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02.03.2016 · IWW-Abrufnummer 146491

Oberlandesgericht Stuttgart: Beschluss vom 17.09.2015 – 11 UF 76/15

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Oberlandesgericht Stuttgart

Beschl. v. 17.09.2015

Az.: 11 UF 76/15

In der Familiensache
XXX
gegen
XXX
wegen Scheidung und Folgesachen
hat das Oberlandesgericht Stuttgart - 11. Zivilsenat - Familiensenat - durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Viertel,
den Richter am Oberlandesgericht Maier und
die Richterin am Amtsgericht Dr. Gunder
am 17.09.2015
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 20.08.2015
beschlossen:
Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Göppingen vom 18.03.2015 (10 F 71/15)

aufgehoben.

Das Verfahren wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Familiengericht zurückverwiesen.
Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Scheidung der Ehe vor Ablauf des Trennungsjahres.

Die Antragstellerin und der Antragsgegner haben die Ehe am geschlossen. Aus der Ehe ist der volljährige Sohn , geboren , hervorgegangen. Der Ehescheidungsantrag wurde dem Antragsgegner am 29.01.2015 zugestellt. Die Antragstellerin ist erwerbsunfähig und bezieht Erwerbsunfähigkeitsrente, der Antragsgegner ist selbständig als Geschäftsführer einer GmbH tätig. Im Jahr ist die Antragstellerin an einem bösartigen erkrankt. Seitdem ist sie regelmäßig in ärztlicher Behandlung. Mittlerweile erfolgt nur noch eine palliative Behandlung. Es werden ihr keine Heilungschancen prognostiziert. Ihre Lebenserwartung ist unsicher. Spätestens im September 2014 hat der Antragsgegner eine andere Frau kennengelernt, mit welcher er mittlerweile eine Beziehung führt. Im September 2014 hat er mit dieser Frau ein Wochenende in einem Hotel in verbracht und im Oktober 2014 gemeinsam ein Spiel von besucht.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das Familiengericht auf Antrag der Antragstellerin den Versorgungsausgleich abgetrennt und die Ehe der Beteiligten geschieden. Es hat dieses damit begründet, dass der Ehebruch und das Nachaußentragen der Beziehung aufgrund der gesundheitlichen Situation der Antragstellerin und der Belastung mit wiederholten Chemotherapien und Operationen eine unerträgliche Situation darstellten. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug genommen.

Gegen den seinem Verfahrensbevollmächtigten am 20.03.2015 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 17.04.2015 Beschwerde eingelegt und beantragt die Zurückweisung des Scheidungsantrags. Er begründet seine Beschwerde damit, dass der Antragstellerin das Zuwarten bis zum Ablauf des Trennungsjahres zugemutet werden könne. Die gesundheitliche Situation der Antragstellerin habe das gesamte Familienleben belastet. Er sei seit der Erkrankung ebenfalls psychisch stark belastet und habe in seiner jetzigen Freundin eine Ansprechpartnerin gefunden, die ihm in dieser schwierigen Situation Gehör schenkte. Seit Jahren habe er die Antragstellerin begleitet. Seit Januar 2015 habe er sich nicht mehr in der Lage gesehen, diese schwierige Situation zu meistern. Daher sei es zur endgültigen Trennung gekommen. Das Familiengericht hätte auch seine psychische Situation berücksichtigen müssen. Neue Erkenntnisse der Palliativmedizin bestätigten, dass Angehörige aufgrund dieser Situation erheblich belastet würden.

Die Antragstellerin tritt der Beschwerde entgegen. Sie bestreitet die psychische Belastung des Antragsgegners. Der Treuebruch des Antragsgegners sei besonders erniedrigend, da er während ihrer krankheitsbedingten Abwesenheit mit seiner Freundin nicht nur in der Ehewohnung verweilt, sondern sogar im Ehebett mit ihr geschlechtlich verkehrt habe. Ferner unternehme er alles, um ihre ohnehin schwierige gesundheitliche Situation weiter zu destabilisieren.

II.

Die nach gewährter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist insoweit begründet, als dass der Versorgungsausgleich nicht hätte abgetrennt werden dürfen. Der Beschluss des Familiengerichtes ist daher aufzuheben und zur weiteren Verhandlung zurückzuverweisen.

1.

Entgegen dem Einwand des Antragsgegners ist ein Härtegrund im Sinne von § 1565 Abs. 2 BGB gegeben, der eine Ehescheidung schon vor Ablauf des Trennungsjahres ermöglicht.

Nach § 1565 Abs. 1 S. 1 BGB kann eine Ehe geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Sie ist als gescheitert anzusehen, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen, § 1565 Abs. 1 S. 2 BGB. Diese Voraussetzung ist vorliegend gegeben. Sowohl die Antragstellerin als auch der Antragsgegner lehnen eine Fortführung der ehelichen Lebensgemeinschaft ab, der Antragsgegner hält an seiner neuen Partnerschaft fest. Von einem Scheitern der Ehe ist also auszugehen. Grundsätzlich ist für die Ehescheidung weiter vorausgesetzt, dass die Ehegatten mindestens ein Jahr getrennt leben. Gemäß § 1565 Abs. 2 BGB kann die Ehe, sofern die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt leben, nur dann geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde. Unstreitig ist das Trennungsjahr vorliegend noch nicht abgelaufen. Die Antragstellerin ist am zweiten Weihnachtsfeiertag 2014 aus dem gemeinsamen Schlafzimmer ausgezogen, hat aber weiterhin für den Antragsgegner die Wäsche gemacht und auch das Essen zubereitet. Am 02.01.2015 ist der Antragsgegner in das Büro im Keller ausgezogen und die Antragstellerin hat keine weiteren Versorgungsleistungen für ihn erbracht. Mittlerweile ist die Antragstellerin aus dem vormals als Ehewohnung genutzten Haus ausgezogen.

Vorliegend ist von einem Härtefall im Sinne von § 1565 Abs. 2 BGB auszugehen. Eine derartige Härte ist anzunehmen, wenn sich bei der Prognose, dass die Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr erwartet werden kann - über den Tatbestand des Scheiterns der Ehe hinaus - in der Person des Antragsgegners liegende Gründe ergeben, die so schwer wiegen, dass der Antragstellerin bei objektiver Beurteilung nicht angesonnen werden kann, an den Antragsgegner als Ehepartner weiterhin gebunden zu sein (BGH FamRZ 1981, 127 Rz. 16). Die Ehescheidung vor Ablauf des Trennungsjahres ist nur dann möglich, wenn die Fortsetzung der Ehe auch nur dem Bande nach für die Antragstellerin unzumutbar wäre. An das Vorliegen eines Härtefalles sind strenge Anforderungen zu stellen. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, voreiligen Scheidungsentschlüssen entgegenzuwirken, die aus bloß vorübergehenden Stimmungslagen und Krisensituationen resultieren (Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, 7. Aufl., Kap. II Rn. 51). Dabei geht es nicht um ein moralisches Unwerturteil, sondern nur um die Prüfung, ob angesichts der konkreten in der Sphäre des Antragsgegners liegenden Umstände einem objektiven Betrachter begreiflich ist, dass sich die Antragstellerin endgültig von der Ehe abgewandt und damit das Zuwarten bis zum Ablaufen des Getrenntlebensjahres ein sinnloser Formalismus wäre (Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, Kap. II Rn. 63). Es ist nicht auf das subjektive Unzumutbarkeitsempfinden des verletzten Ehegatten abzustellen, sondern darauf, ob ein besonnener Dritter bei ruhiger Abwägung aller Umstände auf das Verhalten des anderen Ehegatten mit einem Scheidungsantrag reagieren würde (OLG Brandenburg, FamRZ 1995, 807; Heintschel-Heinegg in: Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 2. Kap. Rn. 76). Ein Treuebruch allein und das Auftreten mit dem neuen Partner in der Öffentlichkeit begründen keinen Härtegrund i.S.v. § 1565 Abs. 2 BGB. Erst wenn besondere Begleitumstände hinzutreten, die Art und Weise des Ehebruches besonders verletzend und erniedrigend ist, kann ein Härtefallgrund vorliegen (Münchener Kommentar / Ey, § 1365 BGB Rn. 110; BGH FamRZ 1981, 127; OLG Düsseldorf FamRZ 2000, 286; OLG Stuttgart FamRZ 2002, 1342; OLG München FamRZ 2011, 218; OLG Rostock NJW 2006, 3648 [OLG Rostock 15.06.2006 - 11 WF 103/06]; Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, Kap. II Rn. 61).

Vorliegend stellen sich die Umstände des Treuebruchs als besonders verletztend dar. Die Antragstellerin ist schwerkrank. Es ist derzeit nicht sicher abzuschätzen, welche Lebenserwartung sie noch hat. Heilungschancen sind nicht prognostiziert. Nachdem die Ehegatten bereits seit einigen Jahren gemeinsam diese Zeit der Erkrankung durchlebt haben, hat Antragsgegner, in Kenntnis der schweren Erkrankung seiner Ehefrau und ihrer schwindenden Lebenserwartung, eine neue Partnerschaft aufgenommen und ist mit dieser neuen Partnerin in der Öffentlichkeit als Paar aufgetreten. Die Antragstellerin hat von dritten Personen davon Kenntnis erlangt. Der Antragsgegner hat zwar zuletzt behauptet, dass er bereits im September 2014 ein Gespräch mit der Antragstellerin geführt und sie gefragt habe, ob sie etwas dagegen habe, wenn er nunmehr eine Freundin habe. Sie habe daraufhin erklärt, dass sie das verstehen könnte. Erst später, am 19.10.2014, habe sie ihm erklärt, dass sie mit der neuen Situation doch nicht einverstanden sei. Im Oktober sei er mit seiner Freundin bei einem Spiel von gewesen. Er sei aber mit ihr nicht als Paar aufgetreten oder hätte sie in der Öffentlichkeit vorgestellt, da er sie noch nicht lange gekannt habe. Gegen diese neue Darstellung spricht allerdings, dass der Antragsgegner bereits im Rahmen der Anhörung des Familiengerichts am 18.03.2015 (Bl. 45) gesagt hat, er sei mit seiner Freundin bei diesem Spiel in der Öffentlichkeit als Paar aufgetreten. Auch überzeugt es nicht, dass er nun im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erstmals erklärt, er habe von sich aus der Antragstellerin bereits im September 2014 erklärt, dass er eine Freundin habe. In der ersten Instanz hat er zunächst bestritten, überhaupt vor Januar 2015 eine Beziehung zu der anderen Frau aufgenommen zu haben, die er im Oktober kennengelernt habe. Später hat er dann richtig gestellt, dass er seine Freundin im September kennengelernt habe. Die Beziehung habe sich aber erst im Januar 2015 verfestigt. Überdies hat die Antragstellerin bereits in der ersten Instanz beschrieben, dass sie den Antragsgegner im Oktober 2014 zur Rede gestellt habe, nachdem sie von dritten Personen erfahren habe, dass der Antragsgegner mit seiner Freundin in der Öffentlichkeit aufgetreten sei. Er habe ihr dann versichert, diese Beziehung aufzugeben, tatsächlich sei es aber immer wieder zu Kontaktaufnahmen gekommen. Im November habe sie dann den gemeinsamen Sohn zu einem Gespräch hinzugezogen. Bei diesem Gespräch habe der Antragsgegner erklärt, dass er mit ihrer ...erkrankung nicht zurechtkomme und dass er "leben wolle". Ferner habe er ihr eine Ehe zu Dritt vorgeschlagen. Diesem Vortrag der Antragstellerin hatte der Antragsgegner bisher nur entgegengehalten, dass er nicht versprochen habe, die Beziehung aufzugeben, dass er nicht gesagt habe, er "wolle jetzt leben" und ihr auch keine Ehe zu Dritt angeboten habe. Er habe ihr nur zugesichert, dass sie weiter in dem Haus wohnen könnte und er alle Kosten tragen werde. Ein von ihm selbst initiiertes Gespräch vor Oktober 2014 hat er bisher nicht erwähnt. Vor diesem Hintergrund ist daher entsprechend der Schilderung der Antragstellerin davon auszugehen, dass sie erst über Dritte erfahren hat, dass sich der Antragsgegner einer anderen Frau zugewandt hat.

Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin und der Antragsgegner bereits seit 2009 gemeinsam diese Erkrankung der Antragstellerin durchstehen und damit zweifellos auch psychische Belastungen für den Antragsgegner als Ehegatten einhergegangen sind oder auch noch einhergehen, der sich ebenso wie die Antragstellerin der schweren Erkrankung hilflos gegenübersah und kein normales Eheleben mehr führen konnte. Aber auch unter Berücksichtigung einer solchen psychisch belastenden Situation für den Antragsgegner ist von dem Vorliegen eines Härtegrundes im Sinne von § 1565 Abs. 2 BGB auszugehen. Angesichts der schweren Erkrankung der Antragstellerin, bei welcher Heilungschancen verneint werden und bei welcher nur noch Palliativmedizin zur Anwendung kommt, ist von einer objektiv vorhandenen besonderen Verletzlichkeit und Hilflosigkeit ihrerseits auszugehen. Dem entspricht das seitens der Antragstellerin vom behandelnden Arzt ausgestellte ärztliche Attest von 26.02.2015 (Bl. 41), aus dem sich ergibt, dass sie auch psychisch in einem sehr schlechten Zustand angesichts der privaten Auseinandersetzungen mit ihrem Ehemann ist. Die Hinwendung des Antragsgegners zu einer neuen Partnerin und das öffentliche Auftreten mit dieser - ohne vorher eine Trennung ausgesprochen oder auch nur angesprochen zu haben, wie oben ausgeführt - hat die Antragstellerin daher als besonders belastend empfunden. Aufgrund ihrer besonderen gesundheitlichen Situation besteht zwischen ihr und dem Antragsgegner ein erhebliches Ungleichgewicht: Während der Antragsgegner ein neues Leben mit seiner Freundin plant, besteht für die Antragstellerin keine Perspektive auf ein Weiterleben. Sie dürfte sich - für einen objektiven Dritten nachvollziehbar - in dieser Lebenssituation, in welcher sie besonders auf die eheliche Solidarität angewiesen ist, von ihrem langjährigen Ehemann besonders verlassen und hilflos gefühlt haben und auch in einem größeren Maße verletzt sein, als es ohne diese schwere Erkrankung der Fall wäre. Auch wenn von einer erheblichen psychischen Belastung des Antragsgegners wegen des langjährigen schweren Krankheitsverlaufs der Antragstellerin auszugehen ist, so dürfte ihm diese besonders hilflose Situation der Antragstellerin doch bewusst gewesen sein. Angesichts dieser Umstände ist der Antragstellerin eine Fortsetzung der Ehe auch nur dem Bande nach nicht länger zuzumuten.

Auf die bestrittene Behauptung der Antragstellerin, der Antragsgegner habe mit seiner neuen Partnerin im Ehebett Geschlechtsverkehr ausgeübt, kommt es daher nicht an.

2.

Auch wenn ein Härtefallgrund im Sinne von § 1565 Abs. 2 BGB vorliegt, so ist gleichwohl die angefochtene Entscheidung des Familiengerichts aufzuheben, weil das Familiengericht die Ehe nicht ohne Entscheidung über den im Verbund stehenden Versorgungsausgleich hätte scheiden dürfen, § 137 Abs. 1 FamFG.

Im Rahmen der Beschwerde gegen den Scheidungsausspruch ist auch die Rechtmäßigkeit der Abtrennung zu überprüfen, da gemäß § 58 Abs. 2 FamFG der Beurteilung des Beschwerdegerichts auch die nicht selbstständig anfechtbaren Entscheidungen unterliegen, die der Endentscheidung vorausgegangen sind (Prütting/Helms, § 117 FamFG Rn. 14).

Die durch Beschluss vom 18.03.2015 erfolgte Abtrennung des Versorgungsausgleiches vom Scheidungsverbund gemäß § 140 Abs. 2 Nr. 5 FamFG war unzulässig.

Nach § 140 Abs. 2 Nr. 5 FamFG kann das Familiengericht auf Antrag eines Beteiligten eine Folgesache vom Verbund abtrennen, wenn sich der Scheidungsausspruch so außergewöhnlich verzögern würde, dass ein weiterer Aufschub unter Berücksichtigung der Bedeutung der Folgesache eine unzumutbare Härte darstellen würde. Mithin muss kumulativ zur außergewöhnlichen Verzögerung eine unzumutbare Härte vorliegen. Eine außergewöhnliche Verzögerung im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn die Verfahrensdauer erheblich über die normale Dauer eines Verbundverfahrens hinausgeht. In der Regel wird dabei von einer Dauer von 2 Jahren ausgegangen (BGH FamRZ 1986, S. 896, FamRZ 1991, S. 687). Es handelt sich dabei aber nur um einen Richtwert, gegebenenfalls ist auch eine Verfahrensdauer von weniger als 2 Jahren außergewöhnlich lang (vgl. Prütting/Helms, § 140 FamFG Rn. 22). Anhaltspunkte für eine so außergewöhnliche Verzögerung liegen im vorliegenden Verfahren nicht vor: Der Scheidungsantrag ist erst am 26.01.2015 beim Familiengericht eingegangen. Überdies ergibt sich aus dem beiliegenden Sonderheft Versorgungsausgleich, dass nur noch die Auskunft der gesetzlichen Rentenversicherung der Antragstellerin fehlt. Mithin ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass von einer langen Verfahrensdauer auszugehen sein wird (vgl. Prütting/Helms, § 140 FamFG Rz. 22). Bisher ist es zu keinerlei Verzögerungen gekommen. Es dürfte vorliegend daher angesichts der dargestellten Sachlage zwar von einer unzumutbaren Härte auszugehen sein, eine außergewöhnliche Verzögerung ist aber nicht ersichtlich. Auch wenn aus rechtssystematischen Gründen beim Vorliegen einer Härtefallscheidung nicht die grundsätzlichen Mittelwerte von Verfahren als Maßstab herangezogen werden dürften, so muss doch in irgendeiner Form eine Verzögerung festgestellt werden. Beim Vorliegen einer Härtefallscheidung ist nicht automatisch von einer Abtrennung im Sinne von § 140 Abs. 2 Nr. 5 FamFG auszugehen, zumal die Kriterien nicht übereinstimmen und auch die Auswirkungen unterschiedlich sind (Münchener Kommentar/Heiter, § 140 FamFG Rz. 64; andere Ansicht OLG Brandenburg FamRZ 2001, 1458; Finger MDR 2000, 247). Vorliegend spricht insbesondere der Umstand, dass das Verbundverfahren Versorgungsausgleich ohnehin in Kürze abgeschlossen werden kann bzw. mit keinen weiteren Verzögerungen zu rechnen ist - es fehlt nur noch eine Auskunft -, gewichtig gegen die Abtrennung (vgl. Münchener Kommentar/Heiter, § 140 FamFG Rz. 65; siehe auch OLG Brandenburg FamRZ 1996, 751; OLG Stuttgart FamRZ 1992, 320).

Auch ohne den Antrag eines Beteiligten kann der Senat den Scheidungsbeschluss aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Familiengericht zurückverweisen, da es sich in der Sache beim Scheidungsbeschluss nach §§ 117 Abs. 2 FamFG, 538 Abs. 2 S. 2 Nr. 7 ZPO entsprechend um eine unzulässige Teilentscheidung handelt und die fehlerhafte Abtrennung als schwerer Verfahrensfehler zu beurteilen ist (Bahrenfuss/Blank FamFG, 2. Aufl. 2013, § 140 Rz. 11). Die Beschwerde gegen die unzulässige Abtrennung ist von dem weitergehenden Antrag des Antragsgegners auf Abweisung des Scheidungsantrags mit umfasst (vgl. BGH FamRZ 1996, 1333 Rz. 2). Es handelt sich um einen von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensfehler, sodass in entsprechender Anwendung der Folgen eines unzulässigen Teilbeschlusses die Sache aufzuheben und zurückzuverweisen ist (OLG Nürnberg, FamRZ 2005, 1497 Rz. 30).

3.

Über die Kosten ist keine Entscheidung zu treffen, da diese, wie im Allgemeinen bei Zurückverweisung, mit der endgültigen Sachentscheidung zu treffen ist (Zöller, § 538 ZPO Rz. 58).

RechtsgebieteFamFG, BGBVorschriften§ 140 Abs. 2 Nr. 5 FamFG; § 1565 Abs. 2 BGB

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