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23.05.2017 · IWW-Abrufnummer 194107

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Beschluss vom 03.04.2017 – 7 Ta 222/16

1. Gemäß § 850e Nr. 1 S. 2 lit. b ZPO sind bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens unter anderem Beträge, die der Schuldner an ein Unternehmen der privaten Krankenversicherung leistet, nicht mitzurechnen, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen.

2. Da mit dem Basistarif in der privaten Krankenversicherung ein Tarif zur Verfügung steht, dessen Leistungsumfang aufgrund gesetzlicher Vorgabe dem Schutzniveau der gesetzlichen Krankenversicherung nicht nachsteht, sind Versicherungsbeiträge oberhalb der für den Basistarif anfallenden Beiträge nicht mehr als "üblich" anzusehen. Oberhalb des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung liegende Versicherungsbeiträge sind daher im Rahmen der Zwangsvollstreckung nicht - zum Nachteil der Gläubiger - zu berücksichtigen (wie LG Stuttgart, Beschluss vom 10. Mai 1992 - 19 T 353/11 - BeckRS 2012, 10972).

3. Dagegen ist nicht bereits jeder Versicherungsbeitrag als nicht mehr "üblich" anzusehen, der oberhalb des hypothetischen individuellen Basistarifs des Schuldners in einer privaten Krankenversicherung liegt.


In dem Beschwerdeverfahren
Firma A., A-Straße, A-Stadt
- Gläubigerin und Beschwerdeführerin -
Prozessbevollmächtigte/r: Rechtsanwälte B., B-Straße, B-Stadt
gegen
Frau C., C-Straße, C-Stadt
- Schuldnerin und Beschwerdegegnerin -
Prozessbevollmächtigte/r: Rechtsanwälte D., D-Straße, D-Stadt
Bank E., E-Straße, E-Stadt
- Drittschuldnerin -
hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz ohne mündliche Verhandlung am 3. April 2017 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Krol-Dickob als Vorsitzende beschlossen:

Tenor:
1. Die Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 18. November 2016, Az. 8 Ga 9/16, in der Fassung des Beschlusses vom 22. Dezember 2016 wird auf Kosten der Gläubigerin zurückgewiesen.


2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.



Gründe



I.



Die Gläubigerin wendet sich gegen die Erhöhung des pfändungsfreien Betrags des laufenden Einkommens der Schuldnerin, eingehend auf deren Pfändungsschutzkonto. Die Schuldnerin ist 1956 geboren und keiner weiteren Person gegenüber unterhaltspflichtig.



Durch Beschluss vom 11. April 2016, Az. 8 Ga 9/16, ordnete das Arbeitsgericht Koblenz unter anderem wegen eines Schadensersatzanspruchs der Gläubigerin gegen die Schuldnerin in Höhe von 2.880.898,00 € wegen Pflichtverletzung und Untreue als Gesamtschuldnerin mit einem weiteren Arrestbeklagten in Höhe von 2.880.898,00 € den dinglichen Arrest in das Vermögen der Schuldnerin an.



Durch einen weiteren Beschluss vom gleichen Tag wurde wegen der Hauptforderung in Höhe von 2.880.898,00 €, wegen der Kosten des Beschlusses und wegen der Zustellungskosten des Beschlusses unter anderem die Forderung der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin E. auf Zahlung der zu Gunsten der Schuldnerin bestehenden Guthaben ihrer sämtlichen Girokonten (insbesondere ihres Kontos 000000000 bei diesem Kreditinstitut) einschließlich der Ansprüche auf Gutschrift der eingehenden Beträge gepfändet, bis der Gläubigeranspruch gedeckt ist.



Ab dem 17. Oktober 2016 erhielt die Schuldnerin Arbeitslosengeld gemäß § 136 SGB III in Höhe von 1.241,40 € monatlich zuzüglich einem monatlichen Beitrag zu ihrer privaten Krankenversicherung in Höhe von 532,23 €. Ihr Versicherungsbeitrag betrug ausweislich einer Bescheinigung für den Arbeitgeber vom 3. Dezember 2015 (Bl. 150 d. A.) ab dem 1. Januar 2016 für Krankenversicherungsschutz "entsprechend der Art der gesetzlichen Krankenversicherung nach Sozialgesetzbuch V (SGB V)" mtl. 662,64 €. Der Beitrag zur privaten Pflegeversicherung in Höhe von 39,75 € wurde von der Agentur für Arbeit unmittelbar an die Krankenversicherung der Schuldnerin überwiesen. Ausweislich einer von der Schuldnerin vorgelegten Auskunft der Z. Krankenversicherung AG vom 23. März 2017 hätte sich in den Monaten November und Dezember 2016 der Basistarif mit einem Erstattungssatz von 100 % hypothetisch auf 589,16 € jeweils belaufen.



Für den Monat Dezember 2016 erhielt die Schuldnerin Arbeitslosengeld in Höhe von 579,32 € und als Zuschuss für die Beiträge zur Krankenversicherung 248,37 €.



Seit dem 15. Dezember 2016 ist die Schuldnerin als Verkäuferin in einem Discountmarkt bei einem Bruttomonatsentgelt in Höhe von 1.537,00 € (1.093,14 € netto) zuzüglich eines Zuschusses zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 131,80 € (112,20 € + 19,60 €; vgl. Abrechnung Januar 2017, Bl. 253 d. A.) tätig. Für die Zeit vom 15. bis 31. Dezember 2016 erhielt die Klägerin von ihrem Arbeitgeber 822,58 € brutto (592,74 € netto) zuzüglich einen Arbeitgeberzuschuss zur privaten Krankenversicherung in Höhe von 60,05 € sowie zur privaten Pflegeversicherung in Höhe von 9,67 €.



Ab dem 1. Januar 2017 reduzierten sich die Beiträge zur privaten Kranken- /Pflegeversicherung der Klägerin auf 377,24 € monatlich infolge einer Reduzierung der Leistungen auf den individuellen Basistarif.



Am 28. Oktober 2016 beantragte die Schuldnerin gemäß § 850k Abs. 4 ZPO, den Teil ihres laufenden Einkommens, welcher den unpfändbaren Betrag ihrer laufenden Einkünfte betreffend das (Pfändungsschutz-)Konto IBAN: 000000000 bei der E. übersteigt, freizugeben und die Pfändung dieses Kontos aufzuheben bzw. den pfändungsfreien Betrag entsprechend zu erhöhen sowie die Zwangsvollstreckung bis zur endgültigen Entscheidung einstweilen einzustellen.



Das Arbeitsgericht Koblenz hat durch Beschluss vom 18. November 2016 für das Pfändungsschutzkonto der Schuldnerin bei der E. (IBAN: 000000000), das durch den Pfändungsbeschluss vom 11. April 2016 gepfändet wurde, abweichend von § 850k Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Abs. 3 ZPO den pfandfreien Betrag auf monatlich 1.748,35 € festgesetzt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht zusammengefasst ausgeführt, die Schuldnerin erhalte ab dem 1. November 2016 ein monatliches Arbeitslosengeld in Höhe von 1.241,40 €. Zusätzlich zahle ihr die Arbeitsagentur einen monatlichen Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 532,23 €. Von dem monatlichen Gesamtbetrag in Höhe von 1.773,63 € zahle die Schuldnerin monatlich einen Betrag in Höhe von 662,64 € als Beitrag zu ihrer privaten Krankenversicherung. Es verbleibe daher ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen von 1.110,99 €. Addiere man hierzu den von der Schuldnerin monatlich zu zahlenden Beitrag zu ihrer privaten Krankenversicherung von 662,64 € hinzu, ergebe sich ein monatlich pfandfrei zu stellender Betrag in Höhe von 1.748,35 €.



Gegen diesen ihr am 24. November 2016 zugestellten Beschluss hat die Gläubigerin mit am 8. Dezember 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Sie hat zur Begründung vorgetragen, für die Bestimmung des pfändungsfreien Betrags sei der durch die Schuldnerin gezahlte Beitrag zu ihrer privaten Krankenversicherung nicht (in voller Höhe von angeblich 662,64 €) zu dem unpfändbaren Betrag gemäß der Tabelle nach § 850c ZPO hinzuzurechnen. Ebenso wenig dürfe für die Berechnung des bereinigten Nettoeinkommens der Schuldnerin der durch diese gezahlte Beitrag zu ihrer privaten Krankenversicherung in voller Höhe von den Zahlungen der Arbeitsagentur abgezogen werden. § 850k Abs. 4 ZPO setze voraus, dass besondere Verhältnisse im Einzelfall in gleicher Weise wie bei der Pfändung von Arbeitseinkommen und gleichgestellten Einkünften eine abweichende Bestimmung der Pfändungsfreigrenze rechtfertigen. Möglich sei über § 850k Abs. 4 ZPO grundsätzlich auch eine Bestimmung über die Berechnung des pfandfreien Betrags zur Freistellung von Leistungen für eine private Krankenversicherung nach § 850e Nr. 1 ZPO. Nach dem LG Stuttgart (Beschluss vom 10. Mai 2012, Az. 19 T 353/11) sei der gemäß § 850e Nr. 1 S. 2 b ZPO zu berücksichtigende Betrag für die Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung nach der Einführung des sog. Basistarifs in der privaten Krankenversicherung auf den Höchstbeitragssatz der gesetzlichen Krankenversicherung begrenzt.



Durch Beschluss vom 22. Dezember 2016 hat das Arbeitsgericht Koblenz der sofortigen Beschwerde der Gläubigerin vom 8. Dezember 2016 insoweit abgeholfen, als der pfändungsfreie Betrag für das Pfändungsschutzkonto der Schuldnerin bei der E., das durch den Pfändungsbeschluss vom 11. April 2016 gepfändet wurde, abweichend von § 850k Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Abs. 3 ZPO ab dem 1. Januar 2017 auf 1.457,23 € monatlich festgesetzt wird. Die weitergehende Beschwerde hat das Arbeitsgericht dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Grundlagen für die Berechnung des pfändungsfreien Betrages (§ 850k Abs. 4 ZPO) hätten sich ab Januar 2017 nach Angaben der Schuldnerin geändert. Sie gehe einer Erwerbstätigkeit nach und werde nach eigenen Angaben nicht mehr als den pfandfreien Mindestbetrag von 1.079,99 € netto monatlich verdienen, der ihr nach der Tabelle des Anhangs zu § 850c ZPO auf jeden Fall verbleibe. Außerdem habe sie durch Vorlage eines Schreibens ihrer privaten Krankenversicherung vom 9. Dezember 2016 nachgewiesen, dass sich ihr monatlicher privater Krankenversicherungsbeitrag ab dem 1. Januar 2017 auf 377,24 € reduzieren werde. Aus der Summe des pfandfreien Mindestbetrages in Höhe von 1.079,99 € und dem privaten Krankenversicherungsbeitrag von 377,24 € ergebe sich ab Januar 2017 ein monatlich pfandfrei zu stellender Betrag in Höhe von 1.457,23 €.



Die Gläubigerin trägt im Beschwerdeverfahren ergänzend vor, soweit die von der Schuldnerin und der Agentur für Arbeit insgesamt gezahlten Monatsbeiträge zur privaten Krankenversicherung den individuellen Beitragssatz der Schuldnerin zum Basistarif überstiegen, dürften diese bei der Festsetzung des pfändungsfreien Betrages nicht berücksichtigt werden.



Für die Zeit ab Januar 2017, in der die Schuldnerin einer Erwerbstätigkeit nachgehe, zahle der Arbeitgeber der Schuldnerin ebenfalls Beiträge zur privaten Krankenversicherung der Schuldnerin (zusätzlich zu dem angeblich von der Schuldnerin gezahlten Monatsbeitrag in Höhe von 377,24 €). Bei der Festsetzung des pfändungsfreien Betrags seien die vom Arbeitgeber gezahlten Beiträge von den insgesamt zu zahlenden Monatsbeiträgen zur privaten Krankenversicherung auf Basis des individuellen Beitragssatzes der Schuldnerin zum Basistarif abzuziehen.



Die Gläubigerin beantragt,



Die Schuldnerin beantragt,



Sie trägt vor, da es sich um eine private Kranken- und Pflegeversicherung handele, führe nicht der Arbeitgeber direkt die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ab. Ihre Arbeitgeberin führe einen Zuschuss zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 131,80 € ab, der an sie ausgezahlt werde und den sie verwenden müsse, um ihrerseits ihren Beitrag in Höhe von 377,24 € für die private Kranken- und Pflegeversicherung leisten zu können. Mithin sei der Betrag in Höhe dem pfändungsfreien Betrag in Höhe von 1.079,99 € vollumfänglich hinzuzurechnen. Nach der Entscheidung des LG Stuttgart vom 10. Mai 2012 sei ihr für die Zeit vor Aufnahme einer Beschäftigung der gesetzliche Beitragssatz (derzeit 17,15 %) der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze (aktuell 4.350,00 €/Monat) zu belassen. Der vom Arbeitsgericht insoweit berücksichtigte Wert von 662,64 € erreiche diesen Wert (746,02 €) bei weitem nicht.



Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.



II.



Die gemäß § 78 S. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 793, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde hat in der Sache - soweit ihr vom Arbeitsgericht nicht abgeholfen wurde - keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den pfändungsfreien Betrag nicht zu hoch angesetzt.



1.



Das Vollstreckungsgericht kann auf Antrag gemäß § 850k Abs. 4 ZPO einen von § 850k Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit § 850 c Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit Abs. 2a ZPO abweichenden pfändungsfreien Betrag festsetzen. Dabei ist § 850e ZPO entsprechend anzuwenden, § 850k Abs. 4 S. 2 ZPO.



Gemäß § 850e Nr. 1 Buchst. b ZPO sind bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens unter anderem Beträge, die der Schuldner an ein Unternehmen der privaten Krankenversicherung leistet, nicht mitzurechnen, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen. Hinsichtlich der Bestimmung dessen, was das "Übliche" im Sinn dieser Vorschrift ist, bieten die unter gleichen Verhältnisse erwachsenden Beitragssätze der gesetzlichen Krankenversicherung einen Anhalt dafür, wann Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung - bzw. der jeweilige individuelle Tarif - den Rahmen des Üblichen übersteigen (LG Stuttgart, Beschluss vom 10. Mai 2012 - 19 T 353/11 - BeckRS 2012, 10972 Rn. 16 m. w. N.; MüKoZPO/Smid ZPO § 850e Rn. 4; Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2004, § 850e Rn.8; Wieczorek/Schütze, ZPO, 4 Aufl. 2015, § 850e Rn. 11). Dabei ist grundsätzlich entscheidend, ob der zu gewährende Versicherungsschutz dem der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht, mögen auch die Beiträge höher sein als die der öffentlichen Kassen (KG, Beschluss vom 21. Dezember 1984 - 1 W 5496/83 - [...]; Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl. 2015, § 850e Rn. 11; a. A. LG Berlin, Beschluss vom 20. März 1994 - 81 T 483/93 - [...]). Ein höherer Beitrag als die unter gleichen Verhältnissen erwachsenden Sätze der gesetzlichen Krankenversicherung soll dann zu berücksichtigen sei, wenn der Versicherungsschutz demjenigen öffentlicher Kassen entspricht (Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., Band 8, 2004, § 850 e Rn. 5).



Mit dem Basistarif in der privaten Krankenversicherung steht seit dem 1. Januar 2009 ein Tarif zur Verfügung, dessen Leistungsumfang aufgrund gesetzlicher Vorgabe dem Schutzniveau der gesetzlichen Krankenversicherung nicht nachsteht. Der Basistarif orientiert sich stark an der gesetzlichen Krankenversicherung - sowohl hinsichtlich der Kosten als auch der Leistungen. Es gilt im Wesentlichen der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung und der entsprechende Höchstbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung. Anders als bei der gesetzlichen Krankenversicherung spielt das Einkommen bei der Berechnung der Beiträge keine Rolle. Relevant sind vielmehr persönliche Faktoren wie das Alter, der Beruf und der Gesundheitszustand. Unabhängig davon wird der Beitrag ab einer bestimmten Höhe gekappt. Der pro versicherte Person zu zahlende Höchstbeitrag entspricht dem jeweils gültigen Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung. Ist es dem privat Krankenversicherten möglich, in den Basistarif zu wechseln, und ist mit einem solchen Wechsel - wegen des Gleichlaufs des Basistarifs mit dem gesetzlichen Pflichtversicherungsschutz - kein sozial inadäquater Leistungsverlust verbunden, sind Versicherungsbeiträge oberhalb der für den Basistarif anfallenden Beiträge nicht mehr als "üblich" anzusehen. Dem Schuldner ist grundsätzlich ein Tarifwechsel zumutbar. Oberhalb des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung liegende Versicherungsbeiträge sind daher im Rahmen der Zwangsvollstreckung nicht - zum Nachteil der Gläubiger - zu berücksichtigen (LG Stuttgart, Beschluss vom 10. Mai 2012 - 19 T 353/11 - BeckRS 2012, 10972 Rn. 20).



Dagegen ist - entgegen der Ansicht der Gläubigerin - nicht bereits jeder Versicherungsbeitrag als nicht mehr "üblich" anzusehen, der oberhalb des hypothetischen individuellen Basistarifs des Schuldners in seiner privaten Krankenversicherung liegt (so aber im Ergebnis AG Montabaur, Beschluss vom 25. April 2013 - 14 IK 20/13 - [...]). § 850e Ziff. 1 b ZPO stellt bereits nach seinem Wortlaut nicht auf mindestens vom Schuldner zu zahlende Beiträge ab, sondern bestimmt, dass Beiträge an ein Unternehmen der privaten Krankenversicherung nicht mitzurechnen sind, "soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen". Auch stellt § 850e ZPO nicht ausdrücklich auf den an ein Unternehmen der privaten Krankenversicherung zu zahlenden hypothetischen individuellen Basistarif ab. Die nach der Einführung des Basistarif erfolgte Änderung des § 850e ZPO hat der Gesetzgeber ebenfalls nicht zum Anlass für eine entsprechende Änderung genommen. Mit dem Anknüpfen an "den Rahmen des Üblichen" hat der Gesetzgeber gerade in Kauf genommen, dass nicht in jedem Fall der denkbar günstigste Beitrag zugrunde gelegt wird. Schließlich ist der Höchstbeitrag für den Basistarif einfach und rechtssicher zu bestimmen.



2.



Die von der Klägerin zu zahlenden Krankenversicherungsbeiträge im Jahr 2016 in Höhe von monatlich 662,64 € lagen unterhalb des Höchstbeitrags für den Basistarif für das Jahr 2016 in Höhe von 665,29 € monatlich, der sich aus der Multiplikation des allgemeinen Beitragssatzes (für das Jahr 2016 gemäß § 241 SGB V: 14,6%) zuzüglich des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes nach § 242a Abs. 2 SGB V (im Jahr 2016: 1,1%) mit der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung (für das Jahr 2016: 50.850,00 €) ergibt (vgl. § 152 Abs. 3 S. 1 VAG). Der von ihr gezahlte Krankenversicherungsbeitrag war daher in den Monaten November und Dezember 2016 in vollem Umfang bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens nicht mitzurechnen.



Für die Zeit ab dem 1. Januar 2017 zahlt die Klägerin lediglich ihren individuellen Basistarif in Höhe von 377,24 € für Kranken- und Pflegeversicherung. Dieser Beitrag ist daher bei der Berechnung in vollem Umfang zu berücksichtigen.



3.



Hieraus ergibt sich für den Monat November 2016 folgende Berechnung:



Für den Monat Dezember 2016 berechnet sich der pfändungsfreie Betrag wie folgt:



Der Arbeitgeber der Schuldnerin hat ausweislich der von dieser vorgelegten Abrechnung für den Monat Januar 2017 (Bl. 253 d. A.) vom Bruttoentgelt direkt abgeführt lediglich Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung. Die Zuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung hat er hingegen an die Schuldnerin zur Weiterleitung an die private Krankenversicherung ausgezahlt.



Für die Zeit ab dem 1. Januar 2017 ergibt sich folgende Berechnung:



4.



Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO sowie aus der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG.



Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, unter welchen Voraussetzungen vom Schuldner an ein Unternehmen der privaten Krankenversicherung geleistete Beiträge "den Rahmen des Üblichen" im Sinn des § 850e Nr. 1 b ZPO übersteigen und inwieweit auf den so genannten Basistarif in der privaten Krankenversicherung abzustellen ist (§ 78 S. 2 in Verbindung mit § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

Krol-Dickob

Vorschriften§ 136 SGB III, § 850k Abs. 4 ZPO, § 850k Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 3 ZPO, § 850c ZPO, § 850e Nr. 1 ZPO, § 850e Nr. 1 S. 2 b ZPO, § 78 S. 1 ArbGG, §§ 793, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO, § 850e ZPO, § 850k Abs. 4 S. 2 ZPO, § 850e Nr. 1 Buchst. b ZPO, § 850e Ziff. 1 b ZPO, § 241 SGB V, § 242a Abs. 2 SGB V, § 152 Abs. 3 S. 1 VAG, § 97 Abs. 1 ZPO, § 3 Abs. 2 GKG, § 850e Nr. 1 b ZPO, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG

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