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27.10.2016 · IWW-Abrufnummer 189565

Landgericht Bielefeld: Urteil vom 15.06.2016 – 22 S 39/16

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Bielefeld

22 S 39/16

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 18.01.2016 verkündete Urteil des Amtsgerichts Gütersloh abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Hausratsversicherungsvertrag wegen der am 23.02.2015 in der Wohnung des Klägers, an den dortigen Hausratgegenständen entstandenen Schäden durch Rauch und Ruß Versicherungsschutz zu gewähren hat.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

1

Gründe:

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I.

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Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

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II.

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Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Die zulässige Berufung der Beklagten ist dagegen unbegründet.

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1.

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Die Klage ist zulässig. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten. Er begehrt die Feststellung des Bestehens eines Leistungsanspruchs gegen die Beklagte aus § 1 Satz 1 VVG und damit das Bestehen eines Rechtsverhältnisses im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO. Ist in den Versicherungsbedingungen vorgesehen, dass zur Schadenshöhe ein Sachverständigenverfahren beantragt werden kann, kann einer auf Feststellung der Eintrittspflicht gerichteten Klage nicht die Möglichkeit einer Leistungsklage entgegen gehalten werden (Zöller-Greger, ZPO, 31. Aufl., § 256, Rz. 7a m.w.N.). Das ist vorliegend in Ziffer 15 der Hausratversicherungsbedingungen der Beklagten der Fall.

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2.

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Die Feststellungsklage ist begründet, weil die Beklagte dem Kläger für den Vorfall vom 23.02.2015 gemäß § 1 Satz 1 VVG i.V.m. Ziffer 2 der Hausratversicherungsbedingungen Versicherungsschutz zu gewähren hat.

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a)

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Die Beklagte schuldet u.a. Entschädigung für versicherte Sachen, die durch Rauch und Ruß zerstört oder beschädigt werden (Ziffern 2.1, 2.1.7). Entgegen der Auffassung der Beklagten enthält Ziffer 2.5 keine Einschränkung des Versicherungsschutzes dahingehend, dass Rauch oder Ruß auf eine Fehlfunktion einer Verbrennungseinrichtung oder Feuerstelle innerhalb der Versicherungsräume zurückzuführen sein müssen. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs auszulegen. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Wortlaut der Klausel auszugehen. Der mit ihr verfolgte Zweck und ihr Sinnzusammenhang sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (BGH, Urt. v. 22.01.2014 – IV ZR 344/12 – Rz. 16, zitiert nach juris). Die Verwendung des Begriffs „ebenfalls“ deutet auf eine Erweiterung, nicht aber auf eine Einschränkung des Versicherungsschutzes hin. Aber auch der Vergleich mit den in den anderen Ziffern verwendeten Formulierungen macht deutlich, dass hier nicht ein Begriff definiert werden soll wie z.B. in Ziffern 2.2.1 und 2.4.1. Im Falle einer Einschränkung heißt es in Ziffer 2.4.1 etwa: „eine Explosion eines Behälters … liegt nur vor, wenn…“. Ähnliche Formulierungen werden z.B. in Ziffer 2.3 verwendet.

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Die Schäden sind durch Rauch und Ruß im Sinne von Ziffer 2.1.7 verursacht worden. Laut Duden ist Ruß eine „schwarze, schmierige Substanz aus Kohlenstoff, die bei unvollkommener Verbrennung organischer Substanzen entsteht“. Rauch wird als „von brennenden Stoffen aufsteigendes Gewölk aus Gasen“ definiert. Im vorliegenden Fall ist das vom Kläger in den Topf gefüllte Wasser verdampft und das Fleisch verschmort. Mit dem Dampf ist Fett ausgetreten, das als Schmierfilm auf Einrichtungsgegenständen und Textilien zurückgeblieben ist. Unter Berücksichtigung der vorgenannten Auslegungskriterien handelt es sich gleichwohl um einen Schaden durch Rauch und Ruß. Maßgeblich ist nicht die exakte physikalische Definition; vielmehr erfasst die Klausel nach dem Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers auch solche Schäden, die durch den Qualm verursacht werden, der entsteht, wenn Essen in einem Topf „anbrennt“.

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b)

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Es bedarf nicht der Feststellung, welche konkreten Gegenstände beschädigt worden sind. Dass versicherte Sachen im Sinne von Ziffer 7 der Hausratversicherungsbedingungen beschädigt worden sind, ergibt sich schon aus der Stellungnahme des von der Beklagten beauftragten Sachverständigen.

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c)

16

Eine Kürzung des Anspruchs nach § 81 Abs. 2 VVG kommt unstreitig nicht in Betracht, weil nach dem Versicherungsvertrag auch für den grob fahrlässig herbeigeführten Versicherungsfall Versicherungsschutz gewährt wird.

17

III.

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Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.

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