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09.01.2017 · IWW-Abrufnummer 191070

Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Beschluss vom 12.12.2016 – 4 Ta 529/16

Der Gegenstandswert eines Verfahrens auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu einer Einstellung oder Versetzung nach § 99 Abs. 4 BetrVG wie auch der Gegenstandswert eines Verfahrens zur Aufhebung der vorgenannten Maßnahmen ( § 101 BetrVG ) ist grundsätzlich mit dem Auffangwert des § 23 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz RVG (derzeit 5.000,00 €) zu bemessen. Die Orientierung am Vierteljahresgehalt des § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG wird aufgegeben (Änderung der Rechtsprechung).


Tenor:

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 22.07.2016 - 12 BV 313/14 in Gestalt des Abhilfebeschlusses vom 02.09.2016 aufgehoben.

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfahren im Allgemeinen wird auf 10.000,00 € festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde der Arbeitgeberin und die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats werden zurückgewiesen.

Die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats haben eine Gerichtsgebühr von 50,00 € zu tragen.



Gründe



I.



Streitig ist die Festsetzung des Gegenstandswerts für die Rechtsanwaltsvergütung der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats in einem Beschlussverfahren nach § 101 BetrVG. Darin hatte der Betriebsrat beantragt,



Entsprechende Anträge betreffend die Versetzung oder Einstellung anderer Hauptabteilungsleiter verfolgte der Betriebsrat in zwölf weiteren Beschlussverfahren gesondert. In allen Fällen machte er geltend, gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG an der Maßnahme zu beteiligen zu sein, da die Hauptabteilungsleiter keine leitenden Angestellten seien.



Das Verfahren endete durch gerichtlichen Vergleich.



Mit Beschluss vom 22.07.2016 hat das Arbeitsgericht auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats den Streitwert für das Verfahren im Allgemeinen "in Anlehnung an § 42 GKG" auf 15.000,00 € (3 x 5.000,00 €) festgesetzt. Gegen die am 26.07.2016 zugestellte Entscheidung haben die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats am 02.08.2016 und die Arbeitgeberin am 09.08.2016 Beschwerde eingelegt.



Die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats haben geltend gemacht, das Bruttomonatsgehalt des betroffenen Arbeitnehmers F. V. habe nach ihrer Kenntnis 12.500,00 € betragen. Sie haben beantragt, den Gegenstandswert in Anlehnung an § 42 GKG auf 37.500,00 € festzusetzen.



Die Arbeitgeberin hat mir Schriftsatz vom 09.08.2016 das Bruttomonatsgehalt von F. V. mit 16.750,00 € angegeben. Sie wendet sich gegen eine Festsetzung des Streitwerts in Anlehnung an § 42 GKG und hält eine Festsetzung gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG in Höhe von 5.000,00 € für angemessen. Sofern aber in Anlehnung an § 42 GKG ein Mehrfaches eines Bruttomonatsgehalts angesetzt werde, betrage der Gegenstandswert lediglich zwei Monatsgehälter und müsse wegen der weiteren Parallelverfahren auf 1/3 reduziert werden (somit auf 11.166,67 €).



Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats im Beschluss vom 02.09.2016 abgeholfen und den Streitwert im Hinblick auf die "(vermutliche) Gehaltshöhe von mindestens 12.500,00 €" auf 37.500,00 € festgesetzt. Wegen der Beschwerde der Arbeitgeberin hat es die Sache dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.



II.



Die wegen der Gerichtskostenfreiheit des Beschlussverfahrens (§ 2 Abs. 2 GKG) gemäß § 33 RVG statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin, deren Rechtsschutzbedürfnis in der Frage der Vergütung des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats aus § 40 BetrVG folgt (LAG Düsseldorf 12.06.2012 - 2 Ta 186/12, Rn. 13), ist weitgehend begründet. Die zulässige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats, die trotz Abhilfe durch das Arbeitsgericht wegen der Identität des streitigen Gegenstandswerts dem Beschwerdegericht zusammen mit der Beschwerde der Arbeitgeberin zur Entscheidung anfiel, ist unbegründet. Der Gegenstandswert für das Verfahren (und damit auch für den Vergleich) ist nicht in Anlehnung an § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG mit einem Vierteljahresentgelt zu bemessen. Maßgebend ist vielmehr grundsätzlich der Auffangwert des § 23 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz RVG. Wegen der Besonderheiten der hier gegebenen Konstellation beträgt der Gegenstandswert 10.000,00 €.



1. Für Verfahren nach §§ 99, 101 BetrVG fehlen Wertvorschriften. Nach nahezu allgemeiner Meinung handelt es sich bei ihnen zudem um nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten im Sinne von § 23 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz RVG (etwa LAG Hamm 28.04.2005 - 10 TaBV 11/05 - NZA-RR 2005, 435; LAG Köln 11.07.2012 - 12 Ta 78/12, AE 2013, 28; LAG Düsseldorf 12.06.2012 - 2 Ta 186/12, [...]). Es geht um die Beteiligung des Betriebsrats an der Entscheidung über bestimmte personelle Einzelmaßnahmen. Dabei ist der Betriebsrat auf die in § 99 Abs. 2 BetrVG enumerativ angeführte Anzahl von Widerspruchsgründen beschränkt. Diese sind überwiegend nicht auf die Interessenwahrung für die von den Maßnahmen jeweils unmittelbar betroffenen Arbeitnehmer ausgerichtet, im Vordergrund stehen eher die Interessen der Belegschaft. Die betroffenen Arbeitnehmer sind an den Verfahren nach §§ 99 bis 101 BetrVG nicht beteiligt. Gegenstand des Verfahrens ist daher nicht die individuelle Einzelmaßnahme selbst. Deren Klärung bleibt dem Individualrechtsstreit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vorbehalten. Dieser ist nach allgemeiner Meinung vermögensrechtlicher Natur.



2.In Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz RVG mit 5.000,00 €, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000,00 €, anzunehmen. Bei der Bemessung des Gegenstandswertes gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG sind alle Umstände des Einzelfalles, insbesondere die Bedeutung der Sache zu berücksichtigen. Diese wird durch das Gewicht der jeweiligen betriebsverfassungsrechtlichen Positionen wie auch durch die wirtschaftlichen Auswirkungen des Rechtsstreits unter Einbezug seiner rechtlichen und tatsächlichen Besonderheiten bestimmt. Nach herrschender Auffassung ist zudem der voraussichtliche Umfang einer Sache wertbestimmend, wobei allerdings im Bereich der Rechtsanwaltsvergütung nicht auf den Aufwand des Gerichts abzustellen ist. Bei alledem ist schließlich der Grundtendenz des arbeitsgerichtlichen Verfahrens zur Kostenbegrenzung Rechnung zu tragen (LAG Köln 11.07.2012 - 12 Ta 78/12 mwN; LAG Nürnberg 21.07.2005 - 9 Ta 137/05, mwN; LAG Rheinland-Pfalz 21.12.2004 - 5 Ta 236/04; LAG Schleswig-Holstein 24.07.2006 - 2 Ta 86/06; LAG Hamm 08.08.2014 - 13 Ta 332/14; LAG Baden-Württemberg 28.09.2009 - 5 Ta 77/09; LAG Düsseldorf 12.06.2012 - 2 Ta 186/12, alle [...]).



3.Streitig ist, ob bei dieser Ausgangslage für die Wertbestimmung in den Verfahren nach §§ 99, 101 BetrVG die für die entsprechenden Individualrechtsstreite bestehende Gebührenwertnorm des § 42 GKG als Anhaltspunkt herangezogen werden kann.



a.Nach der bisherigen Rechtsprechung der Beschwerdekammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf ist dies der Fall. Danach bemaß sich der Gegenstandswert in Verfahren nach §§ 99, 101 BetrVG gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG unter Berücksichtigung der Wertmaßstäbe des § 42 GKG im Wesentlichen nach denselben Grundsätzen wie in einem Individualrechtsstreit über die Einstellung, die Versetzung oder die Ein- und Umgruppierung eines Arbeitnehmers. Betraf das Verfahren die Einstellung oder ihre Aufhebung, ist das Landesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung von einem Gegenstandswert in Höhe eines Vierteljahresgehalts ausgegangen, soweit nicht ein kürzerer Zeitraum in Rede stand (vgl. zuletzt etwa LAG Düsseldorf 05.04.2014 - 3 Ta 48/16 und 12.06.2012 - 2 Ta 186/12). Betraf es eine Versetzung oder deren Aufhebung, war der Gegenstandswert regelmäßig mit zwei Bruttomonatsentgelten zu bewerten (LAG Düsseldorf 04.02.2009 - 6 Ta 55/09).



In Anwendung dieser Rechtsprechung hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert in seinem Teilabhilfebeschluss auf 37.500,00 € festgesetzt in der Annahme, dass ein Bruttomonatsgehalt 12.500,00 € beträgt. Legt man die von der Arbeitgeberin mitgeteilte Vergütung von 16.750,00 € pro Monat zugrunde, ergibt sich (ohne Berücksichtigung etwaiger Sonderzahlungen) ein Wert von 50.250,00 €.



Ebenfalls in Anlehnung an § 42 GKG setzen die Landesarbeitsgerichte Hamm und Hamburg den Gegenstandswert für ein Verfahren nach § 99 Abs. 4 oder § 101 BetrVG fest (zustimmend Paschke in Tschöpe/Ziemann/Altenburg, Streitwert und Kosten im Arbeitsrecht, S. 247 f. und 305 f.). Dabei legen das Landesarbeitsgericht Hamm ebenso wie bisher das Landesarbeitsgericht Düsseldorf drei Gehälter, das Landesarbeitsgericht Hamburg dagegen zwei Gehälter zugrunde (LAG Hamm 29.08.2014 - 13 Ta 402/14; LAG Hamburg 13.06.2016 - 4 Ta 11/16, beide [...]).



b.Die ganz überwiegende Auffassung der Landesarbeitsgerichte hält in Bezug auf Einstellung und Versetzung dagegen eine Anlehnung an § 42 GKG für ausgeschlossen und wendet regelmäßig den Auffangwert gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz GKG an, gegebenenfalls einen Bruchteil hiervon (so für Verfahren nach §§ 99 Abs. 4, 101 BetrVG LAG Nürnberg 20.10.2013 - 2 Ta 156/13; LAG Köln 19.02.2014 - 13 Ta 362/13 und 11.07.2012 - 12 Ta 78/12; LAG Schleswig-Holstein 26.09.2013 - 6 Ta 161/13 und 23.05.2012 - 1 Ta 81/12; LAG Sachsen-Anhalt 27.08.2013 - 1 Ta 90/13; LAG Sachsen 21.08.2007 - 4 Ta 182/07 und 09.11.2005 - 1 Ta 282/05; LAG Baden-Württemberg 06.07.2010 - 5 Ta 116/10; LAG München 19.12.1978 - 8 TaBV 39/77 und 07.12.1995 - 3 Ta 10/95; LAG Rheinland-Pfalz 04.04.2007 - 1 Ta 46/07; LAG Frankfurt 04.11.2005 - 5 Ta 533/05, alle [...]).



c.Die Empfehlungen des Streitwertkatalogs (Stand 05.04.2016, NZA 2016, 926) hierzu sind indifferent: Sie sprechen sich unter Berücksichtigung der Aspekte des Einzelfalls wie Dauer und Bedeutung der Maßnahme und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen (Ziffer II 13.6 iVm. 13.1) für Verfahren nach § 99 Abs. 4 und § 101 BetrVG in Bezug auf Einstellung und Versetzung für die Anwendung des Hilfswerts von § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG (Ziffer II 13.6 iVm. 13.2.1) oder alternativ für die Anlehnung an § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG unter Orientierung am zweifachen Monatsverdienst aus (Ziffer II 13.6 iVm. 13.2.2).



4.Für Verfahren nach §§ 99, 101 BetrVG hält die nunmehr seit dem 01.04.2016 erkennende Beschwerdekammer eine Orientierung an § 42 GKG in Bezug auf die personellen Einzelmaßnahmen Einstellung und Versetzung nicht für sachgerecht. Insoweit ist regelmäßig auf den Auffangwert des § 23 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz RVG abzustellen. Die bisherige gegenteilige Rechtsprechung wird aufgeben. Unberührt bleiben Verfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG betreffend Eingruppierungen (Streitwertkatalog: Anlehnung an § 42 Abs. 2 Satz 2 GKG - dreijähriger Unterschiedsbetrag - abzüglich 25 %) und Verfahren nach §§ 103, 104 BetrVG (Anlehnung an § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG - Vierteljahresentgelt).



Hierfür sind folgende Gründe maßgeblich:



a.Eine Anlehnung an § 42 Abs. 2 BetrVG führt nicht zu einer angemessenen Bewertung der Bedeutung der Verfahren nach §§ 99 bis 101 BetrVG.



aa.Die gebotene Bemessung des Gegenstandswertes nach billigem Ermessen hat alle Umstände des Falles zu berücksichtigen. Dabei mögen auch in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten die mittelbar verfolgten wirtschaftlichen Interessen zu berücksichtigen sein, seien es subjektiv die des jeweiligen Antragstellers oder Auftraggebers, seien es objektiv bestehende.



Ebenso wie die bisherige Bezirksrechtsprechung heben die Landesarbeitsgerichte Hamm und Hamburg für die Heranziehung von § 42 Abs. 2 GKG (bzw. seinen Vorgängerregelungen) durchweg auf das zu berücksichtigende wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der begehrten Zustimmung ab. Dieses müsse ebenso bzw. annähernd so wie in einem entsprechenden Individualrechtstreit bewertet werden. Dies gelte sowohl für den Antrag nach § 99 Abs. 4 BetrVG wie für den Abwehrantrag des Betriebsrats nach § 101 BetrVG (grundlegend LAG Hamm 19.03.1987 - 8 TaBV 2/87, LAGE Nr. 70 zu § 12 ArbGG; LAG Hamm 23.02.1989 - 3 TaBV 146/88, LAGE Nr. 12 zu § 8 BRAGO).



bb.Die wirtschaftlichen Interessen in Verfahren nach §§ 99, 101 BetrVG betreffend Einstellungen und Versetzungen sind nach hier vertretener Ansicht nicht identisch oder auch nur vergleichbar mit dem nach § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG bemessenen Interesse des betroffenen Arbeitnehmers, der einen vermögensrechtlichen Individualrechtsstreit über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses führt.



(1)Zum einen bestehen erhebliche Unterschiede in Auswirkung und Bedeutung zwischen einem individualrechtlichen Bestandsschutzverfahren und einem vom Arbeitgeber betriebenen Beschlussverfahren auf Ersetzung der Zustimmung zu einer Einstellung oder Versetzung nach § 99 Abs. 4 BetrVG. Es handelt sich bei dem Beschlussverfahren aus Sicht des Arbeitgebers lediglich um eine Etappe auf dem Weg zur Verwirklichung der geplanten personellen Einzelmaßnahme.



Gegenstand des Beschlussverfahrens ist die Frage, ob die beabsichtigte personelle Maßnahme aufgrund eines konkreten, an den Betriebsrat gerichteten Zustimmungsersuchens des Arbeitgebers angesichts der vom Betriebsrat vorgebrachten Verweigerungsgründe gegenwärtig und zukünftig nicht nur vorläufig (§ 100 BetrVG) betriebsverfassungsrechtlich zulässig ist. Der Arbeitgeber kann den Betriebsrat ggf. mehrmals hintereinander um Zustimmung zu einer Versetzung oder Einstellung desselben Arbeitnehmers auf denselben (neuen) Arbeitsplatz ersuchen. Er kann dementsprechend mehrere Zustimmungsersetzungsverfahren - nacheinander oder auch zeitlich parallel, also schon vor dem rechtskräftigen Abschluss des zunächst eingeleiteten (und ebenso nach rechtskräftiger Abweisung) - bei Gericht anhängig machen. Diese haben trotz des gleichen Rechtsschutzziels prozessual unterschiedliche Gegenstände. Durch die rechtskräftige Ablehnung der Zustimmungsersetzung in einem vorangegangenen Verfahren ist der Ausgang eines weiteren Ersetzungsverfahrens nicht präjudiziert (BAG 22.04.2010 - 2 AZR 491/09, BAGE 134, 154 Rn. 17 f. mwN). Dies alles gilt nicht für das individuelle Bestandsschutzverfahren. Die Streitgegenstände und gerichtlichen "Prüfprogramme" von Zustimmungsersetzungs- und individualrechtlichem Änderungsschutzverfahren etwa unterscheiden sich demgemäß maßgeblich (BAG 22.04.2010 - aaO, Rn. 20).



Ferner wird der Bestand eines bestehenden oder der Abschluss eines neuen Arbeitsverhältnisses vom Ausgang eines Zustimmungsersetzungsverfahrens nach herrschender Meinung gerade nicht präjudiziert, weder bei Einstellung noch bei Versetzung (BAG 22.04.2010 - 2 AZR 491/09, BAGE 134, 154; BAG 05.04.2001 - 2 AZR 580/99, BAGE 97, 276). Demgemäß ist der Arbeitnehmer am Verfahren nicht zu beteiligen (ständ. Rspr. seit BAG 27.05.1982 - 6 ABR 105/79, BAGE 39, 102). Gegenstand des Verfahrens ist nicht die individualrechtliche Wirksamkeit der beabsichtigten Einzelmaßnahme. Dem Arbeitgeber geht es allein um die Überwindung des kollektivrechtlichen Vetos des Betriebsrats. Es bedarf losgelöst von dem Beschlussverfahren eines wirksamen Vertragsschlusses oder der Vornahme einer individualrechtlich wirksamen Weisung oder Änderungskündigung. Zudem steht dem Arbeitgeber in Bezug auf die versagte Zustimmung des Betriebsrats zusätzlich die Option der vorläufigen personellen Maßnahme nach § 100 BetrVG offen.



Weiterhin ist etwa in den Fällen, in denen der Betriebsrat aus in § 99 Abs. 2 BetrVG angeführten Gründen einen anderen Arbeitnehmer als den vom Arbeitgeber vorgesehenen favorisiert, das Interesse des Arbeitgebers an der "Durchsetzung" seines Kandidaten mit dessen (Vierteljahres-)Vergütung nicht zutreffend ausgedrückt. Vielmehr wäre abzuschätzen, wieviel ihm die Durchsetzung gerade dieses Arbeitnehmers im Vergleich zu dem anderen wirtschaftlich wert wäre.



Nach alledem hat die Zustimmungsersetzung für die wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers erkennbar nicht das gleiche Gewicht wie ein Individualrechtsstreit mit dem betroffenen Arbeitnehmer.



(2)Zum anderen scheidet ein wirtschaftliches Interesse des Betriebsrats in Verfahren nach §§ 99, 101 BetrVG aus.



In Verfahren nach § 101 BetrVG begehrt der Betriebsrat die Aufhebung einer personellen Maßnahme iSd. § 99 Abs. 1 BetrVG, die der Arbeitgeber ohne Zustimmung des Betriebsrats durchführt oder entgegen § 100 Abs. 2 Satz 3 oder Abs. 3 BetrVG aufrechterhält. Es geht hier um die Beseitigung einer Verletzung des Beteiligungsrechts aus § 99 BetrVG. Ob das Interesse des Betriebsrats daran als Spiegelung des Arbeitgeberinteresses an der Zustimmungsersetzung zu bewerten ist, kann dahin stehen. Jedenfalls fehlt dem Betriebsrat jedes eigene wirtschaftliche Interesse. Die Annahme, die Bedeutung seines übergangenen Beteiligungsrechts steige generell linear mit dem Verdienst des betroffenen Arbeitnehmers, ist daher nicht gerechtfertigt.



Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats dient im Übrigen verschiedenen Schutzzwecken nach Maßgabe des § 99 Abs. 2 BetrVG. Nur einer der im Katalog des § 99 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe ist ausdrücklich auf die Wahrung der Interessen des betroffenen Arbeitnehmers gerichtet (Nr. 4), auch dies nur unter Beachtung betrieblicher Gründe. In allen anderen Fällen hat der Betriebsrat auch oder insbesondere die Interessen anderer Arbeitnehmer bzw. der übrigen Belegschaft zu berücksichtigen. Auch insoweit kann das wirtschaftliche Interesse des am Verfahren nicht beteiligten Arbeitnehmers nicht als wirtschaftliches Interesse des Betriebsrats angesehen werden.



Es geht dem Betriebsrat zudem oft zunächst - wie auch im vorliegenden Fall - nur darum, sein Mitbestimmungsrecht zu wahren, das der Arbeitgeber nicht anerkennt oder übergangen hat; bei Nachholung einer ordnungsgemäßen Beteiligung stünde der Maßnahme selber aus Sicht des Betriebsrats möglicherweise nichts entgegen. In diesem Fall fehlt evident ein Anknüpfungspunkt für eine Anlehnung der Bewertung des Betriebsratsinteresses an § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG.



(3)Bei diesem Bild ist die Anknüpfung an die Vergütung des von der Maßnahme betroffenen Arbeitnehmers nach Maßgabe des § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG nicht sachgerecht. Es geht in den Verfahren nach §§ 99, 101 BetrVG eben nicht wie in § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG um den Bestand eines Arbeitsverhältnisses. Da andere, praktisch handhabbare Anknüpfungspunkte für eine Wertfestsetzung fehlen, ist auf den Auffangwert des § 23 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz RVG abzustellen.



Darin liegt auch kein Verzicht auf Rechtssicherheit und Berechenbarkeit, wie eingewendet wird (Paschke in Tschöpe/Ziemann/Altenburg, Streitwert und Kosten im Arbeitsrecht, S. 247 f. und 305). Denn die Orientierung am Auffangwert bietet zugleich ausreichende Berechenbarkeit sowie ausreichenden Spielraum, um den - auch bei Anlehnung an § 42 Abs. 2 GKG zu beachtenden - Umständen des Einzelfalls Rechnung zu tragen. Auch die Gegenansicht betont, dass den Umständen des Einzelfalls durch eine Anpassung des Streitwerts aus § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG Rechnung zu tragen ist (Paschke in Tschöpe/Ziemann/Altenburg, aaO S. 248).



b.Die hier vertretene Ansicht fügt sich auch ohne große Brüche in die Reihe der sonstigen Gegenstandswerte in Bezug auf Beschlussverfahren und Kündigungsrechtsstreite ein. Demgegenüber führt die Gegenansicht zu nicht konsistenten Ergebnissen.



So würde eine Anfechtung der gesamten Betriebsratswahl des immerhin über 3.500 Arbeitnehmer umfassenden Betriebs der Arbeitgeberin unter Berücksichtigung der Staffel des § 9 BetrVG nach ganz herrschender Meinung nur mit 38.000,00 € bewertet (BAG 17.10.2011 - 7 ABR 42/99; LAG Hamm 02.07.2012 - 13 Ta 234/12; LAG Baden-Württemberg 22.09.2008 - 3 Ta 182/08; LAG Bremen 16.02.2007 - 3 Ta 4/07; LAG Düsseldorf 25.02.2004 - 17 Ta 65/04 und 24.11.2010 - 2 Ta 656/10; LAG Köln 14.10.2010 - 7 Ta 249/10; LAG Hamburg 30.06.2011 - 8 Ta 11/11, alle [...]). Es erscheint in Ansehung dessen als unausgewogen, im vorliegenden Verfahren auf Aufhebung einer einzelnen personellen Maßnahme in Anlehnung an § 42 Abs. 2 Satz 2 GKG einen Streitwert von über 50.000,00 € anzunehmen. Ebenso erscheint ein solcher Wert unverhältnismäßig in Anbetracht des der herrschenden Meinung entsprechenden Gegenstandswertes für die Statusfeststellung als leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 BetrVG von 5.000,00 € (LAG Hamm 28.11.2011 - 10 Ta 627/11; LAG Düsseldorf 28.06.2012 - 2 Ta 246/12; LAG Köln 26.05.2014 - 5 Ta 115/14; LAG Hamburg 29.11.2011 - 2 Ta 19/11).



Schließlich ist zu bedenken, dass ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, das die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung eines schwerbehinderten oder gleichgestellten Menschen zum Gegenstand hat, nach Ziff. 39.1 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit - auf im Wesentlichen gleicher Rechtsgrundlage - ebenfalls mit 5.000.00 € bewertet wird (vgl. OVG NW 22.01.2009 - 12 E 1215/08; Bayerischer VGH 11.03.2013 - 12 C 12.2773, beide [...]). Das wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers unterscheidet sich in einem solchen Fall nicht von demjenigen im vorliegenden Rechtsstreit.



5.Danach erscheint in der hier vorliegenden Konstellation ein Ansatz in Höhe des Hilfswerts von 10.000,00 € gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 2. Halbsatz RVG für die Bewertung des zugrundeliegenden Rechtsstreits als angemessen.



a.Im Regelfall eines Verfahrens zur Aufhebung einer Einstellung oder Versetzung gemäß § 101 BetrVG ist allerdings - wie ausgeführt - der Rückgriff auf den sog. Auffangwert von 5.000,00 € in Ermangelung anderweitiger tragfähiger Anhaltspunkte grundsätzlich angebracht. Besonderheiten wie etwa einer nur kurzfristigen oder geringfügigen Beschäftigung, einer besonders herausgehobenen, für die Belegschaft bedeutsamen Stellung des betroffenen Arbeitnehmers oder wegen eines besonderen Umfangs der Angelegenheit kann Rechnung getragen werden durch eine moderate Abweichung vom Auffangwert.



b.Der mit dem Verfahren verbundene Aufwand der Bevollmächtigten führt hier nicht zu einer Erhöhung des Auffangwerts. Dies gilt auch in Ansehung des Umstandes, dass es im Wesentlichen um die in der Regel aufwändige, von der Bewertung einer Fülle von Tatsachen und unbestimmten Rechtsbegriffen abhängige Frage geht, ob der betroffene Arbeitnehmer leitender Angestellter iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG ist. Ein Verfahren auf Feststellung der Eigenschaft als leitender Angestellter ist in der Regel mit dem einfachen Auffangwert zu bewerten (vgl. etwa LAG Köln 26.05.2014 - 5 Ta 115/14; LAG Düsseldorf 07.04.2011 - 2 Ta 767/10; LAG Hamburg 29.11.2011 - 2 Ta 19/11; LAG Hamm 28.11.2011 - 10 Ta 627/11 - und 09.11.2006 - 13 Ta 508/06, alle [...]). Zur Vermeidung eines Wertungswiderspruchs kann hier in Bezug auf den Aufwand nichts anderes gelten.



c.Eine Erhöhung des Streitwertes ist im vorliegenden Fall jedoch wegen der besonderen Bedeutung der personellen Einzelmaßnahme für die Belegschaft angezeigt. Als Angestellter im Grenzbereich zur Ebene der leitenden Angestellten hat der hier betroffene Arbeitnehmer typischerweise wegen seiner weitreichenden Befugnisse eine für die Belange der Belegschaft iSv. § 99 Abs. 2 BetrVG herausgehobene Stellung, was bei der Bewertung der Bedeutung der Angelegenheit für den Betriebsrat nicht außer Betracht bleiben darf. Die Beschwerdekammer hat hier den doppelten Auffangwert, also 10.000,00 €, für angemessen erachtet. In dieser Erhöhung liegt kein Widerspruch zur Bewertung von Verfahren auf Feststellung der Eigenschaft als leitender Angestellter (vgl. oben bb), weil es im Gegensatz zu diesen Verfahren hier um die Durchführung der Maßnahme, also die tatsächliche Ausübung der Tätigkeit geht.



d.Andererseits ist der Streitwert nicht deshalb herabzusetzen, weil in einer Reihe von Parallelverfahren gleichartige Rechtsstreite zwischen denselben Beteiligten zur gleichen Zeit anderweitig anhängig gemacht wurden. Dies hat eine Reduzierung des Wertes nicht zur Folge. Die zuständige Beschwerdekammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf hat sich mit Beschluss vom 23.07.2015 (3 Ta 264/15, [...]) der Rechtsprechung der Beschwerdekammern der Landesarbeitsgerichte Hamm und Köln (Hamm 29.08.2014 - 13 Ta 442/14; Köln 21.02.2014 - 7 Ta 7/14) insoweit angeschlossen. Hieran hält die nunmehr erkennende Beschwerdekammer fest. Die Rechtsprechung steht in Einklang mit der Empfehlung des Streitwertkataloges (NZA 2016, 926, Vorbemerkung Abs. 2 Satz 2 und Ziffer II 13.7) und ist auch auf die vorliegende Konstellation eines Antrags nach § 101 BetrVG anwendbar, in der sich nicht der Arbeitgeber, sondern der Betriebsrat in der Rolle des Antragstellers befindet. Dies gebieten schon Gründe der Praktikabilität. Eine Reduzierung des Wertes hätte gestaffelt nach der Anzahl der insgesamt anhängigen Verfahren zu erfolgen. Dies hätte die Einbeziehung verschiedener Kammern, möglicherweise verschiedener Gerichte mit jeweils unabhängigen Richtern und eigenen Auffassungen über die Festsetzung des Gegenstandswertes zur Folge. Das erscheint evident nicht durchführbar. Es entspricht auch nicht der Regelungstechnik von RVG und GKG.



Soweit die Arbeitgeberin anführt, dem Betriebsrat stünde es bei dieser Betrachtung frei, durch Vereinzelung von Rechtsstreiten Kosten zu produzieren, kann dem nicht durch eine systemwidrige Anpassung des Streitwerts begegnet werden. Im Übrigen wird auf § 40 BetrVG verwiesen. Danach hat der Arbeitgeber nur die erforderlichen Rechtsverfolgungskosten zu erstatten (vgl. etwa statt vieler BAG 29.07.2009 - 7 ABR 95/07, AP Nr. 93 zu § 40 BetrVG 1972).



III.



Von den Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats war wegen der Erfolglosigkeit ihrer Beschwerde gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 5 GKG in Verbindung mit Nr. 8614 der Anlage 1 zum GKG eine Gebühr zu erheben. Auf Seiten der Arbeitgeberin wurde hiervon wegen ihres überwiegenden Obsiegens abgesehen (vgl. Anm. zu Nr. 8614).

Vorschriften§ 101 BetrVG, § 99 Abs. 4 BetrVG, § 42 GKG, § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG, § 2 Abs. 2 GKG, § 33 RVG, § 40 BetrVG, § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG, § 23 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz RVG, §§ 99, 101 BetrVG, § 99 Abs. 2 BetrVG, §§ 99 bis 101 BetrVG, § 99 Abs. 4, 2. Halbsatz GKG, §§ 99 Abs. 4, § 42 Abs. 2 Satz 2 GKG, §§ 103, 104 BetrVG, § 42 Abs. 2 BetrVG, § 42 Abs. 2 GKG, § 100 BetrVG, § 99 Abs. 1 BetrVG, § 100 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 BetrVG, § 99 BetrVG, § 99 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 BetrVG, § 9 BetrVG, § 5 Abs. 3 BetrVG, § 23 Abs. 3 Satz 2 2. Halbsatz RVG, § 1 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 5 GKG, Anlage 1 zum GKG

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