06.03.2017 · IWW-Abrufnummer 192308
Oberlandesgericht Köln: Urteil vom 22.04.2016 – 20 U 210/15
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Köln
20 U 210/15
Tenor:
G r ü n d e
2
I.
3
Der Kläger begehrt den Auszahlungsbetrag aus der bei der Beklagten abgeschlossenen, gekündigten Lebensversicherung Nr. 1xx-9xx84xx.
4
Der Kläger unterhielt bei der Beklagten eine Lebensversicherung, die der D e.V. (D) mit Schreiben vom 20. Dezember 2011 in seinem Namen kündigte. Das Kündigungsschreiben enthielt die Aufforderung, „jedwedes Guthaben“ auf ein näher bezeichnetes Konto des D auszuzahlen. Der Kläger hatte dem D am 7. Dezember 2011 eine entsprechende Vollmacht erteilt (Bl.38 d.A.). Die Beklagte erklärte dem Kläger mit Schreiben vom 4. Januar 2012, sie erkenne die Kündigung zum 1. Februar 2012 an (Bl.18 d.A.). Mit Telefax vom 25. Januar 2012 forderte der Kläger die Beklagte auf, den Auszahlungsbetrag auf sein Konto bei der Sparkasse T zu überweisen.
5
Den Rückkaufswert nebst Überschussanteilen in Höhe von insgesamt 24.000,49 € überwies die Beklagte auf das Konto des D, worüber sie den Kläger mit Schreiben vom 1. Februar 2012 informierte. Dieser bekundete unter dem 3. Februar 2012 sein Unverständnis darüber und forderte die Beklagte – erfolglos - zur erneuten Auszahlung des Betrags an ihn auf.
6
Der Kläger hat behauptet, das Telefax vom 25. Januar 2012 sei der Beklagten an demselben Tag zugegangen. Die Beklagte habe daher schon am 25. Januar 2012 Kenntnis vom Wegfall der Bezugsberechtigung des D erlangt. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Überweisung auf das Konto des D entfalte ihm gegenüber keine Erfüllungswirkung.
7
Die Beklagte hat behauptet, sie habe die Auszahlung an den D bereits am 26. Januar 2012 veranlasst und wegen der maschinellen Verarbeitung nicht mehr stoppen können. Zu diesem Zeitpunkt sei die der Zahlungsanweisung entgegenstehende Aufforderung des Klägers der zuständigen Fachabteilung noch nicht bekannt gewesen, der das Telefax erst am 27. Januar 2012 vorgelegt worden sei.
8
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die tatbestandlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl.125 d.A.) Bezug genommen.
9
Nach Beweiserhebung durch Vernehmung des Zeugen X (Bl.105 f. d.A.) hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der ursprünglich durch die Kündigung entstandene Auszahlungs-anspruch sei durch Erfüllung gemäß § 362 Abs.2 BGB erloschen. Entscheidend sei, dass die Beklagte im Zeitpunkt der Veranlassung der Überweisung an den D keine Kenntnis von dem Widerruf der Vollmacht erlangt habe. Das stehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest und folge aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 409, 407 BGB. Nach dem Beweisergebnis habe die Beklagte erst Kenntnis von dem Telefax des Klägers und dem darin enthaltenen konkludenten Widerruf der dem D erteilten Inkassovollmacht erlangt, als sie die Überweisung an den D bereits veranlasst habe und nicht mehr habe rückgängig machen können. Der Zeuge X habe glaubhaft bekundet, die zuständige Fachabteilung habe erst am 27. Januar 2012 von dem Telefax Kenntnis erhalten und zu diesem Zeitpunkt keinen Einfluss mehr auf die Auszahlungsanweisung an die E nehmen können.
10
Dem Kläger stehe auch kein Schadensersatzanspruch in Höhe der ausgezahlten Summe zu; ein pflichtwidriges Verhalten der Beklagten sei nicht festzustellen.
11
Mit seiner Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil macht der Kläger geltend, das Landgericht habe verkannt, dass der Zugang seines Telefaxes am 25. Januar 2012 als unstreitig zu betrachten sei. Ausweislich des von ihm vorgelegten Sendeberichts (Anl. K 8, Bl.65 d.A.) habe die Beklagte das Telefax an jenem Tag um 12.20 Uhr erhalten; dem sei sie in erster Instanz nicht entgegengetreten. Demnach habe die Beklagte bereits vor Veranlassung der Auszahlung an den D Kenntnis von dem Widerruf der Vollmacht besessen. Eine entsprechende Anwendung der §§ 407, 409 BGB sei nicht gerechtfertigt, da sich die Beklagte nicht im Schutzbereich dieser Vorschriften befunden habe. Die Frage der Kenntnis vom Widerruf sei ausschließlich nach § 130 BGB zu beurteilen. Ob der zuständigen Abteilung der Beklagten das Telefax erst am 27.Januar 2012 zur Verfügung gestanden habe, spiele für die abstrakte Möglichkeit der Kenntnisnahme keine Rolle. Der Umgang der Beklagten mit dem Telefax ab dem Zeitpunkt des Zugangs am 25. Januar 2012 liege allein in deren Sphäre. Geradezu formelhaft verneine das Landgericht auch ein pflichtwidriges Verhalten der Beklagten dahingehend, dass sie die Auszahlung an den D nicht aufgehalten oder rückgängig gemacht habe. Der Zeuge X habe nämlich nach seiner Aussage keine Kenntnis davon, wann das Konto bei der E mit der Auszahlung an die D genau belastet worden sei.
12
Der Kläger beantragt,
13
unter Abänderung des am 2. November 2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Bonn (9 O 24/15) die Beklagte zu verurteilen, an ihn 24.000,49 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 7. Juli 2012 sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungs-kosten in Höhe von 1.085,04 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25. Februar 2015 zu zahlen.
14
Die Beklagte beantragt,
15
die Berufung zurückzuweisen.
16
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil, insbesondere die analoge Anwendung des § 407 BGB durch das Landgericht. Es komme nicht auf den Zugang des Telefaxes, sondern auf ihre tatsächliche Kenntnis von dessen Inhalt an. Im Übrigen entspreche die ausschließlich als Telefax eingegangene Aufforderung des Klägers nicht dem Schriftformerfordernis des § 125 BGB und sei bereits deswegen unwirksam.
17
II.
18
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
19
1.
20
Der Kläger kann die (nochmalige) Auszahlung des Rückkaufswerts nebst Überschussanteilen in Höhe von 24.000,49 € von der Beklagten nicht verlangen.
21
Allerdings ist aufgrund der Kündigung der Versicherung ein Anspruch des Klägers auf Zahlung des streitgegenständlichen Betrags gemäß § 4 Nr. 2a AVB an sich entstanden; denn die Überweisung auf ein Konto des D hat im Verhältnis zum Kläger keine Erfüllungswirkung.
22
Zwar kann der Schuldner einer Geldforderung mit Einwilligung des Gläubigers an einen Dritten zum Zweck der Erfüllung leisten (§§ 362 Abs.2, 185 BGB). Eine Einziehungsermächtigung in diesem Sinne kann erteilt werden, indem der Dritte vom Gläubiger ermächtigt wird, die Leistung (mit befreiender Wirkung) in Empfang zu nehmen, oder indem der Forderungsschuldner vom Gläubiger ermächtigt wird, die Leistung (mit befreiender Wirkung) an den Dritten zu erbringen (BGH NJW 2015,341). Eine solche Einziehungsermächtigung hat der Kläger dem D mit der Vollmacht vom 7. Dezember 2011 erteilt.
23
Die Inkassovollmacht hat der Kläger jedoch vor der Überweisung des Rückkaufswerts auf das Konto des D wirksam widerrufen (§§ 168 Satz 3, 167 Abs.1 BGB), indem er mit Telefax vom 25. Januar 2012 der Beklagten ein anderes, auf seinen Namen lautendes Girokonto benannt hat, auf das der Auszahlungsbetrag überwiesen werden sollte (Bl.65 d.A.). Diese Erklärung ist als Widerruf der dem D erteilten Inkassovollmacht gemäß §§ 167 Abs. 1, 168 S. 3 BGB anzusehen; bei verständiger Würdigung aus Sicht eines objektiven Empfängers kann der Mitteilung einer neuen Kontonummer kein anderer Erklärungsinhalt zugemessen werden (BGH NJW-RR 2004, 1281; Bruck-Heeb in: Erman, BGB, 14. Aufl., § 363 Rn.8). Dem steht das Schreiben der Beklagten vom 04. Januar 2012, in welchem der Kläger um Mitteilung eines Kontos nur für den Fall gebeten wird, dass ihr ein solches noch nicht im Rahmen der Kündigungserklärung mitgeteilt worden sei, nicht entgegen; nach der als Widerruf zu wertenden Bekanntgabe eines neuen Kontos hat die Überweisung auf ein anderes Konto keine Tilgungswirkung mehr (BGH a.a.O.; OLG Nürnberg OLGR 2008,536).
24
Der vom Kläger erklärte Widerruf der Inkassovollmacht ist am 25. Januar 2012 und damit vor der Überweisung auf das Konto des D wirksam geworden. Gemäß § 130 BGB wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wirksam, wenn sie diesem zugeht. Wird die Erklärung gegenüber einem Abwesenden abgegeben, dann gilt sie als zugegangen, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat. Das an eine Behörde oder ein Unternehmen gerichtete Schreiben geht mit Eingang bei der hierfür eingerichteten Stelle und nicht erst mit der Vorlage bei dem zuständigen Bearbeiter zu (BGH ZIP 2000, 1481; Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl. § 130 Rn.6). Der Widerruf der Inkassovollmacht und damit verbunden der Empfangsberechtigung des D ist der Beklagten daher in dem Moment zugegangen, in dem das Telefax des Klägers die dafür eingerichtete Stelle erreicht hat. Nach dem vom Kläger vorgelegten Sendebericht, dessen Richtigkeit die Beklagte nicht bestreitet, ist dieser das Telefax am 25. Januar 2012 unter der in deren Schreiben vom 4. Januar 2012 als „Kundenservice“ angegebenen Telefaxnummer übermittelt worden. Mit dem Empfang des Faxschreibens an diesem Tag hat die Inkassovollmacht des D geendet.
25
Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt auch kein Verstoß gegen das in § 12 Nr.1 AVB enthaltene Schriftformerfordernis vor. Nach § 127 Abs.2 BGB genügt zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, die telekommunikative Übermittlung. Ein entgegen-stehender Wille der Parteien ist den AVB der Beklagten nicht zu entnehmen. Die dort vereinbarte Schriftform soll offenkundig nur verhindern, dass Erklärungen mündlich abgegeben werden und es später zu Beweisschwierigkeiten kommt. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass die Beklagte eine Telefaxnummer als Kundenservice-nummer auf ihren Formularen angibt und daher für den Empfänger die Übermittlung per Telefax explizit als mögliche Form der Kommunikation darstellt.
26
Ob eine analoge Anwendung der §§ 409, 407 BGB eine davon abweichende Beurteilung rechtfertigt, ist nicht zweifelsfrei, kann im Ergebnis aber offenbleiben. Wie das Landgericht allerdings zutreffend ausführt, kommt in den §§ 407 Abs.1, 409 Abs.1 BGB der Rechtsgedanke zum Ausdruck kommt, dass Veränderungen in der Gläubigerstellung, die dem Schuldner unbekannt geblieben sind, diesem nicht zu seinem Nachteil gereichen dürfen. Richtig ist auch, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme das Telefax vom 25. Januar 2012 der zuständigen Abteilung der Beklagten als elektronisches Dokument erst am 27. Januar 2012 zur Verfügung gestanden hat, nachdem die Auszahlungsanweisung an die E bereits in der Nacht vom 26. auf den 27. Januar 2012 erfolgt war und nicht mehr hat rückgängig gemacht werden können; die insoweit vom Landgericht vorgenommene Würdigung der Aussage des Zeugen X überzeugt und gibt zu keinen Bedenken Anlass. Aus den Angaben des Zeugen folgt auch keineswegs, wie der Kläger im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 11. April 2016 vorträgt, dass die Auszahlung an den D „in jedem Fall hätte verhindert werden können“; vielmehr hat die zuständige Fachabteilung von dem Telefax des Klägers erst Kenntnis erlangt, nachdem die Auszahlung bereits – unwiderruflich – veranlasst worden war. Ob – wie das Landgericht annimmt - aus „Schuldnerschutzgesichtspunkten“ auf die Kenntnis des zuständigen Sachbearbeiters bei der Beklagten abzustellen ist und deshalb insofern der Rechtsgedanke der §§ 407 Abs.1, 409 Abs.1 BGB eine Einschränkung des § 130 BGB rechtfertigt, braucht jedoch nicht abschließend entschieden zu werden.
27
Dem Klagebegehren steht jedenfalls der Einwand der Treuwidrigkeit (§ 242 BGB) entgegen. Ein schutzwürdiges Interesse an der Rechtsausübung fehlt, sofern eine Leistung verlangt wird, die alsbald zurückzugewähren wäre. So verstößt etwa die Geltendmachung einer Forderung gegen Treu und Glauben, wenn der Gläubiger das Geleistete als Schadensersatz zurückerstatten müsste (BGHZ 116,200 ff. = NJW 1992,900; Palandt/Grüneberg § 242 Rn.52). So liegt der Fall hier. Der Beklagten steht unter dem Gesichtspunkt der Verletzung vertraglicher Nebenpflichten ein Schadensersatzanspruch gegen den Kläger zu, der dessen Erfüllungsanspruch in der Höhe entspricht.
28
In dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 11. April 2016 weist der Kläger freilich, im Ansatz zutreffend, darauf hin, dass sich die Beklagte nicht ausdrücklich auf eine Gegenforderung unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes berufen hat. Gleichwohl stellt die Berücksichtigung einer zum Schadensersatz verpflichtenden vertraglichen Nebenpflichtverletzung durch den Kläger keinen Verstoß gegen den zivilprozessrechtlichen Beibringungsgrundsatz dar. Eine Pflichtverletzung seitens des Klägers, die einen schadensrechtlichen Gegenanspruch der Beklagten begründet, ergibt sich aus den zutreffenden Feststellungen des Landgerichts und letztlich schon aus dem beiderseitigen Sachvortrag. Wenn der Gläubiger seinerseits eine Vertragspflicht schuldhaft verletzt und sich deshalb dem Schuldner gegenüber schadensersatzpflichtig macht, ist der Gläubiger aus dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB von vornherein daran gehindert, seinen Anspruch geltend zu machen (BGHZ 116,200 ff. = NJW 1992,900). Der ausdrücklichen Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs im Wege der Aufrechnung durch die Beklagte bedarf es daher nicht. Insoweit geht auch die vom Kläger im Schriftsatz vom 11. April 2016 erhobene Verjährungseinrede ins Leere. Davon abgesehen wäre es der Beklagten ohnedies nicht verwehrt, auch nach dem Eintritt der Verjährung eines Schadensersatzanspruchs gegenüber dem Kläger hiermit gegen die Klageforderung aufzurechnen (§ 215 BGB).
29
Eine Nebenpflichtverletzung ist darin zu sehen, dass der Kläger den Widerruf der Inkassovollmacht ohne Hinweis auf die Dringlichkeit an die allgemeine Kundenservicenummer der Beklagten versandt hat. Wenn der Gläubiger dem Schuldner eine neue Bankverbindung für die Überweisung eines geschuldeten Geldbetrags mitteilt, muss er so deutlich auf die Änderung hinweisen, dass sie vom Schuldner nicht übersehen werden kann (OLG Frankfurt, NJW 1998, 387; LArbG Köln, Urteil vom 26. August 2011 – 4 Sa 427/11 - , zitiert in juris; Palandt/Grüneberg § 362 Rn.9). Bereits mit Schreiben der Beklagten vom 4. Januar 2012 war der Kläger über die Anerkennung der Kündigung zum 1. Februar 2012 informiert und um – eventuelle - Mitteilung des Kontos, auf welches der Auszahlungsbetrag überwiesen werden soll, gebeten worden. Erst mit Telefax vom 25. Januar 2012, lediglich 5 Werktage vor der Fälligkeit, hat der Kläger der Beklagten das – neue – Empfängerkonto unter deren allgemeiner Servicenummer mitgeteilt. Damit hat er seine vertragliche Nebenpflicht verletzt, den Widerruf der Inkassovollmacht so rechtzeitig und deutlich zu erklären, dass die Beklagte vor einer Auszahlung an den D - ohne Erfüllungswirkung - bewahrt würde. Er war gehalten, der Beklagten seine Kontonummer so frühzeitig mitzuteilen, dass unter normalen Umständen mit der Kenntnisnahme durch den zuständigen Mitarbeiter der Beklagten vor der anstehenden Zahlungsanweisung gerechnet werden konnte. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung und musste auch dem Kläger klar gewesen sein, dass es bei einem großen Versicherungsunternehmen einer gewissen Zeit bedarf, bis ein Vorgang dem zuständigen Sachbearbeiter vorgelegt wird. Zudem durfte er nicht darauf vertrauen, dass die Beklagte, nachdem sie ihm 3 Wochen zuvor die Auszahlung angekündigt hatte, den Geldbetrag erst zum Fälligkeitstag, dem 1. Februar 2012, überweisen werde. Deshalb hätte er der Beklagten entweder zu einem weit früheren Zeitpunkt seine Kontonummer mitteilen oder zumindest in seinem Telefax deutlich auf die Dringlichkeit wegen der kurz bevorstehenden Fälligkeit der Leistung und die daraus folgende Notwendigkeit der unverzüglichen Vorlage an die zuständige Abteilung hinweisen müssen. Da er diesen Sorgfaltsanforderungen nicht nachgekommen ist und hierdurch eine Überweisung mit Erfüllungswirkung durch die Beklagte verhindert hat, verhält der Kläger sich treuwidrig, indem er sich auf das Fehlen gerade der Erfüllung beruft.
30
2.
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Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten scheidet mangels Bestehens einer Hauptforderung aus.
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3.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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4.
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Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch bedarf es einer Entscheidung des Revisionsgerichtes zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Vielmehr beruht die Entscheidung lediglich auf einer Würdigung der konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalls.
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5.
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Der Berufungsstreitwert beträgt 24.000,49 €.
20 U 210/15
Tenor:
- Die Berufung des Klägers gegen das am 2. November 2015 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 9 O 24/15 - wird zurückgewiesen.
- Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
- Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
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Der Kläger begehrt den Auszahlungsbetrag aus der bei der Beklagten abgeschlossenen, gekündigten Lebensversicherung Nr. 1xx-9xx84xx.
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Der Kläger unterhielt bei der Beklagten eine Lebensversicherung, die der D e.V. (D) mit Schreiben vom 20. Dezember 2011 in seinem Namen kündigte. Das Kündigungsschreiben enthielt die Aufforderung, „jedwedes Guthaben“ auf ein näher bezeichnetes Konto des D auszuzahlen. Der Kläger hatte dem D am 7. Dezember 2011 eine entsprechende Vollmacht erteilt (Bl.38 d.A.). Die Beklagte erklärte dem Kläger mit Schreiben vom 4. Januar 2012, sie erkenne die Kündigung zum 1. Februar 2012 an (Bl.18 d.A.). Mit Telefax vom 25. Januar 2012 forderte der Kläger die Beklagte auf, den Auszahlungsbetrag auf sein Konto bei der Sparkasse T zu überweisen.
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Den Rückkaufswert nebst Überschussanteilen in Höhe von insgesamt 24.000,49 € überwies die Beklagte auf das Konto des D, worüber sie den Kläger mit Schreiben vom 1. Februar 2012 informierte. Dieser bekundete unter dem 3. Februar 2012 sein Unverständnis darüber und forderte die Beklagte – erfolglos - zur erneuten Auszahlung des Betrags an ihn auf.
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Der Kläger hat behauptet, das Telefax vom 25. Januar 2012 sei der Beklagten an demselben Tag zugegangen. Die Beklagte habe daher schon am 25. Januar 2012 Kenntnis vom Wegfall der Bezugsberechtigung des D erlangt. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Überweisung auf das Konto des D entfalte ihm gegenüber keine Erfüllungswirkung.
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Die Beklagte hat behauptet, sie habe die Auszahlung an den D bereits am 26. Januar 2012 veranlasst und wegen der maschinellen Verarbeitung nicht mehr stoppen können. Zu diesem Zeitpunkt sei die der Zahlungsanweisung entgegenstehende Aufforderung des Klägers der zuständigen Fachabteilung noch nicht bekannt gewesen, der das Telefax erst am 27. Januar 2012 vorgelegt worden sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die tatbestandlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl.125 d.A.) Bezug genommen.
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Nach Beweiserhebung durch Vernehmung des Zeugen X (Bl.105 f. d.A.) hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der ursprünglich durch die Kündigung entstandene Auszahlungs-anspruch sei durch Erfüllung gemäß § 362 Abs.2 BGB erloschen. Entscheidend sei, dass die Beklagte im Zeitpunkt der Veranlassung der Überweisung an den D keine Kenntnis von dem Widerruf der Vollmacht erlangt habe. Das stehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest und folge aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 409, 407 BGB. Nach dem Beweisergebnis habe die Beklagte erst Kenntnis von dem Telefax des Klägers und dem darin enthaltenen konkludenten Widerruf der dem D erteilten Inkassovollmacht erlangt, als sie die Überweisung an den D bereits veranlasst habe und nicht mehr habe rückgängig machen können. Der Zeuge X habe glaubhaft bekundet, die zuständige Fachabteilung habe erst am 27. Januar 2012 von dem Telefax Kenntnis erhalten und zu diesem Zeitpunkt keinen Einfluss mehr auf die Auszahlungsanweisung an die E nehmen können.
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Dem Kläger stehe auch kein Schadensersatzanspruch in Höhe der ausgezahlten Summe zu; ein pflichtwidriges Verhalten der Beklagten sei nicht festzustellen.
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Mit seiner Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil macht der Kläger geltend, das Landgericht habe verkannt, dass der Zugang seines Telefaxes am 25. Januar 2012 als unstreitig zu betrachten sei. Ausweislich des von ihm vorgelegten Sendeberichts (Anl. K 8, Bl.65 d.A.) habe die Beklagte das Telefax an jenem Tag um 12.20 Uhr erhalten; dem sei sie in erster Instanz nicht entgegengetreten. Demnach habe die Beklagte bereits vor Veranlassung der Auszahlung an den D Kenntnis von dem Widerruf der Vollmacht besessen. Eine entsprechende Anwendung der §§ 407, 409 BGB sei nicht gerechtfertigt, da sich die Beklagte nicht im Schutzbereich dieser Vorschriften befunden habe. Die Frage der Kenntnis vom Widerruf sei ausschließlich nach § 130 BGB zu beurteilen. Ob der zuständigen Abteilung der Beklagten das Telefax erst am 27.Januar 2012 zur Verfügung gestanden habe, spiele für die abstrakte Möglichkeit der Kenntnisnahme keine Rolle. Der Umgang der Beklagten mit dem Telefax ab dem Zeitpunkt des Zugangs am 25. Januar 2012 liege allein in deren Sphäre. Geradezu formelhaft verneine das Landgericht auch ein pflichtwidriges Verhalten der Beklagten dahingehend, dass sie die Auszahlung an den D nicht aufgehalten oder rückgängig gemacht habe. Der Zeuge X habe nämlich nach seiner Aussage keine Kenntnis davon, wann das Konto bei der E mit der Auszahlung an die D genau belastet worden sei.
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Der Kläger beantragt,
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unter Abänderung des am 2. November 2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Bonn (9 O 24/15) die Beklagte zu verurteilen, an ihn 24.000,49 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 7. Juli 2012 sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungs-kosten in Höhe von 1.085,04 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25. Februar 2015 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil, insbesondere die analoge Anwendung des § 407 BGB durch das Landgericht. Es komme nicht auf den Zugang des Telefaxes, sondern auf ihre tatsächliche Kenntnis von dessen Inhalt an. Im Übrigen entspreche die ausschließlich als Telefax eingegangene Aufforderung des Klägers nicht dem Schriftformerfordernis des § 125 BGB und sei bereits deswegen unwirksam.
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II.
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Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
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1.
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Der Kläger kann die (nochmalige) Auszahlung des Rückkaufswerts nebst Überschussanteilen in Höhe von 24.000,49 € von der Beklagten nicht verlangen.
21
Allerdings ist aufgrund der Kündigung der Versicherung ein Anspruch des Klägers auf Zahlung des streitgegenständlichen Betrags gemäß § 4 Nr. 2a AVB an sich entstanden; denn die Überweisung auf ein Konto des D hat im Verhältnis zum Kläger keine Erfüllungswirkung.
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Zwar kann der Schuldner einer Geldforderung mit Einwilligung des Gläubigers an einen Dritten zum Zweck der Erfüllung leisten (§§ 362 Abs.2, 185 BGB). Eine Einziehungsermächtigung in diesem Sinne kann erteilt werden, indem der Dritte vom Gläubiger ermächtigt wird, die Leistung (mit befreiender Wirkung) in Empfang zu nehmen, oder indem der Forderungsschuldner vom Gläubiger ermächtigt wird, die Leistung (mit befreiender Wirkung) an den Dritten zu erbringen (BGH NJW 2015,341). Eine solche Einziehungsermächtigung hat der Kläger dem D mit der Vollmacht vom 7. Dezember 2011 erteilt.
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Die Inkassovollmacht hat der Kläger jedoch vor der Überweisung des Rückkaufswerts auf das Konto des D wirksam widerrufen (§§ 168 Satz 3, 167 Abs.1 BGB), indem er mit Telefax vom 25. Januar 2012 der Beklagten ein anderes, auf seinen Namen lautendes Girokonto benannt hat, auf das der Auszahlungsbetrag überwiesen werden sollte (Bl.65 d.A.). Diese Erklärung ist als Widerruf der dem D erteilten Inkassovollmacht gemäß §§ 167 Abs. 1, 168 S. 3 BGB anzusehen; bei verständiger Würdigung aus Sicht eines objektiven Empfängers kann der Mitteilung einer neuen Kontonummer kein anderer Erklärungsinhalt zugemessen werden (BGH NJW-RR 2004, 1281; Bruck-Heeb in: Erman, BGB, 14. Aufl., § 363 Rn.8). Dem steht das Schreiben der Beklagten vom 04. Januar 2012, in welchem der Kläger um Mitteilung eines Kontos nur für den Fall gebeten wird, dass ihr ein solches noch nicht im Rahmen der Kündigungserklärung mitgeteilt worden sei, nicht entgegen; nach der als Widerruf zu wertenden Bekanntgabe eines neuen Kontos hat die Überweisung auf ein anderes Konto keine Tilgungswirkung mehr (BGH a.a.O.; OLG Nürnberg OLGR 2008,536).
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Der vom Kläger erklärte Widerruf der Inkassovollmacht ist am 25. Januar 2012 und damit vor der Überweisung auf das Konto des D wirksam geworden. Gemäß § 130 BGB wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wirksam, wenn sie diesem zugeht. Wird die Erklärung gegenüber einem Abwesenden abgegeben, dann gilt sie als zugegangen, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat. Das an eine Behörde oder ein Unternehmen gerichtete Schreiben geht mit Eingang bei der hierfür eingerichteten Stelle und nicht erst mit der Vorlage bei dem zuständigen Bearbeiter zu (BGH ZIP 2000, 1481; Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl. § 130 Rn.6). Der Widerruf der Inkassovollmacht und damit verbunden der Empfangsberechtigung des D ist der Beklagten daher in dem Moment zugegangen, in dem das Telefax des Klägers die dafür eingerichtete Stelle erreicht hat. Nach dem vom Kläger vorgelegten Sendebericht, dessen Richtigkeit die Beklagte nicht bestreitet, ist dieser das Telefax am 25. Januar 2012 unter der in deren Schreiben vom 4. Januar 2012 als „Kundenservice“ angegebenen Telefaxnummer übermittelt worden. Mit dem Empfang des Faxschreibens an diesem Tag hat die Inkassovollmacht des D geendet.
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Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt auch kein Verstoß gegen das in § 12 Nr.1 AVB enthaltene Schriftformerfordernis vor. Nach § 127 Abs.2 BGB genügt zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, die telekommunikative Übermittlung. Ein entgegen-stehender Wille der Parteien ist den AVB der Beklagten nicht zu entnehmen. Die dort vereinbarte Schriftform soll offenkundig nur verhindern, dass Erklärungen mündlich abgegeben werden und es später zu Beweisschwierigkeiten kommt. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass die Beklagte eine Telefaxnummer als Kundenservice-nummer auf ihren Formularen angibt und daher für den Empfänger die Übermittlung per Telefax explizit als mögliche Form der Kommunikation darstellt.
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Ob eine analoge Anwendung der §§ 409, 407 BGB eine davon abweichende Beurteilung rechtfertigt, ist nicht zweifelsfrei, kann im Ergebnis aber offenbleiben. Wie das Landgericht allerdings zutreffend ausführt, kommt in den §§ 407 Abs.1, 409 Abs.1 BGB der Rechtsgedanke zum Ausdruck kommt, dass Veränderungen in der Gläubigerstellung, die dem Schuldner unbekannt geblieben sind, diesem nicht zu seinem Nachteil gereichen dürfen. Richtig ist auch, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme das Telefax vom 25. Januar 2012 der zuständigen Abteilung der Beklagten als elektronisches Dokument erst am 27. Januar 2012 zur Verfügung gestanden hat, nachdem die Auszahlungsanweisung an die E bereits in der Nacht vom 26. auf den 27. Januar 2012 erfolgt war und nicht mehr hat rückgängig gemacht werden können; die insoweit vom Landgericht vorgenommene Würdigung der Aussage des Zeugen X überzeugt und gibt zu keinen Bedenken Anlass. Aus den Angaben des Zeugen folgt auch keineswegs, wie der Kläger im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 11. April 2016 vorträgt, dass die Auszahlung an den D „in jedem Fall hätte verhindert werden können“; vielmehr hat die zuständige Fachabteilung von dem Telefax des Klägers erst Kenntnis erlangt, nachdem die Auszahlung bereits – unwiderruflich – veranlasst worden war. Ob – wie das Landgericht annimmt - aus „Schuldnerschutzgesichtspunkten“ auf die Kenntnis des zuständigen Sachbearbeiters bei der Beklagten abzustellen ist und deshalb insofern der Rechtsgedanke der §§ 407 Abs.1, 409 Abs.1 BGB eine Einschränkung des § 130 BGB rechtfertigt, braucht jedoch nicht abschließend entschieden zu werden.
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Dem Klagebegehren steht jedenfalls der Einwand der Treuwidrigkeit (§ 242 BGB) entgegen. Ein schutzwürdiges Interesse an der Rechtsausübung fehlt, sofern eine Leistung verlangt wird, die alsbald zurückzugewähren wäre. So verstößt etwa die Geltendmachung einer Forderung gegen Treu und Glauben, wenn der Gläubiger das Geleistete als Schadensersatz zurückerstatten müsste (BGHZ 116,200 ff. = NJW 1992,900; Palandt/Grüneberg § 242 Rn.52). So liegt der Fall hier. Der Beklagten steht unter dem Gesichtspunkt der Verletzung vertraglicher Nebenpflichten ein Schadensersatzanspruch gegen den Kläger zu, der dessen Erfüllungsanspruch in der Höhe entspricht.
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In dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 11. April 2016 weist der Kläger freilich, im Ansatz zutreffend, darauf hin, dass sich die Beklagte nicht ausdrücklich auf eine Gegenforderung unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes berufen hat. Gleichwohl stellt die Berücksichtigung einer zum Schadensersatz verpflichtenden vertraglichen Nebenpflichtverletzung durch den Kläger keinen Verstoß gegen den zivilprozessrechtlichen Beibringungsgrundsatz dar. Eine Pflichtverletzung seitens des Klägers, die einen schadensrechtlichen Gegenanspruch der Beklagten begründet, ergibt sich aus den zutreffenden Feststellungen des Landgerichts und letztlich schon aus dem beiderseitigen Sachvortrag. Wenn der Gläubiger seinerseits eine Vertragspflicht schuldhaft verletzt und sich deshalb dem Schuldner gegenüber schadensersatzpflichtig macht, ist der Gläubiger aus dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB von vornherein daran gehindert, seinen Anspruch geltend zu machen (BGHZ 116,200 ff. = NJW 1992,900). Der ausdrücklichen Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs im Wege der Aufrechnung durch die Beklagte bedarf es daher nicht. Insoweit geht auch die vom Kläger im Schriftsatz vom 11. April 2016 erhobene Verjährungseinrede ins Leere. Davon abgesehen wäre es der Beklagten ohnedies nicht verwehrt, auch nach dem Eintritt der Verjährung eines Schadensersatzanspruchs gegenüber dem Kläger hiermit gegen die Klageforderung aufzurechnen (§ 215 BGB).
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Eine Nebenpflichtverletzung ist darin zu sehen, dass der Kläger den Widerruf der Inkassovollmacht ohne Hinweis auf die Dringlichkeit an die allgemeine Kundenservicenummer der Beklagten versandt hat. Wenn der Gläubiger dem Schuldner eine neue Bankverbindung für die Überweisung eines geschuldeten Geldbetrags mitteilt, muss er so deutlich auf die Änderung hinweisen, dass sie vom Schuldner nicht übersehen werden kann (OLG Frankfurt, NJW 1998, 387; LArbG Köln, Urteil vom 26. August 2011 – 4 Sa 427/11 - , zitiert in juris; Palandt/Grüneberg § 362 Rn.9). Bereits mit Schreiben der Beklagten vom 4. Januar 2012 war der Kläger über die Anerkennung der Kündigung zum 1. Februar 2012 informiert und um – eventuelle - Mitteilung des Kontos, auf welches der Auszahlungsbetrag überwiesen werden soll, gebeten worden. Erst mit Telefax vom 25. Januar 2012, lediglich 5 Werktage vor der Fälligkeit, hat der Kläger der Beklagten das – neue – Empfängerkonto unter deren allgemeiner Servicenummer mitgeteilt. Damit hat er seine vertragliche Nebenpflicht verletzt, den Widerruf der Inkassovollmacht so rechtzeitig und deutlich zu erklären, dass die Beklagte vor einer Auszahlung an den D - ohne Erfüllungswirkung - bewahrt würde. Er war gehalten, der Beklagten seine Kontonummer so frühzeitig mitzuteilen, dass unter normalen Umständen mit der Kenntnisnahme durch den zuständigen Mitarbeiter der Beklagten vor der anstehenden Zahlungsanweisung gerechnet werden konnte. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung und musste auch dem Kläger klar gewesen sein, dass es bei einem großen Versicherungsunternehmen einer gewissen Zeit bedarf, bis ein Vorgang dem zuständigen Sachbearbeiter vorgelegt wird. Zudem durfte er nicht darauf vertrauen, dass die Beklagte, nachdem sie ihm 3 Wochen zuvor die Auszahlung angekündigt hatte, den Geldbetrag erst zum Fälligkeitstag, dem 1. Februar 2012, überweisen werde. Deshalb hätte er der Beklagten entweder zu einem weit früheren Zeitpunkt seine Kontonummer mitteilen oder zumindest in seinem Telefax deutlich auf die Dringlichkeit wegen der kurz bevorstehenden Fälligkeit der Leistung und die daraus folgende Notwendigkeit der unverzüglichen Vorlage an die zuständige Abteilung hinweisen müssen. Da er diesen Sorgfaltsanforderungen nicht nachgekommen ist und hierdurch eine Überweisung mit Erfüllungswirkung durch die Beklagte verhindert hat, verhält der Kläger sich treuwidrig, indem er sich auf das Fehlen gerade der Erfüllung beruft.
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Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten scheidet mangels Bestehens einer Hauptforderung aus.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch bedarf es einer Entscheidung des Revisionsgerichtes zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Vielmehr beruht die Entscheidung lediglich auf einer Würdigung der konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalls.
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5.
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Der Berufungsstreitwert beträgt 24.000,49 €.
RechtsgebieteAVB, BGBVorschriftenAVB § 4 Nr. 2a; § 362 Abs. 1 BGB