Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

30.12.2016 · IWW-Abrufnummer 190838

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 24.10.2016 – 1 Sa 12/16

§ 15 Abs. 3 TV EntgO Bund setzt für die Gewährung der sog. Vorhandwerkerzulage voraus, dass der Beschäftigte kumulativ 1. einer Arbeitsgruppe im Tarifsinn vorsteht und selbst mitarbeitet sowie 2. durch den Arbeitgeber schriftlich zum Vorhandwerker bestellt worden ist. Der Beschäftigte hat jedoch einen Anspruch auf die Bestellung zum Vorhandwerker, sofern die Voraussetzungen zu 1. erfüllt sind. Die Bestellung zum Vorhandwerker liegt nicht im freien Ermessen des Arbeitgebers.


In der Rechtssache
- Beklagte/Berufungsklägerin-
gegen
- Kläger/Berufungsbeklagter -
hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 1. Kammer -
durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Dr. Natter,
den ehrenamtlichen Richter Geckeler..
und die ehrenamtliche Richterin Hauth.
auf die mündliche Verhandlung vom ...
für Recht erkannt:

Tenor:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm vom 21.03.2016 - 4 Ca 375/15 - wird zurückgewiesen.


2. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.


3. Die Revision wird zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte den Kläger zum Vorhandwerker zu bestellen hat und zur Zahlung der sogenannten Vorhandwerkerzulage verpflichtet ist.



Der am 6. März 1954 geborene Kläger ist seit dem 16. September 1977 bei der Beklagten und dort seit dem Jahr 1986 bei der Standortverwaltung S. (heute Bundeswehr-Dienstleistungszentrum S.) beschäftigt. Der Kläger besitzt eine Ausbildung als Werkzeugmacher. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein Arbeitsvertrag vom 16. September 1977 zugrunde. Hiernach bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem Mantel-Tarifvertrag für Arbeiter des Bundes und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen. Der Kläger war zunächst als Zielbauarbeiter auf dem Truppenübungsplatz H. beschäftigt. Seit 1985 wird er als Schießbahnwart beschäftigt. In dieser Funktion ist er in die Entgeltgruppe 5 nach Teil IV Abschnitt 28 der Entgeltordnung des Bundes eingruppiert.



Erstmals ab 1. Juli 1986 und in der Folgezeit kontinuierlich wurde der Kläger durch schriftlichen Bescheid zum Vorarbeiter bzw. Vorhandwerker bestellt (Anlagen K 2), jedenfalls anfangs wohl vertretungsweise. In dieser Funktion waren dem Kläger in der Regel drei Mitarbeiter als Arbeitsgruppe unterstellt (vgl. die Auflistung Abl. 48). Die Arbeitsgruppe des Klägers war der Schießbahn 3 des Truppenübungsplatzes zugeordnet. Auf dem Truppenübungsplatz H. gibt es 15 Schießbahnen, wovon sechs mit Personal belegt sind. Die Aufgaben des Klägers als Schießbahnwart sind in einer Tätigkeitsbeschreibung vom 26. Januar 2009 (Anlage A 6) und später vom 16.09.2015 (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 1. Dezember 2015) festgehalten. Hiernach ist der Schießbahnwart zuständig für den Aufbau, die Pflege und Wartung und ggf. Reparatur der Zielbaugeräte und Einrichtungen auf elektrifizierten Schießbahnen. Nach Ziff. 6.1.3 errichtet er mit dem ihm unterstellten Personal den geforderten Zielbau. Vorgesetzter des Klägers ist der sog. Platzmeister. Dieser hat seinen Arbeitsplatz in der Kaserne; auf dem Truppenübungsplatz ist er in der Regel einmal pro Woche anwesend.



Mit Schreiben vom 22. Dezember 2014 (Anlage K 5) ordnete das Bundeswehrdienstleistungszentrum an, dass in Anbetracht der noch andauernden fachaufsichtlichen Überprüfung aller Bestellungen von Vorarbeitern und Vorhandwerkern die aktuellen Bestellungen letztmalig bis zum 30. Juni 2015 befR.et verlängert würden. Die Zeit bis dahin solle genutzt werden, alle bisherigen Bestellungen auf Aktualität und Begründetheit zu prüfen. Hierbei sei ein sehr strenger Maßstab anzulegen.



Im Anschluss hieran beantragte die Beschäftigungsdienststelle des Klägers am 15. Januar 2015 (Anlage K 3) den Kläger erneut zum Vorhandwerker zu bestellen. Mit Schreiben vom 19. Januar 2015 wurde der Kläger sodann vom 1. Januar 2015 bis 30. Juni 2015 zum Vorhandwerker bestellt. Eine weitere Bestellung erfolgte nicht. Die Aufgabe als Schießbahnwart übte der Kläger mit den ihm unterstellten Mitarbeitern unverändert auf der Schießbahn 3 aus.



Nach Ablauf der Bestellung am 30. Juni 2015 unterließ es der Kläger zusammen mit weiteren Schießbahnwarten, am 1. Juli 2015 die sogenannte "Sicherheit" an den Leiter des Truppenübungsplatzes zu melden. Hierfür erteilte das Bundeswehrdienstleistungszentrum dem Kläger und dessen Kollegen mit Schreiben vom 14. August 2015 eine Ermahnung (Abl. 52). Mit Schreiben vom 17. August 2015 bestellte das Bundeswehrdienstleistungszentrum Herrn A. R. zum Vorarbeiter befristet bis 30. Juni 2017. Hierbei wurden Herrn R. insgesamt zehn Mitarbeiter unterstellt, darunter der Kläger.



Mit Anwaltsschreiben vom 11. August 2015 (nicht vorgelegt) machte der Kläger seine weitere Bestellung zum Vorhandwerker geltend. Mit Schreiben vom 31. August 2015 (Anlage K 4) teilte das Bundeswehrdienstleistungszentrum mit, eine fachaufsichtliche Überprüfung durch das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr habe ergeben, dass die Bestellungen zu Vorarbeitern und Vorhandwerkern zu reduzieren seien. Es sei die Entscheidung getroffen worden, dass statt der bisher acht (richtig wohl: sechs) bestellten Vorarbeitern/Vorhandwerkern künftig maximal 1 bis 2 Bestellungen als ausreichend erachtet würden.



Mit seiner am 27. Oktober 2015 eingegangenen Klage machte der Kläger seine weitere Bestellung zum Vorhandwerker sowie die Zahlung der Vorarbeiterzulage über den 30. Juni 2015 hinaus in Höhe von € 278,92 brutto geltend. Er trug vor, die Beklagte sei verpflichtet, ihn als Vorhandwerker zu bestellen. Die Weigerung der Beklagten, die Bestellung vorzunehmen, sei willkürlich. Er übe die ihm übertragenen Tätigkeiten eines Vorhandwerkers über den 30. Juni 2015 hinaus aus. Der neue Vorarbeiter, Herr R., sei ihm ohne sachlichen Grund vorgezogen worden. Herr R. führe keine Aufsicht über ihn aus noch kontrolliere er seine Tätigkeit auf der Schießbahn 3. Das einmalige Vergehen am 1. Juli 2015 rechtfertige die Nichtbestellung nicht.



Die Beklagte habe die Ablauforganisation auf dem Truppenübungsplatz H. nicht grundlegend verändert. Die einzige Veränderung sei, dass alle Vorhandwerker ihre Tätigkeiten wie bisher verrichteten, doch nur Herr R. sich Vorhandwerker nennen dürfe. Herr R. könne die ihm übertragenen Aufgaben nicht alleine ausführen. Er nehme auf der Schießbahn 3 weder Arbeitsanweisungen entgegen noch leite er diese an die ihm unterstellte Gruppe weiter. Der Truppenübungsplatz sei viel zu groß, dass eine Person alle vorhandenen Schießbahnen überwachen könne. Die Beklagte handele rechtsmissbräuchlich, wenn sie unter diesen Umständen die schriftliche Bestellung zum Vorhandwerker unterlasse.



Der Kläger beantragte:

1. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zum Vorhandwerker gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 TV EntgO Bund mit Wirkung vom 1. Juli 2015 zu bestellen. 2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 278,92 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz seit 1. August 2015 zu bezahlen. 3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 278,92 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz seit 1. September 2015 zu bezahlen. 4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 278,92 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz seit 1. Oktober 2015 zu bezahlen. 5. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger künftig für die Dauer seiner Tätigkeit als Vorhandwerker die Vorhandwerkerzulage entsprechend § 15 Abs. 3 Satz 3 TV EntgO Bund zu bezahlen.



Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.



Sie trug vor, die Fachaufsicht führende Stelle habe Ende des Jahres 2014 die Bestellungen der Vorarbeiter/Vorhandwerker auf dem Truppenübungsplatz H. überprüft. Aus diesem Grund seien alle Bestellungen längstens bis zum 30. Juni 2015 verlängert worden. Ziel und Ergebnis der fachaufsichtlichen Überprüfung sei die Reduzierung der kostenintensiven Bestellungen zu Vorarbeitern/Vorhandwerkern auf ein begründetes, notwendiges Maß gewesen. Es sei festgestellt worden, dass künftig maximal zwei Vorarbeiter/Vorhandwerker ausreichend seien. Diese Feststellung sei insbesondere vor dem Hintergrund erfolgt, dass der Platzmeister die Gesamtverantwortung für den Truppenübungsplatz trage.



Als neuer Vorarbeiter sei ab 1. Juli 2015 Herr R. bestellt worden. Aufgrund der optimierten Ablauforganisation und der grundlegend veränderten Sachlage hätten die Voraussetzungen für die Gewährung der Vorhandwerkerzulage an den Kläger nicht mehr vorgelegen. Neben dem Pflichtenverstoß am 1. Juli 2015 seien auch die hohen Fehlzeiten des Klägers ein Grund gewesen, dass die Wahl nicht auf den Kläger gefallen sei.



In der Vergangenheit sei es tarifwidrig gewesen, die für die tarifliche Eingruppierung herangezogenen Tätigkeitsmerkmale zugleich zur Begründung der Vorhandwerkerbestellung heranzuziehen. Einem Vorhandwerker müssten zusätzliche Führungs- und Aufsichtsfunktionen übertragen worden sein. Diese zusätzlichen Aufgaben nehme nun Herr R. wahr. Zu den Aufgaben des Klägers als Schießbahnwart gehöre bereits die Wahrnehmung von Führung und Aufsichtsfunktionen. Der Kläger könne nicht deswegen zum Vorarbeiter bestellt werden. Die Auswahl von Herrn R. sei nicht willkürlich. Herr R. nehme seine Aufgaben ohne die Leistung von Überstunden wahr.



Mit Urteil vom 21. März 2016 hat das Arbeitsgericht der Klage ganz überwiegend stattgegeben. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der Kläger habe Anspruch auf Bestellung zum Vorhandwerker. Die Tarifvertragsparteien hätten die Gewährung der Vorarbeiterzulage an die Führung einer Gruppe und die damit verbundene höhere Verantwortung geknüpft. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen stehe es dem Arbeitgeber nicht frei, die Bestellung vorzunehmen oder sie zu unterlassen. Vielmehr habe der Arbeitnehmer bei Vorliegen der materiellen Voraussetzungen einen Anspruch auf die Bestellung.



Dem Anspruch des Klägers auf Bestellung könne nicht entgegengehalten werden, dass die Wahrnehmung von Führungs- und Aufsichtsfunktionen bereits zu den Aufgaben eines Schießbahnwartes gehöre. Die Wahrnehmung dieser Funktionen sei für die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 5 nach Teil IV Ziff. 28 der Entgeltordnung nicht erforderlich. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass sie Herrn R. als Vorarbeiter ausgewählt habe. Es seien keine Kriterien ersichtlich, weshalb Herr R. dem Kläger vorgezogen worden sei. Da die Beklagte ihr Leistungsbestimmungsrecht nicht nach billigem Ermessen ausgeübt habe, habe der Kläger Anspruch auf Zahlung der Vorarbeiterzulage für die Vergangenheit.



Gegen das ihr am 14. April 2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 6. Mai 2016 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 11. Juli 2016 begründet. Sie trägt vor, ein Anspruch auf Bestellung zum Vorhandwerker bestehe trotz Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen nicht. § 15 Abs. 3 Satz 3 TV EntgO sei hinsichtlich der Bestellung keine Anspruchsgrundlage. Ebenso wenig könne die erforderliche Bestellung durch ein gerichtliches Gestaltungsurteil ersetzt werden.



Den Zahlungsanträgen stehe entgegen, dass es an einer Bestellung zum Vorhandwerker gerade fehle. Bei der schriftlichen Bestellung handele es sich um eine Anspruchsvoraussetzung. Nach Durchführung einer fachaufsichtlichen Prüfung habe sie entschieden, nur noch maximal zwei statt bisher sechs Schießbahnwarte zu Vorarbeitern/Vorhandwerkern zu bestellen. Diese Entscheidung sei gerichtlich nicht überprüfbar.



Die Entscheidung, Herrn R. zum Vorarbeiter zu bestellen, liege im Rahmen ihres Auswahlermessens. Die Übertragung der Vorarbeiterstellung erfordere neben dem Zutrauen in die fachliche Kompetenz auch ein persönliches Vertrauen in die Zuverlässigkeit und Loyalität des Mitarbeiters. Insofern sei zu berücksichtigen, dass der Kläger wegen eines gravierenden Pflichtverstoßes schriftlich ermahnt worden sei und in der Vergangenheit erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten aufgewiesen habe.



Der Kläger unterscheide nicht ausreichend zwischen der Tätigkeit als Schießbahnwart und der Übertragung zusätzlicher Führungs- und Weisungsbefugnisse. Aus der Tätigkeitsdarstellung vom 16. September 2015 sei ersichtlich, dass der Kläger mit dem ihm unterstellten Personal seine Aufgaben zu verrichten habe. In der Eigenschaft als Vorhandwerker liege demgegenüber eine hervorgehobene Stellung innerhalb einer Gruppe, die weitergehende Führungs- und Koordinationsaufgaben umfasse.



Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm vom 21. März 2016 - 4 Ca 375/15 - abzuändern und die Klage kostenpflichtig abzuweisen.



Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.



Er trägt vor, er rüge zunächst die Einhaltung der Schriftform sowie die ordnungsgemäße Beglaubigung der Berufungs- und Berufungsbegründungsschrift. Darüber hinaus fehle es auch an der erforderlichen Auseinandersetzung mit der Begründung des Arbeitsgerichts.



Mit überzeugenden Argumenten habe das Arbeitsgericht einen Anspruch auf seine Bestellung zum Vorhandwerker bejaht. Die Ausübung der Tätigkeit sei anspruchsbegründendes Merkmal für die Gewährung der Zulage. Darüber hinaus folge der Anspruch auch aus den §§ 315, 280 BGB. Die Bestellung liege nicht in der Willkür des Arbeitgebers.



Die Beklagte habe Herrn R. ihm rechtswidrig vorgezogen. Wenn mehrere Arbeitnehmer die Voraussetzungen für eine Bestellung erfüllten, müsse die Beklagte ihr Ermessen ausüben. Im Rahmen der Ermessensausübung habe die Beklagte ihn bevorzugt berücksichtigen müssen.



Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG, § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle über die mündlichen Verhandlungen verwiesen.



Entscheidungsgründe



I.



Die Berufung der Beklagten ist gemäß § 64 Abs. 2 Buchst. c ArbGG statthaft. Sie ist auch gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden. Die insofern erhobenen Rügen des Klägers sind unbegründet.



1. Die Berufungs- und Berufungsbegründungsschrift sind ordnungsgemäß im Sinne des § 130 Nr. 6 ZPO unterzeichnet. Eine Unterschrift setzt einen individuellen Schriftzug voraus, der sich - ohne lesbar sein zu müssen - als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt (zuletzt BAG 25. Februar 2015 - 5 AZR 849/13 - Rn 19). Diesen Anforderungen genügt die Unterschrift des Prozessbevollmächtigten der Beklagten. Die Unterschrift ist als Wiedergabe des Namens "Krüger" erkennbar.



2. Die Berufung ist auch nicht deswegen unzulässig, weil es an einer ordnungsgemäßen Beglaubigung der Berufungs- und Berufungsbegründungsschrift fehlt. Selbst wenn sich der verkürzte Schriftzug des Prozessbevollmächtigten der Beklagten bei der Beglaubigung der Berufungs- und Berufungsbegründungsschrift als Paraphe darstellen sollte, wäre der Mangel der Beglaubigung nach der Vorschrift des § 189 ZPO geheilt worden. Mit Urteil vom 22. Dezember 2015 (VI ZR 79/15 - Rn 14 ff) hat der Bundesgerichtshof unter Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur eingehend begründet, weshalb Formverstöße bei der Zustellung einer Klageschrift nach § 189 ZPO geheilt werden können. Die Ausführungen des Bundesgerichtshofs sind auf die Zustellung einer Berufungs- und Berufungsbegründungsschrift ohne weiteres übertragbar. Beide Schriftstücke sind dem Kläger tatsächlich zugegangen. Dem Zweck der Zustellung, dem Adressaten angemessene Gelegenheit zu geben, von einem Schriftstück Kenntnis zu nehmen, ist im vorliegenden Fall genügt.



3. Die Berufungsbegründung genügt auch den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung.



a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Erforderlich ist hierfür eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll. Die Regelung des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird. Deshalb hat der Berufungskläger die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und aus welchen Gründen er das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Dadurch soll bloß formelhaften Berufungsbegründungen entgegengewirkt werden.



Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den Streitfall zugeschnitten sein. Eine schlüssige Begründung kann zwar nicht verlangt werden. Jedoch muss sich die Berufungsbegründung mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will (vgl. etwa BAG 12. August 2014 - 3 AZR 493/12 - Rn. 88; BAG 19. Februar 2013 - 9 AZR 543/11 - Rn. 13 und 14; BAG 16. Mai 2012 - 4 AZR 245/10 - Rn. 11; BAG 19. Oktober 2010 - 6 AZR 118/10 - Rn. 7). Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG 19. Februar 2013 aaO Rn. 14; BAG 19. Oktober 2010 aaO Rn. 7).



b) Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung der Beklagten. Die Beklagte hat sich zwar nicht mit sämtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichts auseinandergesetzt. Sie hat aber das zentrale Begründungselement des Arbeitsgerichts angegriffen. Die Beklagte hat ausgeführt, nach ihrer Rechtsauffassung bestehe ein Anspruch auf Bestellung zum Vorhandwerker trotz Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen nicht. Diese Rechtsauffassung hat sie auf der Seite 2 der Berufungsbegründung unter Heranziehung des Wortlauts und des Sinn und Zwecks des § 15 Abs. 3 TV EntgO Bund im Einzelnen begründet. Bereits dieser Berufungsangriff genügt, um den Anspruch des Klägers zu Fall zu bringen. Er richtet sich gegen das Begründungselement, der die gesamte weitere Argumentation des Arbeitsgerichts hinfällig macht. Darauf, ob diese Argumentation in sich schlüssig ist, kommt es nicht an. Alle weiteren Berufungsangriffe dienen nur noch der Ergänzung des Vorbringens. Damit hat die Beklagte hinreichend herausgearbeitet, mit welchen rechtlichen Argumenten sie das angefochtene Urteil bekämpfen will.



II.



Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass der Kläger einen Anspruch auf Bestellung zum Vorhandwerker hat und die Beklagte zur Zahlung der Vorhandwerkerzulage für die Monate Juli bis September 2015 verpflichtet ist.



1. Die Klage ist zulässig.



a) Mit dem Klageantrag zu 1 begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten, ihn rückwirkend zum 1. Juli 2015 zum Vorhandwerker zu bestellen. Bei dieser Klage handelt es sich um eine Leistungsklage auf Abgabe einer einseitigen Willenserklärung. Sie zielt auf § 15 Abs. 3 Satz 3 TV EntgO Bund ab, wonach ein Vorhandwerker ein Beschäftigter ist, der aufgrund schriftlicher Bestellung einer Arbeitsgruppe vorsteht und selbst mitarbeiten muss. Damit fordert die Tarifnorm die Erfüllung von zwei Anspruchsvoraussetzungen, die kumulativ vorliegen müssen. Zum einen bedarf es eines formalisierten Bestellungsakts; zum anderen muss der Beschäftigte einer Arbeitsgruppe vorstehen und selbst mitarbeiten (BAG 29. Mai 1985 - 7 AZR 111/83 - Rn 22). Mit der Leistungsklage möchte der Kläger erreichen, dass die Beklagte den Bestellungsakt vornimmt.



Das Rechtsschutzbedürfnis für diese Leistungsklage folgt grundsätzlich aus der Nichterfüllung des materiell-rechtlichen Anspruchs. Hiergegen kann nicht eingewandt werden, der Kläger mache mit den Klageanträgen zu 2 bis 4 einen Anspruch auf Zahlung der Vorhandwerkerzulage geltend, wobei er ausführe, das Fehlen einer förmlichen Bestellung zum Vorhandwerker sei insoweit unerheblich (Schriftsatz vom 29. Januar 2016 S. 10). In der Sache macht der Kläger mit den Klageanträgen zu 2 bis 4 einen Schadenersatzanspruch geltend, und zwar gestützt auf das Vorbringen, die Beklagte habe seine Bestellung zum Vorhandwerker rechtsmissbräuchlich und damit schuldhaft unterlassen. Die Möglichkeit, Schadenersatzansprüche geltend zu machen, schließt es nicht aus, von der Beklagten eine rückwirkende Bestellung zum Vorhandwerker zu verlangen. Da die förmliche Bestellung grundsätzlich Anspruchsvoraussetzung für die Vorhandwerkerzulage ist (LAG Baden-Württemberg 15. Januar 2016 - 7 Sa 42/15 - unter A I 1 b bb der Gründe; a.A. LAG München 29. September 2005 - 4 Sa 270/05 - unter 2 a der Gründe), kann es dem Kläger nicht versagt werden, seinen Anspruch auf Zahlung der Vorhandwerkerzulage unmittelbar auf das Tarifrecht anstatt auf einen Schadenersatzanspruch zu stützen.



Gegen eine mit Rückwirkung zum 1. Juli 2015 vorzunehmende Bestellung bestehen ebenfalls keine rechtlichen Bedenken. Für den Fall der Abgabe einer Willenserklärung, mit der rückwirkend ein Arbeitsverhältnis begründet werden soll, entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt BAG 19. August 2015 - 5 AZR 975/13 - Rn 20 mit zahlreichen Nachweisen), dass seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht kommt, mit der rückwirkend ein Arbeitsverhältnis begründet werden soll. Dies muss erst recht gelten, wenn wie im vorliegenden Fall ein Leistungshindernis im Rechtssinne gar nicht vorliegt, weil der Arbeitnehmer unverändert seine Arbeitsleistung erbringt. In diesem Fall muss es dem Arbeitnehmer erst recht möglich sein, mit Rückwirkung die formalen Voraussetzungen zu schaffen, um die tariflichen Anspruchsvoraussetzungen in vollem Umfang erfüllen zu können.



b) Die Klageanträge zu 2 bis 4 sind ebenfalls zulässig. Der Kläger begehrt mit ihnen die Zahlung der ständigen Vorhandwerkerzulage für die Zeit von Juli bis September 2015. Das Arbeitsgericht hat die Anträge zutreffend dahingehend ausgelegt, dass der Kläger die Zahlung einer Bruttovergütung begehrt, auch wenn die Klageanträge versehentlich die Angabe "brutto" nicht enthielten.



2. Die Klage ist auch begründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass die Beklagte verpflichtet war, den Kläger auch über den 30. Juni 2015 hinaus als Vorhandwerker zu bestellen. Die Kammer folgt dem Arbeitsgericht im Ergebnis, wenn auch nicht in allen Teilen der Begründung.



a) Aus § 15 Abs. 3 Satz 1 und 3 TV EntgO Bund ergibt sich ein Anspruch des Beschäftigten auf Bestellung zum Vorhandwerker, sofern die materiellen tariflichen Voraussetzungen für die Bestellung erfüllt sind. Dies ergibt die Auslegung der Tarifnorm unter Berücksichtigung des Gebots der Rücksichtnahme gemäß § 241 Abs. 2 BGB.



aa) Bei der Auslegung dieser Tarifnorm ist von den Grundsätzen auszugehen, die das Bundesarbeitsgericht für die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags entwickelt hat. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., zuletzt BAG 13. Januar 2016 - 10 AZR 42/15 - mwN).



bb) Dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 Satz 1 und 3 TV EntgO Bund lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob ein Beschäftigter, der einer Arbeitsgruppe im Sinne des Tarifrechts vorsteht und selbst mitarbeitet sowie die erforderliche Berufsausbildung nach § 11 TV EntgO Bund besitzt, einen Anspruch auf Bestellung zum Vorhandwerker hat. Die Tarifvertragsparteien haben in Satz 1 der Tarifnorm lediglich festgelegt, dass Vorhandwerker zum Tabellenentgelt eine Zulage erhalten. In Satz 3 der Tarifnorm haben sie definiert, welche Beschäftigten als Vorhandwerker zu betrachten sind. Aus der Formulierung des Satzes 3 ist zunächst zu schließen, dass Vorhandwerker nur diejenigen Beschäftigten sind, die kumulativ beide Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, also durch einen formalisierten Bestellungsakt zum Vorarbeiter bestellt sind und tatsächlich die Aufgabe eines Vorarbeiters ausüben. Die Tarifvertragsparteien haben nicht formuliert: "Beschäftigte, die eine Berufsausbildung nach § 11 besitzen und einer Arbeitsgruppe vorstehen und selbst mitarbeiten, sind schriftlich zu Vorhandwerkern zu bestellen". Hieraus könnte geschlossen werden, dass die Bestellung zum Vorarbeiter auch bei Erfüllung der materiellen Anspruchsvoraussetzungen im freien Ermessen des Arbeitgebers liegt (so wohl LAG Baden-Württemberg 15. Januar 2016 - 7 Sa 42/15 - unter A I 1 b bb der Gründe; a.A. LAG München 29. September 2005 - 4 Sa 270/05 - unter 1 a der Gründe, wonach eine schriftliche Bestellung nicht konstitutiv sein soll).



Auf der anderen Seite haben die Tarifvertragsparteien aber keine typische Formulierung gewählt, die auf ein freies oder gebundenes Ermessen hindeutet. Soll dem Arbeitgeber ein derartiges Ermessen eingeräumt werden, kommt dieses in den Tarifnormen im Allgemeinen durch die Verwendung des Wortes "kann" zum Ausdruck. So heißt es beispielsweise in § 16 Abs. 5 TV-L, dass den Beschäftigten unter bestimmten Voraussetzungen eine Vorweggewährung von Stufen gewährt werden kann. Die Tarifautonomie eröffnet den Tarifvertragsparteien die Möglichkeit, die Rechtssetzungsbefugnis zu delegieren, indem einer Partei des Arbeitsvertrags ein Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt wird. Hierbei ist anerkannt, dass die Tarifvertragsparteien dem Arbeitgeber ein freies, nicht an billiges Ermessen gebundenes Gestaltungsrecht einräumen können. Allerdings schreibt § 315 Abs. 1 BGB, der vor unbilligen Benachteiligungen durch die Ausübung eines einseitigen Bestimmungsrechts schützen will, im Zweifel ein Bestimmungsrecht nach billigem Ermessen vor (BAG 31. Juli 2014 - 6 AZR 822/12 - Rn 12 mit zahlreichen Nachweisen). Da die Tarifvertragsparteien in § 15 Abs. 3 Satz 1 und 3 TV EntgO Bund das Wort "kann" nicht verwendet haben, spricht dies gegen die Auslegung, die Bestellung zum Vorhandwerker liege bei Erfüllung der materiellen Anspruchsvoraussetzungen im freien Ermessen des Arbeitgebers. Vielmehr liegt die Vermutung nahe, dass die Tarifvertragsparteien keine näheren Überlegungen dazu angestellt haben, in welchem Verhältnis die beiden kumulativ zu erfüllenden Anspruchsvoraussetzungen zueinander stehen.



cc) Die Systematik und die Entstehungsgeschichte der Tarifnorm ergeben keinen weiteren Aufschluss. Für die Bestellung von Vorarbeitern enthält § 15 Abs. 2 TV EntgO Bund eine gleichlautende Bestimmung. Der Vorhandwerker unterscheidet sich vom Vorarbeiter nur dadurch, dass er eine Berufsausbildung nach § 11 TV EntgO Bund besitzt, letzterer hingegen nicht. Beide Tarifnormen haben ihren Ursprung in einem Tarifvertrag vom 20. Januar 1960, in dem im Vorgriff auf den künftigen Manteltarifvertrag für die Arbeiter des Bundes eine Vereinbarung zur Vorarbeiter- und Vorhandwerkerzulage getroffen wurde, die in ihrem Aufbau mit der heutigen Regelung übereinstimmt (ausführlich hierzu Sponer/Steinherr TVöD EntgO Bund § 15 Vorbemerkungen Rn 1). Auch die nachfolgenden Tarifverträge und die vergleichbaren Tarifverträge der Länder und der Gemeinden waren in gleicher Weise aufgebaut.



dd) Demzufolge kommt es maßgebend auf den Sinn und Zweck der Tarifnorm an. Die Vorschrift soll denjenigen Beschäftigten, die unterhalb der Meisterebene gewisse Leitungs-, Aufsichts- und Koordinierungsfunktionen wahrnehmen, einen finanziellen Ausgleich für die gesteigerte Verantwortung gewähren. Typischerweise sind Vorarbeiter bzw. Vorhandwerker hierarchisch zwischen der (Fach)arbeiter- und der Meisterebene angesiedelt. Während der (Fach)arbeiter meist ausschließlich mit ausführenden Arbeiten betraut ist, liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit eines Meisters in der Leitung und Führung einer größeren Gruppe von gewerblichen Arbeitnehmern. Erfordert es die Arbeitsaufgabe, unterhalb der Meisterebene zusätzlich kleinere Arbeitsgruppen zu bilden, obliegt die Leitung dieser Gruppen dem Vorarbeiter bzw. Vorhandwerker. Dessen Tätigkeit wird maßgeblich durch Leitungs-, Koordinierungs- und Überwachungsfunktionen gekennzeichnet (BAG 20. Juli 1983 - 4 AZR 23/81 - Rn 17; BAG 9. April 1986 - 4 AZR 125/85 Rn 20; BAG 26. Mai 1999 - 10 AZR 498/98 - Rn. 72; BAG 19. November 2008 - 10 AZR 658/07 - Rn 30; Sponer aaO Anm. I Rn 2).



ee) Auf der Grundlage dieser Zweckbestimmung hat sich das Bundesarbeitsgericht bislang nur mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen die Bestellung zum Vorarbeiter bzw. Vorhandwerker widerrufen werden könne. Nach § 15 Abs. 5 TV EntgO Bund kann die Zulagengewährung auf zwei Arten zeitlich begrenzt werden: Die Zulage kann unbefristet gewährt werden, ist dann aber widerruflich. Die Zulage kann aber auch von vornherein befristet gewährt werden. Letzteres hat den Vorzug, dass die Voraussetzungen für die Zulagengewährung in regelmäßigen Abständen überprüft werden können. Von dieser Möglichkeit hat auch die Beklagte in der Vergangenheit Gebrauch gemacht.



Für den Fall des Widerrufs einer unbefristet gewährten Zulage hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, der Arbeitgeber dürfe den Widerruf nicht willkürlich, d.h. nicht ohne sachlichen Grund aussprechen. Zwar gehe es weder bei der Bestellung zum Vorarbeiter bzw. Vorhandwerker noch bei dem Widerruf der gewährten Zulage um die Bestimmung einer geschuldeten, bislang aber noch unbestimmten Leistung. Ein Anwendungsfall des § 315 BGB liegt somit entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht vor. Das Bundesarbeitsgericht hat aber hervorgehoben, die Ausübung des Widerrufsrechts stehe wie jede Ausübung vertraglicher Rechte unter dem Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB. Hieraus folge, dass der Arbeitgeber den Widerruf nicht ohne sachlichen Grund aussprechen dürfe (BAG 10. Juni 1970 - 4 AZR 341/69 - Rn 17 ff.; BAG 28. August 1974 - 4 AZR 496/73 - Rn 13; BAG 11. Juni 1980 - 4 AZR 437/78 - Rn 14).



ff) Für die Fallgestaltung der von vornherein befristeten Gewährung der Zulage kann im Ergebnis nichts anderes gelten. Würde man die Bestellung zum Vorarbeiter bzw. Vorhandwerker in das freie Ermessen des Arbeitgebers stellen, so würde dieser einseitig darüber befinden können, ob die mit der Vorarbeiter bzw. Vorhandwerker verbundene höhere Verantwortung finanziell ausgeglichen wird oder nicht. Für die Annahme, die Tarifvertragsparteien hätten dem Arbeitgeber die Bestimmung der Vergütungshöhe überlassen wollen, bedürfte es angesichts der Ungewöhnlichkeit einer solchen Fallgestaltung eindeutiger Anhaltspunkte im Tarifvertrag. Daher sprechen die besseren Gründe dafür, dass die Tarifvertragsparteien mit der formellen Voraussetzung der schriftlichen Bestellung einen anderen Zweck verbunden haben. Es sollte vermieden werden, dass sich einzelne (Fach)arbeiter die mit einer Vorarbeitertätigkeit verbundenen Aufgaben anmaßen, um in den Genuss einer Vorarbeiterzulage zu gelangen (BAG 29. Mai 1985 aaO Rn 22). Der schriftliche Bestellungsakt hat hiernach ausschließlich den Sinn, dem Arbeitgeber die Prüfung zu ermöglichen, ob die materiellen tariflichen Voraussetzungen vorliegen. Ist dies der Fall, darf der Arbeitgeber dem betreffenden Beschäftigten die Gewährung der Zulage nicht vorenthalten, indem er die schriftliche Bestellung zum Vorarbeiter bzw. Vorhandwerker unterlässt.



Die Beklagte hat in ihrer bisherigen Praxis die systematischen Zusammenhänge im Grunde genommen nicht anders verstanden als hier die Kammer. So hat sie in den früheren Bestellungen stets ausgeführt: "Liegen die Voraussetzungen für die Gewährung der Vorarbeiterzulage nach diesem Zeitraum nicht mehr vor, endet die Bestellung mit Fristablauf.". In ihrer letzten Bestellung vom 19. Januar 2015 hat sie ausgeführt: "Nach diesem Zeitraum, bei Vorliegen der Voraussetzungen zur Weitergewährung der Vorhandwerkerzulage, wird vom Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr abschließend entschieden.". Diese Ausführungen belegen, dass auch nach dem bisherigen Verständnis der Beklagten eine Bestellung zum Vorarbeiter bzw. Vorhandwerker vorzunehmen war, sofern die materiellen tariflichen Voraussetzungen vorliegen. Mit ihrer jetzt anderen Betrachtungsweise setzt sich die Beklagte in Widerspruch zu ihrer bisherigen Handhabung und verstößt auch gegen das Gebot zur Rücksichtnahme auf die Belange der Arbeitnehmer nach § 241 Abs. 2 BGB. Es gibt keinen Sachgrund dafür, dem Beschäftigten einerseits die höhere Verantwortung eines Vorhandwerkers bzw. Vorarbeiters aufzubürden, ihm aber den finanziellen Ausgleich hierfür vorzuenthalten.



b) Der Kläger erfüllt die materiellen tariflichen Voraussetzungen für eine Bestellung zum Vorhandwerker.



aa) Der Kläger zählt zu den Beschäftigten, denen nach § 15 Abs. 1 TV EntgO Bund eine Vorhandwerkerzulage gewährt werden kann. Die Tätigkeit eines Schießbahnwarts ist im Anhang § 15 ausdrücklich aufgelistet (Teil IV Abschnitt 28 der Entgeltordnung). Der Kläger verfügt auch über eine Berufsausbildung nach § 11 TV EntgO Bund; er ist ausgebildeter Werkzeugmacher. Dem Kläger sind auch unstreitig mindestens zwei selbständig tätige Beschäftigte in einer Gruppe unterstellt. Mindestens einer dieser Beschäftigten besitzt eine Ausbildung nach § 11 TV EntgO Bund (vgl. Abl. 48).



bb) Entgegen der Auffassung der Beklagten erfüllt die dem Kläger anvertraute Gruppe die Voraussetzungen einer Arbeitsgruppe im Tarifsinn. Die Tarifvertragsparteien haben nicht definiert, was unter einer "Arbeitsgruppe" im Tarifsinne zu verstehen ist. Sie haben lediglich als Voraussetzung aufgeführt, dass der fragliche Beschäftigte einer Gruppe von mindestens zwei selbständig tätigen Beschäftigten vorstehen und selbst mitarbeiten müsse. Aus dem Begriff "vorstehen" ist jedoch zu schließen, dass nicht jedes Team den Begriff einer Arbeitsgruppe erfüllt. Arbeiten mehrere Beschäftigte arbeitsteilig zusammen, ohne dass einer der Beschäftigten weisungsbefugt ist, handelt es sich nicht um eine Arbeitsgruppe im Tarifsinn. Demzufolge bedarf es einer ausdrücklichen Entscheidung des Arbeitgebers, einem der Beschäftigten Leitungs-, Koordinierungs- und Überwachungsfunktionen zu übertragen. Diese Entscheidung hat die Beklagte unstreitig getroffen. Zuletzt hat sie in der Tätigkeitsdarstellung vom 16. September 2015 unter 6.1.3 festgehalten, dass der Kläger mit dem ihm unterstellten Personal den geforderten Zielbau errichte.



Einer derartigen Entscheidung wird regelmäßig die Erwägung zugrunde liegen, dass die Bestellung eines Gruppenführers die Effektivität der Arbeit erhöht. Das Arbeitsziel muss schneller und zuverlässiger erreicht werden, als dies ohne eine Bestellung eines Gruppenführers der Fall wäre (Sponer/Steinherr aaO Anm. VI Rn 32). Ansonsten könnte es der Arbeitgeber bei der Bildung eines Teams ohne Vorgesetztenfunktionen belassen.



Diesen Gesichtspunkt hat die Beklagte auch in ihrem Schreiben vom 22. Dezember 2014 (Anlage K 5) herausgestellt. Zutreffend hat sie den nachgeordneten Dienststellen aufgegeben, eine Bestellung nur dann vorzunehmen, wenn dadurch das Arbeitsziel im Interesse des Arbeitgebers im Ganzen besser, d.h. wirtschaftlich erreicht werden könne. Zutreffend hat die Beklagte weiter ausgeführt, dass die Notwendigkeit einer sinnvollen Zusammenarbeit allein die Bestellung von Vorarbeitern bzw. Vorhandwerkern nicht rechtfertige. Soweit die Beklagte aber weitergehend ausgeführt hat, die Funktion als Vorarbeiter bzw. Vorhandwerker müsse überwiegend wahrgenommen werden, stimmt die Kammer dem nicht zu. Ein zeitliches Maß in Höhe von mehr als der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit wird durch § 15 Abs. 3 TVEntgO Bund nicht gefordert. Die für die Eingruppierung geltende Regel, dass die gesamte auszuübende Tätigkeit den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe entspricht, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale der betreffenden Entgeltgruppe erfüllen (§ 12 Abs. 1 Satz 4 TVöD), kann auf die Gewährung der Vorhandwerkerzulage nicht übertragen werden. Im vorliegenden Fall geht es nicht um die Erfüllung eines bestimmten Tätigkeitsmerkmals einer Entgeltgruppe, sondern um das Innehaben bestimmter Vorgesetztenfunktionen. Ein festgelegtes zeitliches Maß haben die Tarifvertragsparteien hierbei gerade nicht vorausgesetzt.



Das von der Beklagten geforderte zeitliche Maß von mehr als 50 % der regelmäßigen Arbeitszeit widerspräche außerdem der praktischen Tarifübung und der Verkehrsanschauung. Den Beschäftigten der unteren Entgeltgruppen sind dann, wenn ihnen Vorgesetztenfunktionen übertragen sind, durchweg keine überwiegenden Aufsichtsfunktionen übertragen. Vielmehr handelt es sich stets um Beschäftigte, die ganz überwiegend operativ tätig sind und lediglich zu einem kleineren Teil Leitungsfunktionen wahrnehmen. So wird im allgemeinen Sprachgebrauch unter einem Vorarbeiter ein Beschäftigter verstanden, der überwiegend selbst mitarbeitet und nur zu einem kleineren Teil Leitungsaufgaben ausübt, d.h. überwiegend durch praktische Arbeit Anweisung und Beispiel gibt (so auch LAG Köln 14. Februar 2011 - 5 Sa 1123/10 - Rn. 46). Erst bei der nächsthöheren Hierarchiestufe, der Meisterebene, kann im Allgemeinen davon ausgegangen werden, dass die Aufsichtsfunktionen überwiegen. Diese erhöhte Verantwortung der Meister wird dann aber auch mit einer entsprechend höheren Vergütung, mindestens nach der Entgeltgruppe 8, honoriert.



cc) Aus dem Antrag der Dienststelle des Klägers vom 15. Januar 2015 (Anlage K 3) ergibt sich auch hinreichend, aus welchen Gründen die Bildung einer Arbeitsgruppe im vorliegenden Fall zur effektiveren Durchführung der Arbeit erforderlich war. Der Arbeitsbereich des Klägers ist flächenmäßig groß; hierbei ist eine Vielzahl von unterschiedlichen Einrichtungen zu betreuen. Erschwerend kommt eine hohe Sicherheitsstufe hinzu. Damit hat die Dienststelle des Klägers schlüssig dargelegt, aus welchen Gründen die Bestellung des Vorhandwerkers erforderlich ist. Sie hat verdeutlicht, dass sich das Arbeitsziel effektiver erreichen lässt, wenn einem der Beschäftigten gewisse Leitungsfunktionen übertragen werden.



Soweit die Beklagte demgegenüber auf eine Änderung der Ablauforganisation verwiesen hat, legt sie dem Begriff der Arbeitsgruppe ein unrichtiges Verständnis zugrunde. Die Beklagte hat vorgetragen, im Rahmen einer fachaufsichtlichen Überprüfung sei die Entscheidung getroffen worden, dass künftig anstatt der bisher acht (richtig wohl: sechs) bestellten Vorarbeiter bzw. Vorhandwerker künftig maximal ein bis zwei Bestellungen als ausreichend erachtet würden. In der Folgezeit wurde der Beschäftigte A. R. mit Wirkung vom 01.07.2015 zum Vorarbeiter unterstellt, wobei ihm insgesamt zehn Beschäftigte, darunter der Kläger, unterstellt wurden.



Damit hat der Arbeitnehmer R. de facto die Funktion des Vertreters des Platzmeisters übernommen. Letzterer ist überwiegend administrativ tätig und hat seinen Arbeitsplatz nicht auf dem Truppenübungsplatz. Er ist laut dem Vorbringen der Beklagten nur einmal pro Woche auf dem Truppenübungsplatz anwesend. Die Beklagte hat nicht erläutert, wie Herr R. in den auf die verschiedenen Schießbahnen aufgeteilten Beschäftigtengruppen einerseits eine Leitungsfunktionen wahrnehmen und andererseits mitarbeiten soll. Unstreitig arbeitet er in der Gruppe des Klägers nicht mit. An dessen Arbeitsaufgabe hat sich durch die Änderung der Arbeitsorganisation auch nichts geändert. Der Kläger nimmt unstreitig dieselben Aufgaben wahr, die er bereits vor der Bestellung von Herrn R. zum Vorhandwerker wahrgenommen hat. Die Beklagte hat dem Kläger auch seine Vorgesetztenfunktion nicht entzogen, sondern vertritt lediglich die Auffassung, diese sei bereits Teil seiner Funktion als Schießbahnwart (dazu unter c).



Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass der Kläger seine bisherige Aufgabe und seine Vorgesetztenfunktion unverändert wahrnimmt, während Herr R. seine Vorgesetzteneigenschaft gegenüber dem Kläger praktisch nicht wahrnimmt und in der Arbeitsgruppe des Klägers unstreitig auch nicht mitarbeitet. Damit hat die Beklagte bei der Bestellung von Herrn R. den Begriff der Arbeitsgruppe fehlinterpretiert. Sie hat de facto die Position eines Stellvertretenden Platzmeisters geschaffen.



c) Der Einwand der Beklagten, die dem Kläger übertragene Vorgesetztenfunktion sei mit seiner Eingruppierung in die Entgeltgruppe 5 als Schießbahnwart abgedeckt, findet im Tarifrecht keine Grundlage.



aa) Der Kläger ist als Schießbahnwart mit einschlägiger abgeschlossener Berufsausbildung auf einem Truppenübungsplatz in die Entgeltgruppe 5 Fallgruppe 3 des Teils IV Abschnitt 28 der Entgeltordnung Bund eingruppiert. Die Aufgaben eines Schießbahnwarts sind tariflich nicht definiert. Die Beklagte hat sie jedoch zutreffend unter der Ziff. 3 der Tätigkeitsdarstellung vom 16. September 2015 beschrieben. Hiernach ist der Schießbahnwart zuständig für den Aufbau, die Pflege und Wartung und ggf. Reparatur der Zielbaugeräte und Einrichtung auf elektrifizierten Schießbahnen. Unter Ziff. 6 der Tätigkeitsdarstellung einschließlich der Anlage hat die Beklagte die Aufgaben im Einzelnen spezifiziert.



Keine der genannten Aufgaben setzt zwingend voraus, dass dem Schießbahnwart eine Vorgesetztenstellung gegenüber den ihm zugeordneten Zielbauarbeitern übertragen ist. Eine solche Übertragung mag zweckmäßig sein, ist aber zur Aufgabenwahrnehmung nicht erforderlich. Der Schießbahnwart könnte seine Aufgaben genauso wahrnehmen, wenn er Teil eines Teams wäre, aus dem er sich lediglich durch seine höhere Eingruppierung herausheben würde. Die höhere Eingruppierung allein führt noch nicht zu einer Vorgesetztenstellung. Vielfach arbeiten in den Verwaltungen und Betrieben der öffentlichen Hand Beschäftigte in unterschiedlichen Entgeltgruppen zusammen, ohne dass eine höhere Eingruppierung allein eine Vorgesetztenstellung begründen würde. Auch die praktische Tarifübung und die Verkehrsanschauung rechtfertigen eine Vorgesetztenstellung nicht. Anders als der deutlich höher eingruppierten Meisterebene sind nach dem tariflichen und allgemeinen Sprachgebrauch mit der Funktion des Schießbahnwarts keine Aufsichtsfunktionen verbunden.



bb) Die Auffassung der Beklagten, es sei zwischen der "normalen" Führungsverantwortung eines Schießbahnwarts und der gesteigerten Führungsverantwortung eines Vorarbeiters bzw. Vorhandwerkers zu unterscheiden, findet im Tarifrecht keine Stütze. § 15 Abs. 3 Satz 3 TVEntgO Bund verlangt lediglich, dass der Beschäftigte einer Arbeitsgruppe vorsteht. Die Vorschrift differenziert nicht zwischen einer "normalen" und "gesteigerten" Führungsverantwortung. Sie verlangt für den Vorhandwerker bzw. Vorarbeiter keine gesteigerte Führungsverantwortung. Es kommt hinzu, dass die Abgrenzung zwischen diesen beiden Formen in der Führungsverantwortung von der Beklagten nicht näher erläutert und in der Praxis auch nicht praktikabel ist. Die Beklagte hat nicht begründet, welches "Mehr" an Führungsverantwortung Herrn R. übertragen wurde, außer, dass dieser einer größeren Anzahl von Beschäftigten vorsteht. Gerade Letzteres schließt aber angesichts der Größe des Truppenübungsplatzes praktisch aus, dass er in den nach wie vor bestehenden Arbeitsgruppen selbst mitarbeitet.



d) Nach allem kommt es für die Entscheidung nicht darauf an, ob die Beklagte den Kläger anstelle von Herrn R. zum Vorhandwerker hätte bestellen müssen. Herr R. nimmt eine andere und nicht dieselbe Funktion wie der Kläger wahr. Unerheblich ist auch, dass die Beklagte dem Kläger aufgrund des Vorfalls vom 1. Juli 2015 eine Ermahnung erteilt hat. Die Ausübung eines Auswahlermessens ist im Streitfall unerheblich. Der Kläger begehrt die streitige Zulage in seiner bisherigen Funktion, nicht in der Funktion des Herrn R..



2. Der Kläger hat Anspruch auf die Zahlung der Vorhandwerkerzulage für die Monate Juli bis September 2015.



a) Der Anspruch ergibt sich nicht aus § 13 Abs. 3 Satz 1 TVEntgO Bund. Es fehlt am streitgegenständlichen Zeitraum der Anspruchsvoraussetzung der Bestellung zum Vorhandwerker. Die vom Kläger begehrte Willenserklärung gilt nach § 894 ZPO erst als abgegeben, wenn das Urteil die Rechtskraft erlangt hat.



b) Der Anspruch ergibt sich aber aus § 280 Abs. 1 BGB, weil die Beklagte eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt hat. Wie unter 1. ausgeführt, hätte die Beklagte den Kläger über den 30. Juni 2015 hinaus zum Vorhandwerker bestellen müssen, weil die materiellen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Die Beklagte hat damit eine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis verletzt.



Die Beklagte hat die Pflichtverletzung auch zu vertreten. Sie kann sich nicht auf einen unverschuldeten Rechtsirrtum berufen. An die Sorgfaltspflichten sind strenge Maßstäbe anzulegen. Es reicht nicht aus, dass sich die Partei ihre eigene Rechtsauffassung nach sorgfältiger Prüfung und sachgemäßer Beratung gebildet hat. Unverschuldet ist ein Rechtsirrtum nur, wenn sie mit einem Unterliegen im Rechtsstreit nicht zu rechnen brauchte (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 273/12 - Rn 34; BAG 12. November 1992 - 8 AZR 503/91 - Rn 14).



Nach diesen Grundsätzen hätte die Beklagte erkennen können, dass die von ihr vertretene Rechtsauffassung einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten könnte. Anders als bei Eingruppierungsstreitigkeiten (hierzu BAG 9. Februar 1983 - 4 AZR 267/80 - Rn 42) geht es im Streitfall nicht um eine mit zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffen befrachtete Rechtsmaterie, sondern um die Auslegung eines einzigen Begriffs. Es kommt hinzu, dass die Beklagte jahrelang eine andere Handhabung in der Dienststelle des Klägers praktiziert hatte. Sie musste damit rechnen, dass ihrer geänderten Rechtsauffassung nicht gefolgt würde.



c) Die Vorhandwerkerzulage beträgt ab 1. März 2015 monatlich 278,92 €. Das Arbeitsgericht ist zutreffend von einem Bruttobetrag ausgegangen und hat dies im Tenor klargestellt. Die Zinsforderung ergibt sich aus § 288 BGB in Verbindung mit § 284 Abs. 2 Nr. 1 BGB.



III.



Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihres ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen. Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, weil soweit ersichtlich eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur vorliegenden Fallgestaltung nicht vorliegt.

Dr. Natter
Geckeler
Hauth

Verkündet am 24.10.2016

Vorschriften§§ 315, 280 BGB, § 64 Abs. 6 ArbGG, § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO, § 64 Abs. 2 Buchst. c ArbGG, § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO, § 130 Nr. 6 ZPO, § 189 ZPO, § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 311a Abs. 1 BGB, § 241 Abs. 2 BGB, § 315 Abs. 1 BGB, § 315 BGB, § 242 BGB, § 12 Abs. 1 Satz 4 TVöD, § 894 ZPO, § 280 Abs. 1 BGB, § 288 BGB, § 284 Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 97 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr