23.09.2016 · IWW-Abrufnummer 188877
Landesarbeitsgericht Hamm: Urteil vom 07.04.2016 – 8 Sa 1593/15
1. Die Bearbeitung von Reisekosten-, Trennungsentschädigungs- und Umzugskostenanträgen durch die Sachbearbeitung einer Kreispolizeibehörde kann sich als ein Arbeitsvorgang im Sinne der Protokollerklärung zu § 12 Abs. 1 TV-L darstellen.
2. Die Sachbearbeitertätigkeit in diesem Arbeitsvorgang erfordert selbständige Leistungen i. S. d. Entgeltgruppe 9 TV-L, da das Reisekosten- und Trennungsentschädigungsrecht (hier des Landes Nordrhein-Westfalen) von unbestimmten Rechtsbegriffen geprägt ist, die der Sachbearbeitung umfassende Beurteilungsspielräume eröffnen.
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 08.09.2015 - 5 Ca 2500/14 - teilweise abgeändert.
Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an die Klägerin seit dem 01.01.2013 Entgelt nach der Entgeltgruppe 9, Fallgruppe 3, Stufe 4 TV-L zu zahlen und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen den Entgeltgruppen 9 und 8 beginnend ab dem 01.02.2013 mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin und das beklagte Land jeweils zur Hälfte.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin.
Die 1956 geborene Klägerin ist seit dem 01.04.1989 bei dem beklagten Land als Regierungsbeschäftigte tätig. Ihr Einsatz erfolgt seither bei der Kreispolizeibehörde des N Kreises, aktuell in J. Vor ihrem Eintritt in den Polizeidienst hatte die Klägerin die Staatsprüfungen für das Lehramt (Sekundarstufen I und II) abgelegt. Auf das Arbeitsverhältnis, dem der schriftliche Arbeitsvertrag vom 23.03.1989 zugrunde liegt (Bl. 11/12 d. A.), auf den Bezug genommen wird, finden aufgrund beidseitiger Tarifbindung die Bestimmungen des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vom 12.10.2006 nebst seiner Anlage A, Entgeltordnung zum TV-L, Anwendung. Die vollzeitbeschäftigte Klägerin erhält gegenwärtig Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 Stufe 6, woraus sich bei Klageerhebung nach der ab dem 01.01.2014 geltenden Entgelttabelle (Anlage B TV-L) ein monatlicher Bruttobetrag in Höhe von 2.991,58 € ergab.
Im Zuge der Neuordnung der Kreispolizeibehörde wurde der Klägerin mit Wirkung zum 01.10.2011 die Stelle einer Sachbearbeiterin in der Direktion Zentrale Aufgaben, dort Dezernat ZA 2, Sachgebiet ZA 2.1 (Personalangelegenheiten), übertragen. Hier obliegen der Klägerin im Wesentlichen folgende Aufgaben: Berechnung und Festsetzung von Reisekosten sowie Trennungsentschädigung und Umzugskosten, Personalsachbearbeitung bezogen unter anderem auf Zuschuss- und Gehaltsvorschussangelegenheiten sowie Abrechnung von Aufwandsvergütung und Bearbeitung von Verkehrsordnungswidrigkeiten des Personals mit Einsatzfahrzeugen, Administration und Pflege des behördlichen Gleitzeitsystems, Führen der elektronischen Personalakten und Pflege der Personaldaten mit der IT-Anwendung PersIS.
Mit Schreiben vom 22.07.2013 (Bl. 114/115 d. A.), auf welches Bezug genommen wird, machte die Klägerin auf dem Dienstweg rückwirkend zum frühestmöglichen Zeitpunkt Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 ("gehobener Dienst, große EG 9") geltend. Auf der Grundlage einer Tätigkeitsdarstellung (Stand 22.07.2013) vom 07.02.2014 (Bl. 17 ff d. A.), auf deren Inhalt verwiesen wird, führte die Beklagte darauf unter dem 11.02.2014 eine Tätigkeitsbewertung durch (Bl. 13 ff d. A.), auf die Bezug genommen wird. Danach setzt sich die Gesamttätigkeit der Klägerin aus folgenden Arbeitsvorgängen zusammen: 1. Reisekosten, Trennungsentschädigung und Umzugskostenerstattung (Zeitanteil 50%), 2. Sachbearbeitung Personal u. a. mit Zuschuss- und Vorschussangelegenheiten (Zeitanteil 10%), 3. Pflege und Administration des Gleitzeitsystems (Zeitanteil 25%), 4. Führen der Personalakten und elektronischen Personaldaten in PersIS (Zeitanteil 15 %). Im Rahmen der weiteren textlichen Begründung zur tarifgerechten Vergütung wird dort ausgeführt, dass die Voraussetzungen einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 TV-L vorlägen. Hinsichtlich des nach seinem Zeitanteil eingruppierungsrelevanten 1. Arbeitsvorgangs fehle es jedoch insgesamt am Merkmal der "gründlichen und umfassenden Fachkenntnisse". Das Tätigkeitsmerkmal "selbständige Leistungen" sei insoweit zwar erfüllt, könne jedoch nicht in einem Umfang von "weit über einem Drittel" angenommen werden, weshalb die Voraussetzungen einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 Fallgruppen 2 oder 3 TV-L nicht vorlägen. Gestützt auf diese Stellenbewertung wies der Landrat in seiner Funktion als Kreispolizeibehörde daraufhin am 13.03.2014 den Höhergruppierungsantrag der Klägerin vom 23.07.2013 zurück.
Mit ihrer am 19.12.2014 beim Arbeitsgericht eingegangen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren nunmehr auf dem Rechtsweg weiter. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, dass die Bearbeitung der Anträge und Abrechnungen in den Bereichen Reisekosten, Trennungsentschädigung und Umzugskostenerstattung tatsächlich sogar regelmäßig 55 bis 60 Prozent ihrer Arbeitszeit in Anspruch nehme. Insoweit sei exemplarisch auf ihre detaillierte Arbeitszeiterfassung zu den einzelnen Aufgabengebieten für den Zeitraum vom 30.09. bis zum 21.11.2014 (Bl. 127 ff d. A.) zu verweisen, auf die Bezug genommen wird. Danach entfalle auf dieses Aufgabengebiet ein zeitlicher Anteil von insgesamt rund 55 Prozent, was das beklagte Land mit Schriftsatz vom 16.02.2015, dort Seite 4 (Bl. 155 d. A.), als mit der Wahrnehmung des Vorgesetzten korrespondierend ausdrücklich zugestanden hat. Diese zu einem Arbeitsvorgang zusammenzufassende Tätigkeit in der Sachbearbeitung (Personal) setzte ebenso wie der weitere Arbeitsvorgang Gleitzeitbearbeitung gründliche, umfassende Fachkenntnisse voraus und erfordere selbständige Leistungen. Auf der Grundlage der in der Entgeltordnung zum TV-L beschriebenen allgemeinen Merkmale für den Verwaltungsdienst sei deshalb eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 2 ("große EG 9"), jedenfalls aber in die Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 3 ("kleine EG 9") gerechtfertigt.
Die Klägerin hat insoweit darauf verwiesen, dass sie im Hinblick auf ihre Aufgaben im Bereich der Trennungsentschädigung, Umzugskosten und Reisekostenerstattung, in welchem sie unstreitig als alleinige Sachbearbeiterin der Behörde tätig ist, über umfangreiche und tiefergehende Kenntnisse in gesamten Reisekosten- und Trennungsentschädigungsrecht sowie ergänzend relevanter Vorschriften des Arbeits-, Tarif-, Beamten- und Steuerrechts verfügen, Zusammenhänge erkennen und in eigenständiger Gedankenarbeit auswerten müsse. Aufgrund der Unmenge an anzuwendenden Regeln und Vorschriften liege hierbei eine deutliche Steigerung durch die Vielzahl der Gesetze sowie deren Zusammenhänge in Tiefe und Breite vor. Sie arbeite hier völlig selbstständig und könne aufgrund der zahlreichen Einzelfallgestaltungen nicht nach einem vorgefertigten Schema entscheiden. Selbstständige Leistungen erbringe sie hier insoweit, als ihr aufgrund der einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften vielfach ein Ermessens-, Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum zustehe, der ihr eine weitgehende eigene Entscheidungsbefugnis vermittle.
So stehe ihr etwa bei der Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs "triftiger Grund" im Sinne der § 2 Abs. 6, § 3 Abs. 1, § 9 Abs. 2 LRKG, § 6 Abs. 3 und § 7 Abs. 3 TEVO ein breiter Beurteilungsspielraum zu. Auch entscheide sie über unbestimmten Rechtsbegriff der "Notwendigkeit", welche Ausgaben im Einzelfall als erstattungsfähig erachtet werden können. Schließlich sei regemäßig über Fragen der Zumutbarkeit nach § 6 Abs. 1 TEVO zu befinden.
Auch bei der Verwaltung des Gleitzeiterfassungssystems handle es sich um einen einheitlichen Arbeitsvorgang, bei dem von ihr eine umfassende eigenständige geistige Arbeitsleistung durch das Ausrechnen von individuellen Überstunden oder Urlaubsansprüchen erwartet werde. Bei auftretenden Nachfragen oder Fehlern im System sei allein sie gefordert, diese zu beantworten bzw. zu beheben. Sie arbeite in diesem Arbeitsbereich ebenfalls völlig selbstständig und benötige auch insoweit gründliche und umfassende Fachkenntnisse.
Die Klägerin hat beantragt,
Das beklagte Land hat beantragt,
Zur Begründung hat es darauf verwiesen, dass nicht ersichtlich sei, in welcher Hinsicht die Klägerin zur Erledigung ihrer Aufgaben in den fraglichen Bereichen auf gründliche, umfassende Fachkenntnisse im Tarifsinne zurückgreifen müsse. Der Kreis der einschlägigen und zur Bearbeitung der Reisekosten- und Trennungsentschädigungsfälle heranzuziehenden Rechtsvorschriften sei vielmehr eng begrenzt. Wenngleich alle Erstattungsfälle individuell zu betrachten seien, laufe die Bearbeitung schematisch nach wiederkehrenden Prüfmustern ab. Allenfalls ein Anteil von 2 bis 3 Prozent der zu bearbeitenden Fälle sei durch komplexe Sachverhalte gekennzeichnet. Aufgrund der engen Vorgaben des Gesetz- oder Verordnungsgebers und der ergänzenden Verwaltungsvorschriften verbleibe der Klägerin insgesamt kaum ein eigenständig auszufüllender Beurteilungs-, Ermessens- oder Gestaltungspielraum. Abwägungsprozesse fänden insoweit nicht statt. Im Bereich des Gleitzeitsystems bewege sich die Klägerin in einem festen Rahmen der vom Programm vorgehaltenen Funktionen, lege vor allem Konten an, pflege den Datenbestand und vergebe Rechte, führe aber - was unstreitig blieb - insbesondere keine eigenen Programmierarbeiten durch. Selbständige Leistungen seien folglich auch bezogen auf diesen Arbeitsvorgang nicht anzunehmen.
Mit Urteil vom 08.09.2015 - 5 Ca 2500/14 - hat die 5. Kammer des Arbeitsgerichts Iserlohn die Klage abgewiesen. Die Klage sei mit Haupt- und Hilfsantrag zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 3 und der darauf mit dem zusätzlichen Tätigkeitsmerkmal der gründlichen, umfassenden Fachkenntnisse aufbauenden Fallgruppe 2 könne die Klägerin nur beanspruchen, wenn ihre gesamte Arbeitszeit zumindest zur Hälfte mit Arbeitsvorgängen belegt sei, deren Bearbeitung selbständige Leistungen erfordere. Dies sei bezogen auf den Arbeitsvorgang Gleitzeitsystem erkennbar nicht der Fall, da es sich insoweit um eine anfragebetreuende und datenpflegende Tätigkeit in einem vom System vorgegebenen Rahmen handle, welche - jedenfalls in der Regel - von der Notwendigkeit der Entwicklung eigener geistiger Initiative nicht begleitet sei.
Bezogen auf den Arbeitsvorgang der Sachbearbeitung in Reisekosten-, Trennungsentschädigungs- und Umzugskostenfällen habe die im Eingruppierungsprozess für alle Höhergruppierungsvoraussetzungen umfassend darlegungspflichtige Klägerin schon nicht herausgearbeitet, dass und warum es sich insoweit um einen einheitlichen Arbeitsvorgang im Sinne der Protokollerklärung 1 zu § 12 Abs. 1 TV-L handle. Die Arbeit der Klägerin in diesen drei Tätigkeitsfeldern sei folglich tariflich getrennt zu beurteilen, was Angaben zu deren jeweiligem Anteil an der Gesamtarbeitszeit erfordere, deren Fehlen hier allein zur Unschlüssigkeit der Klage führe. Unabhängig davon und selbst wenn man die Tätigkeit in diesen drei Bereichen einem einheitlichen Arbeitsvorgang zuordnen wolle, fehle es an der notwendigen und ganz konkreten tatsächlichen Darstellung zum Bestehen und der Ausfüllung der von der Klägerin reklamierten Beurteilungs-, Gestaltungs- oder Ermessensspielräume. Dem Vorbringen der Klägerin lasse sich nicht entnehmen, dass und in welchem Umfang unter Verknüpfung von Informationen und unter Einsatz eigener geistiger Initiative insoweit eigenständige Arbeitsergebnisse kreiert werden, die nicht lediglich das Ergebnis leichter geistiger Arbeit seien. Mangels näherer Angaben hierzu müsse mit dem beklagten Land von einer schematischen Prüfung nach standardisierten wiederkehrenden Prüfungsmustern mit normativ gelenkten Ergebnissen ausgegangen werden, was zur Annahme selbständiger Leistungen im Sinne der einschlägigen Eingruppierungsvorschriften nicht ausreiche.
Gegen dieses ihr am 09.10.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 29.10.2015 Berufung eingelegt, die sie - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 11.01.2016 - mit Schriftsatz vom 11.01.2016, der an eben diesem Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist, unter Bezugnahme auf und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens begründet. Die Bearbeitung der Reisekosten-, Trennungsentschädigungs- und Umzugskostenfälle stelle sich - entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts - als einheitlicher Arbeitsvorgang dar. Für die Geltendmachung von Reisekosten und Trennungsentschädigung seien - was unstreitig ist - einheitliche Formulare vorhanden. Im Übrigen wären beide Bereiche tatsächlich wie rechtlich eng miteinander verbunden. So schreibe z. B. § 17 LRKG NW die Abrechnung längerer dienstlicher Tätigkeiten außerhalb der eigenen Dienststelle nach Maßgabe der Trennungsentschädigungsverordnung (TEVO) vor. Nach § 3 TEVO wiederum seien auch bei Anspruch auf Trennungsentschädigung gleichwohl bestimmte Fälle oder Zeiträume nach Maßgabe des LRKG zu entschädigen. Gleiches gelte über § 6 Abs. 7 TEVO für die Abordnung zu Fortbildungsmaßnahmen mit einer Dauer von bis zu 5 Tagen. Es zeige sich folglich häufig erst während der schon laufenden Bearbeitung, welche Rechtsvorschriften jeweils anzuwenden seien, weshalb sich die Aufgabenbereiche bei natürlicher Betrachtung nicht trennen ließen. Gleiches gelte für den Bereich der Umzugskostenbearbeitung, der über § 2 TEVO eng mit der Trennungsentschädigungsmaterie verbunden sei. Selbiger mache - isoliert betrachtet - einen Anteil von rund 4% an der auf diesen Arbeitsvorgang verfahrenen Arbeitszeit aus, was die beklagte Partei pauschal bestreitet. Angesichts der zur Bearbeitung notwendigen Kenntnisse des Reisekosten-, Trennungsentschädigungs- und Umzugskostenrechts nebst einstrahlender Verwaltungs- und Steuerrechtsvorschriften sei jedenfalls vom Erfordernis gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse auszugehen.
Die geforderte Selbständigkeit der Leistung ergebe sich aus der notwendigen Verknüpfung tatsächlicher Sachverhalte mit dem jeweils zu identifizierenden einschlägigen Rechtsvorschriften und der eigenständigen Erarbeitung vorgangsabschließender Ergebnisse. Zudem habe sie - ebenfalls unstreitig - eigenständig zu beurteilen, ob die gewährte Reisekosten- oder Trennungsentschädigung ganz oder in Teilen der Steuerpflicht unterliege, was sie eigenverantwortlich dem Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) mitzuteilen habe.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 08.09.2015 - 5 Ca 2500/14 - festzustellen,
Das beklagte Land beantragt,
Es verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts unter Bezugnahme auf und Ergänzung des erstinstanzlichen Vorbringens. Die Bearbeitung von Reisekosten-, Trennungsentschädigungs- und Umzugskostenfälle beträfe völlig unterschiedliche Lebenssachverhalte und sei damit - unabhängig von der Einheitlichkeit bestimmter Formularsätze - als jeweils eigenständiger Arbeitsvorgang zu betrachten. Die Bearbeitung der Anträge aller drei Fallgruppen erfolge nach einen wiederkehrenden Prüfmuster, deren Abfolge und Ergebnis durch die einschlägigen Rechtsvorschriften vorgegeben bzw. gelenkt werde, weshalb von selbständigen Leistungen im Tarifsinne nicht ausgegangen werden könne. Zwar sei mit der Klägerin anzunehmen, dass ihre Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordere. Von der Notwendigkeit umfassender Fachkenntnissen im Sinne der Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 2 TV-L könne hingegen im Hinblick auf den relativ kleinen Ausschnitt der klägerischen Aufgaben im Gesamttätigkeitsgebiet der Behörde nicht ausgegangen werden.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Das zulässige Rechtsmittel der Klägerin hat zum Teil Erfolg.
I.
Die gem. § 64 Abs. 1 u. 2b ArbGG vorliegend statthafte Berufung ist zulässig. Die Klägerin hat das Rechtsmittel insbesondere nach § 66 Abs. 1 S. 1 u. 2 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet.
II.
Die Berufung ist in der Sache zum Teil begründet.
1. Die mit der Berufung weiter verfolgten Feststellungsanträge (§ 256 Abs. 1 ZPO) sind zulässig. Bei dem Haupt- wie dem Hilfsantrag handelt es sich um sogenannte, auf Vergütungszahlung aus einer konkret angegebenen Entgeltgruppe gerichtete Eingruppierungsfeststellungsanträge, gegen die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jedenfalls im Bereich des öffentliches Dienstes keine durchgreifenden prozessrechtlichen Bedenken bestehen (BAG, Urteil vom 28.01.1998 - 4 AZR 473/96 - ZTR 1998, S. 329 ff m. w. N.; BAG, Urteil vom 07.07.2010 - 4 AZR 862/08 - [...]). Die Pflicht zur Verzinsung etwaiger Nachzahlungsbeträge ist dabei - wie vom Arbeitsgericht zutreffend herausgearbeitet - der ergänzenden Feststellung zugänglich. Die Notwendigkeit die Eingruppierungsfeststellungsanträge auf bestimmte, konkret angegebenen Fallgruppen zu erstrecken folgt hier daraus, dass vorliegend - bei der wegen ihrer unterschiedlichen Endstufen wegen notwendigen Abgrenzung einer Vergütungspflicht aus der sog. "kleinen oder großen E 9" - den Parteien daraus bereits jetzt absehbare relevante Rechtsfolgen hinsichtlich der richtigen Bemessung der Vergütungshöhe erwachsen.
2. Das beklagte Land ist verpflichtet, der Klägerin seit dem 01.01.2013 Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 3 Stufe 4 TV-L nebst Zinsen zu zahlen, wie dies die Klägerin mit dem zur Entscheidung angefallenen Hilfsantrag ausdrücklich geltend gemacht hat. Der weitergehende, auf Zahlung von Vergütung nach der aufbauenden Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 2 TV-L gerichtete Hauptantrag ist unbegründet.
a. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden - wie vom Arbeitsgericht festgestellt und auch zweitinstanzlich unstreitig geblieben - gem. § 4 Abs. 1 TVG die Inhaltsnormen des TV-L in der Fassung vom 12.10.2006 nebst der dazu vereinbarten Entgeltordnung, die gem. § 12 Abs. 1 S. 1 TV-L als dessen Anlage A Teil des Tarifwerkes ist, unmittelbar und zwingend Anwendung. Es kann danach offen bleiben, ob der Arbeitsvertrag der Parteien vom 23.03.1989 nur auf die Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrages Bezug nimmt oder die Bezugnahme - im Wege der Auslegung - den im Tarifbereich der Länder ersetzenden TV-L einschließt.
b. Gem. § 12 Abs. 1 S. 1 TV-L richtet sich die Eingruppierung der Beschäftigten nach den Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltordnung (Anlage A). Nach § 12 Abs. 1 S. 2 TV-L erhalten die Beschäftigten ohne weiteres Entgelt nach der Entgeltgruppe, in die sie eingruppiert sind. § 12 Abs. 1 S. 3 TV-L bestimmt hierzu, dass die Beschäftigten - im Sinne einer Eingruppierungsautomatik - in der Entgeltgruppe eingruppiert sind, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihnen nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht gem. § 12 Abs. 1 S. 4 TV-L den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn - soweit kein anderes zeitliches Maß ausdrücklich bestimmt ist - zeitlich zumindest zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen des oder der Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe erfüllen.
c. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt demnach davon ab, ob zumindest die Hälfte der Gesamtarbeitszeit der Klägerin mit Arbeitsvorgängen belegt ist, die für sich betrachtet den Anforderungen der in Anspruch genommenen Entgeltgruppen 9 Fallgruppe 2, hilfsweise 9 Fallgruppe 3 TV-L entsprechen. Nach der Anlage A TV-L, Vorbemerkung zu allen Teilen der Entgeltordnung, dort Ziffer 1 Abs. 3, gelten für Beschäftigte, deren Tätigkeiten nicht in den besonderen Tätigkeitsmerkmalen des Teils II aufgeführt sind, die Tätigkeitsmerkmale des Teils I, Allgemeine Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst.
d. Für die Bestimmung der tarifgerechten Eingruppierung der Klägerin, der Tätigkeit den besonderen Tätigkeitsmerkmalen des Teils II nicht zugeordnet werden kann, sind danach folgende Bestimmungen des Anlage A TV-L, Teil I heranzuziehen:
Entgeltgruppe 8
Beschäftigte im Büro, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Drittel selbstständige Leistungen erfordert.
(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 3, 5 und 6)
Entgeltgruppe 9
1. ...
2. Beschäftigte im Büro, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen erfordert.
(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 3, 4 und 5)
3. Beschäftigte im Büro, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen erfordert.
(Stufe 3 nach 5 Jahren in Stufe 2, Stufe 4 nach 9 Jahren in Stufe 3,
keine Stufen 5 und 6)
(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 3, 5 und 6)
Protokollerklärungen:
...
4. Gründliche, umfassende Fachkenntnisse bedeuten gegenüber den in den Entgeltgruppen 6 und 8 sowie in Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 3 geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Tiefe und der Breite nach.
5. Selbständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen.
6. Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung / des Betriebes, in der / dem der Beschäftigte tätig ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Beschäftigten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann.
e. In Anwendung dieser Tarifbestimmungen ist vorliegend davon auszugehen, dass der Arbeitsvorgang (oder auch die Arbeitsvorgänge, s. u.) Reisekosten, Trennungsentschädigung und Umzugskosten mit einem (Gesamt-) Anteil an der Arbeitszeit von rund 55 % den Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 3 TV-L, nicht aber denen der aufbauenden Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 2 TV-L entspricht (entsprechen). Nach dem in den Entgeltgruppen 9 Fallgruppe 2 und 3 TV-L im Verhältnis zur Entgeltgruppe 8 TV-L bestimmten zeitlichen Maß für die Heraushebungsmerkmale "selbständige Leistungen" und "gründliche, umfassende Fachkenntnisse", dieses beträgt dem tariflichen Regelfall des § 12 Abs. 1 S. 3 TV-L entsprechend 50 %, sind die anderen der Klägerin mit einem Gesamtarbeitszeitanteil von insgesamt 45 % obliegenden Arbeitsvorgänge vorliegend ersichtlich nicht eingruppierungsrelevant.
aa. Nach der Protokollerklärung zu § 12 Abs. 1 TV-L sind Arbeitsvorgänge die Arbeitsleistungen (einschließlich der Zusammenhangsarbeiten), die - bezogen auf den Aufgabenkreis der Beschäftigten - bei natürlicher Betrachtung zu einem abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen. Dabei ist jeder Arbeitsvorgang als solcher einheitlich zu bewerten und darf hinsichtlich der nach den Tätigkeitsmerkmalen definierten Anforderungen in sich zeitlich nicht aufgespalten werden. Anknüpfend an diese Protokollerklärung bzw. wort- oder inhaltsgleiche Bestimmungen des BAT oder des TVöD wird der Begriff des Arbeitsvorgangs im Tarifbereich öffentlich-rechtlich verfasster Rechtsträger nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als eine unter Hinzurechnung von Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit verstanden, die zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führt (BAG, Urteil vom 19.05.2010 - 4 AZR 912/08 - ZTR 2010, S. 577 m. w. N.; BAG, Urteil vom 27.07.1994 - 4 AZR 593/93 - AP Nr. 5 zu § 12 AVR Caritasverband m. w. N.).
Die gesamte Tätigkeit kann einen einzigen Arbeitsvorgang bilden, wenn der Aufgabenkreis nach diesen Kriterien nicht weiter aufteilbar und einer gesonderten Bewertung deshalb unzugänglich ist (BAG, Urteil vom 30.01.1985 - 4 AZR 184/83 - AP Nr. 101 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Tatsächlich trennbare Tätigkeiten unterschiedlicher Wertigkeit können jedoch nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden (BAG, Urteil vom 20.10.1993 - 4 AZR 45/93 - AP Nr. 172 zu §§ 22, 23 BAT; LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 07.02.2007 - 6 Sa 279/05 - [...]).
Gemessen an diesen Maßstäben stellt sich die Tätigkeit der Klägerin in der Sachbearbeitung von Reisekosten-, Trennungsentschädigungs- und Umzugskostenfällen als einheitlicher Arbeitsvorgang dar. Die Klägerin hat zutreffend dargestellt, dass dieser Tätigkeitsbereich der Personalsachbearbeitung aufgrund zahlreicher Überschneidungen und Schnittstellen in tatsächlicher wie in rechtlicher Hinsicht bei natürlicher Betrachtung nicht weiter aufgeteilt werden kann. Dass das beklagte Land von eben dieser Sichtweise in der eigenen Stellenbewertung vom 11.02.2014 und im Rahmen seines erstinstanzlichen Vorbringens (siehe Schriftsatz vom 16.02.2015) ebenfalls ausgegangen ist, wovon zweitinstanzlich ersichtlich prozesstaktisch motiviert Abstand genommen werden soll, spricht insoweit für sich. Den drei mit dem Arbeitsvorgang angesprochenen Fallkonstellationen ist gemein, dass die anspruchsberechtigten Landesbediensteten aufgrund Fortbildung, vorübergehender Tätigkeit außerhalb der Dienststelle, (Teil-) Abordnung oder Versetzung - örtlich betrachtet - nach dem Willen des Dienstgebers oder in Erfüllung ihrer Aufgaben für bestimmte oder auf unbestimmte Zeit an anderer Stelle als ihrer (ursprünglichen) Dienststelle tätig werden müssen. Daraus erwachsen ihnen situations- oder aufwandsabhängige finanzielle Ansprüche gegen den Dienstgeber, die über die Besoldung oder das Tarifentgelt hinausgehen. Die Prüfung, Berechnung und Festsetzung dieser zusätzlichen Ansprüche ist einheitliche Arbeitsaufgabe der Klägerin im Rahmen des Arbeitsvorgangs. Die Klägerin stellt insoweit fortlaufend ein nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbares Arbeitsergebnis her, nämlich die Prüfung und Bescheidung von Anträgen, die aus bestimmten dem Anlass nach abgrenzbaren Dienst- und Lebenssituationen resultieren.
Insoweit weist die Klägerin ebenso zutreffend darauf hin, dass sie im Rahmen der Bearbeitung der Anträge - wofür der einheitliche Formularsatz ein Indikator ist - im Einzelfall zunächst einmal prüfen und feststellen muss, ob es sich um einen Fall der Reisekostenerstattung nach dem LRKG oder der Trennungsentschädigung nach der TEVO oder z. B. der Abrechnung von Reisekosten nach dem LRKG trotz Einschlägigkeit der TEVO (Fälle des § 6 Abs. 7 TEVO) handelt. Die Abgrenzung der nach TEVO oder LRKG zu behandelnden Fälle stellt sich damit schon als wesentlicher Teil der Sachbearbeitung selbst dar und kann erst nach vertieftem Einstieg in den Einzelfall vorgenommen werden, was gegen die Aufteilung in selbständige Arbeitsvorgänge spricht. Im Rahmen der weiteren Prüfung und Festsetzung ist sodann - was die Klägerin nachvollziehbar aufgezeigt hat - wegen dortiger rechtlicher Verweise vielfach trotz Einschlägigkeit der TEVO nach den Vorschriften des LRKG vorzugehen oder umgekehrt, was eine getrennte Betrachtung dieser Aufgaben in der Sachbearbeitung, bei - der Überschneidungen wegen - gleichem fachlichen Anspruch, als unnatürliche Aufspaltung erscheinen ließe.
Als weiterer Teil dieses Arbeitsvorgangs stellt sich die Bearbeitung von Umzugskostenanträgen dar. Diese resultieren zunächst aus eben jenen Dienst- oder Lebenssituationen, die der Gewährung von Leistungen nach der TEVO zugrunde liegen. Blickt man in die TEVO (dort etwa §§ 2, 4 Abs. 4, 9 Abs. 2), so ergibt sich unschwer eine Wechselwirkung zwischen Umzugskostenzusage und Umzugskostenerstattung nach dem LUKG NW und dem BUKG, auf welches das LUKG im Wesentlichen verweist, und den (ggf. weiteren) Ansprüchen nach der TEVO. Die Aufgaben der Klägerin im Bereich der Umzugskostenbearbeitung lassen sich damit dem Arbeitsvorgang aufgrund der Einheitlichkeit der zu bearbeitenden Sachverhalte, nach der Abgrenzbarkeit von anderen Arbeitsaufgaben wie wegen der Abhängigkeit des zu findenden Arbeitsergebnisses vom jeweils anderen bei der tariflich gebotenen natürlichen Betrachtung zuordnen.
Betrachtet man die Bearbeitung der Umzugskostenfälle - entgegen der Auffassung der Berufungskammer - dagegen als selbständigen Arbeitsvorgang, so ändert dies am Teilerfolg der Eingruppierungsklage nichts. Zunächst hat die Klägerin in zweiter Instanz ergänzend angegeben, dass der Bereich Umzugskosten nur einen Anteil von rund 4 % am gesamten Arbeitsvorgang ausmache. Dies erscheint der Berufungskammer ohne weiteres plausibel, da die Berechnung und Festsetzung von Umzugskosten regelmäßig einmalige Sachverhalte betrifft, während die Berechnung der Trennungsentschädigung nebst Fahrtkostenerstattung - etwa in Fällen der täglichen Rückkehr zum Wohnort (§ 6 TEVO) - über längere Zeiträume fortlaufend erfolgt oder die Abrechnung einzelner Dienstreisen eine ungleich höhere Fallzahl umfasst. Die Berufungskammer kann daher unter Berücksichtigung des insoweit nur pauschalen Bestreitens der beklagten Partei nach § 286 Abs. 1 ZPO annehmen, dass der Arbeitsvorgang (Gesamtzeitanteil unstreitig 55 %) auch nach Abzug der auf die Umzugskostenbearbeitung entfallenden Arbeitszeit noch einen Anteil von 50 % der gesamten klägerischen Tätigkeit belegt, was hinreichend ist.
Letztlich dürfte zudem die tarifliche Wertigkeit dieses Aufgabenbereichs - isoliert betrachtet - gemessen an den Maßstäben der Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 3 TV-L mit der Wertigkeit einer Sachbearbeitung im Bereich Reisekosten und Trennungsentschädigung korrespondieren.
bb. Die Tätigkeitsmerkmale der mit dem Hauptantrag bzw. Hilfsantrag angesprochenen Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 2 und 3 TV-L sowie der Entgeltgruppe 8 TV-L bauen - im Sinne von Heraushebungen - auf den Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppe 6 TV-L auf. In der Entgeltgruppe 6 TV-L sind Tarifbeschäftigte eingruppiert, deren Tätigkeit - im tariflich relevanten Umfang (s. o.) - gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert. Unter Berücksichtigung der Protokollerklärung 6 sind mit gründlichen Fachkenntnissen nähere, nicht lediglich oberflächliche oder unerhebliche Kenntnisse von Gesetzen, Tarifbestimmungen, Verwaltungsvorschriften bezogen auf einen bestimmen, deren Anwendung erfordernden Tätigkeitsbereich angesprochen (Schlewing in Gröger, Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, 2. Auflage 2014, Teil 7, Rz 151 bis 154 m. w. N.). Die geforderte Vielseitigkeit kann sich aus der Menge der vom Beschäftigten anzuwenden Bestimmungen und Vorschriften ergeben, die sich - wie die Protokollerklärung zeigt - nicht zwingend auf weite Aufgabenbereiche der Behörde erstrecken müssen, sondern auch bei Arbeit in einem speziellen, abgrenzbaren Sachgebiet abgefragt werden kann (Schlewing, aaO).
Die Tätigkeit der Klägerin im Rahmen der Sachbearbeitung im Arbeitsvorgang Reisekosten, Trennungsentschädigung und Umzugskosten erfordert - was unstreitig ist - umfassende Kenntnisse des Landes-Reisekostenrechts, der Trennungsentschädigungsverordnung, der Umzugskostengesetze des Bundes und des Landes nebst begleitender Verwaltungsvorschriften. Diese müssen von der Klägerin im Aufgabengebiet ständig angewendet und in ganzer Breite durchdrungen werden, um zu sachgerechten und rechtsbeständigen Arbeitsergebnissen zu gelangen. Ergänzend sind, soweit damit korrespondierend, Kenntnisse des Tarif- und Beamtenrechts sowie des Steuerrechts notwendig, weshalb auch die Vielseitigkeit trotz des relativ eng gesteckten Aufgabengebiets angenommen werden kann. Vom Erfordernis gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ist daher - zumal dies zwischen den Parteien nicht im Streit steht - bei summarischer Prüfung dieses Tätigkeitsmerkmals auszugehen (zur summarischen Prüfung unstreitiger Tätigkeitsmerkmale bei Aufbaufallgruppen: BAG, Urteil vom 21.01.2015 - 4 AZR 253/ 13 - [...] m. w. N.).
cc. Die Tätigkeit der Klägerin in diesem Arbeitsvorgang erfordert zudem selbständige Leistungen im Sinne der Entgeltgruppen 8 und 9 Fallgruppe 3 TV-L, womit - wegen des zeitlichen Anteils dieses Arbeitsvorgangs an der Gesamttätigkeit - bezogen auf dieses Heraushebungsmerkmal das für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 3 TV-L notwendige zeitliche Maß von 50 % (§ 12 Abs. 1 S. 4 TV-L) erreicht ist, was unter weiteren Voraussetzungen (siehe unten f. bis h.) zum Erfolg des Hilfsantrags führt.
(1) Das Tätigkeitsmerkmal der "selbständigen Leistungen" im Sinne eines unbestimmten Rechtsbegriffs wird in der Entgeltordnung zum TV-L, dort Teil I Protokollerklärung 5, näher definiert. Danach erfordern selbständige Leistungen ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung eigener geistiger Initiative, wobei leichte geistige Arbeit nicht ausreichend ist. Selbständige Leistung bedeutet danach nicht selbständiges Arbeiten ohne Leitung oder Aufsicht. Eine selbständige Leistung im Tarifsinne ist vielmehr dann anzunehmen, wenn unter Rückgriff auf die vorausgesetzten Kenntnisse eine Gedankenarbeit erbracht werden muss, die hinsichtlich des einzuschlagenden Weges, insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses eine eigene Beurteilung und eigene Entschließung erfordert.
Kennzeichnend für eine selbständige Leistung im Sinne der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes ist ein wie auch immer gearteter Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum bei der Entwicklung des Arbeitsergebnisses. Dazu sind regelmäßig Abwägungsprozesse zu verlangen - die durchaus schnell und von Bearbeitungsroutine begleitet ablaufen können - in deren Rahmen Anforderungen an das Überlegungsvermögen und die Fähigkeit zur Verknüpfung und Bewertung unterschiedlicher Informationen gestellt werden (BAG, Urteil vom 21.03.2012 - 4 AZR 266/10 - AP Nr. 317 zu §§ 22, 23 BAT m. w. N.). Die selbständigen Leistungen müssen dabei innerhalb des Arbeitsvorgangs nicht in einem bestimmten zeitlichen Maß anfallen (vgl. Protokollerklärung zu § 12 Abs. 1 TV-L). Es reicht aus, wenn der Arbeitsvorgang selbständige Leistungen in einem rechtlich erheblichen Maß erfordert, wovon auszugehen ist, wenn ohne sie ein sinnvoll verwertbares Ergebnis nicht erzielt werden könnte (BAG, Urteil vom 20.10.1993 - 4 AZR 45/93 - [...]). Entscheidend ist dabei, ob der Beschäftigte die Fähigkeiten zur Erfüllung der qualifizierten Aufgaben ständig bereithalten muss, weil sie stets abgefordert werden kann. In welchem Umfang dann - retrospektiv betrachtet - diese tatsächlich abgerufen worden ist, erscheint demgegenüber als nachrangig (BAG, Urteil vom 21.03.2012 m. w. N.).
(2) Gemessen an diesen Kriterien fallen im hier allein fraglichen Arbeitsvorgang selbständige Leistungen im rechtserheblichen Ausmaß an.
Ein Blick in das von unbestimmten Rechtsbegriffen geprägte LRKG zeigt, dass die Klägerin - unabhängig von ihrer nur sporadischen Beteiligung bei der Genehmigung von Dienstreisen - bei deren Abrechnung an vielen Stellen individuelle Sachverhalte zu erfassen, im Rahmen der durch das Gesetz eingeräumten Beurteilungsspielräume zu bewerten und im Ergebnis eigener geistiger Arbeit jeweils sachgerechte Ergebnisse zu finden hat. So ist etwa vorab zu klären, ob eine Dienstreise nach Maßgabe des § 2 LRKG der vorherigen Genehmigung bedurfte oder ob diese aus Gründen des Einzelfalles entbehrlich war. § 3 LRKG schreibt die Prüfung der Wirtschaftlichkeit jeder Dienstreise und deren Beschränkung auf das zeitlich notwendige Maß vor, womit Beurteilungsspielräume eröffnet sind.
In den Fällen der §§ 5 Abs. 2, 6 Abs. 2, 9 Abs. 2 LRKG ist jeweils das Vorliegen "triftiger Gründe" zu beurteilen. §§ 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 LRKG stellt auf die "Notwendigkeit" von Kosten und Auslagen ab, was im Einzelfall zu beurteilen ist. Im Anwendungsbereich der TEVO sind - soweit nicht Bestimmungen des LRKG im Wege der Verweisung anzuwenden sind - darüber hinaus unter anderem Fragen der "Zumutbarkeit" (§ 6 TEVO) zu klären und ebenfalls "triftige Gründe" (§ 6 Abs. 3 TEVO) zu prüfen. Die Verschiedenheit der im LRKG, in der TEVO sowie im BUKG angesprochenen Fälle und Probleme bedingt dabei - immer wieder aufs Neue und im Einzelfall - das Eindenken in individuelle Sachverhalte und die Suche nach einer vertretbaren wie sachgerechten Lösung. Darüber hinaus hat die Klägerin in allen Fällen zu prüfen und zu entscheiden, ob und ggf. in welchem Umfang die festzusetzenden Zahlungen steuerpflichtige Tatbestände auslösen und im Ergebnis ihrer eigenverantwortlichen Prüfung insoweit entsprechende Änderungs-Meldungen an das LBV vorzunehmen. Jede einzelne Reisekosten- oder Trennungsentschädigungsabrechnung nebst der begleitenden Maßnahmen mit ihrer jedenfalls potentiell speziellen Problematik verlangt daher von der Klägerin ständig neue, nicht schematisch zu erbringende gedankliche Leistungen, womit von "selbständigen Leistungen" im Tarifsinne ausgegangen werden kann (für die Sachbearbeitung in Reisekosten ebenso: LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 02.09.1992 - 12 Sa 126/91 - [...]). Die Fähigkeit zu dieser selbständigen Leistungen und das notwendige Wissen muss die Klägerin dabei permanent verfügbar haben.
dd. Demgegenüber vermag die Berufungskammer nicht zu erkennen, dass die Tätigkeit der Klägerin in diesem Arbeitsvorgang - im Sinne einer nochmaligen Heraushebung - gründliche, umfassende Fachkenntnisse nach der Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 2 TV-L erfordert, weshalb die Berufung mit dem Hauptantrag unbegründet ist.
(1) Mit dem Merkmal der gründlichen, umfassenden Fachkenntnisse ist - siehe Protokollerklärung 4 - gegenüber den gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Kenntnisse nach Tiefe und Breite angesprochen. Dazu muss im Eingruppierungsprozess - in Abgrenzung zu den Ausgangsmerkmalen - sowohl ein größerer Umfang von Kenntnissen als auch die Notwendigkeit vertiefter Kenntnisse im Sinne einer Steigerung nach Quantität und Qualität vom Anspruchssteller dargestellt und vom Gericht festgestellt werden können (Schlewing, aaO, Rz 155 m. w. N.).
(2) Eine derartige, mit der Aufgabe korrespondierende Steigerung im Wissensbereich ist nach dem Vorbringen der insoweit darlegungspflichtigen Klägerin nicht zu erkennen. Die Hinweise der Klägerin auf die erforderlichen Kenntnisse des Reisekosten-, Trennungsentschädigungs- und Umzugskostenrechts einschließlich der relevanten rechtlichen Rahmenbedingungen füllen bereits das Merkmal der gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse aus und sind damit verbraucht. Es ist nicht feststellbar, dass die Klägerin - etwa für die Bearbeitung besonders schwieriger oder komplexer Spezialfälle in rechtserheblichem Umfang oder wegen der regelmäßigen Bearbeitung von Rechtsbehelfen - besonders vertiefte oder zusätzliche Kenntnisse benötigt. Angesichts des eng umrissenen Aufgabengebietes im Arbeitsvorgang kann auch unter Berücksichtigung der mit den weiteren Arbeitsvorgängen verbundenen Anforderungen - die im Verhältnis zu den Aufgaben der Behörde auch in der Gesamtbetrachtung nur einen relativ kleinen Ausschnitt darstellen - ebenso nicht angenommen werden, dass die Klägerin mit ihrem Wissen einen besonders breiten Aufgabenbereich abdecken muss. Die Klage stellt sich daher bezogen auf das Merkmal der gründlichen, umfassenden Fachkenntnisse als unschlüssig dar.
f. Die Stufenzuordnung richtet sich nach § 17 Abs. 4 S. 1 TV-L. Danach werden Beschäftigte im Fall der Eingruppierung in eine höhere Entgeltgruppe derjenigen Stufe zugeordnet, in welcher sie mindestens das bisherige Tabellenentgelt erhalten. Gem. § 15 Abs. 2 TV-L ist die Höhe der Tabellenentgelte für die Entgeltgruppen 1 bis 15 in der Anlage B zum TV-L bestimmt. Nach der am 01.01.2013 geltenden Tabelle betrug das Tabellenentgelt der Entgeltgruppe 8 Stufe 6 TV-L monatlich 2.905,86 € brutto. Für die höhere Entgeltgruppe 9 TV-L sah die Tabelle in der Stufe 3 ein Tabellenentgelt in Höhe von 2.806,26 € und in der Stufe 4 ein Tabellenentgelt in Höhe von 3.171,45 vor, was eine Zuordnung zur Stufe 4 erfordert, die sich im Rahmen der "kleinen E 9" (Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 3 TV-L) nach dem dortigen Klammerzusatz zugleich als Endstufe darstellt.
g. Die Klägerin kann Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 3 Stufe 4 TV-L unter Berücksichtigung der Ausschlussfrist gem. § 37 Abs. 1 TV-L ab dem 01.01.2013 beanspruchen, da sie mit Schreiben vom 22.07.2013 einen tariflich darauf aufbauenden, weitergehenden Anspruch nach der Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 2 ("große EG") ausdrücklich schriftlich geltend gemacht hat.
h. Der Zinsanspruch folgt nach Grund und Höhe aus § 288 Abs.1 BGB.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht ersichtlich. Der Rechtsstreit wirft weder entscheidungserhebliche Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auf noch weicht die Kammer vorliegend in entscheidungserheblicher Weise von obergerichtlicher Rechtsprechung ab.