19.08.2016 · IWW-Abrufnummer 188102
Landesarbeitsgericht Hamm: Urteil vom 19.05.2016 – 15 Sa 322/16
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 12.02.2016 - 3 Ca 1809/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die richtige Eingruppierung des Klägers sowie rückständiges Arbeitsentgelt.
Der Kläger ist seit dem 2008 bei der Beklagten als Wachmann beschäftigt. Unter dem 01.02.2008 schlossen die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag, abgeändert durch vertragliche Vereinbarung vom 01.08.2011. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für den Sicherheitsdienst Anwendung. Der Kläger ist eingruppiert in die Lohngruppe B 7 des allgemeinverbindlichen Lohntarifvertrages für Sicherheitsdienstleistungen in Nordrhein-Westfalen. Der Kläger erzielt einen Bruttostundenlohn in Höhe von 9,35 €. Dieser Lohntarifvertrag hinsichtlich der Lohngruppe B - auszugsweise - wie folgt:
Seit November 2014 ist der Kläger als Pförtner bei der Fa. T in Q, in der Eingangs- und Ausgangskontrolle am Personen- und Fahrzeugeingang Tor 3 eingesetzt, der den Zugang zu den Produktionsbereichen des Werkes "B" ermöglicht. Der Kläger und seine Kollegen sind damit beauftragt, eigenverantwortlich Fahrzeug- und Personenkontrollen durchzuführen.
Mit Schreiben vom 03.11.2015 hat der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten die Beklagte erfolglos zur Höhergruppierung des Klägers in die Lohngruppe B 8 aufgefordert.
Mit seiner am 08.12.2015 eingegangenen Klage hat der Kläger die Höhergruppierung in die Lohngruppe B 8 des allgemeinverbindlichen Lohntarifvertrages für Sicherheitsdienstleistungen in NRW geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, er erfülle sämtliche Voraussetzungen der Lohngruppe B 8. Unstreitig sei er als Sicherheitsmitarbeiter im Pförtnerdienst tätig, welcher verantwortlich Ein- und Ausgangskontrollen von Personen und Kraftfahrzeugen durchführe. Zudem könne die Beklagte von ihm eine Ausbildung in Erster Hilfe sowie Brand- und Katastrophenschutz verlangen. Ob eine solche Ausbildung dann tatsächlich absolviert sei, sei für die Eingruppierung irrelevant. Es genüge, dass die Beklagte theoretisch diese Ausbildung verlangen und einfordern könne. Er selber sei hierzu gewillt und bereit. Aufgrund der fehlerhaften Eingruppierung sei ihm in der Vergangenheit zu wenig Entgelt gezahlt worden, so dass er zusätzlich und rückwirkend für die Monate Juli bis September 2015 die Differenz zwischen den Entgeltgruppen B 7 und B 8 in Höhe von 1,18 € brutto pro Stunde verlange.
Der Kläger hat beantragt,
Die Beklagte hat beantragt,
Sie hat vorgetragen, ihrer Ansicht nach sei der Kläger zutreffend eingruppiert. Denn sie könne die tarifierten Ausbildungen vom Kläger nicht verlangen. Die tarifliche Formulierung sei missglückt. Zutreffend sei die Lohngruppe B 8 mit "verlangt hat" statt mit "verlangen kann" zu lesen. Selbst bei einer wortwörtlichen Auslegung unter Missachtung jeden Tarifsinns müsse die Arbeitgeberin im Sinne der Lohngruppe B 8 eine Ausbildung in Erster Hilfe und Brandschutz verlangen "können", was bedeute, dass sie den Arbeitnehmer arbeitsrechtlich verpflichten können müsse, diese erfolgreich zu absolvieren. Dies setze zumindest einen Verpflichtungsgrund voraus, und zwar eine Veranlassung zur Absolvierung der Ausbildung. Sie sei nämlich im Wege des Direktionsrecht gem. § 106 GewO gerade nicht frei, beliebige Ausbildungen von den Arbeitnehmern zu verlangen und diese im Weigerungsfall mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu überziehen. Mindestvoraussetzung sei jedenfalls die Erforderlichkeit einer derartigen Ausbildung für den vereinbarten Objekteinsatz, mithin der Einsatz nur nach erfolgreicher Absolvierung, und dass sie - vor dem Hintergrund der konkreten arbeitsvertraglichen Vereinbarungen und Objektzuweisungen - diese Ausbildung auch verlangen "könne". Sie habe jedoch weder derartige Ausbildungen verlangt noch könne sie dies, da solche Ausbildungen für den Objekteinsatz bei der Firma T aufgrund der Vereinbarungen des Dienstvertrages zwischen ihr - der Beklagten - und der Auftraggeberin weder erforderlich seien noch verlangt würden. Alle Mitarbeiter, die als Pförtner bei der Firma T tätig seien, seien in die Lohngruppe B7 eingruppiert.
Das Arbeitsgericht Paderborn hat durch Urteil vom 12.02.2016 die Klage als unbegründet abgewiesen und seine Entscheidung wesentlich wie folgt begründet:Der Kläger sei nicht in die Lohngruppe B 8 des auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwendenden allgemeinverbindlichen Bundestarifvertrages für Sicherheitsdienstleistungen in Nordrhein-Westfalen eingruppiert.
Die tariflichen Voraussetzungen seien nicht sämtlich erfüllt. Der Kläger sei zwar Sicherheitsmitarbeiter im Pförtnerdienst, dem verantwortlich Ein- und Ausgangskontrollen von Personen und Kraftfahrzeugen obliegen. Allerdings könne die Beklagte nicht von dem Kläger eine Ausbildung in Erster Hilfe sowie Brand- und Katastrophenschutz verlangen. Diese letzte Voraussetzung, die kumulativ zu den anderen beiden Voraussetzungen vorliegen müsse, sei nicht gegeben.
Zwar sei die Formulierung im Lohntarifvertrag nicht eindeutig. Sie sei nicht als "verlangt hat" zu lesen. Doch sei der Beklagten darin zuzustimmen, dass die Arbeitgeberin bei einer Eingruppierung in die Lohngruppe B 8 von dem Arbeitnehmer zumindest eine Ausbildung in Erster Hilfe und Brand- und Katastrophenschutz verlangen können müsse, was umgekehrt bedeute, dass sie den Arbeitnehmer arbeitsrechtlich verpflichten können müsse, diese Ausbildung erfolgreich zu absolvieren. Auch müsse für den vereinbarten Objekteinsatz eine derartige Ausbildung "erforderlich" sein.
Wäre das Merkmal "verlangen kann" lediglich dahin zu verstehen, dass diese Ausbildungen vom Arbeitnehmer beliebig verlangt werden könne oder aber auch nicht, machte dieses Merkmal keinen Sinn. Hätten die Tarifvertragsparteien das Merkmal "verlangen kann" tatsächlich in diesem völlig allgemeinen gehaltenen Verständnis regeln wollen, so hätten sie die dritte Voraussetzung aus der Lohngruppe B 8 weglassen und die Lohngruppe B 8 lediglich an die von dem Sicherheitsmitarbeiter im Pförtnerdienst zu erbringende verantwortliche Ein- und Ausgangskontrolle von Personen und Kraftfahrzeugen abhängig machen können. Dies hätten die Tarifvertragsparteien jedoch gerade nicht getan, sondern vielmehr deutlich gemacht, dass neben der Ausübung der verantwortlichen Ein- und Ausgangskontrolle der Arbeitgeber zudem vom Arbeitnehmer eine Ausbildung in Erster Hilfe sowie Brand- und Katastrophenschutz verlangen können müsse. Dies bedeute jedoch, dass eine solche Ausbildung für den entsprechenden Objekteinsatz auch erforderlich sei.
Das sei vorliegend unstreitig nicht der Fall. Die Beklagte habe unwidersprochen vorgetragen, dass sie eine entsprechende Ausbildung vom Kläger weder verlangt habe noch diese verlangen könne, da weder eine Erste Hilfe-Ausbildung noch eine Brand- und Katastrophenschutzausbildung für den Objekteinsatz bei der Firma T aufgrund der Vereinbarungen im Dienstleistungsvertrag zwischen der Beklagten und der Auftraggeberin erforderlich sei bzw. verlangt werden könne. Diesem Vortrag sei der Kläger nicht entgegen getreten. Es sei daher davon auszugehen gewesen, dass der Kläger bei der Beklagten "lediglich" als Pförtner bei der Firma T eingesetzt werde.Da der Kläger zutreffend in die Lohngruppe B 7 eingruppiert sei, stehe ihm die begehrte höhere Vergütung nicht zu.
Der Kläger hat gegen das ihm am 02.03.2016 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn am 08.03.2016 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 08.03.2016, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 09.03.2016, begründet.
Der Kläger behauptet, eine Ausbildung in Erster Hilfe sowie Brand- und Katastrophenschutz sei bei dem Aufrag der Firma T sinnvoll und erforderlich. Das Arbeitsgericht verkenne den Inhalt der von den Tarifparteien getroffenen Tarifvereinbarung bezüglich der Lohngruppen B 7 und B 8. Seiner Auffassung nach könne man das Wort "und" zwischen den Merkmalen "Ausgangskontrollen von Personen und Kraftfahrzeugen obliegen" und "von dem Arbeitgeber eine Ausbildung ... verlangen kann" auch als "oder" verstehen, um B 8 von B 7 abzuheben. Es bleibe völlig unklar, unter welchen Voraussetzungen eine Ausbildung in Erster Hilfe sowie Brand- und Katastrophenschutz tatsächlich "erforderlich" sei. Wäre die "Erforderlichkeit" das entscheidende Merkmal, hätten die Tarifparteien dies auch erwähnen müssen. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Tarifnorm genüge es zu seinen Gunsten, dass die Beklagte eine Ausbildung theoretisch verlangen könne.
Die Beklagte verlange auch die Erste-Hilfe-Ausbildung. Bereits von einem Kollegen des Klägers, dem Arbeitnehmer W, habe die Beklagte diese verlangt. Auch vor dem Hintergrund, dass die beiden Betriebsstätten in Q sehr verwinkelt seien, seien entsprechende Ausbildungen notwendig. Einer bei der Firma T am Schwarzen Brett hängenden Liste sei entnehmbar, dass die als Wachschutz tätigen Mitarbeiter der Beklagten über eine Ersthelfer-Ausbildung verfügen müssten, denn ansonsten hätte man den Wachschutz nicht auf diese Telefonliste gesetzt.
Der Kläger beantragt:
Die Beklagte beantragt:
Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil als zutreffend und hält die tarifliche Eingruppierung des Klägers in die Lohngruppe B 7 für korrekt. Der Kläger habe weder eine Ausbildung in Erster Hilfe sowie Brand- und Katastrophenschutz absolviert noch habe sie eine solche Ausbildung von dem Kläger verlangt. Die entsprechenden Ausbildungen würden für den konkreten Einsatz auch nicht benötigt. Die Auftraggeberin verlange keine besondere Ausbildung in Erster Hilfe sowie Brand- und Katastrophenschutz von ihren Mitarbeitern, sondern stelle laut dem Dienstleistungsvertrag sicher, dass ihre eigenen Mitarbeiter über eine Erste-Hilfe-Ausbildung verfügten. Sie - die Beklagte - habe deshalb auch niemals im Zusammenhang mit dem Einsatz im Objekt T eine Ausbildung in Erster Hilfe verlangt. Der Fall, der der Entscheidung 4 Sa 831/13, Landesarbeitsgericht Düsseldorf, zugrunde gelegen habe, sei mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Denn die Beklagte des dortigen Verfahrens habe als Arbeitgeberin von dem dortigen Kläger eine Ausbildung in Erster Hilfe sowie Brand- und Katastrophenschutz verlangen können und habe dies auch getan.
Der von dem Kläger vorgelegten Liste könne nicht entnommen werden, dass die bei ihr als Wachschutz tätigen Mitarbeiter über eine Ersthelfer-Ausbildung verfügen müssten. Die Telefonnummer des Pförtners sei in der Liste nur angegeben, weil der Sicherheitsdienst benachrichtigt werden müsse, falls der Rettungsdienst komme, welchem Zutritt gewährt werden müsse.
Wegen des weiteren tatsächlichen Vorbringens der Parteien wird verwiesen auf deren wechselseitige Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der öffentlichen Sitzungen in erster und zweiter Instanz, die insgesamt Gegenstand der letzten mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung des Klägers ist zulässig.
Sie ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 lit. b, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519,520 ZPO an sich statthaft und auch frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.
II. In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts erweist sich als zutreffend.
Der Kläger kann die zulässig begehrte Feststellung seiner Eingruppierung in die Vergütungsgruppe B 8 des Lohntarifvertrages für Sicherheitsdienstleistungen in Nordrhein-Westfalen in der Fassung vom 05.02.2015 von der Beklagten nicht verlangen, da er in diese Lohngruppe nicht eingruppiert ist. Demzufolge besteht auch kein Anspruch auf die mit der Klage des Weiteren verfolgte Entgeltnachzahlung.
1. Der Kläger ist nicht in die Lohngruppe B 8 des Lohntarifvertrags eingruppiert.
In die Lohngruppe B 7 sind eingruppiert Sicherheitsmitarbeiter im Objektschutzdienst, im Servicedienst und im Pförtnerdienst. In die Lohngruppe 8 sind eingruppiert Sicherheitsmitarbeiter im Pförtnerdienst, die sich von der Lohngruppe 7 dadurch abheben, indem ihnen verantwortlich Ein- und Ausgangskontrollen von Personen und Kraftfahrzeugen obliegen und von denen der Arbeitgeber eine Ausbildung in Erster Hilfe sowie Brand- und Katastrophenschutz verlangen kann. Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass aufgrund eindeutiger tarifvertraglicher Formulierung für eine Eingruppierung in die Lohngruppe 8 kumulativ sowohl die Voraussetzung der verantwortlichen Ein- und Ausgangskontrolle von Personen und Kraftfahrzeugen gegeben sein wie auch das weitere Merkmal vorliegen muss, dass der Arbeitgeber von dem Sicherheitsmitarbeiter im Pförtnerdienst eine Ausbildung in Erster Hilfe sowie Brand- und Katastrophenschutz verlangen können muss.
a) Der Kläger ist Sicherheitsmitarbeiter im Pförtnerdienst.
b) Dem Kläger obliegen verantwortlich Ein- und Ausgangskontrollen von Personen und Kraftfahrzeugen.
c) Der Arbeitgeber kann jedoch von dem Kläger eine Ausbildung in erster Hilfe sowie Brand- und Katastrophenschutz nicht verlangen. Diese Eingruppierungsvoraussetzung, die kumulativ zu den anderen beiden Voraussetzungen treten muss, ist vorliegend nicht erfüllt. Das ergibt die Auslegung der tariflichen Regelung.
aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG, 24.02.2016 - 5 AZR 225/15, [...];
BAG, 8.10.2008 - 5 AZR 707/07, [...]; BAG, 14.07.2015 - 3 AZR 903/13, NZA 2015, 1152).
bb) Nach dem Wortlaut der Merkmale der Lohngruppe B 8 hebt sich der Sicherheitsmitarbeiter im Pförtnerdienst von dem Sicherheitsmitarbeiter der Lohngruppe B 7 dadurch ab, dass ihm verantwortlich Ein- und Ausgangskontrollen von Personen und Kraftfahrzeugen obliegen und der Arbeitgeber von ihm eine Ausbildung in Erster Hilfe sowie Brand- und Katastrophenschutz verlangen kann.
Der Wortlaut der Lohngruppe B 8 ist entgegen der Auffassung des Klägers zunächst eindeutig in Bezug auf die kumulativ formulierten Qualifikationsmerkmale: Dem Sicherheitsmitarbeiter müssen sowohl die dort genannten Ein- und Ausgangskontrollen obliegen, als auch der Arbeitgeber von ihm eine bestimmte Ausbildung verlangen kann. Das Bindewort zwischen den beiden Qualifikationsmerkmalen lautet "und", nicht "oder". Die klägerische Auffassung, "und" könne auch als "oder" verstanden werden, ist nicht zutreffend und wegen des sich wechselseitig ausschließenden Wortlauts nicht vertretbar.
Ebenso wenig ist die tarifliche Formulierung "verlangen kann" zu begreifen im Sinne von "verlangt hat". Auch diese Auslegung ist vom Wortlaut nicht mehr gedeckt.
Im Übrigen ist der Wortlaut nicht eindeutig. Wenn es unter der Lohngruppe B 8 heißt, es seien eingruppiert Mitarbeiter, von denen der Arbeitgeber eine spezielle Ausbildung "verlangen kann", mag dies verstehbar sein als jederzeitiges und beliebiges Verlangen. Mit dem Arbeitsgericht ist jedoch davon auszugehen, dass eine solche Interpretation es dem Arbeitgeber frei stellte, von jedem Sicherheitsmitarbeiter eine entsprechende Ausbildung bzw. Zusatzqualifikation voraussetzungslos und ohne Weiteres verlangen zu können oder ein solches Verlangen eben nicht zu äußern. Ein entsprechendes Verständnis der tariflichen Formulierung in der Lohngruppe B 8 macht indes keinen Sinn und hätte ebenso gut als weitere Voraussetzung einer Eingruppierung in die Lohngruppe von den Tarifparteien weggelassen werden können. Die getroffene Wortwahl allein lässt somit keine Rückschlüsse darauf zu, was die Tarifvertragsparteien mit der Formulierung "verlangen kann" zum Ausdruck gebracht haben.
cc) Ein Wille der Tarifvertragsparteien, das Merkmal "verlangen kann" in einem bestimmten Sinn zu verstehen, lässt sich dem Tarifvertrag nicht entnehmen.
dd) Der tarifliche Gesamtzusammenhang sowie die Praktikabilität sprechen für das auch vom Arbeitsgericht gefundene Auslegungsergebnis, dass der Arbeitgeber für eine Eingruppierung in die Lohngruppe B 7 zumindest eine Ausbildung in Erster Hilfe und Brand- und Katastrophenschutz verlangen können muss.
Für den tariflichen Gesamtzusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Lohngruppe B 7 die niedrigste Lohngruppe des Wach- und Sicherheitsgewerbes NRW ist. Die nächsthöhere Lohngruppe B 8 mit ihren kumulativ zu erfüllenden Qualifizierungsmerkmalen setzt voraus, dass bestimmte Ausbildungsgänge vom Arbeitgeber verlangt werden können. Die Lohngruppe B 9 hebt sich wiederum von der Lohngruppe B 8 dadurch ab, dass der Sicherheitsmitarbeiter im Pförtnerdienst im Empfangsdienst tätig ist und ihm auch die Überwachungsfunktion von technischen Anlagen und die Bedienung der Telefonzentrale obliegt. Unstreitig erfüllt der Kläger die Merkmale der Lohngruppe B 9 nicht. Zwar ist zu sehen, dass der Kläger vorliegend mehr Merkmale erfüllt als die der Lohngruppe B 7, indes die Qualifizierungsmerkmale der Lohngruppe B 8 nicht vollständig. Das Tarifgefüge hält eine weitere Lohngruppe zwischen B 7 und B 8 nicht vor, in die Sicherheitsmitarbeiter im Pförtnerdienst eingruppiert wären, die zwar verantwortlich Ein- und Ausgangskontrollen von Personen und Kraftfahrzeugen durchzuführen haben, von denen der Arbeitgeber jedoch die Ausbildung in Erster Hilfe und Brand- und Katastrophenschutz nicht verlangen kann. Es ist ggfs. Aufgabe der Tarifparteien, das Entgeltgefüge neu zu ordnen.
Die hier bevorzugte Auslegung, dass der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer für dessen Eingruppierung in die Lohngruppe B 8 bestimmte Ausbildungen verlangen können muss, setzt voraus, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer arbeitsrechtlich verpflichten können muss, entsprechende Ausbildungen zu absolvieren. Der Arbeitgeber muss insofern im Rahmen seines gesetzlichen Weisungsrechts nach § 106 GewO von dem Arbeitnehmer das Ableisten derartiger Ausbildungen verlangen können. Dies wird er in rechtlich zulässiger Weise nur realisieren können, wenn für einen bestimmten Objektschutzeinsatz eine entsprechende Ausbildung erforderlich ist, d.h. der Einsatz eines Sicherheitsmitarbeiters nur erfolgen kann, wenn die Ausbildungsgänge erfolgreich durchlaufen sind. Verlangt der Objektschutz also die genannten Ausbildungen, "kann" sie der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer auch "verlangen". Der Hinweis des Klägers, der Arbeitgeber könnte einseitig zu Lasten der Mitarbeiter ein geringes Entgelt festlegen, käme es auf den Vertrag zwischen Sicherheitsunternehmen und Auftraggeber an, verfängt nicht. Vielmehr zeigt sich gerade an dem Vorbringen der Beklagten, dass es auf den Inhalt des Dienstvertrags zwischen der Beklagten und dem Auftraggeber hinsichtlich des konkreten Objekteinsatzes entscheidend ankommt. Setzt der Objekteinsatz vertraglich die in die Lohngruppe B 8 genannten Ausbildungsvoraussetzungen voraus, "kann" die Beklagte als Auftragnehmerin diese von ihren Mitarbeitern "verlangen".
Vorliegend sind nach den insoweit unbestritten gebliebenen Darlegungen der Beklagten die tariflich benannten Ausbildungen weder von der Auftraggeberin verlangt worden, noch sind diese erforderlich. Letzteres vermochte der Kläger auch nicht substantiiert darzutun. Hierzu ist weder die Behauptung, eine Ausbildung in Erster Hilfe sowie Brand- und Katastrophenschutz sei bei dem Auftrag der Firma T sinnvoll, hinreichend, noch kommt es darauf an, dass nach dem - indes wieder unsubstantiiert gebliebenen - Vortrag des Klägers die beiden Betriebsstätten in Q sehr verwinkelt und Feuerwehr- und Sanitätskräfte auf die Mithilfe der Pförtner angewiesen seien.
Auch die bestrittene Behauptung des Klägers, die Beklagte habe von dem Kollegen des Klägers, W, eine Erste-Hilfe-Ausbildung verlangt, vermag nicht zu einer anderen rechtlichen Einschätzung zu führen. Zum einen bleibt das Vorbringen hinsichtlich Zeit, Ort und Umständen eines solchen Verlangens unsubstantiiert mit der Folge, dass eine Zeugeneinvernahme unter dem Gesichtspunkt des unzulässigen Ausforschungsbeweises zu unterbleiben hatte. Zum anderen bezieht sich das Vorbringen des Klägers lediglich auf das zur vollständigen Erfüllung der tariflichen Merkmale nicht ausreichende Behaupten des Verlangens einer Erste-Hilfe-Ausbildung. Zudem betrifft ein Verlangen gegenüber einem anderen Arbeitnehmer nicht das Arbeitsverhältnis des Klägers.
Der Hinweis des Klägers auf die Entscheidung 4 Sa 891/13, Landesarbeitsgericht Düsseldorf, führt ebenfalls nicht zu einem ihm günstigen Ergebnis. Denn der dortige Sachverhalt ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Der dortige Kläger war zur Leistung von Erster Hilfe verpflichtet und hatte eine entsprechende Ausbildung absolviert. Gleichfalls hatte er als für den Brandschutz Zuständiger auf Verlangen seines Arbeitgebers an einer Brandschutzschulung teilgenommen. Zudem verhielt sich der Rechtsstreit zu einer Eingruppierung in die Lohngruppe B 9.
Schließlich ist der bei der Firma T am Schwarzen Brett hängenden Liste "Ersthelfer, Qer Kühlhaus" (Blatt 58 d.A.) entgegen der Behauptung des Klägers nicht zu entnehmen, dass die als Wachschutz tätigen Mitarbeiter der Beklagten über eine Ersthelferausbildung verfügen müssen. Zwar ist auf dieser Telefonliste in der untersten Spalte unter Angabe einer Telefonnummer auch der "Wachschutz/Pförtner Tor 4" aufgeführt. Doch ist der Liste nicht entnehmbar, dass gerade die als Wachschutz tätigen Mitarbeiter der Beklagten über eine Ersthelfer-Ausbildung verfügen müssen. Der Kläger behauptet nicht einmal, dass die in der Liste eingetragenen Mitarbeiter solche der Beklagten sind. Dass andererseits die Mitarbeiter des Auftraggebers, hier der Firma T, über eine Ersthelfer-Ausbildung verfügen (müssen), ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Schließlich tritt der Kläger auch der in diesem Zusammenhang von der Beklagten aufgestellten Behauptung nicht substantiiert entgegen, die telefonischen Rufnummern des Pförtners seien in der Liste nur angegeben, weil der Sicherheitsdienst benachrichtigt werden müsse, falls der Rettungsdienst komme bzw. wenn der Rettungsdienst telefonisch zu benachrichtigen sei.
2. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Entgeltzahlung in Höhe von 659,92 Euro brutto für den Zeitraum der Monate Juli bis September 2015. Da der Kläger zutreffend in die tarifliche Lohngruppe B 7 eingruppiert ist, kann er Entgeltdifferenzen zwischen den Lohngruppen B 7 und B 8 von der Beklagten nicht verlangen.
III.
Die Kostenfolge zu Lasten des mit dem Rechtsmittel unterlegenen Klägers folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Gründe gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG für eine Zulassung der Revision waren nicht gegeben.