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13.04.2016 · IWW-Abrufnummer 146744

Amtsgericht Landstuhl: Urteil vom 22.02.2016 – 2 OWi 4286 Js 14527/15

Zum Absehen vom Fahrverbot bei einem Abstandsverstoß.


 2 OWi 4286 Js 14527/15

Amtsgericht Landstuhl

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Bußgeldverfahren
Gegen pp.
Verteidiger: Rechtsanwalt ...

wegen OWi StVO

hat das Amtsgericht Landstuhl aufgrund der Hauptverhandlung vom 22.02.2016, an der teilgenommen haben:
Richter am Amtsgericht ... als Richter
Rechtsanwalt ... als Verteidiger
- von der Zuziehung eines Protokollführers wurde gem. § 226 StPO abgesehen -
für Recht erkannt:

1.    Der Betroffene wird wegen fahrlässiger Nichteinhaltung des erforderlichen Abstands zu einer Geldbuße von 500 EUR verurteilt.
Ihm wird gestattet, die Geldbuße in monatlichen Teilbeträgen von EUR 50, jeweils bis zum 5. eines Monats, beginnend mit der Rechtskraft des Urteils, zu zahlen. Diese Vergünstigung entfällt, wenn ein Teilbetrag nicht bezahlt wird.

2.    Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen.

Gründe:

I.    

Der verkehrsrechtlich unbescholtene Betroffene ist bei einem Autohaus als Fahrer angestellt. Er und ein weiterer Kollege sind dafür zuständig, Fahrzeuge zum Kunden, zum TÜV oder zu sonstigen Zielen zu bringen oder von dort zu holen. Er verdient 1650 EUR netto pro Monat und bedient Kredite für Haus und Auto in Höhe von 1500 EUR pro Monat. Er ist verheiratet mit drei Kindern im Alter von 15, 13 und 4 Jahren, wobei er nur für das jüngste Kind der Kindsvater ist und die Ehefrau für die beiden älteren Kinder Unterhaltszahlungen erhält. Sie ist zudem nebenberuflich tätig. Der Betrieb, in welchem der Betroffene angestellt ist, hat weniger als 10 Arbeitnehmer. Der Betroffene hat 24 Urlaubstage pro Jahr.

II.  
 
Der Betroffene hat nach der Beweisaufnahme den Einspruch auf die Rechtsfolgen beschränkt. Insofern steht fest, dass er als Fahrer des PKW, Kz ppp.  am 05.10.2015 um 11:47 Uhr auf der BAB6 bei km 629,3, Fahrtrichtung Mannheim, Gemarkung Ramstein, bei einer toleranzbereinigten Geschwindigkeit von 118 km/h den erforderlichen Mindestabstand von 59m nicht eingehalten hat, sondern nur 17,37m Abstand und damit weniger als 3/10 des halben Tachowertes als Abstand einhielt.

Gemessen wurde mit dem Brückenabstandsmesssystem VAMA mit dem Charaktergenerator JVC/Piller, Typ CG-P50E, das zum Messzeitpunkt ordnungsgemäß geeicht war und von einem geschulten Messbeamten, dem Zeugen POK ppp. ordnungsgemäß bedient wurde.

III.    

Die getroffenen Feststellungen beruhen auf der Einlassung des Betroffenen sowie der durchgeführten Beweisaufnahme. Insbesondere wurde der Messfilm mit der Kontrollnummer 24/15 in Augenschein genommen, der Eichschein Bl. 1-2 d.A. verlesen, das Messprotokoll Bl. 3 d.A. und das Auswerteprotokoll Bl 6-9 d.A. wurden verlesen, die Videoprints Bl. 8 d.A. wurden in Augenschein genommen und bezüglich der darin enthaltenen Daten verlesen. Die zu Protokoll gereichte Anlage 1 mit den Abstands- und Geschwindigkeitsdaten an allen relevanten Messpunkten wurde verlesen.

IV.    

Durch die Beschränkung des Einspruchs steht fest, dass der Betroffene sich eines fahrlässigen Abstandsverstoßes zu verantworten hat, §§ 4 Abs. 1, 49 StVO. Im Bußgeldbescheid war keine Begehensform angegeben.

V.    

Bezüglich der Rechtsfolgenzumessung ist zunächst angesichts des Rahmens, den die BKatV samt Anlage als Rahmen für die Ermessensausübung vorgibt, zu prüfen, ob eine Sondersituation vorliegt, die ein Abweichen von der Regelfolge der Ziffer 12.3.6 BKat gebieten würde. Dies ist hier nicht der Fall. Denn ausweislich der Videoprints und der Anlage 1 zum Protokoll hat der Betroffene auf der linken von drei Fahrspuren den erforderlichen Abstand im gesamten Beobachtungszeitraum stark unterschritten, beginnend mit 17,26m bei der Beobachtungslinie bei 400m Entfernung bis zur Ausgangslinie des Messbereichs mit 17,06m, und es war im Messfilm kein Dazwischentreten äußerer Ereignisse von anderen Fahrspuren zu sehen. Dementsprechend sind die Regelgeldbuße von 160 EUR sowie das Regelfahrverbot von 1 Monat zunächst anzuordnen.

Die nachfolgend zwingende Prüfung, ob auf der Rechtsfolgenseite ausnahmsweise von der Anordnung eines Fahrverbots ganz abgesehen werden kann, ergibt keine Abweichung zugunsten des Betroffenen. Denn insbesondere bei der Frage, ob das Fahrverbot zu einer unverhältnismäßigen Härte für den Betroffenen führt, hat schon die Einlassung des Betroffenen keine zwingenden Hinweise auf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses oder das Entstehen einer wirtschaftlichen Notlage ergeben.

Allerdings kommt das Gericht im Rahmen der ebenfalls zwingenden Prüfung, ob für den Betroffenen zur verkehrsrechtlichen Einwirkung auch eine Regelung nach § 4 Abs. 4 BKatV ausreicht, mithin durch eine spürbare Erhöhung der Regelgeldbuße bei Wegfall des Fahrverbots, hier zu dem Ergebnis, dass ein solches Vorgehen angezeigt und auch ausreichend ist.

Denn das Fahrverhalten des vor dem Betroffenen fahrenden PKW verstößt gegen §§ 1 Abs. 2 und 2 Abs. 1 StVO in erheblichem Maße und über den gesamten Messzeitraum.

Der auf der linken von drei Fahrspuren fahrende Vordermann hat im Beobachtungszeitraum nicht nur ohne ersichtlichen Grund seine Geschwindigkeit von 129,60 km/h auf 122,01 km/h signifikant abgesenkt, ohne dafür eine verkehrstechnische Veranlassung gehabt zu haben. Insbesondere gab es vor diesem Fahrzeug keine anderen Fahrzeuge, keinen Rückstau, keine Einschervorgänge und es lag auch keine die zulässige Höchstgeschwindigkeit tangierende Eigengeschwindigkeit vor, sodass angesichts der mglw. sichtbaren Messanlage eine Reduktion der Geschwindigkeit angezeigt gewesen wäre. Auf diese Weise wurde aber der ebenfalls mit zulässiger Geschwindigkeit hintenanfahrende Betroffene über den gesamten Beobachtungszeitraum daran gehindert, in ordnungsgemäßer Weise die linke von drei Autobahnfahrspuren in vollem zugelassenen Umfang zu nutzen.

Des Weiteren hätte der vorausfahrende PKW im Zusammenhang mit der Reduktion der eigenen Geschwindigkeit die linke Fahrspur verlassen und auf die mittlere Fahrspur wechseln müssen, die ausweislich des Messfilms und der Videoprints neben dem Vorausfahrenden und auch neben dem Betroffenen nicht befahren war und auf der es auch nach vorne keinen weiteren Verkehr im Abstand von ca. 400m gab.

Welche Motive der Vorausfahrer auch immer für sein Fahrverhalten gehabt haben mag, kann offen bleiben; jedoch war dieses Verhalten nicht ausschließlich, aber doch mitursächlich dafür, dass dem Betroffenen nunmehr dieser erhebliche verkehrsrechtliche Vorwurf zu machen ist. Dieser Umstand kann nicht unberücksichtigt bleiben. Zwar hätte auch der Betroffene im immerhin fast 10 Sekunden dauernden Beobachtungszeitraum seinen Abstand aktiv vergrößern können und müssen. Allerdings musste er nicht mit einem solchen Fahrverhalten rechnen.

Im Zusammenhang mit der aktiven Verantwortungsübernahme des Betroffenen für seinen begangenen Verstoß, nämlich der sofortigen Einräumung der Fahrereigenschaft bei denkbar schlechter Qualität der Messbilder aus der Beobachtungskamera und auch der Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen, kommt das Gericht im Rahmen seines Beurteilungsspielraums zu dem Ergebnis, dass die erforderliche verkehrserzieherische Einwirkung auf den Betroffenen nicht zwingend mittels eines Fahrverbots erreicht werden muss, sondern auch, insbesondere angesichts der finanziell durchaus angespannten Lage des Betroffenen, durch das durchgeführte Verfahren selbst sowie die signifikant angehobene Geldbuße erreicht werden kann. Zudem war der Betroffene verkehrsrechtlich nicht vorbelastet.

Ergänzend war Ratenzahlung nach § 18 OWiG zu bewilligen.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 OWiG, 465 StPO.

...
Richter am Amtsgericht

RechtsgebieteStVG, StVO, BKatV, BKatVorschriften§§ 24 StVG, 4 Abs. 1, 49 StVO, 18 OWiG, 4 Abs. 1, Abs. 4 BKatV, 12.6.3 BKat

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