09.01.2017 · IWW-Abrufnummer 191071
Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Beschluss vom 25.11.2016 – 4 Ta 634/16
1. Der Gegenstandswert für kumulative Anträge im Beschlussverfahren nach § 103 Abs. 2 u. 3 BetrVG (außerordentliche Änderungskündigung und Versetzung in anderen Betrieb) ist insgesamt in Anlehnung an § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG auf drei Bruttomonatsgeh älter begrenzt.
2. Zur Frage der Beteiligten am Wertfestsetzungsverfahren
3. Zur Frage der Bindung an die Anträge im Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 RVG , wenn der Beschwerdeführer von der Berücksichtigung einer Einzelposition ausdrücklich "Abstand genommen" hat.
Tenor:
Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Beteiligten zu 2) bis 5) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 14.07.2016 - 11 BV 199/15 - abgeändert:
Der Gegenstandswert der Tätigkeit des Rechtsanwalts G. in E. für den zu 2) beteiligten Betriebsrat in dem Beschlussverfahren 4 Ta 634/16 ArbG Düsseldorf wird auf 26.550,00 € festgesetzt.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat eine Gerichtsgebühr in Höhe von 25,00 € zu tragen.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer ist Prozessbevollmächtigter der Beteiligten zu 2) bis 5) und begehrt die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes für das zugrundeliegende erstinstanzliche Beschlussverfahren nach § 103 Abs. 2 und 3 und § 96 Abs. 3 Satz 2 SGB IX.
In diesem Beschlussverfahren hat die Arbeitgeberin als Beteiligte zu 1) die Ersetzung der Zustimmung des zu 2) beteiligten, am Standort E. gebildeten Betriebsrats zu Versetzungen der zu 3) bis 5) beteiligten Arbeitnehmer an den Standort L. sowie zu entsprechenden vorsorglich auszusprechenden außerordentlichen betriebsbedingten Änderungskündigungen mit sozialer Auslauffrist beantragt. Die Beteiligten zu 3) und 4) sind Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung, der Beteiligte zu 5) ist Mitglied des Betriebsrats am Standort E..
Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat mit Beschluss vom 08.04.2016 hinsichtlich des Beteiligten zu 4) dem Antrag zu 3 auf Zustimmung zur Versetzung stattgegeben; den weiteren Antrag zu 4 auf Zustimmung zu einer entsprechenden vorsorglich auszusprechenden außerordentliche Änderungskündigung hat es als Hilfsantrag gewertet und darüber nicht entschieden. Hinsichtlich der Beteiligten zu 3) und 5) hat das Arbeitsgericht die Anträge zu 1 und 5 auf Zustimmung zur Versetzung zurückgewiesen, den als Hilfsanträgen gewerteten Anträgen zu 2 und 6 auf Zustimmung zur außerordentlichen Änderungskündigung dagegen stattgegeben.
Mit Beschluss vom 14.07.2016 hat das Arbeitsgericht auf Antrag des Beschwerdeführers den Gegenstandswert "der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfahren im Allgemeinen" auf 23.250,00 € festgesetzt. Dabei hat es für die Anträge zu 1 und 2 betreffend den Beteiligten zu 3) drei Bruttomonatsgehälter à 3.100,00 € (9.300,00 €), für die Anträge zu 3 und 4 betreffend den Beteiligten zu 4) zwei Bruttomonatsgehälter à 3.000,00 € (6.000,00 €) und für die Anträge zu 5 und 6 betreffend den Beteiligten zu 5) drei Bruttomonatsgehälter à 2.750,00 € (8.250,00 €) festgesetzt (rechnerisch richtig: 23.550,00 €).
Hiergegen richtet sich die am 27.07.2016 beim Arbeitsgericht eingegangene Beschwerde des Beschwerdeführers. Darin macht er geltend, der Gegenstandswert sei wegen der Bedeutung und Schwierigkeit der Sache auf 35.250,00 € festzusetzen, nämlich zusätzlich zu den vom Arbeitsgericht angesetzten Gehältern um weitere jeweils zwei Gehälter für die Anträge zu 1 und 5 betreffend die Versetzung der beteiligten Arbeitnehmer zu 3) und 5) zu erhöhen (6.200,00 € + 5.500,00 €). Die Anträge seien von der Arbeitgeberin kumulativ und nicht hilfsweise gestellt worden, über sie sei weitgehend auch entschieden worden. Auch der nicht beschiedene Antrag zu 4 betreffend die Änderungskündigung gegenüber dem Beteiligten zu 4) sei richtigerweise streitwerterhöhend zu berücksichtigen, da es sich nicht um einen Hilfsantrag gehandelt habe; hiervon werde jedoch seitens des Beschwerdeführers "Abstand genommen".
Mit Beschluss vom 19.08.2016 hat das Arbeitsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nur zum Teil begründet.
1.Die Beschwerde nach § 33 RVG ist statthaft, da Gerichtsgebühren im Beschlussverfahren nach § 2a ArbGG nicht erhoben werden (§ 2 Abs. 2 GKG). Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden und die Beschwer des Beschwerdeführers von 200,00 € (§ 33 Abs. 3 RVG) ist überschritten. Die Beschwerde ist damit insgesamt zulässig.
2.Das Wertfestsetzungs- und Beschwerdeverfahren betrifft allein das Mandatsverhältnis des Beschwerdeführers zum Betriebsrat (Beteiligten zu 2). Dies legt bereits der Antrag des Beschwerdeführers vom 20.06.2016 nahe, der auf Festsetzung eines Gesamtgegenstandswerts (35.250,00 €) unter Einschluss aller streitgegenständlichen Maßnahmen hinsichtlich der Beteiligten zu 3) bis 5) gerichtet ist (Bl. 470 GA). Ein solcher Wert kann nur dem Mandatsverhältnis zum Betriebsrat, nicht aber den jeweiligen Mandatsverhältnissen zu den einzelnen Beteiligten zu 3) bis 5) zukommen. In diesem Sinne hat auch das Arbeitsgericht den Antrag verstanden, ohne dass der Beschwerdeführer dem entgegen getreten ist. Das erscheint auch mit Rücksicht auf die anzuwendenden Gebührenregelungen des § 7 RVG und der Nr. 1008 KV-RVG sachgerecht. Sollte im Verhältnis zu den weiteren vertretenen Beteiligten eine Wertfestsetzung beantragt werden, bleibt diese gesondert nachzuholen.
An dem Verfahren war demgemäß die Arbeitgeberin, die der Beschwerde entgegen getreten ist, zu beteiligen. Ihr Rechtsschutzbedürfnis folgt aus ihrer Verpflichtung zur Erstattung der dem Betriebsrat im Verfahren nach § 103 BetrVG entstehenden Verfahrenskosten (§ 40 BetrVG). Dagegen nähme die Arbeitgeberin nicht an einem etwaigen Wertfestsetzungsverfahren nach § 33 RVG in Bezug auf die Tätigkeit des Beschwerdeführers für die Beteiligten zu 3) bis 5) teil. Diesen steht kein Kostenerstattungsanspruch für die erstinstanzlichen Verfahren nach § 103 BetrVG zu, da sie mit ihrer Beteiligung an einem solchen Beschlussverfahren keine Amtstätigkeit als Betriebsratsmitglied (§ 40 BetrVG) oder Vertrauensleute (§ 96 Abs. 8 Satz 1 SGB IX) ausüben (BAG 03.04.1979 - 6 ABR 63/76, DB 1979 1706; BAG 05.04.2000 - 7 ABR 6/99, AP Nr. 33 zu § 78a BetrVG 1972; BAG 31.01.1990 - 1 ABR 39/89, BAGE 65, 28, jeweils zu § 40 BetrVG).
3.Die Beschwerde ist nur zum Teil begründet. Der Gegenstandswert der Tätigkeit des Beschwerdeführers für den Betriebsrat im erstinstanzlichen Verfahren beträgt 26.550,00 9€. Die begehrte Zustimmungsersetzung zu den beiden jeweils beabsichtigten personellen Maßnahmen ist hinsichtlich jedes der betroffenen Beteiligten zu 3) bis 5) mit drei Bruttomonatsgehältern zu bewerten (9.300,00 € + 9.000,00 € + 8.250,00 €).
Das Beschwerdegericht ist nicht daran gebunden, dass der Beschwerdeführer von der Berücksichtigung des Antrags zu 4 ausdrücklich "Abstand genommen" hat (dazu a). Die jeweiligen Anträge auf Zustimmung zur Versetzung (§ 103 Abs. 3 BetrVG) und zur außerordentlichen Änderungskündigung (§ 103 Abs. 2 BetrVG) der Beteiligten zu 3) bis 5) standen nicht in einem Eventualverhältnis (dazu b). Ob die Anträge betreffend die Versetzung und die außerordentliche Änderungskündigung wegen wirtschaftlicher Identität einem gebührenrechtlichen Additionsverbot unterliegen, konnte offenbleiben (dazu c). Denn zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zu § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG war jedenfalls eine Deckelung des Wertes beider Anträge auf ein Vierteljahresgehalt geboten (dazu d). Eine weitere Kürzung des Streitwerts wegen Gleichartigkeit der die Beteiligten zu 3) bis 5) betreffenden und im selben Verfahren in Antragshäufung verfolgten jeweiligen Begehren schied aus (dazu e).
a.Das Beschwerdegericht ist nicht an die "Abstandnahme" des Beschwerdeführers von der Bewertung des Antrags zu 4 gebunden. Zwar ist das Beschwerdegericht im Verfahren der befristeten Beschwerde nach § 33 RVG gemäß § 308 ZPO grundsätzlich gemäß § 308 ZPO an den Beschwerdeantrag gebunden (LAG Baden-Württemberg 22.09.2008 - 3 Ta 182/08, AE 2008, 334; LAG Rheinland-Pfalz 11.06.2008 1 Ta 108/08, JurBüro 2008, 478). Doch tritt die Bindung nur in Bezug auf den begehrten Gesamtgegenstandswert ein, nicht auch auf seine Zusammensetzung aus Einzelpositionen. Diese sind nur Begründungselemente für die Bildung des einen streitigen Gesamtgegenstandswerts, der allein über die Höhe der Gebühren entscheidet. Jedenfalls kann die "Abstandnahme" des Beschwerdeführers hier vor dem Hintergrund des gleichzeitig geltend gemachten Gesamtstreitwerts nicht anders verstanden werden, als dass er mit der Abstandnahme auf eine höhere Wertfestsetzung nur mit Blick auf den von ihm bezeichneten Gesamtwert verzichtet. Eine andere Auslegung ergibt keinen Sinn, zumal der Beschwerdeführer an gleicher Stelle ausgeführt hat, der Antrag zu 4 "müsste nach richtigem Verständnis gegenstandswerterhöhend berücksichtigt werden".
b.Die Anträge betreffend die Versetzung und die außerordentliche Änderungskündigung standen nicht in einem Eventualverhältnis. Zunächst ergibt sich aus dem Wortlaut der ohne Einschränkung nebeneinander gestellten Anträge kein Hinweis darauf (etwa "hilfsweise" o.ä.). Sodann führt die Arbeitgeberin in der Antragsbegründung (S. 22, Bl. 48 GA) aus, die Zustimmung des Betriebsrats werde "zudem vorsorglich ... zur vorsorglichen außerordentlichen betriebsbedingten Änderungskündigung" beantragt; weiter heißt es am selben Ort, "die vorsorglichen Änderungskündigungen sollen für den Fall ausgesprochen werden, dass die beabsichtigte Versetzung nicht vom Direktionsrecht gedeckt sein sollte." Damit handelte es sich ausdrücklich nicht um Hilfsanträge, sondern um kumulativ nebeneinander stehende Begehren. Die Arbeitgeberin beabsichtigte, nach Ersetzung der Zustimmungen beide rechtlichen Wege, Versetzung und Änderungskündigung, zu beschreiten.
Ein solches Vorgehen entspricht im Übrigen auch dem wohlverstandenen Interesse des Antragstellers, das bei letzten Zweifeln über seinen Willen als weiterer Umstand zur Auslegung seines Rechtsbegehrens heranzuziehen ist, wofür die Grundsätze zur Auslegung privater Willenserklärungen gelten (BAG 13.12.2007 - 2 AZR 818/06, NJW 2008, 1900). Die antragstellende Arbeitgeberin bedurfte sinnvollerweise der Ersetzung der Zustimmung zu beiden geplanten Maßnahmen, Versetzung und außerordentliche Änderungskündigung, um diese durchführen zu können. Evident genügte ihr nicht etwa die Zustimmung zu einer Versetzung gemäß § 103 Abs. 3 BetrVG, um nachfolgend eine Änderungskündigung aussprechen zu können. Für diese bedarf es der Zustimmung des Betriebsrats gemäß § 103 Abs. 2 BetrVG. Es handelt sich um eine andere personelle Einzelmaßnahme als die Versetzung mit für den betroffenen Arbeitnehmer weitergehender Wirkung. Demgemäß ist auch das Prüfprogramm des Betriebsrats für die Frage der Zustimmung ein anderes. Ob umgekehrt eine Zustimmung zur außerordentlichen Änderungskündigung nach § 103 Abs. 2 BetrVG auch zur Vornahme einer bloßen (individualrechtlichen) Versetzung des durch § 103 BetrVG geschützten Arbeitnehmers genügt oder der entsprechende Zustimmungsersetzungsantrag zu einer Versetzung lediglich hilfsweise hätte gestellt zu werden brauchen, bedarf keiner Entscheidung. Soweit ersichtlich fehlt hierzu obergerichtliche Rechtsprechung, insbesondere zu der Frage, ob im Beschlussverfahren nach § 103 BetrVG mit präjudizieller Wirkung für den Individualrechtsstreit auch über die Reichweite des Weisungsrechts und damit ggfs. über die Erforderlichkeit einer Änderungskündigung entschieden wird. In dieser Lage ist die vorsorgliche Einholung einer gesonderten Zustimmung ein Gebot der Vernunft, wenn beide individualrechtlichen Wege zur Durchführung der Maßnahme beschritten werden sollen; auch ist ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben, solange die Vorgenannten Fragen in der Rechtsprechung nicht geklärt sind.
c.Die hier in einem Verfahren verfolgten sechs Anträge betreffen sechs verschiedene Gegenstände derselben Angelegenheit. Fraglich ist aber, ob sie nicht wegen wirtschaftlicher Identität der jeweiligen Zustimmungsersetzungsanträge zur Versetzung und zur außerordentlichen Änderungskündigung einem gebührenrechtlichen Additionsverbot unterliegen.
aa.Die vom Beschwerdeführer für den Betriebsrat im zugrundeliegenden Beschlussverfahren erbrachte Tätigkeit ist insgesamt eine Angelegenheit iSv. § 22 Abs. 1 RVG. Dieselbe Angelegenheit ist der Rahmen, innerhalb dessen sich die anwaltliche Tätigkeit abspielt, wobei im Allgemeinen der dem Anwalt erteilte Auftrag entscheidet (BGH 04.05.1972 - III ZR 27/70, MDR 1972, 765 unter II 2 der Gründe). Der Beschwerdeführer ist hier in Bezug auf das gesamte Beschlussverfahren beauftragt.
bb.Die Angelegenheit umfasst sechs verschiedene Gegenstände iSv. § 22 Abs. 1 RVG.
Den Gegenstand bilden in Zivilverfahrensrechtssachen die Streitgegenstände iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (LAG Baden-Württemberg 24.06.2013 - 5 Ta 53/13, [...], Rn. 7). Soweit in einem Beschlussverfahren mehrere Begehren zur Entscheidung gestellt werden, die eine eigenständige rechtliche Prüfung erfordern und daher auch in getrennten Beschlussverfahren hätten geltend gemacht werden können, handelt es sich bei jedem Begehren um einen eigenen Gegenstand iSv. § 22 Abs. 1 RVG (vgl. OVG Lüneburg 18.11.2013 - 18 LP 2/13, JurBüro 2014, 143; Dembowski/Ladwig/Sellmann, Personalvertretung Niedersachsen, § 83 Rn. 92). Andererseits bleibt ein einheitlicher Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit auch dann derselbe, wenn der Rechtsanwalt wegen desselben Rechts oder Rechtsverhältnisses für mehrere Auftraggeber tätig wird (BGH 5.10.2005 - VIII ZB 52/04, AGS 2006, 69; BGH 02.03.2010 - II ZR 62/06, MDR 2010, 718, Rn 9).
Es handelt sich danach bei allen sechs zugrunde liegenden Anträgen auf Zustimmungsersetzung um unterschiedliche Gegenstände, auch soweit sie gegen den Betriebsrat gerichtet sind und hier in Antragshäufung verfolgt werden. Jeder einzelne Antrag bildet einen eigenen Streitgegenstand (hier als prozessualer Anspruch), kann in getrennten Beschlussverfahren geltend gemacht werden und hat unabhängig von den anderen ein eigenes rechtliches Schicksal. Das gilt insbesondere auch im Verhältnis der beiden Zustimmungsersetzungsanträge hinsichtlich Versetzung und außerordentlicher Änderungskündigung zueinander.
cc.Fraglich ist, ob die einzelnen Gegenstandswerte zusammenzurechnen sind, also ein Additionsverbot besteht.
Gemäß § 22 Abs. 1 RVG werden in derselben Angelegenheit grundsätzlich die Werte mehrerer Gegenstände zusammengerechnet. Die Zusammenrechnung ist jedoch nicht zwingend. Vielmehr ergeben sich aufgrund der gesetzlichen Wertvorschriften Ausnahmen hiervon (vgl. die Beispiele bei AnwK-RVG/Schneider, 5. Aufl., § 22 Rn. 8). Eine Zusammenrechnung kann auch ausgeschlossen sein, soweit die Gegenstände wirtschaftlich identisch sind (BGH 10.03.2011 - VII ZB 3/10, MDR 2011, 696 Rn 13; OLG Bremen 20.05.1987 - 2 W 54/87 zu § 7 Abs. 2 BRAGO; AnwK-RVG/Schneider, 5. Aufl., § 22 Rn. 8; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl. § 22 Rn. 8; allgemein Schumann, NJW 1982, 2800 f.). Dann ist in Anlehnung an § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG nur der höchste Einzelwert maßgebend. Das gilt auch in nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten (LAG Baden-Württemberg 26.03.2013 - 5 Ta 53/13; 02.04.2004 - 3 Ta 7/04, beide [...]).
Nach einer von der Rechtsprechung entwickelten Formel ist ein identisches Interesse grundsätzlich dann anzunehmen, wenn die Ansprüche nicht in der Weise nebeneinander stehen können, dass das Gericht beiden stattgeben kann, sondern die Verurteilung nach dem einen Antrag notwendigerweise die Abweisung des anderen nach sich zieht (BGH 25.11.2003 - VI ZR 418/02, MDR 2004, 406 Rn.6; BGH 27.02.2003 - III ZR 115/02, NJW-RR 2003, 713; Schwab/Weth, ArbGG, 3. Aufl. 2010, § 12 Rn. 153; Binz/Dörndorfer, GKG, 2. Aufl. 2009, § 45 Rn. 4).
Wie oben unter lit. b gezeigt, können alle Anträge kumulativ und unabhängig voneinander verfolgt werden und wurden es auch. Die Arbeitgeberin beabsichtigte, sowohl eine Versetzung als auch eine Änderungskündigung auszusprechen. Solange die präjudizielle Reichweite des Zustimmungsersetzungsverfahrens höchstrichterlich nicht geklärt ist (vgl. oben lit. b), besteht hierfür ein Rechtsschutzbedürfnis. Ob gleichwohl wegen des identischen Ziels der Maßnahmen, nämlich der tatsächlichen Beschäftigung der Beteiligten in L., wirtschaftliche Identität anzunehmen ist, kann aber letztlich offen bleiben.
d.Denn jedenfalls war eine Begrenzung des Wertes der beiden jeweiligen Zustimmungsersetzungsanträge zur Versetzung und zur außerordentlichen Änderungskündigung auf ein Vierteljahresgehalt in Bezug auf jeden der Beteiligten zu 3) bis 5) geboten.
aa.In einem Verfahren auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung oder außerordentlichen Änderungskündigung nach § 103 Abs. 2 und 3 BetrVG wird der Gegenstandswert nach ganz herrschender Meinung, von der auch der Beschwerdeführer ausgeht, in der Höhe festgesetzt, wie es in einem entsprechenden Individualverfahren zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber der Fall wäre (vgl. etwa LAG Schleswig-Holstein 09.04.2014 - 3 Ta 22/14, [...]; ebenso Streitwertkatalog, Stand: 05.04.2016, NZA 2016, 926 f. unter Ziffer II Nr. 17).
Danach ist der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zu einer beabsichtigten außerordentlichen Änderungskündigung in Anlehnung an § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG mit einem Vierteljahresgehalt zu bemessen, sofern der Arbeitnehmer das mit einer Änderungskündigung verbundene Änderungsangebot nicht unter Vorbehalt annimmt; bei Annahme unter Vorbehalt beträgt der Wert idR zwei Bruttomonatsgehälter (ständ. Rspr. der Beschwerdekammer des LAG Düsseldorf, vgl. zuletzt Beschluss v. 23.07.2015 - 3 Ta 85/15 mwN). Da im maßgeblichen Zeitpunkt der Verwirklichung des Gebührentatbestands für den Rechtsanwalt (vgl. Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl. § 22 Rn. 9) noch nicht feststeht, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot unter Vorbehalt annimmt, ist von einem Vierteljahresgehalt auszugehen. Denn die Zustimmungsersetzung eröffnet dem Arbeitgeber auch den Weg zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Das Verfahren nach § 103 Abs. 3 BetrVG auf Ersetzung der Zustimmung zur Versetzung wäre ausgehend von der gebotenen Anlehnung an § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG idR. mit zwei Bruttomonatsentgelten zu bewerten. Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung zum entsprechenden Individualrechtsstreit (LAG Düsseldorf 05.04.2016 - 3 Ta 48/16; aA - idR 5.000,00 € - etwa LAG Nürnberg 20.10.2013 - 2 Ta 156/13, [...]).
bb.Eine Bewertung mit fünf Bruttomonatsentgelten für jeden der beteiligten Arbeitnehmer scheidet indessen aus. Sie würde den von § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG aus sozialen Gründen zur Senkung der Verfahrenskosten gezogenen Rahmen sprengen, ohne dass - bezogen auf den Bestand oder den Inhalt des Arbeitsverhältnisses - materiell ein zusätzlicher Beendigungs- oder Änderungstatbestand zur Entscheidung gestellt wäre. Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zur Festsetzung des Streitwerts in Individualklageverfahren betreffend Versetzungen oder Änderungskündigungen, für die § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG den Streitwert auf ein Vierteljahresgehalt deckelt, war die Wertfestsetzung aus diesem Grund auch hier auf den einzelnen Arbeitnehmer bezogen entsprechend zu begrenzen.
e.Eine weitere Kürzung des Streitwerts wegen Gleichartigkeit der die Beteiligten zu 3) bis 5) betreffenden und im selben Verfahren verfolgten Antragsbegehren schied aus. Zwar waren die - betrieblichen - Gründe für die vorgesehenen Maßnahmen im Wesentlichen identisch, so dass entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers schon deshalb nicht von einer besonders umfangreichen und schwierigen Sache ausgegangen werden kann. Eine Kürzung wäre aber deshalb nicht sachgerecht, weil bei den jeweiligen Begehren nach § 103 BetrVG betreffend die Änderungskündigungen ähnlich wie im Individualrechtsstreit auf die individuellen personenbezogenen Umstände Bedacht zu nehmen ist. Das Gleiche gilt - eingeschränkt - auch in Bezug auf die Versetzungen.
4.Die Entscheidung über die Auferlegung einer halben Gebühr beruht auf § 1 Abs. 4 GKG iVm. Nr. 8614 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zum GKG.