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20.03.2017 · IWW-Abrufnummer 192575

Landgericht Dortmund: Urteil vom 03.02.2017 – 17 S 125/16

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 03.05.2016 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits und der Streithilfe trägt die Klägerin.

Dieses sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
 
1

Gründe:
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I.
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Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
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II.
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Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.
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1.
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Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Erstattung von anteiligen Betriebskosten aus §§ 683 Satz 1, 677, 670 BGB zu.
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Die Klageabweisung des Amtsgerichts mit der Begründung, die Klägerin habe die verauslagten Kosten schon nicht hinreichend konkret dargelegt, ist aus Sicht der Kammer nicht zu beanstanden.
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In einer Zweier-WEG kann der eine Eigentümer, der Betriebskosten verauslagt hat, diese auch ohne Eigentümerbeschluss über die Jahresabrechnung von dem anderen Eigentümer erstattet verlangen, wenn ein Verwalter nicht bestellt ist und aufgrund der Stimmengleichheit in der Eigentümerversammlung ein entsprechender Beschluss nicht möglich ist (vgl. BayObLG NZM 2002, 609; LG München NJW-RR 2009, 1166; OLG Karlsruhe ZMR 2007, 138).
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Diese Zahlungsansprüche ergeben sich aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 683, 670 BGB, da die Zahlung der gemeinsamen Lasten an sich ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht und es sich bei den Ausgaben für Steuern, Versicherung etc. regelmäßig um notwendige Ausgaben im gemeinschaftlichen Interesse handelt (vgl. OLG Karlsruhe a.a.O.).
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Ein solcher Anspruch setzt jedoch einen substantiierten Vortrag der getätigten Aufwendungen voraus.
12

Zwar kann der jeweilige Wohnungseigentümer zur Prüfung einer von der WEG zu beschließenden Jahresabrechnung auf die Einsicht der Belege im Verwalterbüro verwiesen werden (vgl. Bärmann-Becker, WEG, a.a.O., § 28 Rn. 164).
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Diese Wertung ist auf den vorliegenden Fall jedoch nicht übertragbar.
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Insofern folgt die Kammer der Auffassung des Amtsgerichts, dass die Klägerin nicht anders zu behandeln ist als ein Geschäftsführer, der Ersatz seiner getätigten Aufwendungen begehrt. Sie ist für die Aufwendungen, die sie nach § 670 BGB ersetzt verlangt, darlegungspflichtig. Das bedeutet, dass sie im Prozess diejenigen Umstände, insbesondere die einzelnen Ausgaben, substantiiert vortragen muss, aus denen sie ihren Anspruch herleitet (vgl. BGH NJW-RR 2009, 1667).
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Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die mietrechtlichen Ausschlussfristen über die Nebenkostenabrechnung auf den vorliegenden Fall ebenfalls nicht analog anwendbar. Diese gelten wegen des Vorrangs des WEG als Spezialregelung schon nicht für die von einer WEG beschlossene Jahresabrechnung und damit erst Recht nicht für den vorliegend geltend gemachten Aufwendungsersatzanspruch.
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Die mit der Klageschrift eingereichte bloße Aufstellung der einzelnen Kosten in der Abrechnung genügt den vorstehenden Anforderungen nicht.
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Insbesondere nach dem Bestreiten der Höhe der einzelnen Kostenpositionen seitens der Beklagten hätte es der Klägerin im Rahmen ihrer Substantiierungslast oblegen, die einzelnen Rechnungen vorzulegen.
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Erst dann kann von der Beklagten ein substantiierteres Bestreiten gefordert werden (vgl. BGH NJW 2015, 468; Zöller-Greger, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 138 Rn. 8a).
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Hinzu kommt, dass jedenfalls die von der Klägerin in der Abrechnung angesetzten Verwaltungskosten nicht dem Willen und Interesse der Beklagten entsprochen haben dürften, da es sich nach den eigenen Angaben der Klägerin um Kosten ihrer Objektverwaltung und nicht um eine WEG-Verwaltung gehandelt hat.
20

Auch hinsichtlich der weiteren Kosten hätte es der Klägerin oblegen näher zu erläutern, aufgrund welcher Umstände die aufgewendeten Kosten auch im Interesse der Beklagten erfolgt sind. Dies erscheint jedenfalls im Hinblick auf die Gebäudereinigung fraglich.
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Die Klägerin ist mit weiterem Vortrag zur Höhe der Aufwendungen gem. § 531 Abs. 2 Nr. 2 bzw. 3 ZPO ausgeschlossen, da nicht ersichtlich ist, dass ihr dieser in erster Instanz nicht möglich war.
22

Das Amtsgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 31.03.2016 einen entsprechenden Hinweis erteilt. Daraufhin hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 18.04.2016 erklärt, sie halte eine weitere Substantiierung nicht für erforderlich.
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Insoweit ist die gerügte Verletzung rechtlichen Gehörs nicht ersichtlich.
24

Der Klägerin wurde hinreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, die sie jedoch nicht wahrgenommen hat.
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Im Übrigen erfolgt auch in der Berufungsbegründung keine weitere Aufschlüsselung der aufgewendeten Kosten. Soweit die Klägerin nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 24.01.2017 Belege eingereicht hat, ist dieser Vortrag gem. §§ 296 a, 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen.
26

2.
27

Unabhängig von der Frage des Vortrags zur Höhe der getätigten Aufwendungen hält die Kammer das Bestehen einer wirksamen Freistellung der Beklagten auch gegenüber der Klägerin jedenfalls ohne Durchführung einer Beweisaufnahme zur Frage des Inhalts der mündlichen Abreden der Parteien vor bzw. bei Abschluss des notariellen Kaufvertrags für fraglich.
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Aus dem Vertrag vom 02.10.1989 selbst lässt sich mangels Eintragung ins Grundbuch keine Verpflichtung der Beklagten ableiten.
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Auch die Teilungserklärung vom 23.11.1993 enthält in § 4 Abs. 1 lediglich eine Bezugnahme auf die §§ 10 bis 29 WEG, so dass nach dieser der gesetzliche Kostenverteilungsschlüssel des § 16 Abs. 2 WEG mit der Folge einer anteiligen Kostenbeteiligung der Beklagten maßgebend wäre.
30

Auf den Vertrag vom 02.10.1989 wird in der Teilunsgerklärung lediglich bei den Unterschriften hinsichtlich der Vollmacht für die Notariatsangestellte H hingewiesen, daraus ist das Bestehen einer schuldrechtlichen Verpflichtung nicht ersichtlich.
31

Aus der notariellen Kaufurkunde vom 05.07.2005 ergibt sich ebenfalls keine ausdrückliche Bezugnahme auf die Freistellungsregelung bzw. den Vertrag vom 02.10.1989, sondern in Ziffer 3. wird lediglich festgestellt, dass der Klägerin die Teilungserklärung vorlag.
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Die Kammer neigt auch eher der Auffassung zu, dass die Formulierung „mit der Teilungserklärung“ in Ziffer 3.1 des Vertrages vom 05.07.2005 nicht dahingehend ausgelegt werden kann, dass damit auch die Freistellung der Beklagten aus dem Jahr 1989 umfasst sein sollte, sondern diese vielmehr so zu verstehen ist, dass nur unmittelbar durch die Teilungserklärung begründete Rechte und Pflichten umfasst sein sollten.
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Aufgrund dessen käme es auf den Inhalt der mündlich getroffenen Abreden an, deren Formmangel gem. § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB durch den Vollzug des notariellen Kaufvertrags geheilt worden sein dürfte. Insofern ist nicht anzunehmen, dass die Bauherrengemeinschaft den Vertrag ohne die Freistellung der Beklagten abgeschlossen hätte, da sie selbst vertraglich dazu verpflichtet war, diese auf die Klägerin zu übertragen.
34

Demgegenüber hält die Kammer eine Übernahme der Freistellung durch schlüssiges Verhalten bzw. eine Verwirkung der Erstattungsansprüche durch die Klägerin aufgrund der jahrelangen Praxis, die Betriebskosten allein zu tragen, für zweifelhaft, da die Anwendung eines nicht wirksam beschlossenen bzw. vereinbarten Verteilungsschlüssels auch über einen längeren Zeitraum im WEG-Recht grundsätzlich keine Änderung dieses Verteilungsschlüssels bewirkt. Jedoch entfaltet diese Praxis jedenfalls eine Indizwirkung für das Bestehen einer mündlichen Freistellungsabrede zwischen den Parteien.
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Eine Verjährung ist nicht ersichtlich, da die Klageänderung am 31.03.2016 vor Ablauf der gem. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB bis zum 31.12.2016 laufenden Verjährungsfrist erfolgte.
36

III.
37

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

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