16.08.2016 · IWW-Abrufnummer 188001
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 17.03.2016 – 6 Sa 236/15
Tenor:
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 26. März 2015 - 9 Ca 2562/14 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Beendigung eines Ausbildungsverhältnisses durch einen Aufhebungsvertrag und über Annahmeverzugslohnansprüche.
Der 1992 geborene Kläger schloss nach vorangegangenem Ausbildungsverhältnis mit einem anderen Ausbildungsbetrieb mit der Beklagten am 02. Mai 2013 einen schriftlichen Ausbildungsvertrag über seine - weitere - Berufungsausbildung zum Gebäudereiniger im Zeitraum vom 01. Mai 2013 bis 14. August 2015. Zuletzt bezog der Kläger eine Ausbildungsvergütung von 745,00 Euro brutto.
Am 16. Juni 2014 erhielt der Kläger ein vom 16. April 2014 datierendes Schreiben der Beklagten in dem ihm mitgeteilt wurde, in der Anlage erhalte er den Auflösungsvertrag wie am 11. Juni 2014 besprochen und verhandelt und noch zustehender Lohn und die Arbeitspapiere gingen ihm mit der Lohnzahlung Juni 2014 zu. In der Anlage war beigefügt die Kopie eines an die Handwerkskammer Koblenz gerichteten Formulares zur "Mitteilung über die Auflösung/Kündigung des oa. Ausbildungsvertrages zur Löschung aus dem Verzeichnis der Berufungsausbildungsverhältnisse/Lehrlingsrolle". Das Formular (Bl. 14. d. A.) ist handschriftlich ausgefüllt mit den persönlichen Daten des Klägers. Weiter ist im vorgegebenen Feld eingetragen, dass der Ausbildungsvertrag mit Wirkung vom "11.06.2014" aufgelöst/gekündigt worden sei, als Grund sind "Diverse Unregelmäßigkeiten" angegeben und es ist die Rubrik "Auflösung im gegenseitigen Einvernehmen" angekreuzt. Das Formular ist unter dem 11. Juni 2014 handschriftlich vom Inhaber der Beklagten unterzeichnet und enthält weiter die Unterschrift "A. A.". Zwischen den Parteien ist umstritten, ob der Kläger das Formular vom 11. Juni 2014 und einen von der Beklagten weiter behaupteten Aufhebungsvertrag unterschrieben hat, den diese im Rechtsstreit vorgelegt hat (Bl. 48 = 67 d. A.). Das vorgefertigte Vertragsformular, das mit "Aufhebungsvereinbarung" und "Aufhebungsvertrag" überschrieben ist, ist im Hinblick auf den Namen des Klägers, das Abschlussdatum seines mit der Beklagten bestehenden Vertrages und das Datum und den Ort der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages handschriftlich ausgefüllt, vom Inhaber der Beklagten unterzeichnet und enthält ebenfalls die Unterschrift "A. A.". Wegen der weiteren Einzelheiten von Formular und Aufhebungsvertrag wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Der Kläger, der außergerichtlich gegenüber der Beklagten eine etwaige Erklärung vom 11. Juni 2014 höchstvorsorglich angefochten hat, hat am 02. Juli 2014 Klage beim Arbeitsgericht Koblenz erhoben und neben der Feststellung des unbefristeten Bestandes eines Ausbildungsverhältnisses seine weitere Ausbildung verlangt. Er hat seine Klage erweitert am 22. Juli 2014 um Annahmeverzugslohnansprüche für den hälftigen Monat Juni 2014, am 16. Januar 2015 um solche für den Zeitraum Juli bis Dezember 2014 und am 27. Februar 2015 um solche für die Monate Januar und Februar 2015.
Unter dem 19. August 2014 ist im Schlichtungsverfahren ein von der Beklagten nicht anerkannter Spruch des Ausschusses für Lehrlingsstreitigkeiten der Gebäudereiniger-Innung zu Gunsten des Klägers ergangen.
Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, er habe weder das Formular für die Handwerkskammer, noch den von der Beklagten weiter behaupteten Aufhebungsvertrag unterzeichnet, den er im Rechtsstreit zum ersten Mal gesehen habe. Die Beklagte trage die Darlegungs- und Beweislast für den tatsächlichen Abschluss des Vertrages und auch für die Wahrung der Schriftform.
Er hat zuletzt beantragt,
Die Beklagte hat beantragt,
Sie hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, der Kläger habe am 11. Juni 2014 in unmittelbarer zeitlicher Abfolge nicht nur das Formular für die Handwerkskammer, sondern auch den Aufhebungsvertrag am 11. Juni 2014 unterzeichnet und ihren Vortrag in das Zeugnis des Vaters des Inhabers der Beklagten, U B, gestellt.
Das Arbeitsgericht hat aufgrund Beschlusses vom 23. Oktober 2014 Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen B. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom gleichen Tag (Bl. 59 ff. d. A.). Weiter hat das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 23. Oktober 2014 Beweis erhoben durch Einholung eines Schriftsachverständigengutachtens, ob die Unterschrift auf dem Aufhebungsvertrag vom 11. Juni 2014 und gegebenenfalls auch die aus der Mitteilung an die Handwerkskammer vom gleichen Tag vom Kläger stammt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme insoweit wird auf das Schriftsachverständigengutachten der Schriftsachverständigen S J. S vom 10. Februar 2015 (Bl. 96 ff. d. A.) verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 26. März 2015 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, für die Kammer stehe in Würdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme fest, dass der Kläger sowohl den Aufhebungsvertrag als auch die Mitteilung an die Handwerkskammer persönlich mit eigener Hand unterzeichnet habe und das Berufsausbildungsverhältnis unter Beachtung der notwendigen Schriftform der §§ 623, 10 Abs. 2 BBiG mit dem 11. Juni 2014 seine rechtliche Beendigung gefunden habe. Die Kammer erachte den Vortrag der Beklagten für wahr, da eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit dafür spreche, dass der Kläger die bezeichneten Unterschriftsleistungen getätigt habe. Zwar komme das Schriftsachverständigengutachten lediglich zu dem Ergebnis, dass dies "mit leicht überwiegender Wahrscheinlichkeit" der Fall sei, was einem Prozentsatz von ca. 75 % entspreche, es stelle jedoch zugleich fest, dass mit eher mäßiger Wahrscheinlichkeit die Unterschriften von einer (unbekannten) dritten Person gefertigt worden seien und dass es keine Anzeichen für unterschiedliche Urheber oder mechanische oder chemische Tilgungen hinsichtlich der Unterschriften gebe. Zudem stimme das Gutachten insoweit mit der Aussage des Zeugen B überein, als der Aufhebungsvertrag als Unterlage für eine weitere Namenszeichnung verwendet worden sei und dieser ausgesagt habe, dass die Mitteilung an die Handwerkskammer nach dem Aufhebungsvertrag unterzeichnet worden sei. In zusammenfassender Würdigung der glaubhaften Bekundungen des trotz seiner Stellung glaubwürdigen Zeugen B ergebe sich, dass der Kläger nach der zwischen ihm und dem Zeugen geführten Auseinandersetzung, die der Zeuge im Detail geschildert habe, zunächst den Aufhebungsvertrag blanko und dann die Mitteilung an die Handwerkskammer mit dem kundgetanen Willen der sofortigen Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses zum 11. Juni 2014 unterschrieben habe. Ein Anfechtungsgrund sei nicht ersichtlich. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 155 ff. d. A. Bezug genommen.
Der Kläger hat gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 24. April 2015 zugestellte Urteil mit am 22. Mai 2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist mit Schriftsatz vom 24. Juli 2015, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, begründet.
Der Kläger macht zur Begründung seiner Berufung nach Maßgabe seiner Berufungsbegründungsschrift vom 24. Juli 2015, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 187 ff. d. A.) zweitinstanzlich im Wesentlichen geltend,
nach Durchsicht des Gutachtens falle auf, dass die streitige Unterschrift des Klägers das zweite "E" seines Nachnamens vernachlässige, während der Kläger dieses immer ausschreibe. Im Übrigen habe die Gutachterin darauf hingewiesen, dass eine nicht unerhebliche Materialkritik vorzunehmen und eine große Variationsbreite der habituellen Zeichnungsweise des Vergleichsschreibers zu berücksichtigen und der Schriftinformationsgehalt sehr herabgesetzt sei. Die von der Gutachterin letztlich angenommene "leicht überwiegende Wahrscheinlichkeit" sei im Rahmen von graphologischen Gutachten doch eine sehr vage Erklärung. Die Ausführungen, dass der Schriftträger mit dem Aufhebungsvertrag als Unterlage für die weitere Namenszeichnung gedient habe, seien auch bei einem Fälscher erklärlich. Der Kläger habe an dem besagten Tag, dem Geburtstag seiner Mutter, den ganzen Tag mit dem Inhaber der Beklagten zusammengearbeitet (Zeugnis des Inhabers der Beklagten und des Klägers) und sei nur kurz vor Feierabend mit einem weiteren Auszubildenden im Büro gewesen, habe da aber keine Unterschrift geleistet (Zeugnis N.N.). Das Gericht habe auch den kritischen Ansatzpunkt verkannt, dass der Zeuge B der Sohn des Inhabers der Beklagten und früher selbst Firmeninhaber gewesen sei. Seine Aussage sei widersprüchlich und die informatorische Befragung des Klägers vor der Beweisaufnahme finde keinen Niederschlag. Der Kläger, der eine Erklärung, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorsehe, habe nie abgeben wollen, habe die Anfechtung des Vertrages unverzüglich erklärt.
Der Kläger beantragt zuletzt - unter Klagerücknahme im Übrigen -,
Die Beklagte beantragt unter Zustimmung zur Teilklagerücknahme,
Sie verteidigt das vom Kläger angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 13. August 2015, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 198 f. d. A.) und trägt zweitinstanzlich im Wesentlichen vor,
der Kläger schreibe das zweite "E" in seinem Nachnamen nicht immer aus. Das Gericht habe auch die Aussage des Zeugen B zutreffend gewürdigt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Beklagte in Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Aussage des Zeugen B klargestellt, dass der Kläger beide Formulare blanko unterschrieben habe, dh. dass sich auf ihnen zunächst nur die Unterschrift des Klägers befunden habe, während der Inhaber der Beklagten die Unterlagen nachträglich in Abwesenheit des Klägers ausgefüllt und unterzeichnet habe.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 02. Februar 2016 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A Die zulässige Berufung des Klägers ist in der Sache nicht erfolgreich.
I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, wurde vom Kläger nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 24. April 2015 mit am 22. Mai 2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 519 ZPO) und innerhalb verlängerter Frist mit am gleichen Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 24. Juli 2015 rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, 5, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 ZPO).
II. Die Berufung ist nicht begründet. Das zwischen den Parteien bestehende Ausbildungsverhältnis hat infolge einvernehmlicher Aufhebung mit dem 11. Juni 2014 sein Ende gefunden. Dem Kläger stehen daher über diesen Zeitpunkt hinaus keine weiteren Vergütungsansprüche unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu.
1. Der Feststellungsantrag ist zulässig, jedoch nicht begründet.
1.1. Es bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit des vom Kläger unter Teilklagerücknahme im Übrigen zuletzt noch eingeschränkt zur Entscheidung gestellten Antrags festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis zwischen den Parteien über den 11. Juni 2014 hinaus bis zum 14. August 2015 fortbestanden hat, nachdem das Ausbildungsverhältnis zwischen den Parteien zuletzt unstreitig - und in Ermangelung anderweitiger Anhaltspunkte - zu diesem Zeitpunkt zumindest durch Befristungsablauf nach § 21 Abs. 1 Satz 1 BBiG sein Ende gefunden hat. Der Antrag ist jedenfalls als Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zulässig. Von der Entscheidung über den Feststellungsantrag hängt auch die Entscheidung über die Zahlungsanträge ab, weshalb es keines besonderen Feststellungsinteresses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO bedarf (vgl. BAG 17. Juni 2014 - 3 AZR 529/12 - Rn. 24, zitiert nach [...]).
1.2. Der Feststellungsantrag ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat mit ausführlicher und sorgfältiger Begründung zu Recht angenommen, dass das das zwischen den Parteien bestehende Ausbildungsverhältnis durch einvernehmlichen Aufhebungsvertrag mit dem 11. Juni 2014 sein Ende gefunden hat, nachdem dem Kläger auch ein Anfechtungsgrund nicht zur Seite steht. Die Berufungskammer nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts in den Entscheidungsgründen (Seite 5 bis 10 = Bl. 155 bis 160 d. A.) Bezug und stellt dies ausdrücklich fest (§ 69 Abs. 1 ArbGG). Weder die Angriffe der Berufung, noch sonstige Erwägungen rechtfertigen ein anderes Ergebnis.
1.2.1. Die Parteien haben in Bezug auf ihr Ausbildungsverhältnis am 11. Juni 2014 einen den Formerfordernissen des § 10 Abs. 2 BBiG iVm. § 623 BGB entsprechenden Aufhebungsvertrag geschlossen.
a) Das Arbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Parteien sich am 11. Juni 2014 darauf geeinigt haben, dass das Ausbildungsverhältnis am gleichen Tag sein Ende finden soll und der Kläger sowohl den Aufhebungsvertrag, als auch das Formular über die Mitteilung der Auflösung des Ausbildungsverhältnisses an die Handwerkskammer eigenhändig unterzeichnet hat. Die hiergegen gerichteten Berufungsangriffe sind nicht begründet. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Arbeitsgerichts begründen (§§ 64 Abs. 6 ArbGG iVm. 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), liegen nicht vor. Das Berufungsgericht schließt sich der zutreffenden Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts ausdrücklich an. Unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der vom Arbeitsgericht fehlerfrei durchgeführten Beweisaufnahme steht auch zur Überzeugung des Berufungsgerichts (§ 286 ZPO) fest, dass der Kläger sich am 11. Juni 2014 nach einem Streit mit dem für die Beklagte auftretenden Zeugen B auf eine Beendigung des Ausbildungsverhältnisses mit sofortiger Wirkung geeinigt und vor diesem Hintergrund die ihm vom Zeugen vorgelegten Formulare über den Aufhebungsvertrag und die Mitteilung gegenüber der Handwerkskammer unterschrieben hat.
aa) Der Kläger, der auch im Berufungsverfahren den gesamten Vorfall vom 11. Juni 2014 bestritten hat, wendet sich ohne Erfolg gegen die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts in Bezug auf die Vernehmung des Zeugen Uwe B. Der Zeuge B hat - worauf das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat - unter detaillierter Angabe der vom Kläger ihm gegenüber abgegebenen Beleidigung den Verlauf der nach 16.00 Uhr stattgefundenen Unterhaltung eindringlich und unter Angabe vieler Einzelheiten glaubhaft geschildert. Er hat nachvollziehbar bekundet, dass er dem Kläger nach dessen Anwürfen eindeutig erklärt habe, "Jetzt ist hier Schluss". Weiter hat er ausgesagt, dass der Kläger vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung damit einverstanden war, das Ausbildungsverhältnis zum 11. Juni 2014 aufzulösen und dass er geäußert habe, er könne überall arbeiten, gegebenenfalls auch bei seinem Vater. Auch hat der Zeuge den Vortrag des Klägers bestätigt, dass er dem Grunde nach mit dem Kläger bis auf die geschilderten Zusammentreffen wenig zu tun hatte und insbesondere auch, dass der Kläger bis zu dem Vorfall gegen Feierabend den ganzen Tag mit seinem Sohn zusammen gearbeitet hatte. Einer Durchführung der vom Kläger insoweit beantragten Parteivernehmung bedurfte es vor diesem Hintergrund nicht. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren weiter behauptet hat, lediglich kurz vor Feierabend mit einem weiteren Auszubildenden im Büro gewesen zu sein, ohne dort eine Unterschrift geleistet zu haben, fehlte es angesichts der Benennung eines Zeugen "N.N." jedenfalls an einem tauglichen Beweisangebot des Klägers, dem gegenbeweislich hätte nachgegangen werden können. Die vom Kläger in der Berufung behauptete Widersprüchlichkeit der Zeugenaussage vermochte die Berufungskammer insgesamt nicht zu erkennen, hat doch der Zeuge nachvollziehbar bekundet, dass er seine Vorgehensweise vorab telefonisch mit dem Inhaber der Beklagten abgesprochen habe. Soweit der Kläger beanstandet, dass seine Angaben innerhalb seiner informatorischen Befragung vor dem Arbeitsgericht keinen Niederschlag im Urteil gefunden habe, vermochte die Berufungskammer diese Auffassung nicht zu teilen, nachdem das Arbeitsgericht umfassend dargelegt hat, aus welchen Gründen es die Einlassung des Klägers im Termin vom 23. Oktober 2014, er kenne den Aufhebungsvertrag nicht und habe die Unterschrift nicht geleistet, nicht für zutreffend hält. Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Gericht schließlich nicht die besondere Stellung des Zeugen verkannt, der als Vater des Inhabers der Beklagten früher selbst der Firmeninhaber gewesen ist. Soweit der Kläger die Glaubwürdigkeit des Zeugen B abweichend vom Arbeitsgericht beurteilt, setzt er lediglich seine eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Arbeitsgerichts, was nicht ausreicht, um Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen des Arbeitsgerichts zu begründen, das ausweislich seiner Feststellungen die Stellung des Zeugen berücksichtigt und diesen insbesondere auch im Zusammenhang mit dem übereinstimmenden Beweisergebnis des eingeholten Schriftsachverständigengutachtens für glaubwürdig gehalten hat.
bb) Auch die Angriffe der Berufung gegen die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts im Hinblick auf das eingeholte Schriftsachverständigengutachten gehen fehl. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Beklagten sowohl in Bezug auf den Aufhebungsvertrag vom 11. Juni 2014, als auch bezüglich der Mitteilung an die Handwerkskammer vom gleichen Tag der Nachweis der Echtheit der Urkunde gelungen ist. Auch die Berufungskammer nimmt an, dass der Kläger die im Streit stehenden Unterlagen eigenhändig unterzeichnet hat. Der Einwand der Berufung, der Kläger schreibe das zweite "E" seines Nachnamens immer aus, während dies bei den streitigen Unterschriften nicht der Fall sei, wird bereits - worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat - durch die Vergleichsunterschriften des Klägers widerlegt, die Gegenstand des Gutachtens waren und die - von der Gutachterin herausgearbeitet und berücksichtigt - eine große Variationsbreite aufzeigen (vgl. Anhang Tafeln 3 - 4 des Gutachtens = Bl. 117 d. A.). Wenn die Berufung zutreffend anführt, dass die Gutachterin eine nicht unerhebliche Materialkritik - auch im Hinblick auf den Schriftinformationsgehalt - hatte, verkennt sie, dass das Gutachten diese materialkritischen Aspekte bei der späteren Befundbewertung ausdrücklich berücksichtigt hat und dennoch zum gefunden Untersuchungsergebnis gelangt ist. Soweit der Kläger schließlich beanstandet, das Gutachten gehe lediglich mit einer "leicht überwiegende Wahrscheinlichkeit" von seiner Urheberschaft bezüglich der Unterschriften aus, kann dahinstehen, ob ein derartiger Befund im Schriftsachverständigengutachten als alleinige Grundlage für eine Beweiswürdigung zu Lasten des Klägers geeignet sein könnte (vgl. zur strafrechtlichen Bewertung der "hohen Wahrscheinlichkeit": BGH 24. Juni 1982 - 4 StR 183/82 - Rn. 6, zitiert nach [...]). Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, übersieht der Kläger, dass das Arbeitsgericht - und mit ihm die Berufungskammer - seine Beweiswürdigung, die Unterschriften stammten vom Kläger, nicht ausschließlich auf das Schriftsachverständigengutachten, sondern auch auf die Aussage des Zeugen B gestützt hat und damit in einer Gesamtschau von der Echtheit der Urkunden ausgegangen ist. Zwar mag der Einwand des Klägers, auch bei einer Fälschung sei denkbar, dass der zunächst unterzeichnete Aufhebungsvertrag als Unterlage für die weitere Namenszeichnung gedient habe, für sich genommen zutreffen. Seine Argumentation lässt jedoch unberücksichtigt, dass das Arbeitsgericht seine Schlussfolgerungen diesbezüglich im Wesentlichen darauf stützt, dass die Feststellung des Gutachtens zum zeitlichen Ablauf sich mit der Bekundung des Zeugen B deckt, der ausgesagt hat, der Kläger habe zunächst den Aufhebungsvertrag und dann die Mitteilung an die Handwerkskammer unterschrieben.
b) Der Aufhebungsvertag vom 11. Juni 2014 entspricht dem Schriftformgebot des § 10 Abs. 2 BBiG iVm. § 623 BGB.
aa) Nach § 10 Abs. 2 BBiG iVm. § 623 BGB bedarf auch die einvernehmliche Vereinbarung zur Auflösung eines Berufsausbildungsverhältnisses zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, muss die Urkunde nach § 126 Abs. 1 BGB von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels eines notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sein. Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien nach § 126 Abs. 2 Satz 1 BGB auf derselben Urkunde erfolgen. Das Formerfordernis erfasst den Auflösungsvertrag in seiner Gesamtheit, dh. alle den Vertragsinhalt bestimmenden Abreden (ErfK - Müller-Glöge 16. Aufl. § 623 BGB Rn. 20). Der Beurkundungszwang erstreckt sich auf alle Vereinbarungen, aus denen sich nach dem Willen der Vertragspartner das schuldrechtliche Rechtsgeschäft zusammensetzt (BGH 27. Oktober 1982 - V ZR 136/81 - Rn. 10, zitiert nach [...]). Die Unterschriften müssen den gesamten Vertragsinhalt decken (ErfK - Preis aaO § 127 Rn. 20). Für die Wahrung der Schriftform einer Urkunde ist ohne Belang, ob die Unterzeichnung der Niederschrift des Urkundentextes zeitlich nachfolgt oder vorangeht. Daher wird auch eine Änderung oder Ergänzung des über den Unterschriften stehenden Textes durch die Unterschriften gedeckt, sofern die Änderung oder Ergänzung dem übereinstimmenden Willen der Vertragschließenden entspricht (BAG 24. Januar 2001 - 4 ABR 4/00 - Rn. 49, zitiert nach [...]). Bei der Prüfung der Frage, ob die einschlägigen Formvorschriften beachtet worden sind, ist festzustellen, ob der - gegebenenfalls im Wege der Auslegung ermittelte - Parteiwille in der vorgeschriebenen Form der Erklärungen zum Ausdruck gekommen ist (vgl. BAG 19. Juli 2007 - 6 AZR 774/06 - Rn. 20, mwN, zitiert nach [...]). Außerhalb der Urkunde liegende Umstände dürfen hierbei berücksichtigt werden, wenn der einschlägige rechtsgeschäftliche Wille der Parteien in der formgerechten Urkunde einen wenn auch nur unvollkommenen oder andeutungsweisen Ausdruck gefunden hat (BAG 19. Juli 2007 - 6 AZR 774/06 - Rn. 23 mwN, aaO).
bb) Diesen Anforderungen ist vorliegend genüge getan. Die Parteien haben sich formwirksam auf die Beendigung ihres Ausbildungsverhältnisses zum 11. Juni 2014 geeinigt.
Hierbei kann dahinstehen, ob es das Schriftformgebot des §§ 10 Abs. 2 BBiG, 623 BGB nach seinem Sinn und Zweck grundsätzlich gebietet, im Falle der Blanko-Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages hinsichtlich eines Berufsausbildungsverhältnisses auch die Ermächtigung zur Ausfüllung des Blanketts der Schriftform zu unterwerfen (vgl. für die Blankounterzeichnung einer Arbeitnehmer-Eigenkündigung: LAG Hamm 11. Juni 2008 - 18 Sa 302/08 - Rn. 32, vgl. auch BGH 09. Dezember 1998 - IV ZR 306/97 - jeweils zitiert nach [...]). Eine Auslegung der Erklärungen der Parteien in Würdigung der Gesamtumstände des vorliegenden Falles ergibt, dass der Kläger eine Blankett-Erklärung vorliegend nicht abgegeben hat. Bereits seine Unterschrift umfasste die wesentlichen Bedingungen des Aufhebungsvertrages, obwohl der Inhaber der Beklagten nach deren eigenem Bekunden nachträglich in Abwesenheit des Klägers noch dessen Namen, das Abschlussdatum des Ausbildungsvertrages, sowie Ort und Ausstellungsdatum des Aufhebungsvertrages handschriftlich eingetragen hat. Die Parteien - und damit auch der Kläger - haben bereits ohne diese Ergänzungen hinreichend ihren Willen kundgetan, das Ausbildungsverhältnis am 11. Juni 2014 mit sofortiger Wirkung zu beenden.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht aus den unter II 1.2.1. b dargelegten Gründen auch für die Berufungskammer fest, dass sich der Kläger und der für die Beklagte handelnde Zeuge Uwe B am 11. Juni 2014 auf eine Beendigung des Ausbildungsverhältnisses mit sofortiger Wirkung geeinigt haben und der Kläger seine Unterschrift unter die Aufhebungsvereinbarung gesetzt hat. Der erklärte Wille des Klägers, der seinen Niederschlag im zum damaligen Zeitpunkt - zu seinen Gunsten unterstellt - noch nicht vollständig ausgefüllten Aufhebungsvertrag gefunden hat, ging ausweislich der von ihm unterzeichneten Erklärung dahin, das Vertragsverhältnis wortwörtlich "im gegenseitigen Einvernehmen aufzuheben". Auch wenn der im Vordruck vorgesehene Passus, zu welchem Zeitpunkt das Beschäftigungsverhältnis enden soll, nicht ausgefüllt und der Vertrag einen Abschnitt über "Freistellung/Resturlaub" enthält, hat die Beweisaufnahme ergeben, dass eine Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Ausbildungsverhältnisses zu einem anderen Zeitpunkt als mit sofortiger Wirkung nie in Frage stand. Selbst wenn der Inhaber der Beklagten daher mit Ausnahme seiner eigenen Unterschrift keinerlei weiteren Eintragungen mehr im Vordruck vorgenommen hätte, hätten damit die wesentlichen Vertragsbestandteile des Aufhebungsvertrages hinreichenden Niederschlag in dem vom Kläger unterzeichneten Text gefunden, auch wenn üblicherweise der Beendigungszeitpunkt in einer Aufhebungsvereinbarung ausdrücklich eingetragen werden mag. Dies gilt umso mehr, als der Kläger nach der von der Berufungskammer ausdrücklich geteilten Überzeugung des Arbeitsgerichts auch das Formular zur Mitteilung an die Handwerkskammer unterzeichnet hat und er sich gegenüber dem Zeugen B nach der ihm gegenüber ergangenen Beleidigung auf den Hinweis "Jetzt ist hier Schluss" darauf berufen hat, er könne überall anderweitig arbeiten. Von der Unterzeichnung einer Blankett-Erklärung, bei der die Ausfüllung der wesentlichen Vertragsbestandteile der Beklagten überlassen worden wären, kann nach alledem nicht ausgegangen werden.
1.2.2. Das Ausbildungsverhältnis hat infolge des formwirksamen Aufhebungsvertrages mit dem 11. Juni 2014 seine Beendigung gefunden. Aus welchen Gründen dem Kläger ein Grund zur Anfechtung der von ihm nach Überzeugung auch des Berufungsgerichts abgegeben Willenserklärung gemäß §§ 119, 123 BGB zustehen sollte, hat der Kläger auch im Berufungsverfahren nicht dargetan. Auf seine Ausführungen zur Unverzüglichkeit der erklärten Anfechtung kommt es daher entscheidungserheblich nicht an.
2. Dem als Leistungsklage zulässigen Zahlungsantrag blieb nach alledem in der Sache der Erfolg versagt. Infolge der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses zum 11. Juni 2014 stehen dem Kläger die unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges verfolgten Zahlungsansprüche nicht zu.
B Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 iVm. 269 Abs. 3 ZPO.
Gründe die eine Zulassung der Revision iSd § 72 Abs. 2 ArbGG veranlasst hätten, bestehen nicht.
Verkündet am 17.03.2016