05.04.2017 · IWW-Abrufnummer 193043
Landesarbeitsgericht Sachsen: Urteil vom 15.06.2016 – 8 Sa 129/16
In dem Rechtsstreit
...
hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 8 - durch die Richterin am Arbeitsgericht ... als Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter Herrn ... und Frau ... auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juni 2016
für R e c h t erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 15.01.2016 - 3 Ca 3759/15 - wird auf Kosten des Klägers
z u r ü c k g e w i e s e n.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlung von Überstundenvergütung und eine Wechselschichtzulage.
Der am ...1969 geborene Kläger war vom 01.04.1991 bis zum 30.06.2015 bei dem Beklagten als Rettungsassistent im Rahmen einer 40-Stunden-Woche (zuletzt) auf der Rettungswache ... in der ... in ... beschäftigt. Ausweislich des Arbeitsvertrages waren auf das Arbeitsverhältnis die Arbeitsvertragsrichtlinien der ... (AVR-J) in der jeweils gültigen Fassung anwendbar.
Zum 01.07.2015 ist das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die ... gGmbH übergegangen, bei welcher ebenfalls die AVR-J Anwendung finden.
Der Kläger war in Tagschichten von 07:00 bis 19:00 Uhr und Nachtschichten von 19:00 bis 07.00 Uhr eingesetzt. Der Beklagte unterteilt die Schichten in vollbewertete Arbeitszeit und nicht vollbewertete Arbeitszeit (Bereitschaftsdienst bzw. Arbeitsbereitschaft).
Auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers schrieb der Beklagte für die geleisteten Zwölf-Stunden-Schichten jeweils nur eine Arbeitszeit von zehn Stunden gut.
Mit seiner am 20.10.2015 zugestellten Klage begehrte der Kläger die Differenz zwischen einer monatlichen Wechselschichtzulage und der gezahlten Schichtzulage für die Monate Mai bis Dezember 2014 in Höhe von 138,06 € brutto sowie in Höhe von insgesamt 239,24 € für Januar bis Juni 2015. Mit der Klage macht der Kläger weiterhin die Vergütung für Mehrarbeit in den Jahren 2014 und 2015 in Höhe von insgesamt 4.821,92 € brutto geltend. Wegen der Berechnung dieser Forderungen im Einzelnen wird Bezug genommen auf die Klageschrift vom 14.10.2015.
Die AVR-J regeln - soweit für den vorliegenden Rechtsstreit von Belang - Folgendes:
"§ 11 Arbeitszeit
(1) Die regelmäßige Arbeitszeit einer vollbeschäftigten Mitarbeiterin bzw. eines vollbeschäftigten Mitarbeiters beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 40 Stunden wöchentlich. Die Woche beginnt am Montag um 00:00 Uhr und endet am Sonntag um 24:00 Uhr. Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist ein Zeitraum von einem Kalenderjahr zugrunde zu legen. Die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit einer vollbeschäftigten Mitarbeiterin bzw. eines vollbeschäftigten Mitarbeiters beträgt acht Stunden.
...
(4) Die tägliche Arbeitszeit darf acht Stunden grundsätzlich nicht überschreiten.
Sie kann auf bis zu zehn Stunden täglich verlängert werden, wenn die Arbeitszeit wöchentlich 48 Stunden im Durchschnitt von zwölf Kalendermonaten (Ausgleichszeitraum) nicht überschreitet. Die regelmäßige Arbeitszeit kann auf bis zu zehn Stunden täglich und durchschnittlich 48 Stunden in der Woche verlängert werden, wenn in sie regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens zwei Stunden täglich fällt. In diesem Fall ist die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit entsprechend der nach Unterabs. 2 Satz 1 vereinbarten durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit festzulegen. Durch Dienstvereinbarung kann sie auf über zehn Stunden täglich verlängert werden, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt. Die tägliche Arbeitszeit darf im Durchschnitt von einem Kalenderjahr acht Stunden werktäglich nicht überschreiten.
§ 11 b Arbeitskonten
(1) Die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber richtet für jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter ein Jahresarbeitszeitkonto ein und führt dieses, soweit einzelvertraglich keine anderweitige Regelung getroffen wurde.
...
(8) Weist der Jahresarbeitszeitsaldo zum Ende des Abrechnungszeitraums ein Zeitguthaben von mehr als 150 Stunden auf, so ist das diese Höchstgrenze von 150 Stunden übersteigende Zeitguthaben innerhalb der nächsten vier Monate zusammenhängend in Freizeit auszugleichen.
Findet ein Zeitausgleich innerhalb dieser Frist aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen, wegen Arbeitsunfähigkeit oder wegen Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz nicht statt oder kann er aus tatsächlichen Gründen nicht stattfinden, so ist das Zeitguthaben als anteilige Vergütung auszubezahlen. Zur Ermittlung des auf eine Stunde entfallenden Anteils des Entgelts ist das Entgelt der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters (§ 17 Ab. 1) durch das 4,348-fache ihrer bzw. seiner regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit zu teilen.
(13) Die Jahres- und Langzeitarbeitszeitkonten sind bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses auszugleichen. Ist ein Ausgleich des Arbeitszeitkontos bis zum Ausscheiden nicht möglich, ist das Zeitguthaben oder die Zeitschuld mit den letzten Monatsbezügen auszugleichen.
§ 11 c Plusstunden, Überstunden und Minusstunden
(1) Plusstunden sind die über die jeweilige monatliche Soll-Arbeitszeit einer Mitarbeiterin bzw. eines Mitarbeiters hinaus geleisteten Arbeitsstunden
...
(2) Plusstunden sind im Rahmen der betriebsüblichen bzw. dienstplanmäßigen Arbeit von allen vollbeschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu leisten ...
(3) Überstunden entstehen, wenn die monatliche Plusstundengrenze von 30 Stunden (§ 11 b Abs. 5) auf Basis der monatlichen Soll-Arbeitszeit einer vollbeschäftigten Mitarbeiterin bzw. eines vollbeschäftigten Mitarbeiters überschritten wird, sofern diese Arbeitsstunden angeordnet oder genehmigt sind. Im Falle einer Dienstvereinbarung nach § 11 b Abs. 7 richtet sich die Entstehung von Überstunden nach der Dienstvereinbarung.
§ 11 e Formen der Arbeit
(1) Dienstplanmäßige Arbeit ist die Arbeit, die innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an den nach dem Dienstplan festgelegten Kalendertagen regelmäßig zu leisten ist.
(2) Wechselschichten sind wechselnde Arbeitsschichten, bei denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird. Wechselschichtarbeit ist die Arbeit nach einem Schichtplan (Dienstplan), der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Schichten vorsieht, bei denen die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter durchschnittlich spätestens nach Ablauf eines Monats erneut zur Nachtschicht (Nachtschichtfolge) herangezogen wird. Ist zu bestimmten Zeiten nur Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst zu leisten, ist diese Voraussetzung nicht erfüllt. Wechselschichtarbeit setzt voraus, dass die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter nach dem Dienstplan in allen Schichten (Frühschicht, Spätschicht, Nachtschicht) zur Arbeit eingesetzt ist; Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst reichen nicht aus.
§ 11 g Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft
(1) Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind verpflichtet, sich auf Anordnung der Dienstgeberin bzw. des Dienstgebers außerhalb der vertraglichen Soll-Arbeitszeit an einer von der Dienstgeberin bzw. vom Dienstgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen (Bereitschaftsdienst). die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber darf Bereitschaftsdienst nur anordnen, wenn zu erwarten ist, dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt.
Die anfallenden Bereitschaftsdienste sollen auf die am Bereitschaftsdienst teilnehmenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleichmäßig und in einem angemessenen Verhältnis zu ihrer individuell vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit verteilt werden.
(2) Durch Bereitschaftsdienst kann die tägliche Arbeitszeit auf bis zu 16 Stunden verlängert werden, wenn mindestens die zehn Stunden überschreitende Zeit im Rahmen von Bereitschaftsdienst geleistet wird; ...
(3) Nach dem Maß des während des Bereitschaftsdienstes erfahrungsgemäß durchschnittlich anfallenden Arbeitsleistung wird die Zeit des Bereitschaftsdienstes wie folgt als Arbeitszeit faktorisiert:
§ 21 Wechselschicht- und Schichtzulage
(1) Die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter, die bzw. der ständig nach einem Schichtplan (Dienstplan) eingesetzt ist, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten (§ 11 e Abs. 2 Satz 2) vorsieht, und die bzw. der dabei in je fünf Wochen durchschnittlich mindestens 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht leistet, erhält eine Wechselschichtzulage in Höhe von 102,26 € monatlich."
Der Kläger begründet seine Klageforderungen mit der Auffassung, dass der Beklagte vertraglich nicht berechtigt sei, die Arbeitszeiten durch Bereitschaftsdienst zu unterbrechen. Er müsse für die volle Anwesenheitszeit auf der Wache vergütet werden. Die vom Beklagten vorgenommene Faktorisierung der Arbeitszeit - mal mit dem Faktor 0,833 und mal mit dem Faktor 0,85 - sei willkürlich. Jedenfalls ergebe sich eine solche Faktorisierung der Arbeitszeit nicht aus den vertraglichen Vereinbarungen. Da der Kläger pro Schicht nicht - wie im Arbeitszeitkonto erfasst - zehn Stunden, sondern zwölf Stunden anwesend sei, leiste er pro Schicht zwei Überstunden, die ihm nunmehr zu vergüten seien, da der Beklagte keinen Freizeitausgleich mehr leisten könne wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Der Kläger hat behauptet, der Rahmendienstplan vom 28.03.2013 finde seit dem 01.07.2014 schon keine Anwendung mehr. Die darin ausgewiesenen Bereitschaftszeiten habe der Beklagte selbst abgesetzt, und diese seien auch in den Arbeitszeitaufzeichnungen nicht mehr erfasst. Daher sei die Arbeit auch nicht unterbrochen, woraus sich der Anspruch auf Zahlung der Wechselschichtzulage ergebe. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte dürfe, wenn überhaupt, nur die Bereitschaftszeit faktorisieren, nicht auch die Vollarbeit. Die geleisteten Stunden seien daher mindestens mit 8 h + 3,4 h (4 h x 0,85) = 11,4 h zu erfassen.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 5.199,22 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat sich darauf berufen, dass die Voraussetzungen für die Zahlung einer Wechselschichtzulage nach den tariflichen Vorschriften nicht vorlägen, da die Arbeitszeit des Klägers durch rechtmäßig angeordnete Bereitschaftsdienste unterbrochen sei. Zudem sei der Kläger lediglich in Tag- und Nachtschichten eingeteilt sowie zum Normaldienst, jedoch nicht wie vom Tarifvertrag vorgesehen, in wechselnden Früh-, Spät- und Nachtschichten. Der Kläger habe zudem keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ein ständiger Schichtwechsel ergebe.
Nicht ausreichend sei zudem der Vortrag zu der Voraussetzung nach § 21 AVR-J, dass der Kläger in je fünf Wochen durchschnittlich mindestens 40 Stunden in der Nachtschicht leiste. Dieser Vortrag sei jedoch erforderlich, da der Anspruch auf Wechselschichtzulage jeden Monat neu zu prüfen sei. Der Beklagte hat bestritten, dass diese Voraussetzungen vorlägen.
Auch hinsichtlich der Mehrarbeitsvergütung sei der Vortrag unsubstantiiert und zudem unschlüssig, weil die Voraussetzungen für einen Zahlungsanspruch - anstelle der Gutschrift der Stunden auf dem Arbeitszeitkonto - nicht vorgetragen seien. Die Berechtigung zur entsprechenden Faktorisierung ergebe sich aus § 11 g AVR-J i. V. m. d. Rahmendienstplan zur Bewertung der Arbeitszeit (siehe Anlage B 1, Bl. 61 d. A.). Er hat bestritten, dass der Rahmendienstplan keine Anwendung mehr finde.
Dieser Rahmendienstplan stelle eine Dienstvereinbarung dar, die von keiner Seite gekündigt worden sei. Der Kläger habe nach wie vor Bereitschaftszeiten geleistet, was sich aus den Arbeitszeitnachweisen auch ergebe. Der Freizeitausgleich für geleistete Bereitschaftsdienste werde nur nicht mehr als solcher gesondert in den Arbeitszeitkonten bezeichnet, vielmehr ergäben sich aus den Aufzeichnungen lediglich noch die freien Tage an sich. Bei seiner Berechnung der faktorisierten Stunden habe der Kläger verkannt, dass Zeiten des Bereitschaftsdienstes und der Arbeitsbereitschaft unterschiedlich faktorisiert werden. Insofern hätte der Kläger selbst bei seinem Vortrag differenzieren müssen.
Der Beklagte hat weiter vorgetragen, dass nach § 11 b Abs. 5 AVR-J diejenigen Stunden verfallen, die über die monatliche Sollarbeitszeit zuzüglich von 30 Plusstunden hinausgehen, es sei denn, sie gelten als Überstunden im Sinne von § 11 c Abs. 3 AVR-J. Da der Vortrag des Klägers zu der behaupteten Mehrarbeit unsubstantiiert sei, sei dem Beklagten auch die Möglichkeit abgeschnitten, den Verfall von Stunden einzuwenden.
Darüber hinaus hat der Beklagte die Verfallsfrist des § 40 AVR-J eingewandt.
Zudem sei eine Auszahlung eines Arbeitszeitguthabens nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorgesehen oder bei einem Arbeitszeitguthaben von über 150 Stunden. Diese Voraussetzungen lägen beide nicht vor. Das Arbeitsverhältnis sei gerade nicht beendet worden, sondern gemäß § 613a BGB auf einen anderen, die AVR-J ebenfalls anwendenden Arbeitgeber übergegangen. Auch habe der Kläger kein Guthaben von über 150 Stunden substantiiert vorgetragen.
Mit Urteil vom 15.01.2016 hat das Arbeitsgericht Leipzig die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass für den Anspruch auf Zahlung der Wechselschichtzulage nicht dargelegt worden sei, dass er in je 5 Wochen durchschnittlich mindestens 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht geleistet habe. Zudem habe er nicht vorgetragen, 12 Stunden Vollarbeit geleistet zu haben. Auch sei die Arbeit durch Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst unterbrochen gewesen, so dass die tariflichen Voraussetzungen für die Zahlung der Wechselschichtzulage nicht vorlägen. Das Urteil wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 02.02.2016. Die hiergegen gerichtete Berufung ist beim Sächsischen Landesarbeitsgericht eingegangen am 02.03.2016 und wurde nach Fristverlängerungsantrag vom 24.03.2016 mit am 25.04.2016 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Mit der Berufung wiederholt der Kläger seinen Sachvortrag aus erster Instanz. Er trägt zudem ergänzend vor, dass die Faktorisierung der Arbeitszeit an sich zwar zulässig sein mag, der Beklagte aber widersprüchlich faktorisiere. Das Arbeitsgericht habe sich zwar auf die Rechtsprechung des BAG zu Bereitschaftsdiensten berufen, aber nicht erklärt, wie sich diese auf Zeiten der Arbeitsbereitschaft auswirken soll. Der Kläger moniert, dass nicht ersichtlich sei, wer eigentlich den Rahmendienstplan für wen abgeschlossen habe und wie die Faktoren gebildet worden seien.
Der Kläger vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Vergütung des Arbeitszeitkontoguthabens in Geld zulässig sei, da der Beklagte jedenfalls den Freizeitausgleich nicht mehr gewähren könne.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 15.01.2016 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 5.199,22 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Die Klage sei nach wie vor unschlüssig, da der Kläger für seinen Anspruch zwischen Bereitschaftsdienst und Arbeitsbereitschaft differenzieren müsse, weil diese Zeiten unterschiedlich mit 0,85 bzw. 0,833 faktorisiert werden. Die Faktorisierung der Bereitschaftsstunden ergebe sich aus § 11 g Abs. 3 AVR-J sowie der Arbeitsbereitschaft aus dem Rahmendienstplan über die Bewertung der Arbeitszeit i. V. m. § 11 Abs. 4 AVR-J. Der Rahmendienstplan sei auf Seiten der Mitarbeitervertretung von dem zuständigen Vorsitzenden Herrn ... ... unterzeichnet worden. Er sei ersichtlich geschlossen für den Dienstbereich der Rettungswachen Leipzig.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass der Kläger selbst dann, wenn die Zeiten der Arbeitsbereitschaft oder des Bereitschaftsdienstes ohne rechtlichen Grund angeordnet worden wären, keinen Anspruch auf Mehrvergütung, sondern allenfalls ein Leistungsverweigerungsrecht habe. Zudem könne der Kläger nach den AVR-J allenfalls die Korrektur seines Arbeitszeitkontos, nicht aber die Vergütung von Überstunden geltend machen. Dies gelte trotz des Betriebsübergangs, weil die AVR-J auch beim neuen Arbeitgeber des Klägers Anwendung finden.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf zur Akte gereichten Schriftsätze, das Vorbringen der Parteien in der mündlichen Verhandlung sowie den Inhalt der Akte im Übrigen Bezug genommen, der sämtlich Gegenstand der Erörterung durch die Kammer war.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung ist zulässig.
Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 b ArbGG statthaft sowie form- und fristgerecht i. S. v. §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.
II.
Die Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der Wechselschichtzulage und von Mehrarbeitsvergütung. Dies hat das Arbeitsgericht richtig erkannt, so dass die dagegen gerichtete Berufung zurückzuweisen war.
1. a) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung wegen der 12-stündigen Anwesenheit auf der Rettungswache gemäß § 11 c Abs. 3 AVR-J i. V. m. § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. dem Arbeitsvertrag. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden ausweislich des Arbeitsvertrages die Arbeitsvertragsrichtlinien der Johanniter (AVR-J) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. Danach entstehen Überstunden, wenn die monatliche Plusstundengrenze von 30 Stunden auf Basis der monatlichen Sollarbeitszeit eines vollbeschäftigten Mitarbeiters überschritten wird, sofern diese Arbeitsstunden angeordnet oder genehmigt sind. Der Vortrag des Klägers genügt nicht ansatzweise, um prüfen zu können, ob die Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage vorliegen. Der Kläger hat zur Überschreitung der monatlichen Plusstundengrenze von 30 Stunden keinerlei Vortrag geleistet.
Er hat darüber hinaus auch nicht behauptet, während der betreffenden Stunden vollbewertete Arbeitszeit geleistet zu haben. Vielmehr hat er selbst mit der Klageschrift zugestanden, dass er sich neben den reinen Einsätzen auf der Wache zum Einsatz bereithalten müsse. Da die Faktorisierung und unterschiedliche Vergütung von Vollarbeitszeit einerseits sowie Bereitschaftsdiensten andererseits nach der arbeitsvertraglichen Inbezugnahme der AVR-J und über diese des Rahmendienstplans zulässig ist, ist die geleistete Arbeit bzw. die Anwesenheit des Klägers mit dem gezahlten Monatsentgelt erfüllt und abgegolten.
Der vom Kläger geleistete Bereitschaftsdienst ist keine volle Arbeitsleistung, sondern eine Aufenthaltsbeschränkung, die mit der Verpflichtung verbunden ist, bei Bedarf unverzüglich tätig zu werden (BAG vom 27.02.1985 - 7 AZR 552/82 - AP BAT § 17 Nr. 12; BAG vom 28.01.2004 - 5 AZR 503/02 - AP Nr. 18 zu § 1 TVG Tarifverträge: DRK; BAG vom 28.01.2004 - 5 AZR 530/02 - BAGE 109, 254). Der Bereitschaftsdienst unterscheidet sich damit seinem Wesen nach von der vollen Arbeitstätigkeit, die vom Arbeitnehmer eine ständige Aufmerksamkeit und Arbeitsleistung verlangt. Dieser qualitative Unterschied rechtfertigt es, für den Bereitschaftsdienst eine andere Vergütung vorzusehen als für die Vollarbeit. Die Tarifvertragsparteien dürfen deshalb Bereitschaftsdienst und Vollarbeit unterschiedlichen Vergütungsordnungen unterwerfen (BAG vom 28.01.2004 a. a. O.; BAG vom 05.06.2003 - 6 AZR 114/02 - DB 2004, 138). Nach den vorzitierten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts, denen sich die Kammer inhaltlich anschließt, ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die tarifliche Vergütung für den geleisteten Bereitschaftsdienst insgesamt niedriger ist als das Entgelt für volle Arbeitszeit, was sich im Falle des Klägers darin äußert, dass die Anwesenheitszeit unterteilt wird in volle Arbeitszeit von acht Stunden einerseits und nicht voll bewertete Arbeitszeit von 4 Stunden hinsichtlich des geleisteten Bereitschaftsdienstes. Da der Kläger allerdings nicht erst 8 Stunden voll arbeitet und sich sodann ausschließlich in Bereitschaft befindet, sondern die Zeiten tatsächlicher Arbeit, Arbeitsbereitschaft und Bereitschaft ineinander fließen, wird die gesamte Anwesenheitszeit faktorisiert. Diesem tatsächlichen Ansatz trägt die in § 11 g Abs. 3 AVR-J enthaltene Regelung zum Maß der während des Bereitschaftsdienstes durchschnittlich anfallenden Arbeitsleistung und der entsprechenden Faktorisierung Rechnung.
In Anbetracht des Rahmendienstplans zur Arbeitszeitbewertung vom 28.03.2013 (Anlage B 1) verhält sich der Beklagte bei der Faktorisierung der Arbeitszeiten auch nicht widersprüchlich. Ausweislich dieses Rahmendienstplans wird die Nachtschicht RTW 1 mit 0,85 faktorisiert, und zwar nur für die Zeiten des Bereitschaftsdienstes von 03:00 bis 07:00 Uhr, für den RTW 2 in der Nachtschicht gilt dies für die Zeit von 02:00 bis 06:00 Uhr. Darüber hinaus beläuft sich der VZ-Faktor auf 0,833 für die RTW 2-Tagschicht und die RTW 1-Nachtschicht, und zwar insgesamt für die Zeit von 06:00 bis 18:00 Uhr bzw. von 19:00 Uhr bis 03:00 Uhr. Dabei hat der Beklagte gemeinsam mit der Mitarbeitervertretung berücksichtigt, dass neben der reinen Arbeit und dem Bereitschaftsdienst auch Arbeitsbereitschaft, d. h. die Zeit wacher Aufmerksamkeit im Zustand der Entspannung zu berücksichtigen ist. Die Tagschichten auf dem Krankentransportwagen werden mit der Regelarbeitszeit bewertet.
Eine Faktorisierung der Arbeitszeit findet hier nicht statt. Der Beklagte wendet damit vorliegend den Rahmendienstplan vom 28.03.2013 an und faktorisiert die Arbeitszeit des Klägers nicht willkürlich.
Die Anwendung der AVR-J und über § 11 Abs. 4 AVR-J auch die Anwendung des Rahmendienstplans ist arbeitsvertraglich vereinbart.
Dass der Rahmendienstplan für die vom Beklagten getragenen Rettungswachen in ... geschlossen wurde, ergibt sich aus der Anlage B 1. Für die Mitarbeitervertretung wurde er unterzeichnet von dem Vorsitzenden Herrn ... Es ist nicht nachvollziehbar, was der Kläger meint, wenn er vorträgt, der Rahmendienstplan sei "abgesetzt" worden. Der Rahmendienstplan stellt eine Dienstvereinbarung dar, die unmittelbar gilt und nicht im Einzelfall abbedungen werden kann (§ 36 MVG). Dass der Rahmendienstplan gekündigt wurde, hat der Kläger jedenfalls nicht behauptet. Es kann aber auch dahinstehen, ob der Rahmendienstplan noch Anwendung findet, wovon wegen der fehlenden Kündigung allerdings auszugehen ist, denn auch die fehlende Anwendung des Rahmendienstplans einschließlich der dann rechtswidrigen Anordnung von Bereitschaftsdienst hätte nicht zur Folge, dass die Bereitschaftsdienste oder die Arbeitsbereitschaft dann zu regulärer Vollarbeit und voll vergütet werden müssten (BAG v. 28.01.2004 - 5 AZR 503/02 - DB 2004, 1320; BAG v. 05.06.2003 - 6 AZR 114/02 - DB 2004, 138; BAG v. 27.02.1985 - 7 AZR 552/82 - AP BAT § 17 Nr. 12).
Da mithin vorliegend zwischen Vollarbeit, Arbeitsbereitschaft und dem Bereitschaftsdienst differenziert wird, weil die Arbeitszeit des Bereitschaftsdienstes faktorisiert und die Zeit während der Arbeitsbereitschaft mit Null bewertet wird, hätte es der Darlegung durch den Kläger bedurft, zu welchen Zeiten ausschließlich Arbeitsbereitschaft bestand und zu welchen Zeiten er sich im Bereitschaftsdienst befand.
An diesem Vortrag fehlt es.
Ein Anspruch des Klägers auf Vergütung von Überstunden ist wegen § 11 b Abs. 8 AVR-J auch deshalb nicht gegeben, weil danach bei Überschreiten eines Zeitguthabens von mehr als 150 Stunden dieses zunächst durch Gewährung von Freizeit auszugleichen und nicht zu vergüten wäre. Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, dass Freizeitausgleich durch den Beklagten nicht mehr gewährt werden kann, weil das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis beendet wurde.
Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde nicht beendet, sondern ist gemäß § 613 a BGB auf die ... gGmbH übergegangen. Darin liegt nach dem Sinn und Zweck der tariflichen Regelung gerade keine Beendigung des Arbeitsverhältnisses (BAG v. 11.11.2010 - 8 AZR 392/09 - NZA 2011, 763), erst recht nicht im Hinblick auf die Tatsache, dass auch im übergegangenen Arbeitsverhältnis unstreitig die AVR-J Anwendung finden.
b) Ein Anspruch auf Vergütung von Überstunden ergibt sich darüber hinaus weder aus der Arbeitszeitrichtlinie noch aus dem Arbeitszeitgesetz. Die Arbeitszeitrichtlinie sieht bei Verstößen gegen ihre Regelungen keine finanziellen Ansprüche vor, sondern betrifft nur den öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutz (BAG vom 24.10.2000 - 9 AZR 634/99 - AP BUrlG § 11 Nr. 50). Zur Frage der Vergütung von Arbeitszeit enthält die Richtlinie mit Ausnahme des Art. 7, in welchem von bezahltem Mindestjahresurlaub die Rede ist, keine Bestimmungen.
Auch das Arbeitszeitgesetz hat lediglich den öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutz im Auge. Selbst wenn der Beklagte entgegen den Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes Bereitschaftsdienst rechtswidrig angeordnet hätte, so hätte dies nicht zur Folge, dass die Zeit des Bereitschaftsdienstes vergütungsrechtlich wie Vollarbeitszeit zu behandeln ist. Der Kläger hätte in diesem Fall allenfalls ein Leistungsverweigerungsrecht und könnte einen Annahmeverzug des Arbeitgebers herbeiführen, einen Vergütungsanspruch jedoch nicht (BAG vom 28.01.2004 - 5 AZR 503/02 - a. a. O.).
c) Darüber hinaus ergibt sich ein Anspruch auf Vergütung der Überstunden auch nicht aus § 612 Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Dies betrifft Fälle, in denen weder durch Gesetz, Tarifvertrag oder einzelvertragliche Vereinbarung noch auf sonstiger Grundlage eine Vergütung festgelegt ist. § 612 Abs. 1 BGB greift immer auch dann ein, wenn über die vertraglich geschuldete Tätigkeit hinaus eine Sonderleistung erbracht wird, die durch die vereinbarte Vergütung nicht abgegolten ist und weder einzelvertraglich noch tarifvertraglich geregelt ist, wie diese Dienste zu vergüten sind (BAG vom 28.01.2004 a. a. O.).
§ 11 g Abs. 4 und Abs. 5 AVR-J regeln jedoch primär den Ausgleich von Bereitschaftsdiensten in Freizeit und die Voraussetzungen, unter denen ein Überstundenentgelt gezahlt wird. Diese Voraussetzungen liegen hier wie bereits oben erörtert nicht vor. Allerdings verbietet sich damit auch die Anwendung des § 612 Abs. 1 BGB.
2. Der Kläger hat für den streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf Zahlung der monatlichen Wechselschichtzulage gemäß §§ 21 Abs. 1, 11 e Abs. 2 AVR-J. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden ausweislich des Arbeitsvertrages die Arbeitsvertragsrichtlinien der ... (AVR-J) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. Nach § 21 AVR-J i. d. F. v. 15.05.2012 erhält eine Wechselschichtzulage in Höhe von 102,26 € bzw. für 2014 in Höhe von 106,40 € brutto und für 2015 in Höhe von 108,74 € brutto monatlich, wer ständig nach einem Schicht- bzw. Dienstplan eingesetzt ist, der Wechselschichten vorsieht und der dabei in je fünf Wochen durchschnittlich mindestens 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht leistet. Gemäß § 11 e Abs. 2 AVR-J sind Wechselschichten wechselnde Arbeitsschichten, bei denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird. Die Voraussetzung der ununterbrochenen Tätigkeit ist dann nicht gegeben, wenn zu bestimmten Zeiten nur Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst zu leisten ist (§ 11 e Abs. 2 Satz 3 AVR-J).
Mit den Regelungen in § 11 e AVR-J ist der Begriff der Wechselschicht tariflich definiert.
Danach steht jede Unterbrechung der täglichen Arbeit in Form von Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst der Annahme von Wechselschichtarbeit entgegen.
Eine solche tarifliche Definition der Wechselschicht und der Voraussetzungen, unter denen Wechselschichtzulagen geleistet werden müssen, ist zulässig (BAG vom 11.12.2013 - 10 AZR 480/13 - ZTR 2014, 271; BAG vom 20.01.2010 - 10 AZR 990/08 - NZA-RR 2010, 193), da die Belastung für die Beschäftigten bei Bereitschaftsdiensten geringer ist als in den Fällen, in denen bei wechselndem Beginn der Dienstschichten ununterbrochen gearbeitet werden muss. Nach den vorbezeichneten Entscheidungen steht es den Tarifvertragsparteien grundsätzlich frei, die tariflichen Voraussetzungen für die Zahlung einer Zulage festzulegen. Zudem rechtfertigt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Kammer uneingeschränkt anschließt, die geringere Arbeitsintensität bei einem Wechsel von Arbeits- und Ruhephasen, wie sie typisch für die Bereitschaftsdienste ist, die im Ergebnis durch die Faktorisierung abgesenkte Vergütung (siehe BAG vom 20.01.2016 - 6 AZR 742/14 - veröff. in Juris; BAG vom 16.10.2013 - 10 AZR 9/13 - AP Nr. 27 zu § 106 GewO).
Im Falle des Klägers liegen die Voraussetzungen für die Zahlung der geltend gemachten monatlichen Wechselschichtzulage aus zwei jeweils selbständig tragenden Gründen nicht vor: Zum einen hat der Kläger entgegen der Regelungen in §§ 21 Abs. 1 Satz 1, 11 e Abs. 2 Satz 2 AVR-J nicht vorgetragen, dass er spätestens nach Ablauf eines Monats erneut zur Nachtschicht herangezogen wurde und dabei in je fünf Wochen durchschnittlich 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen Nachtschicht geleistet hat. Zwar hat der Kläger mit der Anlage K 1 seine Arbeitszeitnachweise für 2014 und 2015 zur Akte gereicht, jedoch genügt diese Bezugnahme auf Anlagen nicht der ihm obliegenden Darlegungslast (BAG vom 16.05.2012 - 5 AZR 347/11 - BAGE 141, 330 ff.). Anlagen können danach lediglich zur Erläuterung des schriftsätzlichen Vortrags dienen, diesen aber nicht ersetzen.
Die Darlegung der Tatsachen, dass die in § 11 e Abs. 2 Satz 2 AVR-J geregelten Voraussetzungen vorliegen, hätte schriftsätzlich erfolgen müssen. Die vorgelegten Arbeitszeitnachweise hätten den entsprechenden schriftsätzlichen Vortrag lediglich erläutern oder belegen können - sie verpflichten das Gericht aber nicht, sich die maßgeblichen Arbeitszeiten und Zeiträume aus den Anlagen selbst zusammenzusuchen.
Zum anderen waren die Schichten des Klägers vorliegend durch Bereitschaftsdienste unterbrochen, so dass entsprechend § 11 e Abs. 2 AVR-J keine Wechselschichten durch den Kläger geleistet wurden. Diese Bereitschaftsdienste waren durch den Beklagten entsprechend des Rahmendienstplans i. V. m. § 11 g Abs. 2 AVR-J zulässigerweise angeordnet. Zum einen ist die Anwendung der AVR-J und über § 11 Abs. 4 AVR-J auch die Anwendung des Rahmendienstplans arbeitsvertraglich vereinbart. Zum anderen hat der Kläger nicht in Abrede gestellt, dass der Bereitschaftsdienst schon deshalb zulässigerweise angeordnet wurde, weil nicht mit mehr als 50 % Inanspruchnahme während der einzelnen Schichten zu rechnen war. In diesem Zusammenhang kann dahingestellt bleiben, ob der Rahmendienstplan tatsächlich noch Anwendung fand, wovon wegen der fehlenden Kündigung der Rahmendienstvereinbarung auszugehen war, denn auch die fehlende Anwendung des Rahmendienstplans einschließlich der rechtswidrigen Anordnung von Bereitschaftsdiensten hätte - wie bereits oben ausgeführt - nicht zur Folge, dass die Bereitschaftsdienste oder Arbeitsbereitschaft zu regulärer Arbeitszeit und voll vergütet werden müssten.
Hinzu kommt, dass eventuelle Ansprüche auf eine Wechselschichtzulage für das Jahr 2014 nach § 40 AVR-J verfallen wären. Danach verfallen alle Ansprüche der Parteien, soweit sie nicht nach dem Gesetz unabdingbar sind, wenn sie nicht innerhalb von 9 Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Da die Wechselschichtzulage monatlich fällig wird und der Kläger diese für 2014 erstmals mit der Klageschrift geltend gemacht hat, wahrt dies nur die möglichen Ansprüche ab 2015.
Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die durch seine unbegründete Berufung entstandenen Kosten zu tragen.
Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen, da eine Vielzahl von Rechtsstreiten in unterschiedlichen Kammern des Sächsischen Landesarbeitsgerichts anhängig ist und die Gefahr unterschiedlicher Entscheidungen besteht. Zudem geht der Anwendungsbereich der AVR-J über den Bezirk des Sächsischen Landesarbeitsgerichts hinaus, so dass die Frage, ob vorliegend nach dem konkreten AVR Anspruch auf Wechselschichtzulage und Vergütung von Überstunden besteht, von grundsätzlicher Bedeutung ist.