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23.02.2016 · IWW-Abrufnummer 183875

Landesarbeitsgericht Sachsen: Beschluss vom 14.12.2015 – 4 Ta 74/15 (5)


Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dresden vom 06.02.2015 - 3 Ca 3456/13 - wird

z u r ü c k g e w i e s e n .



Gründe



I.



Die beschwerdeführende Klägerin begehrt mit Antrag vom 28.01.2015 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den unter dem 28.01.2015 geschlossenen widerruflichen Vergleich.



Der Vergleich ist seit 05.02.2015 bestandskräftig.



Mit ihrer Klage vom 30.10.2013 machte die Klägerin beim Arbeitsgericht Dresden zunächst einen Zahlungsanspruch in Höhe von 1.322,50 € brutto sowie die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses geltend und beantragte mit Schriftsatz vom 12.12.2013 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ihre Klage vom 30.10.2013 nebst Rechtsanwaltsbeiordnung.



Mit Beschluss vom 07.04.2014 wurde der Klägerin ab 16.12.2013 ratenfreie Prozesskostenhilfe für die erste Instanz bewilligt und die Rechtsanwaltskanzlei ... beigeordnet (Bl. 106 d. A.).



Mit Schriftsatz vom 15.01.2015 änderte die Klägerin ihre Klage vom 30.10.2013 dahingehend, dass sie nunmehr von der Beklagten die Zahlung von 1.267,50 € brutto verlangte und auch insoweit die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ihre Klageänderung beantragte.



In der Kammersitzung am 28.01.2015 schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich (Bl. 196 d. A.).



Nach Genehmigung des Vergleichs wurde ausweislich des Protokolls vom 28.01.2015 für die Klägerin der Antrag gestellt, Prozesskostenhilfe auch für den Vergleich zu gewähren.



Mit Beschluss vom 08.02.2015 (Bl. 264/265 d. A. i. PKH-Heft) wies das Arbeitsgericht die Anträge vom 15.01.2015 (PKH für die Klageerweiterung) und vom 28.01.2015 (PKH für den Vergleich) mit der Begründung zurück, dass mit Beschluss vom 07.04.2014 der Klägerin Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug bewilligt und Rechtsanwalt ... beigeordnet worden sei. Diese Bewilligung erstrecke sich auf den gesamten Rechtszug und damit auch auf einen Vergleich, soweit er die Klageanträge betreffe. Für den mit Schriftsatz vom 15.01.2015 gestellten Antrag bedürfe es ebenfalls keiner erneuten Bewilligung, da es sich nicht um eine Klageänderung handele, sondern um eine teilweise Klagerücknahme, denn der Streitgegenstand habe sich nicht geändert (§ 264 Nr. 2 ZPO).



Eine Bewilligung für einzelne Verfahrensabschnitte sehe die ZPO nicht vor. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn Antrag auf Prozesskostenhilfe für einen Mehrwert des Vergleichs gestellt worden wäre. Das sei aber ausdrücklich nicht erfolgt, zumal ein Mehrwert in diesem Fall auch nicht ersichtlich sei.



Dieser Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 12.02.2015 zugestellt (Bl.202 d. A. i. PKH-Heft).



Der hiergegen mit Schriftsatz vom 26.02.2015, beim Arbeitsgericht Dresden eingegangen am 02.03.2015, eingelegten sofortigen Beschwerde der Klägerin, in der sie die Auffassung vertritt, der Vergleich regele auch nicht rechtshängige Ansprüche bzw. Streitgegenstände, so dass für diesen Vergleichsmehrwert Prozesskostenhilfe zu bewilligen sei (Bl. 213 bis 215 d. A.), hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 23.03.2015, auf dessen Begründung Bezug genommen wird (Bl. 231/232 d. A. i. PKH-Heft), nicht abgeholfen und sie dem Sächsischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.



II.



1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und im Übrigen auch zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht (§ 78 ArbGG, §§ 569, 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO) eingelegt.



2. Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den Antrag der Klägerin zu Recht und mit völlig zutreffender Begründung zurückgewiesen.



Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.



Ergänzend sei Folgendes (mit LAG Baden-Württemberg 01.10.2010 - 18 Ta 3/10 - Juris) ausgeführt:



Eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe erstreckt sich grundsätzlich auch auf die Kosten eines Prozessvergleichs. Regelt dieser Prozessvergleich aber auch andere Gegenstände als den Streitgegenstand, für den Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, so muss hierfür erneut Prozesskostenhilfe beantragt werden (Zöller/Geimer 31. Auflage § 119 ZPO Rn. 25).



Vorliegend waren streitgegenständlich lediglich die im Schriftsatz vom 30.10.2013 genannten Streitgegenstände. Nur für diese Streitgegenstände wurde Prozesskostenhilfe bewilligt.



Der Prozesskostenhilfebeschluss vom 07.04.2014 erstreckte sich inhaltlich auch nicht auf einen etwa erst später hinzutretenden Einigungsmehrwert. Zwar benennt der Prozesskostenhilfebeschluss nicht die einzelnen Klageanträge, für die Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, sondern beschränkt sich darauf, eine Bewilligung für den ersten Rechtszug auszusprechen. Das kann aber nicht dazu führen, das sämtliche Klageerweiterungen oder spätere weitere gebührenauslösende Vergleiche über bislang nicht anhängige Streitgegenstände davon ebenfalls erfasst wären.



Dem Kläger sollte schließlich kein Klagefreibrief ausgestellt werden. Vielmehr korrespondiert die Bewilligung mit dem Prozesskostenhilfeantrag vom 12.12.2013, in dem ausdrücklich der Prozesskostenhilfeantrag für das Verfahren gestellt wurde.



Das heißt, mit Beschluss vom 07.04.2014 konnte Prozesskostenhilfe nur für solche Streitgegenstände bewilligt werden, die zum Bewilligungszeitpunkt überhaupt anhängig waren und die dem die Erfolgsaussichten gemäß § 114 ZPO überprüfenden Arbeitsgericht überhaupt bekannt waren (BGH 22.09.2005 - IX ZB 163/04 - NJWRR 2006, 429).



In dem ursprünglichen Prozesskostenhilfeantrag kann auch kein konkludenter Prozesskostenhilfe-Erstreckungsantrag auf mögliche nachfolgende Vergleichsabschlüsse und deren Mehrwerte gesehen werden. Eine solche konkludente Antragstellung kann in Fällen angenommen werden, in denen Klagerweiterungen oder Vergleichsabschlüsse erfolgen, nachdem der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt wurde, eine Entscheidung über diesen Antrag jedoch noch nicht ergangen ist (LAG Baden-Württemberg 26.11.2009 - 21 Ta 10/09 - Juris; LAG Düsseldorf 02.01.1986 - 7 Ta 409/85 - LAGE § 127 ZPO Nr. 10). In diesen Fällen darf die um Prozesskostenhilfe nachsuchende Partei noch mit einer Prüfung der Erfolgsaussichten gemäß § 114 ZPO für den Erweiterungsteil rechnen.



Anders stellt sich die Situation aber dar, wenn eine Entscheidung über den Proesskostenhilfeantrag bereits ergangen ist und diese der antragstellenden Partei auch bereits zugestellt wurde. Denn in diesen Fällen hat sich, wie bereits oben dargestellt, das Gericht bereits abschließend mit den Erfolgsaussichten der (bislang zur Entscheidung gestellten) Anträge befasst. In diesen Fällen weiß der Kläger, dass er nunmehr ein Mehr haben möchte, als ihm bislang für die Instanz bewilligt wurde.



Ein solches Begehren muss er demnach auch anmelden (LAG Baden-Württemberg 26.11.2009 - 21 Ta 10/09 - Juris; a. A. OLG Zweibrücken 10.08.2006 - 5 WF 99/06 - NJW-RR 2007, 6).



Für den vorliegenden Fall bedeutet dies Folgendes:



a) Für den mit Schriftsatz vom 15.01.2015 gestellten Antrag (Bl. 169 d. A.) bedurfte es - wie das Arbeitsgericht richtig ausführt - keiner erneuten Bewilligung von Prozesskostenhilfe, da es sich hier lediglich um eine Änderung des ursprünglichen Klageantrags vom 30.10.2013 handelt (§ 264 Nr. 2 ZPO), so dass der Beschluss vom 07.04.2014 auch die geänderte Klage mit umfasst. Eine Bewilligung für einzelne Verfahrensabschnitte sieht die ZPO nicht vor.



b) Für den im Anschluss an den Vergleich vom 28.01.2015 gestellten und mit Beschwerdeschriftsatz vom 26.02.2015 modifizierten Antrag auf Erstreckung der bewilligten Prozesskostenhilfe für die darin geregelten nicht anhängigen Streitgegenstände, mithin die Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf den Vergleichsmehrwert, hat das Arbeitsgericht zu Recht abgelehnt.



Insoweit ist noch Folgendes zu berücksichtigen:



Der Streitwert eines Vergleichs geht über den Streitwert des Verfahrens, in dem der Vergleich geschlossen wird, nur dann hinaus, wenn er Regelungen enthält, durch die andere Streitgegenstände beigelegt werden, die zwar nicht im vorliegenden Verfahren, wohl aber bereits in einem anderen Verfahren anhängig sind, oder über die die Parteien bislang zwar nur außergerichtlich gestritten haben, bei denen aber die konkrete Gefahr besteht, dass sie ohne die vergleichsweise Regelung alsbald in einem gerichtlichen Verfahren ausgetragen werden. Nur dann handelt es sich um miterledigte zusätzliche Streitgegenstände im gebühren- und verfahrensrechtlichen Sinne (LAG Köln 24.03.2010 - 5 Ta 50/10 -; LAG Baden-Württemberg 23.12.2009 - 5 Ta 258/09 -; LAG Berlin-Brandenburg 12.03.2009 - 17 Ta [Kost] 6011/09 - zitiert nach Juris).



Mit anderen Worten: Grundsätzlich kann für im Verfahren nicht anhängige Streitgegenstände Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden. Wie im Prozesskostenhilfeverfahren selbst kommt auch hier die Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf nichtanhängige Gegenstände nur in Betracht, wenn über sie ein Vergleich geschlossen wird (vgl. OLG Dresden 07.02.2014 - 23 WF 1209/13 - m. w. N., zitiert in Juris).



Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass für den Vergleich vom 28.01.2015 keine Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist, da ausweislich des Wortlauts des Vergleichs keine nichtanhängigen Streitgegenstände geregelt wurden, ein Vergleichsmehrwert somit nicht angefallen ist.



Die Klägerin hat mit ihrer Klage beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.322,50 € brutto zu zahlen. Sie hat ihre Forderung mit der Tätigkeit bei der Beklagten für den Zeitraum ab 01.08.2011 bis Dezember 2012 begründet. Mit Schriftsatz vom 19.01.2015 wurde der Betrag reduziert auf 1.267,50 € brutto. Über diese Forderung haben sich die Parteien in dem Vergleich geeinigt.



Nach alledem war daher die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 06.02.2015 zurückzuweisen.



Eine Kostenentscheidung hatte nicht zu ergehen.



Diese Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch die Vorsitzende allein ergehen (§§ 64 Abs. 7, 53 Abs. 1 Satz 1 ArbGG i. V. m. §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 568 Abs. 1, 127 Abs. 2 Satz 2 erster Halbsatz ZPO).



Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Vorschriften§ 264 Nr. 2 ZPO, §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, § 78 ArbGG, §§ 569, 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO, § 114 ZPO, §§ 64 Abs. 7, 53 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 568 Abs. 1, 127 Abs. 2 Satz 2 erster Halbsatz ZPO

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