14.11.2016 · IWW-Abrufnummer 189824
Landesarbeitsgericht Hamburg: Urteil vom 10.09.2015 – 7 Sa 24/15
In dem Rechtsstreit
B
- Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte:
g e g e n
die Firma
A GmbH
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigter:
erkennt das Landesarbeitsgericht Hamburg, 7. Kammer
auf die mündliche Verhandlung vom 10. September 2015
durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Frau Dr. Günther-Gräff
als Vorsitzende
die ehrenamtliche Richterin Frau H
den ehrenamtlichen Richter Herrn V
für Recht:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 01. April 2015 (26 Ca 415/14) wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im vorliegenden Verfahren über eine Gutschrift zum Arbeitszeitkonto des Klägers. Der Sache nach geht es um die Frage, in welchem zeitlichen Ausmaß die Inanspruchnahme von Freizeit durch den Kläger am 24. Dezember und 31. Dezember 2013 im Zeitkonto zu bewerten ist.
Die Beklagte ist ein Unternehmen der Flugzeugindustrie und unterhält einen Betrieb in H.. Der Kläger ist bei der Beklagten in H. seit 1988 als Konstruktionsingenieur beschäftigt. Er ist Mitglied der IGM. Sein Stundenverdienst beträgt bei seiner derzeitigen tariflichen Eingruppierung € 39,78 brutto.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Manteltarifvertrag für die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern Anwendung (nachfolgend: MTV). Nach dessen § 3 Nr. 1.1 beträgt die tarifliche Wochenarbeitszeit ohne Pausen in H. 35 Stunden. Gem. § 3 Nr. 4.1 MTV kann die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit gleichmäßig oder ungleichmäßig auf die fünf Werktage Montag bis Freitag durch Betriebsvereinbarung geregelt werden. Nach § 3 Nr. 5 MTV wird die Arbeitszeit an den einzelnen Werktagen sowie Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen gem. § 87 BetrVG durch Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat nach Maßgabe der betrieblichen Erfordernisse unter Beachtung der arbeitszeitrechtlichen Vorgaben festgesetzt.
In § 3 Nr. 9 MTV heißt es:
"Arbeitszeit am 24. und 31. Dezember
Am 24. und am 31. Dezember soll nicht länger als bis 13.00 Uhr und darf nicht länger als sechs Stunden gearbeitet werden.
Die an diesen Tagen über eine geleistete Arbeitszeit von sechs Stunden hinausgehende und dadurch ausfallende individuelle regelmäßige Arbeitszeit muss bezahlt werden. Es erfolgt kein Entgeltabzug.
....."
Für den Kläger wird wie für alle anderen Beschäftigten der Beklagten ein Arbeitszeitkonto geführt. Grundlage hierfür ist eine Betriebsvereinbarung "Arbeitszeitregelungen am Standort H." vom 31. Mai 2000 (nachfolgend: BV Arbeitszeit), wegen deren Einzelheiten Bezug genommen wird auf die Anlage K 1 (Bl. 6-9 d.A.). Darin heißt es auszugsweise:
"§ 2 Arbeitszeit
.....
2.2 Eine tägliche Kernarbeitszeit ist nicht festgelegt. ....
2.3 Beginn und Ende der Arbeitszeit, Pausenzeiten, Normalarbeitszeit sowie Rahmenarbeitszeit werden, sofern unter diesem Paragraphen dieser Betriebsvereinbarung nichts anderes geregelt ist, in den Anlagen (Arbeitszeit- bzw. Sonder-Arbeitszeitmodelle) als Bestandteil dieser Betriebsvereinbarung festgelegt.
2.4 Zum Ausgleich unterschiedlicher betrieblicher Auslastungen und Anforderungen werden Arbeitszeitmodelle vereinbart. Die einzelnen Modelle sind in den Anlagen A 1, ....... der Betriebsvereinbarung näher beschrieben.
2.5 Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit im Rahmen der Arbeitszeitmodelle und der Schichtmodelle unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange selbst bestimmen. In Einzelfällen kann zwischen Personalabteilung und Betriebsrat eine individuelle Arbeitszeit festgelegt werden.
2.6 Es wird ein Zeitrahmen von plus 100 Stunden (Zeitguthaben) und minus 35 Stunden (Zeitschuld) festgelegt. ....
2.9 Die Zeitentnahme aus dem Zeitkonto ist stundenweise, in Einzeltagen oder in Blöcken von Tagen möglich. .....
2.11 In besonderen Fällen wird der Auf- und Abbau der Arbeitszeitkonten nach gesonderter Vereinbarung der Betriebsparteien geregelt.
2.17 Die in den Arbeitszeitmodellen festgelegte Normalarbeitszeit dient als Grundlage zur Ermittlung von bezahlten und unbezahlten Fehlzeiten."
Der Kläger ist beschäftigt im Arbeitszeitmodell "A1-Normalbetrieb". Wegen der Einzelheiten der diesbezüglichen betrieblichen Regelung (Anlage zur BV Arbeitszeit) wird Bezug genommen auf die Anlage K 2 (Bl. 10 d.A.). Im Arbeitszeitmodell "A1-Normalbetrieb" ist keine Kernarbeitszeit vereinbart, die Sollarbeitszeit beträgt 7,0 Stunden pro Tag, die sog. Normalarbeitszeit ist festgelegt auf 7:15 Uhr bis 15:00 Uhr, die Rahmenarbeitszeit auf 6:30 Uhr bis 19:45 Uhr.
In der Zeit von 2001 bis 2012 haben die Betriebsparteien zusätzlich in gesonderten Betriebsvereinbarungen "Betriebsruhe" festgelegt, dass der Betrieb u.a. am 24. Dezember und 31. Dezember ruht. Die an den Betriebsruhetagen ausfallende Arbeitszeit ergibt sich gem. den Betriebsvereinbarungen "Betriebsruhe" grundsätzlich aus der individuellen vertraglichen Arbeitszeit; am 24. und 31. Dezember beträgt die Ausfallzeit nach der BV Betriebsruhe jedoch nur 5,5 Stunden pro Arbeitstag, soweit im Arbeitsvertrag keine kürzere Arbeitszeit festgelegt ist. Wegen der Einzelheiten der vorgelegten BV Betriebsruhe für die Jahre 2001 und 2012 wird Bezug genommen auf die Anlagen K 3 und K 4 (Bl. 11-16 d.A.).
Im Jahr 2013 kam es nicht zum Abschluss einer BV zur Betriebsruhe für den 24. und 31. Dezember.
Der Kläger nahm - wie viele weitere Beschäftigte - am 24. und 31. Dezember 2013 gemäß § 2.9 BV "Arbeitszeit" Freizeit in Anspruch. Im Gegensatz zu den Abzügen in den Vorjahren (unter Geltung der BV Betriebsruhe) wurde sein Zeitkonto durch die Beklagte für diese Tage nicht lediglich mit 5,5 Stunden, sondern mit 6,0 Stunden belastet. Dies ergibt sich aus der Zeitnachweisliste des Klägers für Dezember 2013 (Anlage K 7, Bl. 40 d.A.).
Der Kläger machte - wie eine Vielzahl weiterer Beschäftigter auch - mit Schreiben vom 11. März 2014 die Gutschrift einer Zeitstunde auf seinem Arbeitszeitkonto (jeweils 0,5 Stunden für den 24. Dezember und den 31. Dezember) gegenüber der Beklagten geltend (Anlage K 5, Bl. 17 d.A.). Mit Schreiben vom 2. April 2014 (Anlage K 6, Bl. 18 d.A.) wies die Beklagte das Begehren des Klägers zurück.
Mit seiner am 22. September 2014 beim Arbeitsgericht Hamburg erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren gerichtlich weiter.
Der Kläger hat vorgetragen, der Abzug der Beklagten von 6,0 Zeitstunden für den 24. und 31. Dezember 2013 sei nicht korrekt gewesen. Richtigerweise habe die Beklagte lediglich jeweils 5,5 Stunden abziehen dürfen, weshalb seinem Arbeitszeitkonto 1 Stunde gutzuschreiben sei. Zur Ermittlung der Dauer der bezahlten Fehlzeit sei gemäß Nr. 2.17 BV Arbeitszeit auf die Normalarbeitszeit abzustellen. Diese liege aber nicht - wie die Anlage zur BV Arbeitszeit regelt - in der Zeit von 7:15 Uhr bis 15:00 Uhr, sondern in der Zeit von 7:15 Uhr bis 13:00 Uhr. Nach Abzug von 15 Minuten Pause ergebe sich eine bezahlte Fehlzeit in Höhe von 5,5 Stunden pro Tag. Zwar gebe es keine ausdrückliche betriebliche Regelung, die das Arbeitszeitende am 24. und 31. Dezember auf 13:00 Uhr festlege. § 3 Nr. 9 MTV gebe den Betriebsparteien aber vor, dass die Arbeitszeit um 13:00 Uhr enden "soll". Die tarifliche Regelung gebe damit zwingend vor, dass für den 24. und 31. Dezember spezielle Regelungen getroffen werden müssten und dabei beachtet werden müsse, dass an diesen Tagen nicht länger als 6 Stunden gearbeitet werden dürfe und die Arbeit um 13:00 Uhr enden solle. Aus dem tariflichen Verbot, mehr Arbeit als 6,0 Stunden in Empfang zu nehmen, folge gleichzeitig, dass es den Betriebsparteien verwehrt sei, festzulegen, dass die Arbeitszeit länger als 6,0 Stunden dauere. Die Anwendung der BV "Arbeitszeit" mit der festgelegten Normalarbeitszeit in der Anlage zum Arbeitszeitmodell A1 auch auf den 24. und 31. Dezember 2013 verstoße daher gegen den Tarifvertrag. Es sei aber davon auszugehen, dass die Betriebsparteien keine tarifwidrige Regelungsabsicht hatten. Eine geltungserhaltende Reduktion sei nicht möglich. Wegen der Einzelheiten der Ausführungen des Klägers wird Bezug genommen auf die Klage und die weiteren Schriftsätze.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, dem Arbeitszeitkonto des Klägers für Dezember 2013 1,0 Arbeitsstunde gutzuschreiben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, sie sei berechtigt gewesen, die Freizeitentnahme des Klägers für den 24. und 31. Dezember 2013 durch Abzug von jeweils 6,0 Stunden vom Zeitguthaben des Klägers zu berücksichtigen. In welcher Höhe das Zeitkonto des Klägers bei Freizeitentnahme zu belasten sei, ergebe sich aus § 2 Nr. 17 BV Arbeitszeit. Danach sei die in den Arbeitszeitmodellen festgelegte Normalarbeitszeit ausschlaggebend. Diese wiederum ergebe sich für die beiden streitigen Tage im Jahr 2013 aus der jeweiligen Anlage zur BV "Arbeitszeit", da anders als den Vorjahren für 2013 zwischen den Betriebsparteien keine abweichende Bestimmung für den 24. und 31. Dezember getroffen worden sei. Damit sei grundsätzlich die geregelte Normalarbeitszeit von 7:15 Uhr bis 15:00 Uhr ausschlaggebend. Beim 24. und 31. Dezember 2013 habe es sich um Werktage gehandelt, so dass die üblichen Bestimmungen Anwendung fänden, die BV "Arbeitszeit" enthalte keine Sonderbestimmungen für diese Tage. Daran ändere § 3 Nr. 9 MTV nichts. Es handele sich nicht um eine gegenüber der BV "Arbeitszeit" vorrangige tarifliche Regelung zur Lage bzw. zum Ende der Arbeitszeit. Die Norm sehe lediglich vor, dass nicht länger als 13:00 Uhr gearbeitet werden "soll". Eine abschließende tarifliche Regelung sei deshalb gerade nicht gewollt. Soweit in der Tarifregelung vorgesehen sei, dass am 24. und 31. Dezember nicht länger als 6 Stunden gearbeitet werden dürfe, werde nicht die Normalarbeitszeit als die von den Betriebsparteien festgelegte Größe zur Zeitkontenführung beeinflusst. Vielmehr schaffe der MTV lediglich eine faktische Grenze für die tatsächliche Arbeitsleistung. Die Arbeitszeitregelung der Betriebsvereinbarung treffe keine Aussage über Arbeitsverpflichtung an einem konkreten Tag, weil keine Festlegung einer Kernarbeitszeit, in der eine Pflicht zur Anwesenheit bzw. Arbeitsleistung bestehe, erfolgt sei. Der Kläger habe innerhalb seiner Rahmenarbeitszeit unter Berücksichtigung der betrieblichen Erfordernisse selbst entscheiden können, wann Beginn und Ende seiner Arbeitszeit liegen und wie viel er werktäglich auch am 24. und 31. Dezember 2013 arbeiten wollte. Die BV enthalte hingegen keine verbindliche Vorgabe für die individuell geschuldete Arbeitszeit an einzelnen Werktagen, weshalb die Festlegungen auch nicht im Konflikt mit § 3 Nr. 9 MTV stehe.
Mit Urteil vom 1. April 2015 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, tarifliche Beschränkungen, insbesondere gemäß § 3 Nr. 9 MTV, hätten dem Abzug von 6 Stunden für den 24. und 31.12.2013 nicht entgegengestanden. Es liege insoweit nur eine Sollvorschrift, nicht aber eine zwingend zu beachtende Regelung vor. Zwingend zu beachten sei allerdings, dass an beiden Tagen maximal 6 Stunden gearbeitet werden dürfe. Aber auch dagegen verstoße die BV "Arbeitszeit" nicht, denn die "Normalarbeitszeit" der BV stelle nur eine Berechnungsgröße dar. Im Hinblick auf die Begründung im Einzelnen wird Bezug genommen auf das Urteil vom 1.4.2015 (Bl. 65 ff d.A.).
Das Urteil ist dem Kläger am 8.4.2015 zugestellt worden. Hiergegen hat er am 30. April 2015 Berufung eingelegt. Die Berufung ist mit Schriftsatz vom 23. Juni 2015, am selben Tag per Fax vorab beim Landesarbeitsgericht eingegangen, begründet worden nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 8. Juli 2015.
Der Kläger trägt vor, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht die Klage abgewiesen. Das in der BV "Arbeitszeit" vorgesehene Ende der sog. Normalarbeitszeit um 15.00 Uhr gelte nicht für den 24.12. und den 31.12. eines Jahres. Die BV "Arbeitszeit" enthalte keine Regelung über das Ende der Normalarbeitszeit für den 24.12. und 31.12. Die BV "Arbeitszeit" nehme offenkundig auf die Besonderheiten keine Rücksicht. Weder werde die Sollarbeitszeit noch die Bestimmung der Normalarbeitszeit besonders geregelt. § 3 Nr. 9 MTV enthalte jedoch Vorgaben zur Regelung der Arbeitszeit am 24.12. und 31.12. Die Betriebsparteien hätten bei Abschluss der BV für beide Tage nichts geregelt, weil im Jahr 2000 beide Tage auf einen Sonntag gefallen seien. In den Folgejahren sei jeweils bis 2012 eine BV zur Betriebsruhe für den 24.12. und 31.12. geschlossen worden. Maßgeblich sei Ziff. 2.17 der BV "Arbeitszeit", wonach die in den Arbeitszeitmodellen festgelegte Normalarbeitszeit als Grundlage zur Ermittlung von bezahlten und unbezahlten Fehltagen gelte. Die Regelung in § 3 Ziff. 9 MTV begrenze den Gestaltungsspielraum der Betriebsparteien. Diesen hätten die Betriebsparteien vorliegend für den 24.12. und 31.12. nicht genutzt bzw. überschritten. Für beide Tage gestatte der Tarifvertrag keine Sollarbeitszeit von 7 Stunden, ein Arbeitszeitende nach 13.00 Uhr verstoße gegen die Vorgaben in der tariflichen Norm. Der Kläger habe einen tariflichen Anspruch, dass an den streitgegenständlichen Tagen nicht länger als bis 13.00 Uhr gearbeitet werden solle. Abweichende Regelungen hätten die Betriebsparteien nicht getroffen. Ausgehend von der Normalarbeitszeit (7:15 Uhr bis 15.00 Uhr) und einem Sollarbeitszeitende von 13.00 Uhr ergebe sich der zulässige Umfang der Arbeitszeitentnahme aus dem Arbeitszeitkonto, nämlich 5,5 Stunden.
Der Kläger beantragt:
Das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 1.4.2015, Aktenzeichen: - 26 Ca 415/14 -, wird abgeändert und die Beklagte wird verurteilt, dem Arbeitszeitkonto des Klägers für Dezember 2013 1,0 Arbeitsstunde gutzuschreiben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts und trägt vor, die sog. Normalarbeitszeit der BV "Arbeitszeit" treffe keine konkrete Arbeitsverpflichtung für die Arbeitnehmer. Sie spiegelt nur die tägliche Sollarbeitszeit von 7 Stunden wider und ist der tatsächlichen Arbeitszeit gegenüber zu stellen, um die maßgeblichen Arbeitszeitsalden ermitteln zu können. Die Festlegungen in der BV "Arbeitszeit" würden auch für den 24.12. und 31.12. gelten. Es handele sich um normale Werktage. Sonderbestimmungen für beide Tage enthalte die BV nicht. Der Kläger sei an beiden Tagen im Jahr 2013 verpflichtet gewesen, 6 Stunden zu arbeiten. Da er frei genommen habe, habe die Beklagte sein Arbeitszeitkonto entsprechend belasten dürfen. Die tarifliche Regelung in § 3 Ziff. 9 MTV stehe dem nicht entgegen. In Bezug auf das Arbeitszeitende sei nur eine Sollvorschrift vorgesehen, von welcher die Betriebsparteien hätten abweichen dürfen. Entsprechendes hätten sie auch mit der BV "Arbeitszeit" getan. Aufgrund der Rahmenarbeitszeiten der BV habe an beiden Tagen auch länger als bis 13.00 Uhr gearbeitet werden dürfen. Ein individueller Anspruch des Klägers, dass ihm ein Arbeitszeitende für beide Tage von 13.00 Uhr zustehe, ließe sich der Norm nicht entnehmen. Gegen die tarifliche Vorgabe, dass maximal 6 Stunden gearbeitet werden dürften, verstoße die BV "Arbeitszeit" nicht. Die sog. Normalarbeitszeit gebe nicht den Umfang der täglich geschuldeten Arbeitszeit vor. Ziffer 2.17 der BV habe nur eine Bedeutung für Tage, an denen weniger als geschuldet gearbeitet werde, nicht aber für Tage, an denen gar nicht gearbeitet werde. Der Kläger habe aufgrund der tariflichen Norm nur 6 Stunden Arbeitszeit geschuldet. Entsprechend habe sich die Beklagte verhalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie den gesamten Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts ist zulässig, aber nicht begründet, denn die Klage ist nicht begründet.
1.
Die Berufung des Klägers ist gemäß § 64 Abs. 1, 2 b ArbGG statthaft. Sie wurde im Sinne der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6, ArbGG, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet.
2.
Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte seinem Zeitkonto für den Monat Dezember 2013 eine Arbeitsstunde gutschreibt. Das hat das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt. In Ergänzung zu den Ausführungen des Arbeitsgerichts gilt vor dem Hintergrund des Vortrags der Parteien in der Berufungsinstanz Folgendes:
Als Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers käme § 611 Abs. 1 BGB in Verbindung mit gesetzlichen, tariflichen, betrieblichen oder einzelvertraglichen Regelungen in Betracht. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, worauf das Arbeitsgericht zu Recht hingewiesen hat, dass das Arbeitszeitkonto korrekt geführt wird. Das Arbeitszeitkonto des Klägers ist jedoch für den Monat Dezember 2013 von der Beklagten korrekt geführt worden. Sie war nicht verpflichtet, den Abzug des Zeitguthabens im Arbeitszeitkonto des Klägers für die Inanspruchnahme von Freizeit am 24. Dezember und 31. Dezember 2013 auf jeweils 5,5 Stunden zu beschränken. Entgegen der Ansicht des Klägers besteht dafür keine Grundlage.
Ausgangspunkt ist die Betriebsvereinbarung "Arbeitszeit". Sonderregelungen für den 24.12. und 31.12. eines Kalenderjahres enthält die BV nicht. Die Betriebsparteien haben beide Tage wie "normale" Werktage behandelt und keine gesonderten Bestimmungen vereinbart. Damit gilt die BV "Arbeitszeit" auch für den 24.12. und 31.12. eines jeden Kalenderjahres.
Dem Kläger kann nicht darin gefolgt werden, dass es an einer Regelung für beide Tage in der BV fehle und somit eine - ausfüllungsbedürftige - Regelungslücke gegeben sei. Die dem Jahr 2000, in welchem die BV vereinbart wurde, nachfolgenden Jahre 2001 bis 2012, in welchen jeweils gesonderte Betriebsvereinbarungen über eine Betriebsruhe vereinbart wurden, zeigen vielmehr, dass den Betriebsparteien die Besonderheit der beiden Tage durchaus bewusst war. Es wurde jeweils Betriebsruhe u.a. für den 24.12. und 31.12. vereinbart sowie geregelt, dass für beide Tage 5,5 Stunden Ausfallzeit dem Arbeitszeitkonto entnommen werden durften. Diese Bestimmungen verdeutlichen, dass die Betriebsparteien in der BV "Arbeitszeit" nicht versehentlich eine Regelung für den 24.12. und 31.12. eines Kalenderjahres vergessen haben, sondern sich vorbehielten, Ausnahmeregelungen für das jeweilige Jahr zu treffen. Damit haben sie sich dafür entschieden, dass die in der BV geregelten Arbeitszeitbestimmungen grundsätzlich auch für den 24.12. und den 31.12. Geltung beanspruch sollen, so lange keine Sonderregelungen vereinbart werden. Hätten die Betriebsparteien tatsächlich versehentlich keine Regelung für den 24.12. und 31.12. getroffen, so hätten sie dieses spätestens im Jahr 2001, als erstmals eine Betriebsvereinbarung zur Betriebsruhe getroffen wurde, nachholen und eine Dauersonderregelung für beide Tage vornehmen können. Dass sie dies nicht getan haben, sondern es bei der BV "Arbeitszeit" belassen und lediglich Sondervereinbarungen zur Betriebsruhe getroffen haben, zeigt, dass ihnen die Problematik der Besonderheit beider Werktage bewusst war, aber keine dauerhaft abweichende Regelung für beide Tage in Abweichung zur üblichen Arbeitszeit und den üblichen Arbeitszeitmodellen gewollt war.
Die Betriebsparteien waren auch nicht gezwungen, eine Sonderregelung zu treffen oder die Gründe in der BV "Arbeitszeit" anzugeben, weshalb von der Sollvorschrift in § 3 Ziffer 9 MTV zur Frage des Arbeitszeitendes abgewichen wurde. Die Sollvorschrift zeigt, dass die Betriebsparteien sich hieran im Regelfall halten sollen, aber nicht müssen. Ebenso zwingt die Sollvorschrift sie nicht dazu, Gründe dafür, warum von der Vorgabe abgewichen wird, in einer Betriebsvereinbarung anzugeben. Die Tarifvertragsparteien haben vorliegend den Betriebsparteien im Hinblick auf das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. Nr. 2 BetrVG einen Regelungsspielraum belassen, von welchem vorliegend Gebrauch gemacht wurde, ohne dass gegen zwingende tarifliche Vorgaben verstoßen worden ist.
Das Mitbestimmungsrecht zur Lage der Arbeitszeit ist damit von den Betriebsparteien derart ausgeübt worden, dass an allen Tagen die Lage der Arbeitszeit gleich sein soll, insbesondere bestimmt durch eine Rahmenarbeitszeit ohne Kernzeit, so dass die Arbeitnehmer die Lage ihrer Arbeitszeit innerhalb des Rahmens selbst bestimmen konnten und können.
Die BV "Arbeitszeit" verstößt auch nicht gegen die Vorgaben im § 3 Ziff. 9 MTV, dass an beiden Tagen nicht länger als 6 Stunden gearbeitet werden darf. Die Soll-Arbeitszeit folgt nämlich nicht aus der BV "Arbeitszeit" (und ist dort auch nicht vereinbart worden), sondern ergibt sich aus den Bestimmungen des MTV. Für den 24.12. und den 31.12. eines Kalenderjahres ist die max. zulässige Sollarbeitszeit von 6 Stunden vorgesehen. Hiergegen verstößt die BV "Arbeitszeit" nicht, da sie keine Bestimmungen zur Dauer der Arbeitszeit macht, sondern nur zur Lage. Innerhalb seines Arbeitszeitrahmens kann der Kläger seine - tariflich geregelte - Arbeitszeit von max. 6 Stunden für den 24.12. und 31.12. frei wählen und dabei auch grundsätzlich länger als bis 13.00 Uhr arbeiten, da dies den Regelungen der BV "Arbeitszeit" (in Abweichung von der Sollvorschrift des MTV) entspricht. Dementsprechend war die Beklagte befugt, für beide Tage, an denen gar nicht gearbeitet wurde - wie im Fall des Klägers - 6 Stunden von dem Arbeitszeitkonto des Klägers in Abzug zu bringen. Dabei ist zu beachten, dass die "Normalarbeitszeit" keine Vorgaben zum Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit beinhaltet und somit auch nicht eine Ausübung des Direktionsrechts der Beklagten darstellt. Es handelt sich nur um eine Rechengröße für die Tage, an denen weniger als die Sollarbeitszeit gearbeitet wird. Anhand der "Normalarbeitszeit" wird ermittelt, wie viele Stunden weniger oder mehr im Vergleich zur Sollarbeitszeit gearbeitet wurden. Für Tage, an denen der Arbeitnehmer gar nicht zur Arbeit erscheint, hat die "Normalarbeitszeit" keine Bedeutung, da hier feststeht, dass in der Größenordnung der jeweils geschuldeten Sollarbeitszeit ein Zeitminus verursacht wurde.
II.
Die Kosten der Berufung trägt der Kläger (§ 97 ZPO).
Wegen grundsätzlicher Bedeutung des Rechtsstreits war die Revision zuzulassen (§ 72 Abs. 2 ArbGG).