02.03.2017 · IWW-Abrufnummer 192246
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 24.11.2016 – 2 Sa 70/16
In dem Rechtsstreit
A., A-Straße, A-Stadt
- Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte/r: DGB, B-Straße, B-Stadt
gegen
Firma C., C-Straße, C-Stadt
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte/r: Rechtsanwälte D., D-Straße, D-Stadt
hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 2016 durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Hambach als Vorsitzenden und den ehrenamtlichen Richter Müller und die ehrenamtliche Richterin Strubel-Mattes als Beisitzer für Recht erkannt:
Tenor:
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 14.01.2016 - 2 Ca 2686/15 - abgeändert:
Das Versäumnisurteil vom 05. November 2015 wird aufrechterhalten.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 400,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von je 100,00 EUR seit dem 01.09.2015, 01.10.2015, 01.11.2015 und 01.12.2015 zu zahlen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) trägt die Beklagte.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine Gehaltszulage.
Der Kläger wurde mit Arbeitsvertrag vom 01. Juli 2011 (Bl. 60 - 62 d. A.) von der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Wirkung zum 04. Juli 2011 als Verkäufer eingestellt. Im September 2013 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund eines Betriebsüberganges gemäß § 613 a BGB auf die Beklagte über. Die Beklagte zahlte an den Kläger gemäß den von ihr erteilten Verdienstabrechnungen bis September 2014 neben dem monatlichen Gehalt in Höhe von 2.248,00 EUR brutto noch eine "Funktionszulage" in Höhe von monatlich 100,00 EUR brutto.
Mit Schreiben vom 29. September 2014 kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis zum 31. Oktober 2014 und bot dem Kläger gleichzeitig an, das Arbeitsverhältnis ab dem 01. Oktober 2014 mit einem geänderten Arbeitsvertrag gemäß beiliegendem Vertragsentwurf fortzusetzen, der in § 4 Nr. 1 ein monatliches Arbeitsentgelt von 1.900,00 EUR brutto zuzüglich einer Provision in Höhe von 5 % vom erwirtschafteten Rohertrag des Arbeitnehmers vorsieht. Mit Schreiben vom 04. Oktober 2014 nahm der Kläger die ihm von der Beklagten mit der Änderungskündigung vom 29. September 2014 angebotenen geänderten Arbeitsbedingungen gemäß § 2 KSchG unter Vorbehalt an. Gegen die Änderungskündigung vom 29. September 2014 hat sich der Kläger mit seiner am 20. Oktober 2014 beim Arbeitsgericht Koblenz eingegangenen Änderungsschutzklage (Az.: 2 Ca 3993/14) gewandt. In diesem Rechtsstreit ist gemäß dem Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 02. Februar 2015 - 2 Ca 3993/14 - gemäß § 278 Abs. 6 ZPO zwischen den Parteien ein Vergleich geschlossen worden, nach dem das Arbeitsverhältnis des Klägers ungekündigt zu den bis zum Zugang der Kündigung vom 29. September 2014 geltenden Arbeitsbedingungen fortbesteht und die Änderungskündigung der Beklagten vom 29. September 2014 gegenstandslos ist.
In der Folgezeit nahm die Beklagte zwar Korrekturabrechnungen vor, zahlte aber ab Oktober 2014 neben dem Gehalt in Höhe von 2.248,00 EUR brutto die zuvor gezahlte Funktionszulage nicht mehr an den Kläger. Mit gewerkschaftlichen Schreiben vom 18. März und 11. Juni 2015 machte der Kläger unter Verweis auf den Vergleich vom 02. Februar 2015 die Zahlung der Funktionszulage in Höhe von 100,00 EUR brutto gegenüber der Beklagten geltend.
Mit seiner am 12. August 2015 beim Arbeitsgericht Koblenz eingegangenen und der Beklagten am 14. August 2015 zugestellten Klage hat der Kläger die Zahlung der Funktionszulage für die Monate Oktober 2014 bis Juli 2015 in Höhe von 1.000,00 EUR brutto verlangt. Im Gütetermin vom 05. November 2015 ist die Beklagte nicht erschienen. Daraufhin ist die Beklagte vom Arbeitsgericht Koblenz mit Versäumnisurteil vom 05. November 2015 - 2 Ca 2686/15 - antragsgemäß zur Zahlung von 1.000,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag von je 100,00 EUR seit dem 01.11.2014, 01.12.2014, 01.01.2015, 01.02.2015, 01.03.2015, 01.04.2015, 01.05.2015, 01.06.2015, 01.07.2015 und 01.08.2015 verurteilt worden. Gegen das ihr am 17. November 2015 zugestellte Versäumnisurteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 20. November 2015, beim Arbeitsgericht am 23. November 2015 eingegangen, Einspruch eingelegt. Mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2015 erweiterte der Kläger seine Klage in Höhe von weiteren 400,00 EUR brutto für die Monate August bis November 2015.
Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, der Klageanspruch ergebe sich aus der von ihm mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten getroffenen Vereinbarung. Nachdem er seinerzeit um eine Gehaltserhöhung gebeten habe, sei diesem Begehren stattgegeben worden und seither monatlich 100,00 EUR brutto sog. "Funktionszulage" abgerechnet und ausgezahlt worden. Damit sei der monatliche Betrag Gehaltsbestandteil geworden, welcher weder freiwillig noch widerruflich sei. Nach dem Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte sei diese nunmehr an die getroffenen Vereinbarungen gebunden. Zudem ergebe sich der Anspruch auch aus dem vor dem Arbeitsgericht Koblenz geschlossenen Vergleich vom 02. Februar 2015. Der Vortrag der Beklagten, wonach ihm die 100,00 EUR brutto seit dem Betriebsübergang im September 2013 nicht mehr zustehen sollten, sei vor dem Hintergrund widersprüchlich, dass gleichwohl die Zahlung der Funktionszulage erst mit der korrigierten Abrechnung Oktober 2014 geendet habe.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
Die Beklagte hat beantragt,
Sie hat erwidert, der Kläger werde entgegen seiner Behauptung gemäß dem Arbeitsvertrag vom 01. Juli 2011 vergütet. Die seinerzeit freiwillig gezahlte Funktionszulage sei nicht Bestandteil des Arbeitsvertrags. Die zu X-Markt-Zeiten dieser Funktion angeschlossene Leistung (Schließdienst des Marktes) werde durch den Kläger seit dem Betriebsübergang im September 2013 nicht mehr erbracht, so dass diese insoweit auch nicht zu vergüten sei.
Mit Urteil vom 14. Januar 2016 - 2 Ca 2686/15 - hat das Arbeitsgericht Koblenz die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe seines Urteils verwiesen.
Gegen das ihm am 01. Februar 2016 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger mit Schriftsatz vom 26. Februar 2016, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 02. Mai 2016 mit Schriftsatz vom 02. Mai 2016, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet.
Der Kläger trägt vor, die Beklagte habe die Funktionszulage bis September 2014 gezahlt, obwohl der Betriebsübergang bereits im September 2013 stattgefunden und er spätestens seit Januar 2014 keinen Schlüsseldienst mehr absolviert habe. Danach sei die Beklagte offensichtlich selbst davon ausgegangen, dass diese Funktionszulage zu zahlen sei. Wenn also die Parteien dann im Vergleich vereinbarten, dass sein Arbeitsverhältnis ungekündigt zu den bis zum Zugang der Kündigung geltenden Arbeitsbedingungen fortbestehe, so könne damit denknotwendig neben der Vergütung auch nur die Zulage gemeint sein. Spätestens mit Abschluss dieses Vergleiches hätten die Parteien damit das Arbeitsverhältnis auf neue - ergänzende - Füße gestellt und den Altstatus noch einmal manifestiert. Höchst hilfsweise berufe er sich auf eine entsprechende betriebliche Übung. Er sei davon ausgegangen, dass die nach Wegfall der Schließtätigkeit weiterhin gezahlte Vergütung letztlich die Gehaltserhöhung darstellen würde, um die er im Zuge der weiteren Gespräche ersucht habe. Konkretisiert habe sich diese Vorstellung bei ihm auch noch einmal durch den Vergleichsabschluss, mit dem sogar gerichtlich fixiert worden sei, dass die bis zum Zugang der Kündigung geltenden Arbeitsbedingungen (und damit die Vergütung plus Zulagenzahlung) weiter fortbestehen sollten.
Der Kläger beantragt,
Die Beklagte beantragt,
Sie erwidert, gemäß der zutreffenden Auffassung des Arbeitsgerichts hätten die Parteien durch den Vergleich nichts geändert, sondern sich darauf verständigt, dass die Änderungskündigung als gegenstandslos behandelt werde und das Arbeitsverhältnis ungekündigt zu den bisherigen Bedingungen fortbestehe. Entgegen der Ansicht des Klägers sei das Arbeitsverhältnis gerade nicht auf neue Füße gestellt worden. Vielmehr habe man den Altstatus manifestiert, den das Arbeitsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe, nämlich dass eine Funktionszulage nicht (mehr) geschuldet sei, nachdem der Kläger unstreitig die Funktionsleistungen nicht mehr erbringe. Wenn sie ihren Irrtum hinsichtlich der trotz fehlender Gegenleistung noch erbrachten Funktionszahlung erst im September/Oktober 2014 erkenne und demgemäß die Zahlung dann einstelle, sei dies nicht zu beanstanden. Ein vertraglicher Anspruch auf die Zahlung dieser Zulage habe eben bereits ab Dezember 2013 nicht mehr bestanden. Der Kläger könne seine Ansprüche auch nicht auf die Grundsätze der betrieblichen Übung stützen. Ihm sei bekannt gewesen, dass die Zahlung der Zulage von der Ausübung der Funktion abhängig gewesen sei. Für ihn sei damit erkennbar gewesen, dass die fortlaufende Zahlung der Zulage versehentlich erfolgt sei. Er habe deshalb auf die auch künftige Zahlung dieser nicht (mehr) geschuldeten Beträge nicht vertrauen dürfen. Die Behauptung des Klägers, er habe im Zuge der weiteren Gespräche um eine entsprechende Gehaltserhöhung ersucht und sei davon ausgegangen, dass die Zahlung der Zulage die Gehaltserhöhung darstellen würde, beweise zunächst, dass dem Kläger sehr wohl bewusst gewesen sei, dass er keinen Anspruch auf die Zahlung mehr gehabt habe. Denn anderenfalls hätte es ja als Begründung für die erfolgte Zahlung keiner Gehaltserhöhung mehr bedurft. Der eigene Vortrag des Klägers lasse also zwingend den Schluss zu, dass ihm bewusst gewesen sei, dass mit dem Wegfall der Schließtätigkeit auch der Anspruch auf die Funktionszulage weggefallen sei. Auf eine angebliche Gehaltserhöhung könne sich der Kläger aber nicht berufen. Denn auch ihm hätte klar sein müssen, dass sie eine bewusst vorgenommene Gehaltserhöhung mit einer entsprechenden Änderung ihrer Abrechnungen verbunden hätte, die aber gerade nicht erfolgt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle und den gesamten Akteninhalt Bezug genommen. Die Verfahrensakte 2 Ca 3993/14 des Arbeitsgerichts Koblenz wurde beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).
Die Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg. Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat gemäß § 611 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf die vereinbarte Zulage für den streitgegenständlichen Zeitraum von Oktober 2014 bis November 2015 in Höhe von insgesamt 1.400,00 EUR brutto.
1. Die von der Rechtsvorgängerin der Beklagten gewährte "Funktionszulage" in Höhe von 100,00 EUR brutto beruhte unstreitig auf einer Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Rechtsvorgängerin der Beklagten. Die Beklagte ist aufgrund des im September 2013 erfolgten Betriebsüberganges nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis des Klägers eingetreten und damit auch an diese Vereinbarung gebunden.
Zum Inhalt der getroffenen Vereinbarung hat der Kläger vorgetragen, dass er seinerzeit um eine Gehaltserhöhung gebeten habe, diesem Begehren stattgegeben und seither monatlich 100,00 EUR brutto sog. "Funktionszulage" abgerechnet und ausgezahlt worden sei. Damit sei der monatliche Betrag Gehaltsbestandteil, welcher weder freiwillig noch widerruflich sei. In der mündlichen Verhandlung vom 14. Januar 2016 vor dem Arbeitsgericht hat der Kläger erklärt, er sei damals in die braune Ware versetzt worden. Es habe einen geringen Personalstand gegeben. Er habe von seinem Vorgesetzten 100,00 EUR mehr Lohn verlangt. Damit sei dieser einverstanden gewesen. Er habe ihn dann gebeten, den Schließdienst auszuführen. Nach dem vom Kläger vorgetragenen Inhalt der Vereinbarung hat er mit seinem Vorgesetzten vereinbart, dass er künftig einen Betrag von 100,00 EUR mehr erhält, der von Seiten der Rechtsvorgängerin der Beklagten sodann auch als sog. "Funktionszulage" monatlich abgerechnet und gezahlt worden ist.
Zwar können die Bedingungen für die Gewährung einer Zulage vertraglich so gestaltet werden, dass der Anspruch auf die Zulage mit der tatsächlichen Ausübung einer bestimmten Funktion steht und fällt oder einem Widerrufsvorbehalt unterliegt. Hierzu bedarf es aber einer entsprechenden Vereinbarung (vgl. BAG 15. November 1995 - 2 AZR 521/95 - NZA 1996, 603). Im Streitfall ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass mit dem Kläger vereinbart worden ist, dass die Funktionszulage bei einem einseitigen Entzug der Funktion durch die Arbeitgeberin automatisch entfällt oder widerrufen werden kann. Allein der Umstand, dass der in Höhe von 100,00 EUR brutto gezahlte Betrag in den Verdienstabrechnungen als sog. "Funktionszulage" bezeichnet war, lässt aus der Sicht eines objektiven Empfängers nicht erkennen, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Zulage entfallen kann. Auch soweit der Kläger die von ihm erbetene Ausführung des Schließdienstes übernommen hat, besagt dies lediglich, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit der als "Funktionszulage" bezeichneten Zahlung von monatlich 100,00 EUR brutto die Bereitschaft des Klägers zur Ausführung des Schließdienstes honoriert haben mag, nicht aber, dass auch ein einseitiger Entzug des vom Kläger übernommenen Schließdienstes automatisch den Wegfall der Zulage bewirkt. Hierzu hätte es einer entsprechenden Vereinbarung bedurft, die von Seiten der hierfür darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nicht unter Beweisantritt vorgetragen worden ist. Die Beklagte hat den Vortrag des Klägers zum Zustandekommen und Inhalt der Vereinbarung nicht mit einer entsprechenden Gegendarstellung bestritten, sondern im Wesentlichen nur darauf verwiesen, dass die Zahlung der Funktionszulage von der Ausübung der Funktion abhängig und dies dem Kläger bekannt gewesen sein soll. In ihrem Schriftsatz vom 20. November 2015 hat sie lediglich angeführt, dass die zu "X-Markt-Zeiten" dieser Funktion angeschlossene Leistung (Schließdienst des Marktes) durch den Kläger seit dem Betriebsübergang im September 2013 nicht mehr erbracht werde. Der im Termin vom 14. Januar 2016 vor dem Arbeitsgericht anwesende Vertreter der Beklagten hat zu der vom Kläger abgegebenen Erklärung zum Inhalt der Vereinbarung nur erklärt, dass das kein zutreffendes Verständnis sei, wenn der Kläger damit sagen wolle, er hätte Anspruch auf mehr Lohn für besonders gute Arbeit. Aus dem Vortrag der Beklagten lässt sich nicht entnehmen, aufgrund welcher Erklärungen gegenüber dem Kläger als Erklärungsempfänger bei Abschluss der Vereinbarung hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht worden sein soll, dass die Zahlung der vereinbarten Zulage an die tatsächliche Ausübung des Schließdienstes dergestalt gebunden sein soll, dass sie mit einem Entzug dieser Aufgabe automatisch entfällt. Allein der Umstand, dass sich der Kläger nach der von ihm erbetenen Gehaltserhöhung auf die Rückfrage seines Vorgesetzten zur Übernahme des Schließdienstes bereit erklärt hat und der daraufhin gezahlte Betrag in Höhe von 100,00 EUR brutto monatlich als "Funktionszulage" bezeichnet worden ist, reicht hierfür nicht aus, sondern deutet allenfalls darauf hin, dass der Vorgesetzte die Bereitschaft zur Übernahme des Schließdienstes als Argument zur Gewährung der vom Kläger begehrten Zulage angeführt haben mag.
2. Dem Klageanspruch steht das in Ziff. 24 des Arbeitsvertrags vom 01. Juli 2011 vorgesehene Schriftformerfordernis nicht entgegen. Eine einfache Schriftformklausel, nach der Änderungen und Ergänzungen des Vertrags der Schriftform bedürfen, verhindert eine konkludente Vertragsänderung nicht. Die Vertragsparteien können das für eine Vertragsänderung vereinbarte Schriftformerfordernis jederzeit schlüssig und formlos aufheben. Das ist sogar dann möglich, wenn die Vertragsparteien bei ihrer mündlichen Abrede an die Schriftform überhaupt nicht gedacht haben (
BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - NZA 2012, 81). Ebenso wenig steht dem Anspruch ein formularmäßiger Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt entgegen. Auch wenn man davon ausgeht, dass die in Ziff. 8 des Formulararbeitsvertrags vom 01. Juli 2011 enthaltenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen formularmäßig für alle über das Grundentgelt hinaus gewährten Zahlungen einen Rechtsanspruch ausschließen sollen, ist eine solche Klausel jedenfalls bei laufendem Arbeitsentgelt wie einer monatlich zu zahlenden Zulage gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam (vgl. BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - NZA 2007, 853; BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 36, NZA 2012, 81
[BAG 14.09.2011 - 10 AZR 526/10]
). Soweit die Klausel darüber hinaus eine Widerrufsmöglichkeit vorsieht, verstößt eine solche Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und ist deshalb insgesamt unwirksam (vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 21 ff., NZA 2012, 81
[BAG 14.09.2011 - 10 AZR 526/10]
4). Im Übrigen ist der in Ziff. 8 des Formulararbeitsvertrags geregelte Widerrufsvorbehalt nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam, weil darin kein Widerrufsgrund angegeben wird (vgl. BAG 12. Januar 2015 - 5 AZR 364/04 - NZA 2005, 465).
3. Der Klageanspruch ist auch nicht aufgrund der vereinbarten Verfallklausel (Ziff. 25 des Arbeitsvertrags) verfallen.
Der Kläger hat sich mit seiner Änderungsschutzklage vom 16. Oktober 2014 gegen die von der Beklagten ausgesprochene Änderungskündigung vom 29. September 2014 gewandt und das ihm unterbreitete Änderungsangebot ab 01. Oktober 2014 unter Vorbehalt angenommen. Dementsprechend war das Arbeitsverhältnis bis zu dem dann abgeschlossenen Vergleich mit dem - vorläufig - geänderten Inhalt durchzuführen, wonach der Kläger vorläufig die zuvor gezahlte Funktionszulage nach Maßgabe des der Änderungskündigung beigefügten Vertragsentwurfes ab 01. Oktober 2014 nicht beanspruchen konnte. Die Ausschlussfristen begannen mithin erst mit der Beendigung des Rechtsstreits durch den abgeschlossenen Vergleich vom 02. Februar 2015 (vgl. Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Kiel 16. Aufl. § 8 KSchG Rn. 2). Der Kläger hat unwidersprochen vorgetragen, dass er die von ihm beanspruchte Funktionszulage in Höhe von 100,00 EUR brutto mit den gewerkschaftlichen Schreiben vom 18. März 2015 und 11. Juni 2015 gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat. Unabhängig davon beinhaltet die vom Kläger erhobene Änderungsschutzklage, mit der er sich gegen die geänderten Arbeitsbedingungen gewandt hat, eine ausreichende Geltendmachung des hierauf aufbauenden Klageanspruchs.
4. Der Zinsanspruch beruht auf §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.
Müller
Strubel-Mattes
Verkündet am: 24.11.2016