10.03.2017 · IWW-Abrufnummer 192434
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 30.11.2016 – 7 Sa 96/16
In dem Rechtsstreit
A., A-Straße, A-Stadt
- Kläger und Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigte/r: Rechtsanwälte B., B-Straße, A-Stadt
gegen
C., Inhaber der Fa. C., C-Straße, C-Stadt
- Beklagter und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte/r: Rechtsanwalt D., D-Straße, D-Stadt
hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz auf die mündliche Verhandlung vom 30. November 2016 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Krol-Dickob als Vorsitzende und den ehrenamtlichen Richter Conzen und den ehrenamtlichen Richter Stenz als Beisitzer für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 21. Januar 2016, Az. 5 Ca 4539/14, wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über restliche Vergütungsansprüche des Klägers aus einem beendeten Arbeitsverhältnis, Aufrechnungen des Beklagten mit Schadensersatzansprüchen sowie über einen Anspruch des Klägers auf Urlaubsabgeltung.
Der Kläger war bei dem Beklagten seit dem 1. März 2014 als Montagehelfer beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer Eigenkündigung des Klägers mit Ablauf des 30. November 2014. Dem Arbeitsverhältnis lag ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 19. März 2014 (Bl. 3 ff. d. A.) zugrunde. Dieser enthält unter anderem Regelungen über "Rechte und Pflichten" (§ 6), "Arbeitskleidung" (§ 11) sowie eine "Ausschlussklausel" (§18).
Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nutzte der Kläger ein Firmenfahrzeug, zu dem dieser, sein Arbeitskollege S. K. und der Beklagte Schlüssel besaßen. Das Firmenfahrzeug war mit Werkzeug ausgerüstet, unter anderem mit einem mobilen, 70 x 40 x 25 cm großen, in einem Schweißkoffer verpackten mobilen Schweißgerät. Nachdem das Schweißgerät auf einer Baustelle im Beisein der Kollegen M. W. und V. H. genutzt worden war, wurde das Firmenfahrzeug vom Kläger am Abend auf dem Firmenparkplatz abgestellt. Am nächsten Tag wurde das Verschwinden des Schweißgeräts bemerkt. Aufbruchspuren wurden am Fahrzeug nicht festgestellt. Die näheren Einzelheiten sind zwischen den Parteien streitig. Der Beklagte erwarb sodann ein gebrauchtes Schweißgerät für 880,00 €. Er brachte von der Vergütung für Oktober 2014 von dem sich aus 1.900,00 € brutto errechneten Netto in Höhe von 1.299,64 € einen "Vorschuss" in Höhe von 880,00 € in Abzug.
Dem Kläger war von dem Beklagten Arbeitskleidung zur Verfügung gestellt worden, deren Erhalt der Kläger am 8. Juli 2014 bestätigte. Der Kläger führte die Arbeitskleidung in der Sitzung vor dem Arbeitsgericht am 21. Januar 2016 mit sich und versuchte erneut diese im Termin vor dem Landesarbeitsgericht am 30. November 2016 zu übergeben. Im Rahmen der Abrechnung für November 2014 nahm der Beklagte einen Abzug in Höhe von 300,00 € ("Vorschuss") vor. Die Überweisung des verbleibenden Nettoentgelts enthielt den Verwendungszweck "Lohn-Gehalt 11.2014-fehlend - Arbeitskleidung - Werkzeug".
Die Lohnabrechnung für den Monat November 2014 weist einen Resturlaubsanspruch des Klägers im Umfang von 6 Urlaubstagen aus.
Mit am 28. November 2014 beim Arbeitsgericht eingegangener, dem Beklagten am 2. Dezember 2014 zugestellten Klage verfolgte der Kläger einen restlichen Vergütungsanspruch in Höhe von 880,00 € netto vom Gehalt Oktober 2014. Mit am 29. Dezember 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenem, dem Beklagten am 16. Januar 2015 zugestellten Schreiben vom 22. Dezember 2014 machte der Kläger weitere Forderungen geltend, nämlich weitere 300,00 € vom Novembergehalt sowie "7 Urlaubstage, die ich zu den 300,00 € miteinklagen möchte".
Am 15. Januar 2015 erging ein klageabweisendes Versäumnisurteil, das dem Kläger am 30. Januar 2015 zugestellt wurde. Auf den am 6. Februar 2015 eingegangenen Einspruch vom 3. Februar 2015 erging am 18. Juni 2015 gegen den Beklagten ein Versäumnisurteil, mit dem das Versäumnisurteil vom 15. Januar 2015 aufgehoben wurde. Weiter wurde der Beklagte verurteilt, an den Kläger 880,00 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Dezember 2014, weitere 300,00 € netto sowie weitere 300,00 € brutto zu zahlen. Gegen dieses, dem Beklagten am 8. Juli 2015 zugestellte Versäumnisurteil legte dieser am 13. Juli 2015 Einspruch ein.
Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
Der Beklagte hat beantragt,
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird im Übrigen Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 21. Januar 2016, Az. 5 Ca 4539/14 (Bl. 106 ff. d. A.).
Das Arbeitsgericht hat das Versäumnisurteil vom 18. Juni 2015 durch Urteil vom 21. Januar 2016 aufrechterhalten. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, der Beklagte sei verpflichtet, an den Kläger 880,00 € netto nebst Zinsen, weitere 300,00 € netto sowie 300,00 € brutto zu zahlen. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von 880,00 € netto sei nicht durch Aufrechnung nach §§ 389, 387 BGB erloschen. Der Beklagte habe gegen den Kläger keinen Anspruch auf Schadenersatz wegen des Verlustes des Schweißgerätes in Höhe von 880,00 € gemäß §§ 280 Abs. 1. 611, 667 BGB. Der Beklagte habe nicht schlüssig dargelegt, dass der Kläger seine Herausgabepflicht hinsichtlich des Schweißgerätes schuldhaft verletzt habe und hierdurch der geltend gemachte Schaden entstanden sei. Der Kläger habe ferner einen Anspruch auf Zahlung von 300,00 € netto für den Monat November 2014 aus § 611 Abs. 1 BGB. Der Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die im Laufe des Verfahrens mit 163,20 € bezeichneten Anschaffungskosten für Arbeitskleidung in der Abrechnung von dem Nettoentgelt November 2014 einzubehalten. Der Beklagte befinde sich im Gläubigerverzug hinsichtlich des Herausgabeanspruchs bezüglich der Arbeitskleidung nach § 293 BGB. Auch im Hinblick auf die Differenz zu 300,00 € stünden dem Beklagten keine aufrechenbaren Schadensersatzansprüche wegen fehlenden Werkzeugs zu. Der Beklagte habe hierzu selbst nichts vorgetragen. Der Kläger habe auch die Ausschlussfrist nach § 18 des Arbeitsvertrags eingehalten. Schließlich habe der Kläger einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung in Höhe von 300,00 € brutto nach § 7 Abs. 4 BUrlG. Auch hier habe der Beklagte seiner Vortragslast nicht genügt. Der Hinweis des Beklagten auf das nicht rechtzeitige Geltendmachen des Urlaubsabgeltungsanspruchs sei nicht nachvollziehbar. Lege man der Berechnung des Urlaubsabgeltungsanspruchs ein Bruttomonatsgehalt von 1.900,00 € zu Grunde, ergebe sich ein arbeitstägliches Entgelt von 87,75 €, was bei zumindest 6 offenen Urlaubstagen 526,55 € brutto ergäbe, jedenfalls 300,00 €. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz (Bl. 109 ff. d. A.) Bezug genommen.
Das genannte Urteil ist dem Beklagten am 7. April 2016 zugestellt worden. Der Beklagte hat hiergegen mit einem bereits am 16. März 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese innerhalb der durch Beschluss vom 7. Juni 2016 bis zum 7. Juli 2016 einschließlich verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit am 7. Juli 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.
Zur Begründung der Berufung macht der Beklagte nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 148 ff. d. A.), zusammengefasst geltend,
hinsichtlich seiner Aufrechnung wegen eines Schadenersatzanspruchs wegen des Verlustes des mobilen Schweißgeräts habe das Arbeitsgericht die Darlegungs- und Beweislast verkannt. Der Kläger habe, da er zur Herausgabe des Schweißgerätes verpflichtet gewesen sei, substantiiert darzulegen und zu beweisen, aufgrund welcher Umstände er - ohne schuldhaftes Handeln - an der Herausgabe gehindert gewesen sei, beispielsweise, wann er dieses letztmals genutzt habe, ob er es von der betreffenden Baustelle wieder mitgenommen habe, wann er das Firmenfahrzeug abgestellt habe, ob und wo das Gerät im Fahrzeug verstaut gewesen sei und ob das Gerät im Zeitpunkt des Abstellens noch im Fahrzeug gewesen sei. Der Kläger habe unmittelbaren Besitz am Schweißgerät gehabt. Er selbst verfüge zwar über einen Zweitschlüssel zum Pkw, scheide jedoch als Täter aus.
Hinsichtlich der Arbeitskleidung habe Gläubigerverzug nicht eintreten können, da sein Unternehmen um 18.00 Uhr schließe. Er sei nicht verpflichtet, einen Alternativtermin zu benennen. Der Kläger habe die Arbeitskleidung zu den Geschäftszeiten bis jeweils werktags um 18.00 Uhr übergeben können.
Hinsichtlich des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung bleibe es einstweilen bei dem bisherigen Vorbringen.
Der Beklagte beantragt,
Der Kläger beantragt,
Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seines Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 5. September 2016, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl.179 ff. d. A.), als rechtlich zutreffend.
Hinsichtlich der vom Beklagten vorgenommenen Aufrechnung mit einem Schadenersatzanspruch wegen des Verlustes des mobilen Schweißgeräts verkenne der Beklagte die Bedeutung des § 619a BGB. Das Schweißgerät sei auf der von den Mitarbeitern W. und H. betreuten Baustelle noch vorhanden gewesen. Er habe das Abhandenkommen am nächsten Tag auf der Baustelle bemerkt, als das Schweißgerät benötigt worden sei. Er habe von abends zwischen 16.00 und 18.00 Uhr bis zum nächsten Arbeitstag morgens um 7.30 Uhr keinen unmittelbaren und vor allem nicht alleinigen Zugriff auf den Firmenwagen und dessen Inhalt gehabt. In diesem Zeitraum sei der Beklagte wegen des Zweitschlüssels unmittelbarer Besitzer am Firmenwagen und dessen Inhalt gewesen. Es gebe keinen Nachweis dafür, dass der Beklagte nicht selbst das Schweißgerät aus dem Firmenwagen entfernt habe oder habe entfernen lassen. Er sei nicht am Folgetag morgens vom Beklagten auf das fehlende Schweißgerät angesprochen worden.
Hinsichtlich der Arbeitskleidung sei die Weigerungshaltung des Beklagten willkürlich. Es sei jedoch spätestens am Folgetag durch seine SMS Gläubigerverzug eingetreten.
Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Kammerverhandlung vom 30. November 2016 (Bl. 214 ff. d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A.
Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
Soweit sich der Beklagte gegen die Verurteilung zur Zahlung von 880,00 € netto nebst Zinsen sowie zur Zahlung von 163,20 € netto wendet, erweist sie sich auch sonst als zulässig.
Im Übrigen (Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 136,80 € netto sowie zur Zahlung von Urlaubsabgeltung in Höhe von 300,00 € brutto) ist die Berufung bereits unzulässig. Die Berufungsbegründung setzt sich insoweit nicht mit dem erstinstanzlichen Urteil auseinander. Wenn in einem arbeitsgerichtlichen Urteil im Wege der objektiven Klagehäufung über mehrere Ansprüche entschieden worden ist, dann muss sich die Berufungsbegründung grundsätzlich mit jedem einzelnen Antrag, der in das Berufungsverfahren gelangen soll, argumentativ auseinandersetzen (vgl. nur BAG, Urteil vom 16. April 1997 - 4 AZR 653/95 - NZA 1998, 45, 46 m. w. N:). Die Auseinandersetzung mit einem Streitgegenstand eröffnet das Berufungsverfahren nur dann auch für andere Streitgegenstände, wenn die Begründetheit oder Unbegründetheit des einen Anspruchs denknotwendig von der des anderen abhängt. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Berufung hinsichtlich des Teils der Vergütung für November 2014, gegen den die Beklagte wegen fehlendem Werkzeug aufgerechnet hat, ebenso wenig ausreichend begründet wie die Berufung hinsichtlich der Verurteilung zur Zahlung von Urlaubsabgeltung. Mit der Verurteilung zur Zahlung restlicher Vergütung für November 2014 in Höhe von 136,80 € setzt sich die Berufungsbegründung überhaupt nicht auseinander. Auch die Formulierung "hinsichtlich der Urlaubsabgeltung bleibe es einstweilen bei dem bisherigen Vorbringen" stellt keine ausreichende Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil dar. Damit lässt die Berufungsbegründung nicht erkennen, aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen das angefochtene Urteil unrichtig sein soll. Das ist aber von einer Berufungsbegründung zu verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 1995 - IX ZR 143/94 - NJW 1995, 1560 m. w. n.).
B.
Soweit die Berufung des Beklagten zulässig ist, hatte sie in der Sache keinen Erfolg.
I.
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung weiterer Vergütung für den Monat Oktober 2014 in Höhe von 880,00 € netto gemäß § 611 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag. Dieser Anspruch ist - wie das Arbeitsgericht zu Recht erkannt hat - nicht durch eine Aufrechnung des Beklagten mit einem Schadensersatzanspruch gemäß §§ 389, 387 BGB erloschen. Dem Beklagten stand in dieser Höhe gegen den Kläger kein Schadensersatzanspruch wegen des Verlustes des mobilen Schweißgeräts zu.
1.
Der Kläger hatte für den Monat Oktober 2014 Anspruch auf Zahlung der arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütung in Höhe von 1.900,00 € brutto. Der Beklagte hat hieraus 1.299,64 € netto errechnet, hiervon 880,00 € netto einbehalten und mit Aufwendungen für den Erwerb eines gebrachten Schweißgerätes aufgerechnet.
2.
Dem Beklagten stand jedoch kein Anspruch gegen den Kläger in Höhe von 880,00 € zu, mit dem er gegen den Vergütungsanspruch des Klägers hätte aufrechnen können.
a)
Ein Anspruch des Beklagten auf Schadensersatz ergibt sich insbesondere nicht aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Eigentums des Beklagten noch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 246 StGB. Der für die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat zwar in den Raum gestellt, dass der Kläger das Schweißgerät im Hinblick auf eine beabsichtigte Unternehmensgründung habe gebrauchen können. Er hat jedoch keine Tatsachen dazu vorgetragen, dass der Kläger sich das mobile Schweißgerät rechtswidrig zugeeignet hat. Insbesondere folgt daraus, dass der Kläger das Schweißgerät am Vortag seines Verschwindens noch benutzt hat, nicht, dass er dieses entwendet hat. Der Kläger hatte in dem Zeitraum, in dem das Schweißgerät abhandengekommen ist, keinen alleinigen Zugriff auf dieses. Neben dem Kläger hatten auch der Beklagte und ein Arbeitskollege des Klägers Schlüssel zu dem über Nacht auf dem Firmengelände abgestellten Fahrzeug und damit eine Zugriffsmöglichkeit auf das Schweißgerät und könnten dieses aus dem Fahrzeug genommen haben. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kollege des Klägers, der sich ebenfalls im Besitz eines Schlüssels befand, am Vortrag arbeitsunfähig erkrankt war. Durch die Arbeitsunfähigkeit des Kollegen ist nicht ausgeschlossen, dass dieser oder ein Dritter mit dessen Schlüssel das Fahrzeug geöffnet hätte. Auch mit dem Zweitschlüssel, der sich im Besitz des Beklagten befand, könnte das Fahrzeug geöffnet und das mobile Schweißgerät entnommen worden sein. Dass der Kläger nach dem - streitigen - Vortrag im Hinblick auf eine geplante Selbständigkeit ein "Motiv" für eine Entwendung des Schweißgerätes gehabt haben könnte, ist nach Ansicht der Kammer kein ausreichendes Indiz für eine Entwendung des Schweißgerätes durch den Kläger.
b)
Der Beklagte hatte gegen den Kläger auch keinen Anspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 619a BGB auf Ersatz eines ihm durch den Verlust des Schweißgerätes entstandenen Schadens. Ein solcher Schadensersatzanspruch nach §§ 280, 241 Abs. 2 BGB setzt voraus, dass der Arbeitnehmer arbeitsvertragliche Pflichten verletzt hat, dem Arbeitgeber hierdurch ein Schaden entstanden ist, ein Kausalzusammenhang zwischen Vertragsverletzung und Schaden vorliegt und der Arbeitnehmer die Vertragsverletzung zu vertreten hat (§ 619a BGB). Der Arbeitgeber trägt die Darlegungs- und Beweislast im Rahmen von ihm geltend gemachter vertraglicher Schadensersatzansprüche, wobei sich der Arbeitgeber gemäß § 619a BGB nicht auf die Beweislastregelung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB berufen kann. Damit hat der Arbeitgeber das Verschulden des Arbeitnehmers und die den Grad des Verschuldens ausmachenden Tatsachen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Die Darlegungs- und Beweislast erstreckt sich mithin nicht nur auf die Pflicht- bzw. Rechtsgutsverletzung, sondern auch auf die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität sowie den Schaden. Allerdings dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden, wenn das schädigende Ereignis näher am Arbeitnehmer als am Arbeitgeber gelegen hat. Der Arbeitnehmer hat sich dann im Sinn einer gestuften Darlegungslast substantiiert zu äußern, vom Arbeitgeber vorgetragene Indizien, die auf ein haftungsbegründendes Verschulden des Arbeitnehmers hinweisen, sind sorgfältig zu würdigen (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. April 2016 - 6 Sa 299/15 - BeckRS 2016, 73036 Rz. 39 m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen geht die Berufungskammer davon aus, dass der Beklagte bereits der ihm obliegenden Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich einer arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung des Klägers nicht ausreichend nachgekommen ist.
Im Arbeitsverhältnis obliegen dem Arbeitnehmer Obhuts- und Aufbewahrungspflichten wegen der ihm überlassenen Werkzeuge, Materialien und Gerätschaften (§ 241 Abs. 2 BGB). Dem Kläger stand ein Firmenfahrzeug, das mit Werkzeugen, unter anderem dem mobilen Schweißgerät ausgestattet war, zur Verfügung. Der Kläger hatte auf das ihm zur Verfügung gestellte Schweißgerät zu achten und dieses sorgfältig aufzubewahren. Aus dem Vortrag des Beklagten ergibt sich jedoch nicht, dass der Kläger seine Obhutspflichten verletzt hat. Das Schweißgerät ist zwar abhandengekommen, während (auch) der Kläger Zugriff auf dieses Gerät hatte. Aus dem Vortrag des Beklagten folgt jedoch nicht, dass der Kläger sich das Schweißgerät zugeeignet oder auf einer Baustelle "vergessen" hätte. Dies ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger zum Abhandenkommen des Schweißgerätes nach dem Vortrag des Beklagten keine rechte Antwort geben konnte. Eine Anweisung an den Kläger, stets abends zum Dienstschluss und morgens bei Arbeitsaufnahme den Werkzeugbestand im Firmenwagen zu überprüfen, hat auch der Beklagte nicht behauptet. Das Schweißgerät könnte auch in der Zeit, in der das Firmenfahrzeug über Nacht auf dem Firmenparkplatz abgestellt war, ohne Zutun des Klägers aus dem Fahrzeug entnommen worden sein.
3.
Der Kläger hat seinen (restlichen) Vergütungsanspruch für Oktober 2014 auch innerhalb der Ausschlussfrist des § 18 des Arbeitsvertrags geltend gemacht. Danach verfallen unter anderem alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden (§ 18 Abs. 2 des Arbeitsvertrags). Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von 2 Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird. Die monatliche Vergütung ist gemäß § 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrags "zahlbar nachrangig bargeldlos bis zum 10. des Folgemonats". Der Vergütungsanspruch des Klägers für Oktober 2014 war mithin fällig zum 10. November 2014. Diesen hat der durch Zustellung der Klageschrift an den Beklagten am 2. Dezember 2014 schriftlich geltend gemacht und damit die erste Stufe der vertraglichen Ausschlussfrist gewahrt. Gleichzeitig hat er seinen Anspruch gerichtlich geltend gemacht (zweite Stufe der Ausschlussfrist).
4.
Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus §§ 291 S. 1, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.
II.
Der Kläger hat gegen den Beklagten auch einen Anspruch auf Zahlung restlicher Vergütung in Höhe von weiteren 163,20 € netto für den Monat November 2014 gemäß § 611 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag.
1.
Dieser Anspruch des Klägers ist nicht durch eine Aufrechnung seitens des Beklagten mit einem Anspruch wegen verspäteter Rückgabe der Arbeitskleidung nach §§ 389, 387 BGB erloschen. Dem Beklagten stand wegen der bislang nicht erfolgten Rückgabe der Arbeitskleidung gegen den Kläger kein Anspruch auf Zahlung von 163,20 € zu.
Der Anspruch des Beklagten auf Herausgabe der gestellten Arbeitskleidung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses (§ 11 S. 3 des Arbeitsvertrages, § 667 BGB analog, vgl. BAG, Urteil vom 14. Dezember 2011 - 10 AZR 283/10 - NZA 2012, 501, 502 Rz. 17 m. w. N.) hat sich nicht in einen Schadensersatzanspruch umgewandelt. Gemäß §§ 280, 281 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen, soweit der Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung bestimmt hat. Der Beklagte hat dem Kläger jedoch keine derartige Nachfrist zur Herausgabe der Arbeitskleidung bestimmt. Er hat vielmehr auf die Kurznachricht des Klägers vom 25. November 2014 mit der Bitte um Nennung eines Alternativtermins (Bl. 59 d. A.) nicht reagiert. Eine Fristsetzung ist nach § 281 Abs. 2 BGB jedoch nur dann entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen. Im vorliegenden Fall liegt keine ernsthafte oder endgültige Erfüllungsverweigerung seitens des Klägers vor. Im Gegenteil hat der Kläger zumindest im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht und zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht versucht, die ihm überlassene Arbeitskleidung an den Beklagten zurückzugeben.
Einen Verspätungsschaden nach § 280 Abs. 2 BGB, neben der Leistung, der nur bei Verzug des Schuldners (§ 286 BGB) zu ersetzen wäre, hat der Beklagte nicht geltend gemacht.
Ein Anspruch des Beklagten gegen den Kläger auf Zahlung der Kosten der Arbeitskleidung ergibt sich auch nicht aus § 11 S. 4 des Arbeitsvertrages. § 11 S. 4 des Arbeitsvertrages enthält keine eigenständige Anspruchsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch wegen nicht ordnungsgemäßer Rückgabe der Arbeitskleidung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dieser Satz 4 lautet: "Wird die Arbeitskleidung nach Beendigung des Arbeitskleidung nicht ordnungsgemäß zurückgegeben, behält sich der AG vor, die Arbeitskleidung in Rechnung zu stellen." Bereits aus dem Wortlaut "behält sich vor" ergibt sich, dass § 11 S. 4 keine eigenständige Anspruchsgrundlage enthält. Außerdem nennt § 11 S. 4 - anders als §§ 280 ff. BGB - keine konkreten Voraussetzungen, etwa eine vorherige Fristsetzung, unter denen ein solcher Anspruch des Arbeitgebers gegeben sein soll. Dagegen ist in § 11 S. 2 des Arbeitsvertrags formuliert: "der AN verpflichtet sich". In § 11 S. 3 ist ebenfalls bestimmter formuliert: "wird mit den Kosten der Reinigung belastet".
2.
Der Kläger hat auch hinsichtlich der (restlichen) Vergütung für November 2014 die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist gewahrt. Er hat die bis zum 10. Dezember 2014 zahlbare Vergütung mit dem Beklagten am 16. Januar 2015 zugestellten Schreiben vom 22. Dezember 2014 schriftlich und gerichtlich geltend gemacht.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.
Conzen
Stenz
Verkündet am: 30.11.2016