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17.05.2016 · IWW-Abrufnummer 185861

Landesarbeitsgericht Köln: Urteil vom 20.08.2015 – 7 Sa 217/15

1) Es erscheint zweifelhaft, konnte im zu entscheidenden Fall aber dahingestellt bleiben, ob die ärztliche Schweigepflicht es einem Betriebsarzt verbietet, das Ergebnis einer Untersuchung über die gesundheitliche Eignung eines Arbeitnehmers als Fahrer von Gefahrguttransporten (sog. G-25-Untersuchung), welches lautete: "befristete gesundheitliche Bedenken", auch ohne Einwilligung des Arbeitnehmers dem Arbeitgeber mitzuteilen.

2) Jedenfalls stellt es einen schweren Arbeitsvertragsverstoß dar, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann, wenn der Arbeitnehmer selbst das Ergebnis der Untersuchung dem Arbeitgeber verschweigt und in mehreren Arbeitsgerichtsverfahren und -instanzen sogar die Existenz eines betriebsärztlichen Votums wahrheitswidrig leugnet.


Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 04.12.2014 in Sachen 10 Ca 2160/14 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis durch eine außerordentliche fristlose arbeitgeberseitige Kündigung vom 19.03.2014, dem Kläger zugegangen am 20.03.2014, aufgelöst worden ist.



Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 10. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, die Kündigungsschutzklage abzuweisen, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des vom Kläger angegriffenen Urteils vom 04.12.2014 Bezug genommen.



Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde dem Kläger am 05.01.2015 zugestellt. Der Kläger hat hiergegen am 29.01.2015 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Frist bis zum 31.03.2015 - am 30.03.2015 begründen lassen.



Der Kläger und Berufungskläger ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe den Sach- und Streitstoff im Hinblick auf § 626 Abs. 1 BGB fehlerhaft bewertet und die Norm falsch angewandt. Der Kläger behauptet, dass er im November/Dezember 2012 und der Zeit danach keineswegs aus gesundheitlichen Gründen fahruntauglich gewesen sei, was bei der Beurteilung des Kündigungsgrundes hätte berücksichtigt werden müssen. Ebenso habe das Arbeitsgericht verkannt, dass er in den Vorprozessen keine bewusst wahrheitswidrigen Tatsachenbehauptungen aufgestellt habe, sondern die ihm vom Gericht und der Beklagten als solche angekreideten Äußerungen aus seiner subjektiven Sicht keineswegs falsch gewesen seien.



Ferner meint der Kläger, dass vor Ausspruch der Kündigung in jedem Fall eine Abmahnung erforderlich gewesen sei. So habe er ihm Rahmen des Annahmeverzugsprozesses am 17.01.2014 die ihn behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht befreit und damit seine Kooperationsbereitschaft gezeigt und dokumentiert, dass eine Wiederholungsgefahr nicht bestehe.



Schließlich leitet der Kläger die Unwirksamkeit der streitigen Kündigung daraus her, dass in ihrem Vorfeld der Betriebsrat unvollständig und fehlerhaft angehört worden sei. Dies folge u.a. schon daraus, dass die Beklagte dem Betriebsrat mitgeteilt habe, der Kläger habe gewusst, dass er zwischen dem 05.11. und 20.12.2012 nicht fahrtauglich gewesen sei.



Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Klägers in der Berufungsinstanz wird auf den vollständigen Inhalt des Berufungsbegründungsschriftsatzes vom 25.03.2015 sowie sein weiteres Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 11.08.2015 Bezug genommen.



Der Kläger und Berufungskläger beantragt nunmehr,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln, 10 Ca 2160/14, vom 04.12.2014 abzuändern und festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung vom 19.03.2014, zugestellt am 20.03.2014, aufgelöst worden ist.



Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.



Die Beklagte verteidigt das vom Kläger angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil. Die streitige Kündigung sei, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt habe, als außerordentliche, fristlose Kündigung gerechtfertigt; denn zum einen stehe nunmehr fest, dass der Kläger die Mitteilung der Betriebsärzte der B G vom 08.11.2012, wonach gegen seinen Einsatz als Fahrer von Gefahrguttransporten befristete gesundheitliche Bedenken bestünden, nicht an sie, die Beklagte, als Arbeitgeberin weitergeleitet und damit Offenbarungspflichten in schwerwiegender Weise verletzt habe. Ferner stehe fest, dass er die Existenz einer solchen Bescheinigung der B G vom 08.11.2012 über befristete gesundheitliche Bedenken in beiden Instanzen des vorangegangenen Kündigungsschutzprozesses - Arbeitsgericht Köln, 12 Ca 5919/12 = LAG Köln, 7 Sa 537/13 - sowie in dem Zahlungsprozess Arbeitsgericht Köln, 16 Ca 4960/13, mehrfach wahrheitswidrig ausdrücklich abgestritten und damit einen (versuchten) Prozessbetrug begangen habe. Ein Abmahnungserfordernis habe nach Auffassung der Beklagten nicht bestanden. Zudem sei auch der Betriebsrat ordnungsgemäß und vollständig informiert worden.



Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Beklagten in der Berufungsinstanz wird auf den vollständigen Inhalt der Berufungserwiderungsschrift der Beklagten sowie ihrer weiteren Schriftsätze vom 23.06.2015 und 19.08.2015 Bezug genommen.



Entscheidungsgründe



I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 04.12.2014 ist zulässig. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 c) ArbGG statthaft. Sie wurde auch innerhalb der in § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen formgerecht eingelegt und begründet.



II. Die Berufung des Klägers konnte jedoch keinen Erfolg haben. Das Arbeitsgericht Köln hat zutreffend erkannt, dass die streitige außerordentliche Kündigung vom 19.03.2014 durch einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt ist, dass die Beteiligung des Betriebsrats nach § 103 BetrVG ordnungsgemäß erfolgt ist und das Arbeitsverhältnis der Parteien somit mit Zugang der Kündigung am 20.03.2014 sein Ende gefunden hat. Das Arbeitsgericht ist dabei von zutreffenden einschlägigen Rechtsgrundsätzen ausgegangen, hat die ober- und höchstrichterliche Rechtsprechung umfassend berücksichtigt und die danach maßgeblichen rechtlichen Vorgaben umfassend und sorgfältig auf den korrekt ermittelten Sach- und Streitstand zwischen den Parteien angewandt. Das Berufungsgericht kann demnach an die Entscheidungsbegründung des arbeitsgerichtlichen Urteils anknüpfen und ergänzt diese im Hinblick auf den Inhalt des zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wie folgt:



1. Der Kläger hat eine schwerwiegende Arbeitsvertragsverletzung begangen, in dem er der Beklagten Existenz und Inhalt der "ärztlichen Bescheinigung" der B G vom 08.11.2013 verschwiegen hat, wonach aus der Sicht der B G "befristete gesundheitliche Bedenken" gegen einen Einsatz des Klägers als Lkw-Fahrer für Gefahrguttransporte bestanden.



a. Die Durchführung von Gefahrguttransporten stellt eine im hohen Maße gefahrgeneigte Tätigkeit dar. Das mit der Durchführung von Gefahrguttransporten einhergehende Risiko übersteigt dasjenige, das bei der Durchführung von Lkw-Transporten ohnehin gegeben ist, nochmals erheblich. Dies beruht darauf, dass bei Unfällen mit Gefahrguttransporten extrem hohe Schäden auftreten können, die nicht nur Leib und Leben des Fahrers und anderer Verkehrsteilnehmer sowie die Wirtschaftsgüter des Gefahrgutunternehmers und seiner Kunden betreffen können, sondern auch darüber hinausgehende wichtige Belange der Allgemeinheit, wie z. B. in Form von Umweltschäden. Dementsprechend trifft den Unternehmer, der Gefahrguttransporte durchführt, auch ein besonders hohes Haftungsrisiko.



b. Diese Begleitumstände seiner Fahrertätigkeit waren auch dem Kläger bekannt, der seit Jahren bei der Beklagten in einem entsprechenden Einsatzbereich beschäftigt war.



c. Gerade wegen der erhöhten Gefahrenrisiken ist der Unternehmer, der Gefahrguttransporte durchführt, gehalten, nur solche Fahrer bei der Durchführung von Gefahrguttransporten einzusetzen, die in gesundheitlicher Hinsicht uneingeschränkt dafür geeignet sind, d. h. deren körperliche Konstitution und aktueller Gesundheitszustand kein gesteigertes Unfallrisiko erwarten lassen. Auch ihren Kunden gegenüber trifft die Beklagte die Verpflichtung, nur Fahrer mit uneingeschränkt unbedenklichem Gesundheitszustand bei Gefahrguttransporten einzusetzen.



d. Eines der Mittel, um dies sicherzustellen, stellt die kontinuierliche Teilnahme der Fahrer an der sog. G 25-Untersuchung dar. Auftraggeber dieser Untersuchung ist der Arbeitgeber. Der Sinn der Untersuchung liegt u. a. gerade darin, dass der mit der Untersuchung beauftragte ärztliche Dienst eine Einschätzung darüber abgibt, ob gegen den Einsatz des betreffenden Fahrers im Gefahrguttransportbereich gesundheitliche Bedenken bestehen oder ob dies nicht der Fall ist. Der Arbeitgeber hat naturgemäß ein elementares Interesse daran, das Ergebnis dieser medizinischen Einschätzung zu erfahren. Gerade darin liegt der Sinn der Durchführung der Untersuchung.



e. Es kann dahingestellt bleiben, ob ihre ärztliche Schweigepflicht es den die Untersuchung durchführenden Ärzten verbietet, das Ergebnis der Untersuchung, nämlich ob gegen den Einsatz des untersuchten Fahrers im Gefahrgutbereich medizinische Bedenken bestehen oder ob dies nicht der Fall ist, unmittelbar dem Arbeitgeber mitzuteilen. Es kann jedoch aus Sicht des Berufungsgerichts keinem Zweifel unterliegen, dass den untersuchten Arbeitnehmer eine derartige Mitteilungspflicht trifft. Dies folgt bereits ohne Weiteres aus dem dargestellten Sinn und Zweck der Untersuchung. Es folgt aber auch aus der arbeitsvertraglichen Sonderbeziehung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die die Pflicht begründet, den Vertragspartner auf mögliche Gefahren und Risiken hinzuweisen, die mit der praktischen Durchführung des Arbeitsverhältnisses verbunden sein können.



f. Nicht zuletzt liegt die mit der G 25-Untersuchung verbundene Vorsorgeprozedur auch im eigenen Interesse des Arbeitnehmers, da diese auch dazu dient, Gefahren für das eigene Leben und die eigene Gesundheit von ihm abzuwenden.



g. Bei alledem liegt der Sinn der G 25-Untersuchungen gerade auch darin, dass die kontinuierliche Einschätzung der gesundheitlichen Eignung eines Kraftfahrers für Gefahrguttransporte einer neutralen Institution übertragen wird, die über ausgewiesene medizinische Fachkenntnisse verfügt, und gerade nicht den subjektiven und notwendigerweise laienhaften Einschätzungen der Arbeitsvertragspartner überlassen bleiben soll. Es kommt gerade nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer sich subjektiv gesundheitlich für geeignet hält. Ebenso wenig ist es von Bedeutung, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer als gesundheitlich geeignet oder ungeeignet ansieht. Maßgeblich soll gerade ein neutrales ärztliches Votum sein.



h. Vorliegend hat die mit der G 25-Untersuchung beauftragte B G nach Auswertung des ihr überlassenen kardiologischen Befundberichtes vom 08.10.2010 mit ihrer ärztlichen Bescheinigung über die "Nachuntersuchung" vom 05.11.2012 bescheinigt, dass "befristete gesundheitliche Bedenken" bestehen. Der Sinn einer solchen Aussage kann aus objektiver Sicht nicht zweifelhaft sein. Dass es bei den "Bedenken" um Bedenken gegen einen Einsatz des Klägers als Lkw-Fahrer im Gefahrgutbereich geht, folgt bereits aus dem Sinn der Untersuchung und der gesamten G 25-Prozedur. Der Kläger leugnet auch nicht, dies jedenfalls dann so verstanden zu haben, wenn es um eine Aussage ohne den Zusatz "befristete" gegangen wäre.



i. Aber auch der Begriff "befristete" erscheint objektiv klar und selbsterklärend: Er besagt, dass die gesundheitlichen Bedenken nicht endgültiger Natur sind, sondern nur für einen begrenzten Zeitraum ausgesprochen werden. Ein solches befristetes Votum kann im Einzelfall z. B. darauf beruhen, dass ein Arbeitnehmer an einer akuten gesundheitlichen Beeinträchtigung leidet, die ihn bis zum Zeitpunkt seiner für die Zukunft zu erwartenden Heilung vorübergehend - aber eben nicht auf Dauer - ungeeignet erscheinen lässt. Im vorliegenden Fall bestand die Besonderheit, dass die B G die befristeten Bedenken deshalb ausgesprochen hat, weil sie im Hinblick auf den wirklichen Gesundheitszustand des Klägers und die daraus folgende Eignung für seine arbeitsvertragliche geschuldete Tätigkeit als Fahrer von Gefahrguttransporten noch weiteren medizinischen Klärungsbedarf sah. Die mit der fachkundigen medizinischen Klärung der Tauglichkeit des Klägers beauftragte Institution sah sich somit im Zeitpunkt der Ausstellung der Bescheinigung vom 08.11.2012 noch nicht in der Lage, eine medizinische Untauglichkeit des Klägers auszuschließen bzw. umgekehrt eine medizinische Tauglichkeit zu bescheinigen.



k. Für die Beurteilung des regelgerechten Verhaltens der Arbeitsvertragsparteien während einer solchen Phase der Ungewissheit über die Tauglichkeit des Klägers, die durch die Wendung "befristete gesundheitliche Bedenken" ausgedrückt worden ist, kommt es nicht darauf an, ob der Kläger aufgrund einer nur nachträglich zu gewinnenden abschließenden medizinischen Beurteilung damals objektiv betrachtet in Wirklichkeit fahrtauglich oder fahruntauglich war. Es geht vielmehr darum, dass sich die Arbeitsvertragsparteien in einer solchen Phase der Ungewissheit so verhalten, dass sie zu einer beiderseits verantwortbaren Entscheidung darüber gelangen können, ob das Risiko eingegangen werden soll, die arbeitsvertragliche Tätigkeit einstweilen unverändert fortzusetzen. Die Beklagte als Arbeitgeberin hatte schon wegen der oben beschriebenen Haftungsrisiken ein Recht darauf, selbst zu entscheiden, ob auch sie bereit war, ein solches Risiko mitzutragen. Dies war für den Kläger auch aus der Laiensphäre heraus ohne Weiteres erkennbar und nachvollziehbar. Die Situation gleicht derjenigen einer Person, bei der die Ärzte aufgrund ihres bisherigen Kenntnisstandes noch nicht ausschließen können, dass eine gefährliche ansteckende Erkrankung vorliegt, und hierzu weitere klärende Untersuchungen für nötig halten. Jedem Laien leuchtet es ein, dass es unverantwortlich erscheint, in einer solchen Phase engen physischen Kontakt zu anderen Personen aufzunehmen, ohne diese über die nach ärztlichem Votum derzeit noch ungeklärte Risikolage aufzuklären.



l. Der vom Kläger in der Berufungsbegründung behauptete Inhalt des Telefongesprächs zwischen ihm und der zuständigen Ärztin der B G vom 08.11.2012 bestätigt nur, dass die B G die Frage der Fahrtauglichkeit des Klägers als medizinisch noch nicht geklärt ansah.



m. Zur Überzeugung des Berufungsgerichts hat der Kläger jedoch der Beklagten die Bescheinigung der B G vom 08.11.2012 gerade deshalb bewusst vorenthalten, weil er befürchtete, dass die Beklagte nicht bereit sein könnte, den Kläger vorläufig trotz der bescheinigten "befristeten gesundheitlichen Bedenken" weiter unverändert als Gefahrguttransportfahrer zu beschäftigen.



n. Dazu passt auch, dass der Kläger der Beklagten zwar nicht die Bescheinigung vom 08.11.2012 vorgelegt hat, wohl aber das Kurzattest seines Hausarztes vom 03.12.2012, weil dieses einen für seine Position förderlichen Inhalt zu haben schien. Für den Kläger war jedoch ohne Weiteres erkennbar, dass die Beklagte ein Anrecht auf Vorlage der B -Bescheinigung hatte, die durch das hausärztliche Attest nicht ersetzt werden konnte.



o. Der Kläger kann sich auch nicht damit rechtfertigen, dass die Bescheinigung der B G vom 08.11.2012 und ihr vorangehend der kardiologische Befundbericht vom 08.10.2012 für jeden erkennbar offensichtlich unzutreffend gewesen seien. Das Recht der Beklagten, das Ergebnis der B -Bescheinigung vom 08.11.2012 zu erfahren, hängt nicht davon ab, welchen Inhalt dieses Ergebnis hat und wie plausibel es erscheint. Wäre es überdies wirklich offensichtlich unplausibel, hätte der Kläger es der Beklagten erst recht vorlegen können, weil die fehlende Plausibilität dann auch für die Beklagte ohne Weiteres erkennbar gewesen wäre.



p. Zudem weist die Beklagte zu Recht daraufhin, dass die Bescheinigung der B G den Hinweis enthält, dass sich die untersuchte Person an die zuständige Behörde wenden kann, wenn sie das Untersuchungsergebnis für unzutreffend hält. Diesen Weg hätte der Kläger gehen können und müssen, wenn er ein anderes Untersuchungsergebnis für richtig hielt.



q. Abgesehen davon erscheint auch nach dem zuletzt erreichten Sach- und Streitstand weiterhin ungeklärt, ob im Zeitraum November/Dezember 2012 aus objektiver medizinischer Sicht gesundheitliche Bedenken gegen die Fahrtauglichkeit des Klägers als Lkw-Fahrer für Gefahrguttransporte berechtigt waren oder nicht. So enthält nicht nur der kardiologische Befundbericht vom 08.10.2012 den Hinweis auf eine in der Vergangenheit diagnostizierte Schlafapnoe. Sogar das hausärztliche Attest vom 03.12.2012 bestätigt, dass der Kläger in der Zeit von 2009 bis 2010 an einer Schlafapnoe litt. Es führt weiter aus, dass sich die Krankheitssymptome in 2010 nach einer Arbeitsumstellung nicht mehr gezeigt hätten und beschränkt sich ansonsten auf die lapidare Feststellung, dass der Kläger "zur Zeit beschwerdefrei" sei. Unstreitig hat der Kläger darüber hinaus mehrere Schlaflaboruntersuchungen in Angriff genommen, jedoch nicht bis zum Vorliegen eines Ergebnisses zu Ende führen können. Und schließlich war der Anfang 2014 ausgestellten Unbedenklichkeitsbescheinigung eine Nasenscheidewandoperation im November 2013 vorausgegangen, deren Einfluss auf die Tauglichkeitsbestätigung von Anfang 2014 unbekannt ist.



2. In dem vorangegangenen Kündigungsschutzprozess um die Verdachtskündigung der Beklagten vom 10.01.2013 (LAG Köln, 7 Sa 537/13) hat die Berufungskammer in ihrem Urteil vom 12.12.2013 Bedenken geäußert, ob in Anbetracht der nach dem damaligen Erkenntnisstand erkennbaren Umstände des Einzelfalls die von der Beklagten damals nur gemutmaßte unterlassene Weiterleitung der ärztlichen Bescheinigung des B für sich alleine und ohne vorherigen Ausspruch einer Abmahnung ausgereicht hätte, um eine außerordentliche oder auch ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien zu rechtfertigen.



a. Das Arbeitsgericht weist in den Entscheidungsgründen seines Urteils vom 04.12.2014 aber zu Recht daraufhin, dass die jetzt streitige Kündigung vom 19.03.2014 zusätzlich auch darauf gestützt werden kann, dass der Kläger über mehr als ein Jahr hinweg der Beklagten nicht nur den Inhalt der B -Bescheinigung vom 08.11.2012 verschwiegen, sondern sogar deren Existenz beharrlich und wahrheitswidrig abgeleugnet hat. Erheblich erschwerend kommt hinzu, dass der Kläger die Existenz dieser Bescheinigung nicht nur auf deren Nachfrage der Beklagten als seiner Arbeitgeberin gegenüber verschwiegen hat, sondern auch gegenüber den staatlichen Gerichten, und zwar in beiden Instanzen des vorangegangenen Kündigungsschutzprozesses wie auch zunächst in der ersten Instanz des Zahlungsverfahrens Arbeitsgericht Köln, 16 Ca 4960/13. Auf die einschlägigen Zitate im Tatbestand des nunmehrigen arbeitsgerichtlichen Urteils vom 04.12.2014 wird ausdrücklich Bezug genommen.



b. Der Einlassung des Klägers, dass die wiederholte Verleugnung der Existenz der ärztlichen Bescheinigung keine bewusst wahrheitswidrige Irreführung zugrunde gelegen habe, kann nicht gefolgt werden.



aa. Dem Kläger ist zwar einzuräumen, dass die B -Bescheinigung insoweit ungenau formuliert ist, als darin von einer "Nachuntersuchung" vom 05.11.2012 die Rede ist. Eine Nachuntersuchung des Klägers im Sinne einer körperlichen Untersuchung hat es an diesem Tage unstreitig nicht gegeben. Gemeint war vielmehr die von den B -Ärzten vorgenommene Auswertung des vom Kläger am 05.11.2012 übersandten kardiologischen Befundberichts vom 08.10.2012.



bb. Diese Ungenauigkeit in der Wortwahl der streitigen B -Bescheinigung ändert aber nichts daran, dass aus dem jeweiligen Vortragszusammenhang heraus für den Kläger kein Zweifel daran bestand, dass es bei dem von der Beklagten der Vorkündigung vom 10.01.2013 zugrundegelegten Verdacht darum ging, "dass der B auf der Grundlage des kardiologischen Untersuchungsberichts ein neues Votum zur Fahrtauglichkeit des Klägers erstellt habe" (vgl. Urteil der Berufungskammer vom 12.12.2013, 7 Sa 537/13, Seite 10 unter II 2 c.bb). Bei diesem Votum konnte es sich nur um die ärztliche Bescheinigung des B vom 08.11.2012 handeln. Dies konnte der Kläger nicht anders verstehen als es gemeint war und hat es gleichwohl in allen drei Gerichtsinstanzen der Vorprozesse über ein Jahr hinweg, wie im Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 04.12.2014 zitiert, geleugnet.



c. Der Kläger hat es somit nicht nur pflichtwidrig unterlassen, der Beklagten die Einschätzung der B G vom 08.11.2012 weiterzuleiten, wonach "befristete gesundheitliche Bedenken" bestanden, sondern er hat darüber hinaus sogar nicht davor zurückgeschreckt, auch die staatlichen Gerichte zu täuschen, um sich gegenüber der Beklagten als seiner Arbeitgeberin prozessuale Vorteile zu verschaffen. In Anbetracht eines solchen Verhaltens war es der Beklagten in der Gesamtschau nicht mehr zumutbar, den Kläger auch nur bis zum Ablauf einer ordentlichen Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen.



3. Ergänzend nimmt das Berufungsgericht auf die vom Arbeitsgericht überzeugend vorgenommene Interessenabwägung in Abschnitt I 3. b der Entscheidungsgründe Bezug.



4. Ferner verweist das Berufungsgericht auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur ordnungsgemäßen Beteiligung des Betriebsrats unter I 5. der Entscheidungsgründe. Die Ausführungen des Klägers in der Berufungsinstanz rechtfertigen auch in dieser Hinsicht kein anderes Ergebnis als das vom Arbeitsgericht gefundene.



5. Die Berufung des Klägers musste daher erfolglos bleiben.



III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.



Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor. Die vorliegende Entscheidung steht in Einklang mit den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung und beruht auf den besonderen



Umständen des Einzelfalls.

Vorschriften§ 626 Abs. 1 BGB, § 64 Abs. 2 c) ArbGG, § 66 Abs. 1 ArbGG, § 103 BetrVG, § 97 Abs. 1 ZPO

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