03.05.2017 · IWW-Abrufnummer 193650
Landesarbeitsgericht Bremen: Urteil vom 28.09.2016 – 3 Sa 57/16
In dem Rechtsstreit
Kläger und Berufungskläger,
Proz.-Bev.:
gegen
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Proz.-Bev.:
hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Bremen aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. September 2016
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht
den ehrenamtlichen Richter
den ehrenamtlichen Richter
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 28.01.2016 - 3 Ca 3131/15 - wird auf seine Kosten als unbegründet zurückgewiesen.
2. Die Revision wird gegen dieses Urteil zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die tarifliche Eingruppierung des Klägers.
Der Kläger ist seit dem 12. Februar 1985 bei der Beklagten beschäftigt und wird seitdem als Schichtmeister in der Flämmerei, als sogenannter "Schichtmeister TSF" eingesetzt. Auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien findet kraft Tarifbindung das Gehaltsrahmenabkommen zwischen dem Arbeitgeberverband Eisen- und Stahlindustrie e.V. und der Industriegewerkschaft Metall vom 11. Dezember 1975 Anwendung (im Folgenden als "GRA" bezeichnet).
Das Gehaltsrahmenabkommen lautet auszugsweise wie folgt:
[...]
"§ 2
Allgemeine Einstufungsgrundsätze
1. Die Angestellten werden entsprechend ihrer Tätigkeit in die einzelnen Gehaltsgruppen eingestuft.
Für die Einstufung des Angestellten ist demnach allein die von ihm ausgeübte Tätigkeit und nicht die Berufsbezeichnung maßgebend.
2. Das Gehaltsrahmenabkommen enthält die Merkmale der tariflichen Gehaltsgruppen (Oberbegriffe) sowie Beispiele für typische Tätigkeiten und ihren Beschreibungen.
[...]
4. Umfasst das Arbeitsgebiet eines Angestellten mehrere Tätigkeiten, die verschiedenen Gehaltsgruppen zugeordnet sind, ist der entsprechende der überwiegenden Tätigkeit einzustufen.
Die übrigen Tätigkeiten werden, soweit sie höherwertig sind und solange sie verrichtet werden, durch eine Gruppenzulage abgegolten.
Diese Gruppenzulage ist entsprechend dem Anteil der höherwertigen Tätigkeit neben dem Tarifgehalt gesondert auszuweisen. Bei Erhöhung der Tarifgehälter erhöht sich die Gruppenzulage entsprechend.
Die Festlegung von Stufenkriterien durch Betriebsvereinbarung ist zulässig.
[...]
§ 3
Gehaltsgruppenmerkmale
[...]
C. Meister
Begriffsbestimmung
Meister haben eine anordnende und beaufsichtigende Tätigkeit in einem Betrieb oder einer Betriebsabteilung. Sie verteilen die Arbeiten an die ihnen unterstellten Arbeitnehmer und tragen die Verantwortung für richtige und leistungsgerechte Ausführung der Arbeiten.
Meister müssen als solche ausdrücklich bestellt sein.
Einteilung
[...]
Gruppe M 3
Alleinmeister in einem kleineren Unternehmen und Meister in einem größeren Betriebsbereich mit einem Aufgabengebiet, für das eine berufliche Fachausbildung oder Spezialkenntnisse und eine gründliche Berufserfahrung erforderlich sind.
Gruppe M 4
Meister mit einem schwierigen und verantwortungsvollen Aufgaben- und Aufsichtsbereich; ihre Tätigkeit erfordert große Umsicht bei häufig wechselnden Aufgaben sowie organisatorische Fähigkeiten und setzt in langjähriger Meistertätigkeit erworbene Erfahrungen voraus. Ihnen sind häufig Meister anderer Gruppen unterstellt."
Während das Gehaltsrahmenabkommen für den Bereich der kaufmännischen und technischen Angestellten Tätigkeitsbeschreibungen benennt, fehlt eine vergleichbare Angabe typischer Tätigkeiten für den Bereich der Meister.
Gemäß § 2 Ziffer 4 Abs. 4 des Gehaltsrahmenabkommens ist im Betrieb der Beklagten eine Betriebsvereinbarung zur Neuregelung der Gruppenzulage vereinbart. Nach Ziffer 2 der Betriebsvereinbarung errechnet sich die Gruppenzulage aus der Differenz zwischen dem Tarifgehalt des Angestellten und dem Tarifgehalt für die höherwertige Tätigkeit unter Berücksichtigung des Beschäftigungsjahres. Die Höhe der Zulage richtet sich dabei unter anderem pauschaliert nach dem prozentualen Anteil der höherwertigen Tätigkeiten an der Gesamttätigkeit (vgl. im Einzelnen Bl. 78 d.A.).
Die Stellenbeschreibung für die Position, die vom Kläger ausgefüllt wird, lautet auszugsweise wie folgt:
"1 Kurzbeschreibung
Das Aufgabengebiet des Schichtmeisters umfasst schwerpunktmäßig die fachliche und disziplinarische Mitarbeiterführung sowie die Förderung der Personalentwicklung und die Organisation von Arbeits- und Prozessabläufen. Der Schichtmeister ist zudem zuständig für die Umsetzung der vorgegebenen Produktionsparameter.
[...]
Bei der Organisation von Arbeits- und Prozessabläufen gehört die Koordinierung, Kommunikation und Überwachung der Partnerfirmen und anderer AMB-Abteilungen entsprechend der Produktionsparameter dazu.
[...]
4. Stellenanforderungen
4.1 Ausbildung
Abgeschlossene Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf von mindestens 3-jähriger Regelausbildungsdauer, Fachrichtung Verfahrenstechnik oder gleichwertiger Ausbildung und fachspezifische Zusatzausbildung mit Abschlussprüfung Meister
4.2 Erfahrungen
mehrjährige Berufserfahrung von über 5 Jahren
[...]"
Die Aufgaben des Klägers bestehen im Wesentlichen in der Prozessüberwachung der Flämmerei und allen damit zusammenhängenden Aufgaben zur Sicherung des Produktionsablaufs. Zusammengefasst stellen sich die Aufgaben des Klägers in seiner Funktion als Schichtmeister der Flämmerei wie folgt dar:
- Bei Störungen hat er dafür Sorge zu tragen, dass Anlagen so schnell wie möglich wieder zur Verfügung stehen. Zu diesem Zweck hat der Kontakt mit der Instandhaltung bzw. Partnerfirmen aufzunehmen. Gegebenenfalls müssen Autokräne bestellt oder andere Produktionsflüsse organisiert werden.
- Er hat in seiner Position als Schichtmeister den arbeitssicheren Betriebs überwachen muss hierfür Überblick über einen großen Bereich mit einzelnen Bearbeitungsstufen innerhalb des Bereiches bewahren
- Er ist für die Organisation der Materialflüsse verantwortlich. Er ist insoweit (1.) dafür verantwortlich, dass der Materialabfluss aus der Stranggusshalle, die der Flämmerei vorgeschaltet ist, in die Flämmerei gewährleistet ist. Der Materialabfluss in der Stranggusshalle erfolgt entsprechend der Produktionsprogramme der Stranggussanlage. Der Kläger ist in seiner Funktion als Schichtmeister nicht für die Produktionsprogramme der Stranggussanlage als solcher verantwortlich. Der Schichtmeister TSF wird von einem Brammenkoordinator unterstützt, der nach Rücksprache mit dem Schichtmeister hierfür Sorge trägt. Der Schichtmeister TSF trägt darüber hinaus (2.) Verantwortung für die Versorgung des Warmwalzwerkes nach dessen Anforderungen. Für das Warnwalzwerk selbst ist der Kläger als Schichtmeister TSF nicht verantwortlich. Hierfür ist der Schichtmeister des Warmwalzwerkes verantwortlich.
Der Kläger hat zusammengefasst die Transporte und Zwischenbearbeitungsschritte zu organisieren und zu koordinieren. Zum Bereich der Flämmerei gehört dabei ebenfalls das Vorbrammen-Lager, das als Zwischenlager (Puffer) dient.
Die vom Kläger vorgelegte Stellenbeschreibung für die Tätigkeit als Schichtmeister TSF untergliedert die Stellenaufgaben nochmals in eine Vielzahl von Einzelaufgaben, die unter den Überschriften "fachliche und disziplinarische Führung", "Organisation der Arbeits- und Prozessabläufen", "Absicherung der Anlagenerhaltung und Instandsetzungsarbeiten", "Inspektions- und Kontrollarbeiten", "In- und Außerbetriebsetzung", "Projekte" und "betriebliche Spezifika" zusammengefasst werden (vgl. im Detail Bl. 82 und 83 d.A.). Der Kläger ist nicht der Leiter der Flämmerei. In seiner Funktion als Schichtmeister TSF sind ihm ein Tagesmeister - eingestuft in M 4 - sowie der Leiter der Flämmerei übergeordnet. Diese stehen jedenfalls tagsüber für ad-hoc-Entscheidungen zur Verfügung. Bei Störungen oder Schwierigkeiten hat der Schichtmeister TSF jedenfalls tagsüber immer die Möglichkeit, die betreffenden Brammen im Zwischenlager zunächst einzulagern und auf eine Entscheidung seiner Vorgesetzten zu warten. Die Beklagte beschäftigt darüber hinaus auch in anderen Arbeitsbereichen Schichtmeister. So werden im Bereich Stahlwerk Konverterbetrieb der Schichtmeister TSK und im Bereich Kaltwalzwerk gekoppelte Anlage Beize/Tandem der Schichtmeister TKP beschäftigt, die beide in die Gehaltsgruppe M 4 eingruppiert sind. Hinsichtlich des Parteivortrags zu den Aufgaben des Klägers und den Anforderungen an die Aufgabenerfüllung sowie zu den Arbeits- und Qualifikationsprofilen der Tätigkeiten der Schichtmeister TKP und TSK im Vergleich zur Tätigkeit als Schichtmeister TSF wird auf Bl. 69 f., 97 f., 101 ff. 129 ff., 144 ff. d.A. verwiesen.
Der Kläger ist bei der Beklagten in die Entgeltgruppe M 3 eingruppiert und erhält nach Stufe IV der Betriebsvereinbarung über die Neuregelung der Gruppenzulage 35 % der Gehaltsdifferenz zwischen den Gehaltsgruppen M 3 und M 4, wobei diese Gruppenzulage voraussetzt, dass 30-39 % höherwertige Tätigkeiten erbracht werden. Bei der Beklagten wurde eine paritätische Entgeltkommission zur Stellenbewertung eingesetzt. Ergebnis einer Bewertung der Stelle des Klägers durch diese Entgeltkommission aus dem Jahr 2007 war eine Eingruppierung in die Gehaltsgruppe M 3 wobei anerkannt ist, dass zu 35 % Aufgaben erledigt werden, die der Gehaltsgruppe M 4 zuzuordnen sind. Am 3. Mai 2010 stellte der Kläger einen Antrag auf Höhergruppierung nach Entgeltgruppe M 4. Die Beklagte widersprach diesem Antrag auf Höhergruppierung mit Schreiben vom 1. September 2010.
Der Kläger hat vorgetragen, dass er in die Entgeltgruppe M 4 einzugruppieren ist. Die Beklagte gehe selbst davon aus, dass der Kläger als verantwortlicher Schichtmeister der Flämmerei zu 30-39 % höherwertige Aufgaben ausübe, die über die Merkmale der Entgeltgruppe M 3 hinausgingen. Die ihm übertragene Tätigkeit als Schichtmeister der Flämmerei sei eine einheitlich zu bewertende Tätigkeit im Sinne eines Arbeitsvorgangs. Hierbei handele es sich um eine komplexe Leitungsaufgabe, die sich aufgrund der Gesamtverantwortung für den Produktionsablauf nicht in unterschiedlich zu bewertende Teiltätigkeiten aufspalten lasse. Dies gehe bereits aus der Stellenbeschreibung hervor, da die Aufgabe des Klägers schwerpunktmäßig in der Mitarbeiterführung und der Organisation von Arbeits- und Prozessabläufen liege. Der Kläger behauptet unter Bezugnahme auf die von ihm vorgetragenen Tätigkeiten, er trage als Schichtmeister die Gesamtverantwortung für den Arbeitseinsatz und den Produktionsablauf in der Flämmerei. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seien Leitungsaufgaben einheitlich zu bewerten und nicht weiter teilbar, da unabhängig vom konkreten Anteil höherwertiger Leitungs- und Entscheidungsaufgaben diese Funktion während der gesamten Arbeitszeit wahrzunehmen sei. Dem stehe § 2 Ziffer 4 des Gehaltsrahmenabkommens nicht entgegen, da diese Regelung "mehrere Tätigkeiten" voraussetze, die voneinander abgrenzbar sein. Damit sei diese Regelung auf Leitungsaufgaben, die eine einheitliche Tätigkeit darstellten, nicht anwendbar. Im Übrigen habe es die Beklagte bislang nicht vermocht zu erläutern, auf welche Teiltätigkeiten die von ihr anerkannten 30-39 % höherwertigen Anteile entfallen sollten. Die Tätigkeit des Schichtmeisters TSF erfordere Umsicht bei wechselnden Aufgaben, organisatorische Fähigkeiten und langjährige Meistertätigkeit. Dies ergebe sich aus der Stellenbeschreibung des Klägers. Aufgrund einer Beschäftigung in der Flämmerei seit 1985 sei bei ihm ohne weiteres von langjähriger Berufserfahrung auszugehen. Unterschiede zu den anderen Schichtmeistern, die eine geringere Bewertung der Stelle als Schichtmeister TSF rechtfertigen könnten, lägen nicht vor.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger rückwirkend ab dem 1. Januar 2010 Vergütung nach Entgeltgruppe M 4 Gehaltsabschnitt C (Meister) des Gehaltsrahmenabkommens vom 11. Dezember 1975 zu zahlen und die jeweils fälligen Bruttodifferenzbeträge ab Klageerhebung mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass die Eingruppierung des Klägers in die Gehaltsgruppe M 3 zutreffend sei. Ein Grundsatz, dass Leitungsaufgaben einheitlich zu bewerten seien, existiere nicht. Es sei nicht richtig, dass pauschal Leitungsaufgaben mit der Gehaltsstufe M 4 bewertet seien. Tarifvertraglich sei hinsichtlich der Leitungsaufgaben im Meisterbereich eine Differenzierung zwischen den Gehaltsstufen M 1 bis M 4 vorgesehen. Die Stellenbewertung erfolge immer nach einer Kombination von Leitungs- und Fachaufgaben in Verbindung mit der übertragenen Verantwortung. Es sei nicht richtig, dass § 2 Ziffer 4 GRA keine Anwendung für Meister fände. Das GRA finde Anwendung für kaufmännische Angestellte, technische Angestellte und Meister. Die Aufgaben der Schichtmeister TSK und TKP weisen eine wesentlich höhere Komplexität auf, als die Tätigkeit des Klägers.
Mit Urteil vom 28. Januar 2016 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass es sich bei der Meistertätigkeit des Klägers nicht um eine einheitliche Tätigkeit handele. Allein aus der Tatsache, dass die Meistertätigkeit auch Leistungscharakter habe, lasse sich nach dem GRA nicht ableiten, dass es sich auch zwingend um eine einheitliche Tätigkeit handele. Der Wortlaut der Regelung lasse diese Frage vielmehr unbeantwortet. Systematische Erwägungen sprächen dafür, dass Meistertätigkeiten im Tarifsinn aufgrund ihres Leistungscharakters nicht generell als einheitliche Tätigkeit anzusehen seien. Ein solches Verständnis stünde im Widerspruch zu den Einstufungsgrundsätzen aus § 2 GRA, weil die Regelung über die Gruppenzulage gemäß § 2 Ziff. 4 S. 2 GRA ansonsten ins Leere laufen würde. Anhaltspunkte dafür, dass die Gruppe der Meister aus diesem Anwendungsbereich herauszunehmen seien, bestünden nicht. Tatsächlich erbringe der Kläger Tätigkeiten in vier verschiedenen Aufgabenbereichen. Eine Eingruppierung des Klägers in die Entgeltgruppe M 4 bestehe nicht, da der Kläger nicht überwiegend Anteile seiner Tätigkeit entsprechend der Voraussetzungen der Entgeltgruppe M 4 erfülle.
Gegen dieses ihm am 15. März 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15. April 2016 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung vom 11. Mai 2016 bis zum 15. Juni 2016 am 3. Juni 2016 begründet.
Der Kläger vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Die Meistertätigkeit sei nach den Regelungen des GRA als einheitliche Tätigkeit definiert. Anders als die Eingruppierung der Tätigkeit als technischer oder kaufmännischer Angestellter enthalte die Definition der Meistertätigkeit keinerlei Tätigkeitsbeispiele. Auch nach dem Wortlaut der Regelung handele es sich allein um eine "Tätigkeit" und nicht um mehrere "Tätigkeiten". Diesem Verständnis stehe § 2 Ziffer 4 GRA nicht entgegen. Diese Regelung sei so zu verstehen, dass sie nur zum Tragen komme, wenn das Arbeitsgebiet mehrere Tätigkeiten umfasse, was bei Meistern definitionsgemäß nicht der Fall sei. Damit komme es für die Eingruppierung des Klägers nicht darauf an, welche Zeitanteile einzelne Arbeiten seiner Tätigkeit ausmachten. Die Aufspaltung der einheitlichen Meistertätigkeit in verschiedene einzelne Tätigkeiten sei unzulässig und unmöglich. Da der Kläger unstreitig auch höherwertige Tätigkeiten nach der Einteilungsgruppe M 4 erbringe, sei seine einheitliche Tätigkeit insgesamt nach dieser Gruppe zu vergüten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven vom 28. Januar 2016 abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger rückwirkend ab dem 1. Januar 2010 Vergütung nach der Entgeltgruppe M 4 Gehaltsabschnitt C (Meister) des Gehaltsrahmenabkommens vom 11. Dezember 1975 unter Anrechnung der erhaltenen Vergütung zu zahlen und die jeweils fälligen Bruttodifferenzbeträge ab Klageerhebung mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Auch für Meister seien die allgemeinen Regelung des § 2 GRA maßgeblich, da auch Meister als Angestellte im Sinne dieser Regelung zu verstehen seien. Unrichtig sei die Ansicht des Klägers, dass Meistertätigkeiten, anders als kaufmännische und technische Angestelltentätigkeiten, stets als einheitliche Tätigkeit zu verstehen seien. Soweit in § 3 C GRA das Wort "Tätigkeit" verwendet wird, belege dies nicht die Ansicht des Klägers im Hinblick auf eine einheitliche Tätigkeit. Vielmehr seien in § 2 Ziffer 1 GRA auch die Tätigkeiten der Kaufleute und Techniker als "Tätigkeit" definiert. Die Verwendung des Begriffs im Singular stelle lediglich einen Oberbegriff als Zusammenschau von Tätigkeiten dar. Ein Beleg für eine einheitliche Tätigkeit lasse sich hieraus nicht herleiten. Auch die Regelung der Gruppenzulagen in § 2 GRA, die auch für Meister maßgeblich sei, belege, dass eine Meistertätigkeit nicht definitionsgemäß als einheitliche Tätigkeit durch die Regelungen des GRA vorgegeben sei. Tatsächlich handele es sich bei der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit um vier unterschiedliche Aufgabenbereiche mit einer Vielzahl von Einzelaufgaben. Da der Kläger Arbeitsaufgaben entsprechend der Gruppe M 4 GRA nicht überwiegend, also mehr als 50 % seiner Arbeitszeit erbringe, komme nach § 2 Abs. 1 GRA eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe M 4 nicht in Betracht. Maßgeblich sei danach nämlich, die überwiegende Tätigkeit.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle verwiesen.
Entscheidungsgründe
A.
Die Klage ist als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässig. Das notwendige Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO liegt vor. Durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag wird der Streit insgesamt beseitigt und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt (vgl. BAG 16. April 2015 - 6 AZR 352/14 - Rn. 22 mwN ; 27. August 2014 - 4 AZR 518/12 - Rn. 15; 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 15, BAGE 124, 240). Dies gilt auch, soweit der Kläger gegenwärtige rechtliche Vorteile in Form eines höheren Entgelts aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum erstrebt (vgl. BAG 13. November 2014 - 6 AZR 1102/12 - Rn. 23, BAGE 150, 36; 27. März 2014 - 6 AZR 571/12 - Rn. 10 f., BAGE 148, 1; 12. April 2016 - 6 AZR 284/15 -, Rn. 20, juris).
B.
Die Berufung ist nicht begründet.
I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass er aufgrund seiner Tätigkeit in die Vergütungsgruppe M 4 des Gehaltsrahmenabkommens zwischen dem Arbeitgeberverband Eisen- und Stahlindustrie e.V. und der Industriegewerkschaft Metall vom 11. Dezember 1975 (im Folgenden GRA) einzugruppieren ist.
1. Allerdings teilt die Kammer die Ansicht des Klägers, dass die Tarifvertragsparteien in § 3 C Abs. 1 GRA die Meistertätigkeit abstrakt als einheitliche Tätigkeit definiert haben.
Die für Meister maßgebliche Begriffsbestimmung in § 3 C des Gehaltsrahmenabkommens vom 11. Dezember 1975 lautet wie folgt:
"Meister haben eine anordnende und beaufsichtigende Tätigkeit in einem Betrieb oder einer Betriebsabteilung. Sie verteilen die Arbeiten an die ihnen unterstellten Arbeitnehmer und tragen die Verantwortung für richtige und leistungsgerechte Ausführung der Arbeiten."
a) Diese Regelung bedarf im Hinblick auf die Einheitlichkeit der Tätigkeit der Auslegung.
aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. BAG 24. Februar 2016 - 5 AZR 225/15 -, Rn. 15, juris; 8. Oktober 2008 - 5 AZR 707/07 - Rn. 17; 14. Juli 2015 - 3 AZR 903/13 - Rn. 17).
bb) Allein daraus, dass die Tarifvertragsparteien in § 3 C Abs. 1 GRA das Singular ("Tätigkeit") verwandt haben, lässt für sich genommen nicht den Schluss zu, dass die Tarifvertragsparteien die Tätigkeit eines Meisters als einheitliche Tätigkeit definieren wollten. Die Tarifvertragsparteien haben vielmehr im Rahmen des GRA die Begriffe "Tätigkeit" und "Tätigkeiten" wechselweise verwandt, ohne dass allein aus dem Wortlaut heraus Schlüsse gezogen werden können, ob die Tarifvertragsparteien hiermit eine einheitliche Tätigkeit oder mehrere Tätigkeiten gemeint haben. Dies zeigt der Wortlaut in § 2 GRA. In Ziffer 1 heißt es:
"Die Angestellten werden entsprechend ihrer Tätigkeit in die einzelnen Gehaltsgruppen eingestuft. Für die Einstufung des Angestellten ist demnach allein die von ihm ausgeübte Tätigkeit und nicht die Berufsbezeichnung maßgebend."
Dass die Tarifvertragsparteien entgegen der Verwendung des Singulars hiermit keine einheitliche Tätigkeit definieren wollten, belegt § 2 Ziffer 4 in dem es heißt:
"Umfaßt das Arbeitsgebiet eines Angestellten mehrere Tätigkeiten, die verschiedenen Gehaltsgruppen zugeordneten sind, ist er entsprechend der überwiegenden Tätigkeit einzustufen.
Die übrigen Tätigkeiten werden, soweit sie höherwertig sind und solange sie verrichtet werden, durch eine Gruppenzulage abgegolten."
Diese Regelung zeigt, dass die Tarifvertragsparteien im Rahmen der allgemeinen Einstufungsgrundsätze davon ausgingen, dass Angestellte mehrere Tätigkeiten verrichten können, obwohl die Tarifvertragsparteien in Ziffer 1 des § 2 das Singular verwandt haben.
cc) Dafür, dass die Tarifvertragsparteien in der Begriffsbestimmung in § 3 C die Tätigkeit der Meister als einheitliche Tätigkeit definiert haben, spricht jedoch der Inhalt der Regelung, insbesondere in Gesamtschau und Abgrenzung zu den Regelungen in § 3 A und B.
(1) Die inhaltliche Begriffsbestimmung der Tätigkeit eines Meisters beschränkt sich darauf, dass diese Tätigkeit als "anordnende und beaufsichtigende Tätigkeit" beschrieben wird. Meister verteilen die Arbeit an die ihnen unterstellten Arbeitnehmer und tragen Verantwortung für "richtige und leistungsgerechte Ausführung" der Arbeiten. Eine Aufteilung in einzelne Tätigkeiten oder abgrenzbare Tätigkeitsbereiche lässt sich diesem Wortlaut nicht entnehmen. Definitionsgemäß beschränkt sich die Tätigkeit der Meister darauf, den ihnen unterstellten Arbeitnehmern Anordnungen zu erteilen bzw. Arbeit auf diese zu verteilen und die Ausführung dieser Arbeiten zu beaufsichtigen.
(2) Auf der Grundlage dieser Begriffsbestimmung lässt sich daher eine Differenzierung in einzelne Tätigkeiten nicht vornehmen, da diese nicht definiert sind bzw. Anhaltspunkte dafür, nach welchen Kriterien eine Differenzierung einzelner Tätigkeiten vorgenommen werden soll, nicht ersichtlich sind. Dies gilt sowohl im Hinblick auf den Inhalt der Tätigkeit als auch für das zu erzielende Arbeitsergebnis.
(3) Die Annahme einer abstrakten Definition der Tätigkeit eines Meisters losgelöst von der tatsächlich ausgeübt Tätigkeit steht jedoch im Widerspruch zu den allgemeinen Einstufungsgrundsätzen nach § 2 Ziffer 1 2. Absatz GRA, wonach für die Einstufung allein die vom Angestellten "ausgeübte Tätigkeit" und nicht die Berufsbezeichnung maßgebend sein soll. Dabei verwenden die Tarifvertragsparteien im Rahmen der allgemeinen Regelungen den Begriff "Angestellte" unterschiedslos auch für Meister. Dies ergibt sich aus § 1 Ziffer 3 GRA wonach der persönliche Anwendungsbereich für die vom Geltungsbereich des Manteltarifvertrags für Arbeiter und Angestellte erfassten "Angestellten" gelten soll. Danach sind mit dem Begriff Angestellte auch die Meister umfasst, da deren Eingruppierung im Folgenden ebenfalls geregelt wird. Anhaltspunkte dafür, dass in der Folgeregelung des § 2 mit dem Begriff "Angestellte" Meister nicht gemeint sein sollen, bestehen nicht. Die Überschrift "Allgemeine Einstufungsgrundsätze" legt vielmehr nahe, dass die nachfolgenden Regelungen sämtliche Angestellte im Sinne des persönlichen Anwendungsbereichs des § 1 Nr. 3 GRA umfasst. Die Gruppe der Meister ist auch nicht ausdrücklich von den allgemeinen Einstufungsgrundsätzen ausgenommen.
(4) Gleichwohl weichen die Tarifvertragsparteien in § 3 C bei der Eingruppierung der Meister von den allgemeinen Einstufungsgrundsätzen und den Eingruppierungen für kaufmännische und technische Angestellte in § 2 A und B ab, indem sie für die Eingruppierung in die Gruppen M 1 bis M 4 nicht auf die Tätigkeit des Meisters sondern auf "Aufgabenbereiche" bzw. "Aufgabengebiete" abstellen. Hierdurch unterscheidet sich die Regelung für die Meister in § 3 C von den Regelungen für kaufmännische Angestellte in § 3 A und technische Angestellte in § 3 B. Die in den dortigen Regelungen vorgenommen Differenzierungen nach Entgeltgruppen erfolgt auf der Grundlage von "Tätigkeiten". Diese sind qualitativ definiert im Hinblick auf Kenntnisse, Fertigkeiten Berufserfahrungen und Ausbildung und jeweils durch eine Vielzahl von Beispielen "typischer Tätigkeiten" unterlegt. Die Zuordnung zu der jeweiligen Entgeltgruppe kann dementsprechend bei kaufmännischen und technischen Angestellten nach § 3 A und B durch Subsumtion unter die definierten Tätigkeiten unter Zuhilfenahme der Beispielstätigkeiten vorgenommen werden. Damit sind die Tätigkeitsbeschreibungen für die Eingruppierungsgruppen K und T maßgeblich für die Zuordnung zu einer Eingruppierungsgruppe.
(5) Demgegenüber ist im Rahmen der Regelung des § 3 C GRA für die Meister die Begriffsbestimmung der Tätigkeit nicht den einzelnen Entgeltgruppen zugeordnet, sondern diesen vorangestellt. Die Tarifvertragsparteien haben die Definition der Tätigkeit somit vor die Klammer der eigentlichen Entgeltgruppen gestellt, mit dem Ergebnis, dass die Differenzierung der Gruppen M 1 bis M 4 nicht auf der Grundlage der allgemeinen Begriffsbestimmung der Tätigkeit erfolgt, sondern anhand der in den einzelnen Gruppen definierten Aufgabenbereiche bzw. Aufgabengebiete. Diese sind wiederum im Rahmen der jeweiligen Gruppe qualitativ näher beschrieben. So heißt es für die Gruppe M 1:
"Meister, denen in einem einfachen Aufgabenbereich vorwiegend ungelernte Arbeitskräfte unterstellt sind."
Ein Bezug zu der in § 3 C Abs. 1 GRA getroffenen Begriffsbestimmung der Tätigkeit des Meisters findet sich in dieser Regelung nicht, vielmehr wird diese Tätigkeit vorausgesetzt. Dies spricht für die Auslegung, dass in der Begriffsbestimmung vorab eine einheitliche Tätigkeitsbeschreibung der Meistertätigkeit erfolgt ist, auf der in der Folge die Differenzierung der Gruppen M 1 bis M 4 aufbaut. Für die Wertigkeit der Tätigkeit eines Meisters im Hinblick auf die Gruppenzuordnung kommt es demnach nicht auf die allgemeine Begriffsbestimmung der Tätigkeit nach Absatz 1 an, sondern auf die in den einzelnen Gruppen jeweils definierten Aufgabenbereiche bzw. Aufgabengebiete.
(6) Im Rahmen einer solchen Auslegung ist eine einheitliche Tätigkeit im Sinne des § 3 C Abs. 1 GRA auch einer Zuordnung zu den nachfolgenden Gruppen M 1 bis M 4 zugänglich. Ein Meister kann eine einheitliche Tätigkeit in unterschiedlichen Aufgabenbereichen der Gruppen M 1 bis M 4 verrichten. Dies belegt der vorliegende Fall. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger mit einem Zeitanteil zwischen 30 % und 39 % Meistertätigkeiten im Aufgaben- und Aufsichtsbereich der Gruppe M 4 erbringt.
II. Die Klage ist jedoch unbegründet, weil der Kläger vorliegend seine Tätigkeit nicht überwiegend im Anwendungsbereich der Gruppe M 4 des § 3 C GRA erbringt.
Da der Kläger seine Tätigkeit zeitlich nicht überwiegend, also mit einem Zeitanteil von mehr als 50 %, im Aufgaben- und Aufsichtsbereich der Gruppe M 4 erbringt, kommt es vorliegend streitentscheidend darauf an, ob für die Eingruppierung der Tätigkeit des Klägers in die Gruppe M 4 eine überwiegende Tätigkeit innerhalb dieser Gruppe erforderlich ist, oder ob der vom Kläger erbrachte Zeitanteil im Rahmen dieses Aufgaben- und Aufsichtsbereichs i.H.v. 30 bis 39 % für die Zuordnung zu der Gruppe M 4 ausreicht.
1. Der Kläger vertritt insoweit die Ansicht, dass eine überwiegende Tätigkeit nicht erforderlich sei, da es sich um eine einheitliche Tätigkeit handele und daher ein Abstellen auf eine überwiegende Tätigkeit nicht möglich und unzulässig sei. Diese Schlussfolgerung erscheint der Kammer für den vorliegenden Fall deshalb nicht zwingend, da sich die Annahme einer einheitlichen Tätigkeit vorliegend nicht aus der tatsächlichen Tätigkeit des Klägers ergibt, sondern daraus, dass die Tarifvertragsparteien in § 3 C GRA losgelöst von der tatsächlichen Tätigkeit abstrakt eine Definition der Meistertätigkeit als einheitliche Tätigkeit vorgenommen haben.
2. Demgegenüber hat das Arbeitsgericht in seinem Urteil festgestellt, dass der Kläger tatsächlich eine Tätigkeit erbringt, die in vier verschiedene Aufgabenbereiche abgrenzbar ist. Gegen diese tatsächliche Feststellung wendet sich der Kläger mit der Berufung nicht, so dass der Tatbestand insoweit für die Kammer feststeht.
3. Es handelt sich somit vorliegend um einen Sachverhalt, bei dem die Tätigkeit des Arbeitnehmers tatsächlich in mehrere eigenständige voneinander abgrenzbare Teile getrennt werden kann, die Tarifvertragsparteien davon losgelöst jedoch abstrakt eine Einheitlichkeit der Tätigkeit definiert haben.
a) Diese Fallkonstellation ist, soweit für die Kammer ersichtlich, bisher höchstrichterlich nicht entschieden. Den einschlägigen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts, auf die sich auch der Kläger vorliegend beruft, lagen jeweils Fallkonstellationen zu Grunde, bei denen sich die Einheitlichkeit der Tätigkeit jeweils aus der tatsächlichen Unteilbarkeit ergab. So führt das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 18. Mai 1994 (4 AZR 412/93, Rn. 32) aus:
[...]
"...Angesichts des einheitlichen Arbeitsergebnisses ist die Tätigkeit des Klägers nach tatsächlichen Gesichtspunkten nicht weiter aufteilbar. Sie ist auch tarifrechtlich einheitlich bewertbar. Die Leitungstätigkeit des Klägers ist auch nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien als ein Arbeitsvorgang anzusehen, wie sich daraus ergibt, daß diese die "Leitung des Abschnitts für Planungs- oder Neubau- oder Pflege-... maßnahmen im Grünflächenwesen oder in der Landschaftspflege" in der Protokollerklärung Nr. 7 p in der Fassung des § 2 Abschnitt C des Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1 a zum BAT vom 24. April 1991, gültig ab 1. Januar 1991, als einheitliche Funktion beschreiben...."
[...]
Ähnlich heißt es im Urteil vom 26. August 1987 (4 AZR 146/87, Rn. 15):
[...]
"...Angesichts des vom Landesarbeitsgericht festgestellten einheitlichen Arbeitsergebnisses ist die Tätigkeit des Klägers nach tatsächlichen Gesichtspunkten nicht weiter aufteilbar. Sie ist auch tarifrechtlich einheitlich bewertbar. Diese Beurteilung entspricht der Senatsrechtsprechung in vergleichbaren Fällen (vgl. die Urteile des Senats vom 11. März 1987 - 4 AZR 229/86 -, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, 24. Oktober 1984 - 4 AZR 386/82 - AP Nr. 96 zu §§ 22, 23 BAT 1975, BAGE 42, 29, 34 = AP Nr. 70 zu §§ 22, 23 BAT 1975 sowie BAGE 48, 17, 21 = AP Nr. 99 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Dabei ist unbeachtlich, ob Randaufgaben wie die Neueinstellung von Personal oder die Sorge für Auszubildende unmittelbar der Leitungsfunktion zugerechnet oder als Zusammenhangstätigkeit angesehen werden (vgl. das Urteil des Senats vom 14. Februar 1979 - 4 AZR 414/77 - AP Nr. 15 zu §§ 22, 23 BAT 1975 mit weiteren Nachweisen)...."
[...]
Für den Fall, dass das Arbeitsergebnis das entscheidende Bestimmungskriterium für die Eingruppierung ist (vgl. BAG 25. August 2010 - 4 AZR 5/09 - Rn. 22 mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 315; 25. Februar 2009 - 4 AZR 20/08 - Rn. 18 mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 310), hat das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass auch die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen kann (BAG 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 -, Rn. 29, juris). Nur wenn es tatsächlich möglich ist, Tätigkeiten von unterschiedlicher Wertigkeit abzutrennen, werden diese nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst (BAG 25. August 2010 - 4 AZR 5/09 - aaO.; 23. September 2009 - 4 AZR 308/08 - Rn. 20 mwN, AP BAT-O §§ 22, 23 Nr. 40). Zur Tätigkeit rechnen dabei auch die Zusammenhangstätigkeiten. Das sind solche, die aufgrund ihres engen Zusammenhanges mit bestimmten, insbesondere höherwertigen Aufgaben eines Angestellten bei der tariflichen Bewertung zur Vermeidung einer tarifwidrigen "Atomisierung" der Arbeitseinheiten nicht abgetrennt werden dürfen, sondern diesen zuzurechnen sind. Die unter Berücksichtigung der Zusammenhangstätigkeiten zu einem Arbeitsergebnis führende Tätigkeit muss tatsächlich von der übrigen Tätigkeit des Angestellten abgrenzbar und rechtlich selbständig bewertbar sein (BAG 25. August 2010 - 4 AZR 5/09 - aaO.; 21. Februar 1990 - 4 AZR 603/89 - mwN, AP BAT §§ 22, 23 Krankenkassen Nr. 7).
b) Kann somit eine Tätigkeit auf der tatsächlichen Ebene nicht in einzelne Teile gegliedert werden, so können denknotwendig diese Teile auch nicht nach ihren Zeitanteilen bemessen werden. Daher ist eine Tätigkeit, die tatsächlich nach den zitierten Grundsätzen nicht teilbar ist, einer Überwiegenheitsregelung nicht zugänglich.
c) Allein daraus, dass die Tarifvertragsparteien in § 3 Abs. 1 GRA die Meistertätigkeit als einheitliche Tätigkeit losgelöst von der tatsächlichen Arbeitsleistung abstrakt definiert haben, lässt sich hingegen nicht zwingend der Schluss ziehen, dass eine Überwiegenheitsregelung nicht zur Anwendung kommen kann. Dies wäre nur dann der Fall, wenn aufgrund der Einheitlichkeit der Tätigkeit eine Zuordnung der Tätigkeit zu den Gruppen M 1 bis M 4 nicht möglich wäre. Vorliegend ist die Tätigkeit des Klägers jedoch nach den Feststellungen des Arbeitsgerichts tatsächlich in vier unterschiedliche Arbeitsbereiche teilbar. Diese Teile wiederum lassen sich auch zeitlich bestimmen. So erbringt der Kläger seine Meistertätigkeit mit einem Zeitanteil zwischen 30 % und 39 % im Bereich der Entgeltgruppe M 4.
d) Damit ist im Rahmen der Auslegung zu ermitteln, ob die im Rahmen der Allgemeinen Einstufungsgrundsätze in § 2 Nr. 4 GRA vereinbarte Überwiegenheitsregelung auch auf Meistertätigkeiten nach § 3 C GRA anzuwenden ist.
aa) Gegen eine direkte Anwendbarkeit der Regelung des § 2 Nr. 4 GRA auf eine Meistertätigkeit nach § 3 C GRA spricht vorliegend der Wortlaut, da § 2 Nr. 4 GRA hinsichtlich der Einstufung in eine Gehaltsgruppe wörtlich darauf abgestellt, welche "Tätigkeit" der Angestellte erbringt. Demgegenüber bestimmt sich die Zuordnung zu den Gruppen M 1 bis M 4 nach der Definition in § 3 C GRA nicht nach der "Tätigkeit", sondern nach dem "Aufgabenbereich" bzw. "Aufgabengebiet". Hieraus könnte der Schluss gezogen werden, dass das Differenzierungsmerkmal der "überwiegenden Tätigkeit" allein für die Eingruppierung in die Gruppen K und T nach § 3 A und § 3 B maßgeblich sein soll.
bb) Für die Anwendung der Überwiegenheitsregelung spricht demgegenüber die Systematik des Gehaltsrahmenabkommens. Wie bereits dargelegt, stellt die Regelung des § 2 Nr. 4 GRA einen allgemeinen Einstufungsgrundsatz dar, der definitionsgemäß die Gruppe der Meister umfasst, da der Begriff "Angestellte" auch die Gruppe der Meister beinhaltet.
cc) Losgelöst von dem Begriff "Tätigkeit" kann die Regelung des § 2 Nr. 4 GRA als allgemeiner Einstufungsgrundsatz auch dahingehend ausgelegt werden, dass für den Fall, dass verschiedene Gehaltsgruppen für einen Angestellten in Betracht kommen, die Eingruppierung in die Gehaltsgruppe erfolgen soll, in der der Angestellte überwiegend seine Arbeit erbringt. So verstanden lässt sich dieser allgemeine Grundsatz des § 2 Nr. 4 GRA auch auf die Eingruppierung der Meister nach § 3 C GRA übertragen. Da die Tarifvertragsparteien die Differenzierung zu den Gehaltsgruppen M 1 bis M 4 nicht auf der Grundlage des Begriffs Tätigkeit, sondern des Begriffs "Aufgabenbereich" bzw. "Aufgabengebiet" geregelt haben, tritt somit an die Stelle des in den § 3 A GRA und § 3 B GRA verwandten Differenzierungsmerkmal Tätigkeit das Differenzierungsmerkmal Aufgabenbereich bzw. Aufgabengebiet.
dd) Eine Nichtanwendung des allgemeinen Grundsatzes des § 2 Nr. 4 GRA auf die Eingruppierung der Meister würde im Ergebnis dazu führen, dass die Abweichung in § 3 C GRA von der im Übrigen von den Tarifvertragsparteien verwandten Systematik über den Wortlaut der Regelung des § 3 C hinausgehen würde. Nach dem Wortlaut und der Systematik des § 3 C GRA beschränkt sich die Abweichung allein darauf, dass eine Zuordnung zu den Gehaltsgruppen M 1 bis M 4 nicht auf der Grundlage des Begriffs Tätigkeit sondern auf der Grundlage des Begriffs Aufgabenbereich bzw. Aufgabegebiet erfolgt. Ein weitergehender abweichender Regelungsgehalt lässt sich dem Wortlaut dieser Regelung nicht entnehmen. Demgegenüber haben die Tarifvertragsparteien in § 2 Nr. 4 GRA die Überwiegenheitsregelung als allgemeinen Einstufungsgrundsatz definiert, der, wie bereits dargelegt, durch den Begriff Angestellte auch die Meister umfasst. Der Wortlaut des § 2 Nr. 4 GRA lässt sich wie oben dargelegt auch allgemein dahingehend auslegen, dass über den Begriff der Tätigkeit hinaus eine allgemeine Regelung getroffen wird, dass bei einer möglichen Zuordnung zu unterschiedlichen Gehaltsgruppen die Zuordnung danach erfolgen soll, in welcher Gruppe der Angestellte seine Arbeit überwiegend verrichtet. Eine solche Auslegung lässt sich sowohl mit den allgemeinen Einstufungsgrundsätzen nach § 2 GRA als auch mit den besonderen Eingruppierungsregelung nach § 3 C GRA in Einklang bringen. Diese Auslegung spricht daher für den mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien, die Überwiegenheitsregelung des § 2 Nr. 4 GRA als allgemeinen Grundsatz auch auf die Eingruppierung der Meister anzuwenden.
ee) Für diese Auslegung spricht auch die tatsächliche Handhabung durch die Betriebsparteien. Diese haben auch für Meister nach Maßgabe des § 2 Ziffer 4 2. Abs. GRA eine Gruppenzulage geregelt. Dies belegt, dass auch die Betriebsparteien das Verständnis haben, dass die allgemeinen Einstufungsgrundsätze des § 2 GRA auch für Meister gelten sollen. Wäre demgegenüber der Überwiegenheitsgrundsatz nach § 2 Ziffer 4 1. Abs. GRA für die Eingruppierung von Meistern nicht maßgeblich, weil diese bei einer gruppenübergreifenden Tätigkeit jeweils in die höchste Gruppe einzugruppieren wären, so käme eine Anwendung der Gruppenzulage nach § 2 Ziffer 4 2. Abs. GRA nicht in Betracht.
Die Systematik des Gehaltsrahmenabkommens, der mutmaßliche Wille der Tarifvertragsparteien sowie die tatsächliche Handhabung durch die Betriebsparteien sprechen daher für die Auslegung, dass der allgemeine Einstufungsgrundsatz des § 2 Nr.4 GRA auch auf die Eingruppierung der Meister nach § 3 C GRA anzuwenden ist.
Da der Kläger seine Tätigkeit nicht überwiegend im Anwendungsbereich der Gruppe M 4 erbringt, erweist sich die Berufung daher als unbegründet.
III. Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
IV. Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage zuzulassen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).