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07.06.2016 · IWW-Abrufnummer 186360

Landesarbeitsgericht Sachsen: Beschluss vom 08.02.2016 – 3 Sa 282/15


In dem Rechtsstreit

...

hat die 3. Kammer des Sächsischen Landesarbeitsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Herrn ... und Frau ... ohne mündliche Verhandlung am 8. Februar 2016 beschlossen:

Tenor:

Unter Ablehnung des Antrags des Klägers vom 04.01.2016 im Übrigen wird der Tatbestand des Urteils des erkennenden Gerichts vom 01.12.2015 im letzten Satz auf Seite 2 dahingehend berichtigt, dass das Wort "verkauften" gestrichen wird.



Gründe



I.



Die Parteien streiten in der Hauptsache im Zusammenhang mit Vergütungs- bzw. Urlaubsansprüchen des Klägers darüber, ob der Betrieb des Beklagten unter den betrieblichen Geltungsbereich der allgemeinverbindlichen Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer im Baugewerbe fällt. Das erkennende Gericht hat mit seinem Urteil vom 01.12.2015, welches dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am Samstag, den 19.12.2015 zugestellt worden ist, die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dem am Montag, den 04.01.2016 eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag beantragt der Kläger nunmehr, den Tatbestand des Urteils vom 01.12.2015 sinngemäß wie folgt zu berichtigen:



Soweit derzeit auf Seiten 2 und 3 des Urteils ausgeführt ist, "In der Werkstatt des Beklagten werden 'Stuckelemente' für den Verkauf und für den Einbau auf Baustellen hergestellt. 10 % der verkauften Elemente sind 'klassische' Stuckelemente, die auf Käuferwunsch aus Gips und Zement hergestellt werden. 20 % der Elemente werden zugekauft.



Die restlichen 70 % werden wie folgt hergestellt:", soll es nunmehr lauten, "In der Werkstatt des Beklagten werden 'Stuckelemente' für den Verkauf und für den Einbau auf Baustellen hergestellt. Ein Teil der Elemente sind 'klassische' Stuckelemente, die auf Käuferwunsch aus Gips und Zement hergestellt werden, ein Teil der Elemente wird zugekauft, der restliche Teil wird wie folgt hergestellt:"



Die Darstellung des streitigen Vorbringens des Beklagten auf Seite 6 des Urteils soll dafür wie folgt ergänzt werden:



"Insbesondere führt der Beklagte aus, dass nur 10 % der in der Werkstatt des Beklagten hergestellten 'Stuckelemente' 'klassische' Stuckelemente aus Gips und Zement seien, 20 % würden zugekauft, die restlichen würden, wie beschrieben, aus Styropor hergestellt."



Im letzten Satz auf Seite 2 des Urteils wird das Wort "verkauften" gestrichen.



Zur Begründung führt der Kläger sinngemäß u. a. aus, aufgrund der vom Arbeitsgericht in der Verhandlung am 16.04.2015 geäußerten Rechtsansicht habe er keine Veranlassung gehabt, die zuletzt vom Beklagten vorgetragenen Prozentanteile der verschiedenen "Stuckelemente" zu bestreiten. Da die Prozentanteile auch in der Urteilsbegründung des Arbeitsgerichts keine Rolle gespielt hätten, habe keine Veranlassung bestanden, in der Berufungsbegründung auf diese einzugehen. Erst in der Berufungsverhandlung habe dann das Landesarbeitsgericht, für ihn überraschend, darauf hingewiesen, dass es auf die Prozentanteile der verschiedenen "Stuckelemente" ankomme. Daraufhin habe er sich in der Berufungsverhandlung ersichtlich gegen die vom Beklagten vorgetragenen Prozentsätze verwahrt und ausgeführt, dass der vom Beklagten genannte Anteil der aus Styropor gefertigten Elemente nicht stimme bzw. er diesen nicht beurteilen könne, mithin mit Nichtwissen bestreite. Ersichtlich sei dies an seinem protokollierten Beweisantrag. Wären die Prozentsätze unstreitig geblieben, hätte es dieses Beweisantrages nicht bedurft.



Soweit ihm im Berufungsurteil vorgehalten werde, dass er keine konkreteren Angaben zu den Arbeitszeitanteilen gemacht habe, habe dies seinen Grund darin, dass er nicht über das erforderliche, eindeutig den betriebswirtschaftlichen "Interna" des Betriebs des Beklagten zugehörige Wissen verfüge, um substantiiert vortragen zu können. Näheren Einblick in die konkreten Anteile habe er zu keinem Zeitpunkt gehabt. Die Behauptung von Angaben "ins Blaue" sei unzulässig. Zu der spezifischen Verwendung der "Stuckelemente" habe keine Partei vorgetragen, so dass das Wort "verkauften" wegzulassen sei.



Der Beklagte ist dem Antrag mit Schriftsatz vom 23.01.2016 entgegengetreten.



II.



Auf den gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, §§ 525 Satz 1, 320 Abs. 1 und 2 ZPO statthaften, da form- und fristgerecht eingereichten Antrag des Klägers vom 04.01.2016 ist der Tatbestand des Urteils des erkennenden Gerichts vom 01.12.2015 unter Ablehnung des Antrages vom 04.01.2016 im Übrigen im letzten Satz auf Seite 2 dahingehend zu berichtigen, dass das Wort "verkauften" gestrichen wird.



1. Gemäß § 320 Abs. 1 ZPO, der aufgrund § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i. V. m. § 525 Satz 1 ZPO auch für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gilt, ist der Tatbestand des Urteils auf den schriftlichen Antrag einer Partei zu berichtigten, wenn er Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des § 319 ZPO fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche enthält.



Aus dem Normzweck des § 320 ZPO ergibt sich, dass ein Antrag auf Tatbestandsberichtigung nur insoweit zulässig ist, als er sich auf Angaben im Tatbestand bezieht, für die die Beweisregel des § 314 Satz 1 ZPO gilt. Die Möglichkeit der Tatbestandsberichtigung besteht nur deshalb, weil der Tatbestand des Urteils gemäß § 314 ZPO den nur durch das Sitzungsprotokoll zu entkräftenden Beweis für das mündliche Parteivorbringen liefert. Sie soll verhindern, dass unrichtig beurkundeter Parteivortrag infolge der Beweiskraft fehlerhafte Grundlage für die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts wird (vgl. BGH, Urteil vom 10.03.1983 - VII ZR 135/82 - Rz. 29, m. w. N., zitiert nach Juris). Unter den Begriff des "Tatbestandes" im Sinne der §§ 314, 320 ZPO fällt dabei nicht nur der Tatbestand im Sinne von § 313 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 ZPO, sondern auch das in den Entscheidungsgründen enthaltene tatsächliche Vorbringen (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Auflage, § 314 Rz. 4; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Auflage, § 320 Rz. 4, jeweils m. w. N.). Rechtsausführungen der Parteien gehören dagegen nicht zum Tatbestand, da es sich insoweit nicht um Angriffs- und Verteidigungsmittel im Sinne von §§ 313 Abs. 2 Satz 1, 282 Abs. 1 ZPO handelt. Werden Rechtsausführungen der Parteien gleichwohl zur besseren Verständlichkeit des Rechtsstreits vom Gericht in den Tatbestand des Urteils aufgenommen, so können sie regelmäßig nicht gemäß § 320 ZPO berichtigt werden (vgl. Musielak, ZPO, 12. Auflage, § 320 Rz. 2, m. w. N.).



Es ist nicht Funktion des Urteilstatbestandes, das Parteivorbringen vollständig in allen Details wiederzugeben. Gemäß § 69 Abs. 3 ArbGG soll der Tatbestand selbst in Fällen, in denen gegen das Urteil die Revision statthaft ist, (nur) eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird. Allein der Umstand, dass ein bestimmtes Parteivorbringen, das in den vorbereitenden Schriftsätzen einer Partei enthalten ist, nicht in den Tatbestand des Urteils aufgenommen wurde, begründet deshalb noch nicht einen Anspruch auf Tatbestandsberichtigung (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 10.12.2009 - 11 U 93/09 - Rz. 2, zitiert nach Juris). Unrichtigkeiten und Dunkelheiten liegen nicht vor, wenn das Parteivorbringen sinngemäß (wenn auch nicht wörtlich) wiedergegeben ist (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Auflage, § 320 Rz. 4).



2. Ausgehend vom Vorstehenden hat der Antrag des Klägers auf Tatbestandsberichtigung nur im Hinblick auf die begehrte Streichung des Wortes "verkauften" Erfolg. Weitergehende Unrichtigkeiten, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche im Sinne von § 320 Abs. 1 ZPO enthält der Tatbestand des Urteils vom 01.12.2015 entgegen der Ansicht des Klägers nicht.



a) Die Verwendung des Wortes "verkauften" im letzten Satz auf Seite 2 des Urteils ist unrichtig. In der Tat hat keine der Parteien, insbesondere auch nicht der Beklagte vorgetragen, dass sich die Prozentsätze nur auf die vom Beklagten verkauften und nicht auch auf die für den Einbau auf Baustellen hergestellten "Stuckelemente" beziehen sollen. Auch hat das erkennende Gericht den Vortrag des Beklagten nicht in diesem Sinne verstanden. Es ist vielmehr bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass sich die Prozentsätze auf alle "Stuckelemente" beziehen, egal ob diese auf Baustellen eingebaut oder (weiter-)verkauft werden.



b) Entgegen der Ansicht des Klägers sind die Prozentsätze dagegen zu Recht als unstreitig im Tatbestand wiedergegeben worden. Ein Bestreiten der vom Beklagten bereits erstinstanzlich vorgetragenen Prozentsätze ist durch den Kläger nicht erfolgt.



Der Kläger räumt selber ein, dass er die Prozentsätze erstinstanzlich nicht bestritten und er sich zweitinstanzlich in seinen Schriftsätzen nicht mit den Prozentsätzen befasst hat.



Soweit der Kläger die Ansicht vertritt, er habe die Prozentsätze in der mündlichen Berufungsverhandlung am 01.12.2015 (mit Nichtwissen) bestritten, kann dem nicht gefolgt werden.



Richtig ist, dass der Kläger bzw. sein Prozessbevollmächtigter überrascht waren, dass die Prozentsätze vom erkennenden Gericht als entscheidungserheblich angesehen wurden. Hierauf erfolgte zunächst der Hinweis, dass er sich auf den erst kurz vor dem erstinstanzlichen Kammertermin eingegangenen Schriftsatz des Beklagten vom 15.04.2015 erstinstanzlich nicht mehr habe erklären können. Auf den Hinweis des Vorsitzenden, dass der Kläger sich dann aber in seiner Berufungsbegründung mit dem Vorbringen des Beklagten habe befassen können und müssen, erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers, dass der Kläger keine Kenntnis von den Abläufen in der Werkstatt des Beklagten habe, da er - unstreitig - weit überwiegend nur auf Baustellen des Beklagten eingesetzt gewesen sei. Im Weiteren vertrat der Prozessbevollmächtige dann die Auffassung, dass es Aufgabe des Gerichts sei, die für die Entscheidung maßgeblichen Umstände vergleichbar der Urlaubskasse, die ja selber Ermittlungen im Rahmen einer Betriebsbegehung anstellen könne, zu ermitteln.



Auf den Hinweis des Vorsitzenden, dass das Gericht nicht die Aufgabe habe, den Sachverhalt losgelöst von Beweisanträgen der Parteien zu ermitteln, erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers dann, dass er einen Beweisantrag stelle.



Auf Frage des Vorsitzenden, auf welches Beweismittel der Antrag ziele, herrschte zunächst Ratlosigkeit auf Klägerseite, bis der Vorsitzende die in der Zivilprozessordnung genannten Beweismittel aufzählte. Hierauf erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers, dass er die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantrage. Im Verlaufe weiterer Erörterungen formulierte der Prozessbevollmächtigte des Klägers dann den im Sitzungsprotokoll aufgenommenen Beweisantrag.



Der Kläger hat im Verlauf der Berufungsverhandlung zu keinem Zeitpunkt erklärt, dass die vom Beklagten angegebenen Prozentsätze nicht stimmen. Er hat vielmehr wiederholt darauf verwiesen, dass er zu den Abläufen in der Werkstatt des Beklagten mangels eigener Wahrnehmung keine Angaben machen könne und dass er diese ja nicht "ins Blaue hinein" bestreiten dürfe. Eine ausdrückliche Erklärung dahingehend, dass er die Prozentangaben des Beklagten mit Nichtwissen bestreite, ist definitiv nicht erfolgt. Der Kläger hat allein erklärt, dass er kein eigenes Wissen habe, er also insoweit nichts wisse. Ein weitergehender Wille des Klägers, eine prozessuale Erklärung im Sinne von § 138 Abs. 4 ZPO abzugeben, ergibt sich entgegen seiner Ansicht auch nicht (konkludent) aus dem von seinem Prozessbevollmächtigten formulierten Beweisantrag. Hintergrund dieses Antrages war die wiederholt vom Prozessbevollmächtigten des Klägers geäußerte Ansicht, die konkreten betrieblichen Verhältnisse müssten vom Gericht ermittelt werden, weil der Kläger diese ja nicht kenne. Im Übrigen kann von einer von einem langjährig tätigen, erfahrenen Rechtsanwalt vertretenen Partei erwartet werden, dass sie die verschiedenen nach dem Gesetz zulässigen Prozesserklärungen mit der gebotenen Eindeutigkeit abgibt. Es ist vor dem Hintergrund der gebotenen Neutralität nicht Aufgabe des Gerichts, aus einer Partei "herauszukitzeln", ob sie Vortrag des Gegners (mit Nichtwissen) bestreiten will.



3. Die Entscheidung konnte gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, §§ 525 Satz 1, 320 Abs. 3 ZPO ohne mündliche Verhandlung ergehen, da eine solche von den Parteien nicht beantragt worden ist.



Diese Entscheidung ist gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, §§ 525 Satz 1, 320 Abs. 4 Satz 4 ZPO unanfechtbar.

Vorschriften§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, §§ 525 Satz 1, 320 Abs. 1, 2 ZPO, § 320 Abs. 1 ZPO, § 525 Satz 1 ZPO, § 319 ZPO, § 320 ZPO, § 314 Satz 1 ZPO, § 314 ZPO, §§ 314, 320 ZPO, § 313 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 ZPO, §§ 313 Abs. 2 Satz 1, 282 Abs. 1 ZPO, § 69 Abs. 3 ArbGG, § 138 Abs. 4 ZPO, 320 Abs. 3 ZPO, 320 Abs. 4 Satz 4 ZPO

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