichtet gewesen, hinsichtlich weiterbestehender und darüberhinausgehender Ansprüche im Einzelnen darzulegen, wann sie welche Zeiten gearbeitet habe und wieso sich angesichts abgerechneter Zeiten Lücken ergäben und warum diese zuvor mit keinem Wort erwähnt worden seien. Diesen Anforderungen werde der angesichts des Mahnschreibens unsubstantiierte Vortrag der Klägerin unter Zuhilfenahme der Dienstpläne nicht im Ansatz gerecht. Hinzu komme, dass die Klägerin dem Vortrag der Beklagten, es seien weitere Zahlungen auf den Namen T erfolgt, obwohl die Klägerin die entsprechende Arbeitsleistung erbracht habe, ebenso wenig substantiiert widersprochen habe, wie der Behauptung der Beklagten zu den Abrechnungen und Zahlungen zugunsten der Söhne der Klägerin. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 422 f. d. A. verwiesen.



Die Klägerin hat gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 04. Februar 2016 zugestellte teilklageabweisende Teilurteil mit am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 03. März 2016 Berufung eingelegt und diese mit am 01. April 2016 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag begründet.



Die Klägerin macht zur Begründung ihrer Berufung nach Maßgabe ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 01. April 2016, auf die auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 442. ff. d. A.), zweitinstanzlich im Wesentlichen geltend, das Schreiben ihres Ehemanns sei ganz anders zu werten, als dies die 1. Instanz tatsächlich getan habe. Sie habe immer wieder vorgetragen, dass auch noch für den streitigen Zeitraum März 2011 bis Juni 2013 Ansprüche - aus tatsächlich geleisteter Arbeit - offen stünden, die erste Betreuerin der Beklagten, RAin S, habe jedoch erklärt, dass sie erst ab Juli 2013 als Betreuerin fungiere, für die Zeit vorher keine Aussage machen könne und daher nur für die Zeit ab dem 01. Juli 2013 zur Verfügung stehe. Da ihr Ehemann genau diesen Sachverhalt bei seiner Anhörung im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht bestätigt habe, sei die Würdigung des Arbeitsgerichts nicht nachvollziehbar. Das Arbeitsgericht habe seine Hinweispflicht verletzt. Sie habe für jeden Monat die Arbeitsstunden und den erhaltenen Lohn so substantiiert wie möglich angegeben, so dass nun die Beklagte im Einzelnen vortragen müsse, welche Beträge sie gezahlt und welche Arbeitszeiten damit abgegolten gewesen seien. Die Behauptungen der Beklagten zur Zeugin T, die vom 01. September 2013 bis 30. April 2014 habe arbeiten sollen und für die die Klägerin wegen deren Arbeitsunfähigkeit eingesprungen sei, habe mit der tatsächlichen Tätigkeit der Klägerin in ihrem eigenen Namen nichts zu tun. Zur angeblichen Arbeit ihrer Söhne trage die Beklagte unwahr vor, weil der kleine Sohn lediglich kurzfristig Wochenpläne von zu Hause aus geschrieben und dafür nur teilweise seinen Lohn erhalten habe und der ältere Sohn tatsächlich nicht gearbeitet habe, sondern sie selbst. Insgesamt habe die Beklagte nur wenige Personen gehabt, die sie hätten pflegen wollen, zumal nachdem die unzulänglichen Zahlungen bekannt geworden seien, so dass die Beklagte auf die Klägerin dringend angewiesen gewesen sei. Die vorgelegten Abrechnungen für 2011, 2012 und bis einschließlich November 2013 stammten von der Beklagten. Aus welchen Gründen diese nun nicht mehr zutreffend sein sollten, sei nicht ersichtlich.



Die Klägerin beantragt,

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils über die ausgeurteilten Beträge hinaus folgende Löhne zu zahlen: März 2011 2.654,93 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.04.2011, April 2011 4.858,41 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.05.2011 abzüglich eines gezahlten Nettobetrages in Höhe von 1.700,75 Euro, August 2011 3.452,14 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.09.2011 abzüglich eines gezahlten Nettobetrages in Höhe von 1.670,48 Euro, März 2012 2.469,53 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.04.2012 abzüglich eines gezahlten Nettobetrages in Höhe von 1.582,00 Euro, Oktober 2012 4.151,11 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.11.2012 abzüglich eines gezahlten Nettobetrages in Höhe von 1.690,18 Euro, November 2012 4.678,88 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.12.2012 abzüglich eines gezahlten Nettobetrages in Höhe von 1.669,83 Euro, April 2013 2.904,60 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.05.2013 abzüglich eines gezahlten Nettobetrages in Höhe von 1.548,13 Euro, Mai 2013 4.320,11 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.06.2013 abzüglich eines gezahlten Nettobetrages in Höhe von 1.512,64 Euro, Juni 2013 2.086,37 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.07.2013.



Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.



Sie verteidigt das von der Klägerin angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 04. Juli 2016, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 473 ff. d. A.) und trägt unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag nebst Beweisangeboten zweitinstanzlich vor,



es habe keine ausstehende Zahlung gegeben, erst unter Hinzunahme des Klägervertreters und federführend des Ehemanns der Klägerin sei zum Kündigungsschutzverfahren eine unhaltbare und mit Denklogik unvereinbare Klageerweiterung getätigt, unsubstantiiert mit Beträgen umher geworfen worden und Fehlberechnungen brutto zu netto erfolgt.



Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift verwiesen.



Entscheidungsgründe



A



Die zulässige Berufung der Klägerin ist nur teilweise begründet.



I. Die Berufung ist zulässig. Die Berufung ist statthaft, wurde von der Klägerin nach Zustellung des erstinstanzlichen Teilurteils am 04. Februar 2016 mit am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 03. März 2016 form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 519 ZPO) und mit Schriftsatz vom 01. April 2016, bei Gericht am gleichen Tag eingegangen, rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 Abs. 2, 3 ZPO).



II. Die Berufung ist in der Sache nur teilweise erfolgreich. Entgegen der vom Arbeitsgericht vertretenen Auffassung stehen der Klägerin gemäß § 611 BGB iVm. dem ÄV noch die aus dem Tenor ersichtlichen Vergütungsansprüche für tatsächlich in den Monaten April und August 2011, sowie Oktober 2012 geleistete Arbeit zu. Die weitergehende Klage auf Differenzvergütung für den Zeitraum von März 2011 bis Juni 2013 blieb hingegen erfolglos. Auf die Berufung der Klägerin war das erstinstanzliche Teilurteil teilweise abzuändern wie erfolgt.



1. Der Arbeitnehmer trägt für die Behauptung, er habe die geschuldete Arbeit verrichtet, die Darlegungs- und Beweislast.



a) Ausgehend von den Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts iVm. § 614 BGB gilt im Arbeitsverhältnis der Grundsatz "Ohne Arbeit kein Lohn" (BAG GS 17. Dezember 1959 - GS 2/59 - Rn. 34; vgl. auch BAG 13. Februar 2002 - 5 AZR 470/00 - Rn. 81; 7. Juni 1988 - 1 AZR 597/86 - Rn. 31, jeweils zitiert nach [...]). Verlangt der Arbeitnehmer gemäß § 611 BGB Arbeitsvergütung für Arbeitsleistungen, hat er deshalb darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen hat, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt (zB § 1 BUrlG, §§ 615, 616 Satz 1 BGB, § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 EntgeltFG, § 37 Abs. 2 BetrVG). Da die konkret zu leistende Arbeit idR vom Arbeitgeber durch Weisungen zu bestimmen ist (§ 106 GewO), genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, er habe sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgehalten, um Arbeitsanweisungen des Arbeitgebers zu befolgen. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern. Deshalb hat der Arbeitgeber im Einzelnen vorzutragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und ob der Arbeitnehmer den Weisungen nachgekommen ist. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gelten die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Arbeitsstunden als zugestanden (BAG 18. April 2012 - 5 AZR 248/11 - Rn. 14, zitiert nach [...]).



b) Gelingt dem Arbeitnehmer die Darlegung und im Fall substantiierten Bestreitens der Beweis nicht, muss er das Risiko des Prozessverlustes tragen, wenn sich die sein Begehren tragenden Tatsachen nicht feststellen lassen. Denn die Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen trägt, wer den Anspruch erhebt. Dem Schuldner wird die Beweislast für die Erfüllung einer ihm obliegenden Verpflichtung auch dann zugewiesen, wenn der Gläubiger aus der Nichterfüllung Rechte herleitet bzw. wenn sich an die Nichterfüllung einer positiven vertraglichen Vereinbarung oder die nicht rechtzeitige Erfüllung ungünstige Rechtsfolgen knüpfen, die der Gläubiger geltend macht (vgl. insgesamt BAG 18. April 2012 - 5 AZR 248/11 - Rn. 15, mit zahlreichen weiteren Nachweisen, zitiert nach [...]).



2. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist es der Klägerin gelungen, substantiiert darzulegen, dass ihr noch Vergütungsansprüche zustehen für April 2011 in Höhe von 4.649,38 Euro brutto, für August 2011 in Höhe von 3.279,11 Euro brutto und für Oktober 2012 in Höhe von 4.239,49 Euro brutto abzüglich der aus dem Tenor ersichtlichen Zahlungen. Ob der Klägerin, die ausdrücklich klargestellt hat, Vergütungsansprüche für geleistete Arbeit zu verfolgen, darüber hinausgehend Ansprüche auf Vergütung ohne Arbeit zuständen, kann dahinstehen, da derartige Ansprüche nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens waren.



2.1. Die Klägerin hat schlüssig dargelegt, dass ihr für März 2011 ein Vergütungsanspruch von 2.654,93 Euro brutto, für April 2011 ein solcher in Höhe von 4.649,38 Euro brutto, und August 2011 ein Vergütungsanspruch in Höhe von 3.279,11 Euro brutto und für Oktober 2012 Vergütung von 4.239,49 Euro brutto zustand, ohne dass die Beklagte dem substantiiert entgegen getreten wäre. Für darüberhinausgehende Ansprüche fehlt es hingegen bereits an schlüssigem Sachvortrag der Klägerin zu tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden.



a) Ein Vergütungsanspruch der Klägerin für den Monat März 2011 von 2.654,93 Euro brutto ergibt sich grundsätzlich aus der von der Beklagten selbst erstellten Lohnabrechnung vom 25. März 2011 (Bl. 263 d. A.). Zwar kommt einer Lohnabrechnung grundsätzlich nicht die Bedeutung eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses zu; auch wenn eine in einer schriftlichen Lohnabrechnung des Arbeitgebers vorbehaltlos ausgewiesene Lohnforderung zunächst streitlos gestellt ist und nicht noch einmal zur Wahrung einer Ausschlussfrist schriftlich geltend gemacht werden muss (BAG 28. Juli 2010 - 5 AZR 521/09 - Rn. 18, zitiert nach [...]), hat sie nicht den Zweck, streitig gewordene Ansprüche endgültig festzulegen. Die Erteilung einer Lohnabrechnung hindert den Arbeitgeber regelmäßig nicht daran, die Lohnabrechnung später zu widerrufen, Gegenansprüche zu erheben oder aus anderen Gründen die Zahlung zu verweigern (BAG 27. Februar 2014 - 6 AZR 931/12 - Rn. 41, zitiert nach [...]). Dessen ungeachtet hat die Beklagte vorliegend substantiierte Einwendungen gegen die Richtigkeit der Lohnabrechnung indes nicht vorgebracht. Soweit die Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer pauschal erklärt hat, es entziehe sich ihrer Kenntnis, ob die Abrechnung für März 2011 von der Beklagten stamme, vermochte dies Einwendungen nicht zu begründen, nachdem die Beklagte selbst mit Schriftsatz vom 13. August 2014 (Bl. 115 d. A.) unter Vorlage eines entsprechenden Überweisungsträgers (Bl. 117 d. A.) behauptet hat, exakt den sich aus der von der Klägerin vorgelegten Märzabrechnung ergebenden Nettobetrag in Höhe von 1.961,89 Euro wie vereinbart erfüllungshalber auf das Konto der Tochter der Klägerin überwiesen zu haben. Aus welchen Gründen die von der Klägerin vorgelegte Lohnabrechnung deren Lohnanspruch für März 2011- unabhängig von dessen Erfüllung - nicht zutreffend abbilden soll, war angesichts dessen nicht ersichtlich.



b) Weiter hat die Klägerin schlüssig dargelegt, dass ihr für April 2011 - ungeachtet eventueller Erfüllung - Vergütung in Höhe von 4.649,38 Euro brutto zusteht. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 18. Juli 2014 behauptet, im April 2011 an 16 Werktagen, 2 Sonn- und einem Feiertag im 24 Stunden-Schichtdienst für die Beklagte tätig gewesen zu sein. Diese Angaben entsprechen dem von der Klägerin mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2014 vorgelegten Dienstplan für April 2014 (Bl. 200 d. A.). Dass die Klägerin tatsächlich zu anderen Zeiten als den im Dienstplan vorgesehenen für die Beklagte tätig geworden ist, hat die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen. Ihr pauschaler Einwand, die Dienstpläne seien nur Planungen gewesen, die nicht geeignet seien, die tatsächlichen Arbeitszeiten nachzuweisen, genügte nicht, um im Einzelnen zu erkennen, an welchen Tagen die Klägerin entgegen ursprünglicher Planung nach Auffassung der Beklagten tatsächlich abweichend im Einsatz gewesen sein soll. Der Vortrag der Klägerin gilt daher nach § 138 Abs. 2, 3 ZPO mangels substantiierten Bestreitens als zugestanden. Anders als die Klägerin meint, steht ihr allerdings nicht für die Zeiten der Arbeitsbereitschaft die gleiche Vergütung zu wie für Vollarbeit. Für Sonderformen der Arbeit kann eine gesonderte Vergütungsregelung getroffen und ein geringeres Entgelt als für Vollarbeit vorgesehen werden (BAG 18. November 2015 - 5 AZR 751/13 - Rn. 27, mwN). Dies haben die Arbeitsvertragsparteien in § 6 ÄV getan, indem sie geregelt haben, dass vom Nachbereitschaftsdienst 4,75 Stunden mit dem üblichen Vergütungssatz für Vollarbeit von 12,36 Euro brutto vergütet werden sollen. Damit ergibt sich eine insgesamt zu vergütenden Stundenzahl pro Arbeitstag von 18,95 Stunden (14,2 Stunden Tagdienst, 4,75 Stunden Nachtbereitschaftsdienst). Die Klägerin kann für April 2011 damit - unter Berücksichtigung der vereinbarten Zuschläge für Sonntage (25 %) und Feiertage (35 %) - für 16 Werktage 3.747,55 Euro brutto (16 x 18,95 Stunden x 12,36 Euro brutto), für die Tätigkeit an 2 Sonntagen 585,55 Euro brutto (2 x 18,95 x 15,45 Euro brutto) und für die Arbeit an einem Feiertag 316,38 Euro brutto (1 x 18,95 x 16,69 Euro brutto), insgesamt 4.649,38 Euro brutto, beanspruchen. Ihre weitergehende Klage für April 2011 blieb erfolglos.



c) Für August 2011 stand der Klägerin ein Lohnanspruch in Höhe von 3.279,11 Euro brutto zu. Dies ergibt sich aus ihrem Vortrag im Schriftsatz vom 18. Juli 2014 (Bl. 100 d. A.), nachdem sie - wie aus dem entsprechenden Dienstplan für August 2011 ersichtlich (Bl. 201 d. A.) - an 14 Werktagen eingesetzt worden ist. Da die Beklagte auch diese Arbeitszeiten lediglich pauschal bestritten hat, ohne anzugeben, an welchen Tagen die Klägerin entgegen der ursprünglichen Einsatzplanung beschäftigt worden sein soll, gelten auch sie nach § 138 Abs. 2, 3 ZPO als zugestanden und führen - ohne Erfolg der Klage darüberhinausgehend - zum genannten Vergütungsanspruch (14 x 18,95 x 12,36 Euro brutto).



d) Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 18. Juli 2014 in Übereinstimmung mit dem entsprechenden Dienstplan (Bl. 203 d. A.) schlüssig dargelegt, im Oktober 2012 an 15,5 Werktagen, sowie zwei Sonn- und einem Feiertag Arbeitsleistungen für die Beklagte erbracht zu haben, die einen Vergütungsanspruch von 4.239,49 Euro brutto rechtfertigen (15,5 x 18,95 x 12,36 Euro brutto, 2 x 18,95 x 15,45 Euro brutto, 1 x 18,95 x 16,69 Euro brutto), ohne dass die Beklagte dem substantiiert entgegengetreten wäre (§ 138 Abs. 2, 3 ZPO).



e) Hinsichtlich weiterer Vergütungsansprüche im Zeitraum von März 2011 bis Juni 2013 ist die Klägerin demgegenüber der ihr obliegenden Darlegungs- und Beweislast nicht nachgekommen. Sie hat für weitere Monate nicht schriftsätzlich dargelegt, an wie vielen Tagen sie für die Beklagte gearbeitet haben will, sondern lediglich unter Bezugnahme auf Lohnabrechnungen ohne jegliche Aufschlüsselungen absolute Vergütungssummen genannt, die nicht näher nachzuvollziehen waren. Soweit die Klägerin auf die zur Akte gereichten Dienstpläne Bezug genommen hat, konnte dies allein substantiierten Sachvortrag nicht ersetzen. Ihrer Darlegungslast genügen weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber durch die bloße Bezugnahme auf den Schriftsätzen als Anlagen beigefügte Stundenaufstellungen oder sonstige Aufzeichnungen; die Darlegung von Arbeitsleistungen durch den Arbeitnehmer bzw. die substantiierte Erwiderung hierauf durch den Arbeitgeber hat vielmehr entsprechend § 130 Nr. 3 und Nr. 4 ZPO schriftsätzlich zu erfolgen; beigefügte Anlagen können den schriftsätzlichen Vortrag lediglich erläutern oder belegen, verpflichten das Gericht aber nicht, sich die unstreitigen oder streitigen Arbeitszeiten aus den Anlagen selbst zusammenzusuchen (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 347/11 - Rn. 29, 23. Oktober 2013 - 5 AZR 667/12 - Rn. 14, jeweils zitiert nach [...]). Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründungsschrift vorgetragen hat, die vorgelegten Lohnabrechnungen stammten über deren Steuerberater von der Beklagten, änderte auch dieser Vortrag nichts an der fehlenden Darlegung der Klägerin. Der Vortrag steht in Widerspruch zur Behauptung der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht vom 21. Januar 2016, wo unstreitig gestellt worden ist, dass die Abrechnungen mittels eines Computerprogramms von einem anderen Arbeitnehmer, dem Zeugen M-H, erstellt worden seien, hinsichtlich dessen eine Beauftragung durch die Beklagtenseite nicht ersichtlich ist. Im Übrigen enthalten die vorliegend streitgegenständlichen Lohnabrechnungen im Zeitraum bis Juni 2013 - anders als beispielsweise die Vergütungsabrechnung März 2011 - weder eine Personalnummer, noch eine Versicherungsnummer der Klägerin, die darauf schließen ließen, dass die Lohnabrechnungen arbeitgeberseits veranlasst worden wären.



2.2. Die Vergütungsansprüche der Klägerin sind teilweise von der Beklagten erfüllt worden (§ 362 BGB).



a) Der Vergütungsanspruch März 2011 ist erfüllt. Die Beklagte hat unter Vorlage des entsprechenden Überweisungsträgers (Bl. 117 d. A) vorgetragen, exakt den sich aus der Lohnabrechnung ergebenden Betrag wie seit den Zeiten der Beschäftigung der Tochter der Klägerin üblich auf deren Konto überwiesen zu haben, ohne dass die Klägerin hiergegen irgendwelche Einwendungen erhoben hätte.



b) Im Übrigen ist es der Beklagten allerdings - mit Ausnahme der von der Klägerin als erhalten eingeräumten und aus dem Urteilstenor ersichtlichen Nettobeträge - nicht gelungen, der ihr hinsichtlich weiterer Erfüllungshandlungen für die Monate April und August 2011 und Oktober 2012 obliegenden Darlegungs- und Beweislast nachzukommen. Sie hat für diese Monate weder konkrete Zahlungen, noch konkrete Zahlungsdaten genannt, die einer Beweisaufnahme zugänglich gewesen wären. Soweit sie sich erstinstanzlich auf eine Auflistung von Zahlungen der Betreuerin der Beklagten Z (Bl. 174 d. A.) und auf eine Aufstellung der Betreuerin der Beklagten S berufen hat, beziehen sich diese Angaben sämtlich nicht auf die vorliegend streitgegenständlichen Monate. Auch ihrer pauschalen Behauptung, insgesamt seien der Klägerin mindestens 7.194,12 Euro über das von ihr angegebene Konto T zugeflossen, waren substantiierte Angaben, wann und auf welche Vergütungsansprüche der Klägerin erfüllungshalber Zahlungen geleistet worden, nicht zu entnehmen. Die Erhebung etwaig von der Beklagten angebotener Beweise wäre auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinausgelaufen und kam daher nicht in Betracht.



2.3. Entgegen der vom Arbeitsgericht vertretenen Auffassung scheitern die Ansprüche der Klägerin nicht daran, dass aufgrund des Geltendmachungsschreibens ihres Ehemanns vom 05. April 2014 von einer Erfüllung sämtlicher Zahlungsansprüche bis einschließlich Juni 2013 durch die Beklagte auszugehen wäre. Die Darlegungs- und Beweislast für die rechtsvernichtende Einwendung der Erfüllung etwaiger Zahlungsansprüche nach § 362 BGB trägt die Beklagte. Über die von der Klägerin eingeräumten Beträge hinaus ist der Beklagten aus den bereits genannten Gründen nicht gelungen darzulegen, dass sie weitere Ansprüche für den streitgegenständlichen Zeitraum erfüllt hätte. Vor diesem Hintergrund kann dem Schreiben vom 05. April 2014 allenfalls Bedeutung im Zusammenhang mit etwaigen Verzicht oder einer Verwirkung von Zahlungsansprüchen durch die Klägerin zukommen. Dass die Voraussetzungen hierfür jeweils nicht vorliegen, ergibt eine Auslegung des außergerichtlichen Geltendmachungsschreibens nach §§ 133, 157 BGB.



a) Aus dem Schreiben vom 05. April 2014, welches der Ehemann der Klägerin für diese an die damalige Betreuerin der Beklagten gerichtet hat, ergibt sich weder ein Forderungserlass, noch ein konstitutives oder deklaratorisches negatives Schuldanerkenntnis der Klägerin.



aa) Als rechtstechnische Mittel für den Willen der Parteien, ihre Rechtsbeziehung zu bereinigen, kommen insbesondere der Erlassvertrag, das konstitutive und das deklaratorische Schuldanerkenntnis in Betracht. Ein Erlassvertrag(§ 397 Abs. 1 BGB) ist dann anzunehmen, wenn die Parteien vom Bestehen einer bestimmten Schuld ausgehen, diese aber übereinstimmend als nicht mehr zu erfüllen betrachten. Ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis iSv. § 397 Abs. 2 BGB liegt vor, wenn der Wille der Parteien darauf gerichtet ist, alle oder eine bestimmte Gruppe von bekannten oder unbekannten Ansprüchen zum Erlöschen zu bringen. Ein deklaratorisches negatives Schuldanerkenntnis ist schließlich anzunehmen, wenn die Parteien nur die von ihnen angenommene Rechtslage eindeutig dokumentieren und damit fixieren wollen. Maßgebend ist das Verständnis eines redlichen Erklärungsempfängers. Dieser ist nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet, unter Berücksichtigung aller ihm erkennbaren Umstände mit gehöriger Aufmerksamkeit zu prüfen, was der Erklärende gemeint hat. Zu berücksichtigen ist ferner der Grundsatz der nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (vgl. BAG 20. April 2010 - 3 AZR 225/08 - Rn. 47, 7. November 2007 - 5 AZR 880/06 - Rn. 17; 23. Februar 2005 - 4 AZR 139/04 - Rn. 47, jeweils zitiert nach [...]).



bb) Hiervon ausgehend scheidet ein Erlassvertrag aus, da dem Schreiben vom 05. April 2014 keinerlei Anhaltspunkte dafür zu entnehmen sind, dass die Klägerin der Beklagten angetragen hätte, bestehende Ansprüche aus dem Zeitraum von vor Juli 2013 als nicht mehr zu erfüllen und daher erlassen zu betrachten. Dies ergibt sich bereits daraus, dass im Anschreiben ausdrücklich auch von geltend gemachten Ansprüchen ab Januar 2013 die Rede ist, die die Klägerin offenbar nicht als erledigt betrachtet wissen wollte. Auch kann dem Geltendmachungsschreiben gerade nicht entnommen werden, dass die Klägerin sämtliche Ansprüche vor Juli 2013 im Sinne eines negativen Schuldanerkenntnisses zum Erlöschen bringen wollte. Die Tatsache, dass sie gegenüber der damaligen Betreuerin der Beklagten S Ansprüche für den Zeitraum von Juli 2013 bis 31. März 2014 geltend macht, steht im Zusammenhang mit deren Zuständigkeit für genau diesen Zeitraum. Dies hat die Klägerin ausdrücklich so mitgeteilt, indem sie auf "ihre Zuständigkeit ab 01.07.2013 bis 31.03.2014" abgehoben hat. Hierfür spricht auch die Formulierung, dass es sich "hier", dh. im Anschreiben vom 05. April 2014, (lediglich) um Ansprüche für diesen Zeitraum handele, was gerade nicht den Schluss erlaubt, dass darüberhinausgehende Ansprüche nicht mehr verfolgt werden.



b) Die Klägerin hat etwaige Rechte auf Differenzvergütung im streitgegenständlichen Zeitraum vor Juli 2013 auch nicht verwirkt.



aa) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Die Verwirkung dient dem Vertrauensschutz. Weiterhin muss - als Zumutbarkeitsmoment - das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an einer sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem in Anspruch genommenen die Erfüllung des Anspruchs oder die Einlassung auf die Klage nicht mehr zuzumuten ist (BAG 25. September 2013 - 5 AZR 936/12 - Rn. 15, 25. April 2006 - 3 AZR 372/05 - Rn. 20, 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 43, jeweils zitiert nach [...]).



bb) Es kann dahinstehen, ob vorliegend das erforderliche Zeitmoment erfüllt wäre, nachdem die Klägerin Differenzvergütungsansprüche für die Zeit von März 2011 bis Juni 2013 erst, aber jedenfalls mit klageerweiterndem Schriftsatz vom 18. Juli 2014 gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat. Selbst wenn man hiervon ausgehen wollte, lassen sich weder dem Anschreiben vom 05. April 2014 Anhaltspunkte entnehmen, noch sind sonstige Tatsachen dafür ersichtlich, die es rechtfertigen würden, die späte Geltendmachung der Vergütungsansprüche als mit Treu und Glauben unvereinbar und für die Beklagte als unzumutbar anzusehen. Dass die Klägerin am 05. April 2014 außergerichtlich gegenüber der damaligen Betreuerin lediglich Ansprüche für deren Bestellungszeitraum geltend gemacht hat, führt nicht zu dem zwingenden Schluss, dass sie anderweitige Ansprüche nicht mehr verfolgen wollte, sondern erklärt sich schlicht daraus, dass die Betreuerin Angaben zu anderen Ansprüchen aus eigener Kenntnis schwerlich machen konnte.



3. Der Ausspruch zu den Zinsen ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 2 Nr. 1, 288 BGB.



B



Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO.



Gründe die eine Zulassung der Revision iSd § 72 Abs. 2 ArbGG veranlasst hätten, bestehen nicht.

Friedrichs
Becker
Hoffmann

Verkündet am: 06.09.2016

Vorschriften§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG, § 519 ZPO, § 520 Abs. 2, 3 ZPO, § 611 BGB, § 614 BGB, § 1 BUrlG, §§ 615, 616 Satz 1 BGB, § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 EntgeltFG, § 37 Abs. 2 BetrVG, § 106 GewO, § 138 Abs. 2, § 130 Nr. 3 und Nr. 4 ZPO, § 362 BGB, §§ 133, 157 BGB, § 397 Abs. 1 BGB, § 397 Abs. 2 BGB, § 242 BGB, §§ 286 Abs. 1, 2 Nr. 1, 288 BGB, §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 ArbGG

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