03.05.2017 · IWW-Abrufnummer 193651
Landesarbeitsgericht Bremen: Urteil vom 28.09.2016 – 3 Sa 62/16
In dem Rechtsstreit
Kläger und Berufungskläger,
Proz.-Bev.:
gegen
Beklagter und Berufungsbeklagter,
Proz.-Bev.:
hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Bremen aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. September 2016
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht,
den ehrenamtlichen Richter
den ehrenamtlichen Richter
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 15.03.2016 - 11 Ca 11153/14 - wird auf seine Kosten als unbegründet zurückgewiesen.
2. Die Revision wird gegen dieses Urteil zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die tarifliche Eingruppierung des Klägers.
Der Kläger ist seit dem 7. August 2000 bei dem Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden u.a. der Rahmentarifvertrag für die Hafenarbeiter der Deutschen Seehafenbetriebe, die Sonderbestimmungen für die Häfen im Lande Bremen und der Eingruppierungsvertrag für die Hafenarbeiter der Deutschen Seehafenbetriebe, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Mai 2000 begründet wurde, Anwendung.
Der Eingruppierungsvertrag für die Hafenarbeiter der Deutschen Seehafenbetriebe, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Mai 2000 begründet wurde (im Folgenden: Eingruppierungstarifvertrag) lautet auszugsweise wie folgt (Bl. 8 d.A.):
"Lohngruppe V
Hafenfacharbeiter, die die Hafenfacharbeiterprüfung auf betriebliche Veranlassung absolviert haben."
Die Tarifvertragsparteien haben am 14. Mai 1975 eine Vereinbarung abgeschlossen, deren Nr. 5 wie folgt lautet:
"Die Hafeneinzelbetriebe und der G. e.V. sind verpflichtet, die weitere Ausbildung ihrer sich hierfür freiwillig entscheidenden Arbeitnehmer zum Hafenfacharbeiter durch Teilnahme an den im Auftrage der "Hafenfachschule im Lande Bremen" vom Hafenbetriebsverein im Lande Bremen e. V. angebotenen Funktionsausbildungskreisen zu ermöglichen."
Die Vergütung des Klägers erfolgt derzeit nach der Stammlohngruppe III.
Im Jahr 2012 hat der Kläger mit der Ausbildung zum VC- Fahrer begonnen, diese jedoch aufgrund eines Arbeitsunfalles unterbrochen.
Am 4. Juni 2013 gab es ein Personalgespräch zwischen dem Kläger und Frau J. seitens des Beklagten. Über dieses Gespräch fertigte Frau J. ein Protokoll (Bl. 90 d.A.), mit folgendem Hinweis:
"Herr H. äußerte den Wunsch, an einer Fortbildung zum Hafenfacharbeiter teilnehmen zu können."
Im Vorfeld der Hafenfacharbeiterausbildung legte der Beklagte dem Kläger eine "Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag" vor, die u.a. folgende Regelung enthielt:
"Es besteht Einvernehmen darüber, dass die Teilnahme des Mitarbeiters an der modularen Lehrgangsform zur Ausbildung zum Hafenfacharbeiter auf freiwilliger Basis erfolgt. Die Ausbildung erfolgte nicht auf betriebliche Veranlassung...."
Dieses Schreiben vom 14. August 2013 unterzeichnete der Kläger "unter Vorbehalt", nachdem er den Satz "Die Ausbildung erfolgt nicht auf betriebliche Veranlassung" durchgestrichen hatte. Am 26. August 2013 hat der Kläger die Ausbildung zum Hafenfacharbeiter aufgenommen und im Dezember 2013 abgeschlossen. Der Kläger wurde von dem Beklagten zum Hafenfacharbeiterlehrgang angemeldet. In der dem Kläger vorgelegten Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag hat der Kläger die Passage "Die Ausbildung erfolgt nicht auf betriebliche Veranlassung" gestrichen und den Vertrag unter Vorbehalt unterzeichnet (Bl. 5 d.A.).
Mit anwaltlichem Schreiben vom 24. Februar 2014 forderte der Kläger von dem Beklagten unter Berufung auf die Hafenfacharbeiterausbildung die Eingruppierung in die Lohngruppe V (Blatt 9/10 d. A.).
Mit seiner am 21. Mai 2014 beim Arbeitsgericht Bremen- Bremerhaven eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung seiner Eingruppierung in die Lohngruppe V und entsprechende Vergütung.
Der Kläger hat vorgetragen, die Fortbildung zum Hafenfacharbeiter sei auf betriebliche Veranlassung erfolgt. Dem Kläger sei mitgeteilt worden, dass er nach Erwerb des VC-Scheins zwingend an der Ausbildung zum Hafenfacharbeiterausbildung teilnehmen müsse. Er habe sich nicht freiwillig in eine Liste eingetragen. Das Personalgespräch mit Frau J. sei aus dem Kontext gerissen. Er habe den Hafenfacharbeiterschein nur im Zusammenhang mit der VC- Ausbildung machen wollen.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, den Kläger gemäß seinem Beschäftigungsbeginn am 07.08.2000 entsprechend dem Eingruppierungstarifvertrag für die Hafenarbeiter der deutschen Seehafenbetriebe, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Mai 2000 begründet wird, in Lohngruppe V einzugruppieren und dementsprechend zu vergüten.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat vorgetragen, er habe mit der Zuweisung zur Hafenfacharbeiterfortbildung lediglich seine Pflicht aus dem Tarifvertrag vom 14. Mai 1975 erfüllt. Die Hafenfacharbeiterausbildung sei nicht auf betriebliche Veranlassung absolviert worden. Der Beklagte biete den Mitarbeitern die Ausbildung zum Hafenfacharbeiter und zum VC- Fahrer an. Dies sei rechtlich als bloßes Angebot anzusehen und keine Verpflichtung im Sinne einer betrieblichen Veranlassung. Im Übrigen sei es nicht zutreffend, dass für die VC-Ausbildung der Hafenfacharbeiterabschluss erforderlich sei.
Mit Urteil vom 15. März 2016 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass der Kläger nicht hinreichend dargelegt habe, dass der Beklagte seine Ausbildung zum Hafenfacharbeiter veranlasst habe. Vielmehr habe der Kläger selbst den Wunsch geäußert, eine solche Ausbildung zu absolvieren. Ein etwaiger Irrtum des Klägers, dass die Ausbildung zum Hafenfacharbeiter zwingend mit der Ausbildung zum VC Fahrer verbunden gewesen sei, ändere nichts daran, dass die Ausbildung des Klägers zum Hafenfacharbeiter nicht auf betriebliche Veranlassung erfolgt sei.
Gegen dieses ihm am 19. April 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22. April 2016 Berufung eingelegt und diese am 6. Juni 2016 begründet.
Der Kläger vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Der Kläger meint, die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass seine Ausbildung zum Hafenfacharbeiter im tariflichen Sinne aus betrieblicher Veranlassung erfolgt sei, sei im vorliegenden Fall umgekehrt. Dies ergebe sich daraus, dass der Kläger in dem von dem Beklagten vorgelegten Vordruck,
dass seine Teilnahme am Lehrgang freiwillig erfolgt sei, das Wort "freiwillig" gestrichen habe. Zudem habe das Arbeitsgericht die Entstehungsgeschichte des vorliegenden Falles verkannt. Der Kläger sei Mitte 2012 vom Mitarbeiter des Beklagten Herrn F. angerufen und aufgefordert worden, eine Ausbildung zum VC Fahrer zu machen. Hierzu sei eine gesonderte Gruppe von Mitarbeitern zusammengestellt worden, die zunächst einen Eignungstest und eine Gesundheitsprüfung zu absolvieren gehabt hätten. Nach Absolvierung der Tests habe eine Versammlung mit den betreffenden Mitarbeitern stattgefunden. Der Beklagte habe mitgeteilt, dass die Ausbildung zum VC Fahrer eine Vorstufe für die Hafenfacharbeiterausbildung sein solle. Der Kläger habe jedoch gar nicht die Absicht gehabt, eine Hafenfacharbeiterausbildung zu absolvieren. Er habe lediglich geplant, die Ausbildung zum VC Fahrer zu machen. Nachdem diese Ausbildung aufgrund der Erkrankung des Klägers zunächst unterbrochen worden sein, habe er nach Wiedergenesung im Gespräch am 4. Juni 2013 mit der Mitarbeiterin des Beklagten Frau S. die Fortsetzung der Ausbildung zum VC Fahrer erörtert. In diesem Gespräch habe der Beklagte, wie bereits zuvor in der Versammlung deutlich gemacht, dass die Ausbildung zum VC Fahrer mit der Hafenfacharbeiterausbildung verbunden sei. Da jedoch zum Zeitpunkt dieses Gesprächs lediglich ein Lehrgang für die Hafenfacharbeiterausbildung jedoch nicht für die Ausbildung zum VC Fahrer angeboten worden sei, seien die Parteien so verblieben, dass der Kläger die Hafenfacharbeiterausbildung durchlaufen solle, um im Anschluss die VC Ausbildung zu absolvieren. Dass der Kläger die Ausbildung zum Hafenfacharbeiter absolviert habe, obwohl er lediglich eine Ausbildung zum VC Fahrer habe machen wollen, habe allein an dem aktuellen Lehrgangsangebot gelegen. Dass er die Ausbildung zum Hafenfacharbeiter alleine deswegen gemacht habe, damit er die Ausbildung zum VC Fahrer absolvieren könne, belege auch der Umstand, dass der Beklagte ihn zum fraglichen Zeitpunkt zur Hafenärztin geschickt habe, damit sie diese Tauglichkeit des Klägers als VC Fahrer prüfe.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgericht Bremen Bremerhaven vom 15. März 2016 - 11 Ca11153/14 - die Beklagte zu verurteilen, den Kläger gemäß Beschäftigungsbeginn 7. August 2000 entsprechend dem Eingruppierungstarifvertrag ab Januar 2014 in die Lohngruppe V einzustufen und seine Arbeitsleistung entsprechend zu vergüten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Die Berufung sei unzulässig, da der Kläger lediglich sein Vorbringen erster Instanz wiederhole. Die Berufung sei auch unbegründet, da die Ausbildung des Klägers zum Hafenfacharbeiter nicht auf betriebliche Veranlassung erfolgt sei. Es fehle an einem konkreten Einwirken des Beklagten auf den Kläger zur Absolvierung der Hafenfacharbeiterausbildung. Der Beklagte habe als Leiharbeitgeber überhaupt keine Veranlassung, die Ausbildung zum Hafenfacharbeiter zu forcieren. Dies ergebe sich daraus, dass die Anforderung der Mitarbeiter des Beklagten durch die Hafeneinzelbetriebe nicht auf die Zurverfügungstellung von Facharbeitern gerichtet sei. Vielmehr erfolge die Überlassung der Arbeitnehmer des Beklagten allein nach den angeforderten Funktionen. Hierfür sei eine Facharbeiterausbildung nicht erforderlich, da die Mitarbeiter des Beklagten auch nach Absolvierung der Hafenfacharbeiterausbildung üblicherweise dieselben Tätigkeiten bei den Hafeneinzelbetrieben ausübten wie vor der Ausbildung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften verwiesen.
Entscheidungsgründe
A.
Die Berufung des Klägers gegen das am 15. März 2016 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven ist zulässig. Das Rechtsmittel ist wegen des Werts des Beschwerdegegenstandes statthaft (§§ 64 Abs. 2 b, 8 Abs. 2 ArbGG). Der Kläger hat die Berufung auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 519, 520 ZPO, 66 Abs. 1 ArbGG).
B.
Die Berufung ist nicht begründet.
I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Eingruppierung in Lohngruppe V des Eingruppierungsvertrags für die Hafenarbeiter der deutschen Seehafenbetriebe, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Mai 2000 begründet wird.
1. Die Parteien haben vorliegend das Tatbestandsmerkmal "auf betriebliche Veranlassung" der Lohngruppe V des Eingruppierungsvertrags als Voraussetzung für die Gewährung einer Vergütung nach der Lohngruppe V nicht wirksam einzelvertraglich abbedungen.
Eine solche Rechtsfolge kann nicht aus der "Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag" vom 14. August 2013 hergeleitet werden. Durch die Streichung des Satzes "Die Ausbildung erfolgt nicht auf betriebliche Veranlassung" hat der Kläger das ursprüngliche Angebot des Beklagten auf Abschluss einer Zusatzvereinbarung inhaltlich geändert und damit abgelehnt verbunden mit einem neuen Antrag (§ 150 Abs. 2 BGB). Inhaltlich war dieser Antrag darauf gerichtet, dass die Teilnahme des Klägers an der Ausbildung zum Hafenfacharbeiter auf "freiwilliger Basis" erfolgt. Ungeachtet der Frage, ob der Beklagte dieses Angebot des Klägers angenommen hat, beinhaltet eine solche Vereinbarung jedenfalls keinen einvernehmlichen Verzicht der Arbeitsvertragsparteien im Hinblick auf die Tatbestandsvoraussetzung der betrieblichen Veranlassung für die Eingruppierung in die Lohngruppe V. Nach dem Wortsinn ("freiwilliger Basis") war das geänderte Angebot des Klägers lediglich darauf gerichtet, dass der Kläger nicht zur Teilnahme an der Hafenfacharbeiterausbildung verpflichtet gewesen ist. Dieser Vereinbarung, dass der Kläger die Ausbildung freiwillig absolviert, kommt im Hinblick auf die Ziffern 5 bis 7 des Tarifvertrags zwischen dem Hafenbetriebsverein im Lande Bremen e.V. und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr - Bezirksverwaltung Weser-Ems - vom 14. Mai 1975 auch eine eigenständige rechtliche Bedeutung zu, da der Beklagte nach diesen Regelungen verpflichtet ist, die weitere Ausbildung seiner sich hierzu freiwillig entscheidenden Arbeitnehmer zum Hafenfacharbeiter zu ermöglichen und entsprechende Kosten zu übernehmen.
2. Der Kläger erfüllt nicht das Tatbestandsmerkmal "auf betriebliche Veranlassung" der Lohngruppe V des Eingruppierungsvertrags für die Hafenarbeiter der Deutschen Seehafenbetriebe.
a) Ausgehend von den Grundsätzen zur Auslegung von Tarifverträgen spricht der Wortlaut zunächst dafür, dass allein die Ermöglichung einer Hafenfacharbeiterausbildung im Rahmen des Arbeitsverhältnisses dem Erfordernis der "betrieblichen Veranlassung" nicht genügt. Das Wort "Veranlassung" bedeutet "Anregung", "Antrieb", "Beweggrund" (Wahrig Deutsches Wörterbuch 9. Aufl. Stichwort "Veranlassung" S. 1560). Wenn jemand etwas veranlasst, sorgt er dafür, dass etwas geschieht, ordnet etwas an, bewirkt etwas (Wahrig Deutsches Wörterbuch 9. Aufl. Stichwort "veranlassen" S. 1560). Die Formulierung spricht dafür, dass in einer bestimmenden Weise auf den Willen einer anderen Person eingewirkt wird, die über die bloße Gestattung einer Handlung hinausgeht (so auch LAG Bremen 15. Oktober 2013 - 1 Sa 32/13, Revision anhängig unter dem Az. 4 AZR 112/14; LAG Bremen 11. Mai 2016 - 3 Sa 19/16 nicht rk).
b) Dieses Wortverständnis findet sich auch in anderen arbeitsrechtlichen Zusammenhängen wieder. So geht das Bundesarbeitsgericht regelmäßig von einem durch den Arbeitgeber veranlassten Aufhebungsvertrag oder eine veranlasste Eigenkündigung des Arbeitnehmers aus, wenn der Arbeitgeber bei dem Arbeitnehmer im Hinblick auf eine konkret geplante Betriebsänderung die berechtigte Annahme hervorgerufen hat, mit der eigenen Initiative zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses komme er lediglich einer sonst unvermeidlichen betriebsbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber zuvor. Der bloße Hinweis auf eine unsichere Lage des Unternehmens, auf notwendig werdende Betriebsänderungen und die nicht auszuschließende Möglichkeit des Arbeitsplatzverlustes genüge danach nicht, um in diesem Sinn einen vom Arbeitgeber gesetzten Anlass anzunehmen. Arbeitgeberseitig veranlasst sei eine Eigenkündigung des Arbeitnehmers oder ein Aufhebungsvertrag jedoch, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zuvor mitgeteilt habe, er habe für ihn nach Durchführung der Betriebsänderung keine Beschäftigungsmöglichkeiten mehr (vgl. BAG 25. März 2003 - 1 AZR 169/02 - EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 6; 15. Mai 2007 - 1 AZR 370/06 - Rn. 13 mwN, ZIP 2007, 1575
[BAG 15.05.2007 - 1 AZR 370/06]
). Es ist anzunehmen, dass diese Rechtsprechung den Tarifvertragsparteien bekannt gewesen ist, da sie in dem Eingruppierungsvertrag auch Tarifverträge in Bezug nehmen, die erst ab 1. April 2010 geschlossen worden sind. Zudem handelt es sich nicht um eine neue, sondern nur die Fortführung einer Rechtsprechung jedenfalls seit 1992 (vgl. BAG 20. April 1994 - 10 AZR 323/93 - zu II 2 b der Gründe mwN, AP Nr. 77 zu § 112 BetrVG 1972 = EzA BetrVG 1972 § 112 Nr. 75; 28. Oktober 1992 - 10 AZR 406/91 - zu II 1 der Gründe, AP BetrVG § 112 Nr. 65 = EzA BetrVG 1972 § 112 Nr. 75). Allen diesen Entscheidungen ist insoweit gemeinsam, dass eine konkrete Einwirkung seitens des Arbeitgebers auf den Willen des Arbeitnehmers gegeben sein muss und allgemeine Hinweise nicht genügen. Ein entsprechendes Wortverständnis hat auch das Landesarbeitsgericht Hamm in seinem Urteil vom 30. August 2007 (- 17 Sa 969/07 - Rn. 56 mwN, EzB BBiG § 12 Nr. 25) zugrunde gelegt. Das Gericht hat eine "Veranlassung" dann angenommen, wenn die Einflussnahme des Ausbilders auf den Besuch einer auswärtigen Berufsschule eine erhebliche Qualität erhält, nämlich der Ausbilder den Wunsch geltend macht, der Auszubildende solle nicht die nächstgelegene, sondern eine andere Berufsschule mit weiterem Anfahrtsweg besuchen. In seiner diesbezüglichen Revisionsentscheidung vom 22. Dezember 2009 (- 3 AZR 936/07 - AP Nr. 13 zu § 5 BBiG) hat das Bundesarbeitsgericht eine "Veranlassung" dann nicht angenommen, wenn der Ausbildende den Auszubildenden lediglich bei der Berufsschule anmeldet.
c) Danach spricht bereits der Wortlaut der tarifvertraglichen Regelung dafür, dass eine "betriebliche Veranlassung" für eine Eingruppierung in Lohngruppe V des Eingruppierungsvertrags nur dann angenommen werden kann, wenn der Arbeitgeber auf den Hafenarbeiter konkret eingewirkt hat, dieser solle die Hafenfacharbeiterprüfung ablegen. Es ist auch davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien mit der Formulierung der üblichen Auslegung nach dem Wortlaut Rechnung tragen wollten, da anzunehmen ist, dass die Verwendung bestimmter Termini durch die Tarifvertragsparteien im Zweifel bedeutet, dass sie in ihrer zutreffenden rechtlichen oder fachlichen Bedeutung zu verstehen sind (vgl. hierzu BAG 13. Mai 1998 - 4 AZR 107/97 - AP Nr. 242 zu §§ 22, 23 BAT 1975; 11. November 2010 - 8 AZR 393/09 -).
d) Dieser Wille der Tarifvertragsparteien folgt auch aus einem Vergleich mit der Vorgängerregelung des Eingruppierungsvertrages vom 26. März 1986, in der geregelt war:
"Lohngruppe V/1
Hafenfacharbeiter, die vor der zuständigen Industrie- und Handelskammer die Facharbeiterprüfung bestanden haben (Hafenfacharbeiter)".
Aus diesem Vergleich ergibt sich klar, dass allein das Bestehen der Facharbeiterprüfung zum Hafenfacharbeiter nicht mehr genügen sollte, sondern zukünftig auf die betriebliche Veranlassung abgestellt werden sollte, also ein Einwirken auf den Willen des Arbeitnehmers, die Prüfung abzulegen (LAG Bremen 15. Oktober 2013 - 1 Sa 32/13). Einem solchen Einwirken ist immanent, dass der Arbeitgeber aller Voraussicht nach lediglich dann in der Weise auf den Willen des Arbeitnehmers einwirkt, wenn auch ein Bedarf an seiner Beschäftigung in der angestrebten Form besteht, d. h. wenn der Arbeitnehmer voraussichtlich als Hafenfacharbeiter gebraucht wird.
e) Dass allein der Erwerb der Qualifizierung für eine entsprechende Eingruppierung zukünftig nicht mehr genügen sollte, ergibt sich auch aus dem systematischen Zusammenhang. In anderen Eingruppierungsmerkmalen wird zum Teil nur auf die Qualifikation abgestellt (so z. B. in Lohngruppe VI Handwerker mit anerkanntem Ausbildungsberuf und nach drei Berufsjahren oder in Lohngruppe III Handwerker mit anerkanntem Ausbildungsberuf und ohne Berufserfahrung).
f) Auch die Praktikabilität der Regelung führt zu dem gefundenen Auslegungsergebnis. Abgesehen von Lohngruppen, in denen die Tarifvertragsparteien ausdrücklich festlegen, dass lediglich eine bestimmte Qualifikation ausreichen soll, spricht viel dafür, eine bestimmte Eingruppierung solle nur dann erfolgen, wenn die Tätigkeit, die die höhere Qualifikation erfordert, auch tatsächlich ausgeübt wird. Dies spricht dafür, die Erfüllung des Merkmals "auf betriebliche Veranlassung" nur dann anzunehmen, wenn der Arbeitgeber mindestens prognostisch ein Interesse daran hatte, durch die Qualifizierung den konkreten Hafenfacharbeiter entsprechend einsetzen zu können.
g) Hinzu kommt, dass der Beklagte über keine eigenen Arbeitsplätze verfügt, sondern sein Geschäftsfeld darin besteht, seine Arbeitnehmer an die Hafeneinzelbetriebe zu überlassen. Da eine betriebliche Veranlassung der Ausbildung zum Hafenfacharbeiter dazu führt, dass der entsprechende Arbeitnehmer Anspruch auf Eingruppierung in die Vergütungsgruppe V hat, der Beklagte jedoch über entsprechend qualifizierte Arbeitsplätze nicht selbst bestimmen kann, spricht dies auch grundsätzlich dagegen, dass der Beklagte durch betriebliche Veranlassung eine Vergütungspflicht nach der Vergütungsgruppe V auslöst, ohne zu wissen, ob er den betreffenden Arbeitnehmer auch auf diesem Niveau an einen Hafeneinzelbetrieb überlassen kann. Durch die betriebliche Veranlassung besteht nämlich für den Beklagten die Gefahr, einen Arbeitnehmer nach der Vergütungsgruppe V vergüten zu müssen, ohne die entsprechende Vergütung auch beim Hafeneinzelbetrieb in Rechnung stellen zu können, weil der Hafeneinzelbetrieb den betreffenden Arbeitnehmer für eine geringwertigere Tätigkeit anfordert und entsprechend entlohnt.
h) Der Kläger erfüllt daher bei Beachtung der aufgeführten Kriterien nicht das Merkmal "auf betriebliche Veranlassung".
aa) Eine betriebliche Veranlassung liegt nicht bereits deshalb vor, weil der Beklagte dem Kläger die Ausbildung ermöglicht und die Ausbildungs- und Fahrtkosten übernommen hat. Hierzu war er schon nach den Ziffern 5 bis 7 des Tarifvertrags zwischen dem Hafenbetriebsverein im Lande Bremen e.V. und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr - Bezirksverwaltung Weser Ems - vom 14. Mai 1975 verpflichtet, wonach u. a. der Beklagte die weitere Ausbildung seiner sich hierzu freiwillig entscheidenden Arbeitnehmer zum Hafenfacharbeiter ermöglichen muss und entsprechende Kosten zu übernehmen hat. Auch eine beim Betriebsrat ausliegende Liste, in die sich der Kläger eingetragen hat, genügt nicht. Abgesehen davon, dass unklar ist, inwieweit der Beklagte dieses Vorgehen veranlasst hat, fehlt es an dem erforderlichen konkreten Bezug zu dem Kläger. Die bloße Äußerung eines allgemeinen Bedarfs genügt ebenfalls nicht. Es hätte eines Hinwirkens konkret den Kläger betreffend bedurft, er solle die Ausbildung zum Hafenfacharbeiter absolvieren.
bb) Ein solches Hinwirken des Beklagten zur Hafenfacharbeiterausbildung ergibt sich vorliegend auch nicht aus dem Vortrag des Klägers, dass er lediglich eine Ausbildung zum VC Fahrer habe absolvieren wollen, der Beklagte ihn aber verpflichtet habe, auch die Hafenfacharbeiterausbildung zu absolvieren, da beide Ausbildungen untrennbar miteinander verbunden seien. Damit trägt der Kläger vor, dass er die Ausbildung zum VC Fahrer in der Kenntnis habe absolvieren wollen, dass er auch die Ausbildung zum Hafenfacharbeiter absolvieren müsse. War dem Kläger somit bewusst, dass diese beiden Ausbildungen untrennbar miteinander verbunden sind, so umfasste seine Initiative zur Ausbildung zum VC Fahrer im Ergebnis auch die Hafenfacharbeiterausbildung. Mit seiner Initiative zur Ausbildung zum VC Fahrer hat er damit auch die Veranlassung zur Ausbildung zum Hafenfacharbeiter gesetzt. An diesem Umstand ändert sich auch nichts dadurch, dass nach dem Vortrag des Klägers die Reihenfolge der Ausbildungen nach Abbruch der ursprünglichen Ausbildung zum VC Fahrer aufgrund der Erkrankung des Klägers später vertauscht wurde. Die Initiative zu den Ausbildungen war zu diesem Zeitpunkt bereits durch den Kläger gesetzt worden.
cc) Auch der Anruf des Mitarbeiters F. Mitte 2012 stellte keine betriebliche Veranlassung im Tarifsinne dar. In diesem Telefonat hatte der Mitarbeiter F. den Kläger nicht konkret aufgefordert eine Ausbildung zum Hafenfacharbeiter durchzuführen. Nach dem Vortrag des Klägers beschränkte sich das Gespräch auf eine Tätigkeit als VC Fahrer. Anhaltspunkte dafür, dass es sich hierbei nicht nur um eine bloße Anregung, sondern um eine konkrete Aufforderung des Beklagten handelt, sind für die Kammer nicht ersichtlich. Zudem erfolgte die Initiative des Klägers, sich für eine Ausbildung zum VC Fahrer zu bewerben, nach seinem Vortrag maßgeblich auf der Grundlage einer entsprechenden Aufforderung des damaligen Betriebsratsvorsitzenden. Dieser habe ihm in Aussicht gestellt, in den Hafentarif zu wechseln. Aufgrund dieser Initiative sei eine Eingruppierung durch den Beklagten in die Vergütungsgruppe III erfolgt.
dd) Eine betriebliche Veranlassung im Tarifsinn kann auch nicht in einer etwaigen Initiative des Betriebsrats zum Wechsel in den Hafentarif gesehen werden. Insoweit fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass der Betriebsrat einer solchen Initiative für den Arbeitgeber gehandelt hat. Es lässt sich nicht erkennen, wie die Unterstützung durch den Betriebsrat erfolgte, ob sie sich lediglich auf die Auslegung von Listen oder ggf. eine Beratung beschränkte, oder ob der Betriebsrat erkennbar im Namen des Arbeitgebers auf ganz konkrete Arbeitnehmer einwirkte und dies auch bei dem Kläger der Fall gewesen ist. Insoweit erweist sich der diesbezügliche Vortrag des Klägers als unsubstantiiert.
4. Eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf das tarifvertragliche Tatbestandsmerkmal "betriebliche Veranlassung" folgt vorliegend nicht aus der Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 14. August 2013.
a) Allein dadurch, dass der Kläger den Satz "Die Ausbildung erfolgt nicht auf betriebliche Veranlassung" durchgestrichen hat und er die Vereinbarung in dieser Form "unter Vorbehalt" unterzeichnet hat, folgt nicht, dass der Beklagte nach den oben dargelegten Grundsätzen auf den Kläger eingewirkt hat, damit dieser die Ausbildung zum Hafenfacharbeiter absolviert. In der durch den Kläger abgeänderten Form dokumentiert das Schreiben allein, dass der Kläger nicht die Erklärung abgegeben hat, dass die Ausbildung auf betriebliche Veranlassung erfolgte. Bei dem Schreiben handelt es sich um eine Privaturkunde (§ 416 ZPO). Diese erbringt vollen Beweis nur in formeller Hinsicht, d.h. im Hinblick auf die - hier unstreitige - Urheberschaft der in der Urkunde enthaltenen Erklärung (vgl. Zöller/Geimer ZPO 23. Aufl. Vor § 415 Rn. 6 und § 416 Rn. 9). Dagegen unterliegt der materielle Inhalt der Erklärung der freien tatrichterlichen Beweiswürdigung, weil insoweit voller Beweis durch die Privaturkunde nicht erbracht wird (BGH 24. Juni 1993 - IX ZR 96/92 - ZIP 1993, 1170 mwN; 13. Juli 1979 - I ZR 153/77 - WM 1979, 1157; BAG 20. November 2003 - 8 AZR 580/02 -, Rn. 53, juris).
b) Die "Zusatzvereinbarung" vom 14. August 2013 ist allein durch den Kläger nicht jedoch durch einen Vertreter des Beklagten unterzeichnet worden.
Prozessual handelt es sich um Parteivortrag des Klägers. Diesem Schreiben kommt kein Anscheinsbeweis dahingehend zu, dass der Beklagte allein durch widerspruchslose Entgegennahme dieses Schreibens konkludent dokumentiert hat, dass der Kläger die Ausbildung zum Hafenfacharbeiter auf betriebliche Veranlassung durchführt. Wie bereits oben dargelegt beschränkt sich der Erklärungsgehalt des Schreibens darauf, dass der Kläger diese Ausbildung freiwillig absolviert. Diese Aussage enthält keinen Erklärungsgehalt dahingehend, dass die Ausbildung auf betriebliche Veranlassung, also durch ein Einwirken des Beklagten auf den Kläger erfolgte. Dementsprechend ist dieses Schreiben weder ein Anscheinsbeweis dafür, dass der Beklagte den Kläger zur Hafenfacharbeiterausbildung veranlasst hat, noch führt das Schreiben zu einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
III. Gegen dieses Urteil war die Revision für den Kläger wegen der vor dem Bundesarbeitsgericht anhängigen Revision 4 AZR 112/14 (LAG Bremen 15. Oktober 2013 - 1 Sa 32/13) zuzulassen.