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31.05.2016 · IWW-Abrufnummer 186165

Landesarbeitsgericht Hamm: Urteil vom 07.04.2016 – 11 Sa 1468/15

1. Bei der Berechnung der Beschäftigungszeit gemäß § 34 Abs. 3 TV-L bleiben im Beamtenverhältnis zurückgelegte Zeiten unberücksichtigt.

2. Eine Anrechnung von Beschäftigungszeiten bei anderen öffentlichen-rechtlichen Arbeitgebern gemäß § 34 Abs. 3 Satz 3, Satz 4 TV-L kommt nur in Betracht, wenn die Beschäftigungszeiten unmittelbar aufeinanderfolgen. Ansonsten fehlt es an einem "Wechsel" des Arbeitgebers i. S. d. § 34 Abs. 3 Satz 3 TV-L.

3. Nach diesen Grundsätzen scheidet eine Anrechnung von Beschäftigungszeiten gemäß § 34 Abs. 3 TV-L aus, wenn eine Lehrkraft in Nordrhein-Westfalen ihren Vorbereitungsdienst absolviert hat, anschließend gut 4 Jahre als angestellte Lehrkraft in zwei anderen Bundesländern gearbeitet hat, anschließend über gut 10 Jahre als Beamtin in einem dieser Bundesländer tätig war und dann 2013 einen Anstellungsvertrag mit dem Land Nordrhein-Westfalen abschließt.


Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 07.09.2015 - 2 Ca 336/15 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten um die Anerkennung von Vorbeschäftigungszeiten im Sinne des § 34 Abs. 3 TV-L. Diese haben Bedeutung für den Anspruch auf Jubiläumszahlung (§ 23 Abs. 2 TV-L), die Dauer der Kündigungsfrist (§ 34 Abs. 1 TV-L) und den Zuschuss zum Krankengeld (§ 22 Abs. 3 TV-L), nicht aber für die Höhe des Tabellenentgelts gemäß §§ 15 ff TV-L (regelmäßiges Monatsentgelt).



Die 1965 geborene Klägerin absolvierte nach ihrem Studium ihren Vorbereitungsdienst für ihre Tätigkeit als Lehrerin vom 15.12.1995 bis zum 19.09.1997 bei dem beklagten Land Nordrhein-Westfalen. In dieser Zeit befand sie sich in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf.



In der Zeit vom 09.03.1998 bis 31.07.1998 arbeitete die Klägerin als angestellte Lehrerin bei dem Land Brandenburg.



Sodann war sie in der Zeit vom 31.08.1998 bis 30.06.2002 als angestellte Lehrerin bei dem Freistaat Thüringen beschäftigt.



Im unmittelbaren Anschluss hieran war sie als Beamtin auf Probe in der Zeit vom 01.07.2002 bis 31.10.2004 bei dem Freistaat Thüringen tätig. Hieran schloss sich in der Zeit vom 01.11.2004 bis letztlich zum 31.07.2013 eine Tätigkeit als Beamtin auf Lebenszeit bei dem Freistaat Thüringen an.



Auf eigenen Wunsch war die Klägerin in der Zeit vom 01.08.2012 bis 31.07.2013 (zunächst) im Wege der Abordnung in X in Nordrhein-Westfalen als Lehrerin tätig (Anlage B3, Schreiben Freistaat Thüringen vom 04.07.2012: "Lehreraustauschverfahren zwischen den Ländern in der Bundesrepublik Deutschland zum Tauschtermin 1. August 2012 / hier: Abordnung mit dem Ziel der Versetzung aus dem Freistaat Thüringen in das Land Nordrhein-Westfalen", Bl. 33, 34 GA); zu dieser Zeit stand die Klägerin noch im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Freistaat Thüringen. Da die Klägerin danach weiter in X tätig sein wollte, jedoch eine Übernahme in das Beamtenverhältnis in Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf das Alter der Klägerin und im Hinblick auf ihren Gesundheitszustand abgelehnt worden war, beendete die Klägerin das Beamtenverhältnis mit dem Land Thüringen (zur diesbezüglichen Korrespondenz: Bl. 60 - 68 GA) und wechselte als angestellte Lehrkraft nach Nordrhein-Westfalen.



Dort ist die Klägerin seit dem 01.08.2013 als angestellte Lehrkraft tätig. Den Anstellungsvertrag für die Zeit ab dem 01.08.2013 unterzeichneten die Parteien am 19./26.07.2013. Auf die Kopie des Arbeitsvertrags wird Bezug genommen (Bl. 4 - 6 GA).



Unter dem 21.10.2013 setzte das beklagte Land die Beschäftigungszeit der Klägerin nach § 34 Abs. 3 TV-L fest. Berücksichtigt wurden Zeiten ab dem 01.08.2012 (Bl. 28, 29 GA). Mit Schreiben an die Klägerin vom 10.02.2014 zum Betreff "Festsetzung der Beschäftigungszeit nach § 34 Abs. 3 TV-L" berechnete das beklagte Land die Beschäftigungszeit nach § 34 Abs. 3 TV-L unter Anerkennung der Zeiten des Referendariats und der Tätigkeit in Nordrhein-Westfalen vom 01.08.2012 bis zum 31.07.2013 und unter Ablehnung einer Berücksichtigung der in Thüringen verbrachten Zeiten (Bl. 8 - 10 = 30 - 32 GA). Dagegen wandte sich die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 21.03.2014 (Bl. 11, 12 GA). Unter dem 01.06.2015 teilte das beklagte Land einen Beginn der Vorbeschäftigungszeit (erst) ab dem 01.08.2013 mit, die zuvor mitgeteilte Beschäftigungszeit werde korrigiert, zu Unrecht seien die Zeiten des Referendariats und der Abordnung nach NRW berücksichtigt worden (Bl. 35, 36 GA).



Mit weiterem Schreiben vom 12.09.2014 hatte das beklagte Land die von der Klägerin beantragte Übernahme in das Beamtenverhältnis unter Hinweis auf das Überschreiten des 49. Lebensjahres abgelehnt (Bl. 7 GA, weitere Einzelheiten Bl. 131 GA). Wegen der Übernahme in das Beamtenverhältnis nimmt die Klägerin das beklagte Land vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg in Anspruch.



Die Klage auf Anerkennung der früheren Tätigkeiten als Beschäftigungszeit gemäß § 34 Abs. 3 TV-L ist am 13.04.2015 bei Gericht eingegangen.



Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass auch die Zeit, in der sie sich in einem Beamtenverhältnis in Thüringen befunden habe, als Vorbeschäftigungszeit im Sinne des § 34 Abs. 3 TV-L zu berücksichtigen sei. Insoweit sei auf die Tätigkeit als solche abzustellen. Die Tätigkeiten seien praktisch dieselben gewesen. Es könne keinen Unterschied machen, ob sie zuvor als Angestellte oder Beamte tätig gewesen sei. Es sei zuzugestehen, dass § 34 Abs. 3 TV-L eine ausdrückliche Anrechnungsregelung für Vorbeschäftigungszeiten als Beamtin nicht vorsehe. Dabei handele es sich um ein redaktionelles Versehen. Der Wechsel eines Beamten in ein Angestelltenverhältnis sei äußerst ungewöhnlich. Quereinsteiger im Lehrerberuf hätten teilweise die Möglichkeit, sich Vorbeschäftigungszeiten anerkennen zu lassen. Dementsprechend müsse für sie das Gleiche gelten. Die Klägerin hat auch auf das Urteil des EuGH vom 05.12.2014 - C-514/12 - NZA 2014, 204 - 207 [EuGH 05.12.2013 - C-514/12] verwiesen. Die Entscheidung stelle darauf ab, dass einschlägige Berufserfahrungen vollständig zu berücksichtigen seien. Das Urteil sei vollständig auf ihren Fall übertragbar. Eine Auslegung des § 34 Abs. 3 TV-L dahingehend, dass Vorbeschäftigungszeiten als Beamtin nicht anerkannt werden könnten, verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung (Artikel 3 Abs. 1 GG). Auch die zunächst anerkannten Vorbeschäftigungszeiten des Referendariats und der Zeit der Abordnung als thüringische Beamtin nach Nordrhein-Westfalen müssten berücksichtigt werden. Eine einseitige Berichtigung der Beschäftigungszeit durch das Land sei ausgeschlossen. Sie habe auf die mitgeteilte Anerkennung der Zeiten vertraut.



Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass es sich 1. bei den Vordienstzeiten der Klägerin bei dem Freistaat Thüringen vom 09.03.1998 bis 31.07.1998 sowie vom 31.08.1998 bis 30.06.2012 [sic] und 2. bei den Zeiten des Referendariats vom 15.12.1995 bis 14.12.1997 und 3. bei der Zeit des Beamtenverhältnisses zum Land Thüringen vom 01.08.2012 [sic] bis zum 31.07.2013 um Beschäftigungszeiten im Sinne § 34 Abs. 3 TV-L handelt.



Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.



Das beklagte Land hat gemeint, dass Vorbeschäftigungszeiten im Beamtenverhältnis nicht berücksichtigungsfähig seien. § 34 Abs. 3 TV-L spreche ausdrücklich vom Arbeitgeber. Daraus sei ersichtlich, dass nur Anstellungsverhältnisse und nicht Beamtenverhältnisse gemeint seien. Während die Vorgängerregelung in § 19 Abs. 3 BAT durchaus eine Berücksichtigungsfähigkeit von Vorbeschäftigungszeiten im Beamtenverhältnis vorgesehen habe, berücksichtige § 34 Abs. 3 TV-L Vorbeschäftigungszeiten im Beamtenverhältnis gerade nicht. Es sei nicht vorstellbar, dass die Tarifvertragsparteien bei der Schaffung des TV-L dies schlicht übersehen hätten. Schließlich habe es sich um schwierige und langjährige Verhandlungen um die Tarifvertragstexte gehandelt, bei denen Satz für Satz und Wort für Wort verhandelt worden seien. Vor diesem Hintergrund sei keine planwidrige Regelungslücke gegeben. Dementsprechend sei eine Analogie unzulässig. Der Wille der Tarifvertragsparteien gehe vielmehr dahin, dass entsprechende Vorbeschäftigungszeiten bei § 34 Abs. 3 TV-L nicht berücksichtigt werden sollten. Insoweit komme es auch nicht darauf an, dass die Klägerin in Nordrhein-Westfalen der gleichen Tätigkeit nachgehe wie zuvor in Thüringen im Beamtenverhältnis. Es komme allein auf den Status an. Das von der Klägerin genannte EuGH-Urteil sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar, da es lediglich die Situation betreffe, dass das Entgelt von Vorbeschäftigungszeiten abhängig gemacht werde. Auch ein Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 GG sei nicht gegeben. Eine Ungleichbehandlung liege nicht vor, da alle Angestellten gleichbehandelt würden. Dass Vorbeschäftigungszeiten von Beamten nicht berücksichtigt würden, resultiere aus dem Statusunterschied. Ungleiches dürfe ungleich behandelt werden. Auch die vor dem Zeitraum der Verbeamtung liegenden Zeiten der Angestelltentätigkeit dürften nicht berücksichtigt werden. Grund hierfür sei, dass durch das Beamtenverhältnis eine Unterbrechung zwischen den Arbeitsverhältnissen beim Land Brandenburg und dem Freistaat Thüringen einerseits und dem Arbeitsverhältnis beim Land Nordrhein-Westfalen andererseits gegeben sei. Damit liege kein Wechsel vor, weil es an der zeitlichen Unmittelbarkeit fehle. Es sei ihm nicht vorzuwerfen, sich bei der Festsetzung treuwidrig verhalten zu haben. Es sei lediglich ein Fehler korrigiert worden, als er bemerkt worden sei. Die Erklärung hinsichtlich der Vorbeschäftigungszeiten im Sinne des § 34 Abs. 3 TV-L sei eine reine Wissenserklärung, die jederzeit berichtigt werden dürfe.



Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 07.09.2015 abgewiesen. Die von der Klägerin im Beamtenverhältnis in Thüringen und in Nordrhein-Westfalen als Referendarin zurückgelegten Zeiten seien nicht als Vorbeschäftigungszeiten gemäß § 34 Abs. 3 TV-L anzuerkennen. § 34 Abs. 3 TV-L stelle ausdrücklich auf den Arbeitgeber und damit auf ein Arbeitsverhältnis ab. Eine dem § 19 Abs. 3 BAT entsprechende Regelung enthalte der TV-L nicht. Insofern sei von einer bewussten Entscheidung der Tarifvertragsparteien bei der Vereinbarung des TV-L auszugehen. Ein Verstoß gegen Art 3 Abs. 1 GG oder ein Verstoß gegen europarechtliche Vorgaben seien nicht gegeben. Die Zeiten der Angestelltentätigkeit in Brandenburg und Thüringen seien nicht zu berücksichtigen. Der Übergang vom bisherigen Arbeitgeber zum neuen Arbeitgeber sei nicht ohne Unterbrechung erfolgt. Zwischen den früheren und jetzigen Angestelltentätigkeiten liege das mehrjährige Beamtenverhältnis.



Das Urteil ist der Klägerin am 11.09.2015 zugestellt worden. Die Klägerin hat am 12.10.2015 (Montag) Berufung eingelegt und die Berufung nach entsprechender Fristverlängerung am 11.12.2015 begründet



Die Klägerin wendet ein, das Arbeitsgericht habe bei seiner streng formalistischen Trennung der Beschäftigungszeiten übersehen, dass es sich bei allen Zeiten um dieselben Beschäftigungsinhalte gehandelt habe, egal ob im Beamtenverhältnis oder im Angestelltenverhältnis (Tätigkeitsfeld der Lehrerschaft). Hier sei über den Einzelfall zu entscheiden, dass eine Lehrerin zunächst als Beamtin und dann als angestellte Lehrkraft gearbeitet habe. Hintergrund ihres Versetzungsbegehrens von Ostthüringen nach Nordrhein-Westfalen sei gewesen, dass sie sich mit ihrem Kind M, einem Kind mit emotionalen Entwicklungsstörungen und hyperkinetischer Störung des Sozialverhaltens, ein ruhigeres Leben in ihrem Heimatland erhofft habe. Zu beanstanden sei insbesondere auch, dass bereits zuerkannte Zeiten nachträglich wieder aberkannt worden seien.



Die Klägerin beantragt (nach Klarstellung in der Berufungsverhandlung),

das Urteil des Arbeitsgerichts Arnsberg abzuändern und festzustellen, dass es sich 1. bei den Vordienstzeiten der Klägerin als angestellte Lehrkraft bei dem Land Brandenburg vom 09.03.1998 bis 31.07.1998 sowie als angestellte Lehrkraft bei dem Freistaat Thüringen vom 31.08.1998 bis 30.06.2002 und 2. bei den Zeiten des Referendariats vom 15.12.1995 bis 14.12.1997 und 3. bei der Zeit des Beamtenverhältnisses zum Land Thüringen vom 01.07.2002 bis zum 31.07.2013 um Beschäftigungszeiten im Sinne § 34 Abs. 3 TV-L handelt.



Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.



Das beklagte Land verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Das Urteil des Arbeitsgerichts sei richtig. Zu Recht habe das Arbeitsgericht die strittigen Zeiten nicht als Vorbeschäftigungszeiten berücksichtigt. Dieses Ergebnis entspreche dem Wortlaut des § 34 Abs. 3 Satz 1 TV-L. Ausdrücklich heiße es, dass die Beschäftigungszeiten bei demselben Arbeitgeber zurückgelegt sein müssten. Auch heiße es "Arbeitgeber" und nicht "Dienstherr" oder Ähnliches. § 34 Abs. 3 Satz 3 TV-L erfasse nur den Wechsel von einem Arbeitgeber zu einem anderen Arbeitgeber ohne zeitliche Unterbrechung. Aus diesem Grund könnten die Zeiten bis 2002 keine Berücksichtigung nach § 34 Abs. 3 Satz 3 TV-L finden. Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG oder Europarecht liege nicht vor. Die Klägerin genieße auch keinen Vertrauensschutz.



Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Protokolle der mündlichen Verhandlungen und den weiteren Akteninhalt verwiesen.



Entscheidungsgründe



I. Die Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).



II. Die Berufung der Klägerin hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht das nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässige Feststellungsbegehren abgewiesen und entschieden, dass die strittigen Zeiten nicht als Beschäftigungszeiten gemäß § 34 Abs. 3 TV-L anzuerkennen sind.



Beschäftigungszeit nach § 34 Abs. 3 Satz 1 TV-L ist die Zeit, die bei demselben Arbeitgeber zurückgelegt wurde, auch wenn sie unterbrochen ist. Für den Fall eines Wechsels zwischen Arbeitgebern, die vom Geltungsbereich des TV-L erfasst werden, bestimmt § 34 Abs. 3 Satz 3 TV-L, dass die Zeiten bei dem anderen Arbeitgeber als Beschäftigungszeit anerkannt werden. Nach Satz 4 gilt Satz 3 entsprechend bei einem Wechsel von einem anderen öffentlichrechtlichen Arbeitgeber.



1. Zutreffend hat das Arbeitsgericht entschieden, dass die Zeit des Beamtenverhältnisses in Thüringen nicht als Beschäftigungszeit i. S. d. § 34 Abs. 3 TV-L zu berücksichtigen ist.



Vom 01.07.2002 bis zum 31.07.2013 stand die Klägerin in einem Beamtenverhältnis zu dem Freistaat Thüringen und zwar auch in der Zeit, als sie vom 01.08.2012 bis zum 31.07.2013 "mit dem Ziel der Versetzung aus dem Freistaat Thüringen" nach Nordrhein-Westfalen abgeordnet war. Im Beamtenverhältnis zurückgelegte Zeiten finden keine Berücksichtigung als Beschäftigungszeit gemäß § 34 Abs. 3 TV-L, weil es sich nicht um Zeiten bei einem "Arbeitgeber" handelt (Breier/Dassau, TV-L, § 34 TV-L Rn. 45, 72 [04/2015]; Bepler-Eylert, TV-L, § 34 TV-L Rn. 67 [01/2013]; Beck'scher Online-Kommentar-Clausen, 1. Aufl. 2012 TVöD § 34 Rn. 50; Notzon, Rechtsfragen zur Beschäftigungszeit nach § 34 III TVöD/TV-L, öAT 2014, 87 ff, 87). Der Wechsel von Thüringen nach Nordrhein-Westfalen ist kein Wechsel zwischen Arbeitgebern. Die Zeit in Thüringen kann deshalb weder nach § 34 Abs. 3 Satz 1 noch nach § 34 Abs. 3 Satz 3 TV-L Berücksichtigung finden.



§ 34 Abs. 3 TV-L kann nicht analog auf Zeiten angewandt werden, die in einem Beamtenverhältnis zurückgelegt worden sind. Zutreffend hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass der BAT als Vorgängertarifvertrag zum TV-L eine von § 34 Abs. 3 TV-L abweichende Regelung zur Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten enthielt. Nach § 19 Abs. 3 BAT konnten Zeiten im Beamtenverhältnis Berücksichtigung finden (" § 19 Beschäftigungszeit (1) Beschäftigungszeit ist bei demselben Arbeitgeber nach Vollendung des achtzehnten Lebensjahres in einem Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit, auch wenn sie unterbrochen ist. ... (2) ... (3) Die Absätze 1 und 2 gelten sinngemäß für ehemalige Beamte, jedoch nicht für Ehrenbeamte und für Beamte, die nur nebenbei beschäftigt werden."). Eine entsprechende Regelung ist in den TV-L nicht aufgenommen worden. Angesichts dessen kann nicht von einer planwidrigen Regelungslücke bei der Regelung der Beschäftigungszeit ausgegangen werden. Ebenfalls zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die von den Tarifvertragsparteien gefundene Regelung der Nichtberücksichtigung von Zeiten im Beamtenverhältnis nicht wegen eines Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgebot nach Art. 3 Abs. 1 GG unwirksam ist. Es liegt kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes vor, wenn Beamte und Angestellte trotz im Wesentlichen gleicher Tätigkeit in Einzelfragen anders behandelt werden. Sowohl das Angestelltenverhältnis wie auch das Beamtenverhältnis bieten jeweils unterschiedliche Vor- und Nachteile. Ein vollständiger Gleichlauf von beamtenrechtlichen Regelungen und Regelungen für angestellte Lehrkräfte ist aufgrund des unterschiedlichen Rechtsstatus der beiden Personengruppen rechtlich nicht zwingend geboten ( BAG 13.11.2014 - 6 AZR 1055/12 - AP BAT-O §§ 22, 23 Nr. 43 = NZA-RR 2015, 168 für eine besoldungs- und vergütungsrechtliche Fragestellung).



2. Die Tätigkeiten der Klägerin als angestellte Lehrkraft in Brandenburg vom 09.03.1998 bis zum 31.07.1998 und als angestellte Lehrkraft in Thüringen vom 31.08.1998 bis zum 30.06.2002 sind ebenfalls nicht als Beschäftigungszeit zu berücksichtigen.



Einer Anrechnung nach § 34 Abs. 3 Satz 1 TV-L steht entgegen, dass es sich nicht um Anstellungsverhältnisse bei dem Land Nordrhein-Westfalen gehandelt hat. Einer Anrechnung nach den Regeln zum Arbeitgeberwechsel gemäß § 34 Abs. 3 Satz 3 TV-L steht entgegen, dass zwischen den seinerzeitigen Angestelltentätigkeiten in den Jahren 1998 bis 2002 in Brandenburg und Thüringen und der Begründung des Arbeitsverhältnisses mit dem Land Nordrhein-Westfalen im Sommer 2013 mehr als zehn im Beamtenverhältnis zurückgelegte Jahre liegen (Beamtin in Thüringen von 2002 bis 2013). Unter Berücksichtigung des Wortsinns und des Zwecks der tariflichen Regelung wird unter einem Wechsel des Arbeitgebers nur ein zeitlich nah aneinander liegendes unmittelbares Aufeinanderfolgen von Arbeitsverhältnissen verstanden (Bepler-Eylert, TV-L, § 34 TV-L Rn. 75 [01/2013]; Breier/Dassau, TV-L, § 34 TV-L Rn. 61 [09/2014]). Daran fehlt es hier.



3. Der in Nordrhein-Westfalen vom 15.12.1995 bis zum 19.09.1997 durchlaufene Vorbereitungsdienst der Klägerin bleibt unberücksichtigt, weil die Klägerin in dieser Zeit Beamtin auf Widerruf war. Wegen der Nichtberücksichtigung von Zeiten im Beamtenverhältnis kann auf die Ausführungen zu 1. verwiesen werden.



4. Etwas anderes ergibt sich nicht deshalb, weil das beklagte Land anfänglich die Zeit der Abordnung und die Zeit des Vorbereitungsdienstes in die Beschäftigungszeit einberechnet hatte. Die Festsetzung der Beschäftigungszeit hat nur deklaratorische Bedeutung, sie kann jederzeit berichtigt werden (Breier/Dassau, TV-L, § 34 TV-L Rn. 64 [09/2014]; Bepler-Eylert, TV-L, § 34 TV-L Rn. 77 [01/2013]; BAG 14.10.2004 - 6 AZR 551/00 - AP BAT-O § 19 Nr. 24 zur Beschäftigungszeit nach BAT-O).



5. Das Ergebnis verstößt nicht gegen europarechtliche Vorgaben zur Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 EUV). Es fehlt im zu entscheidenden Fall an dem erforderlichen Auslandsbezug (vgl. ErfK-Wißmann, 16. Aufl. 2016, Art. 45 AEUV Rn. 46). Die Klägerin war zu keinem Zeitpunkt in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union tätig. Ihre gesamte Berufserfahrung hat sie in der Bundesrepublik Deutschland erworben (ebenso LAG Baden-Württemberg 18.01.2016 - 1 Sa 17/15 - zur Problematik der Berufserfahrungszeiten nach § 16 TV-L, Kurzwiedergabe AuR 2016,128).



III. Nach § 97 Abs. 1 ZPO hat die Klägerin die Kosten des erfolglos betriebenen Berufungsverfahrens zu tragen. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hat die Kammer gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

VorschriftenArtikel 3 Abs. 1 GG, § 19 Abs. 3 BAT, Art 3 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG, §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO, § 256 Abs. 1 ZPO, Art. 45 EUV, § 97 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG

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