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17.03.2016 · IWW-Abrufnummer 146612

Arbeitsgericht Düsseldorf: Beschluss vom 10.03.2016 – 10 BV 253/15

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


10 BV 253/15

Verkündet am 10.03.2016
 
ARBEITSGERICHT DÜSSELDORF

IM NAMEN DES VOLKES

BESCHLUSS

In dem Beschlussverfahren

xxx

hat die 10. Kammer des Arbeitsgerichts Düsseldorf
auf die mündliche Verhandlung vom 10.03.2016
durch den Richter am Arbeitsgericht E. als Vorsitzenden
sowie die ehrenamtliche Richterin C. und den ehrenamtlichen Richter E.

b e s c h l o s s e n :

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin (im Folgenden: Arbeitgeberin) betreibt eine Gießerei in N. und beschäftigt derzeit ca. 1050 Arbeitnehmer. Sie ist Mitglied im Arbeitgeberverband der Metallindustrie von Wuppertal und Niederberg e.V. Der Beteiligte zu 3. ist der bei der Arbeitgeberin gebildete fünfzehnköpfige Betriebsrat (im Folgenden: Betriebsrat), dessen Vorsitzender der Beteiligte zu 2. (im Folgenden: Betriebsratsvorsitzender) ist. Der Betriebsratsvorsitzende ist am 15. Dezember 1978 geboren, seit dem 24. Juli 2000 bei der Arbeitgeberin beschäftigt und verdient zuletzt 5.279,26 Euro brutto. Er ist verheiratet und hat drei unterhaltsberechtigte Kinder. Gemäß § 38 BetrVG ist er von der Arbeit freigestellt. Die Arbeitgeberin begehrt vom Betriebsrat dessen Zustimmung zur fristlosen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden wegen des Vorwurfs der eigenmächtigen Selbstbeurlaubung, hilfsweise dessen Ausschluss aus dem Betriebsrat, insbesondere wegen unzulässiger Kopplungsgeschäfte sowie einer rechtswidrigen Blockadehaltung.

Der aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit auf das Arbeitsverhältnis des Betriebsratsvorsitzenden anwendbare einheitliche Manteltarifvertrag für die Metall-und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 18. Dezember 2003 (im Folgenden: EMTV) bestimmt zur Arbeitszeit unter anderem:

§ 3 Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit/Ausbildungszeit

1.    Die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen beträgt 35 Stunden.

[…]

§ 4 Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit/Ausbildungszeit

1.    Die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit sowie die regelmäßige wöchentliche Ausbildungszeit können gleichmäßig oder ungleichmäßig grundsätzlich auf 5 Werktage von Montag bis Freitag verteilt werden.

Eine davon abweichende Regelung kann nach Maßgabe der betrieblichen Erfordernisse unter angemessener Berücksichtigung der Belange der betroffenen Beschäftigten mit dem Betriebsrat vereinbart werden. Dabei sollen die einzelnen Beschäftigten in der Regel an nicht mehr als 5 Werktagen in der Woche beschäftigt werden.

Die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit kann auch ungleichmäßig auf mehrere Wochen verteilt werden. Sie muss jedoch im Durchschnitt von längstens 6 Monaten erreicht werden.
   
Bei der Arbeitgeberin wird in der Gießerei seit Jahrzehnten im Drei-Schichtbetrieb gearbeitet. Ferner herrscht seit Jahrzehnten die gelebte Praxis, dass die Arbeitgeberin dem Betriebsrat im Rahmen so genannter monatlicher Arbeitszeitanträge die für den Folgemonat geplanten Arbeitszeiten nochmals gesondert mitgeteilt und mit dem Betriebsrat vereinbart, damit insbesondere Änderungen oder Ergänzungen zu den Arbeitszeiten ordnungsgemäß mitbestimmt werden. Am 16. Juni bzw. 17. Juni 2015 trat der Gießereileiter Herr T. an den Betriebsrat heran und beantragte in gewohnter Form die Zustimmung des Betriebsrats zu Mehrarbeit für die Kalenderwoche 27 und insbesondere den Juli 2015 in Form von Sonderschichten am Wochenende, die kurzzeitige Erhöhung der Arbeitszeit auf neun Stunden täglich an zwei Fertigungslinien sowie die Beschäftigung von Arbeitnehmern an den Wochenenden mit Wartungstätigkeiten.

Der Antrag wurde auf die Tagesordnung der Betriebsratssitzung vom 24. Juni 2015 gesetzt. Während der Betriebsratssitzung begaben sich der Personalleiter Herr N., der Leiter Bearbeitung Herr C. sowie die Juristin Frau L. in das Betriebsratsbüro und boten an, Fragen des Betriebsrats hinsichtlich der Arbeitszeiten zu klären. Der Betriebsratsvorsitzende führte aus, dass es um Fragen zu den Arbeitszeiten für Juli 2015 sowie damit zusammenhängend auch um die Frage gehe, ob die Mitarbeiter ihre Nachzahlungsansprüche nach dem Entgeltrahmenabkommen ab 2011 gegenüber der Arbeitgeberin schriftlich geltend machen müssten. Hintergrund ist, dass bei der Arbeitgeberin das Entgeltrahmenabkommen der Metall-und Elektroindustrie gilt und nach Abschluss der größten ERA- Einigungsstelle in Nordrhein-Westfalen Nachzahlungsansprüche der Beschäftigten in Millionenhöhe im Raum stehen. Die Arbeitgeberin hatte sich insoweit vorbehalten, hinsichtlich dieser Nachzahlungsansprüche der Mitarbeiter durch den Arbeitgeberverband überprüfen zu lassen, ob diese möglicherweise nach tariflichen Ausschlussfristen verfallen sind. Der Betriebsratsvorsitzende wies darauf hin, dass die Regelung der Arbeitszeiten gegebenenfalls so lange warten müsse, bis hinsichtlich der Ausschlussfristen Klarheit herrsche. Der Betriebsrat müsse Prioritäten setzen. Erst wenn die Arbeitgeberin eine einseitige und vorbehaltslose Verzichtserklärung bezüglich der tariflichen Ausschlussfristen hinsichtlich der ERA-Nachzahlung unterschreiben werde, könne der Betriebsrat sich um die Arbeitszeiten kümmern. Ansonsten werde der Betriebsrat kurzfristig eine Betriebsversammlung organisieren, in der die Mitarbeiter darauf hingewiesen werden müssten, dass sie ihre Ansprüche schriftlich geltend machen müssen. Der Betriebsrat beschloss in seiner Sitzung vom 24. Juni 2015 einstimmig den Tagesordnungspunkt „Mehrarbeit“ auf den 25. Juni 2015 zu vertagen. In seiner Sitzung vom 25. Juni 2015 beschloss der Betriebsrat mit 12 Ja-Stimmen und einer Enthaltung den Tagesordnungspunkt auf die Sitzung vom 1. Juli 2015 zu verschieben.

Die Arbeitgeberin erklärte mit E-Mail vom 29. Juni 2015 die Verhandlungen über die Arbeitszeiten für gescheitert und kündigte an, den Arbeitgeberverband mit der Organisation des tariflichen Vorgesprächs für eine Einigungsstelle zu beauftragen (§ 24 EMTV). Frau N. vom Arbeitgeberverband telefonierte sodann am 30. Juni 2015 mit dem 1. Bevollmächtigten der IG Metall Velbert, Herrn N., der Frau N. unmissverständlich mitteilte, dass zunächst die Angelegenheit der tariflichen Ausschlussfristen bereinigt werden müsste, erst danach könne man über die Arbeitszeiten reden. In der Sitzung vom 1. Juli 2015 beschloss der Betriebsrat mit 13 Ja-Stimmen und einer Nein-Stimme den Tagesordnungspunkt „Mehrarbeit Juli 2015“ auf den 8. Juli 2015 zu verschieben. Schließlich beschloss der Betriebsrat in seiner Sitzung am 8. Juli 2015 einstimmig den Tagesordnungspunkt auf die Sitzung vom 15. Juli 2015 zu vertagen.

Am 2. Juli 2015 beraumte der Betriebsratsvorsitzende für den 9. Juli 2015 eine zusätzliche Betriebsversammlung an. Der einzige Tagesordnungspunkt lautete „ERA- Geltendmachung: Nicht Nachzahlung des Entgeltes durch den Arbeitgeber vom 1. Mai 2011 bis 31. Dezember 2014“. In dem tariflichen Vorgespräch am 7. Juli 2015 gaben die Vertreter der Arbeitgeberin dem Druck des Betriebsrates und der IG Metall nach und verzichteten auf die Geltendmachung jeglicher Verfallfristen. Der Betriebsratsvorsitzende verlangte von der Arbeitgeberin einen im Original von dem Geschäftsführer unterzeichneten Aushang. Zuvor werde der Betriebsrat nicht über die Frage der Mehrarbeit entscheiden. Der Aushang erfolgte sodann am 8. Juli 2015.

Am 9. Juli 2015 beantragte der Betriebsratsvorsitzende Bildungsurlaub für ein Seminar mit dem Inhalt „Referentenqualifizierung“ im Zeitraum vom 6. September bis 18. September 2015. Hierauf teilte der Personalleiter Herr N. dem Betriebsratsvorsitzenden mit, dass dem Antrag nicht entsprochen werden könne, da ein Vorgriff auf den Bildungsurlaub 2016 rechtlich nicht möglich sei. Mit E-Mail vom 1. September 2015 bat der Betriebsratsvorsitzende Herrn N. darum, die Maßnahme doch besuchen zu dürfen. Er wolle teilweise Zeitguthaben einsetzen und teilweise unbezahlten Urlaub in Anspruch nehmen. Obwohl eine Genehmigung durch den Personalleiter Herrn N. nicht erfolgte, besuchte der Betriebsratsvorsitzende das Bildungsseminar.

Der Personalleiter der Arbeitgeberin Herr N. teilte den freigestellten Betriebsratsmitgliedern mit E-Mail vom 13. August 2015 u.a. folgendes mit:

„Da Sie ja von Ihrer beruflichen Tätigkeit freigestellt sind und Sie deshalb von den Fachabteilungen mangels Verfügbarkeit für die Dauer ihrer Freistellung auch nicht mehr eingeplant werden, macht eine Information der Fachabteilungen über etwaige Abwesenheiten keinen Sinn. Daher bitten wir ab sofort Ihre Urlaubsplanung mit mir abzustimmen, bzw. mir insoweit auch etwaige sonstigen Abwesenheiten (z.B. Erkrankung) mitzuteilen.“

Hintergrund dieses Schreibens ist, dass in der Vergangenheit die freigestellten Betriebsratsmitglieder Urlaube und Freistellungen allenfalls untereinander, aber zu keinem Zeitpunkt mit einem Vorgesetzten abgestimmt hatten. Die Arbeitgeberin hatte insoweit lange Zeit kein Problembewusstsein, da man sich keine Gedanken dazu gemacht hatte, bei wem eigentlich die freigestellten Betriebsratsmitglieder ihre Abwesenheiten beantragen sollen.

Am 1. Oktober 2015 schrieb der Personalleiter Herr N. dem Betriebsratsvorsitzenden sodann unter anderem folgendes:

„Mit E-Mail vom 13.8.2015, 13:38 Uhr habe ich darum gebeten, dass die freigestellten Betriebsratsmitglieder zukünftig ihre Urlaubsplanung mit mir abstimmen bzw. zumindest die entsprechenden Abwesenheitszeiten mitteilen mögen.

Dies ist jedoch nicht geschehen, die freigestellten Betriebsratsmitglieder gewähren sich selbst weiterhin Erholungsurlaub/Freizeitausgleich und sogar unbezahlten Urlaub ohne jegliche Abstimmung mit dem Unterzeichner. Es ist bedauerlich, dass hier erneut ein (aus unserer Sicht vermeidbarer) Konflikt droht.

[…]

Wir bitten sie ferner erneut um Kenntnisnahme, dass wir auch bei sonstigen Abwesenheiten wie gewünschtem FMA-Freizeitausgleich, unbezahlter Urlaub oder Sonderurlaub zukünftig verlangen, dass dieser bei uns angemeldet und zeitlich abgestimmt wird. Obwohl Sie, Herr F. sich über meine eindeutige Aufforderung mit E-Mail vom 13.8.2015 erneut hinweggesetzt haben, indem sie für den Zeitraum 07.09.-11.09. eigenmächtig FMA-Stunden einsetzen ließen und vom 14.-18.09.2015  unbezahlten Urlaub nahmen, obwohl ich diese Vorgehensweise noch nicht genehmigt hatte, werden wir letztmalig davon absehen, die beiden Zeiträume als unentschuldigtes Fehlen zu werten und nicht zu vergüten.

Sollten sie nicht bis zum 14.10.2015 gegenüber dem Unterzeichner bestätigt haben, dass zukünftig Urlaubswünsche (und Wunsch auf FMA-Freizeitausgleich) der freigestellten Betriebsratsmitglieder beim Unterzeichner angemeldet werden, so werden wir im Jahr 2016 auf Anwendung der BV 01/03  auch auf die freigestellten Betriebsratsmitglieder bestehen.“

Der Betriebsratsvorsitzende beantragte mit E-Mail vom 8. Oktober 2015 beim Personalleiter der Arbeitgeberin Herrn N. eine unbezahlte Freistellung für den Zeitraum vom 14. Oktober bis 16. Oktober 2015 wegen einer gewerkschaftlichen Weiterbildungsmaßnahme. Herr N. teilte dem Betriebsratsvorsitzenden durch E-Mail vom 12. Oktober 2015 (10:45 Uhr) mit, dass der Wunsch auf unbezahlte Freistellung etwas kurzfristig sei. Ferner wies er darauf hin, dass dringende betriebliche Erfordernisse einem Freistellungswunsch entgegenstünden. So hat er den Betriebsratsvorsitzenden informiert, dass noch eine notarielle Löschungsbewilligung für das vom N. getilgte Darlehen vorgenommen werden müsse und zur Wirtschaftsausschusssitzung vom 21. September 2015 immer noch kein Protokoll vorliege. Sollten beide Punkte bis zum 13. Oktober 2015 erledigt sein, könne der Betriebsratsvorsitzende für die drei Tage frei bekommen, dann aber mit Verbrauch von etwaig vorhandenem Zeitguthaben oder Urlaub. Eine Stunde später schrieb der Personalleiter Herr N. dem Betriebsratsvorsitzenden eine weitere E-Mail mit folgendem Inhalt:

Hallo Herr F.

Herr Q. hat mir ihren am 08.10.15 eingereichten Antrag auf AN-Weiterbildung vorgelegt. Wir bitten um Verständnis, dass wir einmal im Hinblick auf noch verschiedene offene Themen wie z.B. zu ERA, BV Nichtraucherschutz, der Bestellung von Herrn G. als weitere SiFa etc., vor allem aber deshalb weil die im AWbG NRW festgelegte Antragsfrist vor Beginn einer Maßnahme (6 Wochen) nicht eingehalten worden ist, ihrem Antrag nicht entsprechen können.

Am Nachmittag des 13. Oktober 2015 führte der Betriebsratsvorsitzende ein Telefonat mit dem Leiter der Betriebstechnik Herrn S., seinem ehemaligen Fachvorgesetzten, der sich in Leipzig befand. Der Inhalt dieses Gesprächs ist zwischen den Beteiligten streitig. Unstreitig ist indes, dass der Betriebsratsvorsitzende Herrn S. mitteilte, dass Herr N. den Urlaub mit der Begründung abgelehnt habe, es sei Betriebsratsarbeit zu erledigen.

Im Anschluss an das Telefonat bat der Betriebsratsvorsitzende Herrn N. per E-Mail, ihm hinsichtlich der notariellen Löschungsbewilligung kurzfristig alle Unterlagen, auch Archivunterlagen der Unterstützungseinrichtung zur Verfügung zu stellen, damit er sich persönlich ein Bild machen könne. Hinsichtlich der Wirtschaftsausschusssitzung wies der Betriebsratsvorsitzende darauf hin, dass das Protokoll erst bei der nächsten Wirtschaftsausschusssitzung beschlossen und unterschrieben werden könne. Dies sei am 19. Oktober 2015. Das Protokoll sei übrigens nicht an seine Person gebunden. Abschließend teilte der Betriebsratsvorsitzende Herrn N. folgendes mit:

„Meine Freistellungswünsche habe ich weder in der Vergangenheit noch werde ich diese in der Zukunft von Ihnen genehmigen lassen. Da ich nur von der Arbeit freigestellt bin, ist mein ehemaliger Vorgesetzter dafür zuständig. Nach Rücksprache mit Herrn S. habe ich die Genehmigung am 15. und 16. Oktober für eine unbezahlte Freistellung bekommen.“

Herr N. antwortete hierauf mit E-Mail vom 14. Oktober 2015 (15:46 Uhr), dass es völlig irrelevant sei, wie Herr S. zu dem Freistellungswunsch stehe. Er wies insbesondere darauf hin, dass er bereits mehrfach per E-Mail mitgeteilt habe, dass in Fragen der Urlaubsgewährung der Leiter der Personalabteilung Herr N. der Ansprechpartner des Betriebsratsvorsitzenden sei. Dem Betriebsratsvorsitzenden wurde nochmals ausdrücklich mitgeteilt, dass die von ihm gewünschte unbezahlte Freistellung ausdrücklich nicht genehmigt werde. Der Betriebsratsvorsitzende wurde gewarnt, die unbezahlte Freistellung ohne ausdrückliche Genehmigung anzutreten. Wenn er die Veranstaltung dennoch besuchen werde, so würde dies Konsequenzen haben. Diese E-Mail las der Betriebsratsvorsitzende am 14. Oktober 2015 nicht mehr, da sie nach Beendigung seiner Arbeitszeit einging.

Von Montag, dem 12. Oktober 2015 bis Mittwoch, den 14. Oktober 2015 arbeitete der Betriebsratsvorsitzende ausweislich der vom Betriebsrat zu den Akten gereichten Arbeitszeiterfassung (Bl. 685 der Akte) jeweils 7 Stunden. Am 15. und 16. Oktober 2015 nahm der Betriebsratsvorsitzende gemäß seiner Ankündigung an der Gewerkschaftsveranstaltung teil und erschien nicht im Betrieb der Arbeitgeberin. Dem Betriebsratsvorsitzenden wurde mit Schreiben vom 22. Oktober 2015 Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 23. Oktober 2015 gegeben, wovon der Betriebsratsvorsitzende mit E-Mail vom 23. Oktober 2015 Gebrauch machte. Mit Schreiben vom 23. Oktober 2015 hörte die Arbeitgeberin den Betriebsrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen fristlosen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden an. Sie ergänzte ihre Ausführungen mit Schreiben vom 26. Oktober 2015. Wegen der Einzelheiten wird auf die beiden Schreiben (Bl. 173 ff. der Akte) Bezug genommen. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung zu der beabsichtigten Kündigung.

Mit ihren am 30. Oktober 2015 bei Gericht eingegangenen Anträgen begehrt die Arbeitgeberin die Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen, fristlosen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden, hilfsweise dessen Ausschluss aus dem Betriebsrat.

Sie ist der Auffassung, dass die eigenmächtige Selbstbeurlaubung des Betriebsratsvorsitzenden geeignet sei, eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Dem Betriebsratsvorsitzenden sei bekannt gewesen, dass der Urlaubsantrag beim Personalleiter zu stellen sei. Die Freistellung sei von Herrn N. ausdrücklich versagt worden. Herr S. habe die Freistellung auch nicht genehmigt. Er habe dem Betriebsratsvorsitzenden empfohlen, die von Herrn N. genannten Aufgaben abzuarbeiten und sich lediglich dahingehend geäußert, dass er persönlich ihn an diesen beiden Tagen nicht brauche. Im Übrigen sei dem Betriebsratsvorsitzenden auch bekannt gewesen, dass Herr S. für Fragen der Freistellung bzw. Urlaubsgewährung nicht mehr zuständig war. Aufgrund des schwerwiegenden Verstoßes sei eine vorherige Abmahnung entbehrlich. Dies auch deshalb, weil eine Verhaltensänderung seitens des Betriebsratsvorsitzenden durch die Arbeitgeberin nicht zu erwarten gewesen sei. Dies folge bereits daraus, dass der Betriebsratsvorsitzende dem Personalleiter in seiner E-Mail vom 13. Oktober 2015 mitgeteilt habe, dass er seine Freistellungswünsche weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft von ihm genehmigen lassen werde. Im Rahmen der Abwägung sei zulasten des Betriebsratsvorsitzenden zu berücksichtigen, dass dieser als Betriebsratsvorsitzender eine besondere Vorbildfunktion hinsichtlich der Belegschaft ausübe und er im Übrigen als Betriebsratsvorsitzender arbeitsrechtlich geschult sei, so dass ihm in besonderem Maße bewusst gewesen sein müsse, dass er gegen seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen in schwerwiegender Weise verstoßen habe. Zudem habe sie die Vermutung, dass der Betriebsratsvorsitzende das Seminar als Referent und nicht als Teilnehmer besucht habe. Auch als freigestelltes Betriebsratsmitglied könne sich der Betriebsratsvorsitzende seine Arbeitszeit nicht frei einteilen. Aufgrund der Anlage zu der bei der Arbeitgeberin für freigestellte Betriebsratsmitglieder geltenden Betriebsvereinbarung vom 1. Oktober 1995 (BV 05/95, Bl. 657 d.A.) liege die Arbeitszeit montags bis freitags zwischen 7:00 Uhr und 14:45 Uhr.

Jedenfalls sei der Betriebsratsvorsitzende aus dem Betriebsrat auszuschließen. Hierzu trägt die Arbeitgeberin – entsprechend der gesetzlichen Anordnung der §§ 84 Satz 3, 60 ArbGG iVm. § 313 Abs. 2 ZPO seinem wesentlichen Inhalt nach knapp zusammengefasst – folgendes vor:

Der Betriebsratsvorsitzende habe der Arbeitgeberin immer wieder unzulässige Kopplungsgeschäfte angetragen und hierdurch die Arbeitgeberin zu bestimmten Verhaltensweisen genötigt. So habe der Betriebsratsvorsitzende im Juli 2015 zum wiederholten Male eine dringend notwendige einvernehmliche Regelung zwischen der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat zur Regelung von Arbeitszeiten (Mehrarbeit) mit dem Ziel verzögert, die Arbeitgeberin zur Abgabe eines Verzichts auf tarifvertraglichen Ausschlussfristen gegenüber der Belegschaft zu bewegen, auf die kein Rechtsanspruch bestanden habe. In diesem Zusammenhang habe er auch den 1. Bevollmächtigten der IG Metall Velbert, Herrn Dattaro, entsprechend „instruiert“, so dass sich das Vorgespräch unter Hinzuziehung der Tarifpartner nach § 24 EMTV entsprechend verzögert habe. Am 2. Juli 2015 habe der Betriebsratsvorsitzende für den 9. Juli 2015 eine zusätzliche Betriebsversammlung mit dem Tagesordnungspunkt „ERA-Geltendmachung“ anberaumt. Die Einladung sei nicht durch einen Betriebsratsbeschluss gedeckt gewesen. Als die Arbeitgeberin dem Druck des Betriebsrates nachgegeben habe und auf die Ausschlussfristen verzichtet habe, habe der Betriebsratsvorsitzende für den Aushang des Geschäftsführers ein Begleitschreiben erstellt, mit dem die Betriebsversammlung abgesagt worden sei und er sich bei den Kolleginnen und Kollegen bedankt habe, die den Betriebsrat bei dieser Aktion unterstützt hätten.

In dem Verfahren 8 BVGa 20/14, bei dem es erneut um die Untersagung von Mehrarbeit ohne Zustimmung des Betriebsrats gegangen sei, habe der Betriebsrat u.a. die Einsetzung des Direktors am Arbeitsgericht a.D. Herrn Thür als Vorsitzenden der ERA- Einigungsstelle gefordert. Dem habe die Arbeitgeberin unter dem Druck der noch immer nicht vom Betriebsrat genehmigten Mehrarbeit im Rahmen des Güterichterverfahrens (12 Gra 29/14) entsprochen.

Seit dem Arbeitszeitkonflikt im Juli 2015 fordere der Betriebsratsvorsitzende zudem, dass in die monatlichen Mehrarbeitsvereinbarungen eine Passage aufgenommen werde, wonach Beschäftigte, die gegen den Willen des Betriebsrats beschäftigt werden und nach § 100 BetrVG als vorläufige personelle Maßnahme arbeiten, nicht die Zustimmung des Betriebsrats auf Mehrarbeit erhielten. Trotz des jahrzehntelangen Verfahrens, auf das die Arbeitgeberin vertraut habe, fordere der Betriebsrat zudem die Vorlage weiterer Informationen, wie die namentliche Benennung der Mitarbeiter, Datum und Uhrzeit der Mehrarbeit, aktuelle Zeitkontenstände und mehr. Dennoch blockiere der Betriebsrat regelmäßig die Arbeitszeitanträge der Arbeitgeberin und habe beim Arbeitsgericht für die Monate November 2015 und Januar 2016 gegen die Arbeitgeberin entsprechende einstweilige Unterlassungsverfügungen erwirkt.

Im Rahmen des Verfahrens 1 BV 290/14, bei dem es um die Einstellung des Bachelor-Studenten D. ging, habe der Prozessbevollmächtigte des Betriebsrats in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass er im Namen des Betriebsratsvorsitzenden folgenden „Deal“ vorschlagen würde: Der Betriebsrat würde der Einstellung von Herrn D. zustimmen, wenn sich die Arbeitgeberin im Gegenzug verpflichte, dem Betriebsrat die Auswahl von fünf neuen Auszubildenden zu überlassen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf vom 21. Februar 2014 (5 TaBVGa) habe der Betriebsratsvorsitzende einen Vergleich abgeschlossen, ohne dass ein vorheriger Beschluss des Betriebsrats vorgelegen habe. Der Betriebsrat blockiere unter dem Vorsitz seines Betriebsratsvorsitzenden auch regelmäßig personelle Maßnahmen gemäß § 99 BetrVG. So sei die Arbeitgeberin gezwungen gewesen, seit dem Amtsantritt des Betriebsrats im April 2010 insgesamt 79 Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht Düsseldorf einzuleiten. Die vom Betriebsratsvorsitzenden gefertigten Widersprüche seien hierzu jeweils nahezu identisch und es fehle in der Regel an einem Bezug zu der konkreten personellen Einzelmaßnahme. Es handele sich um Standardwidersprüche. Dies bestätige mittlerweile auch immer häufiger das Arbeitsgericht Düsseldorf, das die Zustimmung ersetze oder entsprechend dem Hauptantrag ausspreche, dass die Zustimmung mangels ordnungsgemäßem Widerspruch als erteilt gelte. Der Betriebsratsvorsitzende gebe gegenüber der Arbeitgeberin auch Stellungnahmen des Betriebsrats ab, die gar nicht oder zumindest nicht mit diesem Inhalt vom Betriebsrat beschlossen gewesen seien. So habe das Betriebsratsmitglied Herr M. im Februar 2015 im Rahmen des Versetzungsverfahrens des Arbeitnehmers O. erklärt, dass die Formulierung des Widerspruchs so in der Sitzung nicht besprochen worden sei und er sich in Zukunft wohl mal werde genauer ansehen müssen, was da oben raus geschickt werde.

Der Betriebsratsvorsitzende sperre sich auch regelmäßig dagegen, Anliegen der Arbeitgeberin auf die Tagesordnung zu nehmen, an deren Regelung er offensichtlich kein Interesse habe. So seien auf die Entwürfe zu einer Betriebsvereinbarung Crashsensoren, zu einer Betriebsvereinbarung SYMBIOS und zu einer Betriebsvereinbarung Nichtraucherschutz keinerlei Reaktionen erfolgt. Gleiches gelte für die Bestellung von Herrn G. zur Sicherheitsfachkraft.

Der Betriebsratsvorsitzende übe auch mit Blick auf die Liste IGM-Respekt vor den Betriebsratssitzungen einen unzulässigen Fraktionszwang aus. So fänden vor den Betriebsratssitzungen regelmäßig Fraktionssitzungen der Liste IGM-Respekt statt, in denen offenbar für ein einheitliches Meinungsbild gesorgt werde und eine Vorabstimmung erfolge.

Als Sitzungsleiter zweier Betriebsversammlungen habe der Betriebsratsvorsitzende nicht verhindert, dass ein Mitarbeiter des Instituts für betriebliche Gesundheitsförderung bzw. ein Mitarbeiter des Instituts für die betriebliche Gesundheitsförderung sowie ein Vertreter des Auto Clubs Europa anwesend gewesen seien, wodurch die Nichtöffentlichkeit der Betriebsversammlung verletzt worden sei.

Am 30. Oktober 2015 – dem Tag des Eingangs des Antrags der Arbeitgeberin – habe der Prozessbevollmächtigte des Betriebsrats im Rahmen eines weiteren Güterichterverfahrens mitgeteilt, dass der Betriebsrat das Verfahren nicht mehr durchführen wolle und als Grund hierfür offensichtlich auf den von der Arbeitgeberin eingereichten Antrag verwiesen. Auch dies zeige den erheblichen Einfluss des Betriebsratsvorsitzenden im Gremium. Es sei auch davon auszugehen, dass kein Beschluss des Betriebsrats darüber vorliege und der Betriebsratsvorsitzende eigenmächtig Maßnahmen des Betriebsrats beschlossen habe.

Der Betriebsratsvorsitzende habe in dem Verfahren 11 BV 306/15 eigenmächtig, ohne vorherigen Betriebsratsbeschluss entschieden, die Einigungsstelle zum Thema „Vorlage von Unterlagen durch den Wirtschaftsausschuss“ anzurufen, obwohl zu diesem Zeitpunkt die Verhandlungen noch nicht gescheitert waren, wie auch das Arbeitsgericht sodann entschieden habe.

Jüngst habe der Betriebsrat zudem sechs „schlicht überflüssige“ Beschlussverfahren mit dem Ziel der Übernahme von Schulungskosten von Betriebsratsmitgliedern eingereicht, obwohl die Arbeitgeberin die Erforderlichkeit der Schulungen nicht in Abrede gestellt habe, sondern lediglich beim Betriebsrat nachgefragt habe, ob nicht aufgrund der Inhaltsgleichheit der Schulungen, eine Inhouse-Schulung finanziell günstiger wäre und zudem um Vorlage eines „Schulungsplans“ gebeten habe.

Nach Einreichung des Antrags habe sich das Verhalten des Betriebsratsvorsitzenden fortgesetzt. Am 21. Januar 2016 habe die Arbeitgeberin dem Betriebsrat eine Anhörung zu einer geplanten außerordentlichen Kündigung zustellen wollen. Frau L. habe sich zum Betriebsratsbüro begeben, um das Schreiben dem Betriebsratsvorsitzenden persönlich zu übergeben. Nachdem ein direkter Zugang zu dem Betriebsratsvorsitzenden nicht möglich gewesen sei, habe Frau L. die Sekretärin des Betriebsrats gebeten, ihm das Anhörungsschreiben zu übergeben und den Erhalt quittieren zu lassen. Als die Sekretärin zurückkam, war das Schreiben allerdings nicht vom Betriebsratsvorsitzenden sondern von dem Betriebsratsmitglied Herrn G. unterschrieben. Dennoch habe der Betriebsratsvorsitzende im Rahmen der Stellungnahme des Betriebsrats zunächst behauptet, dass die Frist zur Stellungnahme nicht angelaufen sei, da das Schreiben weder ihm noch seinem Stellvertreter übergeben worden sei.

Wegen der weiteren seitens der Arbeitgeberin erhobenen Vorwürfe wird auf den umfangreichen, 147-seitigen schriftsätzlichen Vortrag der Arbeitgeberin aus den Schriftsätzen vom 30. Oktober 2015, vom 25. Februar 2016, vom 29. Februar 2016 sowie vom 8. März 2016 Bezug genommen.

 
Die Arbeitgeberin beantragt,

1.    die Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden I. zu ersetzen;

2.    hilfsweise, den Betriebsratsvorsitzenden Herrn I. aus dem Betriebsrat der Arbeitgeberin auszuschließen.

Der Betriebsrat und der Betriebsratsvorsitzende beantragen,

die Anträge zurückzuweisen.   

Der Betriebsrat ist der Auffassung, dass bereits die Zwei-Wochen-Frist des
§ 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten sei, da die Arbeitgeberin von dem behaupteten unentschuldigten Fernbleiben des Betriebsratsvorsitzenden bereits am
15. Oktober 2015 Kenntnis gehabt habe. Es gebe bereits keine „Anordnung“, nach der die freigestellten Betriebsratsmitglieder Urlaub und sonstige Freistellungen beim Personalleiter zu beantragen hätten. Im Schreiben vom 13. August 2015 habe der Personalleiter lediglich eine „Bitte“ geäußert. Herr S. habe als Mitglied der Geschäftsleitung die Freistellung des Betriebsratsvorsitzenden genehmigt. Der Betriebsratsvorsitzende habe darüber hinaus tatsächlich am
15. und 16. Oktober 2015 in den Pausen und nach Seminarende tatsächlich Betriebsratstätigkeit ausgeübt. Zudem könne sich der Betriebsratsvorsitzende seine Tätigkeit nach pflichtgemäßem Ermessen so einteilen, wie es seiner Ansicht nach zur Durchführung seiner Aufgaben am besten erscheine. Die seitens der Arbeitgeberin zitierte Anlage zu der Betriebsvereinbarung vom 1. Oktober 1995 sei nicht unterschrieben. Die beabsichtigte Kündigung sei jedenfalls deshalb unwirksam, weil der Betriebsratsvorsitzende aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zunächst hätte abgemahnt werden müssen.

Dem Ausschließungsantrag hält der Betriebsratsvorsitzende folgendes entgegen: Die Arbeitgeberin differenziere bei ihren Ausführungen bereits nicht zwischen dem Betriebsratsvorsitzenden und dem Betriebsrat. Eine Vielzahl der aufgestellten Behauptungen bezöge sich bereits nach den eigenen Ausführungen der Arbeitgeberin lediglich auf den Betriebsrat. Sie versuche den Eindruck zu erwecken, dass der Betriebsratsvorsitzende alleine für das Handeln des Betriebsrats verantwortlich sei. Der Betriebsratsvorsitzende habe aber lediglich im Rahmen der Beschlüsse des Betriebsrats nach § 26 Abs. 2 BetrVG gehandelt. So lägen den Vertagungen des Tagungsordnungspunktes „Mehrarbeit Juli 2015“ jeweils Mehrheitsbeschlüsse des Betriebsrats zu Grunde. Der Betriebsratsvorsitzende habe auch nicht den 1. Bevollmächtigten der IG Metall Velbert, Herrn Dattaro, vor dem Gespräch mit der Verbandsvertreterin Frau N. am 30. Juni 2015 „instruiert“. Das Begleitschreiben zum Aushang des Geschäftsführers vom 8. Juli 2015 habe der Betriebsratsvorsitzende nicht erstellt. Auch sei es nicht die Forderung des Betriebsratsvorsitzenden persönlich gewesen, Herrn Thür als Vorsitzenden der ERA- Einigungsstelle einzusetzen. Der Betriebsratsvorsitzende habe sich gegenüber Herrn T. auch nicht dahingehend geäußert, dass er Anträge auf Mehrarbeit nicht einmal auf die Tagesordnung einer Betriebsratssitzung nehme, wenn der Antrag die gewünschte Passage, dass gemäß § 100 BetrVG vorläufig beschäftigte Arbeitnehmer von dem Antrag ausgenommen würden, nicht enthalte.

Auch das Verhalten des Betriebsratsvorsitzenden im Rahmen der Einstellung des Arbeitnehmers D. sei durch den Betriebsratsbeschluss vom 29. Oktober 2014 gedeckt gewesen. Soweit der Prozessbevollmächtigte in dem gerichtlichen Verfahren einen „Deal“ vorgeschlagen habe, sei dieser Deal nicht im Namen des Betriebsratsvorsitzenden sondern im Namen des Betriebsrats erfolgt. Auch die jeweiligen Widersprüche im Rahmen der Verfahren nach §§ 99, 100 BetrVG fußten jeweils auf einem entsprechenden Betriebsratsbeschluss. Ausweislich dieser Beschlüsse, werde der Betriebsratsvorsitzende ermächtigt, den Widerspruch mit den in der Sitzung besprochenen Gründen zu formulieren.

Soweit die Arbeitgeberin auf die Verhandlungen zu einer Betriebsvereinbarung Crashsensoren hinweise, habe die Arbeitgeberin diesen Antrag mittlerweile zurückgezogen. Den Entwurf zur Betriebsvereinbarung SYMBIOS habe der Betriebsrat zur Ausarbeitung einem Ausschuss übertragen. Hinsichtlich der Bestellung des Herrn G. zur Sicherheitsfachkraft stehe noch eine Antwort der Arbeitgeberin auf die E-Mail des Betriebsratsvorsitzenden vom 1. April 2015 aus, die bisher unbeantwortet geblieben sei. Der Entwurf der Betriebsvereinbarung Nichtraucherschutz werde ebenfalls von einzelnen Mitgliedern des Betriebsrats bearbeitet. Der Ausschuss sei nahezu fertig mit der Erarbeitung eines Entwurfs. Ein Fraktionszwang der Liste IGM Respekt existiere im Betriebsratsgremium nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze sowie auf den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.


II.

Die Anträge sind unbegründet.

1.    Die Zustimmung des Betriebsrats zur beabsichtigten fristlosen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden durch die Antragstellerin war nicht durch das Gericht zu ersetzen.

a)    Nach § 103 Abs. 1 BetrVG bedarf die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrats der Zustimmung des Betriebsrats. Gemäß § 103 Abs. 2 Satz 1 BetrVG iVm. § 15 KSchG ist die verweigerte Zustimmung zu ersetzen, wenn die beabsichtigte außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. Dies setzt einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB voraus. Es müssen Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der fiktiven Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. BAG 13. Mai 2015 – 2 ABR 38/14 – Rn. 18; BAG 27. September 2012 – 2 AZR 955/11 – Rn. 39 mwN). Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar war oder nicht (BAG 13. Mai 2015 – 2 ABR 38/14 – Rn. 18; BAG 18. Dezember 2014 – 2 AZR 265/14 – Rn. 14). Stützt der Arbeitgeber den wichtigen Grund bei einem Betriebsratsmitglied auf dessen Verhalten, muss dieses sich als Verletzung von Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis darstellen (BAG 13. Mai 2015 – 2 ABR 38/14 – Rn. 18; BAG 27. September 2012 – 2 AZR 955/11 – Rn. 34). Der Antrag nach § 103 BetrVG muss ferner innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB bei Gericht eingehen.

b)    In Anwendung dieser Grundsätze sind die Voraussetzungen des § 626 BGB nicht erfüllt. Zwar hat die Arbeitgeberin die Zwei-Wochen-Frist des §§ 626 Abs. 2 BGB eingehalten. Auch liegt eine Pflichtverletzung des Betriebsratsvorsitzenden vor. Die beabsichtigte Kündigung würde sich indes unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile als unverhältnismäßig erweisen.

aa)    Die Arbeitgeberin hat die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt. Fehlt der Arbeitnehmer unentschuldigt, so beginnt die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB für eine hierauf gestützte außerordentliche Kündigung nach der gefestigten und ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts frühestens mit dem Ende der unentschuldigten Fehlzeit (BAG 22. Januar 1998 – 2 ABR 19/97NZA 1998, 708 mwN). Die Fehlzeit des Betriebsratsvorsitzenden endete am 16. Oktober 2015. Der Antrag ging am 30. Oktober 2015 bei Gericht ein, so dass die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt ist.

bb)    Entgegen der Rechtsauffassung des Betriebsrats und seines Vorsitzenden hat der Betriebsratsvorsitzende durch die eigenmächtige Beurlaubung am 15. und 16. Oktober 2015 auch seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt.

(1)    Tritt der Arbeitnehmer eigenmächtig einen vom Arbeitgeber nicht genehmigten Urlaub an, so verletzt er damit seine arbeitsvertraglichen Pflichten und ein solches Verhalten ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darzustellen. Der Arbeitnehmer, der sich selbst beurlaubt, verletzt nicht eine bloße Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis, er verletzt vielmehr die Hauptpflicht zur Arbeitsleistung, von der er mangels einer Urlaubsbewilligung durch den Arbeitgeber nicht wirksam entbunden ist. Die Urlaubsgewährung erfolgt nach § 7 BUrlG durch den Arbeitgeber. Lehnt dieser die Urlaubserteilung ohne ausreichende Gründe ab oder nimmt in zumutbarer Zeit zu dem Urlaubsantrag keine Stellung, so kann der Arbeitnehmer durch eine Leistungsklage oder ggf. einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung seine Ansprüche durchsetzen. Ein Recht des Arbeitnehmers, sich selbst zu beurlauben, ist angesichts des umfassenden Systems gerichtlichen Rechtsschutzes grundsätzlich abzulehnen (vgl. BAG 16. März 2000 – 2 AZR 75/99NZA 2000, 1332; BAG 22. Januar 1998 – 2 ABR 19/97NZA 1998, 708; BAG 20. Januar 1994 – 2 AZR 521/93). Auch wenn der Arbeitgeber dem Urlaubsverlangen des Arbeitnehmers hätte nachkommen müssen, wird dadurch der eigenmächtige Urlaubsantritt durch den Arbeitnehmer nicht zu einer verzeihlichen Verletzung einer Nebenpflicht. Es stellt im Gegenteil regelmäßig sogar eine beharrliche Arbeitsverweigerung dar, wenn der Arbeitnehmer trotz der Ablehnung seines Urlaubsantrags sich einfach selbst beurlaubt und damit beharrlich seiner Arbeitspflicht nicht nachkommt (BAG 22. Januar 1998 – 2 ABR 19/97NZA 1998, 708). Für eine eigenmächtige unbezahlte Freistellung gilt im Ergebnis nichts anderes als für eine eigenmächtige Selbstbeurlaubung.

(2)    In Anwendung dieser Grundsätze liegt eine eigenmächtige Selbstbeurlaubung des Betriebsratsvorsitzenden vor.

(a)    Auch ein freigestelltes Betriebsratsmitglied ist nicht berechtigt, sich seine Arbeitszeiten frei einzuteilen, sondern ist an die im Betrieb üblichen Arbeitszeiten gebunden. Etwas anderes folgt auch nicht aus den seitens des Betriebsrats zitierten Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf bzw. des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz. So stellt das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 26. Mai 1993 (18 Sa 303/93) bereits in seinem Leitsatz ausdrücklich klar, dass freigestellte Betriebsratsmitglieder grundsätzlich die betriebsübliche Arbeitszeit einzuhalten hätten. Im konkreten Fall bestand indes die Besonderheit, dass auf das Arbeitsverhältnis des Betriebsratsmitglieds eine Betriebsvereinbarung über Gleitzeit Anwendung fand. Auch das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz stellt in den Entscheidungsgründen klar, dass ein freigestelltes Betriebsratsmitglied die Verpflichtung hat, sich während seiner arbeitsvertraglichen Arbeitszeit im Betrieb am Sitz des Betriebsrats, dem er angehört, anwesend zu sein und sich dort für anfallende Betriebsratsarbeit bereit zu halten (LAG Rheinland-Pfalz 8. November 2007 – 9 TaBV 37/07; im Ergebnis ebenso BAG 13. Juni 2007 – 7 ABR 62/06). Zwar führt das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz aus, dass in Betrieben, in denen Wechselschicht erfolgt, ein Betriebsratsmitglied nicht nur berechtigt, sondern zur sachgerechten Wahrnehmung seiner Aufgaben im Einzelfall sogar verpflichtet sein kann, sich nicht nur zu den Zeiten im Betrieb aufzuhalten, in denen die Verwaltung oder die Tagschicht arbeitet, sondern bei Vorliegen betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben sich z. B. auch während der Nachtschicht im Betrieb aufzuhalten. Hieraus kann indes nicht der Schluss gezogen werden, dass ein Betriebsratsmitglied berechtigt ist, komplette zwei Tage dem Betrieb fernzubleiben. Auch die Berufung des Betriebsrats auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 30. Januar 2014 (15 TaBV 100/13) verfängt nicht. Im dortigen Fall betrug die wöchentliche Arbeitszeit des Betriebsratsmitglieds 31 Stunden, wobei er jedoch wöchentlich jeweils 7,5 Stunden über seine individuelle Arbeitszeit hinausgehend arbeitete und aufgrund der im Betrieb bestehenden Arbeitszeitregelung diese Zeiten jeweils innerhalb von vier Wochen ausgeglichen werden sollen.

(b)    Der Betriebsratsvorsitzende hat die betriebsübliche Arbeitszeit bei der Arbeitgeberin nicht eingehalten. Selbst wenn man zu Gunsten des Betriebsratsvorsitzenden unterstellt, dass die Betriebsvereinbarung vom 1. Oktober 1995 nicht unterzeichnet ist und damit keine Wirksamkeit entfaltet, wäre der Betriebsratsvorsitzende jedenfalls verpflichtet gewesen, die tarifvertragliche Arbeitszeit einzuhalten. Nach § 3 Ziffer 1 EMTV beträgt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 35 Stunden. Sie kann nach § 4 Ziffer 1 EMTV auf 5 Werktage von Montag bis Freitag verteilt werden. Der Betriebsratsvorsitzende war in der Woche vom 12. Oktober 2015 bis zum 16. Oktober 2015 ausweislich der Arbeitszeiterfassung indes nur 21 Stunden im Betrieb anwesend, ohne dass ersichtlich ist, dass eine Abwesenheit aus Gründen seiner Betriebsratstätigkeit erforderlich gewesen wäre. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Betriebsratsvorsitzende möglicherweise in anderen Wochen des Monats Oktober entsprechende Mehrarbeit geleistet hat, da der EMTV eine wöchentliche Arbeitszeit und keine monatliche Arbeitszeit vorsieht. Zwar kann die Arbeitszeit gemäß § 4 Ziffer 1 EMTV auch ungleichmäßig auf mehrere Wochen verteilt werden. Dies kann indes nur mit Zustimmung des Betriebsrats durch eine Betriebsvereinbarung erfolgen. Eine solche existiert im Betrieb der Arbeitgeberin nicht.

(c)    Die begehrte Freistellung wurde seitens der Arbeitgeberin auch nicht wirksam bewilligt, so dass es sich um eine eigenmächtige Freistellung durch den Betriebsratsvorsitzenden handelte. Der Betriebsratsvorsitzende ist im Hinblick auf seinen Schriftverkehr mit dem Personalleiter der Arbeitgeberin Herrn N., in dessen Rahmen er sich mehrfach geweigert hat anzuerkennen, dass er seine Urlaubs- und Freistellungswünsche beim Personalleiter zu beantragen habe, darauf hinzuweisen, dass es der unternehmerischen Organisationsfreiheit des Arbeitgebers obliegt festzulegen, welche Personen für die Bewilligung von Urlaub und Freistellungen für welche konkreten Arbeitnehmergruppen zuständig sind. Insoweit teilte der zuständige Personalleiter den freigestellten Betriebsratsmitgliedern per E-Mail vom 13. August 2015 mit, dass Freistellungen zukünftig bei ihm zu beantragen seien. Dies war somit dem Betriebsratsvorsitzenden bekannt. Soweit der Betriebsrat einwendet, dass es sich hierbei nicht um eine Anweisung handele, da in dem Schreiben lediglich von einer „Bitte“ die Rede gewesen sei, verfängt dieser Einwand nicht. Für die Kammer bestand keinerlei Zweifel, dass dieses Schreiben aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers als Anweisung zu verstehen ist. Dass der Personalleiter die Formulierung „ darf ich sie bitten“ benutzt hat, ist lediglich als Akt der Höflichkeit anzusehen, ohne dass damit die Verbindlichkeit der Anweisung in irgendeiner Form infrage gestellt wird. Zudem hat der Personalleiter N. seine Anweisung nochmals in der E-Mail vom 1. Oktober 2015 wiederholt. Unstreitig hat der Personalleiter N. die Freistellung für den 15. und 16. Oktober nicht bewilligt. Ob der frühere Fachvorgesetzte des Betriebsratsvorsitzenden Herr S. die Freistellung genehmigt hat, ist für die Frage des Vorliegens einer Pflichtverletzung unerheblich, da Herr S. für die Bewilligung von Urlaub und Freistellungen des Betriebsratsvorsitzenden nicht mehr zuständig war, wie dem Betriebsratsvorsitzenden auch bekannt war.

cc)    Nach Abwägung der wechselseitigen Interessen würde sich der Ausspruch einer fristlosen Kündigung indes – insbesondere aufgrund des Fehlens einer erforderlichen vorherigen Abmahnung – als unverhältnismäßig erweisen.

(1)    Ob in den Fällen einer eigenmächtigen Selbstbeurlaubung vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung eine Abmahnung erforderlich ist, wird regelmäßig auch von dem konkreten Inhalt der Unterredung zwischen den Arbeitsvertragsparteien vor dem eigenmächtigen Urlaubsantritt abhängen. Hat der Arbeitgeber auf konkrete betriebliche Gründe hingewiesen, die einer Urlaubsgewährung entgegenstehen und dem Arbeitnehmer nachdrücklich klargemacht, im Fall eines unberechtigten Urlaubsantritts werde er arbeitsrechtliche Konsequenzen ergreifen, so muss dem Arbeitnehmer klar sein, dass er seinen Arbeitsplatz aufs Spiel setzt, wenn er trotzdem zu dem rechtswidrigen Mittel der Selbstbeurlaubung greift. Nimmt andererseits der Arbeitgeber die Ankündigung des Arbeitnehmers, er werde trotz Ablehnung des Urlaubsantrags in Urlaub gehen, einfach kommentarlos hin, so wird je nach den Umständen der Arbeitnehmer nicht damit rechnen müssen, dass der Arbeitgeber bereit ist, ohne weitere Abmahnung sofort zum äußersten Mittel der fristlosen Kündigung zu greifen.

(2)    Nach Abwägung der wechselseitigen Interessen überwiegt nach Auffassung der Kammer das Bestandsschutzinteresse des Betriebsratsvorsitzenden (noch) das Beendigungsinteresse der Arbeitgeberin. Zu Gunsten des Betriebsratsvorsitzenden ist zu berücksichtigen, dass dieser bereits seit 15 Jahren bei der Arbeitgeberin tätig ist, ohne dass er einschlägige Abmahnungen erhalten hätte. Ferner war zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass er neben seiner Ehefrau drei Kindern gegenüber unterhaltspflichtig ist. Hinzu kommt, dass für die Verweigerung der Freistellung keine dringenden betrieblichen Gründe vorlagen. Soweit die Arbeitgeberin darauf hinweist, dass eine Löschungsbewilligung für das vom N. getilgte Darlehen vorzunehmen sei, hat der Betriebsratsvorsitzende unbestritten darauf hingewiesen, dass der Personalleiter der Arbeitgeberin über den Vorgang bereits seit Januar 2015 informiert war, so dass nicht ersichtlich ist, warum dieser Vorgang zwingend am 15. bzw. 16. Oktober hätte erledigt werden müssen. Hinsichtlich des noch nicht erstellten Protokolls zur Wirtschaftsausschusssitzung vom 21. September 2015 hat der Betriebsratsvorsitzende den Personalleiter darauf hingewiesen, dass das Protokoll erst bei der nächsten Wirtschaftsausschusssitzung am 19. Oktober 2015 beschlossen und unterschrieben werden könne und das Protokoll zudem nicht an seine Person gebunden sei. Auch die in der E-Mail vom 12. Oktober 2015 (11:44 Uhr) benannten Themen wie ERA, BV Nichtraucherschutz und Bestellung von Herrn G. als weitere Sicherheitsfachkraft sind seit Monaten zwischen Arbeitgeberin und Betriebsrat behandelte Themen, bei denen nicht erkennbar ist, dass und wieso diese gerade am 15. bzw. am 16. Oktober vom Betriebsratsvorsitzenden behandelt werden müssten. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei Pflichtverletzungen, die zugleich mit der Betriebsratstätigkeit zusammenhängen zum Schutze des Betriebsratsmitglieds und seiner Amtsführung an die Berechtigung der fristlosen Entlassung ein „strengerer Maßstab“ anzulegen ist als bei einem Arbeitnehmer, der dem Betriebsrat nicht angehört (BAG  16. Oktober 1986 – 2 ABR 71/85 – Die B 1987, 1304; BAG 20. Dezember 1961 – 1 AZR 404/61BAGE 12, 141). Auch wenn die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung der IG Metall – soweit die Arbeitgeberin behauptet, dass der Betriebsratsvorsitzende dort nicht als Teilnehmer, sondern als Referent tätig geworden sei, ist sie für diese Behauptung beweisfällig geblieben – nicht unmittelbar mit seiner Betriebsratstätigkeit zusammenhängt, tut sie dies doch mittelbar. Denn dass ein Nicht-Betriebsratsmitglied an einer gewerkschaftlichen Schulungsmaßnahme teilnehmen will, dürfte weitaus unwahrscheinlicher sein, als dies bei einem Betriebsratsmitglied der Fall ist.

Entscheidend für den Betriebsratsvorsitzenden sprach aus Sicht der Kammer schließlich, dass der Personalleiter der Arbeitgeberin in einer E-Mail an den Betriebsratsvorsitzenden vom 1. Oktober 2015 monierte, dass der Betriebsratsvorsitzende im Zeitraum vom 7. September 2015 bis 11. September 2015 eigenmächtig FMA-Stunden einsetzen ließ und vom 14.-18. September 2015 unbezahlten Urlaub genommen habe. Das Schreiben endet mit dem Hinweis, dass die Arbeitgeberin letztmalig davon absehen werde, die beiden Zeiträume als unentschuldigtes Fehlen zu werten und nicht zu vergüten. Wenn somit die Arbeitgeberin ein aus ihrer Sicht unentschuldigtes Fehlen des Betriebsratsvorsitzenden am 1. Oktober 2015 noch nicht einmal mit einer Abmahnung sanktioniert, konnte der Betriebsratsvorsitzende nicht damit rechnen, dass im Wiederholungsfall die Arbeitgeberin unmittelbar zum schärfsten Schwert der fristlosen Kündigung greift. Für den Betriebsratsvorsitzenden war gerade nicht ohne weiteres erkennbar, dass es sich aus Sicht der Arbeitgeberin um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, bei der die Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist. Eine Abmahnung war aus diesem Grunde gerade nicht entbehrlich. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass es in der Vergangenheit eine langjährig gelebte Praxis war, dass die freigestellten Betriebsratsmitglieder ihre Urlaube und Freistellungen nur wechselseitig abstimmten. Die Arbeitgeberin räumt selbst ein, insoweit in der Vergangenheit kein Problembewusstsein gehabt zu haben. Soweit die Arbeitgeberin sich darauf beruft, dass sie den Betriebsratsvorsitzenden mit E-Mail vom 14. Oktober, 15:46 Uhr nochmals eindringlich davor gewarnt habe, die unbezahlte Freistellung ohne ausdrückliche Genehmigung anzutreten und sie darauf hingewiesen habe, dass dies Konsequenzen werden habe, hat der Betriebsratsvorsitzende diese E-Mail unstreitig nicht mehr gelesen, da er sich zu diesem Zeitpunkt bereits ausgestempelt und seine Arbeitszeit beendet hatte.

2.    Auch der zulässige Hilfsantrag auf Ausschluss des Betriebsratsvorsitzenden aus dem Betriebsrat ist unbegründet.

a)    Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 BetrVG kann ein Betriebsratsmitglied auf den Antrag des Arbeitgebers aus dem Betriebsrat ausgeschlossen werden, wenn es seine gesetzlichen Pflichten grob verletzt. Mit den gesetzlichen Pflichten sind die Amtspflichten des Betriebsratsmitglieds gemeint, d. h. diejenigen Pflichten, die sich aus dem Betriebsverfassungsrecht ergeben, denn es steht insoweit das Amt des Betriebsrates in Rede (BAG 5. September 1967 – 1 ABR 1/67 – Rn. 33,45, AP BetrVG § 23 Nr. 8; LAG Düsseldorf 23. Januar 2015 – 6 TaBV 48/14 – Rn. 50). Die Pflichtverletzung muss „grob“, nämlich objektiv erheblich und offensichtlich schwerwiegend sein (vgl. BAG 22. Juni 1993 – 1 ABR 62/92 -, AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 22; BAG 21. Februar 1978 – 1 ABR 54/76 – Rn. 85, BB 1978, 1116; LAG Düsseldorf 23. Januar 2015 – 6 TaBV 48/14 – Rn. 50). Dies kann nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der betrieblichen Gegebenheiten und des Anlasses der Pflichtverletzung beurteilt werden. Die weitere Amtsausübung muss untragbar sein (BAG 22. Juni 1993 – 1 ABR 62/92 -, AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 22; LAG Düsseldorf 23. Januar 2015 – 6 TaBV 48/14 – Rn. 50; LAG Berlin-Brandenburg 12. November 2012 – 17 TaBV 1318/12 – Rn. 26, NZA-RR 2013, 293).

b)    Hiernach vermochte die Arbeitgeberin die notwendige grobe Pflichtverletzung des Betriebsratsvorsitzenden nicht darzulegen. Das Vorbringen der Arbeitgeberin scheitert in weiten Teilen bereits daran, dass sie nicht nachzuweisen vermochte, dass der Betriebsratsvorsitzende mit seinen Handlungsweisen und Äußerungen nicht nur gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 BetrVG den Betriebsrat im Rahmen der von ihm mehrheitlich gefassten Beschlüsse vertreten hat. Hinsichtlich der folgenden Vorwürfe sieht sich die Kammer zu einer ausführlicheren Begründung veranlasst:

aa)    Die Amtspflichtverletzung im Rahmen des § 23 Abs. 1 BetrVG muss sich aus der aktuellen Amtsperiode ergeben. Soweit sich die Arbeitgeberin daher auf mögliche Pflichtverletzungen aus einer früheren Wahlperiode beruft, sind diese bereits nicht geeignet, einen Ausschluss des Betriebsratsvorsitzenden aus dem Betriebsrat zu rechtfertigen (vgl. BAG 29. April 1969 – 1 ABR 19/68 – AP BetrVG § 23 Nr. 9; LAG München 28. April 2014 – 2 TaBV 44/13 – LAGE BetrVG 2001 § 103 Nr. 17).

bb)    Soweit sich die Arbeitgeberin darauf beruft, dass der Betriebsrat die Zustimmung zur Mehrarbeit oder die Zustimmung zu sonstigen Anträgen von Forderungen abhängig mache, bei denen ihm kein Mitbestimmungsrecht zustehe, kann dahinstehen, ob insoweit eine grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 23 Abs. 1 BetrVG vorliegt. Zwar hat auch die Kammer jedenfalls erhebliche Zweifel daran, dass es zulässig war, die Zustimmung zur Mehrarbeit im Monat Juli 2015 von einem Verzicht der Arbeitgeberin auf die Geltendmachung tariflicher Ausschlussfristen abhängig zu machen und in diesem Zusammenhang den Tagesordnungspunkt vier mal (!) auf die nächste Betriebsratssitzung zu vertagen. Die Arbeitgeberin bleibt indes einen Nachweis dafür schuldig, dass hierfür der Betriebsratsvorsitzende persönlich verantwortlich war.

(1)    Wie sich den Protokollen der Betriebsratssitzungen vom 24. Juni 2015, vom 25. Juni 2015, vom 1. Juli 2015 und vom 8. Juli 2015 entnehmen lässt, ist die Vertagung des Tagesordnungspunktes „Mehrarbeit Juli 2015“ auf die jeweils nächste Betriebsratssitzung immer von einem Mehrheitsbeschluss des Betriebsrats gedeckt. Die Arbeitgeberin vermochte auch nicht zu widerlegen, dass der Betriebsratsvorsitzende in dem Gespräch am 24. Juni 2015 zwischen dem Personalleiter Herrn N., dem Leiter Bearbeitung Herrn C. sowie der Juristin Frau L. im Büro des Betriebsrates lediglich die Auffassung des Betriebsrats widergab, wie sie zuvor im Gremium diskutiert worden war. Ebenso wenig hat die Arbeitgeberin substantiierten Tatsachenvortrag gehalten, aus dem sich schließen ließe, dass der Betriebsratsvorsitzende den 1. Bevollmächtigten der IG Metall Velbert, Herrn Dattaro, vor dessen Gespräch mit der Verbandsvertreterin Frau N. am 30. Juni 2015 entsprechend „instruiert“ habe. Hierfür mag eine gewisse Wahrscheinlichkeit sprechen, letztlich beschränkt sich das Vorbringen der Arbeitgeberin indes auf Vermutungen.

(2)    Auf die Frage, ob der Betriebsratsvorsitzende oder ein anderes Betriebsratsmitglied das Begleitschreiben zum Aushang des Geschäftsführers vom 8. Juli 2015 textlich erstellt hat, kommt es nicht an. Entscheidend ist, ob der Inhalt die persönliche Auffassung des Betriebsratsvorsitzenden widerspiegelt, was die Beklagte nicht darzulegen vermochte, oder die Auffassung des Gremiums. Für letzteres spricht, dass das Schreiben mit den Grußworten „Dein Betriebsrat“ endet.

(2)    Soweit die Arbeitgeberin bestreitet, dass die Einladung zu der zusätzlichen Betriebsversammlung am 9. Juli 2015 zum Thema Ausschlussfristen nicht durch einen Betriebsratsbeschluss gedeckt gewesen sei, hat der Betriebsratsvorsitzende das Protokoll der Betriebsratssitzung vom 25. April 2014 zu den Akten gereicht, wonach dem Betriebsratsvorsitzenden die Festlegung der Termine für die Betriebsversammlungen übertragen wurde. Soweit die Arbeitgeberin der Auffassung ist, dass mit dieser Delegation lediglich die konkrete Terminfestlegung verbunden sei, nicht hingegen die Befugnis, auch über das „ob“ der Durchführung einer Betriebsversammlung alleine zu entscheiden, kann die Richtigkeit dieser Rechtsauffassung dahinstehen. Sollte der Betriebsratsvorsitzende insoweit eine falsche rechtliche Bewertung vorgenommen haben, liegt hierin nach Auffassung der Kammer keine grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 23 Abs. 1 BetrVG.

(3)    Was die Forderung des Betriebsrats auf Einsetzung des Direktors am Arbeitsgericht a.D. Thür zum Vorsitzenden der ERA-Einigungsstelle, den Verzicht auf die Einführung von Arbeitszeitkonten sowie den Verzicht auf den Einsatz von Schüler- und Studentenaushilfen betrifft, vermochte die Arbeitgeberin ebenfalls nicht darzulegen, dass es sich hierbei um eine persönliche Forderung des Betriebsratsvorsitzenden handelte, die nicht vom Willen des Betriebsratsgremiums gedeckt war. Gleiches gilt mit Blick auf den im Güterichterverfahren 12 Gra 29/14 zustande gekommenen Vergleich, wonach die Zustimmung zur Mehrarbeit bis auf weiteres erteilt wird und der Direktor am Arbeitsgericht a.D. Thür zum Vorsitzenden der ERA-Einigungsstelle bestimmt wurde.

(4)    Soweit der Betriebsrat verlangt hat, bei Anträgen auf Mehrarbeit die nach § 100 BetrVG vorläufig beschäftigten Arbeitnehmer von den Anträgen auszunehmen, liegt – ungeachtet der persönlichen Verantwortlichkeit des Betriebsratsvorsitzenden – bereits kein unzulässiges Kopplungsgeschäft vor. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Betriebsrat bei Arbeitnehmern, deren Einstellung er nicht zugestimmt hat und die nur aufgrund der besonderen Regelung des § 100 BetrVG vorläufig beschäftigt werden können, nicht bereit ist, diese Arbeitnehmer auch noch Mehrarbeit leisten zu lassen.

(5)    Zwar erscheint es nach Auffassung der Kammer rechtlich bedenklich, die Zustimmung des Arbeitnehmers D. davon abhängig zu machen, dass dem Betriebsrat die Auswahl von fünf neuen Auszubildenden ab dem Ausbildungsjahr 2015/2016 überlassen werde. Auch hier fehlt es indes wieder an überprüfbarem Tatsachenvortrag der Arbeitgeberin, dass diese Forderung vom Betriebsratsvorsitzenden persönlich gestellt wurde und nicht vom Betriebsrat als Gremium.

cc)    Die zahlreichen beim Arbeitsgericht Düsseldorf geführten Verfahren nach §§ 99, 100 BetrVG begründen ebenfalls keine grobe Pflichtverletzung des Betriebsratsvorsitzenden. Zwar ist gerichtsbekannt, dass der Betriebsrat nahezu jedem personellen Antrag der Arbeitgeberin nach § 99 BetrVG mit einer gleich lautenden Standardformulierung widerspricht, so dass die Arbeitgeberin gezwungen ist, jeweils ein Verfahren nach §§ 99, 100 BetrVG beim Arbeitsgericht einzuleiten. Auch hier liegen allerdings keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Widersprüche nicht von einem Beschluss des Betriebsratsgremiums gedeckt sind und der Betriebsratsvorsitzende somit nur gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 BetrVG die Beschlüsse des Gremiums ausführt. Sofern der vom Betriebsratsvorsitzenden – nach entsprechender Ermächtigung durch das Betriebsratsgremium – ausformulierte Widerspruch in einem Einzelfall (Arbeitnehmer Holger O.) von dem im Gremium besprochenen Widerspruchsgründen abgewichen sein sollte, liegt auch hierin jedenfalls keine „grobe“ Pflichtverletzung. Es ist bereits nicht klar, ob der Betriebsratsvorsitzende – den Sachvortrag der Arbeitgeberin als richtig unterstellt –vorsätzlich von den im Gremium besprochenen Widerspruchsgründen abgewichen ist oder im Hinblick auf die enorme Anzahl von Widersprüchen nicht lediglich ein Flüchtigkeitsfehler vorlag. Letztlich dokumentiert auch die seitens des Arbeitgeberin zitierte Äußerung des Betriebsratsmitglieds Lahm im Hinblick auf die ausnahmslose Widerspruchshaltung des Betriebsrats, dass man hier nur auf Herrn H. warte, dass die Widersprüche von einer Mehrheitsentscheidung im Betriebsratsgremium gedeckt sind.

dd)    Die Behauptung, dass der Betriebsratsvorsitzende einen Antrag auf Mehrarbeit, der die Herausnahme von nach § 100 BetrVG vorläufig beschäftigten Arbeitnehmern nicht vorsieht, noch nicht einmal auf die Tagesordnung nehme, ist unsubstantiiert. Die Arbeitgeberin nennt keinen konkreten Fall, in dem der Betriebsratsvorsitzende einen derartigen Antrag nicht auf die Tagesordnung genommen hätte.

ee)    Soweit die Arbeitgeberin behauptet, dass sich der Betriebsratsvorsitzende regelmäßig dagegen sperre, Anliegen der Arbeitgeberin auf die Tagesordnung zu nehmen, an deren Regelung er offensichtlich kein Interesse habe, und sich in diesem Zusammenhang insbesondere auf den Abschluss der Betriebsvereinbarung SYMBIOS, den Abschluss einer Betriebsvereinbarung Crashsensoren, auf die Bestellung von Herrn G. als weitere Sicherheitsfachkraft sowie auf den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zum Nichtraucherschutz beruft, verhilft auch dies dem Antrag nicht zum Erfolg. Der Betriebsratsvorsitzende hat mit Schriftsatz vom 12. Februar 2016 vorgetragen, dass die Arbeitgeberin den Antrag auf Abschluss einer Betriebsvereinbarung Crashsensoren zurückgezogen habe, der Betriebsrat die Betriebsvereinbarung SYMBIOS zur Ausarbeitung einem Ausschuss übertragen habe, die noch nicht abgeschlossen sei, hinsichtlich der Bestellung von Herrn G. als Sicherheitsfachkraft noch eine Antwort der Arbeitgeberin auf die E-Mail des Betriebsratsvorsitzenden vom 1. April 2015 ausstehen, die bisher unbeantwortet geblieben sei, und der Betriebsrat die Behandlung der Betriebsvereinbarung Nichtraucherschutz einzelnen Mitgliedern übertragen habe, wobei noch am 6. Oktober 2015 eine ganztägige Sitzung stattgefunden habe und der Ausschuss nahezu fertig mit der Erarbeitung des Entwurfes sei. Diesem Vorbringen ist die Arbeitgeberin nicht mehr entgegengetreten. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass der Arbeitgeber in allen diesen Fällen die Möglichkeit hat, die Einigungsstelle anzurufen, falls er der Auffassung ist, dass der Betriebsrat die Verhandlungen verzögere und die Verhandlungen gescheitert sind.

ff)    Was den Vorwurf eines vom Betriebsratsvorsitzenden ausgeübten Fraktionszwangs innerhalb des Betriebsrats betrifft, ist die Arbeitgeberin für ihre Behauptungen – sie selbst spricht nur von einer Vermutung – beweisfällig geblieben. Das Beweisangebot der Herren Thewes, G. und Fels liefe insoweit auf einen reinen Ausforschungsbeweis hinaus.

gg)    Soweit dem Betriebsratsvorsitzenden vorgeworfen wird, dass er zwei Betriebsversammlungen durchgeführt habe, bei denen nicht betriebsangehörige Gäste teilgenommen hätten, sieht die Kammer hierin keine grobe Pflichtverletzung, die zum Ausschluss aus dem Betriebsrat führen würde, insbesondere auch aufgrund der Tatsache, dass nach dem nicht bestrittenen Vorbringen des Betriebsratsvorsitzenden auch ein Vertreter der AOK teilgenommen hat, der auf ausdrücklichen Wunsch der Arbeitgeberin eingeladen worden sei.

hh)    Die behauptete Blockadehaltung des Betriebsrats in Bezug auf den Abschluss einer Betriebsvereinbarung hinsichtlich der Arbeitszeiten für November 2015 und Januar 2015 vermag bereits deshalb keine grobe Pflichtverletzung darzustellen, da das Arbeitsgericht Düsseldorf in den einstweiligen Verfügungsverfahren 3 BVGa 29/15 sowie 7 BVGa 32/15 auf Antrag des Betriebsrats Unterlassungsverfügungen gegenüber der Arbeitgeberin erlassen hat, wonach der Arbeitgeberin untersagt ist, ohne Zustimmung des Betriebsrats in den jeweiligen Monaten Mehrarbeit anzuordnen oder zu dulden. Hinzu kommt, dass die Arbeitgeberin auch hier nicht darzulegen vermochte, dass die Haltung des Betriebsrats auf die Verantwortlichkeit des Betriebsratsvorsitzenden zurückzuführen ist. Schließlich besteht auch kein schutzwürdiges Vertrauen der Arbeitgeberin, dass ein Betriebsrat ein in der Vergangenheit praktiziertes Verfahren zur Vereinbarung von Mehrarbeit dauerhaft weiterführt. Auch wenn ein Betriebsrat in der Vergangenheit stets den Mehrarbeitsanträgen der Arbeitgeberin zugestimmt hat, steht es dem Betriebsrat frei und ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn er die Zustimmung von der Vorlage weitergehender Informationen (insbesondere die namentliche Benennung der Mitarbeiter, Datum und Uhrzeit der Mehrarbeit, aktueller Zeitkontostand der betroffenen Person, aktueller Urlaubsstand der betroffenen Person aktuelle vereinbarte vertragliche Arbeitszeit der betroffenen Person) abhängig macht.

ii)    Der Betriebsratsvorsitzende hat auch nicht eigenmächtig entschieden, in dem Verfahren 11 BV 306/15 die Einigungsstelle anzurufen. Der Betriebsrat fasste hierzu den entsprechenden Beschluss am 18. November 2015. Zu Gunsten der Arbeitgeberin kann unterstellt werden, dass ihr eine Frist gesetzt wurde, die entsprechenden Unterlagen bis zum 14. Dezember 2015 einzureichen. Unstreitig sind die Unterlagen seitens der Arbeitgeberin bis zu diesem Zeitpunkt – jedenfalls nicht vollständig zur Zufriedenheit des Betriebsrats – übergeben worden. Insoweit ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Betriebsrat bereits am 18. November 2015 einen Vorratsbeschluss fasst, wonach der Betriebsratsvorsitzende ermächtigt wird, für den Fall eines Fristablaufs die notwendigen Schritte zur Einleitung des gerichtlichen Verfahrens einzuleiten. Auf die Frage, ob die Verhandlungen am 14. Dezember 2015 schon gescheitert waren und ob die Einleitung des Verfahrens zur Einsetzung der Einigungsstelle notwendig war, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

jj)    Soweit sich die Arbeitgeberin auf die nach ihrer Auffassung nach „schlicht überflüssigen“ sechs Beschlussverfahren bezüglich der Kostenübernahme von Betriebsratsschulungen bezieht, hat die Arbeitgeberin nach Hinweisen der entsprechenden Kammern mittlerweile in sämtlichen Verfahren die Anträge anerkannt. Die Aussage der Arbeitgeberin, dass die Beschlussverfahren „schlicht überflüssig“ waren, soll daher an dieser Stelle nicht weiter kommentiert werden.

kk)    Dass der Betriebsratsvorsitzende für den 24. November 2015 eine Betriebsversammlung anberaumte, die die turnusmäßige Betriebsversammlung im Dezember 2015 ersetzen sollte, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Arbeitgeberin moniert, dass die Einberufung nicht durch einen Betriebsratsbeschluss gedeckt gewesen sei, wird auf die Ausführungen unter bb) (2) verwiesen. Dass die Einberufung der Betriebsversammlung im Hinblick auf die am 19. Oktober 2015 im Wirtschaftsausschuss diskutierte, seitens der Arbeitgeberin geplante Betriebsänderung nicht pflichtgemäßem Ermessen entsprochen hätte, ist nicht erkennbar.

ll)    Soweit dem Betriebsratsvorsitzenden vorgeworfen wird, in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf am 21. Februar 2014 (5 TaBVGa) einen Vergleich abgeschlossen, ohne dass ein vorheriger Beschluss des Betriebsrats vorgelegen habe, hat der Betriebsratsvorsitzende vorgetragen, dass der Betriebsrat regelmäßig einen Beschluss fasst, wonach sein Prozessbevollmächtigter zum Abschluss eines Vergleichs berechtigt ist. Diesem Vorbringen ist die Arbeitgeberin nicht weiter entgegengetreten. Zudem stellt sich der Kammer die Frage, wieso die Arbeitgeberin in der mündlichen Verhandlung diesen Vergleich abgeschlossen hat, obwohl ihr angeblich bewusst war, dass der Betriebsratsvorsitzende mangels eines Betriebsratsbeschlusses zu einem Vergleichsabschluss nicht befugt gewesen sein soll.

mm)    Ob der Absage des Güterichterverfahrens durch den Prozessbevollmächtigten des Betriebsrats am 30. Oktober 2015 ein Beschluss des Betriebsrats zugrunde lag, kann offen bleiben. Die Arbeitgeberin trägt keine Tatsachen vor, aus denen zu schließen wäre, dass der Betriebsratsvorsitzende den Prozessbevollmächtigten damit beauftragt hat. Die Arbeitgeberin schreibt insoweit lediglich, „dass davon auszugehen sei“ dass gerade der Betriebsratsvorsitzende eigenmächtig gehandelt habe. Auch hierbei handelt es sich um Vermutungen.

nn)     Weiterhin rechtfertigt auch der Vorwurf der Arbeitgeberin, dass der Betriebsratsvorsitzende sich weigere, an einer gemeinsamen Besprechung nach § 74 Abs. 1 Satz 1 BetrVG teilzunehmen und die letzte Sitzung am 16. April 2015 stattgefunden habe, keinen Ausschluss aus dem Betriebsrat. Es ist nicht alleinige Aufgabe des Betriebsrats oder des Betriebsratsvorsitzenden für die Durchführung dieser monatlichen Besprechungen Sorge zu tragen. Vielmehr sind hierzu sowohl der Betriebsrat als auch der Arbeitgeber verpflichtet. Andererseits können Arbeitgeber und Betriebsrat auch einvernehmlich davon absehen, eine monatliche Besprechung durchzuführen (vgl. Fitting BetrVG 27. Aufl. § 74 Rn. 4). Die Arbeitgeberin hat lediglich dargelegt, dass sie dem Betriebsrat zwei Termine (3. und 8. Dezember 2015) angeboten habe, die vom Betriebsrat abgelehnt worden seien. Dies genügt aber nicht, um von einer beharrlichen Weigerung, die monatlichen Besprechungen durchzuführen, auszugehen. Soweit die Arbeitgeberin vorträgt, sie habe in der Vergangenheit mehrfach versucht, gemeinsame Sitzungen mit dem Betriebsrat durchzuführen, ist ihr Vortrag unsubstantiiert. Die Arbeitgeberin legt nicht dar, dass und zu welchen konkreten Terminen sie den Betriebsrat zu einer gemeinsamen Besprechung noch eingeladen haben will und dass diese Einladungen seitens des Betriebsrats jeweils durch ihren Vorsitzenden ausgeschlagen worden seien.

oo)    In Bezug auf das Anhörungsverfahren zu der geplanten außerordentlichen Kündigung im Januar 2016 ist darauf hinzuweisen, dass die Arbeitgeberin auch hier nicht nachweisen kann, dass die in der Stellungnahme des Betriebsrats vom 22. Januar 2016 enthaltene Begründung, dass die Frist zur Stellungnahme noch nicht angelaufen sei, auf dem persönlichen Entschluss des Betriebsratsvorsitzenden beruht und er damit nicht nur die im Gremium besprochene Begründung widergibt.

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