16.11.2016 · IWW-Abrufnummer 189928
Hessisches Landesarbeitsgericht: Urteil vom 19.08.2016 – 10 Sa 1023/15
Leitsatz:1. Der Arbeitgeber kann über seine Erstattungsforderungen nach § 15 Abs. 5 VTV /2013 nur verfügen, wenn das Beitragskonto keinen Debetsaldo aufweist.
2. Ist das Beitragskonto aber rechnerisch ausgeglichen, weil der Arbeitgeber laufend seiner Verpflichtung zur Meldung und zur Zahlung der Beiträge nachkommt, ist die ULAK nur dann zur Verweigerung der Verrechnung bzw. Auszahlung des Erstattungsguthabens berechtigt, wenn sie konkret darlegt, dass die den Erstattungsanträgen zugrunde liegenden Urlaubstage unzutreffend angegeben worden sind. Die Urlaubskasse genügt ihrer Darlegungslast noch nicht dadurch, dass sie behauptet, der Arbeitgeber habe zu (irgend) einem Zeitpunkt in der Vergangenheit bei den Urlaubstagen unrichtige Angaben gemacht.
3. An der Wirksamkeit der mit dem VTV vom 03. Mai 2013 eingeführten Verzugszinsregelung in § 20 Abs. 1 VTV / 2013, nach der Verzugszinsen in Höhe von einem Prozent der Beitragsforderung geschuldet sind, bestehen keine Bedenken.
In dem Berufungsverfahren
Kläger, Widerbeklagter und Berufungsbeklagter
Proz.-Bev.:
gegen
Beklagte, Widerklägerin und Berufungsklägerin
Proz.-Bev.:
hat das Hessische Landesarbeitsgericht, Kammer 10,
auf die mündliche Verhandlung vom 19. August 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht als Vorsitzenden
und die ehrenamtliche
und die ehrenamtliche
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 17. Juni 2015 - 2 Ca 178/14 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Auf die Widerklage der Beklagten wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 533.952,49 EUR (in Worten: Fünfhundertdreiunddreißigtausendneunhundertzweiundfünfzig und 49/100 Euro) zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. Juni 2015.
Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 66 % und die Beklagte 34 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 98 % und die Beklagte 2 % zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten zuletzt über eine Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Zinsen auf Beiträge zu den Sozialkassenverfahren im Baugewerbe sowie um Erstattungsleistungen der Beklagten, die von ihr im Wege der Widerklage geltend gemacht worden sind.
Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien im Baugewerbe. Nach näherer tariflicher Maßgabe ist er die für den Einzug der Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes zuständige Stelle.
Der allgemeinverbindliche Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV/2010) vom 18. Dezember 2009, gültig ab 1. Januar 2010, der auf den Betrieb der Beklagten Anwendung fand, sieht folgende Regelungen vor:
Mit Wirkung zum 1. Juli 2013 ist der VTV vom 3. Mai 2013 (VTV/2013) in Kraft getreten. Dieser lautet auszugsweise wie folgt:
Die Beklagte ist ein baugewerbliches Unternehmen mit Sitz in der Türkei. Sie unterhält in Deutschland in A eine selbständige Niederlassung. Sie setzt durchschnittlich ca. 100 entsandte Werkvertragsarbeitnehmer aus der Türkei auf bis zu fünf Baustellen in Deutschland ein.
In dem Zeitraum von jedenfalls auch Mai 2013 bis Dezember 2013 entsandte sie aus der Türkei gewerbliche Bauarbeitnehmer nach Deutschland. Die dort eingesetzten Arbeitnehmer verrichteten überwiegend Rohbauarbeiten. Die entsandten Arbeitnehmer waren u.a. Eisenbieger, Schaler, Betonbauer und Maurer.
Die Beklagte nahm in den vergangenen Jahren regelmäßig an dem Sozialkassenverfahren teil, d.h., dass sie Monatsmeldungen erteilte, den Sozialkassenbeitrag abführte und dass die Urlaubskasse ihrerseits Erstattungen auszahlte.
Am 3. April 2012 fand eine Baustellenprüfung durch das Hauptzollamt Aachen (HZA) statt. Im Anschluss daran wurde unter dem 4. Juli 2012 ein Aktenvermerk angefertigt, wonach die Arbeitnehmer B und C in den Lohnunterlagen als Urlauber aufgeführt, allerdings am 3. April 2012 auf der Baustelle angetroffen worden seien (Bl. 57 der Akte). Herr D sei als "AZK" (Abkürzung für Arbeitszeitkonto) geführt worden. Mit der Monatsmeldung für April 2012 meldete die Beklagte für die Arbeitnehmer B, C und D für die betreffenden Tage bezahlten Urlaub.
In diesem Zeitraum (Mai - Dezember 2013) meldete die Beklagte gegenüber dem Kläger Sozialkassenbeiträge in Höhe von insgesamt 264.592,36 Euro.
Zwischen den Parteien entstand Streit über die Frage, ob die Meldung der Höhe des gewährten Urlaubs insbesondere ab Mai 2013 ordnungsgemäß erfolgt sei. Für Juni und Juli 2013 gewährte der Kläger keine Erstattungsleistungen. Die Beklagte hat für Juni 2013 einen Betrag in Höhe von 48.793,97 Euro und für Juli 2013 in Höhe von 56.042,58 Euro geltend gemacht. Letztmalig leistete der Kläger auf einen Erstattungsantrag der Beklagten für den Monat Januar 2014 eine Zahlung.
Die Beklagte zahlte weiter die von ihr gemeldeten Beiträge, während der Kläger die Auszahlung der eingereichten Erstattungen verweigerte.
Mit Schreiben vom 4. Dezember 2014 bestätigte der Kläger gegenüber dem ZAV Stuttgart, dass die Beklagte mit Stand 4. Dezember 2014 "ordnungsgemäß am Sozialkassenverfahren teilnimmt" (Bl. 129 der Akte). Mit Schreiben vom 8. Januar 2015 bestätigte er gegenüber der Beklagten, dass diese von Mai 2002 bis November 2014 am Urlaubskassenverfahren entsprechend den vorliegenden Meldungen ordnungsgemäß teilgenommen habe und aktuell keine Beitragsrückstände bestünden (Bl. 130 der Akte). Ein entsprechendes Schreiben erstellte der Kläger unter dem 18. März 2015 (Bl. 427 der Akte).
Mit seiner am 24. Februar 2014 rechtshängig gewordenen Klage hat der Kläger seine Beitragsansprüche für Mai bis Dezember 2013 in Höhe von 232.446,29 Euro nebst Zinsen gerichtlich geltend gemacht.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei nicht verpflichtet, nach § 18 Abs. 2 VTV eine Saldierung mit Erstattungsforderungen vorzunehmen. Es bestünden nämlich erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der von der Beklagten gemachten Meldungen. Bezüglich des Monats Mai 2013 habe die Beklagte u.a. insgesamt 415 (bezahlte) Urlaubstage gemeldet. Ausweislich der Stundenaufzeichnungen der Beklagten hätten jedoch zahlreiche Arbeitnehmer an den in der Monatsmeldung angegebenen Tagen überhaupt keinen (bezahlten) Urlaub gehabt, sondern die Tage seien benutzt worden, um Überstunden auszugleichen im Rahmen des Arbeitszeitkontos. Der Kläger hat für Mai mit dem Schriftsatz vom 11. September 2014 eine Anlage eingereicht, aus der sich entnehmen lässt, in welchem Umfang er für diesen Monat geltend gemachten Urlaub - hierbei sind insgesamt 13 Arbeitnehmer betroffen - nicht anerkennt (Bl. 54 - 56 der Akte).
Ausweislich des Aktenvermerks des Hauptzollamts Aachen vom 4. Juli 2012 seien die Arbeitnehmer B und C am 3. April 2012 auf einer Baustelle angetroffen worden, obwohl sie in den Stundenlisten als Urlauber geführt worden seien. Bei dem ebenfalls am 3. April 2012 angetroffenen D sei "AZK" vermerk worden.
Für den Arbeitnehmer z.B. E habe die Beklagte z.B. am 21. und 24. Mai Urlaub gemeldet, in Wirklichkeit habe er an diesen Tagen Arbeitszeitausgleich erhalten (vgl. Bl. 94, 98, 103 der Akte). Entsprechendes gelte für Juni 2013. Hier sei mindestens an 31 Tagen in den Stundenaufzeichnungen "AZK" eingetragen worden. Für Juni 2013 ergebe sich eine Quote von mindestens rund 11 % zu Unrecht beantragter Erstattungen. Die Poliere bei der Beklagten seien offenkundig nicht in der Lage, Urlaubstage und Ausgleich des Arbeitszeitkontos zu unterscheiden.
Die Bestätigung gegenüber dem ZAV Stuttgart sei höchst entgegenkommend erteilt worden. Der Beklagten sollte ermöglicht werden, weitere Zulassungsbescheide zu erhalten.
Der Kläger vertritt die Rechtsansicht, dass es statthaft sei, für spätere Zeiträume Auszahlungsleistungen zurückzuhalten. Aus § 15 Abs. 5 VTV lasse sich die Wertung entnehmen, dass auch die Regelung in § 18 Abs. 2 VTV konten- und nicht monatsbezogen zu verstehen sei. Es sei lediglich notwendig, Zweifel an der Erteilung richtiger Meldungen für bestimmte Zeiträume darzulegen.
Ursprünglich hat der Kläger eine Beitragsforderung für Mai bis Dezember 2013 in Höhe von 232.446,29 Euro nebst Zinsen geltend gemacht.
In dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 17. Juni 2015 hat der Kläger die Hauptforderung in Höhe von 232.446,29 Euro für erledigt erklärt und die Klage nur noch bzgl. der Zinsen aufrechterhalten. Zuvor hatte die Beklagte am 3. Dezember 2014 einen Betrag in Höhe von 185.000 Euro (Bl. 128 der Akte) und am 11. Juni 2015 einen Betrag in Höhe von 108.490,60 Euro gezahlt (Bl. 428 der Akte). Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
Die Beklagte hat beantragt,
Im Wege der Widerklage hat sie beantragt,
Der Kläger hat beantragt,
Die Beklagte hat zunächst die Auffassung vertreten, ihr stünde noch ein Guthaben für Erstattungen in Höhe von 25.489,94 Euro zu. Ab dem 1. Juli 2013 bestünde die Möglichkeit, Erstattungsleistungen direkt mit Beiträgen nach dem Sozialkassentarifvertrag zu saldieren. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 4. April 2014 eine Übersicht über ihre Erstattungsansprüche in dem Zeitraum Mai 2013 bis Dezember 2013 in einer Gesamthöhe von 258.036,23 Euro vorgelegt, bezüglich deren Einzelheiten auf Bl. 27 der Akte verwiesen wird.
Zuletzt hat die Beklagte geltend gemacht, ihr stünde für den gesamten Zeitraum Juni bis August 2013 sowie Februar 2014 bis April 2015 ein Erstattungsanspruch in Höhe von 538.996,67 Euro zu. Da sie die Beitragsansprüche für den Zeitraum Juni bis August 2013 mittlerweile an den Kläger gezahlt habe, würde insoweit keine Saldierung mehr geltend gemacht, so dass die Erstattungsleistungen auch für diesen Zeitraum auszuzahlen seien.
Die von dem Kläger erhobenen Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Erstattungsleistungen seien unbegründet. Die von der Beklagten für Mai 2013 gemeldeten Urlaubstage seien tatsächlich gewährt und vergütet worden. Aus der Anlage K2 (Bl. 76 - 88 der Akte) ergebe sich, dass an die 13 Arbeitnehmer im Mai 2013 sowohl das Urlaubsgeld als auch die AZK-Stunden ausgezahlt worden sei. Soweit im Einzelfall im Ausreisemonat "AZK" vermerkt worden sei, sei dem mit den Stundenaufzeichnungen befassten Mitarbeiter der Beklagten nicht der Urlaubskontostand bekannt gewesen.
Auch aus dem Aktenvermerk des HZA ließen sich keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der geltend gemachten Erstattungsansprüche herleiten. Die Arbeitnehmer seien am 3. April 2012 nicht bei der Arbeit, sondern dabei angetroffen worden, wie sie zur Mittagspause in die Container gingen. Wenn dabei Mitarbeiter angetroffen wurden, obwohl diese Urlaub oder AZK-Ausgleich hätten, sei das so zu erklären, dass sie mit den anderen Mitarbeitern mit zu Mittag gegessen hätten, gearbeitet hätten sie jedenfalls nicht auf der Baustelle. Selbst wenn es in Einzelfällen Unklarheiten geben sollte, würde das den Kläger immer noch nicht berechtigen, Erstattungsansprüche in einer Höhe zu verweigern, die in keinem Verhältnis zu den von den angeblichen Zweifeln betroffenen Beitragsmonaten stünden. Sie habe - auch im Falle von geringfügigen Kürzungen, wie sie die Klägerin z.T. vorgenommen hat - Anspruch darauf, dass Erstattungen dem Beitragskonto gutgeschrieben bzw. nach dessen Ausgleich ausgezahlt würden.
Der Kläger gehe selbst offenbar nicht ernsthaft davon aus, dass sie nicht ordnungsgemäß am Sozialkassenverfahren teilnehme, da sie mit Schreiben vom 12. März 2015 die Arbeitgeberübersichten über die Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer übersandt habe (Bl. 415 der Akte).
Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat mit Urteil vom 17. Juni 2015 der Klage in Bezug auf die Zinsen stattgegeben und die Widerklage der Beklagten abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe schlüssig dargelegt, dass ihm ein Anspruch auf Zahlung von Zinsen aus einem Betrag in Höhe von 232.446,29 Euro für den Zeitraum Mai 2013 bis Dezember 2013 zustünde. Hingegen sei die Widerklage nicht begründet. Dem Zahlungsbegehren der Beklagten stünde nach § 15 Abs. 5 VTV bzw. § 18 Abs. 5 VTV a.F. bereits entgegen, dass das Beitragskonto nicht ausgeglichen sei, da die Zinsen noch nicht vollständig entrichtet worden seien. Im Übrigen würden aber auch Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Meldungen vorliegen. Der Kläger habe vorgetragen, dass die Beklagte zwei Urlaubstage angemeldet habe, dabei seien teilweise aber zu Unrecht Arbeitszeitverkürzungstage als Urlaub deklariert worden. Es sei nicht ausreichend, wenn die Beklagte nur vortrage, dass die Vorarbeiter teilweise falsche Eintragungen gemacht hätten und die Arbeitnehmer tatsächlich an den bezeichneten Tagen in Urlaub gewesen seien. Wegen der weiteren Einzelheiten des Urteils erster Instanz wird verwiesen auf Blatt 431 - 437 der Akte.
Dieses Urteil ist der Beklagten am 10. August 2015 zugestellt worden. Die Berufungsschrift ist am 20. August 2015 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangen. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auf rechtzeitigen Antrag bis zum 10. November 2015 ist die Berufungsbegründung am 6. November 2015 bei Gericht eingegangen.
Seit Oktober 2015 erklärte sich der Kläger mit einer Saldierung einverstanden.
Den vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Zinsanspruch des Klägers ermittelte die Beklagte mit 23.726,60 Euro. Diesen Betrag überwies sie an den Kläger am 25. Juni 2015 (Bl. 497 der Akte). Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 31. März 2016 bestätigt, dass das Konto mit der Zinszahlung rechnerisch ausgeglichen sei.
Die Beklagte vertritt in der Berufungsbegründung die Auffassung, spätestens mit der Überweisung der Zinsen am 25. Juni 2015 hätte das Konto keinen Debetsaldo mehr aufgewiesen. Der Kläger habe auch nicht hinreichend geltend gemacht, dass überhaupt noch ein Debetsaldo bestünde. Der Verpflichtung zur Auszahlung der Erstattungen würde auch nicht entgegenstehen, dass es Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Urlaubsvergütung gäbe. Die angeblichen Zweifel in Bezug auf die Monate Mai und Juni 2013 könnten nicht nachvollzogen werden, da der Kläger keine Stundenaufzeichnungen vorgelegt habe. Das Arbeitsgericht habe sich auch über den Vortrag der Beklagten hinweggesetzt, wonach die Arbeitnehmer für Mai 2013 als Zeugen dafür benannt worden seien, dass ihnen sowohl die gemeldeten Urlaubstage als auch das Urlaubsgeld und die AZK-Stunden ausgezahlt worden seien. Bei den genannten 13 Arbeitnehmern, bei denen der Kläger einzelne Urlaubstage nicht anerkenne, handele es sich um Arbeitnehmer, deren Entsendezeit im Mai 2013 geendet habe.
Es habe am 7. Mai 2015 eine gemeinsame Besprechung stattgefunden, in der etwaige Zweifel anlässlich der Vorgehensweise der Abrechnung bei der Beklagten hinsichtlich der Arbeitnehmer in einem Ausreisemonat hätten geklärt werden können. Es sei vorgekommen, dass bei Arbeitnehmern im Ausreisemonat von den Bauleitern mit "AZK" gekennzeichnete Tage als Urlaubstage verbucht worden seien. Die Werkvertragsarbeitnehmer hätten ein Interesse daran, dass im Ausreisemonat sowohl das Urlaubskonto als auch das Arbeitszeitkonto ausgeglichen werde. Später seien den Arbeitnehmern auch im Ausreisemonat die mit "AZK" bezeichneten Stunden ausgezahlt worden. Generelle Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Teilnahme am Sozialkassenverfahren ließen sich daraus aber nicht ableiten. Es sei unverhältnismäßig, wegen eines möglicherweise bestehenden, jedenfalls unbeabsichtigten und geringfügigen Fehlers Erstattungen in Höhe von mittlerweile ca. 650.000 Euro zu verweigern und das Unternehmen an den Rand des Ruins zu bringen. Etwaige Zweifel an den Erstattungsansprüchen könnten jedenfalls nicht dazu führen, dass diese gänzlich im Wegfall gerieten. Vielmehr sei der Kläger verpflichtet, Zweifel offenzulegen und dem Arbeitgeber Gelegenheit zu geben, erforderlichenfalls berichtigte Meldungen vorzulegen.
Der vom Kläger geltend gemachte Zinsanspruch sei unbegründet, denn der Kläger hätte die Beiträge mit den Erstattungen verrechnen müssen.
Bei der von dem Kläger als BK1 vorgelegten Anlage (Bl. 566 ff. der Akte) handele es sich nicht um Stundenaufzeichnungen, sondern um Personaleinsatzpläne von Bauleitern bzw. Vorarbeitern. Die tatsächliche Einsatzplanung weiche aus den unterschiedlichsten Gründen, z.B. infolge witterungs- oder technisch bedingter Verzögerungen im Ablauf auf den Baustellen, von der Personaleinsatzplanung ab. Es sei daher nicht ungewöhnlich, wenn es zu Unterschieden in dem Personaleinsatzplan und der Stundenaufzeichnung komme. Urlaubstage seien den Vorarbeitern im Zeitpunkt der Personaleinsatzpläne häufig noch nicht bekannt. Die Stundenaufzeichnungen würden ihr aktuell auch nicht vorliegen, sondern befänden sich seit dem 24. Oktober 2013 beim Hauptzollamt Koblenz.
In dem Zeitraum Januar bis Juni 2013 seien in erheblichen Umfang noch Erstattungen aus 2012 abgerechnet worden, so dass es auch sein könne, dass in diesem Zeitraum ausnahmsweise mehr Erstattungen als Beiträge angefallen seien.
Das Beitragskonto weise (auch weiterhin) keinen Debetsaldo auf. Die Beklagte hat nochmals zusammenfassend eine Übersicht über die in den Jahren 2013 - 2015 gewährten Urlaubstage vorgelegt (Anlage K41), wegen deren Einzelheiten verwiesen wird auf Bl. 637 ff. der Akte.
In dem Termin zur mündlichen Verhandlung haben die Parteien den Rechtsstreit bezüglich der noch offen stehenden Zinsen aus dem Beitrag in Höhe von 232.446,20 Euro insgesamt für erledigt erklärt.
Die Beklagte beantragt zuletzt,
Der Kläger beantragt,
Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und meint, das Arbeitsgericht habe zu Recht der Klage in Bezug auf die zuletzt noch im Streit stehenden Zinsen stattgegeben. Im Übrigen meint er, dass nach wie vor eine Saldierungslage des §§ 18 Abs. 2 VTV nicht gegeben sei, da nach wie vor Zweifel an der Rechtmäßigkeit der geltend gemachten Erstattungen bestünden. Der klägerische Vortrag sei auch nicht ins Blaue hinein getätigt worden, da er auf Ermittlungen des Hauptzollamts basiere sowie auf eigenen Stundenaufzeichnungen der Beklagten. Die Beklagte räume den Fehler grundsätzlich auch ein und behaupte lediglich, dass es sich um gelegentliche Fehler ihrer Poliere handele. Dabei handele es sich um eine reine Schutzbehauptung. Die Stundenaufzeichnungen seien der Beklagten bekannt und müsste nicht nochmals vorgelegt werden. Offenbar sei das Urlaubskonto und das Arbeitszeitkonto nicht getrennt geführt worden. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass die Arbeitnehmer im Ausreisemonat für die arbeitsfreien Tage Urlaubsgeld und die noch bestehenden AZK-Stunden vergütet erhielten.
Mittlerweile hätten sich noch weitere Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Erstattungsansprüche unberechtigt seien. Aus den beschlagnahmten Stundenaufzeichnungen würde sich eindeutig ergeben, dass nahezu kein Urlaub gewährt und genommen, sondern dass tatsächlich gearbeitet worden sei. Auffällig sei zudem, dass die Beklagte in dem gesamten Zeitraum Januar bis Juni 2013 mehr Erstattungen beantragt als sie Beiträge gemeldet habe (365.052,97 Euro gegenüber 336.273,99 Euro). Erstattungsansprüche bestünden letztlich deshalb nicht, weil der konkrete Verdacht bestünde, dass die Urlaubsmeldungen falsch seien.
Zwar sei es richtig, dass dem Arbeitgeber die Möglichkeit zugestanden werden müsse, gemeldete Daten zu korrigieren, z.B. wenn sich der Sachbearbeiter vertan habe. Anders läge der Fall aber, wenn der Arbeitgeber eine eigene Systematik der Urlaubsmeldungen vornehme. Der Kläger behauptet, die Beklagte habe im vorliegenden Fall nach einem selbst im Vorhinein festgelegen Umfang Urlaub bestimmt. Dies ergebe sich aus den Anlage BK1 und BK2 (Bl. 709 f. der Akte), aus der ersichtlich sei, dass Urlaub nach einer Art Schachbrettmuster erteilt werde Aus der Anlage BK3 ergebe sich, dass Mitarbeiter in der 49. Kalenderwoche des Jahres 2012 keinen Urlaub gehabt hätten, gleichwohl sei für diese Zeiträume Urlaub gemeldet worden. Der Kläger bestreitet, dass es sich nur um Personaleinsatzpläne handele. Die Beklagte habe immer wieder Urlaub und "AZK" eingetragen, um dafür Erstattungen zu erlangen, ohne dass im Gegenzug Urlaub und Urlaubsgeld ausgezahlt worden sei.
Der Kläger vertritt auch in der Rechtsmittelinstanz nach wie vor die Rechtsmeinung, dass es ausreichend sei, bloße Zweifel an der Richtigkeit der Meldungen bzgl. der Erstattungsforderung darzulegen. Es sei dabei auch zu berücksichtigen, dass es nicht nur um die Sicherung des Auftragsvolumens der Kasse ginge, sondern auch um die Arbeitnehmerrechte und die Vermeidung eines Wettbewerbsvorteils eines Unternehmens.
Dem Kläger sei in dem Zeitraum Januar bis Mai 2013 ein Schaden aufgrund falscher Meldungen in Höhe von 332.719,35 Euro entstanden. Mit diesem Anspruch erkläre er hilfsweise die Aufrechnung gegen die Widerklageforderung.
Bzgl. der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird ergänzend Bezug genommen auf sämtliche gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig und hat auch zum weit überwiegenden Teil Erfolg. Die Widerklage ist weitgehend begründet. Die Beklagte kann von dem Kläger Zahlung der tariflich vorgesehenen Urlaubserstattungen verlangen ab Juni 2013. Ein Abzug ist lediglich insoweit zu machen als der Kläger substantiiert dargelegt hat, dass Meldungen in einem bestimmten Monat bzgl. einzelner Arbeitnehmer unrichtig sind. Der Kläger hat aber nicht darlegen können, dass die Beklagte fortgesetzt und systematisch unrichtige Angaben bei ihren Anträgen auf Erstattung der Urlaubsvergütung gemacht hat. Der Zinsanspruch ist nur in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gerechtfertigt, § 288 Abs. 2 BGB findet keine Anwendung.
A. Die Berufung der Beklagten ist zulässig.
Sie ist vom Beschwerdewert her statthaft (§ 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG). Ferner ist sie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 66 Abs. 1 Satz 1 1. Alt, 519 ZPO) und innerhalb der bis zum 10. November 2015 verlängerten Berufungsbegründungsfrist auch ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 Satz 5 ArbGG, 520 ZPO).
B. Die Widerklage ist zum großen Teil begründet. Die Voraussetzungen für die Auszahlung weiterer Erstattungen liegen vor. Die Beklagte kann insgesamt Zahlung von 533.952,49 Euro nach § 13 Abs. 1 VTV/2010 bzw. nach § 12 Abs. 1 VTV/2013 verlangen.
I. Die Beklagte hat grundsätzlich einen Anspruch auf Auszahlung der Urlaubserstattungen nach den §§ 13 Abs. 1 VTV/2010 bzw. 12 Abs. 1 VTV/2013 i.V.m. §§ 8 Abs. 1, 4 Nr. 1 und 5 Nr. 3 AEntG i.d.F. vom 20. April 2009 (BGBl. I 2009, 799).
1. Die Bestimmungen des VTV sind gemäß der §§ 8 Abs. 1, 4 Nr. 1 und 5 Nr. 3 A-EntG i.d.F. vom 20. April 2009 auf das Rechtsverhältnis der Parteien anzuwenden. Es schadet nicht, dass sich das Vertragsstatut der entsandten Arbeitnehmer nach türkischen Recht richtet, die Anwendbarkeit des VTV folgt aus Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 (Rom I) (früher: 34 EGBGB) (vgl. BAG 15. Februar 2012 - 10 AZR 711/10 - Rn. 32, AP Nr. 340 zu § 1 TVG Tarifvertrag: Bau). Diese Verordnung ist auch dann anwendbar, wenn der ausländische Staat nicht Mitglied der EU ist, vgl. Art. 2 Verordnung Rom I. § 8 Abs. 1 AEntG begegnet keinen rechtlichen Bedenken, insbesondere verstößt die Regelung weder gegen Verfassungsrecht noch gegen Europa- oder Völkerrecht (zur alten Rechtslage unter § 1 Abs. 3 Satz 1 AEntG a.F. vgl. BAG 1. April 2009 - 10 AZR 134/08 - Rn. 20, NZA 2009, 1302
[BAG 01.04.2009 - 10 AZR 134/08]
). Der VTV ist wirksam auf die Arbeitsverhältnisse der von der Beklagten nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer erstreckt worden. Das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vom 12. September 1963 (BGBl. II 1964, 510 ff.) ändert daran nichts (vgl. Hess. LAG 29. November 2004 - 16 Sa 427/04 - Rn. 21, Juris).
2. Bei der Beklagten handelt es sich um einen baugewerblichen Betrieb im Sinne der Baubetriebeverordnung (§ 3 Nr. 1 AEntG). Nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 der Verordnung über die Betriebe des Baugewerbes, in denen die ganzjährige Beschäftigung zu fördern ist, vom 28. Oktober 1980 (BGBl I 1980, 2033) werden Beton- und Stahlbetonarbeiten, in Nr. 21 Maurerarbeiten und in Nr. 25 Schalungsarbeiten erwähnt. Dass in dem Betrieb der Beklagten überwiegend Rohbauarbeiten erbracht worden sind und die §§ 4 ff. A-EntG einschlägig sind, ist im Übrigen zwischen den Parteien auch unstreitig. Mit Schriftsatz vom 4. April 2014 hat sie selbst vorgetragen, sie sei eine Baugesellschaft mit Sitz in der Türkei. Daher ist davon auszugehen, dass die Beklagte sowohl in Deutschland, aber auch unter Einbeziehung der Tätigkeiten in der Türkei überwiegend bauliche Leistungen erbracht hat.
3. Ein Erstattungsanspruch kann sich aber nicht unmittelbar aus § 12 Abs. 1 Satz 1 VTV/2013 ergeben. Der Arbeitgeber hat nach dieser Vorschrift Anspruch auf Erstattungsleistungen der ULAK u.a. für die vom Arbeitgeber an die Arbeitnehmer ausgezahlte Urlaubsvergütung, soweit auf diese nach den tarifvertraglichen Bestimmungen (hier nach § 8 Nr. 4 BRTV-Bau) ein Anspruch bestand. Die Leistung muss zur Erfüllung des tariflichen Anspruchs bestimmt sein (vgl. BAG 1. April 2009 - 10 AZR 134/08 - Rn. 21, NZA 2009, 1302
[BAG 01.04.2009 - 10 AZR 134/08]
). Sofern die Beklagte den Urlaub nicht auf der Grundlage der Bestimmungen des BRTV-Bau vergütet hat, sondern zur Erfüllung der nach türkischem Recht begründeten Ansprüche, ist dies hier nicht der Fall.
Allerdings bedingt die Verpflichtung des Klägers, im Anwendungsbereich des § 8 AEntG zur Vermeidung einer Ungleichbehandlung von Arbeitgebern mit Sitz im Ausland gegenüber Arbeitgebern mit Sitz im Inland die Tarifvorschriften "flexibel" anzuwenden, eine entsprechende Anwendung des § 12 Abs. 1 Satz 1 VTV/2013 (vgl. zu § 13 VTV a.F. BAG 1. April 2009 - 10 AZR 134/08 - Rn. 22, NZA 2009, 1302
[BAG 01.04.2009 - 10 AZR 134/08]
). Mit dem u.a. verfolgten Ziel des AEntG, die Arbeitgeber unabhängig von deren Sitz gleich zu behandeln, ist es nicht vereinbar, wenn der Arbeitgeber mit Sitz im Ausland trotz tatsächlicher Zahlung von Urlaubsvergütung an die entsandten Arbeitnehmer nach türkischem Recht bei gleichzeitiger Beitragszahlung an den Kläger keinen Erstattungsanspruch erwerben würde. Die tariflichen Regelungen - einschließlich derjenigen zum Verfall - gelten daher entsprechend auch für Arbeitgeber mit Sitz im Ausland (vgl. BAG 1. April 2009 - 10 AZR 134/08 - Rn. 23, NZA 2009, 1302
[BAG 01.04.2009 - 10 AZR 134/08]
. iE. ebenso Hess. LAG 4. Februar 2015 - 18 Sa 97/14 - Rn. 38, Juris).
II. Für die Auszahlung von Erstattungsforderungen gelten nach dem VTV/2013 - die inhaltlich identisch sind mit dem VTV/2010 - bestimmte Regelungen, die zu beachten sind.
Dazu gehört, dass der Anspruch nicht nach § 21 Abs. 2 VTV verfallen sein darf. Ferner müssen nach § 12 Abs. 1 Satz 2 VTV die Meldepflichten nach §§ 5, 6 VTV vollständig und ordnungsgemäß erfüllt sein. Auch muss das Beitragskonto bei der ULAK ausgeglichen sein, denn nach § 15 Abs. 5 Satz 1 VTV kann der Arbeitgeber über Erstattungsforderungen nur verfügen, wenn das bei der Einzugsstelle bestehende Beitragskonto keinen Debetsaldo ausweist und er seinen Meldepflichten entsprochen hat.
1. Die Erstattungsansprüche sind nicht verfallen. Nach § 21 Abs. 2 VTV waren die Ansprüche bis zum 30. September des auf die Entstehung des Anspruchs folgenden Jahres geltend zu machen.
Die Beklagte hat zuletzt Erstattungsforderung für Juni - August 2013 sowie Februar 2014 - April 2015 geltend gemacht.
Die Erstattungsbeiträge für Juni, Juli und August 2013 hat die Beklagte zwar erst mit Erweiterung der Widerklage gemäß Schriftsatz vom 12. Juni 2015 anhängig gemacht. Allerdings wurden Erstattungsansprüche für diesen Zeitraum bereits mit Schriftsatz vom 4. April 2014 in den Prozess eingeführt und daher gegenüber der Urlaubskasse geltend gemacht. Dies ist für die Wahrung der Verfallfrist ausreichend. Die Erstattungsansprüche für Februar 2014 - April 2015 sind mit Schriftsätzen vom 10. November 2014, 31. März 2015 und 12. Juni 2015 rechtzeitig geltend gemacht worden.
2. Der Kläger ist im vorliegenden Fall nicht berechtigt, die Erstattungsansprüche nach § 15 Abs. 5 VTV/2013 zurückzuhalten.
a) Nach § 15 Abs. 5 VTV/2013 sind Erstattungsforderungen des Arbeitgebers einschließlich seiner Forderungen gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 VTV mit der Maßgabe zweckgebunden, dass der Arbeitgeber über sie nur verfügen kann, wenn das bei der Einzugsstelle bestehende Beitragskonto keinen Debetsaldo aufweist und er seinen Meldepflichten entsprochen hat. Eine Aufrechnung gegen bestehende Beitragsrückstände ist für den Arbeitgeber ausgeschlossen. §§ 366, 367 BGB finden keine Anwendung.
Die Erstattungsansprüche setzen nicht nur den rechnerischen Ausgleich des Beitragskontos voraus, sondern auch die vollständige Beitragsmeldung. Sozialkassen sind, weil sie über sonstige Einkünfte nicht verfügen, nur funktionsfähig und können nur dann die tariflichen Leistungen sicherstellen, wenn die von den Bauarbeitgebern entrichteten Beiträge im Wege von Erstattungsleistungen nicht von solchen Arbeitgebern in Anspruch genommen werden können, die keine oder nicht tarifgerechte Beitragsmeldungen abgegeben und die Beiträge nicht in der tariflich festgelegten Höhe abgeführt haben. Ein ausgeglichenes Beitragskonto im Sinne der tariflichen Regelung kann nur festgestellt werden, wenn der Arbeitgeber vollständig seiner Meldepflicht nachgekommen ist (vgl. BAG 21. November 2007 - 10 AZR 481/06 - Rn. 20, AP Nr. 296 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Dieser Zusammenhang von tariflicher Meldepflicht und ausgeglichenem Beitragskonto macht deutlich, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der tariflichen Meldepflicht wesentliche Voraussetzung für den Erstattungsanspruch ist (vgl. BAG 21. November 2007 - 10 AZR 481/06 - Rn. 20, AP Nr. 296 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).
Eine ordnungsgemäße Meldung im Tarifsinne setzt nach den §§ 5, 6 VTV für die Meldung der dort genannten Daten folgende Fristen voraus: Die Meldepflicht nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 VTV besteht vor Aufnahme der Tätigkeit, die Pflicht nach § 6 Abs. 1 und Abs. 2 VTV sieht monatliche Meldungen bis zum 15. des Folgemonats vor und § 6 Abs. 5 VTV enthält Fristen für eine "Korrekturmeldung". Die fristgerechte Abgabe der Beitragsmeldungen in der tariflich festgelegten Art und Weise ist kein Selbstzweck, sondern dient der Berechnung und dem rechtzeitigen Einzug der Beiträge (vgl. BAG 1. April 2009 - 10 AZR 134/08 - Rn. 35, Juris). Der Arbeitgeber muss jedenfalls die erforderlichen Angaben so rechtzeitig vor dem Verfall oder der Verjährung der Beitragsansprüche melden, dass die ULAK die geschuldeten Beiträge vor dem Ablauf der tariflichen Verfallfrist oder der Verjährungsfrist berechnen und geltend machen kann. Erfüllt der Arbeitgeber seine Meldepflicht nicht tarifgerecht oder jedenfalls nicht rechtzeitig vor dem Verfall oder der Verjährung der Beitragsansprüche, kann die ULAK im Regelfall keine oder nur - wie hier - Mindestbeiträge geltend machen. Die Entrichtung von Mindestbeiträgen ist tariflich nicht vorgesehen und entspricht auch nicht dem Zweck des Urlaubskassenverfahrens, das vor allem die Auszahlung der tariflichen Urlaubsvergütung sichern soll (vgl. BAG 1. April 2009 - 10 AZR 134/08 - Rn. 35, Juris).
Ferner muss das Beitragskonto auch tatsächlich und rechnerisch ausgeglichen sein. Wenn die Tarifvertragsparteien als Voraussetzung für die Erstattungsansprüche des Arbeitgebers für Lohnausgleich und ausgezahlte Urlaubsvergütung ein ausgeglichenes Beitragskonto festgelegt haben, haben sie die Erstattungsansprüche an die vollständige Zahlung der nach der tariflichen Regelung geschuldeten Beiträge geknüpft. Für die Höhe der Sozialkassenbeiträge ist nach der tariflichen Regelung die tatsächlich angefallene Bruttolohnsumme maßgebend (vgl. BAG 21. November 2007 - 10 AZR 481/06 - Rn. 21, AP Nr. 296 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Die Bindung des Erstattungsanspruchs des Arbeitgebers an ein ausgeglichenes Beitragskonto soll verhindern, dass die Kasse zu Erstattungsleistungen verpflichtet wird, obwohl der Arbeitgeber die tariflich festgelegten Beiträge nicht entrichtet hat. Die Regelung will damit ersichtlich das Beitragsaufkommen der Sozialkasse sichern (vgl. BAG 21. November 2007 - 10 AZR 481/06 - Rn. 21, AP Nr. 296 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; Hess. LAG 23. Juli 2014 - 12 Sa 82/13 - Rn. 25, Juris).
Zwar ist der Arbeitgeber nach § 15 Abs. 5 Satz 1 VTV nur berechtigt, über seine Erstattungsforderungen zu verfügen, wenn er seinen Meldepflichten entsprochen hat. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine die Entstehung des Anspruchs betreffende Regelung, sondern um ein "Auszahlungshindernis". Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der tariflichen Regelung. Eine Verfügung über Erstattungsforderungen setzt deren Entstehung und Fälligkeit voraus (vgl. BAG 14. Dezember 2011 - 10 AZR 517/10 - Rn. 27, AP Nr. 338 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG 1. April 2009 - 10 AZR 134/08 - Rn. 30, Juris).
b) Nach diesen Grundsätzen ergibt sich, dass die Erstattungsansprüche entstanden sind und die Beklagte hierüber auch verfügen darf.
aa) Zunächst ist davon auszugehen, dass der Bauarbeitgeber das Beitragskonto einschließlich der Zinsen und Kosten ausgeglichen hat (§ 15 Abs. 5 VTV/2013).
Der Kläger hat mit Schreiben vom 31. März 2016 bestätigt, dass das Konto rechnerisch ausgeglichen sei. Die Beklagte hat fortwährend am Sozialkassenverfahren teilgenommen. Dies ist übereinstimmend auch noch einmal im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19. August 2016 festgehalten worden.
bb) Entgegen der Ansicht des Klägers ist auch davon auszugehen, dass die Beklagte ihren Meldepflichten entsprochen hat.
§ 15 Abs. 5 VTV/2013 ist so auszulegen, dass nicht jeder Fehler in den Meldungen dazu führt, dass der Arbeitgeber - auf Dauer - keinen Erstattungsanspruch mehr hat. Insbesondere ist davon auszugehen, dass die Urlaubskasse die Verrechnung oder Auszahlung von Erstattungen dann nicht zurückhalten darf, wenn der "Fehler" in den Meldungen das Beitragsaufkommen der Sozialkasse nicht berührt.
(1) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mitzuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien, wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., vgl. nur BAG 15. Dezember 2015 - 9 AZR 611/14 - Rn. 10, NZA 2016, 722).
(2) Nach § 12 Abs. 1 VTV/2013 erfolgt die Erstattung der Urlaubsvergütung aufgrund vollständiger und ordnungsgemäßer Meldung der Daten gemäß §§ 5, 6 VTV. Sie setzt ferner die Versicherung voraus, dass die gemeldeten Urlaubsvergütungen bzw. Urlaubsabgeltungen unter Beachtung der tarifvertraglichen Bestimmungen tatsächlich an die Arbeitnehmer ausgezahlt wurden und mit den Lohnkonten sowie den Lohnabrechnungen übereinstimmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts müssen die Meldungen nach den §§ 5, 6 VTV nicht "irgendwie", sondern vollständig und ordnungsgemäß sein (vgl. BAG 1. April 2009 - 10 AZR 134/08 - Rn. 33, Juris). Nach § 5 VTV sind die sog. Stammdaten, also Name, Adresse, Art der betrieblichen Tätigkeit etc. zu melden. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 VTV hat der Arbeitgeber insbesondere den beitragspflichtigen Bruttolohn und nach Nr. 4 die gewährten Urlaubstage und gewährte Urlaubsvergütung zu melden.
(a) Dem Wortlaut der Regelung in § 15 Abs. 5 VTV nach würde jeder Fehler bei den tariflich vorgesehenen Meldungen dazu führen, dass Erstattungen - auch für Folgezeiträume - nicht zu gewähren seien. Dies hätte zur Konsequenz, dass jeder Fehler bei den Meldungen nach §§ 5, 6 VTV/2013 dazu führen müsste, dass die Urlaubskasse - zeitlich praktisch unbegrenzt - zukünftig die Auszahlung von Erstattungsleistungen verweigern könnte. Der Arbeitgeber bliebe davon unabhängig nach den §§ 15, 18 VTV zur Zahlung der Beiträge verpflichtet. Damit besteht die Gefahr, dass das Unternehmen in eine wirtschaftliche Schieflage gerät, die bis zur Existenzvernichtung führen kann. Dies ist mit Blick auf grundrechtliche Wertungen (Art. 12, 14 GG) bedenklich. Das als solidarisches Umlagesystem konzipierte Urlaubskassenverfahren würde zu einer einseitigen Zahlungsverpflichtung geändert.
(b) Auch muss berücksichtigt werden, dass das monatliche Meldesystem - insbesondere wenn der Arbeitgeber sehr viele Arbeitnehmer beschäftigt - wie alle komplexen Meldungen fehleranfällig ist. Die Tarifvertragsparteien haben in § 6 Abs. 5 VTV/2013 daher auch ausdrücklich die Möglichkeit einer Korrektur von Meldungen vorgesehen. In § 25 VTV/2013 haben die Tarifvertragsparteien ein Rückforderungsrecht geregelt für den Fall, dass die Leistungserbringung der Kasse aufgrund unwahrer Angaben erfolgt ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts löst eine nur versehentlich fehlerhafte Meldung den Rückforderungsanspruch nicht aus (vgl. BAG 14. Dezember 2011 - 10 AZR 517/10 - Rn. 30, AP Nr. 338 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; Hess. LAG 4. Februar 2015 - 18 Sa 97/14 - Rn. 60, Juris).
(c) Eine teleologische Auslegung der Tarifnorm ergibt, dass nach Art der Mängel der Meldungen zu differenzieren ist. § 15 Abs. 5 VTV bezweckt, die Sozialkasse vor wirtschaftlicher Auszehrung zu schützen. Die Tarifvertragsparteien wollten mit der Regelung verhindern, dass der Arbeitgeber einen Anspruch auf Erstattung hat, obwohl noch Beitragsforderungen gegen ihn bestehen (vgl. BAG 21. November 2007 - 10 AZR 782/06 - Rn. 37, AP Nr. 297 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Das Beitragsaufkommen sollte gesichert werden (vgl. BAG 3. Mai 2006 - 10 AZR 344/05 - Rn. 31 AP Nr. 25 zu § 1 AEntG).
Die monatliche Meldung der Bruttolöhne ist Ausgangspunkt für die Erhebung des Sozialkassenbeitrags. Fehler und Mängel bei dieser "Einnahmenseite" der Sozialkasse sind geeignet, den Anspruch des Arbeitgebers (vorläufig) zu Fall zu bringen. Es besteht insoweit - ähnlich wie bei § 273 BGB (in diesem Sinne bei gänzlich fehlender Meldung BAG 13. Mai 2004 - 10 AZR 120/03 - zu 3 der Gründe, AP Nr. 265 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau) - ein "Auszahlungshindernis" (vgl. BAG 1. April 2009 - 10 AZR 134/08 - Rn. 30, Juris). Denn dann ist das Beitragsaufkommen der Kasse gefährdet, so dass nicht einzusehen ist, dass Erstattungen ausgezahlt werden sollten. Anders ist es aber, falls es um sonstige Fehler/Mängel der Meldungen nach §§ 5, 6 VTV geht, die nicht das Beitragsaufkommen der Kasse berühren. Zu denken wären dabei z.B. an Fehler bei der genauen Bezeichnung des Arbeitnehmers (Statusfragen). Zu denken ist aber auch an Mängel bei der Angabe der genommenen Urlaubstage. Hat der Arbeitgeber z.B. Tage als Urlaubstage deklariert, während der Arbeitnehmer an diesen Tagen gar keinen Urlaub erhalten hat, aber auch nicht gearbeitet hat, so besteht zwar der Sache nach kein Anspruch auf Auszahlung der Erstattung für diesen Zeitraum. Da dadurch aber nicht das Beitragseinkommen der Sozialkasse beeinträchtigt wird, ist es nicht gerechtfertigt, Erstattungen auch für Folgezeiträume zu verweigern.
Häufig scheitern in der Praxis die Klagen der Bauarbeitgeber auf Auszahlung der Erstattungen daran, dass sie nicht (laufend) den Meldepflichten des VTV in Bezug auf die Bruttolohnsummen nachkommen und die Sozialkassenbeiträge zahlen. In einem solchen Fall kann die Kasse ihren Vollbeitrag nicht berechnen oder nimmt weniger ein, als tariflich geschuldet. Im vorliegenden Fall hat der Bauarbeitgeber im Unterschied zu der ganz überwiegenden Mehrzahl der sich in der Praxis stellenden Fälle aber - zuletzt laufend und regelmäßig - am Sozialkassenverfahren teilgenommen, Beiträge entrichtet und diese nicht selbständig mit Erstattungsansprüchen verrechnet.
Damit ist als Zwischenergebnis festzuhalten, dass über die Regelung in § 15 Abs. 5 VTV die Urlaubskasse nicht pauschal die Auszahlung von Erstattungen verweigern darf, wenn sich Fehler (irgendwann) in der Vergangenheit bei den Meldungen nicht auf das Beitragsaufkommen, sondern nur auf die Höhe der Erstattungen ausgewirkt haben. Vielmehr ist in einem solchen Fall jeweils zu ermitteln, inwiefern einzelne Erstattungsforderungen zu Recht oder zu Unrecht erhoben worden sind. Dies entspricht einer sachgerechten und praktisch brauchbaren Auslegung der tariflichen Bestimmungen.
(d) Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts steht einer solchen Auslegung nicht entgegen. Das Bundesarbeitsgericht hat erkannt, dass Erstattungen dann nicht auszuzahlen sind, wenn der Arbeitgeber zu niedrige Bruttolöhne - in dem Fall nur Mindestbeiträge - gemeldet hat, so dass nicht sämtliche tarifvertraglich geschuldeten Beiträge an die Kasse abgeführt worden sind (vgl.
BAG 21. November 2007 - 10 AZR 481/06 - Rn. 16 ff., AP Nr. 296 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Auch die nicht rechtzeitige Meldung der Bruttolöhne vor Eintritt des Verfalls hat das Gericht als schädlich angesehen (vgl. BAG 1. April 2009 - 10 AZR 134/08 - Rn. 34 ff, Juris). Offen gelassen hat das Gericht, ob Erstattung auf unwahren Angaben beruht, wenn die Beklagte in höherem Umfang die Erstattung von Urlaubsvergütung geltend gemacht hat als ihre Arbeitnehmer bezahlten Urlaub erhalten haben (vgl. vgl. BAG 14. Dezember 2011 - 10 AZR 517/10 - Rn. 32, AP Nr. 338 zu § 1 TVG Tarifverträge).
cc) Es kann auch nicht zugunsten des Klägers davon ausgegangen werden, dass die Beklagte noch nicht sämtliche geschuldeten Beiträge entrichtet hat. Im vorliegenden Fall hat die Urlaubskasse ursprünglich nur geltend gemacht, die Höhe der gemeldeten Erstattungen sei unrichtig. Im Kern ist behauptet worden, dass die Beklagte "Arbeitszeittage" gewährt habe, nicht aber Urlaub, und dass deshalb der Urlaubsanspruch der Arbeitnehmer nicht erfüllt worden sei. Auf einen Hinweis des Gerichts hat die Kasse nunmehr behauptet, dass die Beklagte auch nicht sämtliche geschuldeten Bruttolöhne gemeldet und gezahlt hat. Mit Schriftsatz vom 31. Mai 2016 hat sie behauptet, für 11.913 Stunden im Zeitraum Januar bis Mai 2013 seien keine Meldungen erfolgt und keine Beiträge gezahlt worden. Dies ergebe sich nach einer Auswertung von Unterlagen durch den Zeugen F. Von welchen Stunden genau und von welchen Unterlagen der Kläger hier ausgeht, bleibt im Dunkeln. Die Berechnung des "Schadens" ist nicht nachvollziehbar dargelegt. Da der Kläger offenbar auf Unterlagen des Hauptzollamts seine Berechnungen stützt, wäre es Sache des Klägers gewesen, diese auch vorzulegen und nachvollziehbar zu machen, dass nicht alle Beiträge trotz Meldungen geleistet worden sind. Die Vernehmung des Zeugen F würde auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinauslaufen. Es kann daher zugunsten des Klägers nicht angenommen werden, dass die Beklagte ihre Beiträge bisher nicht ordnungsgemäß entrichtet hat.
Soweit der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19. August 2016 mündlich ausgeführt hat, jeder Fehler bei den Angaben zu dem gewährten Urlaub der Arbeitnehmer würde gleichzeitig zu einem Fehler im Beitragsaufkommen führen, kann dies nicht nachvollzogen werden. Werden zu Unrecht Urlaubstage behauptet, heißt dies noch nicht zwangsläufig, dass der Arbeitnehmer dann auch in diesem Zeitraum gearbeitet hat. Hier leitet der Kläger seine Behauptung, dass die Arbeitnehmer nicht Urlaub erhalten haben, daraus ab, dass "AZK"-Tage in den Stundenzetteln vermerkt waren. In diesem Fall hätten die Arbeitnehmer eine Freistellung aufgrund erarbeiteten Arbeitszeitguthabens gehabt und hätten in diesem Zeitraum gerade nicht tatsächlich gearbeitet. Die Höhe der gemeldeten Bruttolohnsumme ist dann für den Beitragseinzug in jedem Fall zutreffend.
Im Übrigen steht der nunmehr gemachte Vortrag auch im Widerspruch zu dem sonstigen (Prozess)verhalten des Klägers. Im Jahre 2015 hat sich der Kläger entschlossen, wieder Saldierungen mit Erstattungsforderungen vorzunehmen. Dies erscheint auf dem Boden seiner Ansicht, dass sämtliche Arten von Fehlern bei den gemeldeten Urlaubstagen zu einem Ausschluss von zukünftigen Erstattungsleistungen führe, nicht konsequent. Der Kläger hat auch gegenüber der Beklagten mehrfach, zuletzt mit Schreiben vom 18. März 2015, bestätigt, dass sie ordnungsgemäß am Sozialkassenverfahren in der Vergangenheit teilgenommen habe. Diese Erklärungen erfolgten offensichtlich im Hinblick darauf, dass es der Beklagten ermöglicht werden sollte, weiter baugewerbliche Tätigkeiten in Deutschland erbringen zu können. Sie dienten damit nicht dem Zweck, einen Streit zwischen den Prozessparteien beizulegen. Die Erklärungen können deshalb auch nicht als Erlassvertrag nach § 397 BGB oder als negatives Schuldanerkenntnis ausgelegt werden. Gleichwohl kann ihnen ein gewisser Beweiswert beigemessen werden, dass die dort abgegebene Erklärung - die Beklagte habe in der Vergangenheit stets ordnungsgemäß am Sozialkassenverfahren teilgenommen - zutreffend ist (vgl. zum Beweiswert einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung als "Zeugnis gegen sich selbst" BGH 30. September 2009 - VIII ZR 238/08 - Rn. 17, NJW 2010, 1135
[BGH 30.09.2009 - VIII ZR 238/08]
).
c) Kann der Kläger nicht nach § 15 Abs. 5 VTV/2013 die Zahlung der Erstattungen verweigern, kommt es darauf an, in welcher Höhe die Erstattungen begründet sind. Die Kammer geht davon aus, dass der Erstattungsanspruch der Beklagten für die Monate Mai und Juni 2013 teilweise zu kürzen ist, soweit sich Widersprüche in den gemeldeten Urlaubstagen bzgl. einzelner Arbeitnehmer dadurch ergeben, dass sich in den Stundenzetteln "AZK"-Tage finden. Die Kammer kann aus diesen unrichtigen Angaben unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls (§ 286 ZPO) aber nicht zu der Überzeugung gelangen, dass die Beklagte systematisch und dauerhaft fehlerhafte Urlaubsmeldungen eingereicht hat.
aa) Hinsichtlich der Erstattungsansprüche nach § 12 Abs. 1 VTV/2013 gelten im Grundsatz die allgemeinen Regeln zur Darlegungs- und Beweislast. Es ist zunächst Sache des Arbeitgebers, Grund und Höhe der Erstattungsansprüche darzulegen. Hierzu hat sich die Urlaubskasse nach § 138 Abs. 2 ZPO zu erklären. Will sie geltend machen, dass die Erstattungsleistungen zu Unrecht beantragt werden, hat sie dies substantiiert und konkret darzutun. Da die Kasse in der Regel außerhalb des Geschehensablaufs beim Bauarbeitgeber steht, kann sie u.U. auch nur vermutete Tatsachen vortragen. Es gilt hier Entsprechendes wie bei dem Vortrag der Kasse, mit dem sie behauptet, dass der Arbeitgeber - z.B. infolge illegaler Beschäftigung - zu niedrige Bruttolöhne gemeldet hat. Damit ist prinzipiell für jeden Monat zu untersuchen, ob die Höhe der geltend gemachten Erstattungen zutreffend ist.
Davon unberührt bleibt die Möglichkeit der Sozialkasse, geltend zu machen, dass sich Mängel bei den Meldungen nach §§ 5, 6 VTV hinsichtlich bestimmter Zeiträume auf Erstattungsansprüche aus anderen Zeiträumen auswirken, weil sich aus dem Verhalten des Arbeitgebers ableiten lässt, dass er strukturell das Sozialkassenverfahren falsch anwendet. Der Kasse bleibt m.a.W. unbenommen, konkret darzulegen, dass der Bauarbeitgeber systematisch bzw. laufend zu hohe Erstattungsforderungen geltend macht.
bb) Die Anwendung dieser Grundsätze ergibt, dass für Mai und Juni 2013 eine Kürzung um 5.044,18 Euro vorzunehmen ist. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die gemeldeten Urlaubstage zutreffend sind.
(1) Mit Schriftsatz vom 8. Januar 2015 hat der Kläger für die Arbeitnehmer G, H, E und I vorgetragen, dass für diese Arbeitnehmer im Mai 2013 Urlaub beantragt worden ist, obwohl laut den Stundenaufzeichnungen, die vom HZA sichergestellt wurden, an diesen Tagen z.T. "AZK" eingetragen worden ist. Dies betraf für G den 21. - 24. Mai, für Irmak den 18. - 24. Mai, und für E und I jeweils den 21. - 24. Mai (Bl. 94 ff. der Akte). Der Kläger hat sowohl die eingereichten Meldungen als auch die Stundenzettel vorgelegt, so dass der Vortrag auch seitens des Gerichts nachvollziehbar war. Die Urlaubskasse hat mit einem solchen konkreten Vortrag einen Widerspruch zwischen den gemeldeten Urlaubstagen und vorgefundenen Stundenzetteln belegt und damit substantiiert die Höhe der begehrten Erstattung bestritten.
Hierzu hat die Beklagte erklärt, dass dem mit der Stundenaufzeichnung befassten Mitarbeiter der Beklagten in Einzelfällen nicht bekannt gewesen seien mag, wie der Stand des Urlaubskontos im Ausreisemonat war. Fehlerhaft sei dann "AZK" eingetragen worden. Aus den vorgelegten Lohnabrechnungen ergibt sich jedenfalls, dass die Arbeitnehmer sowohl Urlaubsgeld als auch "AZK-Tage" ausgezahlt erhielten. Der Arbeitnehmer G erhielt für Mai 2013 Urlaubsgeld in Höhe von 1.285,29 Euro ausgezahlt sowie "AZK Stundenvergütung" in Höhe von 561,70 Euro (vgl. Bl. 79 der Akte). Der Arbeitnehmer E erhielt 1.107,47 Euro Urlaubsgeld und 411 Euro AZK-Vergütung ausgezahlt.
Der Vortrag der Beklagten vermag aber nicht hinreichend konkret zu erklären, warum die Stundenaufzeichnungen nicht mit den Erstattungsanträgen übereinstimmen. Es ist rechtlich gesehen etwas anderes, wenn der Arbeitnehmer von der Verpflichtung zur Arbeit freigestellt ist, weil er Urlaub hat oder weil er ein Arbeitszeitguthaben abfeiert. Der Vortrag der Beklagten ist insoweit auch allgemein gehalten; er beschreibt allgemein das Problem, dass dem Vorarbeiter, der für die Erstellung der Stundenzettel zuständig war, im letzten Monat der Entsendung u.U. nicht bewusst war, dass der Arbeitnehmer noch offene Urlaubsansprüche hat. Unklar bleibt, ob der Vortag so zu verstehen ist, dass es ein solches "Missverständnis" auch im konkreten Fall der Arbeitnehmer G, H, E und I gab oder nicht. Bei der Abgrenzung zwischen Arbeitszeitbefreiung wegen Überstunden und wegen Urlaub kommt es darauf an, welche Tilgungsbestimmung durch den Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gegenüber bei dessen Freistellung von der Arbeit getroffen worden ist. Eine Freistellung wegen Reduzierung des Überstundenkontos kann nicht im Nachhinein als Urlaubserteilung deklariert werden. Auch hierzu hat sich die Beklagte nicht hinreichend geäußert. Der von ihr angebotene Beweis durch Vernehmung der betroffenen Arbeitnehmer würde auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinauslaufen.
Damit ist eine Kürzung der Erstattungsansprüche vorzunehmen, soweit der Kläger konkrete Widersprüche zu den Stundenaufzeichnungen vorgetragen hat. Für den Arbeitnehmer G lässt sich dem Erstattungsantrag Bl. 98 entnehmen, dass für 7 Tage 1.285,29 Euro geltend gemacht worden ist. Das entspricht 183,61 Euro pro Urlaubstag. Für vier Tage ergeben sich 734,45 Euro, die zu viel geltend gemacht worden sind.
Entsprechend diesem Vorgehen ergibt sich für H, dass für diesen drei Tage zu viel (522,31 Euro) und für E vier Tage (738,31 Euro) Urlaub zu viel geltend gemacht worden sind. Ein I ergibt sich nicht aus der vom Kläger vorgelegten Liste über die Erstattungsanträge, so dass insoweit keine Kürzung infrage kommt. Insgesamt ist der Erstattungsanspruch der Beklagten für Mai 2013 deshalb um 1.995,07 Euro zu kürzen.
Für den Monat Juni 2013 hat der Kläger behauptet, die Beklagte habe in Bezug auf J an vier Tagen (730,81 Euro), für K an drei Tagen (555,54 Euro), für L an drei Tagen (572,52 Euro), für M an zwei Tagen (417,17 Euro) und für N an 5 Tagen (773,07 Euro) "AZK" eingetragen und damit in Wirklichkeit keinen Urlaub gewährt. Für O ist der Vortrag des Klägers nicht nachvollziehbar. AZK-Tage sind nur an vier Tagen - 5. Juni - 8. Juni - verifizierbar. Laut der klägerischen Anlage ist nur für zwei Tage, und nicht vom 5. -14. Juni, Urlaub geltend gemacht worden. Auch diese Behauptungen hat die Beklagte insgesamt nicht substantiiert bestritten. Insgesamt ist der Erstattungsanspruch der Beklagten für Juni 2013 deshalb um 3.049,11 Euro zu kürzen. Zusammen ergibt sich eine Kürzung um 5.044,18 Euro.
(2) Aus diesen Umständen kann entgegen der Ansicht des Klägers aber nicht der Schluss gezogen werden, dass die Beklagte systematisch und fortlaufend bei allen Meldungen des gewährten Urlaubs fehlerhafte Angaben gemacht hat.
Die Beklagte hat im Monat Juni 2013 136 entsandte Arbeitnehmer beschäftigt. Der Kläger konnte hier nur 5 Fälle aufzeigen, in denen zugrunde zu legen ist, dass die Meldungen fehlerhaft waren. Das macht eine Quote von 3,6 % Dass hier bewusst oder "im großen Stil" zu Unrecht Erstattungen kassiert werden sollten, ist schon aufgrund der Geringfügigkeit der aufgetretenen Unregelmäßigkeiten nicht feststellbar. Für Mai 2013 beträgt die "Fehlerquote" sogar nur 2,9 %.
Der Kläger beruft sich ferner auf den Aktenvermerk des HZA vom 4. Juli 2012. Danach sei am 3. April 2012 festgestellt worden, dass die Arbeitnehmer B, C auf der Baustelle angetroffen worden seien, obwohl sie Urlaub gehabt hätten. Dazu hat die Beklagte behauptet, dass sich diese Arbeitnehmer in der Mittagspause zum Essen den anderen Arbeitnehmern angeschlossen hätten, jedenfalls aber nicht gearbeitet hätten. Es erscheint nachvollziehbar, dass die entsandten Arbeitnehmer in ihrer Freizeit den sozialen Verbund mit den anderen entsandten Kollegen suchten; auch mag ein Vorteil darin liegen, dass der Arbeitgeber hier Mittagessen zur Verfügung stellte. Das durch den Aktenvermerk bestehende Indiz ist daher wenig aussagekräftig. Daraus kann zur Überzeugung der Kammer noch nicht hergeleitet werden, die Meldungen würden nicht stimmen. Hinzu kommt, dass es im vorliegenden Fall um Erstattungen ab Juni 2013 geht und der Vorfall mehr als ein Jahr zeitlich davorlag.
Aufgrund der "Unregelmäßigkeiten" bei den Meldungen für Mai und Juni 2013 kann nicht darauf geschlossen werden, die Beklagte beantrage in jedem Monat zu Unrecht Erstattungen. Die Kammer vermag hier eine generelle Täuschungs- und Bereicherungsabsicht aufseiten der Beklagten nicht festzustellen. Die relativ gesehen geringfügig fehlerhaften Meldungen sind auch mit Fehlern aufseiten der Vorarbeiter zu erklären. Gänzlich fehlerfreies Arbeiten erscheint bei einem Unternehmen der Größenordnung der Beklagten zwar idealtypisch wünschenswert, aber praktisch eher die Ausnahme zu sein. Die Beklagte hat sich auch bemüht, durch die Vorlage umfangreicher Unterlagen im Prozess (z.B. Gehaltsabrechnungen) zur Aufarbeitung der Materie beizutragen; sie hat ferner durch die konstante Beitragszahlung ihre Pflichten im Sozialkassen ihrerseits erfüllt.
Die von dem Kläger ermittelte Quote von mindestens rund 11 % zu Unrecht beantragter Erstattungen ist nicht nachvollziehbar. Zwar ist es denkbar, dass auch bei anderen Arbeitnehmern "AZK"-Tage eingetragen waren, während für die gleichen Tage Urlaub beantragt worden ist. Dies ist jedoch nicht nachvollziehbar dargetan. Der Kläger hat keine (weiteren) Stundenlisten vorgelegt und auch nicht diejenigen Arbeitnehmer benannt, bei denen angeblich zu viel Urlaub geltend gemacht worden ist. Da dem Kläger ein konkreter Vortrag für zwei Monate möglich war, ist auch anzunehmen, dass ihm dies für die Darlegung anderer Monate theoretisch möglich gewesen wäre.
Aus den Ermittlungen des HZA kann der Kläger i.E. nichts Tragfähiges herleiten. Ein Ermittlungsverfahren besagt zunächst nur, dass Ermittlungen aufgenommen wurden. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass hier ein konkretes Ergebnis, z.B. ein Bußgeldbescheid oder eine Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft, erfolgt ist. Den als Anlage BK1 und BK2 zum Schriftsatz vom 31. Mai 2016 vorgelegten Stundenzetteln vermag die Kammer keinen Indizwert in dem vom Kläger gewünschten Sinne beizumessen. Die Anlage BK1 ist schon deshalb unbrauchbar, weil dort keine Arbeitnehmer aufgeführt sind. Im Übrigen ist der Arbeitgeber berechtigt, den Arbeitnehmern Urlaub zu gewähren, wobei er allerdings die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer zu berücksichtigen hat, § 7 Abs. 1 BUrlG. Der Arbeitgeber kann bei der Anordnung von Urlaub auch betriebliche Interessen berücksichtigen und, wie die Beklagte zutreffend ausführt, auch die Besetzungsstärke auf der jeweiligen Baustelle. Wenn dabei ein "Schachbrettmuster" entsteht, mag dies so sein. Der Kläger behauptet wohl aber selbst nicht, dass die Beklagte stets "nach Gutdünken" nach Art eines Schachbrettmusters Urlaub bloß formal einträgt. Dass dies nicht der Fall ist, ergibt sich im Übrigen auch aus den anderen im Prozess vorgelegten Stundenaufzeichnungen, bei denen ein "Schachbrettmuster" nicht feststellbar ist. Die von der Urlaubskasse herangezogenen Indizien für eine allgemeine Fehlerhaftigkeit der Erstattungsanträge sind weitgehend ohne echte Substanz und spekulativ.
Auch der in der Rechtsmittelinstanz gehaltene Vortrag rechtfertigt nicht den allgemeinen Schluss, die Erstattungsleistungen würden stets mit fehlerhaften Angaben beantragt. Soweit mit Schriftsatz vom 18. Januar 2016 behauptet wird, das Urlaubs- und Arbeitszeitkonto sei "offenbar" nicht getrennt geführt worden, handelt es sich um eine Spekulation, für die der Kläger keine tragfähigen Indizien hat. Nicht nahvollziehbar ist auch die Behauptung, die Arbeitnehmer hätten in dem Zeitraum Januar bis Juni 2013 "nahezu kein Urlaub" gewährt bekommen. Woraus der Kläger eine solche Schlussfolgerung zieht, wird nicht näher erläutert. Soweit der Kläger darauf abstellt, dass in diesem Zeitraum mehr Erstattungen gemeldet als Beiträge gezahlt wurden (336.273,99 Euro gegenüber 365.052,97 Euro), mag dies für das Sozialkassenverfahren ungewöhnlich sein. Allerdings hat die Beklagte zuletzt erläutert, dass in diesen Erstattungen auch solche für 2012 mit enthalten gewesen waren. Dies kann ihr jedenfalls auch nicht - nach Aktenlage - widerlegt werden.
Sofern mit dem Schriftsatz vom 31. März 2016 teilweise Stundenaufzeichnungen für Januar bis Juni 2013 vorgelegt wurden, bleibt unklar, was damit genau dokumentiert werden soll. Bei grober Sichtung wurden hier nicht "AZK"-Tage eingestellt, so dass daraus die ursprüngliche Argumentation des Klägers nicht erhärtet werden kann. Sofern insoweit Widersprüche mit den eingereichten Erstattungsanträgen bestehen sollten, wäre es Sache des Klägers gewesen, diese auch (konkret) darzulegen. Die (allgemeine) Behauptung, es hätten sich Differenzen von 7 - 17 % ergeben, ist für die Kammer nicht nachvollziehbar.
Sofern der Kläger mit Schriftsatz vom 31. März 2016 auf weitere Differenzen in den Stundenzetteln und Urlaubseintragungen hinweist, ist dazu anzumerken, dass dieser Zeitraum - Dezember 2012 - gar nicht streitgegenständlich ist.
Somit kann festgehalten werden, dass unter Würdigung aller Umstände die Kammer nicht den Schluss ziehen kann, dass die Beklagte laufend und systematisch fehlerhafte Erstattungsanträge eingereicht hat. Legte man zugrunde, dass der Kläger durch seine außergerichtlichen Erklärungen gegenüber der Beklagten die ordnungsgemäße Teilnahme am Sozialkassenverfahren in der Vergangenheit bestätigt hat und würde darin einen zusätzlichen Beweiswert für die Richtigkeit der abgegebenen Meldungen sehen, so wären die vom Kläger vorgebrachten Indizien erst recht nicht ausreichend.
3. Die Widerklageforderung ist auch nicht durch die erklärte Aufrechnung mit angeblichen Gegenansprüchen in Höhe von 332.719,35 Euro nach §§ 387, 389 BGB erloschen.
a) Die Aufrechnung ist zunächst nach § 533 ZPO zulässig. Es handelt sich um den Prozessstoff, den das Gericht ohnehin mit überprüfen muss. Die Mitbehandlung im Berufungsprozess ist sachdienlich, da sie einen weiteren Prozess vermeidet.
b) Die Aufrechnung geht ins Leere, weil dem Kläger keine Gegenansprüche in der behaupteten Art und Weise zustehen.
Soweit die Meldungen der Erstattungen in dem Zeitraum Mai und Juni 2013 fehlerhaft waren, sind diese bereits von der Höhe der Erstattungen abgezogen worden. Der Kläger kann diesen Betrag nicht nochmals im Wege eines Schadensersatzes geltend machen.
Die Ausführungen zu der Begründung eines "Erstattungsschadens" in Höhe von 316.378,50 Euro sind nicht nachvollziehbar. Der Kläger behauptet, die Beklagte habe in dem Zeitraum Januar bis Mai 2013 "mindestens" 2.033 Urlaubstage zu Unrecht erstattet erhalten. Um welche Tage es hier gehen könnte, hat der Kläger nicht dargetan. Aus den im Prozess vorgelegten Stundenaufzeichnungen für diesen Zeitraum ergibt sich - soweit ersichtlich - eine weitaus geringere Zahl von Urlaubstagen. Der Zeuge F war nicht zu vernehmen. Dieser Beweis liefe auf eine unzulässige Ausforschung hinaus. Beim Zeugen müsste erst erfragt werden, um welche einzelnen Tage und Arbeitnehmer es gehen soll und weshalb im Einzelnen angeblich die Arbeitnehmer keinen Urlaub genommen haben sollen (vgl. auch zur Pflicht der ULAK zur Aufbereitung der Unterlagen des HZA Hess. LAG 4. Februar 2015 - 18 Sa 97/14 - Rn. 53, Juris).
4. Die Beklagte kann Zinsen nach den §§ 286, 288 Abs. 1 BGB grundsätzlich verlangen, nicht aber den höheren Zinssatz nach § 288 Abs. 2 BGB.
a) Der Anspruch auf Zahlung von Erstattungen entsteht grundsätzlich mit der Gewährung des Urlaubs und der - tarifvertraglich vorgesehenen - Antragstellung bei der Urlaubskasse. Solange aber das Beitragskonto noch einen Debetsaldo aufweist, besteht ein "Auszahlungshindernis". Der Anspruch ist zwar entstanden, aber nicht fällig bzw. durchsetzbar (vgl. BAG 14. Dezember 2011 - 10 AZR 517/10 - Rn. 27, AP Nr. 338 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG 1. April 2009 - 10 AZR 134/08 - Rn. 30, Juris). Dies gilt nach § 15 Abs. 5 VTV/2013 auch für die Zinsen auf die Beiträge.
Hier war das Beitragskonto der Beklagten zu denjenigen Zeitpunkten, ab denen sie jeweils Verzugszinsen begehrt, aber noch nicht ausgeglichen. Die Zinsen hat sie erst am 25. Juni 2015 überwiesen. Erst zu diesem Zeitpunkt konnte sie damit über die Erstattungsansprüche verfügen. Der Zinsanspruch ist daher erst ab dem 26. Juni 2015 gerechtfertigt.
b) § 288 Abs. 2 BGB ist zugunsten der Beklagten nicht einschlägig.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Entgeltforderung im Sinne des § 288 Abs. 2 BGB nur dann anzunehmen, wenn die Forderung auf die Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für eine vom Gläubiger erbrachte oder zu erbringende Leistung gerichtet ist, die in der Lieferung von Gütern oder der Erbringung von Dienstleistungen besteht (vgl. BGH 16. Juni 2010 - VIII ZR 259/09 - Rn. 12, BeckRS 2010, 16629). Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Die Erstattung des gewährten Urlaubs nach § 12 Abs. 1 VTV/2013 ist insbesondere keine Dienstleistung. Die Auszahlung der Erstattung ist (nur) die Kehrseite des zuvor erfolgten Beitragseinzugs. Es handelt sich um ein Solidarverfahren, das der Sicherung der Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer dient. Ähnlich wird etwa auch der Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehens oder aus Bürgschaft nicht als Entgeltforderung i.S.d. Norm angesehen (vgl. Müko-BGB/Ernst 7. Aufl. § 286 Rn. 76).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91a Abs. 1, 92 Abs. 1 Satz 1 2. Alts. ZPO.
1. Soweit die Kostenentscheidung aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien ergeht (91a Abs. 1 ZPO), ist es gerechtfertigt, die Kosten der Beklagten aufzuerlegen, da diese voraussichtlich im Rechtsstreit unterlegen gewesen wäre.
a) Zuletzt hat der Kläger nur noch Verzugszinsen begehrt. Anspruchsgrundlage ist § 20 Abs. 1 VTV/2013. Es ist unstreitig, dass sich die Beklagte mit der Zahlung der Beiträge für Mai bis Dezember 2013 (232.446,29 Euro) in Verzug befand. Die Höhe der Beiträge beruhte auf Eigenmeldungen der Beklagten. Dies hat das Arbeitsgericht mit Recht ausgeführt.
Eine Saldierung mit Erstattungsforderung zu einem früheren Zeitpunkt kam nicht in Frage. § 18 Abs. 2 VTV/2013 enthält lediglich eine "Sollvorschrift", die der Urlaubskasse eine Ermessen einräumt. Da die Meldungen zumindest teilweise fehlerhaft waren, bestanden auch "Zweifel an der Rechtmäßigkeit" der geltend gemachten Erstattungen.
b) Auch die Höhe der Verzugszinsen nach § 20 Abs. 1 VTV/2013 war nicht zu beanstanden. Die mit dem VTV/2013 eingeführte Verzugszinshöhe von 1 % des geschuldeten Beitrags pro angefangenen Monat begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.
aa) Den Tarifvertragsparteien kommt als selbständigen Grundrechtsträgern aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Ihnen steht in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen eine Einschätzungsprärogative zu (vgl. BAG 15. April 2015 - 4 AZR 796/13 - Rn. 31, NZA 2015, 1388; BAG 9. Dezember 2015 - 4 AZR 684/12 - Rn. 26, NZA 2016, 897
[BAG 09.12.2015 - 4 AZR 684/12]
). Das schließt auch die Befugnis zur Vereinbarung von Regelungen ein, die den Betroffenen ungerecht und Außenstehenden nicht zwingend sachgerecht erscheinen mögen. Die Tarifvertragsparteien sind nicht dazu verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund vorliegt (vgl. BAG 15. April 2015 - 4 AZR 796/13 - Rn. 31, NZA 2015, 1388). Die Tarifvertragsparteien haben auch den Grundrechten (Art. 2 Abs. 1, Art. 12 GG) Rechnung zu tragen. Dies gilt auch dann, wenn man annimmt, dass die Tarifvertragsparteien nicht unmittelbar an die Grundrechte gebunden sind (vgl. BAG 27. Mai 2004 - 6 AZR 130/03 - zu 1 b der Gründe, BeckRS 2004, 30342330; Löwisch in Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. Grundl. Rn. 28).
Dies gilt auch für die Regelungen, mit denen die Rechtsbeziehungen ausgestaltet werden, die infolge der Einrichtung von gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien gelten sollen. Durch § 4 Abs. 2 TVG hat der Gesetzgeber die unmittelbare Geltung auch zulasten der dem Geltungsbereich unterworfenen Arbeitgebern bei Urlaubskassen ausdrücklich anerkannt.
bb) Die Tarifvertragsparteien haben mit dem VTV vom 3. Mai 2013 die Höhe der Verzugszinsen von der Entwicklung des Basiszinssatzes der Europäischen Zentralbank abgekoppelt, wie dies vom Gesetzgeber in § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB vorgesehen ist. Derzeit ist der Basiszinssatz bei nahezu 0 %, so dass nach der gesetzlichen Vorschrift Verzugszinsen in Höhe von ca. 5 % jährlichen anfallen. Die tarifliche Regelung ist für die Sozialkasse deutlich günstiger, denn sie beträgt pro angefangenen Monat 1 % der Beitragsforderung, somit im Jahr 12 %. Dies ist (derzeit) mehr als doppelt so viel wie der gesetzliche Zinssatz bei Verbrauchern.
(1) Zunächst ist davon auszugehen, dass die Verzugszinsregelung in § 288 Abs. 1 BGB vom Gesetzgeber dispositiv gestaltet worden ist, d.h. es können abweichende Vereinbarungen getroffen werden (vgl. Müko-BGB/Ernst 7. Aufl. § 288 Rn. 34). Einschränkungen der Möglichkeit abweichender Vereinbarungen finden sich in Abs. 6; diese sind hier aber nicht einschlägig, so dass Vereinbarungen - dies können gerade auch Tarifverträge sein -, die einen höheren Zinssatz als in § 288 Abs. 1 BGB festlegen, möglich sind (vgl. Müko-BGB/Ernst 7. Aufl. § 288 Rn. 34).
(2) Bedenken könnte man daraus ableiten, dass in Fällen gestörter Vertragsparität eine Begrenzung der Höhe des Verzugszinssatzes als notwendig erachtet wird. In der Zivilrechtsdogmatik wird zu § 138 Abs. 1 BGB angenommen, dass ein wucherähnliches Geschäft vorliegen kann, wenn der vereinbarte Zins bei einem Kreditvertrag etwa das Doppelte des Marktzinses ausmacht (vgl. BGH 13. März 1990 - XI ZR 252/89 - zu I 2 der Gründe, NJW 1990, 1595; Müko-BGB/Armbrüster 7. Aufl. § 138 Rn. 119, 146). Eine absolute Grenze hat der BGH bei einem Unterscheid von 12 Prozentpunkten gezogen (vgl. BGH 13. März 1990 - XI ZR 252/89 - NJW 1990, 1595).
(3) Diese Bedenken sind aber letztlich nicht durchschlagend. Ein höherer Verzugszinssatz ist für Unternehmer üblich. § 288 Abs. 2 BGB a.F. sah mit 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz einen höheren Zinssatz vor, soweit Unternehmer als Schuldner betroffen sind. Nach § 288 Abs. 2 BGB n.F. beträgt bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über den Basiszinssatz. Der Gesetzgeber hat durch das Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr und zur Änderung der Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 22. Juli 2014 (BGBl. I Nr. 35, 1218) den Verzugszinssatz bei Geschäften zwischen Unternehmern mit Wirkung vom 1. August 2014 von acht auf neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz erhöht. Dem Gesetzgeber erschien dabei offenkundig in Zeiten der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank der ursprüngliche Zinssatz als zu niedrig. Auch im Handelsrecht sind Verschärfungen bei Verzug üblich, vgl. §§ 352 Abs. 1, 353 Satz 1 HGB. Im Bereich der Sozialversicherung sieht der Gesetzgeber eine inhaltlich praktisch gleiche Regelung vor, nach der für jeden angefangenen Monat nach Fälligkeit ein Säumniszuschlag in Höhe von 1 % des Beitrags anfällt, § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV.
(4) Es fehlt auch an einer subjektiven Komponente, die bei § 138 BGB erforderlich ist (vgl. BGH 26. November 1997 - VIII ZR 322/96 - zu IV 2 a der Gründe, NJW-RR 1998, 1065
[BGH 26.11.1997 - VIII ZR 322/96]
). Die Tarifvertragsparteien haben den erhöhten Zinssatz nicht in Ausnutzung einer für die Arbeitgeber alternativlosen Lage eingeführt. Anders als bei dem Abschluss eines Ratenkredits geht es nicht um die Frage, ob sich der Kreditnehmer aufgrund seiner wirtschaftlichen Situation zwangsläufig auf die erhöhten Zinsen hat einlassen müssen, sondern es geht um die Frage, das Risiko einer verspäteten Beitragszahlung angemessen zwischen Gläubiger und Schuldner zu verteilen. Die Festsetzung eines hohen Zinssatzes hat auch abschreckende Wirkung und ist geeignet, die Bauarbeitgeber zu einer pünktlichen Zahlung zu veranlassen und so zu der effektiven Durchsetzung des Sozialkassenverfahrens beizutragen. Außerdem werden auf diesem Weg Wettbewerbsvorteile minimiert (vgl. zu § 24 SGB IV Mette in BeckOK Stand 01.12.2015 § 24 SGB IV; Zieglmaier in Kasseler Kommentar zum SGB IV 89. EL § 24 Rn. 2). Dass durch den erhöhten Verzugszinssatz ernsthaft die Existenz von Bauunternehmern bedroht wäre, ist nicht ersichtlich.
2. Im Übrigen orientiert sich die Kostenentscheidung an dem Wert des Obsiegens und Unterliegens, § 92 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. ZPO.
C. Ein gesetzlicher Grund, die Revision zuzulassen, liegt nach § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vor.