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14.12.2016 · IWW-Abrufnummer 190619

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen: Urteil vom 27.09.2016 – 19 K 5500/15

1. Eine für die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit erforderliche Gewinnerzielungsabsicht liegt nicht vor, wenn die Tätigkeit lediglich auf Kostendeckung ausgerichtet ist, weil das Bewachungsunternehmen gegenüber seiner Konzernmutter nur die tatsächlich angefallenen Kosten abrechnet und etwaige Gewinne über einen Gewinnabführungsvertrag abführen muss, mit dem sich die Konzernmutter zugleich zur Übernahme jeglicher Verluste verpflichtet hat.

2. Die Gewinnerzielungsabsicht muss sich gerade auf die in Rede stehende Bewachungstätigkeit beziehen und darf nicht nur die Gewinnerzielung im Rahmen einer anderen Geschäftstätigkeit (hier: Profifußball) fördern.


Tenor:

Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 26. November 2015 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
 
1

Tatbestand:
2

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Klägerin für die Übernahme von Ordnertätigkeiten im T.      -J.     -Park einer Bewachungserlaubnis nach § 34a der Gewerbeordnung – GewO – bedarf.
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Die Klägerin ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der C.        Dortmund GmbH & Co. KGaA (nachfolgend C1.   -KGaA). Satzungsmäßiger Zweck der Klägerin ist die Erbringung von Personal- und Sachleistungen zur Bewirtschaftung und Verwaltung von Betriebseinrichtungen der C1.   -KGaA, insbesondere des Heimspielstadions einschließlich dazu gehöriger Nebenflächen und -einrichtungen. Für andere Unternehmen als die C1.   -KGaA wird die Klägerin nicht tätig.
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Die Klägerin beschäftigt das Personal, das bei Fußballspielen im T.      -J.     -Park, welcher seit 2013 im Eigentum der C1.   -KGaA steht, Servicedienste wahrnimmt und darüber hinaus die Sicherheit in dem Stadion gewährleisten soll. Der Ordnerdienst nimmt bei Bundesligaspielen und sonstigen Veranstaltungen im T.      -J.     -Park die Einlass- und Personenkontrollen sowie die Durchsuchungen der ankommenden Besucher des Stadions vor und ist für die Aufrechterhaltung der Ordnung und die Sicherheit der Besucher im Stadion verantwortlich. Darüber hinaus unterhält die Klägerin eine Hundestaffel sowie ein sog. „Sondereinsatzkommando“ zum Zweck des Einschreitens bei veranstaltungstypischen Eskalations-Situationen.
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Für die Service- und Ordnerdienste im T.      -J.     -Park stellt die Klägerin der C1.   -KGaA nach jedem Spiel die angefallenen Kosten für Personal und sonstige betriebliche Aufwendungen zuzüglich einer Verwaltungskostenpauschale von fünf Prozent in Rechnung. Von der Pauschale werden allgemeine betriebliche Ausgaben der Klägerin wie etwa die Kosten für die Steuerberatung oder die Betriebsprüfung bestritten. Die Klägerin ist auf Grundlage eines Gewinnabführungsvertrages vom 4. Oktober 2010 verpflichtet, die bei Abschluss eines Geschäftsjahres entstandenen Gewinne aus ihrem Geschäftsbetrieb an die C1.   -KGaA abzuführen. Durch den Gewinnabführungsvertrag ist die C1.   -KGaA zugleich verpflichtet, etwaig entstandene Verluste der Klägerin zu übernehmen.
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Am 15. Januar 2015 fand ein gemeinsames Gespräch der Beklagten mit Vertretern der C1.   -KGaA in den Räumen der Beklagten statt, das u.a. die Frage betraf, ob der Ordnerdienst durch ein Tochterunternehmen der Erlaubnispflicht nach § 34a GewO unterliegt.
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Mit Gutachten ihrer Prozessbevollmächtigten vom 2. Februar 2015 machte die Klägerin geltend, sie bedürfe für die Wahrnehmung der Bewachungsaufgaben im T.      -J.     -Park keiner gewerberechtlichen Erlaubnis nach § 34a GewO. Die Dienstleistungen seien im Rahmen der erforderlichen Gesamtbetrachtung nicht auf die Bewachung von Leben fremder Personen gerichtet. Zwar sei es nicht ausgeschlossen, dass die eingesetzten Ordner körperlichen Konfliktsituationen ausgesetzt und zu einem Einschreiten zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit der Stadionbesucher gezwungen sein könnten. Solche Tätigkeiten nähmen aber allenfalls eine untergeordnete Rolle ein. Auch bewache die Klägerin kein Eigentum fremder Personen. Unter formellen Gesichtspunkten fielen zwar die Inhaberschaft des Eigentums am Stadion (C1.   -KGaA) und die Durchführung der Bewachung durch die Klägerin auseinander. Entscheidend sei aber im Hinblick auf den Sinn und Zweck des § 34a Abs. 1 Satz 1 GewO, dass die C1.   -KGaA durch die engmaschige gesellschaftsrechtliche Verbundenheit sowie ihre Weisungsbefugnis gegenüber der Geschäftsführung der Klägerin als Tochtergesellschaft maßgeblichen Einfluss auf die Auswahl des Wachpersonals habe und auch diesem gegenüber weisungsbefugt sei. Es könne daher keinen Unterschied machen, ob die C1.   -KGaA als Eigentümerin des Stadions die Bewachungstätigkeiten durch eigenes Personal oder eine mit ihr verbundene Konzerngesellschaft vornehmen lasse. Die gewählte Konstruktion sei auch keine Umgehung des mit § 34a Abs. 1 Satz 1 GewO intendierten Normzwecks. Es sei schließlich auch eine Übertragung von Miteigentum am Stadion auf die Klägerin oder von Personal auf die C1.   -KGaA denkbar. Eine solche Konstruktion wäre nach § 34a GewO erlaubnisfrei.
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Das von der Beklagten hinzugezogene Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen (MWEIMW) nahm dazu mit Schreiben vom 10. Juni 2015, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, dahingehend Stellung, es gehe auch in Anbetracht der Ausführungen im übersandten Gutachten weiterhin von einer erlaubnispflichtigen Bewachungstätigkeit der Klägerin aus.
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Mit Schreiben vom 2. September 2015 hörte die Beklagte die Klägerin zu einer beabsichtigten Untersagung der Ausübung des Bewachungsgewerbes an. Die Klägerin wiederholte und vertiefte mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 18. September 2015 ihre Ausführungen im Gutachten vom 2. Februar 2015 und ergänzte, sie sei bereits nicht im Sinne der Gewerbeordnung gewerblich tätig. Sie erbringe ihre Dienstleistungen gegenüber der C1.   -KGaA ohne Gewinnerzielungsabsicht, da ihre Tätigkeit lediglich auf Kostendeckung ausgerichtet sei. Etwaige Gewinne fielen nur beiläufig an und seien über den Gewinnabführungsvertrag an die Muttergesellschaft abzuführen. Zudem übe sie keine selbständige Tätigkeit aus, sondern sei ein 100-prozentiger Teil des Unternehmensverbundes des C1.   und in der Leitungsfunktion zum Teil personenidentisch mit herausgehobenen Positionen innerhalb des Konzerns.
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Mit Bescheid vom 26. November 2015 untersagte die Beklagte der Klägerin unter Ziffer 1. die Ausübung des Bewachungsgewerbes ab dem 1. Januar 2016. Für den Fall der nicht fristgemäßen Befolgung der Anordnung in Ziffer 1. drohte die Beklagte unter Ziffer 2. für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000,- Euro an.
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Zur Begründung der Untersagungsverfügung berief sich die Beklagte auf § 15 Abs. 2 i.V.m. § 34a Abs. 1 GewO. Die Klägerin übe das Bewachungsgewerbe aus, ohne im Besitz einer entsprechenden Erlaubnis zu sein. Die erforderliche Gewinnerzielungsabsicht werde der Klägerin schon deshalb unterstellt, weil sie mit ihrer Muttergesellschaft einen Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen habe. Der Verweis der Klägerin auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Frage der Gewinnerzielungsabsicht bei einer konzerninternen Arbeitnehmerüberlassung gegen Gewährung einer Verwaltungskostenpauschale gehe fehl. In zwei späteren Entscheidungen habe das Gericht von der in diesem Urteil vertretenen Auffassung Abstand genommen und betont, bei Wirtschaftsunternehmen, die keine gemeinnützigen, karitativen oder sonst ideellen Ziele verfolgten, sei grundsätzlich anzunehmen, dass sie aus der konzerninternen Arbeitnehmerüberlassung unmittelbare oder mittelbare wirtschaftliche Vorteile ziehen wollten. Solche wenigstens mittelbaren wirtschaftlichen Vorteile für den Konzern des C1.   bringe die gewählte Konstruktion der konzerninternen Übernahme der Bewachungstätigkeit durch die Klägerin mit sich. Die Beschäftigung eines eigenen Ordnerdienstes durch die Muttergesellschaft werde deshalb vermieden, weil die C1.   -KGaA die Berücksichtigung von Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat verhindern wolle. Darüber hinaus stelle die Klägerin ihrer Muttergesellschaft Bewachungspersonal deutlich unter den marktüblichen Tarifen externer Bewachungsdienstleister zur Verfügung, da die Klägerin insbesondere nicht an den Branchentarifvertrag gebunden sei. Durch die Übernahme der Bewachungstätigkeiten ohne Erlaubnis nach § 34a GewO entfielen zudem bei der Klägerin die Kosten für die Durchführung der Zuverlässigkeitsprüfungen sowie der Sachkundeschulungen ihrer Mitarbeiter.
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Die Klägerin übe auch eine selbständige Tätigkeit aus, sie sei weder Stellvertreterin noch abhängig beschäftigt. Stattdessen trete sie nach außen selbständig auf und handele im eigenen Namen sowie auf eigene Rechnung.
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Bei einer Gesamtbetrachtung der zu beurteilenden Tätigkeit der Klägerin sei im Sinne einer „Gesamtbildtheorie“ ergänzend zu berücksichtigen, dass die von ihr wahrgenommenen Bewachungsaufgaben nach den herkömmlichen Vorstellungen von Gewerbe und ausgehend von der Zweckbestimmung gewerberechtlicher Vorschriften als Instrumente der Gefahrenabwehr als gewerberechtlich regelungsbedürftig angesehen werden müssten. Der Überprüfung der zum Schutz der bis zu 80.000 Besucher des T.      -J.     -Parks eingesetzten Wachpersonen komme eine herausragende Bedeutung für die öffentliche Sicherheit zu, weshalb eine gewerbliche Überwachung dringend indiziert sei.
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Es sei auch zweifellos Aufgabe des von der Klägerin eingesetzten Bewachungspersonals, das Leben fremder Personen zu schützen. Bezüglich der Bewachung fremden Eigentums folge sie der Auffassung des Bund-Länder-Ausschusses „Gewerberecht“ vom 28./29. Oktober 2003, wonach es für die Frage des Eigentums allein auf die formal-rechtliche Selbständigkeit der Klägerin ankomme.
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Die Zwangsgeldandrohung beruhe auf §§ 57, 58, 60 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen –VwVG NRW–.
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Die Klägerin hat am 21. Dezember 2015 Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie die Ausführungen im Gutachten vom 2. Februar 2015 sowie in ihrem Anhörungsschreiben vom 2. September 2015. Sie ergänzt, eine Gewinnerzielungsabsicht könne auch nicht mit für den Konzern angestrebten wirtschaftlichen Vorteilen begründet werden. Zum einen sei die für die Berücksichtigung solcher Vorteile von der Beklagten herangezogene Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht übertragbar, denn diese betreffe die Frage einer gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung. Zum anderen würden auch auf Konzernebene keine wirtschaftlichen Vorteile angestrebt. Die Beklagte habe die durch die Nichtberücksichtigung von Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat angeblich entstehenden wirtschaftlichen Vorteile nicht substantiiert. Sie könne ihr Personal der C1.   -KGaA auch nicht günstiger anbieten als ein externer Dienstleister, da sie ebenfalls an den für allgemeingültig erklärten Flächentarifvertrag für das Bewachungsgewerbe gebunden sei. Es sei ferner unzulässig, aus den mit einer Erlaubnispflicht nach § 34a GewO einhergehenden Kostenbelastungen eine Gewinnerzielungsabsicht zu fingieren. Die für die gewerbliche Tätigkeit erforderliche Gewinnerzielungsabsicht müsse sich gerade auf die in Rede stehende Geschäftstätigkeit beziehen und dürfe nicht lediglich die Gewinnerzielung im Rahmen einer anderen Geschäftstätigkeit fördern.
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Die Klägerin beantragt,
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die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 26. November 2015 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung bezieht sie sich auf die angegriffene Ordnungsverfügung und ergänzt, der vorliegende Sachverhalt sei inzwischen in der Herbstsitzung des Bund-Länder-Ausschusses „Gewerberecht“ in anonymisierter Form diskutiert worden. Der Ausschuss sei einstimmig der Rechtsauffassung gefolgt, dass es sich um eine erlaubnispflichtige Tätigkeit nach § 34a GewO handele.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist zulässig und begründet. Die angegriffene Ordnungsverfügung der Beklagten vom 26. November 2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Die Beklagte hat der Klägerin zu Unrecht in Ziffer 1. der angegriffenen Ordnungsverfügung die Fortführung des Bewachungsgewerbes nach § 15 Abs. 2 GewO untersagt. Danach kann die Fortsetzung des Betriebs von der zuständigen Behörde verhindert werden, wenn ein Gewerbe, zu dessen Ausübung eine Erlaubnis, Genehmigung, Konzession oder Bewilligung (Zulassung) erforderlich ist, ohne diese Zulassung betrieben wird.
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Die Voraussetzungen der Vorschrift sind nicht erfüllt, weil die Klägerin kein Gewerbe betreibt. Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung ist eine erlaubte, auf Gewinnerzielungsabsicht gerichtete und auf Dauer angelegte selbständige Tätigkeit, die nicht den Bereichen der Urproduktion, den Freien Berufen oder der bloßen Verwaltung eigenen Vermögens zuzurechnen ist.
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Die Klägerin handelt nicht mit Gewinnerzielungsabsicht. Gewinnerzielungsabsicht bedeutet, dass von dem Gewerbetreibenden durch die gewerberechtlich bedeutsame Tätigkeit ein unmittelbarer oder mittelbarer wirtschaftlicher Vorteil angestrebt wird, der zu einem nennenswerten Überschuss über den Ausgleich der eigenen Aufwendungen hinausführt. Folglich liegt keine Gewinnerzielungsabsicht vor, wenn die Tätigkeit nur auf Kostendeckung oder -minderung zielt.
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Vgl. nur Nds. OVG, Urteil vom 29. August 2007 – 7 LC 229/06 –, GewArch 2008, 34 ff.
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Gemessen an diesen Maßstäben liegt keine Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin vor.
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Sie strebt durch ihre Tätigkeit für die C1.   -KGaA keine unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen Vorteile an, die zu einem nennenswerten Überschuss über den Ausgleich ihrer eigenen Aufwendungen hinausführen. Aus den Abrechnungen der Klägerin an die C1.   -KGaA für die erbrachten Tätigkeiten sowie dem Gewinnabführungsvertrag vom 4. Oktober 2010 ergibt sich, dass die Tätigkeit der Klägerin lediglich auf Kostendeckung zielt. Die Klägerin rechnet nach jedem Heimspiel des C1.   die im T.      -J.     -Stadion erbrachten Ordnerdienste ab, indem sie der C1.   -KGaA die tatsächlich entstandenen Kosten für Personal und betriebliche Aufwendungen zuzüglich einer Verwaltungskostenpauschale von fünf Prozent in Rechnung stellt. Aus der Pauschale werden die laufenden allgemeinen Betriebskosten wie die Steuerberatung oder der Jahresabschluss bestritten. Sollte sich am Ende des Geschäftsjahres ein Überschuss aus ihrer Tätigkeit ergeben, so ist die Klägerin verpflichtet, diesen nach Ziffer 2.1 des Gewinnabführungsvertrages an die C1.   -KGaA abzuführen. Sollte am Ende des Jahres dagegen ein Defizit bestehen, so ist die C1.   -KGaA nach Ziffer 2.3 des Gewinnabführungsvertrages zum Ausgleich dieses Verlustes verpflichtet. Dementsprechend ergab die exemplarisch vorgelegte Gewinn- und Verlustrechnung nach Abschluss des Geschäftsjahres 2014/2015 ebenso wie nach Abschluss des Vorjahres einen Jahresüberschuss von 0,- Euro.
31

Der Abschluss dieses „Gewinnabführungsvertrages“ indiziert dabei nicht, wie von der Beklagten angenommen, das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht. Die Bezeichnung des Vertrages ist nicht maßgeblich, sondern die mit ihm verfolgte Zielsetzung. Gerade die Verknüpfung der Verpflichtung der Klägerin zur Abführung von Überschussen mit der Verpflichtung der Muttergesellschaft zum Ausgleich von Verlusten in derselben Vertragsklausel macht deutlich, dass der Vertrag nur auf die Vermeidung einer Unter- bzw. Überdeckung der Klägerin abzielt. Die von den Vertragsparteien dabei einkalkulierte Möglichkeit der Erzielung von Gewinnen heißt nicht, dass die Erwirtschaftung eines solchen Überschusses von den Vertragsparteien auch beabsichtigt war.
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Zum für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin Bewachungstätigkeiten für andere Auftraggeber als die C1.   -KGaA wahrnimmt bzw. wahrnehmen wird und dadurch Gewinne erzielen will. Zwar hat die Klägerin bis zum 25. Februar 2015 Personal bei Spielen in der C2.        M.          sowie bis zum 7. März 2015 im Stadion S.    Erde eingesetzt. Dabei handelte es sich aber um singuläre Ereignisse, bei denen die Klägerin den in § 2 Abs. 1 ihres Gesellschaftsvertrages festgelegten Unternehmensgegenstand überschritten hat. Dementsprechend hat die Klägerin bereits mit Email vom 20. Februar 2015 versichert, derartige gesellschaftsfremde Aktivitäten in Zukunft zu unterlassen. Diese Absicht hat sie noch einmal klarstellend in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt. Vor diesem Hintergrund stand bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der Untersagungsverfügung und erst recht im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung eine erneute Tätigkeit der Klägerin für Auftraggeber außerhalb des Konzernverbundes nicht in Rede. Dementsprechend hat auch die Beklagte in ihrer Untersagungsverfügung für die Frage der Gewinnerzielungsabsicht Tätigkeiten für andere Auftraggeber als die C1.   -KGaA nicht in Rechnung gestellt.
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Auch aus wirtschaftlichen Vorteilen für die C1.   -KGaA kann keine Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin abgeleitet werden.
34

Es ist bereits fraglich, ob es für die Frage der Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin überhaupt auf etwaige wirtschaftliche Vorteile der konzernverbundenen Muttergesellschaft C1.   -KGaA ankommen kann. Der Verweis der Beklagten auf Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Gewinnerzielungsabsicht bei einer konzerninternen Arbeitnehmerüberlassung geht jedenfalls fehl. In den von der Beklagten zitierten Urteilen vom 9. Februar 2011 – 7 AZR 32/10 – sowie vom 21. Oktober 2014 – 9 AZR 1021/12 – hat sich das Gericht mit der Frage der Gewerbsmäßigkeit einer Arbeitnehmerüberlassung in Sinne von § 1 des Arbeitsnehmerüberlassungsgesetzes – AÜG – auseinandergesetzt und festgestellt, dass die für eine gewerbsmäßige Tätigkeit erforderliche Gewinnerzielungsabsicht eines Entleihers regelmäßig auch dann vorliege, wenn die wirtschaftlichen Vorteile der Arbeitnehmerüberlassung bei einem anderen Konzernunternehmen eintreten sollten. Der Begriff der Gewerbsmäßigkeit in § 1 AÜG ist aber mit dem Gewerbebegriff der Gewerbeordnung nicht gleichzusetzen, da unterschiedliche Schutzzwecke verfolgt werden. Die Ausweitung des Merkmals der Gewerbsmäßigkeit nach § 1 AÜG zielt nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf den Sozialschutz der Leiharbeitnehmer ab. So führt das Gericht aus, im Hinblick auf die Schutzbedürftigkeit der überlassenen Arbeitnehmer mache es keinen Unterschied, ob der Gewinn aus einer konzerninternen Arbeitnehmerüberlassung erst bei dem Überlassungsunternehmen ausgewiesen und dann abgeführt werde, oder ob er sogleich bei der Konzernmuttergesellschaft oder einem anderen entleihenden Konzernunternehmen entstehe. Ein solches Schutzziel ist dem in Rede stehenden gewerberechtlichen Gewerbebegriff fremd.
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Selbst wenn ungeachtet dessen wirtschaftliche Vorteile für die Muttergesellschaft der Klägerin in den Blick genommen werden, ist eine auf Gewinnerzielung gerichtete Bewachungstätigkeit zu verneinen. Die für die Annahme eines Gewerbes erforderliche Gewinnerzielungsabsicht muss sich gerade auf die in Rede stehende Geschäftstätigkeit beziehen. Es genügt nicht, wenn mit der Tätigkeit lediglich die Gewinnerzielung im Rahmen einer anderen Geschäftstätigkeit gefördert werden soll.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. November 2015 – 4 B 710/15 -, juris.
37

So liegt der Fall aber hier. Die C1.   -KGaA hat nicht die Absicht, gerade mit der Bewachungstätigkeit Gewinne zu erzielen. Sie kommt mit der Bewachung des Stadions (durch die Klägerin) lediglich einer Nebenpflicht zu ihrem eigentlichen Geschäftszweck nach. Sie ist kein Bewachungsunternehmen, sondern ein Profi-Fußballclub. Ihre Gewinnerzielungsabsicht bezieht sich auf den Profifußball und die typischerweise mit dieser Haupttätigkeit erzielbaren Einnahmen, namentlich aus Fernsehgeldern und Merchandising. Soweit durch die konzerninterne Ausgliederung der Bewachung Kosten gesenkt bzw. Steuern gespart werden sollen, will die C1.   -KGaA damit nicht Gewinne im Bewachungsgewerbe erzielen, sondern lediglich die Gewinnerzielung im Profifußballbetrieb fördern.
38

Die C1.   -KGaA umgeht mit dieser Konstruktion entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht die Erlaubnispflicht nach § 34a GewO. Würde sie die Bewachung wieder durch einen vereinseigenen Ordnerdienst vornehmen, wie sie es vor Gründung der Klägerin getan hat, wäre diese Tätigkeit aus den soeben genannten Gründen nicht erlaubnispflichtig.
39

Auf das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht kann auch nicht verzichtet werden. Die von der Beklagten behauptete „Gesamtbildtheorie“ läuft im Kern darauf hinaus, Tatbestandsmerkmale des Gewerbebegriffs aus ordnungspolitischen Zweckmäßigkeitserwägungen je nach Lage des Einzelfalls zu negieren. In letzter Konsequenz wäre Gewerbe das, was für gewerberechtlich überwachungsbedürftig erachtet wird. Damit würde der der Gewerbeordnung zu Grunde liegende Gewerbebegriff jegliche Konturen verlieren.
40

Die zur Durchsetzung der Anordnung in Ziffer 1. ergangene Zwangsgeldandrohung in Ziffer 2. der angegriffenen Ordnungsverfügung hat keinen Bestand, weil es aufgrund der rückwirkenden Aufhebung der Untersagungsverfügung in Ziffer 1. durch das Gericht bereits an dem gemäß § 55 Abs. 1 VwVG NRW erforderlichen Grundverwaltungsakt fehlt.
41

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. den § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.
42

B e s c h l u s s
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Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 15.000,- Euro festgesetzt.

VorschriftenGewO § 15 Abs. 2; GewO § 34a

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