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23.02.2016 · IWW-Abrufnummer 183862

Landesarbeitsgericht Bremen: Urteil vom 11.12.2013 – 2 Sa 37/13


In dem Rechtsstreit

Kläger und Berufungskläger,

Proz.-Bev.:

gegen

Beklagte und Berufungsbeklagte,

Proz.-Bev.:

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Bremen aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 2013

durch

den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht

die ehrenamtliche Richterin

den ehrenamtlichen Richter

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung und Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 30.01.2013 - 2 Sa 37/13 - wird zurückgewiesen.

II. Auf die Berufung des Klägers hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 30.01.2013 - 2 Sa 37/13 - teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere € 4.948,47 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.05.2010 zu zahlen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

IV. Die Revision wird für die Beklagte in Bezug auf Ziff. II. des Urteils zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf Differenzlohn, Urlaubsabgeltung und Jahressonderzahlung nach den Grundsätzen des Equal Pay.



Der am 03.07.1986 geborene Kläger war vom 10.06.2009 bis zum 28.02.2010 bei der Beklagten als Mechatroniker in einem Leiharbeitsverhältnis beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag der Arbeitsvertrag vom 09.06.2009 zugrunde. In § 1 dieses Vertrags heißt es unter der Überschrift "Vertragsgrundlagen" in Absatz 2:



"Auf das Arbeitsverhältnis finden die für den Arbeitgeber fachlich einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung. Dies sind z. Zt. die zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA und dem Arbeitsgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. abgeschlossenen Tarifverträge bestehend aus Beschäftigungssicherungstarifvertrag, Manteltarifvertrag, Entgeltrahmentarifvertrag und Entgelttarifvertrag. Die Parteien vereinbaren, dass die Bestimmungen der vorgenannten Tarifverträge den Abreden dieses Arbeitsvertrages vorgehen. Dies gilt nicht, soweit diese Tarifverträge eine Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Arbeitnehmer günstigere Regelung ergibt." Gemäß § 4 Ziffer 1 des Arbeitsvertrags erhielt der Kläger nach der Entgeltgruppe E 3 des Entgeltrahmentarifvertrages einen tariflichen Stundenlohn von 7,65 € brutto. Nach § 4 Ziff. 6 erfolgt die Abrechnung jeweils monatsweise zum Ende des Kalendermonats und liegt aus buchungstechnischen Gründen zum 20. des Folgemonats vor.



Nach § 3 des Arbeitsvertrages ist das Arbeitsverhältnis bis zum 09.06.2010 befristet. Ein Befristungsgrund ist nicht angegeben. Unter § 4 Ziffer 4 verpflichtet sich der Arbeitnehmer, etwaige zu viel bezahlte Bezüge ohne Aufforderung an die Beklagte zurückzuzahlen und verzichtet ausdrücklich auf die Einrede Entreicherung.



In § 17 des Arbeitsvertrags ist unter der Überschrift "Ausschlussfrist/Verfallfristen" folgendes geregelt:



"Beiderseitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Fälligkeit schriftlich erhoben werden. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird."



Während der Vertragslaufzeit vom 10.06.2009 bis 28.02.2010 war der Kläger als Kfz-Mechatroniker der Freien Hansestadt Bremen, P., überlassen.



Der Kläger hatte seine Ausbildung als Mechatroniker im August 2004 begonnen und am 15.01.2008 beendet. Er arbeitete seitdem in diesem Berufsfeld.



Nach einem Auskunftsschreiben der P. vom 12.05.2010 werden Facharbeiter, hier Kfz-Mechatroniker, wenn sie bei der P. angestellt werden, anfangs nach Einkommensgruppe 5 TVöD eingestuft. Wegen der Einzelheiten zu diesem Schreiben wird auf Bl. 16 d. A. verwiesen.



Hinsichtlich des Urlaubs ging die Beklagte für den Zeitraum vom 10.06.2009 bis 10.12.2009 von einem Anspruch von 10 Tagen aus.



Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 15.04.2010 unter Fristsetzung auf, ihm die zustehende Urlaubsabgeltung zu zahlen sowie dem Grunde nach die Ansprüche auf Differenzlohn anzuerkennen. Mit Schreiben vom 21.04.2010 teilte die Beklagte mit, sie lehne die Forderungen ab.



Mit seiner am 20.05.2010 beim Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven eingegangenen Klage begehrt der Kläger Zahlung von Differenzlohn, Urlaubsabgeltung und Jahressonderzahlung.



Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stünden die geltend gemachten Ansprüche zu. Er meint, er habe einen Anspruch auf Differenzlohn gem. § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG. Bei der P. werde ein Entgelt in Höhe von 2.140,93 € gemäß Einkommensgruppe 5 Stufe 3 TVöD gezahlt. Unter dem Gesichtspunkt des Equal Treatments sei der Kläger nach den im Betrieb des Entleihers wesentlichen Arbeitsbedingungen zu behandeln und insbesondere zu bezahlen.



Der Kläger hat vorgetragen, die gemäß § 1 des Arbeitsvertrags einbezogenen Tarifverträge seien unwirksam, da der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaft Zeitarbeit und PSA die Tariffähigkeit abgesprochen worden sei. Die Differenz zwischen dem nach dem TVöD zu zahlenden Entgelt in Höhe von 2.140,93 € und dem durchschnittlichen Bruttomonatseinkommen bei der Beklagten in Höhe von 1.526,25 € liege bei 614,68 €. Diesen Betrag macht der Kläger für die Monate Juli 2009 bis Februar 2010, d. h. für 8 Monate, geltend. Für den Monat Juni 2009 ergebe sich ein anteiliger Betrag in Höhe von 447,04 €.



Der Kläger hat weiter behauptet, er wäre aufgrund seiner beruflichen Fortbildung gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 TVöD in die Stufe 3 der Einkommensgruppe 5 TVöD eingestellt worden.



Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe nach dem Grundsatz des Equal Pay Anspruch auf die gemäß § 20 TVöD vorgesehene Jahressonderzahlung in Höhe von 90 % des monatlichen Bruttogrundentgelts abzüglich 1/12 für jeden Monat, in dem kein Entgeltanspruch bestehe. 90 % des Bruttoentgelts nach dem TVöD seien 1.926,84 €, woraus sich pro Monat ein Anspruch in Höhe von 160,57 € ergebe. Da der Kläger seit Juni beschäftigt worden sei, ergebe sich ein Anspruch für 7 Monate (1.123,99 € brutto). Ihm stehe auch noch ein Resturlaubsanspruch in Höhe von 10 Arbeitstagen zu, die er aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr habe nehmen können. § 26 TVöD regele einen Urlaubsanspruch von 26 Arbeitstagen im Jahr bis zum vollendeten 30. Lebensjahr.



Statt der von der Beklagten zugestandenen 10 Urlaubstage für den Zeitraum der Probezeit sehe der TVöD hier einen Urlaubsanspruch von 26 Tagen und damit für ein halbes Jahr von 13 Arbeitstagen vor. Zuzüglich eines Urlaubsanspruchs in 2010 von 6 Tagen und abzüglich genommener 9 Urlaubstage verbleibe ein Resturlaubsanspruch von 10 Tagen.



Hilfsweise hat der Kläger Differenzlohn und die weiteren Zahlungen gemäß Einkommensgruppe 5 Stufe 2 des TVöD geltend gemacht. Das Bruttomonatsgehalt in Stufe 2 betrage 2.040,25 €. Die Einkünftedifferenz betrage 514,-- € im Monat, bei der Sonderzahlung gemäß § 20 TVöD ergebe sich ein Betrag von 1.071,13 €. Der Urlaubsabgeltungsanspruch betrüge 941,65 €.



Ausschlussfristen seien auf den Anspruch des Klägers nicht anzuwenden. Die Beklagte könne sich vorliegend nicht auf eine Ausschlussfristenregelung berufen. Hinsichtlich der Verfallfristen sei auf die Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 abzustellen. Erst mit der Verkündung dieser Entscheidung sei die von dem Kläger geltend gemachte und eingeklagte Forderung fällig gewesen. Erst zu diesem Zeitpunkt sei der Bestand der Forderung feststellbar gewesen und habe entsprechend geltend gemacht werden können.



Der Kläger hat vertraglich vereinbarte Ausschlussfrist gemäß § 17 des Arbeitsvertrages für unwirksam gehalten. Die Formulierung der Ausschlussfrist erfasse sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, also auch solche für schuldhaft herbeigeführte Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit sowie Ansprüche wegen grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Pflichtverletzung. Eine solche Klausel verstoße § 309 Nr. 7 a BGB.



Der Kläger hat beantragt,



1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.366,48 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen:



2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 704,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;



3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.123,99 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.



Die Beklagte hat beantragt,



die Klage abzuweisen.



Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stünden die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Die Beklagte hat sich auf Vertrauensschutz berufen und hat die Auffassung vertreten, etwaige Ansprüche seien aufgrund der arbeits- und tarifvertraglich vereinbarten Ausschlussfrist verfallen.



Die Beklagte meint, der Kläger könne sich nicht auf mangelnde Kenntnis des Anspruchs berufen. Der Beschluss des BAG könne keine Auswirkungen auf die Fälligkeit individualrechtlicher Ansprüche der Parteien haben. Für den Beginn der Frist sei nicht erforderlich, dass der Arbeitnehmer die zur Berechnung seines Anspruchs erforderlichen rechtlichen oder tatsächlichen Kenntnisse tatsächlich besitze. Gegebenenfalls wäre die sechsmonatige Ausschlussfrist des TVöD zu beachten.



Unabhängig von den Ausschlussfristen sei der Anspruch jedoch auch im Übrigen unbegründet.



Die Beklagte bestreitet, dass der Kläger eine berufliche Fortbildung habe, die dazu führe, dass er in Stufe 3 der Einkommensgruppe 5 des TVöD einzugruppieren wäre.



Die Beklagte bestreitet, dass er aufgrund dieser angeblichen Fortbildung im Falle einer Direkteinstellung im Entleiherbetrieb dort in die Einkommensgruppe 5 Stufe 3 eingruppiert worden wäre. Es werde bestritten, dass der Bruttomonatslohn in Stufe 3 der Einkommensgruppe 5 des TVöD 2.140,93 € betrage und der Kläger hierauf einen Anspruch habe.



Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf die Gewährung einer Sonderzahlung in Höhe von 90 % des angeblichen Bruttomonatslohns. Zudem sei auch dieser etwaige Anspruch aufgrund der abgelaufenen Ausschlussfristen verfallen. Ebenso wenig bestehe ein Anspruch auf Abgeltung von 10 Urlaubstagen. Der Kläger habe ohnehin die Vergütung vergleichbarer Arbeitnehmer nicht hinreichend dargelegt. Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass der Kläger Tätigkeiten ausgeübt habe, die bei einem Vergleich mit vergleichbaren Arbeitnehmern des Entleihers den klagegegenständlichen Anspruch begründen könnten.



Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, aus dem Urteil des BAG vom 14.12.2010 ergäben sich keine Änderungen für die Vergangenheit. Auf Tarifverträge sei die Lehre vom fehlerhaften Arbeitsvertrag entsprechend anzuwenden. Dies diene dazu, Rückabwicklungsschwierigkeiten zu vermeiden.



Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in 1. Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. §§ 495 Abs. 1, 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO Bezug genommen.



Das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven hat am 30.01.2013 folgendes Urteil verkündet:



1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 1542,-brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. 5. 2010 zu zahlen.



2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 704,30 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. 20. 5. 2010 zu zahlen.



3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.



4. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 69 % und die Beklagte zu 31 %.



5. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € 7194,77 festgesetzt.



6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.



Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Ansprüche des Klägers seien nur für die Monate Dezember bis einschließlich Februar 2010 aus dem Gesichtspunkt des Equal Pay berechtigt. Der vom Arbeitsvertrag in Bezug genommene Tarifvertrag sei unwirksam.



Die für Juni 2009 bis einschließlich November 2009 geltend gemachten Ansprüche seien wegen der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist verfallen. Zumindest die 1. Stufe der Ausschlussklausel des § 17 des Arbeitsvertrages halte einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB stand.



Es sei davon auszugehen, dass bei der entleihenden P. Mechatroniker und damit mit dem Kläger vergleichbare Arbeitnehmer in die Einkommensgruppe 5 des TVöD eingruppiert seien. Dies ergebe sich aus der vom Kläger vorgelegten Auskunft. Diese sei ausreichend.



Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung der Entscheidung wird auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils (Blatt 135 Rückseite bis 141 der Akte) verwiesen.



Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde den Parteien am 27.02.2013 zugestellt. Die Berufung des Klägers ging am 25.03.2013 beim Landesarbeitsgericht Bremen ein. Sie wurde mit Schriftsatz vom 29.04.2013 - am selben Tage beim Landesarbeitsgericht Bremen eingehend - begründet. Mit Schriftsatz vom 06.06.2013 - am selben Tage beim Landesarbeitsgericht Bremen eingehend - legte die Beklagte Anschlussberufung ein.



Der Kläger vertritt die Auffassung, die Ausschlussfrist des § 17 des Arbeitsvertrages verstoße nach der Rechtsprechung des BGH gegen § 309 Nr. 7 BGB. Im Übrigen sei als Fristbeginn für den Lauf der Ausschlussfrist - sollte sie denn wirksam sein - die Bekanntgabe des Beschlusses des BAG vom 14.12.2010 anzusehen. Nur wenn ein Anspruch erkennbar und durchsetzbar sei, sei er fällig. Es sei damit zumindest nicht grob fahrlässig, wenn der Arbeitnehmer bei unklarer Rechtslage eine rechtskräftige Entscheidung der Obergerichte abwarte.



Der Kläger beantragt,



das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 30.01.2013, Az.: 8 Ca 8021/11, abzuändern und nach den Schlussanträgen 1. Instanz zu erkennen.



Die Beklagte beantragt,



1. die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 30.01.2013, Az.: 8 Ca 8021/11 zurückzuweisen;



2. das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 30.01.2013, Az.: 8 Ca 8021/11, abzuändern, soweit die Beklagte zur Zahlung von Differenzlohnvergütung in Höhe von 1542,00 € brutto und in Höhe von 704,30 € brutto jeweils nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.05.2010 verurteilt worden ist.



Der Kläger beantragt,



die Anschlussberufung zurückzuweisen.



Die Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung, soweit diese die Ausschlussfristen des Arbeitsvertrages angewendet hat. Die Klausel verstoße weder gegen § 309 Nr. 7 BGB, noch sei sie im Lichte der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.



Nach der Rechtsprechung des BAG werde der gesetzliche Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG zu dem arbeitsvertraglich für die Vergütung vereinbarten Zeitpunkt fällig.



Der Kläger habe keinen Anspruch auf Differenzlohn. Er habe bislang keinen Vortrag gebracht, ob und wenn ja welche Mitarbeiter mit ihm vergleichbar seien. Dies ergebe sich auch nicht aus der vorgelegten Entleiherauskunft. Die Entleiherauskunft verschweige ebenso wie die Klagschrift einen irgendwie gearteten Hinweis auf einen vergleichbaren Arbeitnehmer, der die gleichen Tätigkeiten wie der der Kläger in seiner Überlassung verrichtet habe. Der Verweis auf die Berufsgruppe der Kfz-Mechatroniker ohne Nennung eines überprüfbaren Vergleichspaares genüge für eine substantiierte und hinreichende Darlegung im Sinne des § 10 Abs. 4 AEG gerade nicht.



Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der in 2. Instanz gewechselten Schriftsätze verwiesen.



Entscheidungsgründe



I.



Die Berufung des Klägers ist im Hinblick auf seine Beschwer durch den abgewiesenen Teil der Klage statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und somit insgesamt zulässig.



Die Anschlussberufung der Beklagten ist ebenfalls statthaft. Sie ist fristgerecht eingegangen und zugleich begründet worden und somit insgesamt zulässig. Aus welchem Grund im Tenor Ziff. 1 der verkündeten Entscheidung von der Berufung der Beklagten die Rede ist, ist nicht mehr nachvollziehbar. Offenbar handelt es sich um ein - folgenloses - Versehen bei der Tenorierung.



II.



1. Die Berufung des Klägers ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung der Differenz zwischen dem ihm von der Beklagten gezahlten Entgelt für die Monate Juni 2009 bis Februar 2010 und dem seiner Tätigkeit entsprechenden Tariflohn im Entleiherbetrieb, der P. der Stadt Bremen einschließlich der weiteren geltend gemachten tarifvertraglichen Ansprüche nach § 10 Abs. 4 AÜG.



Zwischen den Parteien ist mittlerweile unstreitig geworden, dass die Tarifverträge, auf die der Arbeitsvertrag in § 1 verweist, nicht wirksam sind. Insoweit wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts gemäß § 69 Abs. 2 Arbeitsgerichtsgesetz zu I., 1. a) verwiesen. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass ihr Vertrauen auf die Wirksamkeit dieser Tarifverträge schützenswert ist. Auch insoweit wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts gemäß § 69 Abs. 2 Arbeitsgerichtsgesetz zu I., 1. b) verwiesen.



In ihrer Anschlussberufung und Berufungserwiderung beschränkt sich die Beklagte auf Ausführungen zur Wirksamkeit der Ausschlussfrist und der Frage der Vergleichbarkeit des Klägers mit anderen Arbeitnehmern des Entleihers.



a) Der Anspruch des Klägers scheitert nicht daran, dass der Kläger nicht konkret einen ihm vergleichbaren Mitarbeiter bei der P. benannt hat, sondern seinen Anspruch aus der bei der P. gültigen Eingruppierungsordnung, dem TVöD abgeleitet hat. § 10 Abs. 4 AÜG ist schon dem Wortlaut nach nicht so zu verstehen, dass der Grundsatz des Equal Pay nur dann gilt, wenn im Entleiherbetrieb auch tatsächlich ein vergleichbarer Arbeitnehmer, der vertraglich mit dem Entleiherbetrieb verbunden ist, existiert. Der Anspruch könnte dann leerlaufen, wenn beispielsweise eine bestimmte Berufsgruppe im Entleiherbetrieb ausschließlich mit entliehenen Arbeitnehmern besetzt ist. Nach dem Wortlaut der Norm sind vielmehr maßgeblich die für vergleichbare Arbeitnehmer geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen. Damit wird auf die Entgeltgrundsätze im Entleiherbetrieb abgestellt. Abgesehen davon dürfte die Beklagte wohl kaum ernstlich bestritten haben wollen, dass bei ihrem Vertragspartner, der Stadt Bremen angesichts der Vielzahl von Dienstfahrzeugen bei P., F. und anderen Dienststellen keine Mitarbeiter mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die denen entsprechen, die der Kläger ausgeübt hat.



Mit der vom Kläger eingereichten Auskunft des Beschäftigungsbetriebes ist auch klargestellt, dass ein Mechatroniker mit entsprechender Tätigkeit in die Entgeltgruppe 5 eingruppiert ist.



Weder das Arbeitsgericht hat in seiner Entscheidung deutlich gemacht, warum der Kläger lediglich in die maßgebliche Entgeltgruppe 5 Stufe 2 und nicht aufgrund seiner einschließlich der Ausbildungszeit gewonnenen beruflichen Erfahrungen in die Stufe 3 einzuordnen ist, noch hat sich die Beklagte substantiiert hiermit auseinandergesetzt. Insoweit ist für die Höhe des Anspruches des Klägers die Differenz zwischen dem gezahlten Entgelt und der tarifgerechten Vergütung nach Entgeltgruppe Stufe 3 des TVöD maßgeblich.



Die Ansprüche des Klägers sind deshalb in dem seiner eigenen Berechnung entsprechenden Umfang gegeben.



2. Die Durchsetzung der Ansprüche des Klägers scheitert nicht an der im Arbeitsvertrag - § 17 - vereinbarten Ausschlussfrist. Die Berufungskammer ist nicht nur der Auffassung, dass Abs. 2 der Ausschlussfrist den Kläger unangemessen benachteiligt. Auch Absatz 1 scheitert an § 307 Abs. 2 Ziff. 2 BGB. Dies ergibt sich aus einer nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte notwendigen Gesamtbewertung (so schon BGH, Urteil vom 17. 1. 1989 - Az.: XI ZR 54/88 - BGHZ 106, 259 ff.) der Regelungen des Arbeitsvertrages vom 09.06.2009.



Isoliert betrachtet, ist dem Arbeitsgericht beizupflichten, dass § 17 Abs. 1 des Arbeitsvertrages nicht zu beanstanden ist. Es handelt sich um eine im Arbeitsleben übliche Ausschlussfrist, die sicherstellen will, dass beide Parteien nicht über eine längere Zeit im Unklaren darüber bleiben, ob Ihr Vertragspartner Ansprüche gegen sie geltend macht. Ausschlussfristen - in der Regel in Tarifverträgen vereinbart - dienen nach allgemeiner Auffassung der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (so schon BAG Urteil vom 30.03.1962 - NJW 1962, 1460 [BAG 30.03.1962 - 2 AZR 101/61] - allerdings zu tariflichen Ausschlussklauseln).



Bei der Prüfung von Ausschlussfristen ist auch die Entscheidung des BVerfG vom 01.12.2010 (Az.: 1 BvR 1682/07 - AP Nr 196 zu § 4 TVG Ausschlussfristen) heranzuziehen, wonach die für den vorliegenden Fall maßgeblichen zivilprozessualen Regeln verfassungskonform ausgelegt werden müssen. Das BVerfG hat entschieden, dass den Parteien im Zivilprozess der Zugang zu den Gerichten nicht in unzumutbarer, durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden darf. Dies ergebe sich aus Art. 2 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip, aus dem das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz abgeleitet wird. Das Bundesverfassungsgericht sieht in § 4 Abs. 1 KSchG und in § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG die Konkretisierung dieses Grundrechts, das bei der Auslegung und Anwendung von Regelungen unter anderem gerichtlicher im Tarifvertrag vereinbarter Ausschlussfristen zu berücksichtigen sei. Das Bundesarbeitsgericht fordert die Gerichte auf, bei der Auslegung materiellen und prozessualen Rechts darauf zu achten, dass dies Grundrecht verwirklicht werden kann.



Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist zwar zur Auslegung und Wirksamkeit von tarifvertraglichen Ausschlussfristen, die die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen vorsehen, ergangen. Die Berufungskammer hält es aber für notwendig, bei arbeitsvertraglichen zweistufigen Ausschlussfristen auch die 1. Stufe daraufhin zu überprüfen, ob sie in noch zumutbarer Weise und/oder durch Sachgründe gerechtfertigt der Verwirklichung von Rechten des Arbeitnehmers entgegensteht.



Bei der Prüfung der Ausschlussklausel des § 17 des Arbeitsvertrages unter Berücksichtigung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ist festzustellen, dass die Klausel in Verbindung mit der rechtsgrundlosen Befristung des Arbeitsverhältnisses in einer Weise bewirkt, die es praktisch ausschließt, dass der Arbeitnehmer Ansprüche aus dem gesetzlichen Grundsatz des Equal Pay geltend machen kann. Dies ist ihm letztlich nur dann zumutbar, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist, was seinen Anspruch auf die letzten 3 Monate des Arbeitsverhältnisses begrenzt. Beruft er sich vor Ablauf der Befristung darauf, dass die Vergütungsbedingungen im Verleiherbetrieb gegen § 9 Ziff. 2 AÜG verstoßen, beraubt er sich selbst nicht nur der Chance, ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis zum Verleiherbetrieb bei Einhaltung der gesetzlichen Regelungen des AÜG zu begründen, sondern er vereitelt auch seiner Chancen, beim Verleiherbetrieb zu den bisher ihm zugebilligten schlechteren Bedingungen weiter zu arbeiten. Dabei ist dann völlig unerheblich, ob der geltend gemachte Anspruch auf Equal Pay zu Recht besteht oder nicht. Die Regelungen des Arbeitsvertrages zwingen den Kläger mithin dazu, sich selbst zu schädigen, will er eine seiner Meinung nach gesetzeskonforme Vergütung durchsetzen. Geht man vom Vertragszweck eines Arbeitsverhältnisses aus, der darin besteht, dass Arbeitsleistung ausgetauscht wird gegen Arbeitsentgelt, das entsprechend den arbeitsvertraglichen, gesetzlichen bzw. tariflichen Regelungen unter Beachtung der Rangfolge der maßgeblichen Normen zu bemessen ist, ist festzustellen, dass die Kopplung der Ausschlussfrist mit der sachgrundlosen Befristung geeignet ist, zu vereiteln, dass der Arbeitgeber entsprechend den gesetzlichen Vorschriften die von ihm geschuldete Leistung erbringt. Damit ist ein Fall gegeben, der unter § 307 Abs. 2. 2 BGB subsumierbar ist. Zu den wesentlichen Rechten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, gehören die Rechte, geltendem Recht entsprechend entlohnt zu werden. Durch die dreimonatige Ausschlussfrist wird die Erreichung des Vertragszwecks im oben genannten Sinne nicht nur gefährdet, sondern faktisch vereitelt, ohne dass hierfür ein sachlicher Grund besteht.



Der von der Vertragskonstruktion ausgehende Druck, sich bis zur Beendigung der Befristung mit der gezahlten Vergütung zufriedenzugeben, ist schon deswegen bei der Bewertung der Klausel zu beachten, weil die Arbeitsbedingungen, die der Kläger angreift und die er für maßgeblich hält, sich dramatisch unterscheiden. Es geht nicht etwa um des gelegentlich auftauchende Problem, ob alle geleisteten Arbeitsstunden bei der Abrechnung berücksichtigt worden sind, oder ob eventuell vorgesehene Überstundenzuschläge richtig berechnet worden sind. In derartigen Fällen mag ein verständiger Arbeitgeber davon absehen, das Arbeitsverhältnis, das er an sich fortzusetzen beabsichtigt hatte, nicht zu verlängern.



Die Differenz zwischen der Vergütung nach dem unwirksamen Tarifvertrag und den maßgeblichen TVöD beträgt unter Berücksichtigung der Jahreszuwendung des höheren Urlaubsanspruchs immerhin mehr als 4 € die Stunde. Damit wäre das Geschäftsmodell des Verleihbetriebes, das bewusst auf den Tarifverträgen der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit aufbaut, empfindlich gestört. Schon aus diesem Grund kann nichts anderes erwartet werden, als das der mit Ansprüchen auf Equal Pay überzogene Arbeitgeber auf keinen Fall bereit ist, das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Befristung fortzusetzen. Da es sich im vorliegenden Fall um eine sachgrundlose Befristung handelt, besteht nicht einmal die Möglichkeit des Klägers, die Wirksamkeit der Befristung mit Aussicht auf Erfolg überprüfen zu lassen.



Hinzu kommt im vorliegenden Vertrag auch noch der Umstand, dass in § 4 Ziff. 4 des Vertrages die Verpflichtung des Arbeitnehmers festgelegt ist, etwaige zu viel gezahlte Bezüge ohne Aufforderung zurückzuzahlen und auf die Einrede der Entreicherung zu verzichten.



Damit soll offenbar geregelt werden, dass typische, durch Fehler in der Lohnabrechnung häufiger auftretende Ansprüche des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer von der Notwendigkeit der Geltendmachung nach § 17 des Arbeitsvertrags befreit sind.



Insgesamt lässt der Arbeitsvertrag erkennen, dass mit seinen Regelungen beabsichtigt ist, die weit unter dem allgemeinen Lohnniveau liegenden Bedingungen der Tarifverträge mit der Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit vor Gefährdungen durch Equal Pay-Ansprüche zu schützen. Dass damit eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers eintritt, für die es keinerlei von der Rechtsordnung akzeptierten sachlichen Grund gibt, liegt nach Auffassung der Berufungskammer auf der Hand.



Die Berufung des Klägers war somit erfolgreich.



2. Aus den Gründen, die zum Erfolg der Klage und Berufung des Klägers geführt haben, ergibt sich zwangsläufig die Zurückweisung der Anschlussberufung der Beklagten.



III.



Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. In Hinblick darauf, dass - soweit ersichtlich - Ausschlussfristen der hier vorliegenden Art bei vergleichbaren Arbeitsverträgen für wirksam gehalten wurden, hat die Berufungskammer die Revision zugelassen.

Vorschriften§ 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG, § 16 Abs. 3 Satz 2 TVöD, § 20 TVöD, § 26 TVöD, § 309 Nr. 7 a BGB, § 46 Abs. 2 ArbGG, §§ 495 Abs. 1, 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO, § 307 Abs. 1 BGB, § 309 Nr. 7 BGB, § 10 Abs. 4 AÜG, § 10 Abs. 4 AEG, § 69 Abs. 2 Arbeitsgerichtsgesetz, § 307 Abs. 2 Ziff. 2 BGB, Art. 2 GG, § 4 Abs. 1 KSchG, § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG, § 9 Ziff. 2 AÜG, § 91 ZPO

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