20.07.2017 · IWW-Abrufnummer 195272
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 15.12.2016 – 3 Sa 23/16
In der Rechtssache
- Klägerin/Berufungsklägerin -
Proz.-Bev.:
gegen
- Beklagte/Berufungsbeklagte -
Proz.-Bev.:
hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 3. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Oesterle, den ehrenamtlichen Richter Betz und den ehrenamtlichen Richter Beuß auf die mündliche Verhandlung vom 22.09.2016
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 17. Februar 2016 - 6 Ca 348/15 - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 10. August 2015 nicht aufgelöst wurde.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 4/5 und die Beklagte 1/5 zu tragen.
III. Für die Klägerin und für die Beklagte wird die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier außerordentlicher Kündigungen der Beklagten und Zahlungsansprüche der Klägerin aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs. Die Klägerin hat außerdem einen Weiterbeschäftigungsantrag gestellt.
Die am 00. 0000 1963 geborene, verheiratete Klägerin, die gelernte Einzelhandelskauffrau ist, war seit 15. Juli 1998 bei der Beklagten, die ein Tagungs- und Bildungszentrum betreibt und zirka 50 Arbeitnehmer beschäftigt, beziehungsweise deren Rechtsvorgängerin auf der Grundlage der Arbeitsverträge vom 1. Mai 2000 (Bl. 8-12 d. Akte-ArbG), 27. Juni 2003 (Bl. 13-19 d. Akte-ArbG) und zuletzt 1. Februar 2007 (Bl. 20 d. Akte-ArbG) tätig. Sie wurde zuletzt als Abteilungsleiterin Housekeeping mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,5 Stunden beschäftigt.
Die Klägerin war seit dem Jahr 2005 Vorsitzende des im Betrieb der Beklagten gebildeten fünfköpfigen Betriebsrats. Die zwei zuletzt gewählten Ersatzmitglieder schieden in der ersten Hälfte des Jahres 2014 aus dem Arbeitsverhältnis aus.
Die Klägerin hat aus privaten Gründen ihren Wohnsitz in W., das zirka 250 Kilometer vom Betriebssitz der Beklagten entfernt liegt.
Nachdem die Beklagte die Klägerin infolge von Gästebeschwerden darauf hingewiesen hatte, dass die Klägerin zur Erfüllung ihrer Leitungs- und Aufsichtsfunktion öfter als die bisherigen drei Tage pro Woche am Arbeitsplatz präsent sein müsse, kam es im Jahr 2014 zu Unstimmigkeiten zwischen den Parteien, woraufhin die Beklagte die Klägerin am 14. März 2014 anwies, fünf Tage pro Woche im Betrieb anwesend zu sein. Die Klägerin, die in ihrer Eigenschaft als Abteilungsleiterin auch die Dienstpläne erstellte, teilte sich dennoch weiterhin nur drei Tage pro Woche zum Dienst ein. Daraufhin erteilte die Beklagte ihr eine Ermahnung und sodann am 7. April 2014 und 19. Mai 2014 Abmahnungen. Als die Klägerin sich weiterhin weigerte, der Anweisung Folge zu leisten, beantragte die Beklagte mit Schreiben vom 5. Juni 2014 bei ihrem Betriebsrat die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Klägerin wegen einer am 3. Juni 2014 begangenen Arbeitsverweigerung, was das Betriebsratsgremium am 6. Juni 2014 ablehnte.
Am 10. Juni 2014 leitete die Beklagte beim Arbeitsgericht Pforzheim das Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 103 Abs. 2 BetrVG ein. Das Arbeitsgericht Pforzheim wies den Antrag der Beklagten mit Beschluss vom 16. Oktober 2014 zurück. Auf die Beschwerde der Beklagten änderte das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juli 2015 durch am selben Tag verkündeten Beschluss den arbeitsgerichtlichen Beschluss ab und ersetzte die verweigerte Zustimmung zur beantragten außerordentlichen Kündigung der Klägerin (Az: 18 TaBV 6/14). Das Protokoll der Sitzung vom 16. Juli 2015 wurde den hiesigen Parteien am 27. Juli 2015 zugestellt. In einer Sitzung des Betriebsrats am 3. August 2015 legte die Klägerin ihr Betriebsratsamt nieder und verließ gegen 15.00 Uhr die Betriebsratssitzung. Gegen 17.00 Uhr bestellte der Betriebsrat in seiner noch andauernden Sitzung einen dreiköpfigen Wahlvorstand für die einzuleitende Betriebsratswahl und bestellte die Klägerin mit deren telefonisch eingeholtem Einverständnis zu dessen Vorsitzender.
Mit Schreiben vom 3. August 2015 (Bl. 101 d. Akte-ArbG), bei der Beklagten am 4. August 2015 eingegangen, setzte der Betriebsrat den Geschäftsführer der Beklagten davon in Kenntnis, dass die Klägerin in der Betriebsratssitzung vom 3. August 2015 ihr Betriebsratsamt niedergelegt habe, der Betriebsrat im Hinblick auf das Absinken der Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder unter die vorgeschriebene Zahl gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG die Einleitung neuer Betriebsratswahlen beschlossen und zu deren Vorbereitung und Durchführung einen Wahlvorstand eingesetzt habe, zu dessen Mitgliedern auch die Klägerin zähle.
Am 4. August 2015 wurde den Beteiligten des Beschlussverfahrens 18 TaBV 6/14 der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 16. Juli 2015 mit Gründen zugestellt.
Mit Schreiben vom 10. August 2015 (Bl. 21 d. Akte-ArbG), der Klägerin am 11. August 2015 an ihrem Wohnort in W. zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien aus wichtigem Grund fristlos. Am 10. August 2015 richtete die Beklagte auch ein Schreiben an den bei ihr gebildeten Betriebsrat (Bl. 25 d. Akte-ArbG), in dem sie vorsorglich für den Fall, dass wegen der Bestellung der Klägerin zum Wahlvorstand ein neuer Antrag nach § 103 BetrVG notwendig sein sollte, einen solchen Antrag stellte. Der Betriebsrat wies die Beklagte mit Schreiben vom 13. August 2015 darauf hin, dass er dem arbeitgeberseitigen Antrag auf Zustimmung zur Kündigung der Klägerin zu keinem Zeitpunkt zugestimmt habe und dass er auch dem erneuten Antrag die Zustimmung verweigere.
Am 7. September 2015 teilte das Bundesarbeitsgericht dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf dessen Anfrage hin mit, dass weder der Betriebsrat noch die Klägerin innerhalb der am Freitag, dem 4. September 2015 abgelaufenen Rechtsmittelfrist eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 16. Juli 2015 eingelegt hätten. Daraufhin kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 7. September 2015 (Bl. 32 d. Akte-ArbG), der Klägerin am 8. September 2015 zugegangen, das Arbeitsverhältnis der Parteien erneut fristlos. Die Beklagte erstellte für den Monat September 2015 eine Abrechnung über 344,17 EUR brutto (Bl. 84 d. Akte-ArbG) und zahlte den sich hieraus ergebenden Nettobetrag an die Klägerin aus. Die Klägerin bezieht seit 12. August 2015 Arbeitslosengeld in Höhe von 21,86 EUR täglich.
In der Folgezeit kandidierte die Klägerin für die anberaumte neuerliche Betriebsratswahl und wurde in der am 5. Oktober 2015 erfolgten Wahl zum Mitglied des fünfköpfigen Gremiums gewählt.
Mit Schreiben vom 9. Oktober 2015 stellte die Beklagte einen erneuten Antrag auf Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung der Klägerin beim Betriebsrat, was dieser mit Beschluss vom 12. Oktober 2015 ablehnte. Das daraufhin eingeleitete Zustimmungsersetzungsverfahren vor dem Arbeitsgericht Pforzheim (Az: 2 BV 12/15) ruht derzeit.
Die Klägerin hat vorgetragen: Das besondere Zustimmungserfordernis nach § 103 BetrVG sei in rechtlicher Hinsicht am 3. August 2015 entfallen. Bei Bekanntwerden der Umstände am 3. August 2015, spätestens am 4. August 2015 sei eine erst am 11. August 2015 zugegangene Kündigung nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 121 BGB. Die Beklagte habe auf jeden Fall nicht mehr die Rechtskraft des Beschlusses nach § 103 Abs. 2 BetrVG abwarten müssen. "Unverzüglich" sei entsprechend § 91 Abs. 5 SGB IX dahin auszulegen, dass die Kündigung innerhalb von drei Tagen ab Verfahrensabschluss durch rechtskräftige arbeitsgerichtliche Entscheidung oder anderweitige Beendigung des Sonderkündigungsschutzes auszusprechen sei.
Der Kündigung vom 10. August 2015 fehle die erforderliche Zustimmung des Betriebsrats. Keinesfalls sei die Zustimmungsersetzung durch das Landesarbeitsgericht gemäß Beschluss vom 16. Juli 2015, bei der über die Zustimmung zur Kündigung der Klägerin als Betriebsrätin entschieden worden sei, auf die neue Situation des Sonderkündigungsschutzes als Wahlvorstandsmitglied übertragbar. Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass der Wahlvorstand ungehindert die Betriebsratswahlen vorbereiten können solle. Die Bestellung der Klägerin zum Wahlvorstandsmitglied habe im Hinblick auf die eingetretene zeitliche Zäsur einen neuen Sonderkündigungsschutz der Klägerin ausgelöst. Die Beklagte habe jetzt zwingend einen neuen Zustimmungsantrag an den Betriebsrat stellen müssen, da jetzt eine neue Situation gegeben sei, die eine neue rechtliche Bewertung durch den Restbetriebsrat notwendig mache. Dieser habe sich jetzt die Frage stellen müssen, ob die Klägerin als Wahlvorstand gebraucht werde oder ob die Kündigungsgründe dergestalt überzeugten, dass er der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zustimmen könne. Der Betriebsrat habe mit seiner erneuten Zustimmungsverweigerung das Wahlvorstandsgremium schützen müssen, damit die notwendig gewordene Betriebsratswahl ordnungsgemäß durchgeführt werden konnte.
Im Übrigen sei ein Grund für eine fristlose Kündigung im Sinne des § 626 BGB auch nicht gegeben. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts sei mitnichten von einer beharrlichen Arbeitsverweigerung der Klägerin bei der Einteilung ihrer Arbeitszeiten auszugehen. Die Anordnung neuer Dienstzeiten sei schon nicht ermessensgerecht gewesen, weil die Klägerin ihre Tätigkeit jahrelang auf einige Wochentage begrenzt habe, was mit ihrer Funktion als Betriebsratsvorsitzende und ihrer Abteilungsleiterfunktion zu tun gehabt habe. Da sie ihre Betriebsratstätigkeit einschließlich der regelmäßigen Betriebsratssitzungen in der Regel montags erledigt habe und ihre Anwesenheit in den dienstags von 14.00 Uhr bis 15.30 Uhr stattfindenden Abteilungsleitersitzungen notwendig gewesen sei, sei eine Arbeitszeitverteilung auf die Tage Montag bis Freitag in dem vom Arbeitgeber gewünschten Umfang nicht möglich gewesen und hätte auch in die Planung des Betriebsrats eingegriffen. Das Landesarbeitsgericht habe verkannt, dass es hier um einen Grenzbereich dahingehend gegangen sei, ob die Arbeitgeberin der Klägerin als Betriebsrätin vorschreiben könne, wann sie Betriebsratstätigkeit erledigen dürfe und wann nicht. Es sei verfehlt, von einer beharrlichen Arbeitsverweigerung der Klägerin auszugehen, die immer auf ihre Rechte als Betriebsrätin hingewiesen habe. Letztlich sei von einem unverschuldeten Rechtsirrtum der Klägerin auszugehen, die gemeint habe, zu dieser Art der Dienstplangestaltung nicht verpflichtet zu sein. Das Landesarbeitsgericht habe auch rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass das Bestandsschutzinteresse der Klägerin die betrieblichen Interessen überwiege.
Nachdem sie ihr Betriebsratsamt niedergelegt und die Betriebsratssitzung verlassen habe, habe der Betriebsrat am 3. August 2015 die neue Situation besprochen und erkannt, dass mit der Amtsniederlegung und dem Ausscheiden der Klägerin Neuwahlen notwendig würden, weil der Betriebsrat nunmehr nur noch aus vier Mitgliedern bestanden habe und keine Ersatzmitglieder mehr zur Verfügung standen. Der Restbetriebsrat habe sodann die Neuwahl beschlossen und darüber beraten, wer Mitglied des zu bildenden Wahlvorstands sein sollte. Er habe beschlossen, die Klägerin im Hinblick darauf, dass sie die meisten praktischen Erfahrungen und theoretischen Kenntnisse über die Durchführung von Betriebsratswahlen hatte, noch einmal anzurufen und zu fragen, ob sie für das Amt des Wahlvorstands noch einmal zur Verfügung stehe. Im Rahmen eines sodann geführten Telefonats habe sie sich bereiterklärt, sich für dieses Amt zur Verfügung zu stellen. Daraufhin habe der Betriebsrat in seiner Sitzung am 3. August 2015 gegen 17.00 Uhr einen Wahlvorstand mit ihr als dessen Vorsitzender bestellt.
Die Kündigung der Beklagten vom 8. September 2015 sei "zu spät" erfolgt. Der Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 16. Juli 2015 sei mit der Niederlegung des Betriebsratsamts durch die Klägerin am 3. August 2015 rechtskräftig geworden beziehungsweise habe sich das Zustimmungsersetzungsverfahren erledigt. Eigentlich könne man nicht davon sprechen, dass der Beschluss des Landesarbeitsgerichts "in Rechtskraft" erwachsen sei. Da der Sonderkündigungsschutz der Klägerin nicht mehr bestanden habe, sei der Beschluss ohne jegliche Rechtswirkung. Dementsprechend könne er jetzt auch nicht für die Entscheidung über die Kündigung der Klägerin als bindende Entscheidung herangezogen werden. Vielmehr könne das hiesige Gericht feststellen, dass ein erledigendes Ereignis eingetreten sei, was dem Landesarbeitsgericht auch am 4. August 2015 mitgeteilt worden sei, und somit keine Bindungswirkung bestehe. Außerdem habe die Beklagte mit der erneuten Kündigung den neuen besonderen Kündigungsschutz der Klägerin als Wahlvorstandsmitglied nicht beachtet.
Ab dem 8. September 2015 mache sie Vergütungsansprüche aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs geltend.
Die Klägerin hat beantragt:
Hilfsweise für den Fall, dass sie mit den beiden ersten Klageanträgen Erfolg hat:
Die Beklagte hat beantragt,
Die Beklagte hat vorgetragen: Die Kündigung vom 10. August 2015 habe das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 11. August 2015 beendet. Jedenfalls durch die der Klägerin am 8. September 2015 zugegangene weitere Kündigung vom 7. September 2015 sei das Arbeitsverhältnis fristlos beendet worden.
Die Erklärung des Betriebsrats vom 4. August 2015 gegenüber dem Landesarbeitsgericht, wonach das Zustimmungsersetzungsverfahren "erledigt" sei, habe von ihr nur so verstanden werden können, dass der Betriebsrat der Kündigung der Klägerin nunmehr zustimme. Dementsprechend habe sie am Tag des Zugangs der Erklärung vom 4. August 2015 bei ihr auch die erste streitgegenständliche Kündigung ausgesprochen und dies folglich mit Zustimmung des Betriebsrats.
Der Vortrag der Klägerin zu den Abläufen in der Betriebsratssitzung am 3. August 2015 werde bestritten. Es sei davon auszugehen, dass es sich um eine bewusst gewählte - wenn auch untaugliche - Taktik handele.
Die Klägerin verkenne, dass ihre durchgängige Stellung einmal als Betriebsrätin bis zum 3. August 2015 und sodann als Wahlvorstandsmitglied seit dem 3. August 2015 ihr einen einheitlichen Kündigungsschutz gewähre, der nicht etwa ein neues Zustimmungsverfahren gem. § 103 BetrVG erfordere. Da die Klägerin am Beschlussverfahren 18 TaBV 6/14 beteiligt gewesen sei, könne sie im vorliegenden Rechtsstreit nicht mehr einwenden, dass der vom Landesarbeitsgericht festgestellte Kündigungsgrund (Arbeitsverweigerung am 3. Juni 2014) nicht gegeben sei. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts seien für die hiesigen Parteien bindend. Es komme nicht darauf an, ob die Klägerin den Kündigungsschutz einmal als Betriebsratsmitglied und einmal als Wahlvorstandsmitglied genossen habe. Vielmehr sei maßgeblich, dass ihr ein durchgehender und lückenloser Kündigungsschutz zugestanden habe, weshalb ihr Arbeitsverhältnis ohne Betriebsratszustimmung wegen der noch immer maßgeblichen Arbeitsverweigerung vom 3. Juni 2014 nicht habe gekündigt werden dürfen. In einem Fall, in dem das Betriebsratsmitglied zurücktrete und am gleichen Tag ohne die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber eine Kündigung ausspreche, in den Wahlvorstand gewählt werde, sei der lückenlose Kündigungsschutz ohne weiteres gewährleistet. Die Beurteilungskriterien für eine Zustimmung zur Kündigung eines Betriebsratsmitglieds seien keine anderen als die zur Kündigung eines Mitglieds des Wahlvorstandes. Der Betriebsrat hätte nach dem Rücktritt der Klägerin weiterhin die Möglichkeit gehabt, alles zu unternehmen, um die Klägerin vor der aus seiner Sicht nicht gerechtfertigten Kündigung zu schützen. Er hätte insoweit - gleichermaßen wie die Klägerin selbst - die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, die er inhaltlich für nicht richtig erachte, durch eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht angreifen können. Da sich die Beklagte keiner neuen Kündigungsgründe berühme, gebe es auch keinen neuen Sachverhalt, der dem Betriebsrat als Entscheidungsgrundlage vorzutragen wäre.
Die Rechtsauffassung der Klägerin würde zu absurden Ergebnissen führen: Unter ihrer Zugrundelegung müsste bezogen auf die Kündigungsgründe vom 3. Juni 2014 ein weiteres Zustimmungsersetzungsverfahren gem. § 103 BetrVG eingeleitet werden. Der Betriebsrat könnte seine Zustimmung - ohne dass neue Gründe hierfür gegeben wären - verweigern, woraufhin sich das Arbeitsgericht und ggfs. das Landesarbeitsgericht nochmals mit dem Sachverhalt befassen müssten. Damit hätte es die Klägerin mit ihrer Amtsniederlegung in der Hand, die Umsetzung der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts vom 16. Juli 2015 faktisch im Ergebnis doch noch zu vereiteln. Dies sei mit dem Schutzzweck des § 15 KSchG nicht in Einklang zu bringen. Vom Arbeitgeber zu finanzierende Betriebsratswahlen dienten nicht dazu, den Kündigungsschutz eines Betriebsratsmitglieds, das eklatant gegen seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen verstoßen und deshalb Anlass zur fristlosen Kündigung gegeben habe, ad infinitum zu verlängern.
Der erneute Zustimmungsantrag sei vorsorglich beim Betriebsrat für den Fall gestellt worden, dass das erkennende Gericht eine andere Rechtsauffassung vertreten sollte.
Der Klägerin stünden keine Zahlungsansprüche mehr zu, vielmehr liege eine Überzahlung vor.
Die Beklagte habe das Entgelt noch bis 7. September 2015 abgerechnet und ausbezahlt, obwohl das Arbeitsverhältnis bereits durch die fristlose Kündigung vom 10. August 2015 beendet worden sei.
Die Klägerin hat hierauf erwidert:
Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 103 BetrVG sei durchgängig dahin ausgerichtet, dass jede auszusprechende Kündigung eines Betriebsrats - oder Wahlvorstandsmitglieds einer eigenen Zustimmung des Betriebsrats bedürfe. Schon nach dem Wortlaut von § 103 BetrVG werde zwischen dem besonderen Kündigungsschutz des Betriebsrats - und des Wahlvorstandsmitglieds unterschieden.
Durch die Niederlegung des Betriebsratsamtes am 3. August 2015 sei die nicht erfolgte Betriebsratszustimmung und deren Ersetzung durch Beschluss des Landesarbeitsgerichts gegenstandslos geworden und habe sich in diesem Sinne "erledigt". Dabei sei nicht von einer Erledigung im Sinne des § 91 a ZPO auszugehen, sondern von einer tatsächlichen Erledigung in dem Sinne, dass das Verfahren "gegenstandslos" werde. Insofern sei ein Rechtsmittel gegen den Zustimmungsbeschluss des Landesarbeitsgerichts auch gar nicht mehr möglich gewesen.
Durch die Niederlegung des Betriebsratsamtes sei gem. § 24 Nr. 2 BetrVG die Mitgliedschaft im Betriebsrat beendet. Es gebe keine Möglichkeit mehr, das Zustimmungsersetzungsverfahren fortzusetzen. Nichts anderes habe der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats dem Landesarbeitsgericht mitteilen wollen, als er das Beschlussverfahren für erledigt erklärt habe. Das einzig mögliche Rechtsmittel, nämlich die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 92 a ArbGG, wäre nicht zulässig gewesen, da sich das Zustimmungsersetzungsverfahren erledigt gehabt habe.
Es sei nicht rechtsmissbräuchlich, wenn die Klägerin von ihrem betriebsverfassungsrechtlichen Recht, zunächst ihr Amt niederzulegen und sich dann umzuentscheiden und doch dem Gremium Wahlvorstand und jetzt Betriebsrat wieder zur Verfügung zu stehen, Gebrauch mache, zumal die Klägerin nichts dafür könne, dass keine Ersatzmitglieder mehr zur Verfügung stünden. Die Klägerin habe im Moment ihres Rücktritts nicht an die Folgen für das Gremium gedacht und dies auch nicht tun müssen, da es sich um ihre höchstpersönliche auf der Enttäuschung über den Beschluss des Landesarbeitsgerichts beruhende Entscheidung gehandelt habe.
Der Betriebsrat habe zu keinem Zeitpunkt der Kündigungsabsicht der Beklagten gegenüber der Klägerin zugestimmt. Hierzu bedürfe es im Übrigen eines nicht existierenden entsprechenden Betriebsratsbeschlusses.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 17. Februar 2016 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die zulässige Klage sei unbegründet, weil die Kündigung vom 10. August 2015 das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 11. August 2015 beendet habe, weshalb der die Kündigung vom 8. September 2015 betreffende Klageantrag ebenfalls unbegründet sei.
Es könne offenbleiben, ob dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 16. Juli 2015 eine präjudizielle Wirkung zukomme oder nicht. Jedenfalls stelle der von der Beklagten dargestellte Sachverhalt einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB dar, der unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles eine außerordentliche Kündigung rechtfertige. Die Beklagte habe auch die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten. Das Handeln der Beklagten, die am 4. August 2015 vom Wegfall des Sonderkündigungsschutzes der Klägerin als Betriebsratsmitglied erfahren und die Kündigung vom 10. August 2015 am 11. August 2015 durch Boten in W. zugestellt habe, sei angesichts der Umstände des Falls als unverzüglich im Sinne des § 121 BGB anzusehen.
Die Kündigung verstoße auch nicht gegen § 15 Abs. 3 KSchG, da es der Klägerin gem. § 242 BGB verwehrt sei, sich auf den Kündigungsschutz für Wahlvorstände zu berufen. Ihr Verhalten sei als rechtsmissbräuchlich zu werten. Der Klägerin und ihren Betriebsratskollegen sei ein kollusives Verhalten zu Lasten des Arbeitgebers vorzuwerfen. Die Klägerin habe durch ihren Rücktritt überhaupt erst dafür gesorgt, dass der Betriebsrat neu gewählt werden musste. Der Einwand der Klägerin, sie habe die Folgen ihres Rücktritts nicht bedacht, sei wenig überzeugend. Es dürfe unterstellt werden, dass sie als langjährige Betriebsrätin über entsprechende betriebsverfassungsrechtliche Grundkenntnisse verfüge. Nach ihrem eigenen Vortrag seien es vor allem ihre Erfahrungen und Kenntnisse gewesen, die den Betriebsrat bewogen hätten, sie als Wahlvorstand zu benennen. Es überzeuge auch nicht, wenn sie auf der einen Seite vortrage, nach der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts vom 16. Juli 2015 drei Wochen mit sich gerungen zu haben, bevor sie ihren Rücktritt erklärte, auf der anderen Seite jedoch behaupte, sich nach der Betriebsratssitzung innerhalb kürzester Zeit umentschieden zu haben.
Die Anträge auf Weiterbeschäftigung und Zahlung von Annahmeverzugslohn seien nicht zur Entscheidung angefallen.
Gegen das ihr am 4. März 2016 zugestellte arbeitsgerichtliche Urteil hat die Klägerin am 11. März 2016 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 6. Juni 2016 am 1. Juni 2016 begründet.
Die Klägerin trägt vor:
Eine rechtskräftige Zustimmungsersetzung zur Kündigung, die Bindungswirkung für den nachfolgenden Kündigungsschutzprozess habe, liege nicht vor. Der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 16. Juli 2015 sei nicht rechtskräftig geworden, sondern habe sich durch die Entscheidung der Klägerin, ihr Betriebsratsamt niederzulegen, erledigt, weshalb ein Rechtsmittel der Klägerin oder des Betriebsrats gegen den Beschluss nicht mehr zulässig gewesen wäre. Eine Nichtzulassungsbeschwerde allein mit der Zielrichtung der Feststellung, dass sich das Verfahren erledigt habe, sei unzulässig. Die Zulassungsgründe nach §§ 72 a, 72 ArbGG sähen dies nicht vor. Wenn das Arbeitsgericht hier ohne eigenständige Begründung im Sinne des Landesarbeitsgerichts im Beschlussverfahren entscheide, komme dies einer nicht gegebenen präjudiziellen Wirkung gleich. Das Landesarbeitsgericht habe zu Unrecht eine beharrliche Arbeitsverweigerung angenommen. Sie habe ihre Arbeitszeit schon jahrelang auf Montag bis Donnerstagnachmittag verteilt, was auch mit dem Geschäftsführer der Beklagten abgestimmt gewesen sei. Hintergrund sei ihre private Lebensgestaltung gewesen, da sie sich nur die Woche über in P. aufgehalten, ansonsten aber ihren Wohnsitz zusammen mit ihrem Ehemann in W. begründet habe. Der Geschäftsführer habe aber aus nicht ausreichend begründeten betrieblichen Umständen ihre Arbeitszeit auf Montag bis Freitagvormittag begrenzen und sie auch zu Wochenendarbeiten verpflichten wollen. Da sie ihre Betriebsratstätigkeit in der Regel montags erledigt habe und an diesem Tag auch die regelmäßigen Betriebsratssitzungen stattfanden, hätte die von der Beklagten gewünschte Arbeitszeitverteilung auch in die Planung des Betriebsrats eingegriffen. Es stelle sich auch die Frage, warum die Stellvertreterin der Klägerin nicht auch am Donnerstagnachmittag und Freitag deren Aufgaben übernehmen könne, wenn sie sowieso einspringen müsse, wenn die Klägerin Betriebsratstätigkeit mache. Auch die Interessenabwägung des Landesarbeitsgerichts sei fehlerhaft erfolgt. Die Kündigung vom 10. August 2015 sei auch nicht rechtzeitig erfolgt. Aus § 91 SGB IX analog iVm. § 121 BGB ergebe sich eine Überlegungsfrist von drei Tagen, gerechnet spätestens ab dem 4. August 2015. Eine umfassende Rechtsprüfung, die eine Überlegungsfrist von einer Woche rechtfertige, sei nicht erforderlich gewesen. Jedenfalls hätte die Beklagte vorsorglich kündigen und außerdem ein weiteres Zustimmungsersetzungsverfahren einleiten können. Es sei nicht rechtsmissbräuchlich, wenn die Klägerin von ihrem betriebsverfassungsrechtlichen Recht Gebrauch mache, zunächst ihr Amt niederzulegen und sich dann umzuentscheiden und sich als Wahlvorstand zur Verfügung zu stellen, zumal die Klägerin nichts dafür könne, dass keine Ersatzmitglieder mehr zur Verfügung standen. Für die Übernahme des Wahlvorstandsamtes habe es auch vernünftige Gründe gegeben, denn den anderen Betriebsratsmitgliedern habe die Sachkenntnis gefehlt. Es sei auch nicht widersprüchlich, wenn sie sich wiederum ca. zwei Monate nach Amtsniederlegung als Betriebsrätin und Zurverfügungstellung für das Amt des Wahlvorstands entschieden habe, doch für den neuen Betriebsrat zu kandidieren. Es gebe keinen einheitlichen Kündigungsschutz nach § 15 KSchG, vielmehr habe sie als Wahlvorstandsmitglied einen neuen Kündigungsschutz begründet. Die Zielrichtung eines Schutzes als Betriebsrat bzw. Wahlvorstandsmitglied sei jeweils eine andere.
Die Klägerin beantragt:
Die Beklagte beantragt:
Sie trägt vor:
Die rechtskräftige Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 16. Juli 2015 sei für den hiesigen Kündigungsschutzprozess bindend. Die Klägerin trage keine neuen Tatsachen vor, die eine abweichende Entscheidung rechtfertigen könnten, weil sie vom Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg nicht berücksichtigt werden konnten. Es gebe keinen Rechtssatz, wonach der Arbeitgeber nach Mitteilung einer Betriebsratsamtsniederlegung und Berufung in den Wahlvorstand bei einem noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Zustimmungsersetzungsverfahren eine Kündigung unverzüglich aussprechen müsse. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht die Unverzüglichkeit auch sachlich zutreffend bejaht. Ein Rechtsanwalt dürfe seinem Mandanten nicht leichtfertig und ohne genaue Prüfung der Rechtslage zu Kündigungen raten, die einen Kündigungsschutzprozess mit nicht unerheblicher Kostenlast für den Mandanten nach sich zögen. Betriebsrat und Klägerin hätten erkennbar den Versuch unternommen - ausgehend von der Rechtsauffassung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin, gleichzeitig auch Prozessbevollmächtigte des Betriebsrats, wonach der Kündigungsschutz eines Betriebsratsmitglieds ein anderer sei als der eines Wahlvorstandsmitglieds -, durch einen "neuen" Kündigungsschutz als Wahlvorstand die Präklusionswirkung des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts vom 16. Juli 2015 zu umgehen. Nach der Rechtsauffassung der Klägerin würde mit ihrer nun am 5. Oktober 2015 erfolgten erneuten Wahl zur Betriebsrätin ein weiteres, drittes Zustimmungsverfahren erforderlich.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens in beiden Instanzen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Die Berufungskammer hat die Akte des Beschlussverfahrens 18 TaBV 6/14 vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg zu Informationszwecken beigezogen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin hat insoweit Erfolg als sie sich gegen die Abweisung ihrer gegen die außerordentliche Kündigung vom 10. August 2015 gerichteten Kündigungsschutzklage richtet. Im Übrigen war sie als unbegründet zurückzuweisen.
A
Die Berufung der Klägerin ist gem. § 64 Abs. 2 lit. b und c ArbGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.
B
Die Berufung der Klägerin ist teilweise begründet.
I.
Auf die Berufung der Klägerin war ihrer Kündigungsschutzklage gegen die außerordentliche Kündigung vom 10. August 2015 stattzugeben. Diese Kündigung ist gem. § 134 BGB iVm. § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG und § 103 Abs. 2 BetrVG nichtig, da die hierzu erforderliche Zustimmung des Betriebsrats nicht vorlag und nicht rechtskräftig durch gerichtliche Entscheidung ersetzt war.
1. Der Arbeitgeber kann einem durch § 103 Abs. 1 BetrVG iVm. § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG besonders geschützten Arbeitnehmer erst dann wirksam eine außerordentliche Kündigung aussprechen, wenn der Beschluss über die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung (§ 103 Abs. 2 BetrVG) rechtskräftig ist. Eine vor diesem Zeitpunkt erklärte Kündigung ist nicht nur schwebend unwirksam, sondern unheilbar nichtig (BAG 20. März 1975 - 2 ABR 111/74 - BAGE 27, 93). Die Ersetzung der Zustimmung beruht auf der Gestaltungswirkung des gerichtlichen Beschlusses, die nach § 85 Abs. 1 und § 87 Abs. 3 ArbGG nicht vor der Rechtskraft eintreten kann (BAG 30. Mai 1978 - 2 AZR 637/76 - BAGE 30, 320). Die formelle Rechtskraft tritt, sofern die Rechtsbeschwerde gegen den die Zustimmung ersetzenden Beschluss des Landesarbeitsgerichts nicht zugelassen worden ist, mit dem Ablauf der Frist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde oder mit der Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde durch das Bundesarbeitsgericht ein (BAG 9. Juli 1998 - 2 AZR 142/98 - BAGE 89, 220).
Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (25. Januar 1979 - 2 AZR 983/77 - BAGE 31, 253; 25. Oktober 1989 - 2 AZR 342/89 - [...]), wonach der Beschluss des Landesarbeitsgerichts über die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung schon dann vor Eintritt der formellen Rechtskraft unanfechtbar wird, wenn sich aus den Gründen der zugestellten Entscheidung ergibt, dass eine Divergenzbeschwerde offensichtlich unstatthaft bzw. aussichtslos ist, ist nach der Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes zum 1. Januar 2005, wonach jetzt die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde auch auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützt werden kann, überholt (LAG Niedersachsen 22. Januar 2010 - 10 Sa 424/08 - LAGE BetrVG 2001 § 103 Nr. 10). Ihr wäre überdies auch nicht zu folgen, weil dies zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit führen würde (BAG 30. Mai 1978 - 2 AZR 637/76 - BAGE 30, 320; Raab in GK-BetrVG 10. Aufl. § 103 Rn. 87; vgl. auch BAG 9. Juli 1998 - 2 AZR 142/98 - BAGE 89, 220; Besgen NZA 2011, 133, 134).
2. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 10. August 2015 gem. § 134 BGB nichtig.
a) Im für die Beurteilung, ob Sonderkündigungsschutz nach § 103 BetrVG vorliegt, maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung iSd. § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB (BAG 27. September 2012 - 2 AZR 955/11 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 74 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 42) war die Klägerin Mitglied des Wahlvorstands und unterlag damit der Sonderkündigungsschutzvorschrift des § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG.
Insoweit hatte die erkennende Kammer in tatsächlicher Hinsicht davon auszugehen, dass die Klägerin in der Betriebsratssitzung vom 3. August 2015 ihr Betriebsratsamt niederlegte, sodann gegen 15.00 Uhr die Betriebsratssitzung verließ und vom verbleibenden Betriebsratsgremium sodann um 17.00 Uhr zum Wahlvorstandsmitglied bestellt wurde. Das Berufungsvorbringen der Beklagten, sie bestreite den Vortrag der Klägerin zum Geschehensablauf in der Betriebsratssitzung vom 3. August 2015, ist unbeachtlich. Zum einen ist der entsprechende Ablauf im unstreitigen Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils festgehalten, ohne dass die Beklagte dem mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag entgegengetreten wäre. Zum anderen ist auch nicht ersichtlich, was die Beklagte mit ihrem Vorbringen streitig stellen will. Sie geht selbst davon aus, dass die Klägerin am 3. August 2015 zum Wahlvorstand bestellt wurde, was voraussetzt, dass ein Grund für eine Betriebsratsneuwahl vorlag. Als Grund hierfür kommt auch nach ihrem Vortrag nur der Umstand in Betracht, dass die Klägerin ihr Betriebsratsamt verloren hatte und gem. § 13 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG mangels vorhandener Ersatzmitglieder Neuwahlen einzuleiten waren. Ursache hierfür kann auch nach dem Beklagtenvortrag nur gewesen sein, dass die Klägerin zuvor ihr Betriebsratsamt niedergelegt hatte.
b) In rechtlicher Hinsicht hatte die Klägerin somit durch Niederlegung ihres Betriebsratsamts gegen 15.00 Uhr gem. § 24 Nr. 2 BetrVG ihre Betriebsratsmitgliedschaft beendet mit der Folge, dass ihre Kündigung gem. § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG nicht mehr der Zustimmung des Betriebsratsgremiums gem. § 103 BetrVG bedurfte (BAG 5. November 2009 - 2 AZR 487/08 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 65 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 64). Mit der Bestellung zum Mitglied des Wahlvorstands gegen 17.00 Uhr des gleichen Tages trat nun allerdings wieder gem. § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG ein Umstand ein, der für eine ihr gegenüber auszusprechende Kündigung aus wichtigem Grund das Vorliegen der Zustimmung des Betriebsrats oder deren rechtskräftige Ersetzung durch das Arbeitsgericht voraussetzte. Unerheblich ist, dass das Betriebsratsgremium mit Rücktritt der Klägerin von ihrem Betriebsratsamt mangels weiterer Ersatzmitglieder nur noch aus vier Betriebsratsmitgliedern bestand. Dieser Restbetriebsrat blieb einstweilen im Amt (Richardi/Thüsing BetrVG 15. Aufl. § 22 Rn. 4) und war folglich weiterhin im Rahmen des Verfahrens nach § 103 Abs. 2 BetrVG zu beteiligen (HWK/Rinke 7. Aufl. § 103 BetrVG Rn. 11).
Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten kann die Erklärung des Betriebsrats vom 4. August 2015 gegenüber dem Landesarbeitsgericht, wonach das Zustimmungsersetzungsverfahren "erledigt" sei, nicht als Zustimmungserklärung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung der Klägerin ausgelegt werden. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Betriebsrat der Kündigung nunmehr zustimmen wollte, vielmehr hat er nur auf den Umstand hingewiesen, dass seiner Rechtsauffassung nach das eingeleitete und noch nicht rechtskräftig abgeschlossene Zustimmungsersetzungsverfahren im Hinblick auf die Niederlegung des Betriebsratsamtes seitens der Klägerin erledigt sei.
Somit war ab dem Zeitpunkt der Bestellung der Klägerin zum Wahlvorstand am 3. August 2015 wiederum - nunmehr gem. § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG - die vorherige Zustimmung des Betriebsrats oder deren gerichtliche Ersetzung zur außerordentlichen Kündigung der Klägerin erforderlich. Sinn und Zweck von § 103 Abs. 1 BetrVG sowie § 15 KSchG ist, den Mandatsträgern die erforderliche Unabhängigkeit für die Ausübung ihres Amtes und die Kontinuität der Amtsführung zu sichern. Dem Arbeitgeber soll die Möglichkeit genommen werden, sich unbequemer Mandatsträger durch eine unberechtigte oder gar willkürliche Kündigung zu entledigen (BAG 18. September 1997 - 2 ABR 15/97 - BAGE 86, 298). Damit wird grundsätzlich sichergestellt, dass der betreffende Mandatsträger seine betriebsverfassungsrechtlichen Funktionen weiterhin im Betrieb ausüben kann (BAG 17. September 1981 - 2 AZR 402/79 - AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 14). In diesem Zusammenhang soll § 15 Abs. 3 KSchG die Durchführung der Betriebsratswahl erleichtern (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 419/12 - AP KSchG 1969 § 9 Nr. 70 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 65). Bei Zugang der Kündigung vom 10. August 2015 am 11. August 2015 lagen weder die Zustimmung des Betriebsratsgremiums noch die rechtskräftige Zustimmungsersetzung vor.
c) Für die Annahme des Arbeitsgerichts, die Klägerin und die übrigen Betriebsratsmitglieder hätten kollusiv den Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG herbeigeführt, fehlt es nach Auffassung der Berufungskammer an hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten.
aa) Mit dem Arbeitsgericht ist zunächst davon auszugehen, dass die Berufung auf den besonderen Kündigungsschutz im Einzelfall gem. § 242 BGB ausgeschlossen sein kann. Dies hat das Bundesarbeitsgericht etwa bejaht, wenn der Verhinderungsfall eines Betriebsratsmitglieds kollusiv zu dem Zweck herbeigeführt wurde, dem Ersatzmitglied den besonderen Kündigungsschutz zu verschaffen (BAG 8. September 2011 - 2 AZR 388/10 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 70 = EzA BetrVG 2001 § 25 Nr. 3; 12. Februar 2004 - 2 AZR 163/03 - AP KSchG 1969 § 15 Ersatzmitglied Nr. 1 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 56).
bb) Im vorliegenden Fall würde dies voraussetzen, dass der Rücktritt der Klägerin und die eingeleitete Betriebsratswahl mit der Bestellung der Klägerin zum Wahlvorstand inszeniert waren und eine rechtsmissbräuchliche Ausnutzung betriebsverfassungsrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten darstellten, durch die die Präklusionswirkung des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts vom 16. Juli 2015 umgangen werden sollte (vgl. LAG Hessen 3. September 2009 - 9 TaBVGa 159/09 - NZA-RR 2010, 246). Dies erscheint zwar durchaus denkbar, ist aber nicht zwingend. Genauso möglich ist auch, dass die Klägerin wie von ihr geschildert unter dem Eindruck der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts - die Betriebsratssitzung am 3. August 2015 dürfte angesichts der üblichen zeitlichen Lage der Betriebsratssitzungen jeweils montags die erste nach der am 27. Juli 2015 an die Verfahrensbevollmächtigten des Beschlussverfahrens erfolgte Übermittlung der Sitzungsniederschrift des Landesarbeitsgerichts vom 16. Juli 2015 gewesen sein - in der Betriebsratssitzung am 3. August 2015 ihr Amt niederlegte und die Sitzung verließ. Die zwei Stunden später erfolgte Berufung der Klägerin zum Wahlvorstand lässt sich ohne Weiteres auch mit dem Sachargument rechtfertigen, dass die Klägerin durch ihre langjährige Betriebsratstätigkeit auch als dessen Vorsitzende über besondere Kenntnisse im Betriebsverfassungsrecht verfügte und schon beanstandungsfrei mehrere Betriebsratswahlen als Wahlvorstand begleitet hatte, zumal sich die Klägerin durch den "Rückzug" auf die weniger exponierte Position eines Wahlvorstandes zunächst der nach übereinstimmendem Vortrag der Parteien auf Konfrontation angelegten Betriebsratstätigkeit entzog. Auch der Umstand, dass die Klägerin sich dann später doch wieder zu einer Betriebsratskandidatur "umentschieden" hat, lässt nicht mit der nötigen Sicherheit darauf schließen, dass der zunächst erfolgte Rücktritt vom Betriebsratsamt und die dann vorgenommene Bestellung zum Wahlvorstand in kollusivem Zusammenwirken von Klägerin und Betriebsratsgremium erfolgten.
d) Der Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 16. Juli 2015 im Beschlussverfahren 18 TaBV 6/14 wurde mit Ablauf des 04. September 2015 rechtskräftig. Dieser Beschluss wurde den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten am Beschlussverfahren am 4. August 2015 zugestellt. Das Landesarbeitsgericht hat die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen. Die einmonatige Frist zur Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde nach Zustellung des Beschlusses gem. §§ 92a, 72a Abs. 2 Satz 1 ArbGG lief am Freitag, dem 4. September 2015 ab. Da weder der Betriebsrat noch die am Beschlussverfahren gem. § 103 Abs. 2 Satz 2 BetrVG beteiligte Klägerin eine solche Beschwerde eingelegt haben, wurde der Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 16. Juli 2015 mit Ablauf des 4. September 2015 rechtskräftig (§ 222 Abs. 1 ZPO iVm. §§ 186, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB).
e) Da die Kündigung vom 10. August 2015 im Hinblick auf den Sonderkündigungsschutz der Klägerin als Wahlvorstand somit gem. § 15 Abs. 3 Satz 1 BetrVG der rechtskräftig ersetzten Zustimmung des Betriebsrats bedurfte und der Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 16. Juli 2015 erst mit Ablauf des 4. September 2015 rechtskräftig wurde, ist die Kündigung vom 10. August 2015 gem. § 134 BGB unwirksam.
II.
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung der Kündigungsschutzklage gegen die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 7. September 2015 richtet. Diese ist vielmehr wirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Kündigungszugang am 8. September 2015 beendet.
Die Kündigung vom 7. September 2015 erfolgte nach rechtskräftiger Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats durch das Landesarbeitsgericht. Sonstige Gründe, die zur Unwirksamkeit der Kündigung führen könnten, sind nicht gegeben.
1. Die Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung der Klägerin ist wegen des rechtskräftig gewordenen Beschlusses des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 16. Juli 2015 (Az. 18 TaBV 6/14) rechtskräftig ersetzt worden.
Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin ist der Beschluss nicht "ohne Rechtswirkung", weil die Klägerin am 3. August 2015 durch ihren Rücktritt als Betriebsrätin in der Betriebsratssitzung gegen 15.00 Uhr ihren vollen Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG verlor (HaKo/Nägele-Bergner 5. Aufl. § 15 KSchG Rn. 77) und erst gegen 17.00 Uhr ein weiterer voller Sonderkündigungsschutz in Form ihrer Bestellung zum Wahlvorstand nach § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG begründet wurde (HaKo/Nägele-Bergner aaO Rn. 78), weshalb für den zweistündigen Zeitraum zwischen 15.00 Uhr und 17.00 Uhr das Zustimmungserfordernis gem. § 103 BetrVG zu ihrer Kündigung entfallen war.
Kann eine Kündigung wegen Beendigung des Sonderkündigungsschutzes ohne Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 BetrVG erfolgen, so wird das Zustimmungsersetzungsverfahren nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts "gegenstandslos" (BAG 27. Juni 2002 - 2 ABR 22/01 - EzA BetrVG 1972 § 103 Nr. 43). Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin bedeutet dies nicht, dass der Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 16. Juli 2015 quasi "automatisch" ohne jegliche Rechtswirkung wäre bzw. sich das Zustimmungsersetzungsverfahren "erledigt" hätte. Diese Schlussfolgerung ist im vorliegenden Fall aus zwei Gründen unrichtig: Ein Beschlussverfahren kann nicht von Amts wegen für erledigt erklärt werden, es kommt nur eine Einstellung des Verfahrens zB nach einer Erledigungserklärung der Beteiligten bzw. eine Rücknahme in Betracht. Der Fall, dass während eines Zustimmungsverfahrens die Zustimmungsbedürftigkeit der Kündigung wegfällt, weil der Arbeitnehmer nicht mehr zu dem geschützten Personenkreis gehört oder weil der Betriebsrat nachträglich der Kündigung zustimmt, ist nach den Regeln über die Erledigung des Verfahrens (§ 83a Abs. 2 und Abs. 3 ArbGG) zu lösen (BAG 23. Juni 1993 - 2 ABR 58/92 - AP ArbGG 1979 § 83a Nr. 2 = EzA BetrVG 1972 § 103 Nr. 34). Eine Erledigungserklärung hat die Klägerin gegenüber dem Landesarbeitsgericht nicht abgegeben, für eine solche wäre gegenüber dem Landesarbeitsgericht nach Verkündung des Beschlusses vom 16. Juli 2015 auch kein Raum mehr gewesen (BAG 3. Juni 2015 - 2 AZB 116/14 - AP ArbGG 1979 § 83a Nr. 14 = EzA ArbGG 1979 § 83a Nr. 11). Ein Beschluss wird wie ein Urteil mit seiner Verkündung mit allen prozessualen und materiell-rechtlichen Wirkungen existent (BGH 21. April 2015 - VI ZR 132/13 - NJW 2015, 2342) und beendet die Entscheidungstätigkeit in der Instanz mit der Folge, dass das erkennende Gericht gem. § 318 ZPO an seine Entscheidung gebunden ist (Leipold in Stein/Jonas ZPO 22. Aufl. § 310 Rn. 1). Die Klägerin hätte die Erledigterklärung nach Schluss der mündlichen Verhandlung - ungeachtet des Umstands, dass eine Erledigterklärung der antragstellenden Arbeitgeberin nicht vorlag - allenfalls im Rahmen einer einzulegenden Nichtzulassungsbeschwerde gegenüber dem Bundesarbeitsgericht abgeben können (vgl. BGH 1. März 2007 - 1 ZR 249/02 - NJW-RR 2007, 694
[BGH 01.03.2007 - I ZR 249/02]
; Hausherr MDR 2010, 973, 974).
Im Übrigen hat sich das Zustimmungsersetzungsverfahren durch den Wegfall des vollen Sonderkündigungsschutzes der Klägerin durch den Rücktritt vom Betriebsratsamt auch gar nicht erledigt.
Das Bundesarbeitsgericht hat für den Fall, dass sich unmittelbar an einen Sonderkündigungsschutz als Betriebsratsmitglied aufgrund einer Wiederwahl vor Ablauf der Amtszeit des alten Betriebsrats ein weiterer Sonderkündigungsschutz als Betriebsratsmitglied angeschlossen hat, darauf erkannt, dass sich das eingeleitete Zustimmungsersetzungsverfahren hierdurch nicht erledigt hat, sondern fortgeführt werden kann (BAG 19. September 1991 - 2 ABR 14/91 - [...]).
Aus dieser Rechtsprechung wird in der Instanzrechtsprechung und der Literatur zum Teil der Schluss gezogen, dass die Möglichkeit einer Fortführung des eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahrens nur für den Fall einer ununterbrochenen Amtszeit des Betriebsratsmitglieds besteht (LAG München 14. September 2005 - 10 TaBV 11/04 - [...]; Eylert/Sänger RdA 2010, 24, 30; MüKoBGB/Hergenröder 7. Aufl. § 15 KSchG Rn. 146; Richardi/Thüsing BetrVG 15. Aufl. § 103 Rn. 76a). Diese Auffassung dürfte, wie der vorliegende Fall zeigt, zu eng sein. Verliert der Mandatsträger sein Amt vor Ende des Zustimmungsersetzungsverfahrens, so wird der Antrag des Arbeitgebers auf Ersetzung der Zustimmung aufgrund des entfallenen Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, denn der Arbeitgeber ist zunächst nicht gehindert, nunmehr eine Kündigung ohne durch das Gericht ersetzte Zustimmung auszusprechen. Im vorliegenden Fall besteht aber die Besonderheit, dass schon zwei Stunden nach Wegfall des Zustimmungserfordernisses gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG ein neues Zustimmungserfordernis nach § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG eintrat und die Beklagte in diesem nur 2 Stunden währenden Zeitraum schon mangels Kenntnis vom Wegfall des einen vollen Sonderkündigungsschutzes vor Eintritt des anderen gar keine Möglichkeit hatte, von dieser Kündigungsbefugnis Gebrauch zu machen. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, diesen Fall rechtlich anders zu behandeln als den der zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19. September 1991 zu Grunde liegenden Fall des durchgehenden Sonderkündigungsschutzes. Ein Rechtsschutzinteresse an der beantragten Zustimmungsersetzung ist nach Eintritt des nunmehrigen vollen Sonderkündigungsschutzes gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG wieder gegeben. Auch sonst ist kein Grund dafür ersichtlich, warum der Arbeitgeber im hier vorliegenden Fall ein neues Zustimmungsersetzungsverfahren einleiten muss - womöglich mit den von Diller (NZA 2004, 579) plastisch beschriebenen Folgen in zeitlicher und finanzieller Hinsicht - nur weil die Klägerin zwischen zwei Tatbeständen vollen Sonderkündigungsschutzes zwei Stunden lang einem solchen nicht unterlag. Vielmehr muss nach hier vertretener Auffassung dem Arbeitgeber auch dann die Möglichkeit eingeräumt werden, das eingeleitete Beschlussverfahren fortzusetzen, wenn der volle Sonderkündigungsschutz des Mandatsträgers entfällt, sich aber in engem zeitlichen Zusammenhang ein erneuter voller Sonderkündigungsschutz anschließt und der Arbeitgeber gar nicht in der Lage war - zum Beispiel wie hier mangels Kenntnis von den kündigungsschutzrechtlich relevanten Vorgängen -, von der zeitlich eng begrenzten Möglichkeit, eine Kündigung auszusprechen, Gebrauch zu machen. Denn die Ausübung eines bestehenden Rechts - auch des Rechts zur außerordentlichen Kündigung - darf nicht durch Verfahrensvorschriften derart erschwert werden, dass dieses praktisch nicht mehr verwirklicht werden kann (so zutreffend BAG 27. Januar 2011 - 2 ABR 114/09 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 68 = EzA BetrVG 2001 § 103 Nr. 8).
2. Das Zustimmungsersetzungsverfahren hat sich auch nicht durch den Ausspruch der Kündigung vom 10. August 2015 objektiv erledigt.
a) Hält der Arbeitgeber an seinem Zustimmungsersuchen gegenüber dem Betriebsrat nicht mehr fest, ist einem bei Gericht anhängigen Zustimmungsersetzungsverfahren die Grundlage entzogen. Es hat sich objektiv erledigt (BAG 28. Februar 2006 - 1 ABR 1/05 - BAGE 117, 123 für das Verfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG).
b) Im Streitfall hat die Beklagte ihr Zustimmungsersetzungsersuchen nicht fallen gelassen. Eine Kündigung, die der Arbeitgeber während des Verfahrens nach § 103 Abs. 2 BetrVG gegenüber dem beteiligten Arbeitnehmer ausspricht, ist jedenfalls dann nicht als Rücknahme des Zustimmungsersuchens gegenüber dem Betriebsrat zu verstehen, wenn die Kündigung nur vorsorglich für den Fall ausgesprochen wurde, dass es einer Zustimmung des Betriebsrats nicht (mehr) bedarf (BAG 27. Januar 2011 - 2 ABR 114/09 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 68 = EzA BetrVG 2001 § 103 Nr. 8). Eine gegenüber dem Arbeitnehmer im Laufe des Zustimmungsersetzungsverfahrens in diesem Sinne vorsorglich ausgesprochene Kündigung seitens des Arbeitgebers lässt dessen Ersuchen um Zustimmung gegenüber dem Betriebsrat und den Fortgang des gerichtlichen Verfahrens nach § 103 Abs. 2 BetrVG unberührt (BAG 12. März 2009 - 2 ABR 24/08 - NZA-RR 2010, 180). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Die Beklagte hat im Kündigungsschreiben vom 10. August 2015 darauf hingewiesen, dass sie im Hinblick auf dessen Erklärung gegenüber dem Landesarbeitsgericht von einer Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung ausgehe und deshalb kündige. Sie hat aber das Zustimmungsersetzungsverfahren nicht für erledigt erklärt und im September 2015 nach Rechtskraft des Beschlusses vom 16. Juli 2015 unter Aufrechterhaltung ihrer auf denselben Lebenssachverhalt gestützten Gründe erneut gekündigt.
3. Unerheblich ist, dass das Landesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 16. Juli 2015 tenoriert hat, dass die Zustimmung des Betriebsrats "zur außerordentlichen verhaltensbedingten fristlosen Kündigung des Betriebsratsmitgliedes S. H. (= Beteiligte zu 3)" ersetzt wird. Mit Rechtskraft dieser Entscheidung stand § 103 BetrVG der fristlosen Kündigung der Klägerin nicht mehr entgegen. Er ist unschädlich, dass die Klägerin bei Rechtskräftigwerden der Entscheidung nicht mehr Mitglied des Betriebsrats sondern des Wahlvorstands war. Streitgegenstand des Verfahrens nach § 103 Abs. 2 BetrVG vor dem Landesarbeitsgericht war die noch auszusprechende außerordentliche Kündigung der Klägerin (vgl. LAG Nürnberg 25. März 1999 - 8 TaBV 21/98). Durch die Rechtskraft des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts wurde die kollektivrechtliche Schranke für die Ausübung dieses Gestaltungsrechts der Beklagten beseitigt (vgl. BAG 15. August 2002 - 2 AZR 214/01 - BAGE 102, 190).
4. Auch im Rahmen der Frage, ob ein wichtiger Grund zur Kündigung im Sinne des § 626 BGB vorliegt, ändert der Umstand, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Kündigungszugangs nicht mehr Betriebsratsmitglied, sondern Wahlvorstand war, nichts.
a) Die rechtskräftige Ersetzung der Zustimmung nach § 103 Abs. 2 BetrVG steht nicht wegen ihrer materiellen Rechtskraft als negative Prozessvoraussetzung der Durchführung einer nachfolgenden Kündigungsschutzklage entgegen. Als negative Prozessvoraussetzung wirkt die materielle Rechtskraft nur, wenn der Streitgegenstand eines zweiten Verfahrens mit dem des ersten Verfahrens identisch ist. An dieser Voraussetzung fehlt es hier, weil das vom Arbeitgeber im Beschlussverfahren nach § 103 Abs. 2 BetrVG verfolgte Begehren, die Zustimmung zur Kündigung zu ersetzen, nicht denselben Streitgegenstand betrifft wie der Antrag des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzverfahren, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die nach der Ersetzung der Zustimmung ausgesprochene Kündigung nicht aufgelöst worden ist (BAG 24. April 1975 - 2 AZR 118/74 - BAGE 27, 113).
b) Diese Verschiedenheit der Streitgegenstände im Beschlussverfahren nach § 103 Abs. 2 BetrVG und im Kündigungsschutzprozess schließt jedoch eine Bindungswirkung der im Beschlussverfahren ergangenen Entscheidung für den nachfolgenden Kündigungsschutzprozess nicht aus. Durch die rechtskräftige Ersetzung der Zustimmung im Beschlussverfahren wird vielmehr die für den Kündigungsschutzprozess präjudizierende Feststellung getroffen, dass eine außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände zu dem damaligen Zeitpunkt berechtigt gewesen wäre. Diese Feststellung wirkt auch gegenüber dem durch die spätere Kündigung betroffenen Arbeitnehmer, weil er im Beschlussverfahren nach § 103 Abs. 2 Satz 2 BetrVG Beteiligter war (BAG 24. April 1975 - 2 AZR 118/74 - BAGE 27, 113; Treber NZA 2016, 744, 746). Folglich kann sich der Arbeitnehmer aufgrund der Präklusionswirkung der rechtskräftigen Entscheidung im Zustimmungsersetzungsverfahren im späteren, die außerordentliche Kündigung betreffenden Kündigungsschutzverfahren nur auf solche Tatsachen berufen - zumindest was das Vorliegen eines wichtigen Grundes betrifft -, die er im Zustimmungsersetzungsverfahren nicht geltend gemacht hat und auch nicht hätte geltend machen können (BAG 15. August 2002 - 2 AZR 214/01 - BAGE 102, 190). Diese Präklusionswirkung wird allerdings auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Beschlussverfahren begrenzt (BAG 30. Mai 1978 - 2 AZR 637/76 - BAGE 30, 320).
Damit ist die Klägerin jedenfalls mit ihrem Einwand, das Landesarbeitsgericht habe ihr Verhalten im Zustimmungsersetzungsverfahren rechtlich unzutreffend als eine die außerordentliche Kündigung rechtfertigende Arbeitsverweigerung angesehen, ausgeschlossen.
Dahingestellt bleiben kann, ob die Klägerin sich auf den nach Schluss der mündlichen Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht eingetretenen Umstand des Wegfalls ihrer Eigenschaft als Betriebsratsmitglied und Bestellung zum Wahlvorstand noch berufen kann oder dem entgegensteht, dass diese Änderung der Tatsachengrundlage noch vor Rechtskraft des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts vom 16. Juli 2015 eintrat. Es erscheint durchaus zweifelhaft, ob das Gericht im vorliegenden Kündigungsschutzverfahren das Vorliegen eines wichtigen Grundes nochmals eigenständig beurteilen darf (ablehnend O/K/S/Scholz Handbuch des arbeitsgerichtlichen Verfahrens 5. Aufl. Rn. 746; Raab in GK-BetrVG 10. Aufl. § 103 Rn. 91). Das Bundesarbeitsgericht hat diesbezüglich in seinem Urteil vom 24. April 1975 (2 AZR 118/74 - BAGE 27, 113) ausgeführt, dass der Arbeitnehmer trotz rechtskräftiger Zustimmungsersetzung im Kündigungsschutzprozess nicht gehindert sei, geltend zu machen, dass sich neue tatsächliche Umstände ergeben hätten, die den früheren Vorgängen, die geeignet waren, einen wichtigen Grund zu bilden, ein anderes Gewicht gäben, und hieraus auch die Notwendigkeit einer neuen Interessenabwägung folgen könne.
Diesbezüglich ist der Umstand, dass sich im Zeitraum zwischen dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 16. Juli 2015 im Zustimmungsersetzungsverfahren und dem Kündigungszugang am 8. September 2015 die Art der Mandatsträgereigenschaft der Klägerin geändert hat, kein Umstand, der im Rahmen der Beurteilung des wichtigen Grundes "an sich" oder Interessenabwägung im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB eine maßgebliche Rolle spielen könnte. Nach hiesiger Auffassung hat schon die Mandatsträgereigenschaft als solche - unabhängig davon, ob es sich um die Betriebsratszugehörigkeit oder die Zugehörigkeit zum Wahlvorstand handelt - im vorliegenden Fall bei der Prüfung, ob ein wichtiger Kündigungsgrund vorliegt, außen vor zu bleiben. Die Eigenschaft als Amtsträger im Sinne des § 15 KSchG verändert nicht das Gewicht einer Pflichtverletzung des Arbeitnehmers und darf daher grundsätzlich weder zu seinen Gunsten noch zu seinen Ungunsten berücksichtigt werden (LAG Köln 28. November 1996 - 6 Sa 844/96 - MDR 1997, 754; APS/Linck 4. Aufl. § 15 KSchG Rn. 125; KR/Etzel/Kreft 11. Aufl. § 15 KSchG Rn. 40). Der Auffassung, dass im Rahmen der umfassenden Interessenabwägung für den wichtigen Grund nach § 626 Abs. 1 BGB auch das kollektive Interesse der Belegschaft an der Erhaltung ihrer gewählten Vertretung besondere Bedeutung zukomme (von Hoyningen-Huene/Linck KSchG 15. Aufl. § 15 Rn. 96) und deshalb neben den individuellen Belangen des Arbeitgebers und des zu kündigenden Arbeitnehmers auch die möglichen kollektiven Interessen des Betriebsrats und der Belegschaft an diesem Arbeitnehmer in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Funktion in die Betrachtung einzubeziehen seien (BAG 22. August 1974 - 2 ABR 17/74 - BAGE 26, 219), ist nur für den Fall zu folgen, dass die Pflichtverletzung, die den Tatbestand des wichtigen Grundes erfüllen soll, seiner Amtstätigkeit entspringt und daher zugleich Amts- und Arbeitsvertragsverletzung sein kann (vgl. BAG 16. Oktober 1986 - 2 ABR 71/85 - AP BGB § 626 Nr. 95 = EzA BGB § 626 nF. Nr. 105; 20. Dezember 1961 - 1 AZR 404/61 - BAGE 12, 141). Denn in diesen Fällen darf nicht aus den Augen verloren werden, dass der Mandatsträger möglicherweise gerade und allein durch die Ausübung seines Amtes in Konflikt mit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten geraten ist (KR/Etzel/Kreft aaO. Rn. 43). In allen anderen Fällen darf die Amtsträgereigenschaft weder beim Betriebsratsmitglied (§ 78 BetrVG) noch beim Wahlvorstand (vgl. BAG 2. April 1981 - 2 AZR 1025/78 - [...]) zu Gunsten oder zu Lasten des Arbeitnehmers berücksichtigt werden.
Bei der Klägerin steht der Kündigungsgrund der wiederholten und beharrlichen Arbeitsverweigerung aber in keinem Zusammenhang mit ihrer Betriebsrats- oder Wahlvorstandstätigkeit. Ihr Vortrag, ihre Betriebsratstätigkeit habe dazu geführt, dass die Anweisung, fünf Tage in der Woche zu arbeiten, rechtswidrig gewesen sei, entbehrt ersichtlich jeder rechtlichen Grundlage und ist nicht geeignet, einen solchen Zusammenhang herzustellen.
Im Übrigen würde sich auch eine konkrete Berücksichtigung ihres Status als Wahlvorstand statt als Betriebsratsmitglied im Rahmen des § 15 KSchG iVm. § 626 BGB nicht zu Gunsten der Klägerin auswirken. Das Bundesarbeitsgericht hat darauf hingewiesen, dass Wahlvorstände im Hinblick auf die bei außerordentlichen Kündigungen anzuwendenden Beurteilungsmaßstäbe Betriebsratsmitgliedern gleichzustellen seien (BAG 2. April 1981 - 2 AZR 1025/78 - aaO.). Dass die Klägerin als Wahlvorstand für den Betriebsrat und die Belegschaft "wertvoller" gewesen sein könnte als zuvor als langjähriges Betriebsratsmitglied und -vorsitzende, erscheint schon generell angesichts der Funktion eines Wahlvorstands, die ordnungsgemäße Durchführung der Betriebsratswahl in organisatorischer Hinsicht zu sichern, schwer denkbar und wird von der Klägerin auch gar nicht behauptet. Sie hat im Gegenteil darauf hingewiesen, dass sie als Wahlvorstand die Betriebsratswahl nur organisieren, sich aber nicht mehr mit dem Geschäftsführer der Beklagten über betriebsverfassungsrechtliche Fragestellungen auseinandersetzen musste.
Selbst wenn schließlich zu Gunsten der Klägerin unterstellt würde, dass das Gericht im Rahmen des anschließenden Kündigungsschutzverfahrens ohne Präjudizbindung an die Feststellung im Zustimmungsersetzungsverfahren, dass ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB vorlag, berechtigt und verpflichtet wäre, im Hinblick auf die nunmehr vorliegende andere Art des Sonderkündigungsschutzes der Klägerin selbständig erneut das Vorliegen eines solchen wichtigen Grundes zu prüfen, würde dies nichts am Ergebnis ändern. Auch nach Auffassung der nunmehr zur Entscheidung berufenen Kammer liegt ein Fall der beharrlichen Arbeitsverweigerung vor, der den eindeutigen Befund ergibt, dass das Interesse der Beklagten an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Interesse der Klägerin an dem Fortbestand überwiegt.
Die Beklagte hat aus einleuchtenden Gründen, nämlich Gästebeschwerden über unzureichende Leistungen des Housekeeping-Teams, dessen Leitung der Klägerin obliegt, angeordnet, dass die Klägerin nunmehr an fünf Tagen in der Woche anwesend sein müsse. Die Klägerin hat sich dagegen nach wie vor nur an drei Tagen in der Woche eingeteilt. Die Klägerin hat sich somit trotz vorausgegangener Er- und Abmahnungen und Hinweisen auf die eindeutige Rechtslage - ein dazu hin noch unverschuldeter Rechtsirrtum ist nicht ansatzweise ersichtlich, vielmehr ergibt sich aus § 37 Abs. 2 BetrVG, dass ein Betriebsratsmitglied seine Betriebsratstätigkeit innerhalb der ihm obliegenden Arbeitszeit zu erbringen hat, aber nicht zunächst eigenmächtig seine für Betriebsratstätigkeit aufzubringende Arbeitszeit festlegen und dem Arbeitgeber nur noch die Zuweisung der "Restarbeitszeiten" überlassen darf - hartnäckig und beharrlich geweigert, eine sich im Rahmen des § 106 GewO haltende Weisung hinsichtlich der Lage ihrer Arbeitszeit - auch einen Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG hat die Klägerin nicht behauptet - zu befolgen, offensichtlich aus privaten Gründen. Angesichts der sich daraus ergebenden Negativprognose hinsichtlich ihres künftigen Verhaltens und des Umstands, dass auch die erteilten Abmahnungen zu keiner Verhaltensänderung geführt haben, war die Beklagte zum Ausspruch der außerordentlichen Kündigung auch unter Berücksichtigung des Lebensalters und der Betriebszugehörigkeitsdauer der Klägerin berechtigt.
5. Die Kündigung vom 7. September 2015 ist auch nicht verfristet.
Liegt die Zustimmungsersetzung rechtskräftig vor, muss der Arbeitgeber in entsprechender Anwendung des § 91 Abs. 5 SGB IX nunmehr unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB), kündigen (BAG 9. Juli 1998 - 2 AZR 142/98 - BAGE 89, 220; APS/Linck 4. Aufl. § 103 BetrVG Rn. 11; aA. Fitting BetrVG 28. Aufl. § 103 Rn. 46, wonach die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB nach Rechtskraft erneut laufen soll).
Die Beklagte hat sich am 7. September 2015 und damit am ersten Arbeitstag nach dem Ablauf der Frist für eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 16. Juli 2015 beim Bundesarbeitsgericht nach dem Eintritt der Rechtskraft erkundigt und sodann die Kündigung vom 7. September 2015 auf den Weg gebracht, die der Klägerin am 8. September 2015 zugestellt wurde. Somit hat die Beklagte - was die Klägerin auch nicht in Abrede stellt - unverzüglich gehandelt.
6. Eine Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG zu dem nach dem Schluss der mündlichen Anhörung im Beschlussverfahren 18 TaBV 6/14 eingetretenen Umstand des Verlustes des Betriebsratsamtes der Klägerin und deren Bestellung zum Wahlvorstand war entbehrlich, weil das Landesarbeitsgericht die verweigerte Zustimmung des Betriebsrats durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung ersetzt hat, die Kündigung wegen dieser tatsächlichen Umstände nicht in einem "neuen Licht" erscheint und die Beklagte die ursprünglich geltend gemachten Kündigungsgründe nach wie vor verfolgt (vgl. KR/Etzel/Kreft 11. Aufl. § 15 KSchG Rn. 66).
III.
Die angesichts der Antragstellung zur Entscheidung angefallenen Hilfsanträge sind als unbegründet abzuweisen.
1. Der Weiterbeschäftigungsantrag ist unbegründet, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Zugang der außerordentlichen Kündigung vom 7. September 2015 am 8. September 2015 beendet wurde.
2. Somit stehen der Klägerin auch keine Annahmeverzugsansprüche ab 8. September 2015 zu.
C.
I.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Kammer hat das Unterliegen der Klägerin mit ihrem Kündigungsschutzantrag gegen die Kündigung vom 7. September 2015 und dem Weiterbeschäftigungsantrag bei Obsiegen mit dem Kündigungsschutzantrag gegen die Kündigung vom 10. August 2015 mit 4/5 bewertet. Die Vergütungsansprüche sind wegen wirtschaftlicher Identität mit den Kündigungsschutzanträgen hier in die Bewertung nicht einzubeziehen.
II.
Die Kammer hat den entscheidungserheblichen Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung beigemessen, weshalb für beide Parteien gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG die Revision zum Bundesarbeitsgericht zuzulassen war.
Betz
Beuß
Verkündet am 15.12.2016