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06.02.2017 · IWW-Abrufnummer 191634

Landesarbeitsgericht Köln: Urteil vom 11.02.2016 – 7 Sa 626/15

Bei dem sog. Übergangszuschuss nach der Gesamtbetriebsvereinbarung der Siemens AG "Vereinbarung zum Übergangszuschuss bei Pensionierung im Tarifkreis" vom 22.12.1981 handelt es sich um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung, die insolvenzgeschützt ist.

Auf den Übergangszuschuss ist das Rechtsinstitut der unverfallbaren Versorgungsanwartschaft anwendbar. Entsprechend ist bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis eine zeitratierliche Kürzung vorzunehmen.

Der Kürzungsfaktor ist auf die Differenz zwischen dem zuletzt bezogenen Brutto-Entgelt und der SAF-Betriebsrente anzuwenden.


Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22.05.2015 in Sachen19 Ca 7883/14 teilweise abgeändert und wie folgt neugefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18.251,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.10.2014 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben der Kläger 17 % und der Beklagte 83 % zu tragen. Von den Kosten der Berufungsinstanz trägt der Kläger 11 % und der Beklagte 89 %.

Die Revision wird zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Übergangszuschusses für die ersten sechs Monate nach seinem Eintritt in den Ruhestand.



Der am 25.08.1953 geborene, schwerbehinderte Kläger trat zum 01.06.1975 als Arbeitnehmer in die Dienste der S AG. Er erhielt eine Betriebsrentenzusage nach dem allgemeinen Versorgungswerk der S AG (S Altersfürsorge "SAF").



Unter dem 22.12.1981 schloss die S AG mit ihrem Gesamtbetriebsrat eine "Vereinbarung zum Übergangszuschuss bei Pensionierung im Tarifkreis", die unstreitig auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung fand. Die GBV vom 22.12.1981 lautet auszugsweise wie folgt:

"Mitarbeiter des Tarifkreises erhalten nach ihrer Pensionierung einen Übergangszuschuss. Damit soll den Mitarbeitern der Übertritt in den Ruhestand wirtschaftlich erleichtert werden. Im Einzelnen gilt Folgendes: 1. Die S AG räumt ihren Mitarbeitern einen Rechtsanspruch auf den Übergangszuschuss ein. 2. Voraussetzung ist, dass der Mitarbeiter - mindesten 10 Dienstjahre (ohne Ausbildungszeiten) nach Vollendung des 18. Lebensjahres bei der S AG abgeleistet hat und - im unmittelbaren Anschluss an die aktive Dienstzeit bei der S AG pensioniert wird. 3. Die Höhe des Übergangszuschusses, der für 6 Monate gezahlt wird, entspricht der Differenz zwischen dem zuletzt bezogenen Brutto-Monatsentgelt bei regelmäßiger tariflicher oder abweichend vereinbarter Arbeitszeit (ohne einmalige Zuwendungen, tariflicher vermögenswirksamer Leistungen, Vergütungen für Mehrarbeit, zusätzliches Urlaubsgeld, Krankenlohn sowie Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit) und dem SAF-Ruhegeld. ... 5. Der Anspruch auf Übergangszuschuss ist nicht übertragbar und nicht vererblich. Für Witwen von verstorbenen Mitarbeitern verbleibt es bei der bisherigen Regelung, nach der SAF befristete Beihilfen gewährt werden. ..."



(Bl. 17 f. d. A.).



In einem von der S AG im Einvernehmen mit ihrem Gesamtbetriebsrat anlässlich des Abschlusses der Betriebsvereinbarung zum Übergangszuschuss herausgegebenen Rundschreiben vom 23.12.1981 heißt es auszugsweise wie folgt:

" SAF-Richtlinien/Übergangszuschuss Mit Wirkung vom 01.04.1979 trat die "Vereinbarung zum Übergangsgeld bei Pensionierung im Tarifkreis" in Kraft. Die Bezeichnung "Übergangsgeld" hat verschiedentlich dazu geführt, diese Leistung mit dem Übergangsgeld des öffentlichen Dienstes in Verbindung zu bringen, das einen ganz anderen Rechtscharakter hat und einem anderen Zweck dient. Um weiteren Missverständnissen vorzubeugen, wird daher ab sofort unser Übergangsgeld in "Übergangszuschuss" umbenannt. Die Höhe des Übergangszuschusses entspricht der Differenz zwischen dem zuletzt bezogenen Brutto-Monatsentgelt und dem SAF-Ruhegeld. Die Gesamtleistungen, die Mitarbeiter erhalten, bleiben unverändert. ..." (Bl. 16 d. A.). Die S AG kündigte die GBV vom 22.12.1981 fristgerecht zum 30.09.1983. Unter dem 29.07.1983 schloss die S AG mit dem Gesamtbetriebsrat zum Übergangszuschuss eine weitere Vereinbarung folgenden Inhalts: Die Vereinbarung zum Übergangszuschuss bei Pensionierung im Tarifkreis vom 22.12.1981 wurde firmenseits zum 30.09.1983 gekündigt. Dazu wird ab dem 01.10.1983 folgendes vereinbart: 1) Mitarbeiter, deren Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnis mit der S AG nach dem 30.09.1983 beginnt, erwerben keinen Anspruch mehr auf Zahlung eines Übergangszuschusses bei Pensionierung. ... 2) Für Mitarbeiter, deren Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnis bis zum 30.09.1983 begonnen hat, bleibt es bei der bisherigen Regelung. ..."



(Bl. 20 d. A.).



Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging zum 01.01.1997 im Wege des Betriebsübergangs auf die S GmbH über, wo die Ansprüche aus dem S -Versorgungswerk sowie aus den S -Gesamtbetriebsvereinbarungen fortgeführt wurden.



Am 04.09.2008 schloss der Kläger mit der Arbeitgeberin einen Altersteilzeitvertrag nach dem Blockmodell (Bl. 6 ff. d. A.). Für den Zeitraum 01.10.2008 bis 30.06.2011 wurde die Arbeitsphase vorgesehen, für die Zeit vom 01.07.2011 bis 31.03.2014 die Freistellungsphase. Über die betriebliche Altersversorgung enthält der ATZ-Vertrag u.a. folgende Regelungen:

"9. Betriebliche Altersversorgung 9.1 Hinsichtlich des Bezugs von Firmenpension gelten die gesetzlichen und betrieblichen Regelungen. Die Reduzierung der Arbeitszeit im Rahmen dieses Vertrages hat keine Auswirkung auf die Firmen- Pension. 9.2 Soweit Sie Anspruch auf die Zahlung eines Übergangszuschusses Haben, wird Ihr Monatsentgelt auf Vollzeitbasis hochgerechnet (Firmeneintritt des Mitarbeiters bis 30.09.1983)."



Am 26.09.2012 wurde über das Vermögen der S GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Seit dem 01.04.2014 bezieht der Kläger eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Ebenfalls seit dem 01.04.2014 bezieht der Kläger von dem Beklagten die vorgezogene insolvenzgeschützte, ratierlich gekürzte Betriebsrente aus dem allgemeinen S -Versorgungswerk in Höhe von 246,56 € monatlich. Das letzte Gehalt des Klägers vor der Insolvenzeröffnung betrug auf Vollzeitbasis 3.826, 20 €.



Der Kläger meldete eine Forderung auf Zahlung des Übergangszuschusses in einer Gesamthöhe von 22.063,71 € zur Insolvenztabelle an. Zahlungen hierauf erfolgten nach Angaben des Klägers bislang nicht.



Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne von dem Beklagten die Auszahlung des ihm auf der Grundlage der GBV vom 22.12.1981 zugesagten Übergangszuschusses verlangen; denn hierbei handele es sich um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung, die insolvenzgeschützt sei.



Dem Anspruch stehe auch nicht entgegen, dass er vor Eintritt des 65. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei. Die Freistellungsphase der Altersteilzeit stelle auch eine "aktive Dienstzeit" im Sinne der GBV vom 22.12.1981 dar. Der Anspruch auf den Übergangszuschuss sei der Höhe nach lediglich im Verhältnis der tatsächlichen Dienstzeit bis zur Insolvenz zur möglichen Dienstzeit bis zum Eintritt in die vorgezogene Altersrente am 01.04.2014 zu kürzen (Faktor 0,958149).



Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 20.517,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2014 zu zahlen.



Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.



Der Beklagte hat in erster Linie die Auffassung vertreten, dass etwaige Ansprüche des Klägers auf den Übergangszuschuss nicht insolvenzgeschützt seien, da es sich nicht um Leistungen der betrieblichen Altersversorgung handele. Überdies habe der Kläger auch die Anspruchsvoraussetzung nicht erfüllt, dass er "im unmittelbaren Anschluss an die aktive Dienstzeit bei der S AG pensioniert" worden wäre; denn der Sicherungsfall sei vor dem vorgezogenen Renteneintritt und erst recht vor Erreichen der festen Altersgrenze (24.03.2019 entsprechend dem RV-Anpassungsgesetz) erfolgt.



Im Übrigen hat der Beklagte die Auffassung vertreten, dass ein etwaiger Anspruch des Klägers auf den Übergangszuschuss jedenfalls zeitratierlich gekürzt werden müsse im Verhältnis der möglichen Dienstzeit bis zum Erreichen der festen Altersgrenze zu der tatsächlichen Dienstzeit vom Eintritt bis zum Sicherungsfall der Insolvenzeröffnung (Faktor 0,8498). Auf die Berechnung des Beklagten gemäß Schriftsatz vom 07.09.2015 (Bl. 163 d. A.) wird Bezug genommen.



Mit Urteil vom 22.05.2015 hat die 19. Kammer des Arbeitsgerichts Köln der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass es sich entgegen der Auffassung des Beklagten bei dem Übergangszuschuss gemäß der GBV vom 22.12.1981 sehr wohl um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung handele. Der Kläger erfülle auch die besondere Anspruchsvoraussetzung, wonach er "im unmittelbaren Anschluss an die aktive Dienstzeit bei der S AG pensioniert" werden musste; denn die Freistellungsphase der Altersteilzeit erfülle auch den Begriff der "aktiven Dienstzeit" und sei mitzuzählen.



Eine ratierliche Kürzung des Anspruchs sei nicht angezeigt gewesen, jedoch habe dem Kläger gemäß § 308 Abs.1 S.1 ZPO nicht mehr zugesprochen werden können als beantragt.



Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde dem Beklagten am 03.06.2015 zugestellt. Der Beklagte hat hiergegen am 23.06.2015 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Frist bis zum 21.09.2015 am 09.09.2015 begründet.



Der Beklagte wiederholt und vertieft seine erstinstanzliche Rechtsauffassung. Er widerspricht der Ansicht des Arbeitsgerichts, dass es sich bei dem Übergangszuschuss gemäß der GBV vom 22.12.1981 um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung handele. Auch scheitere der Anspruch daran, dass der Sicherungsfall geraume Zeit vor dem Wechsel des Klägers in die gesetzliche Altersrente eingetreten sei und in der Freistellungsphase der Altersteilzeit kein "aktives Arbeitsverhältnis" mehr bestanden habe.



Jedenfalls hätte der Höhe nach eine zeitratierliche Kürzung mit dem Faktor 0,8498 vorgenommen werden müssen.



Der Beklagte und Berufungskläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22.05.2015, 19 Ca 7883/14, abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.



Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.



Der Kläger unterstützt die Ansicht des Arbeitsgerichts, dass es sich bei dem Anspruch auf den Übergangszuschuss um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung handele. Das Arbeitsgericht habe auch richtig erkannt, dass die Anspruchsvoraussetzungen der GBV vom 22.12.1981 vollständig erfüllt seien und eine zeitratierliche Kürzung zu unterbleiben habe.



Auf den vollständigen Inhalt der Berufungsbegründung des Beklagten und der Berufungsbeantwortung des Klägers wird ergänzend Bezug genommen.



Entscheidungsgründe



I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22.05.2015 ist zulässig. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2, lit. b) ArbGG statthaft. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht unter Einhaltung von § 66 Abs. 1 ArbGG eingelegt und begründet.



II. Die Berufung des Beklagten ist aber nur in geringem Umfang erfolgreich. Dem Kläger steht zur Überzeugung des Berufungsgerichts gegen den Beklagten ein insolvenzgeschützter Anspruch auf Zahlung des Übergangszuschusses aus der GBV vom 22.12.1981 zu. Es handelt sich hierbei um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung. Der Umstand, dass der Kläger sich bis zu seinem Übergang in die gesetzliche Altersrente in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befand und der Sicherungsfall geraume Zeit vor seinem Renteneintritt erfolgt ist, ist dem Grunde nach für seinen Anspruch unschädlich. Er führt nur dazu, dass dem Kläger kein Vollanspruch auf den Übergangzuschuss zusteht, sondern nur eine unverfallbare Anwartschaft, die im Verhältnis zum Vollanspruch nach §§ 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 i. V. m. § 2 Abs. 1 BetrAVG zeitratierlich zu kürzen ist. Der Beklagte hat dabei den zeitratierlichen Kürzungsfaktor mit 0,8498 korrekt ermittelt, den Faktor jedoch auf eine fehlerhaft berechnete Bezugsgröße angewandt.



1. Bei dem Anspruch des Klägers aus der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 22.12.1981 auf Zahlung eines sogenannten Übergangszuschusses bei Pensionierung im Tarifkreis handelt es sich um einen Anspruch auf eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung. Das Berufungsgericht stimmt insoweit den Ausführungen des Arbeitsgerichts unter I. 1. seiner Entscheidungsgründe zu und macht sich diese zu Eigen.



a. Zur Frage, nach welchen Kriterien zu beurteilen ist, ob eine einem Arbeitnehmer unter der Bezeichnung "Übergangszuschuss" oder ähnlich zugesagte Leistung ihrem Rechtscharakter nach der betrieblichen Altersversorgung dient oder ob dies nicht der Fall ist, hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 18.03.2003, 3 AZR 315/02, DB 2004, 1624 folgende Orientierungssätze aufgestellt:



1. Betriebliche Altersversorgung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG ist das Versprechen einer Leistung zum Zweck der Versorgung, ein den Versorgungsanspruch auslösendes biologisches Ereignis wie Alter, Invalidität oder Tod, und die Zusage an einen Arbeitnehmer aus Anlass des Arbeitsverhältnisses. Entscheidend ist allein der Versorgungszweck der Zusage, auf die Art der versprochenen Leistung kommt es nicht an.



2. Verspricht der Arbeitgeber Mitarbeitern während der ersten drei Monate nach ihrer Pensionierung einen Übergangszuschuss, der neben dem Ruhegeld gezahlt wird, so liegt darin eine Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Weder dient der Übergangszuschuss der Überbrückung einer Arbeitslosigkeit noch der Erleichterung eines Wechsels des Arbeitsplatzes, da er den Eintritt in den Ruhestand voraussetzt. Ungeachtet der missverständlichen Bezeichnung der Leistung als "Übergangszuschuss" besteht der Zweck der Zusage ausschließlich in der Versorgung des Leistungsempfängers bei Eintritt in den Ruhestand."



b. Nach Maßgabe dieser Orientierungssätze handelt es sich bei dem Anspruch des Klägers auf einen Übergangszuschuss aus der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 22.12.1981 um einen Anspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Ausgelöst wird der Anspruch durch das biologische Ereignis Alter. In den Genuss des Anspruchs auf den Übergangszuschuss kommt nur, wer bereits den Altersruhestand erreicht hat und die für den Versorgungsfall 'Alter' ausgelobte Betriebsrente bereits bezieht. Nur wer bereits Pensionär bzw. (Betriebs-)Rentner ist, kann in den Genuss des Übergangszuschusses gelangen. Besonders daraus wird der Versorgungscharakter des Übergangszuschusses deutlich. Gerade nicht soll der Übergangszuschuss dazu dienen, Wartezeiten zu überbrücken, die entstehen können, wenn ein Mitarbeiter aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, bevor er Altersrente in Anspruch nehmen kann.



c. Arbeitgeberin und Gesamtbetriebsrat haben in der GBV vom 22.12.1981 den Zweck des Übergangszuschusses selbst wie folgt beschrieben: "Damit soll den Mitarbeitern der Übertritt in den Ruhestand wirtschaftlich erleichtert werden." Diese "wirtschaftliche Erleichterung" wird dadurch erreicht, dass der Pensionär bzw. Rentner in den Anfangsmonaten seines Pensionärs- bzw. Rentnerdaseins eine Betriebsrente erhält, die bis zur Höhe des letzten aktiven Gehalts aufgestockt wird.



d. Der Wortbestandteil "Zuschuss" setzt eine andere Leistung voraus, zu der der "Zuschuss" in Ergänzung treten soll. Bei dieser anderen Leistung handelt es sich gerade um die S -Betriebsrente. Der Übergangszuschuss ist nach der Ausgestaltung der GBV dem Grunde und der Höhe nach von der S -Betriebsrente abhängig. Dieser enge Zusammenhang mit der Betriebsrente belegt wiederum den Versorgungscharakter des Übergangszuschusses. Der Übergangszuschuss stellt der Sache nach nichts anderes dar als eine zeitlich beschränkte Aufstockung der Betriebsrente.



e. Schließlich stellen auch die Verlautbarungen vom 23.12.1981 und vom 08.08.1983 (Bl. 13 d. A.) gewichtige Indizien dafür dar, dass damalige Arbeitgeberin und Gesamtbetriebsrat den Versorgungscharakter des Übergangszuschusses bewusst erkannt und gewollt haben und von anderen Formen von "Übergangsgeldern" im herkömmlichen Sinne abgegrenzt wissen wollten.



aa. In dem Rundschreiben Nr. 29/83 vom 08.08.1983 erläutert die Arbeitgeberin, warum sie die GBV über den Übergangszuschuss vom 22.12.1981 gekündigt hat. Es heißt in dem Rundschreiben wörtlich:



Mit dieser Formulierung ordnet die Arbeitgeberin selbst den Übergangszuschuss dem Bereich der betrieblichen Altersversorgung zu.



bb. Das Rundschreiben vom 23.12.1981 diente bekanntlich der Erläuterung, warum die damaligen Betriebsparteien die bis zu jenem Zeitpunkt als "Übergangsgeld" bezeichnete Leistung nunmehr in "Übergangszuschuss" umbenannt hatten. In dem Rundschreiben vom 23.12.1981 heißt es:



"Die Bezeichnung "Übergangsgeld" hat verschiedentlich dazu geführt, diese Leistung mit dem Übergangsgeld des öffentlichen Dienstes in Verbindung zu bringen, das einen ganz anderen Rechtscharakter hat und einem anderen Zweck dient [Hervorhebung nur hier]. Um weiteren Missverständnissen vorzubeugen, wird daher ab sofort unser Übergangsgeld in "Übergangszuschuss" umbenannt."



Das insbesondere in §§ 62 ff. BAT geregelte "Übergangsgeld" des öffentlichen Dienstes stellte aber gerade keine Leistung der betrieblichen Altersversorgung dar, sondern eine Überbrückungshilfe im herkömmlichen Sinne für vorübergehende Zeiten der Arbeits- bzw. Einkommenslosigkeit. Wenn die Betriebsparteien der GBV vom 22.12.1981 den "Übergangszuschuss" hiermit nicht verwechselt wissen wollten, spricht dies deutlich für den erkannten und gewollten Versorgungscharakter des Übergangszuschusses.



cc. Hinzukommt, dass eine Regelung zum Übergangszuschuss im ATZ-Vertrag vom 04.09.2008 ebenfalls unter die Überschrift "betriebliche Altersversorgung" eigeordnet wurde.



2. Nach im Ergebnis zutreffender Auffassung des Arbeitsgerichts scheitert der Anspruch des Klägers auf den Übergangszuschuss nicht daran, dass der Sicherungsfall bereits einige Zeit vor Eintritt in die gesetzliche Altersrente und dem vorgezogenen Beginn des Betriebsrentenanspruchs bzw. mehrere Jahre vor Erreichen der festen Altersgrenze der S -Richtlinien eingetreten ist.



a. Die in Ziffer 2.) der GBV vom 22.12.1981 formulierte Anspruchs- "voraussetzung", dass der Mitarbeiter im unmittelbaren Anschluss an die aktive Dienstzeit bei der S -A pensioniert wird, stellt in Wirklichkeit keine spezielle, gerade auf das Versorgungsinstrument 'Übergangszuschuss' zugeschnittene Anspruchsvoraussetzung dar, sondern gibt nur einem allgemeinen Rechtsgedanken Ausdruck, der nahezu jedem Betriebsrentenversprechen zu Grunde liegt. Der die Altersversorgung versprechende Arbeitgeber geht regelmäßig von dem als Idealfall und Normalfall angesehenen Szenario aus, dass der Empfänger des Versorgungsversprechens bis zum Eintritt in die gesetzliche Altersrente oder bis zum Erreichen einer in der Versorgungsordnung definierten festen Altersgrenze in den Diensten des Unternehmens aktiv bleiben wird. Dementsprechend finden sich identische oder ähnliche Formulierungen wie die in Ziffer 2.), zweiter Spiegelstrich, der GBV vom 22.12.1981 in zahlreichen - insbesondere älteren - Versorgungsordnungen schon als "Voraussetzung" für die zugesagte Betriebsrente an sich.



b. Da jedoch der Arbeitnehmer in Anbetracht der regelmäßig auf äußerst langfristige Zeiträume angelegten Betriebsrentenversprechen in seinen Möglichkeiten zur Disposition über seine eigene Altersversorgung geschützt werden muss, wurde das Rechtsinstitut der unverfallbaren Versorgungsanwartschaft entwickelt und im Betriebsrentengesetz verankert.



c. Der Schutzzweck des Rechtsinstituts der unverfallbaren Versorgungsanwartschaft greift auch im vorliegenden Fall: Der notwendige Vertrauensschutz des Empfängers einer Versorgungszusage bezieht sich nicht nur auf das Ob des Versprechens einer Betriebsrente, sondern auch auf deren zugesagte Höhe. Wie bereits ausgeführt stellt der Übergangszuschuss nach der GBV vom 22.12.1981 nur eine Variante der Zusage einer Erhöhung der versprochenen Betriebsrente für einen befristeten Zeitraum dar. Wem auf der Grundlage der GBV vom 22.12.1981 ein Übergangszuschuss zugesagt worden ist, kann damit kalkulieren, dass er in den ersten sechs Monaten ab Eintritt in die Pension bzw. Altersrente eine auf die Höhe seines letzten vollen Bruttogehalts aufgestockte Betriebsrente zur Verfügung haben wird. Würde dem Zusageempfänger, wie im vorliegenden Fall dem Kläger, diese Leistung genommen, obwohl er sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft unstreitig erfüllt hat, nur weil er kurze Zeit vor Eintritt in die gesetzliche Altersrente bzw. vor Erreichen der festen Altersgrenze aus der Versorgungsordnung aus dem aktiven Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, so entstünde im Vergleich zu dem zugesagten Versorgungsvolumen eine nicht unerhebliche Lücke, die der Kläger im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem aktiven Arbeitsverhältnis im Zweifel nicht mehr durch anderweitige Dispositionen hätte schließen können.



d. Träfe es zu, dass gerade der Versorgungscharakter einer zugesagten Leistung die Notwendigkeit des Verbleibs im aktiven Arbeitsverhältnis bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersrente indizierte, wäre das Rechtsinstitut einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft konterkariert. Zur Überzeugung des Berufungsgerichts ist vielmehr gerade das Gegenteil der Fall: Wenn man, wie das Arbeitsgericht selbst mit überzeugenden Argumenten herausgearbeitet hat, den Charakter des Übergangszuschusses als Leistung der betrieblichen Altersversorgung bejaht, so folgt daraus zwingend, dass darauf auch das Rechtsinstitut der unverfallbaren Versorgungsanwartschaft und insbesondere



§ 2 Abs. 1 BetrAVG Anwendung finden muss.



e. Bei alledem kann entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht darauf abgestellt werden, dass sich der Kläger des vorliegenden Verfahrens vor Eintritt in die gesetzliche Altersrente und vor Aufnahme der Betriebsrentenzahlungen in einem Altersteilzeitverhältnis befunden hat, in welchem die laufenden Monatsbezüge ohnehin bereits abgesenkt waren, so dass für ihn persönlich anders als bei Mitarbeitern, die bis zuletzt die volle Arbeitsvergütung bezogen hatten, mit dem Eintritt in die Pension keine signifikante Verminderung des Einkommensniveaus mehr verbunden war, die durch den Übergangszuschuss hätte abgefedert werden sollen. Die notwendige abstrakt-generelle Auslegung der Gesamtbetriebsvereinbarung kann nicht von zufälligen Sachverhaltskonstellationen des Einzelfalls abhängen. Die Frage, ob der Anspruch des Klägers auf den Übergangszuschuss wegen seines vorzeitigen Ausscheidens aus dem aktiven Arbeitsverhältnis untergegangen ist oder nicht, hätte sich nämlich in gleicher Weise gestellt, wenn der Kläger im Anschluss an die Insolvenzeröffnung bis zum 31.03.2014 noch auf eine andere Stelle gewechselt wäre, in der er bei Vollzeitbeschäftigung einen gleich hohen Verdienst erzielt hätte wie zuvor bei der Gemeinschuldnerin. Auch in diesem Fall müsste der Beklagte auf der Grundlage seiner Rechtsmeinung einen Anspruch auf den Übergangszuschuss verneinen, obwohl für den Kläger dann ohne den Übergangszuschuss mit dem Eintritt in das Pensionsalter derselbe Einkommenseinbruch verbunden gewesen wäre, wie wenn er bis zum Schluss bei der Gemeinschuldnerin hätte aktiv bleiben können.



f. Im Übrigen ist dem Arbeitsgericht auch darin beizutreten, dass die vom Kläger vor dem Eintritt in die gesetzliche Altersrente absolvierte Freistellungsphase im Blockmodell der Altersteilzeit ebenfalls als "aktive Dienstzeit" im Sinne von Ziff.2, zweiter Spiegelstrich, der GBV vom 22.12.1981 zu werten ist.



Altersteilzeitvereinbarungen im Blockmodell sind nämlich dadurch geprägt, dass der Arbeitnehmer mit seinen Arbeitspflichten während der Arbeitsphase in Vorleistung tritt, um im Rahmen der Freistellungsphase das angesammelte Zeitguthaben bei weiterem Entgeltbezug in Freizeit umsetzen zu können. Das vom Beklagten für richtig gehaltene Verständnis des Begriffs der "aktiven Dienstzeit" müsste dagegen selbst dann zum Untergang des Anspruchs auf den Übergangszuschuss führen, wenn der Arbeitnehmer in den letzten Tagen vor dem Übergang in die gesetzliche Altersrente arbeitsunfähig erkranken oder den restlichen Erholungsurlaub verwirklichen würde. Dass dies von den Betriebspartnern bei Abschluss der GBV nicht gewollt gewesen sein kann, liegt nach Ansicht des Berufungsgerichts auf der Hand.



3. Der Kläger hatte daher gegen den Beklagten einen Anspruch aus einer unverfallbaren Anwartschaft auf den Übergangszuschuss gemäß GBV vom 22.12.1981, dessen Höhe sich nach § 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 i. V. m. § 2 Abs. 1 BetrAVG richtet.



a. Der zwingenden Anwendung des § 7 Abs.2 S.4 BetrAVG kann nicht entgegengehalten werden, dass, wie das Arbeitsgericht meint, der Übergangszuschuss in der GBV "als Festbetrag vereinbart" sei und sich nach Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen die Berücksichtigung weiterer Betriebszugehörigkeitszeiten nicht mehr anspruchserhöhend auswirken könne.



aa. Das Arbeitsgericht übersieht, dass der Kläger im Zeitpunkt des Eintritts des Sicherungsfalls, also der Insolvenzeröffnung, lediglich über eine unverfallbare Anwartschaft auf die SAF-Betriebsrente und den Übergangszuschuss verfügte.



bb. Ebenso wenig trifft es zu, dass der Übergangszuschuss in der GBV "als Festbetrag" vereinbart wäre. Vielmehr entspricht laut GBV die Höhe des Übergangszuschusses "der Differenz zwischen dem zuletzt bezogenen Brutto-Monatsentgelt und dem SAF-Ruhegeld". Sie hängt somit von zwei variablen Größen ab, die sich bei weiterer Betriebszugehörigkeit ändern können.



cc. Dies wird deutlich, wenn man sich vorstellt, dass der Kläger nicht in ein Altersteilzeitverhältnisgewechselt wäre. Die Auffassung des Arbeitsgerichts über die Nichtanwendung von § 7 Abs.2 S.4 BetrAVG könnte dazu führen, dass ein mit einer unverfallbaren Rentenanwartschaft ausscheidender Mitarbeiter einen höheren Übergangszuschuss zu beanspruchen hätte als ein Mitarbeiter, der bis zum Erreichen der festen Altersgrenze im fortbestehenden Arbeitsverhältnis Arbeitsleistungen erbringt. Die Differenz zwischen dem zuletzt bezogenen Brutto-Monatsentgelt und der SAF-Anwartschaftsrente könnte nämlich zum Zeitpunkt des vorzeitigen Ausscheidens größer sein als später. Ein solches Szenario erscheint keinesfalls unrealistisch; denn das "zuletzt bezogene Brutto-Monatsentgelt" muss in dem Zeitraum zwischen vorzeitigem Ausscheiden bzw. Eintritts des Sicherungsfalles und dem Zeitpunkt des Erreichens der festen Altersgrenze nicht zwangsläufig ansteigen. Der Anspruch auf die SAF-Anwartschaftsrente wird aber im Zeitpunkt des vorzeitigen Ausscheidens wegen der in Ziff. 3.4.2 der Allgemeinen Versorgungsbedingungen vorgesehenen Anwendbarkeit auch des § 2 Abs.1 BetrAVG auf die Betriebsrente regelmäßig niedriger ausfallen als bei einer Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Altersgrenze.



b. Bei der zeitratierlichen Berechnung ist, wie der Beklagte zutreffend anführt, auf die mögliche Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der festen Altersgrenze abzustellen. Die feste Altersgrenze der Allgemeinen Versorgungsbedingungen ist laut Ziff. 4.6.2 die Vollendung des 65.Lebensjahres. Aufgrund der engen Verzahnung des Übergangszuschusses mit der SAF-Betriebsrente - ersterer stellt expressis verbis einen "Zuschuss" zu letzterer dar -, gilt die feste Altersgrenze der Allgemeinen Versorgungsbedingungen auch für den Übergangszuschuss nach der GBV vom 22.12.1981. Dabei ist dem Beklagten auch darin zuzustimmen, dass die feste Altersgrenze nunmehr in der Variante des RV-Anpassungsgesetzes anzuwenden und im Falle des Klägers somit - von diesem unwidersprochen - auf den 25.03.2019 zu datieren ist. So errechnet sich der Kürzungsfaktor 0,8498.



c. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger als schwerbehinderter Mensch zum 01.04.2014 vorgezogene gesetzliche Altersrente in Anspruch nehmen konnte. Es handelt sich um einen Fall der vorzeitigen Altersleistung im Sinne von § 6 BetrAVG. In einem solchen Fall ist regelmäßig eine zeitratierliche Kürzung nach § 2 Abs.1 BetrAVG vorzunehmen (vgl. BAG vom 20.04.1982, 3 AZR 1137/79 und BAG vom 24.06.1986, 3 AZR 630/84, AP Nr. 4 und Nr.12 zu § 6 BetrAVG).



d. Gleichwohl erscheint die vom Beklagten im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 07.09.2015 vorgenommene Berechnung (Bl. 161 d.A.) nicht uneingeschränkt zutreffend.



aa. Der Beklagte hat den Kürzungsfaktor nämlich nur auf das vom Kläger zuletzt bezogene Brutto-Entgelt angewandt und von dem gekürzten Betrag den vollen Betrag der SAF-Betriebsrente in Abzug gebracht. Die zu kürzende Leistung besteht aber aus der Differenz zwischen Brutto-Entgelt und SAF-Betriebsrente. Daher ist richtigerweise der Kürzungsfaktor auf diese Differenz anzuwenden.



bb. Es ergibt sich damit folgende Berechnung: 6 Monate x 3.826,20 € = 22.957,20 € abzüglich 6 Monate x 246,56 € (= 1.479,36 €) = 21.477,84 € (Differenzbetrag für 6 Monate). Der Anspruch des Klägers beträgt 21.477,84 € x 0,8498 = 18.251,87 €.



III. Die Kostenfolge richtet sich nach § 91 Abs. 1 ZPO.



Nach Auffassung des Berufungsgerichts war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG die Revision zuzulassen.

Vorschriften§ 308 Abs.1 S.1 ZPO, § 64 Abs. 2, lit. b) ArbGG, § 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 7 Abs. 2 Satz 3, 4, § 2 Abs. 1 BetrAVG, §§ 62 ff. BAT, § 7 Abs.2 S.4 BetrAVG, § 2 Abs.1 BetrAVG, § 6 BetrAVG, § 91 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG

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