29.03.2017 · IWW-Abrufnummer 192901
Landesarbeitsgericht Sachsen: Urteil vom 26.09.2014 – 3 Sa 94/14
In dem Rechtsstreit
...
hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 3 - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Herrn ... und Herrn ... auf die mündliche Verhandlung vom 26. September 2014
für R e c h t erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 05.02.2014 - 11 Ca 983/13 - wird zurückgewiesen.
2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 05.02.2014 - 11 Ca 983/13 - teilweise abgeändert und die Klage vollständig abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
4. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Zusammenhang mit Differenzvergütungsforderungen des Klägers für die Zeit von September 2012 bis September 2013 sowie den Forderungen des Klägers auf Zahlung einer tariflichen Sonderzahlung und einer tariflichen Einmalzahlung für das Jahr 2012 über die Frage, ob die Beklagte seit dem 01.05.2002 noch an die jeweils geltenden Tarifverträge des Streitverkündeten gebunden ist.
Gegenstand des Unternehmens der Beklagten, welche diverse Niederlassungen in Sachsen unterhält und dort ca. 550 Arbeitnehmer beschäftigt, ist ausweislich des Handelsregisters die Durchführung von Umweltdiensten jeglicher Art, insbesondere Entsorgung der Städte und Gemeinden sowie Industriebetriebe von Haus- und Industriemüll, Asche und anderen Abfällen sowie Abfallverwertung, Straßenreinigung und Durchführung des Straßenwinterdienstes, Kanalinspektion, Kanalreinigung und Kanalsanierung, Durchführung von Bestattungen aller Art, alle damit im Zusammenhang stehenden notwendigen Tätigkeiten sowie weitere Geschäftsoperationen, die direkt oder indirekt der Gesellschaft der Beklagten förderlich sind. Die Beklagte war seit dem 01.05.1991 ordentliches Mitglied des Streitverkündeten.
Die Satzung des Streitverkündeten enthält in der Fassung vom 19.09.1986 (Anlage HWL 3 zum Schriftsatz der Beklagten vom 22.05.2013; Bl. 168 ff. d. A.) u.a. folgende Regelungen:
§ 1 Name, Sitz
(1) Die Betriebe der Entsorgungswirtschaft der Bundesrepublik Deutschland bilden einen Verband. Er hat auch die Aufgaben eines Arbeitgeberverbandes.
(2) Der Verband führt den Namen ... e. V. - VPS -. (...)
§ 2 Zweck
(1) Zweck des Verbandes ist
1. (...)
6. der Abschluss von Tarifverträgen. (...)
Abweichend vom Vorstehenden bestimmt die Satzung des Streitverkündeten in der Fassung vom 10.11.1994 (zu den Einzelheiten der Satzung vgl. die Anlage HLW 16 zum Schriftsatz der Beklagten vom 22.05.2013; Bl. 246 ff. d. A.) unter ihrem § 1 Abs. 1 Satz 2: "Er hat die Aufgaben eines Fach- und Arbeitgeberverbandes". § 5 Abs. 2 der Satzung des Streitverkündeten in der Fassung vom 10.11.1994 lautet wie folgt:
Ordentliche und diesen gleichgestellte Mitglieder erwerben in der Regel mit der Mitgliedschaft im Bundesverband sowohl die Mitgliedschaft im Fachverband und im Arbeitgeberverband (§ 1 Abs. 1). Auf besonderen Antrag, der dem Präsidium zur gesonderten Entscheidung vorgelegt werden muss, kann auch nur die Mitgliedschaft im Fachverband erworben werden, insbesondere, wenn eine tarifliche Bindung aufgrund eines anderen Tarifvertrages nachgewiesen wird Weitergehende Satzungsänderungen erfolgten in der Fassung vom 17.09.1999 (Anlage HLW 4 zum Schriftsatz der Beklagten vom 22.05.2013; Bl. 173 ff. d. A.).
Darin heißt es u.a. wie folgt:
§ 1 Name, Sitz, Geschäftsjahr
(1) Die Betriebe der Kreislauf- und Entsorgungswirtschaft sowie der Wasser- und Abwasserwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland bilden einen Verband.
Er hat die Aufgaben eines Wirtschafts- und Arbeitgeberverbandes.
(2) Der Verband führt den Namen ... e. V. (...)
§ 2 Verbandszweck
(1) Der Zweck des Bundesverbandes ist
1. (...)
6. der Abschluss von Tarifverträgen. (...)
§ 3 Mitgliedschaften
(2) Die Mitgliedschaft unterscheidet zwischen ordentlichen, korporativen, fördernden sowie ausländischen Mitgliedern: (...)
§ 4 Rechte und Pflichten
(2) Nur ordentliche Mitglieder haben ein aktives und passives Wahlrecht. In die Organe (§ 9 Abs. 1) können nur gesetzliche Vertreter der ordentlichen Mitglieder gewählt werden; fallweise kann der Präsident aus dem Bereich der übrigen Mitglieder Gäste ohne Stimmrecht in die Organe des Bundesverbandes berufen. (...)
§ 5 Aufnahme und Beendigung der Mitgliedschaft
(2) Ordentliche und diesen gleichgestellte Mitglieder erwerben in der Regel mit der Mitgliedschaft im Bundesverband sowohl die Mitgliedschaft im Wirtschaftsverband als auch im Arbeitgeberverband (§ 1 Abs. 1). Auf besonderen Antrag, der dem Präsidium zur gesonderten Entscheidung vorgelegt werden muss, kann auch nur die Mitgliedschaft im Wirtschaftsverband erworben werden, insbesondere, wenn eine tarifliche Bindung aufgrund eines anderen Tarifvertrages nachgewiesen wird.
(3) Die Kündigung der Mitgliedschaft muss schriftlich erfolgen. Sie kann nur mit sechsmonatiger Frist zum Schluss eines Geschäftsjahres (Eingang in der Bundesgeschäftsstelle) erfolgen.
(4) Die Mitgliedschaft endet außer durch Kündigung (Abs. 3) durch Ausschluss, durch Streichung aus der Mitgliederliste oder aus wichtigem Grunde. (...)
(6) Die Aufnahme, der Ausschluss sowie die Regelung der Fälle des Absatzes 2 erfolgen entsprechend der dieser Satzung beigefügten "Verfahrensordnung über Aufnahme, Ausschluss und Kündigung von Mitgliedern".
§ 17 Große und Kleine Tarifkommission
(1) Für die Wahrnehmung der Aufgaben des Arbeitgeberverbandes bildet der Bundesverband eine Kleine und eine Große Tarifkommission, deren Mitglieder sich ausschließlich aus den Mitgliedern des Arbeitgeberverbandes zusammensetzen.
(...)
Am 26.10.2006 beschloss die Mitgliederversammlung des Streitverkündeten u.a.
folgende Satzungsänderungen (vgl. Anlage HLW 17 zum Schriftsatz der Beklagten vom 22.05.2013; Bl. 260 ff. d. A.):
§ 3 Mitgliedschaften
(4) Ordentliche und ihnen gleichgestellte Mitglieder können die Mitgliedschaft in folgenden Formen erwerben:
- Mitgliedschaft mit Verbandstarifbindung (Mitglied T)
- Mitgliedschaft ohne Verbandstarifbindung (Mitglied OT)
Für die Mitglieder mit Verbandstarifbindung ist der Verband berechtigt, Verbandstarifverträge abzuschließen. Die Mitglieder ohne Verbandstarifbindung werden von den Verbandstarifen nicht erfasst.
§ 5 Aufnahme und Beendigung der Mitgliedschaft
(2) Die Kündigung der Mitgliedschaft muss schriftlich erfolgen. Sie kann nur mit sechsmonatiger Frist zum Schluss eines Geschäftsjahres (Eingang in der Bundesgeschäftsstelle) erfolgen. Durch Kündigung kann auch die Mitgliedschaftsform (Mitglied T/Mitglied OT) gewechselt werden. Für Kündigungen zu diesem Zweck beträgt die Kündigungsfrist zwei Wochen zu jedem Termin.
Sie kann auf Antrag vom Präsidium verkürzt werden. Der umgekehrte Wechsel der Mitgliedschaftsform (Mitglied OT/Mitglied T) setzt einen schriftlichen Antrag bei der Bundesgeschäftsstelle voraus.
Mit Beschluss vom 28.10.2009 (vgl. Anlage HLW 18 zum Schriftsatz der Beklagten vom 22.05.2013; Bl. 263 ff. d. A.) wurden weitere Satzungsänderungen verabschiedet.
U.a. wurde § 1 Abs. 2 der Satzung dahingehend gefasst, dass der Bundesverband den Namen ... führt. Nach weiteren Änderungen hat die Satzung des Streitverkündeten seit dem 09.05.2012 u.a. folgenden Wortlaut (vgl. Anlage HLW 19 zum Schriftsatz der Beklagten vom 22.05.2013; Bl. 265 ff. d. A.):
§ 2 Verbandszweck
(1) Der Zweck des Bundesverbandes ist
1. (...)
6. Abschluss von Tarifverträgen für die Mitglieder im Arbeitgeberverband
(T-Mitgliedschaft mit Verbandstarifbindung). (...)
§ 17 Große und Kleine Tarifkommission
(1) Für die Wahrung der Aufgaben des Arbeitgeberverbandes bildet der Bundesverband eine Kleine und eine Große Tarifkommission. Die tarifpolitische Arbeit wird ausschließlich von der Kleinen und der Großen Tarifkommission wahrgenommen.
(2) Die Kleine und die Große Tarifkommission setzen sich ausschließlich aus tarifgebundenen Mitgliedern des Arbeitgeberverbandes zusammen. (...)
(5) Mit einem Wechsel der Mitgliedsform (T-Mitgliedschaft/OT-Mitgliedschaft) gem. § 5 Abs. 2 erlischt die Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband und er führt unmittelbar zum Verlust der Ämter in der Kleinen und Großen Tarifkommission.
Seit der Eintragung der Satzungsänderung vom 10.11.1994 in das Vereinsregister am 28.04.1995 war es beim Streitverkündeten üblich, dass tarifunwillige Mitglieder sowohl im Rahmen der Erstaufnahme als auch danach beim Präsidium einen Antrag entsprechend § 5 Abs. 2 Satz 2 der Satzung stellen konnten, nur als Mitglied im Fach- bzw. Wirtschaftsverband geführt zu werden. Der Streitverkündete führte entsprechend unterschiedliche Mitgliederlisten betreffend Mitglieder im Arbeitgeber- und Fach- bzw. Wirtschaftsverband und alleinige Mitglieder im Fach- bzw. Wirtschaftsverband.
Im vom Streitverkündeten jährlich herausgegebenen "Taschenbuch der Entsorgungswirtschaft" sind Mitglieder im Arbeitgeberverband mit dem Kürzel "AGV" gekennzeichnet (vgl. Anlage HLW 26 zum Schriftsatz der Beklagten vom 09.09.2014; Bl. 978 ff. d. A.). Vor der Aufnahme von Tarifverhandlungen legte der Streitverkündete der tarifschließenden Gewerkschaft jeweils die aktuellen Mitgliederlisten zur Einsichtnahme vor. Des Weiteren vereinbarte der Streitverkündete mit der Gewerkschaft ÖTV bzw. ver.di, dass die zwischen ihnen abgeschlossenen Entsorgungstarifverträge keine Anwendung auf Mitgliedsunternehmen finden sollten, die nur Mitglied im Wirtschaftsverband waren. In den Mitgliedsausweisen des Streitverkündeten wurde ab 1995 zwischen Mitgliedern im Arbeitgeber- und Fach- bzw. Wirtschaftsverband und alleinigen Mitgliedern im Fach- bzw. Wirtschaftsverband unterschieden.
In Tarifverträgen zwischen dem Streitverkündeten und der Gewerkschaft ÖTV, die vor der Satzungsänderung vom 10.11.1994 abgeschlossen worden sind, wird der fachliche Geltungsbereich der Tarifverträge wie folgt beschrieben:
"(...) für alle Unternehmen der Entsorgungswirtschaft und der Städtereinigung, die nicht von der öffentlichen Hand oder von Unternehmen mit mehrheitlicher Beteiligung der öffentlichen Hand betrieben werden und in einer oder mehreren der folgenden Betriebsarten überwiegend tätig sind: (...)" bzw.
"(...) für alle Unternehmen der Entsorgungswirtschaft und der Städtereinigung, die nicht von der öffentlichen Hand betrieben werden und in einer oder mehreren der folgenden Betriebsarten überwiegend tätig sind: (...)" bzw.
"(...) für alle Unternehmen der Recycling- und Entsorgungswirtschaft, die in privatrechtlicher Form betrieben werden".
(vgl. insoweit Anlagen HLW 5, 6 und 9 zum Schriftsatz der Beklagten vom 22.05.2013; Bl. 206 ff. und 212 bis 222 d. A.)
In Tarifverträgen, die nach dem 10.11.1994 zwischen dem Streitverkündeten und der Gewerkschaft ÖTV bzw. ver.di geschlossen worden sind, ist der Streitverkündete im Kopf des Tarifvertrages jeweils mit seiner gültigen Bezeichnung benannt. Der fachliche Geltungsbereich ist in § 1 des jeweiligen Tarifvertrages regelmäßig wie folgt definiert:
"(...) für alle Unternehmen, die Mitglied des Arbeitgeberverbandes ... e.V. (...) sind"
bzw.
"(...) für alle Entsorgungsunternehmen, die Mitglied des Arbeitgeberverbandes ... ... e.V. sind".
(vgl. insoweit Anlagen HLW 7, 8 und 9 zum Schriftsatz der Beklagten vom 22.05.2013; Bl. 210/211 und 223 ff. d. A.)
In dem ab dem 01.04.2012 geltenden Bundesentgelttarifvertrag (BETV) vom 25.06.2012 bestimmt § 1 Nr. 2 den fachlichen Geltungsbereich wie folgt (vgl. Anlage HLW 10 zum Schriftsatz der Beklagten vom 22.05.2013; Bl. 237 d. A.):
"für alle Entsorgungsunternehmen, die ordentliches Mitglied mit Verbandstarifbindung (T-Mitglied) des Arbeitgeberverbandes des ... e.V. sind".
Abweichend davon wird der betriebliche Geltungsbereich im § 1 Abs. 2 des Mindestlohntarifvertrages für die Branche Abfallwirtschaft vom 07.01.2009 in seiner jeweils gültigen Fassung wie folgt definiert (vgl. in den Anlagen HLW 9 und HLW 12 zum Schriftsatz der Beklagten vom 22.05.2013; Bl. 234, 236 und 240 d. A.):
"Dieser Tarifvertrag gilt für die Branche Abfallwirtschaft. Diese umfasst alle Betriebe, oder selbständigen Betriebsabteilungen, die überwiegend gewerbs- oder geschäftsmäßig Abfälle sammeln, befördern, lagern, behandeln, verwerten oder beseitigen und/oder öffentliche Verkehrsflächen reinigen."
Schließlich regelt § 1 des zwischen dem Streitverkündeten und der Gewerkschaft ver.di vereinbarten Altersteilzeittarifvertrages vom 15.03.2002 (Anlage HLW 11 zum Schriftsatz der Beklagten vom 22.05.2013; Bl. 238/239 d. A.) den Geltungsbereich folgendermaßen:
"Dieser Tarifvertrag gilt für Arbeitnehmer, auf die der Bundesmanteltarifvertrag (BMTV) für die private Entsorgungswirtschaft, gültig ab 01.01.2002, Anwendung findet".
Am 26.04.2002 ging dem Streitverkündeten ein von der alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführerin der Beklagten, Frau ..., unterzeichnetes Schreiben vom 22.04.2002 (Anlage HLW 14 zum Schriftsatz der Beklagten vom 22.05.2013; Bl. 243 d. A.) mit folgendem Inhalt zu:
Kündigung Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband
Sehr geehrter Herr ...,
Sehr geehrter Herr ...,
hiermit kündige ich mit sofortiger Wirkung die Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband.
Die aktuelle Situation in der Entsorgungsbranche und auch die Entwicklung im ... haben mich zu dieser Entscheidung geführt.
Von dieser Kündigung ist selbstverständlich die Mitgliedschaft im ... nicht betroffen.
Ich bitte um Bestätigung der Kündigung bis spätestens 30.04.02.
In der Folge wurde Frau ... vom damaligen Geschäftsführer des Streitverkündeten telefonisch befragt, ob ihr Kündigungsschreiben dahin verstanden werden könne, dass die Beklagte mit Ablauf des 30.04.2002 aus dem Arbeitgeberverband ausscheiden und ab dem 01.05.2002 nur noch Mitglied im Wirtschaftsverband bleiben wolle, wobei die Mitgliedschaft im Wirtschaftsverband keine Tarifbindung erzeuge.
Frau ... antwortete hierauf sinngemäß, dass sie als rechtlicher Laie ihr Schreiben so verstanden wissen wolle, dass die Beklagte auf jeden Fall zukünftig nicht mehr Mitglied im Arbeitgeberverband sein und nicht mehr an die vom Streitverkündeten mit ver.di abgeschlossenen Entsorgungstarifverträge gebunden sein wolle und ihr egal sei, wie das im Einzelfall rechtlich geschehe. Hierauf fasste das Präsidium des Streitverkündeten in seiner Sitzung am 05.06.2002 ausweislich des Protokolls (Anlage HLW 15 zum Schriftsatz der Beklagten vom 22.05.2013; Bl. 244/245 d. A.) u.a. folgenden Beschluss:
"Die Firmengruppe ... mit den Niederlassungen aus ..., ..., ... und ... wird mit Wirkung zum 30.04.2002 aus dem Arbeitgeberverband entlassen."
In der Folge wurde die Beklagte mit Ablauf des 30.04.2002 aus der Mitgliederliste des Arbeitgeberverbandes gestrichen. Im "Taschenbuch der Entsorgungswirtschaft" ab dem Jahr 2003 ist die Beklagte ohne den Zusatz "AGV" verzeichnet. Mit Schreiben vom 10.06.2002 teilte der Streitverkündete der Beklagten mit, das Präsidium habe auf seiner Sitzung am 05.06.2002 den Austritt aus dem Arbeitgeberverband bei Fortführung der Mitgliedschaft im Wirtschaftsverband formell wie beantragt bestätigt.
Mit Schreiben des Streitverkündeten vom 21.06.2002 erhielt die Beklagte einen neuen Mitgliedsausweis mit der Angabe, "Mitglied nur im Wirtschaftsverband ab 01.05.2002". Des Weiteren informierte der Streitverkündete die Gewerkschaft ver.di im Rahmen laufender Verhandlungen über einen neuen Entgelttarifvertrag über das Ausscheiden der Beklagten aus dem Arbeitgeberverband zum 30.04.2002, deren Streichung aus der Mitgliederliste des Arbeitgeberverbandes und deren Mitgliedschaft im Wirtschaftsverband ab dem 01.05.2002. Ver.di bestätigte dem Streitverkündeten die "Offenlegung" mit Schreiben vom 12.07.2012. Mit Schreiben vom selben Tag wandte sich ver.di an die Geschäftsführerin der Beklagten.
Das Schreiben lautet u.a. wie folgt:
Verbandsaustritt aus dem BDE -
Aufforderung zu Tarifverhandlungen
Sehr geehrte Frau ...,
wie uns vom ... (...) mitgeteilt wurde, sind sie aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten.
Wir bedauern diese Entscheidung und würden es begrüßen, wenn Sie im Interesse eines fairen Wettbewerbs unter sozial- und umweltverträglichen Gesichtspunkten diesen Entschluss nochmals überdenken würden.
Wir werden alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Tarifgebundenheit Ihres Unternehmens wieder herzustellen.
Vor dem Hintergrund ihrer gegenwärtigen Entscheidung fordern wir Sie hiermit zu Haustarifverhandlungen auf und bitten um eine schnellst mögliche Terminvereinbarung.
Am 30.04.2002 galt der zwischen dem Streitverkündeten und ver.di am 31.10.2001 abgeschlossene, ab dem 01.01.2002 gültige Bundesmanteltarifvertrag (BMTV 2002). Darin ist u.a. Folgendes bestimmt:
§ 13 Jahressonderzahlungen
(1) Als jährliche Sonderzahlungen werden 100 % des Monatsentgelts bezahlt, dass sich aus dem Durchschnitt des aufgrund der tariflichen Regelungen gezahlten Entgelts der letzten vorausgegangenen 13 Wochen errechnet.
Für das Tarifgebiet Ost werden
- ab dem Jahr 2003 70%
- ab dem Jahr 2006 75 %
des Monatsentgelts bezahlt, dass sich aus dem Durchschnitt des aufgrund der tariflichen Regelungen gezahlten Entgelts der letzten vorausgegangenen 13 Wochen errechnet.
Besteht das Arbeitsverhältnis nicht während des gesamten Kalenderjahres, so werden die Sonderzahlungen anteilig gekürzt. Der Zeitpunkt der Fälligkeit wird betrieblich geregelt. (...)
§ 19 Ausschlussfristen
Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht worden sind, sind verwirkt. Diese Regelung gilt sowohl für Ansprüche des Arbeitnehmers als auch für Ansprüche des Arbeitgebers.
Mit Wirkung ab dem 01.01.2009 vereinbarten der Streitverkündete und ver.di einen neuen Bundesmanteltarifvertrag (BMTV 2009), der u.a. folgende Bestimmungen enthält:
§ 13 Jahressonderzahlung
(1) Als jährliche Sonderzahlung werden 100 %, in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen 75 % des Monatsentgelts bezahlt, dass sich aus dem Durchschnitt des aufgrund der tariflichen Regelungen gezahlten Entgelts der letzten vorausgegangenen 13 Wochen errechnet.
Besteht das Arbeitsverhältnis nicht während des gesamten Kalenderjahres, so werden die Sonderzahlungen anteilig gekürzt. Der Zeitpunkt der Fälligkeit wird betrieblich geregelt. (...)
§ 19 Ausschlussfristen
Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht worden sind, sind verwirkt. Diese Regelung gilt sowohl für Ansprüche des Arbeitnehmers als auch für Ansprüche des Arbeitgebers.
Des Weiteren galt am 30.04.2002 der zwischen dem Streitverkündeten und ver.di am 27.04.2000 abgeschlossene, ab dem 01.05.2000 gültige Bundesentgelttarifvertrag (BETV 2000). Dieser wurde durch den ab dem 01.05.2002 gültigen, am 15.07.2002 unterzeichneten Bundesentgelttarifvertrag (BETV 2002) abgelöst, an dessen Stelle wiederum ab dem 01.09.2004, 01.05.2006, 01.07.2007, 01.01.2008, 01.01.2011 bzw. 01.04.2012 jeweils neue Bundesentgelttarifverträge traten. Die Vergütungsgrundsätze einschließlich der Eingruppierung waren in dem ab dem 01.01.2002 geltenden Bundesentgeltrahmentarifvertrag (BERT) vom 24.10.2001 geregelt, und gelten - soweit hier von Bedeutung - in der Fassung des ab dem 01.05.2008 gültigen Änderungstarifvertrages vom 03.06.2008 unverändert fort. Insoweit ist u.a. Folgendes bestimmt:
"§ 2
Eingruppierungsgrundsätze
(1) Für die Eingruppierung sind allein die übertragenen und ausgeführten Arbeiten und nicht etwa Berufsbezeichnungen maßgebend.
(2) Für die Eingruppierung in eine der in § 3 genannten Vergütungsgruppen ist die überwiegend ausgeübte Tätigkeit entscheidend (Stammvergütungsgruppe).
Bewertungszeitraum ist der Kalendermonat. Die aufgeführten Richtbeispiele erfüllen die Tätigkeitsmerkmale auch.
§ 3
Vergütungsgruppen (VG) für Arbeitnehmer
Es werden folgende Vergütungsgruppen gebildet:
(...)
Vergütungsgruppe 3
Tätigkeiten nach allgemeiner Anweisung, für die Kenntnisse oder Fertigkeiten erforderlich sind.
Richtbeispiele:
Sortierkräfte nach einer Tätigkeit von in der Regel* drei Jahren in der Vergütungsgruppe 2, Pförtner, Zerleger 2 (Zerlegung unter Berücksichtigung von Gefahrstoffen, Zerlegung in vorgegebene weiterzuverabeitende Verwertungsteile), Asbest-Reiniger, (...).
*Protokollnotiz:
Vom Regelaufstieg darf nur beim Vorliegen deutlicher Minderleistungen abgewichen werden. Alle nachgewiesenen Sortiertätigkeitszeiten werden angerechnet.
Vergütungsgruppe 4
Tätigkeiten nach Anweisung und längerer Einarbeitungszeit, die über die Anforderungen der Vergütungsgruppe 3 hinausgehen.
Richtbeispiele:
Werkstatthelfer, Deponiearbeiter, Lagerarbeiter, Kompostwerker, Bediener von Waagen, Zerleger 3 (fachliche Zerlegung mit Qualitätsanforderung im Hinblick auf Abnehmer/Rücknehmer), Asbest-Fachkräfte, Kranführer ohne Ausbildungsnachweis, (...), Lagerbestandsführung.
Vergütungsgruppe 5
Tätigkeiten, die erhöhte Kenntnisse oder Fertigkeiten mit Umsicht und Zuverlässigkeit erfordern; eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung ohne Berufserfahrung erfüllt diese Voraussetzungen auch.
Richtbeispiele:
Lader/Müllwerker; Fahrer von Flurförderfahrzeugen, Radladern und Baumaschinen; Fahrer von Kraftfahrzeugen und Arbeitsmaschinen, für die Führerschein Klasse B, C 1 erforderlich sind; Beifahrer von Sonderabfalltransporten; Ver- und Entsorger; Kranführer mit Ausbildungsnachweise; (...).
Vergütungsgruppe 6
Tätigkeiten und Qualifikationen, die über die Anforderungen der Vergütungsgruppe 5 hinausgehen.
Richtbeispiele:
Fahrer von Lastkraftwagen und Arbeitsmaschinen, für die die Führerscheinklassen C, CE erforderlich sind.
Vergütungsgruppe 7
Tätigkeiten mit Qualifikationen, die über die Anforderungen der Vergütungsgruppe 6 hinausgehen.
Richtbeispiele:
Fahrer von Raupen und Kompaktoren auf Deponien; Fahrer von mobilen Behandlungsanlagen, die diese auch bedienen; Fahrer von Saugefahrzeugen, Hochdruckspülfahrzeugen und kombinierten Gruben- und Kanalreinigungsfahrzeugen nach DIN 30702, Blatt 5 (Stand: November 1974); Kesselbedienter mit Zertifikat; alleinfahrende Fahrer von Seitenlader- oder Frontladerfahrzeugen, die in Sammeltouren eingesetzt sind und zeitlich überwiegend Ladetätigkeiten verrichten; Angestellte wie in der Vergütungsgruppe 5 beschrieben mit zusätzlichen Spezialaufgaben.
Vergütungsgruppe 8
Tätigkeiten mit besonderer Qualifikation und erweiterten Kenntnissen, die durch eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung und mehrjährige Berufserfahrung (in der Regel 3 Jahre) oder durch gesicherte Berufserfahrung erlangt werden können.
Richtbeispiele:
Fahrer von Sonderabfalltransporten, für die die Berechtigung nach GGVS/ADR erforderlich ist; Fahrer, die dauerhaft dazu eingesetzt werden, bei den Vergütungsgruppen 6 und 7 genannte Funktionen wechselnd auszuüben (sog. Mulitfunktionsfahrer); Schichtführer, Klärwärter mit abgeschlossener Ausbildung als Ver- und Entsorger; Rauchgaswäscher; Kesselläufer; Bediener von Kanal-TV-Geräten; Roboter-Geräte-Führer; Angestellte wie in Vergütungsgruppe 7 beschrieben mit Teilverantwortung.
Der Kläger, der seit dem 01.09.1996 Mitglied der Gewerkschaft ver.di ist, wurde von der Beklagten auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 12.08.1992 (Anlage HLW 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 22.05.2013; Bl. 160 ff. d. A.) mit Wirkung ab dem 21.04.1992 als "Müllwerker" eingestellt. Darin heißt es unter Nr. 4:
"Der Arbeitnehmer erhält Lohn/Gehalt entsprechend der gültigen Tarifvereinbarung ÖTV/BDE (siehe Anlage)."
Die Anlage hat u.a. folgenden Wortlaut:
1. Löhne, Gehälter, Azubi-Vergütungen
Die Löhne, Gehälter und Azubi-Vergütungen werden wie folgt erhöht:
ab Arbeitszeit/Monat
1.11.1991 189 Std. 65,0 % Eckvergütung West
1.5.1992 182 Std. 70,0 % Eckvergütung West
1.5.1993 173 Std. 85,0 % Eckvergütung West
1.5.1994 173 Std. 100,0 % Eckvergütung West
2. (...)
3. Entlohnung zu Beginn der Arbeitstätigkeit: 9,67 DM/h ab 01.5.92: 12,34 DM/h
Unter dem 21.01.1997 unterzeichneten die Parteien mit Wirkung vom 01.01.1997 eine "Ergänzung zum bestehenden Arbeitsvertrag" (Anlage HLW 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 22.05.2013; Bl. 165/166 d. A.). Darin ist u.a. Folgendes bestimmt:
§ 2 Vergütung
Es wird ein monatlicher Festlohn gezahlt in Höhe von 3.389,57 DM - entsprechend Tarifvertrag - Vergütungsgruppe 5 - basierend auf 173 Stunden im Monat. Im Festlohn sind 20 Überstunden pro Monat enthalten.
Werden über diese 20 Stunden pro Monat von der Geschäftsleitung Überstunden angeordnet, gehen diese Überstunden zur Verrechnung auf ein Arbeitszeitkonto. Dieses Arbeitszeitkonto wird aller 4 Monate ausgeglichen. Die Zählung der Überstunden für dieses Arbeitszeitkonto beginnt also ab der 21. Überstunde pro Monat. Kann ein Freizeitausgleich innerhalb der 4 Monate nicht erfolgen, werden die über die o.g. Regelung hinausgehenden Überstunden zum jeweiligen Tarifstundenlohn, ohne Überstundenzuschläge, vergütet. Die Vergütung erfolgt in einer Einmalzahlung.
Seit Mai 1997 arbeitet der Kläger von Montags bis Freitags ausschließlich im Schadstoffzwischenlager der Beklagten. Dort be- und entlädt der Kläger Sondermüllfahrzeuge und nimmt Sonderabfall aus Gewerbe und Haushalt entgegen. Einlieferungen können ganztägig erfolgen. Dabei ist der Kläger mit Ausnahme von infektiösen oder radioaktiven Abfällen sowie Sprengstoffen mit allen Arten von Gefahrstoffen befasst, u.a. Chemikalien, Farben, Lacken und Laugen. Er hat die angelieferten Schadstoffe zu sichten und zu wiegen. Dabei öffnet er Behälter und prüft, ob die angelieferten Abfälle mit der Beschriftung übereinstimmen. Nach der ersten Durchsicht sortiert der Kläger die Schadstoffe und stellt sie u.a. durch Umkippen von Fässern zu größeren Einheiten zusammen. Danach werden die Gefahrstoffe vom Kläger auf Paletten verstaut und im Lager im entsprechenden Sortiment eingestellt.
Im Rahmen seiner Tätigkeit hat der Kläger den Weisungen des verantwortlichen Lagerleiters Folge zu leisten. Der Kläger entscheidet selber nicht, ob und welche Abfälle zur Verwertung, Verbrennung oder unterirdischen Lagerung weitertransportiert werden. In Verbindung mit dem Leiter des Zwischenlagers bereitet der Kläger die Auslieferung der Sonderabfälle in die Verbrennungs- oder Aufbereitungsanlagen vor. Zum Be- und Entladen der Fahrzeuge benutzt der Kläger einen Gabelstapler. LKW oder sonstige Arbeitsmaschinen fährt bzw. bedient der Kläger nicht. Sämtliche Tätigkeiten des Klägers werden in einem der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Bereich des Betriebsgeländes ausgeübt. Sie unterfallen der Gefahrstoffverordnung.
Der Kläger hat im Jahr 2013 an einer Schulung/Unterweisung für "Beauftragte Personen" nach Kapitel 1.3 ADR/RID/IMDG sowie §§ 27, 29 GGVSEB und einer Schulung für "Sachkundige nach TRGS 520 (Errichtung und Betrieb von Sammelstellen und zugehörigen Zwischenlagern für Kleinmengen gefährlicher Abfälle)" teilgenommen.
Vergleichbare Schulungen sind auch in früheren Jahren erfolgt. Er verfügt über einen Staplerschein, eine ADR-Bescheinigung sowie u.a. über die Fahrerlaubnis der Klassen C 1, C1E und CE (vgl. die Anlagen zum Schriftsatz des Klägers vom 17.07.2013; Bl. 288 ff. d. A.).
Nach dem 30.04.2002 bis einschließlich Mai 2004 zahlte die Beklagte an den Kläger ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 1.859,03 €, ab Juni 2004 in Höhe von 1.891,56 €, ab Oktober 2005 in Höhe von 1.929,39 € und ab August 2008 ein solches in Höhe von 1.970,00 €. Dem lag jeweils eine individuelle Vereinbarung mit dem Kläger dergestalt zu Grunde, dass die Gehaltszahlungen unabhängig von der konkret vom Kläger ausgeübten Tätigkeit erfolgen sollten. Darüber hinaus gewährte die Beklagte dem Kläger mit den Gehaltszahlungen für November in den Jahren 2007 bis 2011 freiwillige Jahressonderzahlungen in Höhe von 868,00 €, 720,00 €, 1.477,50 €, 1.477,50 € bzw. 640,00 € brutto. Üblicher Lohnzahlungstag im Betrieb der Beklagten ist jeweils der 5. Arbeitstag des Folgemonats.
Mit Ablauf des 30.11.2012 ist die Beklagte vollständig aus dem Streitverkündeten ausgetreten.
Mit einer im Jahr 2012 vor dem Arbeitsgericht Chemnitz erhobenen Klage - 4 Ca 535/12 - hat der Kläger unter Bezugnahme auf § 13 BMTV erfolglos eine weitergehende Sonderzahlung für das Jahr 2011 geltend gemacht. Seine Berufung wurde vom Sächsischen Landesarbeitsgericht - 7 Sa 667/12 - zurückgewiesen. Das Revisionsverfahren ist unter dem Aktenzeichen 10 AZR 802/13 beim Bundesarbeitsgericht anhängig.
In einem am 23.01.2013 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben vom selben Tag (Anlage zur Klageschrift vom 29.04.2013; Bl. 4 d. A.) vertrat der Kläger unter Bezugnahme auf ein Teilurteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 11.12.2012 - 4 Sa 535/11 - (Revision anhängig beim Bundesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 4 AZR 13/13) die Ansicht, dass der Austritt der Beklagten aus dem Streitverkündeten im Jahr 2002 unwirksam gewesen und die Beklagte weiterhin tarifgebunden sei. Gleichzeitig machte er eine Jahressonderzahlung für das Jahr 2012 gemäß § 13 BMTV in Höhe von 1.693,49 €, die Differenz zum Tariflohn der Vergütungsgruppe 5 Stufe 5 ab September 2012 in Höhe von monatlich 287,99 € und eine einmalige Pauschalzahlung gemäß § 5 BETV in Höhe von 125,00 € geltend.
Mit seiner Klage hat der Kläger die vorgenannten Ansprüche weiter verfolgt. Zur Begründung hat er sich unter Hinweis auf das Teilurteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 11.12.2012 - 4 Sa 535/11 - darauf berufen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft beiderseitiger Tarifbindung die jeweils gültigen Tarifverträge zwischen dem Streitverkündeten und ver.di Anwendung fänden. Die Ansicht der Beklagten, sie sei ab dem 01.05.2002 nur noch Mitglied im Wirtschaftsverband gewesen, sei unzutreffend. Die Satzungen des Streitverkündeten sähen eine differenzierte Mitgliedschaft nicht vor. Die Satzungen erfüllten nicht die Anforderungen, die das Bundesarbeitsgericht an eine OT-Mitgliedschaft stelle. Eine eindeutige Trennung zwischen den Mitgliedschaftsbereichen des Arbeitgeber- und des Wirtschaftsverbandes liege nach den Satzungen nicht vor. Unabhängig davon komme es in seinem Fall nicht darauf an, ob die Beklagte Mitglied im Streitverkündeten sei. Aufgrund der Vereinbarung unter Ziffer 4 des Arbeitsvertrages vom 12.08.1992 fänden die jeweils gültigen Tarifverträge des Streitverkündeten mit ver.di jedenfalls kraft einzelvertraglicher Vereinbarung dynamisch auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Die Sonderzahlung für das Jahr 2012 berechne sich auf der Basis einer durchschnittlichen monatlichen Vergütung in Höhe von 2.257,99 € brutto. Aufgrund der von ihm im Streitzeitraum ausgeübten Tätigkeit im Schadstoffzwischenlager schulde die Beklagte ihm eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe 5 Stufe 5.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.015,93 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.693,49 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 125,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 575,98 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung der Klageerweiterung zu zahlen;
5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 863,97 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung der Klageerweiterung zu zahlen.
Nach Antragstellung in der mündlichen Verhandlung am 14.10.2013 hat der Kläger seine Klage betreffend die geltend gemachte Vergütungsdifferenz für den Monat September 2012 in Höhe von 287,99 € brutto zurückgenommen. Dem hat die Beklagte ausdrücklich nicht zugestimmt.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie u.a. (im Sinne einer gedrängten Darstellung des Sach- und Streitstandes gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 ArbGG) ausgeführt, sie sei seit dem 01.05.2002 nicht mehr Mitglied im Arbeitgeberverband des Streitverkündeten sondern nur noch im Wirtschaftsverband gewesen. Dies stehe aufgrund des Präsidiumsbeschlusses des Streitverkündeten vom 05.06.2002 verbindlich fest. Die Satzung des Streitverkündeten genüge den "Trennungsanforderungen", die das Bundesarbeitsgericht an eine Verbandssatzung mit OT-Mitgliedschaft stelle. Zudem sei von ausschlaggebender Bedeutung, dass sie - unstreitig - vom Streitverkündeten aus der Mitgliederliste des Arbeitgeberverbandes mit Ablauf des 30.04.2002 gestrichen worden sei. Mit dem Ende ihrer Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband habe auch ihre Tarifbindung nach § 3 Abs. 1 TVG geendet. Eine verlängerte Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 3 TVG sei nicht eingetreten, denn seit ihrem Austritt aus dem Arbeitgeberverband falle sie nicht mehr unter den fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge des Streitverkündeten, da diese jeweils den fachlichen Geltungsbereich auf "alle Unternehmen, die Mitglied des Arbeitgeberverbandes ... e.V. (...) sind", eingrenzten. Diese Regelung sei von den Tarifvertragsparteien - unstreitig - in Kenntnis dessen vereinbart worden, dass im Streitverkündeten sowohl ein Arbeitgeberverband als auch ein Wirtschaftsverband existiere und nur die Mitglieder im Arbeitgeberverband, kraft Satzung Einfluss auf die tarifpolitischen Entscheidungen nehmen könnten. Eine Nachwirkung der am 30.04.2002 geltenden tariflichen Regelungen gemäß § 4 Abs. 5 TVG (analog) scheide aus, da die Parteien nach dem 30.04.2002 diverse "andere Abmachungen" im Sinne von § 4 Abs. 5 TVG betreffend die monatliche Vergütung getroffen hätten. Auch habe sie für die Jahre 2007 bis 2011 jeweils individuelle, freiwillige Sonderzahlungen geleistet. Eine Sonderzahlung nach § 13 BMTV scheide aber auch deshalb aus, weil sich diese auf der Basis des aufgrund der tariflichen Regelungen gezahlten Entgelts berechne. Da die monatliche Vergütung mit dem Kläger aufgrund einer wirksamen individuellen Vereinbarung erfolgt sei, fehle eine wesentliche Voraussetzung für die tarifliche Jahressonderzahlung. Nach dem Willen der Tarifvertragsparteien habe der Kläger nur Anspruch auf die tarifliche Jahressonderzahlung, wenn er Anspruch auf ein tarifliches Entgelt nach dem BETV habe. Insoweit hat die Beklagte zur Stützung ihres Standpunktes auf ein Schreiben des Streitverkündeten vom 27.02.2012 (Anlage HLW 21 zum Schriftsatz der Beklagten vom 22.05.2013; Bl. 278 d. A.) verwiesen.
Jedenfalls sei die Sonderzahlung auf Basis des Tarifentgelts zu berechnen. Der Kläger schulde als Müllwerker alle Tätigkeiten, die in ihrem Abfall- und Entsorgungsbetrieb anfielen. Entsprechend werde er mit Tätigkeiten betraut, die jeweils für sich gesehen unterschiedlichen Vergütungsgruppen des § 3 BERT zugeordnet seien. Es obliege daher dem Kläger, konkret vorzutragen, welche Tätigkeiten er in welchem zeitlichen Umfang in den maßgeblichen Kalendermonaten ausgeübt habe, damit das Gericht den Schluss auf die tariflichen Tätigkeitsmerkmale der maßgeblichen Vergütungsgruppe ziehen könne. Diesen Anforderungen genüge sein Vortrag nicht. Zudem habe der Kläger allenfalls Anspruch auf eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe 4. Eine Berechnung eines etwaigen Anspruchs des Klägers auf dieser Basis sei dem Gericht jedoch verwehrt, da es sich bei den Vergütungsgruppen des BERT nicht um Aufbaufallgruppen handele und der Kläger seine Klageforderung lediglich auf die Vergütungsgruppe 5 gestützt habe.
Mit seinem dem Kläger am 17.02.2014 und der Beklagten am 14.02.2014 zugestellten Urteil vom 05.02.2014 hat das Arbeitsgericht die Beklagte unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, an den Kläger weitere Vergütung für die Monate Oktober 2012 bis September 2013 auf Basis der Vergütungsgruppe 4 des BETV 2011 in Gesamthöhe von 1.450,80 € brutto sowie eine Jahressonderzahlung für das Jahr 2012 in Höhe von 1.567,50 € brutto jeweils nebst Zinsen zu zahlen, und es hat die Berufung für beide Parteien zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 07.03.2014 beim Sächsischen Landesarbeitsgericht eingegangenen Berufung, die er am 19.05.2014 begründet hat, nachdem die Frist zur Berufungsbegründung auf seinen am 17.04.2014 eingegangenen Antrag bis zum 19.05.2014 verlängert worden war. Die Beklagte ihrerseits greift das arbeitsgerichtliche Urteil mit ihrer am 20.02.2014 eingegangenen Berufung an, die sie am 21.05.2014 begründet hat, nachdem die Frist zur Berufungsbegründung für sie auf ihren am 20.02.2014 eingegangenen Antrag bis zum 30.05.2014 verlängert worden war. Gleichzeitig mit der Einlegung der Berufung hat die Beklagte dem ... e.V. den Streit verkündet. Dieser ist dem Rechtsstreit am 13.03.2014 auf Seiten der Beklagten beigetreten.
Der Kläger vertritt die Ansicht, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht Vergütungsansprüche auf der Basis der Vergütungsgruppe 5 verneint. Selbst wenn seine Tätigkeit nicht unter die Richtbeispiele der Vergütungsgruppe 5 einzuordnen sein sollte, so erfülle sie jedenfalls die allgemeinen Merkmale der Vergütungsgruppe 5. Er führe Tätigkeiten aus, die durchaus erhöhte Kenntnisse oder Fertigkeiten mit Umsicht und Zuverlässigkeit erforderten. Dies ergebe sich daraus, dass er die Regelungen der Gefahrstoffverordnung zu beachten habe. Insoweit sei er einem "Beifahrer von Sonderabfalltransporten" vergleichbar. Des Weiteren ergebe sich aus dem Arbeitsvertrag vom 12.08.1992 entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts durchaus eine dynamische Bezugnahme auf die jeweils gültigen Tarifverträge des Streitverkündeten.
Diese sei auch nicht durch den Änderungsvertrag vom 21.01.1997 beseitigt worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 05.02.2014 - 11 Ca 983/13 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 2.256,07 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte und der Streitverkündete beantragen,
1. die Berufung des Klägers zurückzuweisen;
2. das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 05.02.2014 - 11 Ca 983/13 - abzuändern, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Klage auch insoweit abzuweisen.
Die Beklagte vertritt (kurz zusammenfasst) die Ansicht, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass sie über den 30.04.2002 hinaus an die jeweils aktuellen Tarifverträge des Streitverkündeten gebunden gewesen sei. Das Arbeitsgericht lege die Satzungen des Streitverkündeten fehlerhaft aus und stelle zudem überhöhte Anforderungen an die Ausgestaltung der Satzungen im Hinblick auf eine Trennung zwischen Mitgliedern mit und ohne Tarifbindung. Selbst wenn die Satzungen des Streitverkündeten jedoch den "Trennungsanforderungen" des Bundesarbeitsgerichts nicht genügen sollten, führe dies nicht zu ihrer Bindung an die nach dem 30.04.2002 abgeschlossenen Tarifverträge, denn sie werde vom fachlichen Geltungsbereich der jeweiligen Tarifverträge nicht erfasst. Unzutreffend habe das Arbeitsgericht dem Kläger zudem Vergütungsdifferenzen nach der Vergütungsgruppe 4 zugesprochen. Solche habe der Kläger nicht geltend gemacht. Auch im Rahmen von Zahlungsklagen sei zu berücksichtigen, dass es sich bei den Vergütungsgruppen des BERT nicht um Aufbaufallgruppen handele und der Kläger seine Ansprüche allein auf die Vergütungsgruppe 5 gestützt habe.
Der Streitverkündete macht sich das Vorbringen der Beklagten zu Eigen. Ergänzend verweist er darauf, dass es sich, soweit die arbeitsvertragliche Inbezugnahmeklausel als dynamische Inbezugnahme seiner Tarifverträge auszulegen sei, um einen "Altfall" einer Gleichstellungsabrede im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handele.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts, soweit sie seiner Klage stattgegeben hat, als zutreffend.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf den Inhalt der dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2014 (Bl. 1011 ff. d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die gemäß § 64 Abs. 2 lit. a ArbGG statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sowie ausgeführte Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 05.02.2014 - 11 Ca 983/13 - ist zurückzuweisen, denn sie ist nicht begründet. Dagegen führt die gemäß § 64 Abs. 2 lit. a ArbGG statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sowie ausgeführte Berufung der Beklagten zur teilweisen Abänderung des vorgenannten Urteils und vollständigen Abweisung der Klage, denn die Berufung der Beklagten ist begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Unrecht zum Teil nach den Anträgen des Klägers erkannt. Die Klage ist vielmehr vollständig unbegründet und daher vollständig abzuweisen.
A.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Vergütungsdifferenzen für die Monate September 2012 bis September 2013 unabhängig davon, welcher Vergütungsgruppe des BERT die Tätigkeit des Klägers zuzuordnen ist. Der Kläger kann von der Beklagten weder tarifvertraglich noch einzelvertraglich über das gezahlte Gehalt in Höhe von monatlich 1.970,00 € brutto hinaus Entgeltzahlungen verlangen.
1. Zu Gunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass die Satzungen des Streitverkündeten in der Zeit vom 01.05.2002 bis 30.11.2012 den Anforderungen, die an eine organisationsrechtliche Trennung zweier unterschiedlicher Mitgliederbereiche mit und ohne Tarifbindung innerhalb eines Arbeitgeberverbandes nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu stellen sind, nicht genügten mit der Folge, das der von der Beklagten zum 01.05.2002 erklärte Übertritt in den Wirtschaftsverband des Streitverkündeten nicht zum Wegfall ihrer Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 1 TVG geführt hat (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 22.04.2009 - 4 AZR 111/08 - NZA 2010, 105 ff.). Gleichwohl war die Beklagte jedenfalls ab dem 05.06.2002 tarifrechtlich nicht mehr an die in der Folgezeit zwischen dem Streitverkündeten und ver.di abgeschlossenen Tarifverträge, insbesondere die BETV 2004 ff., gebunden, denn die Beklagte fiel jedenfalls ab dem 05.06.2002 nicht (mehr) unter deren fachlichen Geltungsbereich.
a) Die Tarifgebundenheit an einen konkreten Tarifvertrag erfordert nicht allein die Mitgliedschaft im tarifschließenden Verband; sie bestimmt sich vielmehr auch nach dem von den Tarifvertragsparteien vereinbarten Geltungsbereich des konkreten Tarifvertrages. Den Tarifvertragsparteien ist es gestattet, den betrieblichen bzw. fachlichen Geltungsbereich eines Tarifvertrages auf einen abgrenzbaren Teil der Mitglieder eines Arbeitgeberverbandes zu beschränken (vgl. BAG, Urteil vom 24.02.1999 - 4 AZR 62/98 - Rz. 32/33, m.w.N., NZA 1999, 995, 997
[BAG 24.02.1999 - 4 AZR 62/98]
).
b) Die Gewerkschaft ÖTV bzw. ver.di und der Streitverkündete haben in den für den vorliegenden Fall maßgeblichen Tarifverträgen nach dem 10.11.1994 den fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge jeweils auf Unternehmen beschränkt, die "Mitglied des Arbeitgeberverbandes ... e.V. (...) sind" bzw. die "Mitglied des Arbeitgeberverbandes ... e.V. sind" bzw. (in dem ab dem 01.04.2012 geltenden Bundesentgelttarifvertrag (BETV) vom 25.06.2012) die "ordentliches Mitglied mit Verbandstarifbindung (T-Mitglied) des Arbeitgeberverbandes des ... e.V. sind". Die Auslegung der tariflichen Regelungen ergibt, dass damit Mitglieder des Streitverkündeten, die nur Mitglied im Fach- bzw. Wirtschaftsverband des Streitverkündeten waren bzw. Mitglieder ohne Verbandstarifbindung (Mitglied OT) sind, nicht unter den fachlichen/betrieblichen Geltungsbereich der Tarifverträge fallen.
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Urteil vom 04.12.3013 - 7 AZR 468/12 - Rz. 24, m.w.N., NZA 2014, 623, 625
[BAG 04.12.2013 - 7 AZR 468/12]
) folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften.
Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt.
(2) Ausgehend von diesen Grundsätzen ergibt sich, dass die Tarifvertragsparteien den fachlichen/betrieblichen Geltungsbereich der vorliegend maßgebenden Tarifverträge in der Folge der Änderung der Satzung des Streitverkündeten vom 10.11.1994 auf den Teil der Mitglieder des Streitverkündeten beschränkt haben, die Mitglied bzw. ordentliches Mitglied mit Verbandstarifbindung (T-Mitglied) im Arbeitgeberverband des Streitverkündeten sind.
Bereits der tarifliche Wortlaut legt es nahe, dass durch die Regelung des Geltungsbereiches nicht alle Mitglieder des Streitverkündeten erfasst werden sollten. Hätten alle Mitglieder des Streitverkündeten erfasst werden sollen, hätte es des Voranstellens des Wortes "Arbeitgeberverband" vor die jeweilige "Firma" des Streitverkündeten nicht bedurft. Es hätte ausgereicht, den Streitverkündeten ebenso wie im jeweiligen Kopf des Tarifvertrages mit seinem jeweiligen satzungsgemäßen Namen zu bezeichnen. Allerdings kann allein aufgrund des Tarifwortlautes nicht ausgeschlossen werden, dass die Tarifvertragsparteien den Begriff "Arbeitgeberverband" als bloße Gattungsbezeichnung verwandt haben. Die Tarif- und Satzungsgeschichte zeigt jedoch, dass die Verwendung des Wortes "Arbeitgeberverband" an die Satzungsänderung des Streitverkündeten zum 10.11.1994 anknüpft.
Vor dem 10.11.1994 war der Streitverkündete nach seiner Satzung allein "Arbeitgeberverband".
Alle Mitglieder des Streitverkündeten waren damit automatisch Mitglied im "Arbeitgeberverband"; eine Wahlmöglichkeit bestand nicht. Während dieser Zeit bestimmte sich der Geltungsbereich der Tarifverträge des Streitverkündeten mit der ÖTV im Wesentlichen über den Betriebsgegenstand der Unternehmen ("alle Unternehmen der Entsorgungswirtschaft und der Städtereinigung, die nicht von der öffentlichen Hand betrieben werden" bzw. "alle Unternehmen der Recycling- und Entsorgungswirtschaft, die in privatrechtlicher Form betrieben werden").
Ab dem 10.11.1994 hatte der Beklagte dann gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 seiner Satzung "die Aufgaben eines Fach- und Arbeitgeberverbandes" bzw. ab dem 17.09.1999 "die Aufgaben eines Wirtschafts- und Arbeitgeberverbandes". Ab diesem Zeitpunkt erlaubte es § 5 Abs. 2 der Satzung, alternativ zur Mitgliedschaft im Arbeitgeber- und Fach-/Wirtschaftsverband nur die Mitgliedschaft im Fach- bzw. Wirtschaftsverband zu erwerben. Dies hatte nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten den Zweck, (auch) tarifunwillige Arbeitgeber in den Verband zu locken bzw. im Verband zu halten. Ihnen sollte durch die Zuordnung zum Fach- bzw. Wirtschaftsverband eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung ermöglicht werden.
Dieser Wille hat - wenn auch unvollkommen - in § 17 Abs. 1 der ab dem 17.09.1999 geltenden Satzung seinen Ausdruck gefunden. Entsprechend gab es nach dem 10.11.1994 beim Streitverkündeten Mitgliederlisten, die zwischen Mitgliedern im Arbeitgeber- und Fach-/Wirtschaftsverband und Mitgliedern allein im Fach-/Wirtschaftsverband unterschieden, und die unstreitig der Gewerkschaft im Rahmen von Tarifverhandlungen vorgelegt wurden. Gleichzeitig erfolgte in den Tarifverträgen nach dem 10.11.1994 die neue Regelung der jeweiligen Geltungsbereiche mit der Beschränkung auf "die Mitglieder im Arbeitgeberverband ...". Dies belegt, die von der Beklagten unwidersprochen vorgetragene Einigung zwischen dem Streitverkündeten und der Gewerkschaft ÖTV bzw. ver.di, dass die zwischen ihnen nach dem 10.11.1994 abgeschlossenen Entsorgungstarifverträge keine Anwendung auf Mitgliedsunternehmen finden sollten, die nur Mitglied im Fach-/Wirtschaftsverband waren.
Gestützt wird das gewonnene Auslegungsergebnis auch durch das Verhalten der Gewerkschaft ver.di im Zusammenhang mit der an sie gerichteten Mitteilung des Streitverkündeten vom Juni/Juli 2002, dass die Beklagte aus dem Arbeitgeberverband ausgeschieden und nur noch Mitglied im Wirtschaftsverband des Streitverkündeten sei. Ver.di hat aus dem Austritt der Beklagten aus dem "Arbeitgeberverband" den Verlust der Tarifbindung der Beklagten gefolgert. Diese Schlussfolgerung wäre unverständlich, wenn sich der Geltungsbereich der Tarifverträge nach dem 10.11.1994 nach Meinung von ver.di generell auf alle Mitglieder des Streitverkündeten und nicht nur auf dessen Mitglieder im Arbeitgeberverband erstreckt hätte, wie der Kläger meint.
c) Die Beklagte ist jedenfalls seit dem 05.06.2002 nicht mehr Mitglied im "Arbeitgeberverband" des Streitverkündeten.
Die Kündigung der Beklagten vom 22.04.2002 war nach dem eindeutigen Wortlaut des Schreibens auf eine sofortige Beendigung der Mitgliedschaft im "Arbeitgeberverband" gerichtet, ohne die Mitgliedschaft im Streitverkündeten insgesamt zu beenden.
Ziel war eine Beendigung der Tarifbindung, wie sich auch aus den anschließenden, unstreitigen Gesprächen mit der Geschäftsführerin der Beklagten ergibt. Dieses Ziel versuchten die Beklagte und der Streitverkündete in der Folge durch "die Entlassung" der Beklagten aus der Organisationseinheit "Arbeitgeberverband" bei gleichzeitigem Verbleib in der Organisationseinheit "Wirtschaftsverband" zu erreichen. Insgesamt stellt dieses Verhalten jedenfalls eine einvernehmliche Änderung des Umfangs der Mitgliedschaft der Beklagten mit Wirkung ab dem 05.06.2002 dar, gegen deren Wirksamkeit keine Bedenken bestehen.
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG, Urteil vom 18.05.2011 - 4 AZR 457/09 - Rz. 25, m.w.N., NZA 2011, 1378, 1380 f.
[BAG 18.05.2011 - 4 AZR 457/09]
) kann ohne besondere Anhaltspunkte in der Satzung eines Arbeitgeberverbandes nicht davon ausgegangen werden, eine einvernehmliche Aufhebungsvereinbarung solle untersagt oder nur unter Einhaltung einer Frist möglich sein. Es verbleibt dann bei dem allgemeinen Grundsatz, dass die Parteien eines Rechtsverhältnisses dieses im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit jedenfalls mit Wirkung für die Zukunft grundsätzlich durch eine beiderseitige Vereinbarung auch wieder aufheben oder ändern können.
(2) Eine Beschränkung einer einvernehmlichen Beendigungsmöglichkeit, ergibt sich aus § 5 Abs. 3 und 4 der im Jahr 2002 geltenden Satzung vom 17.09.1999 nicht. Die Satzung regelt in diesen Bestimmungen nicht abschließend alle Möglichkeiten der Beendigung der Mitgliedschaft, sondern ersichtlich nur diejenigen Fallgestaltungen, die ohne Willensübereinkunft zwischen Mitglied und Streitverkündetem die Beendigung der Mitgliedschaft herbeiführen sollen. Die Regelung über eine einseitige Kündigungsmöglichkeit des Mitglieds unter Wahrung einer Kündigungsfrist in § 5 Abs. 3 dient erkennbar dem Schutz des Streitverkündeten und seiner verbleibenden Mitglieder vor einem kurzfristigen Verlust von Mitgliedern und Mitgliedschaftsbeiträgen durch einseitige Austritte. Ebenfalls dem Schutz des Verbandes dienen die weiteren, in § 5 Abs. 4 genannten Beendigungstatbestände. Eine andere Interessenlage besteht dagegen bei der grundsätzlich von der Verbandsautonomie erfassten Möglichkeit einer einvernehmlichen Beendigung der Mitgliedschaft, die auch im Interesse des Streitverkündeten und der verbleibenden Mitglieder liegen kann. Die Bestandsinteressen der Koalition sind dadurch gewahrt, dass sie an dieser Form der Beendigung notwendigerweise mitwirken muss (vgl. BAG, Urteil vom 18.05.2011 - 4 AZR 457/09 - Rz. 24, m.w.N., NZA 2011, 1378, 1380
[BAG 18.05.2011 - 4 AZR 457/09]
).
Eine Änderung des Umfangs der Mitgliedschaft sieht die Satzung vom 17.09.1999 zwar nicht vor. Dies steht der Wirksamkeit einer entsprechenden Vereinbarung der Beklagten mit dem Streitverkündeten jedoch nicht entgegen. Nach § 5 Abs. 2 der Satzung kann das Präsidium des Streitverkündeten auf besonderen Antrag entscheiden, dass nur die Mitgliedschaft im Wirtschaftsverband erworben wird. Diese Regelung, die ihrem Wortlaut nach nur den Fall der Aufnahme eines Mitgliedes erfasst, ist entsprechend auf den Fall der Änderung des Umfangs der Mitgliedschaft anzuwenden. Es wäre bloße Förmelei, nur die einvernehmliche Aufhebung der gesamten Mitgliedschaft im Streitverkündeten zuzulassen und die Beklagte auf den Weg der Neuaufnahme allein im Wirtschaftsverband zu verweisen. Interessengerecht ist es dagegen, eine einvernehmliche Reduzierung des Umfangs der Mitgliedschaft mit Zustimmung des Präsidiums zuzulassen.
Da das Präsidium des Streitverkündeten unstreitig auf seiner Sitzung am 05.06.2002 die Entlassung der Beklagten aus dem Arbeitgeberverband beschlossen hat, ist jedenfalls zu diesem Zeitpunkt eine einvernehmliche Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem Streitverkündeten über eine Reduzierung des Umfangs der Mitgliedschaft der Beklagten auf eine Mitgliedschaft im Wirtschaftsverband zu Stande gekommen. Auf eine evtl. Rückwirkung auf den 01.05.2002 kommt es für den vorliegenden Rechtsstreit nicht an.
Auf die Frage, ob der Beschluss des Präsidiums satzungsgemäß getroffen worden ist, kommt es ebenfalls nicht an. Die Regelungen des § 5 Abs. 2 der Satzung vom 17.09.1999 dienen einerseits dem Interesse von Arbeitgebern, als Mitglieder des Streitverkündeten nicht Mitglied im Arbeitgeberverband zu sein, und andererseits dem gemeinsamen Verbandsinteresse an gleichen Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen in der Branche. § 5 dient jedoch nicht dem Schutz Dritter. Durch einen etwaigen Verstoß gegen diese Satzungsbestimmungen werden allenfalls die Rechte der anderen Verbandsmitglieder, nicht jedoch die Rechte des Klägers berührt. Er kann sich deshalb nicht auf einen insoweit evtl. vorhandenen Satzungsverstoß berufen (vgl. BAG, Urteil vom 04.06.2008 - 4 AZR 419/07 - Rz. 56, m.w.N., NZA 2008, 1366, 1371
[BAG 04.06.2008 - 4 AZR 419/07]
).
(3) Unabhängig vom Vorstehenden und selbständig tragend ergibt sich eine Beendigung der Mitgliedschaft der Beklagten im Arbeitgeberverband auch daraus, dass diese unstreitig vor dem 12.07.2002 aus der Liste der Mitglieder des Arbeitgeberverbandes gestrichen worden ist.
§ 5 Abs. 4 der Satzung vom 17.09.1999 bestimmte, dass die Mitgliedschaft außer durch Kündigung nach Abs. 3 durch Ausschluss, durch Streichung aus der Mitgliederliste oder aus wichtigem Grund endet. Zwar dürfte die Regelung ursprünglich auf eine Beendigung der Gesamtmitgliedschaft gerichtet gewesen sein. Seit der Schaffung von getrennten Mitgliedschaften in den Untergliederungen "Arbeitgeberverband" und "Fach-/Wirtschaftsverband" mit entsprechenden eigenen Mitgliederlisten, ist es jedoch interessengerecht, die Streichungsregelung auch im Falle einer Beschränkung der Mitgliedschaft auf den Fach-/Wirtschaftsverband entsprechend anzuwenden. Vor dem Hintergrund, dass die Mitgliederlisten der Publizität der Mitgliedschaften und dem Nachweis gegenüber der Gewerkschaft ÖTV bzw. ver.di dienten und dienen, ist es sachgerecht, durch eine entsprechende Anwendung des § 5 Abs. 4 einen Gleichlauf von tatsächlicher Mitgliedschaft und Listeninhalt zu gewährleisten, um transparent zu machen, wer unter den Geltungsbereich der vereinbarten Tarifverträge fallen soll.
(4) Die am 26.10.2006 beschlossenen Satzungsänderungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Mit diesen sind unter Beibehaltung der Aufgaben des Streitverkündeten als Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband Mitgliedschaften mit und ohne Verbandstarifbindung in § 3 Abs. 5 der Satzung aufgenommen worden. Zutreffend hat bereits das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die Satzung keine Regelung enthält, die das Verhältnis dieser Mitgliedschaften zu den bisherigen Mitgliedschaften im Arbeitgeber- bzw. Wirtschaftsverband regelt. Insbesondere ist nicht bestimmt, dass die bisherigen Mitglieder im Wirtschaftsverband nach dem 26.10.2006 OT-Mitglieder sind. Tatsächlich führt der Streitverkündete die alleinigen Mitglieder im Wirtschaftsverband seit 2006 jedoch als OT-Mitglieder, so dass jedenfalls aufgrund der Publizitätswirkung der Mitgliederlisten auch weiterhin davon auszugehen ist, dass die Beklagte nicht unter den Geltungsbereich der streitgegenständlichen Tarifverträge fällt, soweit nunmehr bestimmt ist, dass diese fachlich "für alle Entsorgungsunternehmen, die ordentliches Mitglied mit Verbandstarifbindung (T-Mitglied) des Arbeitgeberverbandes des ... e.V. sind" gelten.
d) Rechtsfolge des Herausfallens der Beklagten aus dem Geltungsbereich der vom Streitverkündeten abgeschlossenen Tarifverträge ab dem 05.06.2002 ist, dass diese Tarifverträge nicht mehr gemäß §§ 3, 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend galten, sondern in analoger Anwendung des § 4 Abs. 5 TVG kraft Nachwirkung auf das Arbeitsverhältnis des Klägers anzuwenden waren (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 10.12.1997 - 4 AZR 247/96 - NZA 1998, 484). Nach dem 05.06.2002 abgeschlossene Tarifverträge kamen entsprechend erst gar nicht zur Anwendung.
Dies gilt insbesondere für den BETV vom 25.06.2012, auf den der Kläger seine streitgegenständlichen Differenzlohnansprüche für die Zeit vom 01.09.2012 bis 30.09.2013 stützt. Dahinstehen kann, ob die Parteien die Nachwirkung durch eine "andere Abmachung" im Sinne von § 4 Abs. 5 TVG beendet haben. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, hat der Kläger im Streitzeitraum ein höheres Entgelt erhalten, als er nach dem am 05.06.2002 geltenden BETV 2000 in der Vergütungsgruppe 5 beanspruchen könnte.
2. Zu Gunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass die Parteien unter Nr. 4 des Arbeitsvertrages vom 12.08.1992 die Anwendung der jeweils gültigen Entgelttarifverträge zwischen dem Streitverkündeten und der Gewerkschaft ÖTV bzw. ver.di vereinbart haben und die "Ergänzung" vom 21.01.1997 keine abweichende Vereinbarung enthält. Dies führt zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis.
a) Nehmen die Arbeitsvertragsparteien im Arbeitsvertrag dynamisch auf fachlich einschlägige Tarifverträge Bezug und war der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Vertragsschlusses tarifgebunden, so war die Bezugnahmeklausel nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als sogenannte "Gleichstellungsabrede" auszulegen. Dies hatte zur Folge, dass der Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers dazu führte, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch in der Fassung anzuwenden waren, die zum Zeitpunkt des Eintritts der fehlenden Tarifgebundenheit galt. Diese Grundsätze wendet das Bundesarbeitsgericht aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die - wie hier - vor dem 01.01.2002 vereinbart worden sind (vgl. BAG, Urteil vom 19.10.2011 - 4 AZR 811/09 - Rz. 20, m.w.N., zitiert nach Juris).
b) Ausgehend hiervon endete auch dann, wenn die Arbeitsvertragsparteien entsprechend der Ansicht des Klägers die Anwendung der jeweils gültigen Entgelttarifverträge zwischen dem Streitverkündeten und der Gewerkschaft ÖTV bzw. ver.di vereinbart haben, die Tarifbindung der Beklagten jedenfalls mit dem 05.06.2002 und der zu diesem Zeitpunkt geltende BETV 2000 wirkte lediglich analog § 4 Abs. 5 TVG nach.
Bei einer Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Sinne des Klägers handelt es sich bei dieser um eine "Gleichstellungsabrede" im vorbezeichneten Sinne. Die dynamische Verweisung erfolgte auf fachlich einschlägige Tarifverträge, an die die Beklagte zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages am 12.08.1992 kraft Verbandsmitgliedschaft gebunden war. Mit dem Herausfallen der Beklagten aus dem fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge am 05.06.2002 endete die Dynamik der Bezugnahme mit der Folge, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch in der Fassung anzuwenden waren, die am 05.06.2002 galt. Eine Bindung der Beklagten an den BETV 2012 besteht somit auch in diesem Fall nicht.
B.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die begehrte tarifliche Einmalzahlung in Höhe von 125,00 € brutto gemäß § 5 BETV 2012, da der BETV 2012 aus den vorstehend unter A. genannten Gründen weder kraft beiderseitiger Tarifbindung noch kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden war.
C.
Schließlich kann der Kläger auch die von ihm begehrte Jahressonderzahlung für das Jahr 2012 nicht beanspruchen.
1. Entsprechend den Ausführungen unter A. galten die einschlägigen Tarifverträge des Streitverkündeten im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten ab dem 05.06.2002 gemäß § 4 Abs. 5 TVG analog nur noch im Wege der Nachwirkung.
Eine Bindung an nach dem 05.06.2002 in Kraft getretene Tarifverträge trat nicht mehr ein. Mithin konnte der Kläger ab dem 05.06.2002 zunächst eine Jahressonderzahlung auf der Basis von § 13 Abs. 1 BMTV 2002 i.V.m. dem BETV 2000 (weiter) beanspruchen. Der BETV 2002 kam nicht mehr zur Anwendung, da dieser erst am 15.07.2002 und damit nach dem Wechsel der Beklagten in den Wirtschaftsverband unterzeichnet worden ist.
2. Die Nachwirkung des tariflichen Anspruchs auf eine Jahressonderzahlung nach § 13 Abs. 1 BMTV 2002 i.V.m. BETV 2000 hat aber jedenfalls vor dem Jahr 2012 ihr Ende gefunden.
Gemäß § 4 Abs. 5 TVG endet die Nachwirkung, wenn die tariflichen Rechtsnormen durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Eine solche andere Abmachung ist zwischen dem Kläger und der Beklagten aber jedenfalls konkludent in der Zeit bis zum Jahr 2012 zu Stande gekommen.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. z.B. Urteil vom 01.08.2001 - 4 AZR 129/00 - Rz. 45, m.w.N., NZA 2003, 924, 927
[BAG 01.08.2001 - 4 AZR 129/00]
) kann die widerspruchslose Fortsetzung der Tätigkeit durch den Arbeitnehmer nach einem Änderungsangebot des Arbeitgebers gemäß §§ 133, 157 BGB dann als Annahme der Vertragsänderung angesehen werden, wenn diese sich unmittelbar im Arbeitsverhältnis auswirkt, nicht hingegen, solange deren Folgen nicht hervortreten. Denn nur bei einer unmittelbar eintretenden Änderung im Arbeitsverhältnis hat der Arbeitnehmer Veranlassung, dieser sofort zu widersprechen. Er kann und muss in einem solchen Fall erkennen, dass seine widerspruchslose Weiterarbeit als Einverständnis mit der angebotenen Vertragsänderung verstanden wird. Setzt er seine Tätigkeit widerspruchslos fort, darf der Arbeitgeber diesem Verhalten daher das Einverständnis des Arbeitnehmers mit der Vertragsänderung entnehmen.
b) Ausgehend hiervon haben die Parteien die Nachwirkung der tariflichen Regelungen über eine Jahressonderzahlung jedenfalls konkludent durch eine "andere Abmachung" ersetzt.
Unstreitig haben der Kläger und die Beklagte für die Zeit ab Juni 2004, ab Oktober 2005 bzw. ab August 2008 individuelle Vereinbarungen dergestalt getroffen, dass die Gehaltszahlungen abweichend vom BERT 2002 unabhängig von der konkret vom Kläger ausgeübten Tätigkeit erfolgen sollten. Gleichzeitig wurde eine vom BETV 2000 abweichende Vergütungshöhe vereinbart. Darüber hinaus gewährte die Beklagte dem Kläger mit den Gehaltszahlungen für November in den Jahren 2007 bis 2011 unstreitig freiwillige Jahressonderzahlungen in Höhe von 868,00 €, 720,00 €, 1.477,50 €, 1.477,50 € bzw. 640,00 € brutto. Diese orientierten sich ersichtlich nicht an den Regelungen des § 13 Abs. 1 BMTV 2002 i.V.m. BETV 2000.
Erst im Hinblick auf die Jahressonderzahlung 2011 hat sich der Kläger gegen die Praxis der Beklagten gewandt und auf die Regelung des § 13 BMTV berufen. Dies war jedoch zu spät. Spätestens seit 2007 war der Kläger unmittelbar durch die Änderung der Zahlungspraxis der Beklagten betroffen mit der Folge, dass er Anlass gehabt hätte, der Zahlungspraxis zu widersprechen. Gleichwohl hat er seine Arbeitsleistung noch drei Jahre widerspruchslos fortgesetzt und auch in diesen Jahren der vom BMTV abweichenden Zahlungspraxis der Beklagten im Hinblick auf die Jahressonderzahlung nicht widersprochen. Damit durfte die Beklagte darauf vertrauen, dass der Kläger sich nicht mehr auf eine Nachwirkung der am 05.06.2002 geltenden Regelungen berufen würde, sondern die von der Beklagten konkludent vorgeschlagene neue Zahlungspraxis akzeptiert hatte (im Ergebnis ebenso Sächs. LAG, Urteil vom 06.08.2013 - 7 Sa 667/12 - unter II. 9. der Entscheidungsgründe).
3. Unabhängig vom Vorstehenden und selbständig tragend ist die Klage im Hinblick auf die Jahressonderzahlung für das Jahr 2012 jedenfalls unschlüssig.
Unterstellt man zu Gunsten des Klägers, dass die Nachwirkung nicht durch eine andere Abmachung im Sinne von § 4 Abs. 5 TVG aufgehoben worden ist, so errechnet sich die Jahressonderzahlung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 BMTV 2002 "aus dem Durchschnitt des aufgrund der tariflichen Regelungen gezahlten Entgelts der letzten vorausgegangenen 13 Wochen". Es kommt damit nicht darauf an, welches Entgelt die Beklagte dem Kläger in den Monaten August bis Oktober 2012 tatsächlich gezahlt hat, sondern darauf, welches Entgelt an den Kläger auf Basis der am 05.06.2002 geltenden tariflichen Regelungen, mithin also auf Basis des BETV 2000 zu zahlen gewesen wäre. Dies ist auf der Grundlage des Vorbringens des Klägers jedoch nicht zu ermitteln.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO. Der Kläger hat die Kosten der von ihm ohne Erfolg eingelegten Berufung sowie die übrigen Kosten des Rechtsstreits als unterlegene Partei zu tragen.
Die Zulassung der Revision für den Kläger war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG geboten, denn die vorstehende Entscheidung weicht von den Entscheidungen der 4. Kammer des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 11.12.2012 - 4 Sa 534/11 und 4 Sa 535/11 - in entscheidungserheblicher Weise ab. Es gilt daher die nachfolgende Rechtsmittelbelehrung:
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