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10.02.2016 · IWW-Abrufnummer 183645

Landesarbeitsgericht München: Urteil vom 09.07.2014 – 5 Sa 712/13

1. Vergibt ein Arbeitgeber, der bei seiner Auswahlentscheidung an die Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG gebunden ist, eine zu besetzende Stelle zu Unrecht an einen Konkurrenten, kann er dem unterlegenen Stellenbewerber gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet sein. Dem zurückgewiesenen Bewerber stehen allerdings nur dann Schadensersatzansprüche zu, wenn ihm anstelle des Konkurrenten die Stelle hätte übertragen werden müssen.

2. Dabei gelten die allgemeinen Voraussetzungen, wonach zwischen Rechtsverletzung und Schaden ein adäquater Zusammenhang bestehen muss. Für die den Schadensersatzanspruch begründenden Tatsachen ist der Bewerber nach allgemeinen Grundsätzen in der Regel darlegungs- und beweispflichtig. Ob und inwieweit hiervon abzuweichen ist, wenn keine Dokumentation der Auswahlentscheidung vorliegt, kann vorliegend offen bleiben.

3. Der Anspruch auf erneute Entscheidung über die Besetzung der Stelle setzt voraus, dass sich die Auswahlentscheidung des Arbeitgebers als rechtsfehlerhaft erweist. Durch eine Stellenbesetzung, die unter Verstoß gegen eine Untersagungsverfügung erfolgt, geht der Bewerberverfahrensanspruch nicht unter.

4. Je nach Fallgestaltung kann es im Ermessen des öffentlichen Arbeitgebers liegen, ob das Auswahlverfahren vollständig abgebrochen und mit einem neuen Verfahren ganz von vorne begonnen oder ob das Verfahren unter Heilung des Fehlers fortgesetzt wird.


In dem Rechtsstreit

A. A-Straße, A-Stadt

- Klägerin und Berufungsklägerin -

Prozessbevollmächtigter:

Rechtsanwalt B. B-Straße, A-Stadt

gegen

D. D-Straße, A-Stadt

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigte:

Syndizi C. C-Straße, A-Stadt

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts München aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 4. Juni 2014 durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Dr. Wanhöfer sowie die ehrenamtlichen Richter Schaller und Mehle

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 18.06.2013 - Az. 41 Ca 10838/12 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin als nicht berücksichtigte Stellenbewerberin gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch bzw. hilfsweise einen Anspruch auf Neubescheidung hinsichtlich ihrer Bewerbung hat.



Die Beklagte schrieb im Frühjahr 2012 auf ihrer Homepage mit der Verfahrensnummer 12-449-075 eine Stelle für "eine Mitarbeiterin, einen Mitarbeiter für gesamtstädtische Koordinationsaufgaben" zum nächstmöglichen Zeitpunkt aus. Die Stelle mit dem Themenschwerpunkt "Bürgerschaftliches Engagement" sollte beim Direktorium, Hauptabteilung I Steuerung und Information, Abteilung Controlling/Steuerungsunterstützung angesiedelt sein (zu den Aufgabenschwerpunkten im Einzelnen wird auf die Ausschreibung, Bl. 7 f. d. A., Bezug genommen). Unter der Überschrift "Worauf kommt es uns an?" heißt es in der Ausschreibung:



"Für die ausgeschriebene Stelle suchen wir eine engagierte Persönlichkeit mit abgeschlossenem Hochschulstudium (Univ.) der Geistes- oder Sozialwissenschaften.



Praktische Erfahrungen zum Thema Bürgerschaftliches Engagement sind von Vorteil.



- Fachliche Kompetenz: insbesondere fundiertes und aktuelles bereichsübergreifendes Wissen zum Thema Bürgerschaftliches Engagement, grundlegende Kenntnisse des Kommunalrechts sowie von einschlägigen Bundes- und Landesregelungen



- Soziale Kompetenz, wie Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Kooperationsfähigkeit, auch mit anderen Professionen und die Fähigkeit mit Konflikten umzugehen, interkulturelle Kompetenz



- Methodische Kompetenz, z. B. ausgeprägte Kenntnisse zu Konzeptentwicklung und Moderation, zielorientiertes Handeln und die Fähigkeit ganzheitlich und vernetzt zu denken



- Persönliche Eigenschaften, insbesondere analytisches Denkvermögen, Kreativität, überzeugendes Auftreten"



Die Klägerin, die von Oktober 2007 bis Juni 2010 ein Bachelorstudium der Politikwissenschaften an der Universität Wien absolviert und mit Datum vom 01.01.2012 vom King's College London ihren "Master of Arts in European Studies" verliehen bekommen hatte, bewarb sich mit Schreiben vom 31.05.2012 unter Beifügung ihrer Bewerbungsunterlagen auf die genannte Stelle. Insgesamt gingen bei der Beklagten für die Stelle 272 Bewerbungen ein.



Die Klägerin wurde von der Beklagten nicht zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen. Mit Schreiben vom 23.07.2012 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass zwischenzeitlich die Vorauswahl abgeschlossen und, weil einige Bewerberinnen und Bewerber das Anforderungsprofil in höherem Maße erfüllen würden, sie nicht in die engere Auswahl einbezogen worden sei (Bl. 10 d. A.). Auf Nachfrage der Klägerin nach dem Grund für die Absage antwortete die Beklagte mit E-Mails vom 01.08.2012 ("Die ausgeschriebene Stelle wurde in der Zwischenzeit besetzt.") sowie vom 08.08.2012. Mit Anwaltsschreiben vom 14.08.2012 verlangte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin von der Beklagten die Mitteilung der Qualifikationen und des beruflichen Werdegangs der letztlich erfolgreichen Bewerberin; zugleich wurde Akteneinsicht in die Dokumentation des Auswahlverfahrens beantragt (Bl. 14 f. d. A.). Mit Datum vom 04.09.2012 erhielt der Prozessbevollmächtigte der Klägerin von der Beklagten einen Auszug der Dokumentation des Auswahlverfahrens übersandt (Bl. 16 ff. d. A.). Dabei teilte die Beklagte mit, dass im Rahmen der Vorauswahl die Eignung anhand von festgelegten Kriterien und Punkten überprüft worden sei. Für ein Vorstellungsgespräch seien alle Bewerberinnen und Bewerber ausgewählt worden, die eine Summe von mindestens sechs Punkten bei der fachlichen Vorauswahl erhalten hätten. Aus der Anlage zum Schreiben vom 04.09.2012 wurden bei der Vorauswahl folgende Anforderungen zugrunde gelegt:



"1. Fundiertes und aktuelles bereichsübergreifendes Wissen zum Thema Bürgerschaftliches Engagement



2. Grundlegende Kenntnisse des Kommunalrechts sowie von einschlägigen Bundes- und Landesregelungen



3. Praktische Erfahrungen zum Thema Bürgerschaftliches Engagement sind von Vorteil"



Punkte wurden hierfür nach folgenden Ausprägungsgraden vergeben:



"(0) nicht vorhanden



(1) schwach ausgeprägt



(2) zufriedenstellend ausgeprägt



(3) stark ausgeprägt"



Nach der "Bewerberliste B" (Bl. 19 ff. d. A.) wurden der Klägerin von der Beklagten für die Anforderungen (1) und (2) jeweils ein Punkt sowie für die Anforderung (3) zwei Punkte zuerkannt. Wegen der Gesamtpunktzahl von vier Punkten wurde die Klägerin nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Ebenfalls mitgeteilt wurden ihr in diesem Schreiben die Punkte der letztlich ausgewählten Bewerberin Frau E., die von 1981 bis 1986 ein Hochschulstudium der Evangelischen Theologie-/Diakoniewissenschaften (Univ.) und von 1986 bis 1990 ein Hochschulstudium der Sozialpädagogik (FH) absolviert hatte. Dieser wurden für die Anforderung (1) von der Beklagten drei Punkte, für die Anforderung (2) ein Punkt und für die Anforderung (3) drei Punkte zuerkannt, weswegen sie auch zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden war. Mit weiterem Schreiben vom 13.09.2012 erhielt der klägerische Prozessbevollmächtigte auch Unterlagen, die die erfolgreiche Bewerberin E. betrafen (Bl. 44 d. A.).



Mit Schriftsatz vom 14.09.2012 beantragte die Klägerin beim Arbeitsgericht München den Erlass einer einstweiligen Verfügung dahingehend, es der Beklagten bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens vorläufig zu untersagen, die streitgegenständliche Stelle zu besetzen. Mit rechtskräftig gewordenem Endurteil vom 27.09.2012 (Az. 6 Ga 167/12) erließ das Arbeitsgericht München die beantragte einstweilige Verfügung.



Mit Schriftsatz vom 14.09.2012 erhob die Klägerin Klage gegen die Beklagte auf erneute Entscheidung über ihre Bewerbung auf die bei der Beklagten zu besetzende Stelle unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Mit Schriftsatz vom 25.10.2012 teilte die Beklagte mit, dass sie aufgrund der ergangenen einstweiligen Verfügung die Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu betrachtet und eine neue Vorauswahl vorgenommen habe. Zur Dokumentation dieser Auswahlentscheidung verweist sie auf die dem Schriftsatz beigefügte Anlage B 5 ("Stellenbesetzung beim Direktorium, HA I Steuerung/Information", Bl. 53 ff. d. A.). Die Auswahlvormerkung mit dem Vorschlag, dass die ausgeschriebene Stelle mit Frau E. zu besetzen sei, enthält mehrere Anlagen, u. a. in einer Anlage 6 eine "Gegenüberstellung der Eignung der Bewerberin Frau E. sowie der Bewerberin Frau A. nach Papierlage hinsichtlich der für die Vorauswahl herangezogenen fachlichen Kompetenzen" (Bl. 61 d. A.).



Mit Schriftsatz vom 20.05.2013 änderte die Klägerin die Klage auf Schadensersatzzahlungen, hilfsweise Neubescheidung hinsichtlich ihrer Bewerbung auf die bei der Beklagten zu besetzende Stelle.



Die Klägerin hat ausgeführt, bei ordnungsgemäßer Beachtung von Art. 33 Abs. 2 GG wäre die Besetzung der Stelle mit ihr die einzig richtige Auswahlentscheidung gewesen. Die Beklagte habe gegen das Dokumentationsgebot verstoßen und einen unheilbaren Verfahrensfehler begangen. Die Vergabe der Punkte sei schleierhaft. Die Beklagte habe sich auch nicht an das von ihr erstellte und aufgrund der Ausschreibung für das Auswahlverfahren verbindliche Anforderungsprofil gehalten. Die einstweilige Verfügung des Arbeitsgerichts sei einfach ignoriert und die Stelle mit der Bewerberin E. besetzt worden. Mittlerweile bestehe der Verdacht, dass man Frau E. gezielt untergebracht habe. Die ausgeschriebene Stelle sei gezielt dergestalt verfasst worden, damit sie exakt auf das Bewerberprofil von Frau E. passe. Die Beklagte habe lediglich zum Schein ein neues Bewerbungsverfahren durchgeführt, die Stelle aber gar nicht ausgeschrieben, sodass sich nicht sämtliche externen oder internen Bewerber bewerben hätten können. Sie sei auch nicht darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass ein Bewerbungsverfahren "neu" durchgeführt worden sei. Die Beklagte habe vielmehr vollendete Tatsachen geschaffen, um ein von ihr gewünschtes Ergebnis zu erzielen. Nach wie vor habe diese nicht ausreichend dokumentiert, inwieweit die letztlich eingestellte Bewerberin E. die gesamten Kriterien des Anforderungsprofils besser erfülle. Es stelle auch ein Dokumentationsdefizit dar, wenn die Beklagte lediglich die Dokumentation der klagenden Bewerberin und der letztlich erfolgreichen Bewerberin vorlege. Die Beklagte habe auch nicht die handschriftlichen Dokumentationen der einzelnen Mitglieder der Auswahlkommission vorgelegt, welche jedoch wichtiger Bestandteil der Dokumentation seien. Da die Beklagte den Justizgewährungsanspruch nach Art. 19 Abs. 4 GG pflichtwidrig ignoriert und dadurch Rechtsschutzmöglichkeiten vereitelt habe, schulde diese Schadensersatz in Höhe der entgangenen Bruttovergütungen. Ein Anspruch auf Schadensersatz sei regelmäßig dann in Betracht zu ziehen, wenn der unterlegene Kandidat bei der Entscheidung nach leistungsbezogenen Auswahlkriterien zumindest eine reelle Chance gehabt habe. Da die Beklagte die Anordnung des Arbeitsgerichts einfach missachtet und die Stelle besetzt habe, seien an die Frage der haftungsausfüllenden Kausalität nur geringste Anforderungen zu stellen, da andernfalls der öffentliche Dienst ohne jegliche Konsequenzen sämtliche Anordnungen der Arbeitsgerichte ignorieren könne (zum erstinstanzlichen Vorbringen der Klägerin im Einzelnen wird auf ihre Schriftsätze vom 14.09.2012, Bl. 1 ff. d. A., 20.03.2013, Bl. 86 ff. d. A., und 20.05.2013, Bl. 106 ff. d. A., nebst Anlagen, Bezug genommen).



Hinsichtlich der erstinstanzlichen Anträge der Parteien wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 18.06.2013, Bl. 131 ff. d. A., Bezug genommen.



Die Beklagte hat sich gegen die Klage verteidigt und ausgeführt, aufgrund des Ausgangs des einstweiligen Verfügungsverfahrens habe sie eine erneute Auswahl vorgenommen. Unter Beachtung der Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG habe sie eine Bewertung der Bewerbersituation vorgenommen und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Bewerberin E. das Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle am besten erfülle, auch im Vergleich zur Klägerin. Sie habe das Bewerbungsverfahren allerdings nicht insgesamt neu durchgeführt, sondern aufgrund der Beanstandungen im einstweiligen Verfügungsverfahren die Auswahlentscheidung aufgehoben, den gerügten Fehler ausgebessert und das Verfahren fortgesetzt. Da somit von der Fortdauer des ursprünglichen Besetzungsverfahrens auszugehen sei, folge daraus ohne weiteres, dass sowohl die Bewerbung der Klägerin als auch diejenige der Bewerberin E. in diesem Verfahren abermals zu behandeln gewesen sei. Auch nach einer eingehenden, ausreichend nachvollziehbaren Gegenüberstellung der fachlichen Leistung der Klägerin und derjenigen von Frau E. sei es dabei geblieben, dass die Klägerin nicht zu einem Vorstellungsgespräch geladen worden sei. Der Klägerin sei die neue Auswahlentscheidung samt der zugrunde liegenden Dokumentation am 25.10.2012 bekannt gegeben worden. Die vorgelegte Dokumentation der Leistungsbewertungen und der wesentlichen Auswahlerwägungen entsprächen den Erfordernissen des Art. 33 Abs. 2 i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG. Auf Aushändigung etwaiger gefertigter handschriftlicher Notizen der Mitglieder der Auswahlkommission habe die Klägerin keinen Anspruch, ebenso wenig auf Einsichtnahme in die Unterlagen der übrigen Bewerber. Die streitgegenständliche Stelle sei weiterhin unbesetzt (zum erstinstanzlichen Vorbringen der Beklagten im Einzelnen wird auf ihre Schriftsätze vom 25.10.2012, Bl. 24 ff. d. A., 04.04.2013, Bl. 91 ff. d. A., und 31.05.2013, Bl. 125 ff. d. A., nebst Anlagen, Bezug genommen).



Mit Urteil vom 18.06.2013 wies das Arbeitsgericht die Klage ab. Die Klägerin habe nicht hinreichend substanziiert dargelegt, dass ihre Nichteinstellung durch einen Verstoß der Beklagten gegen Art. 33 Abs. 2 GG adäquat kausal verursacht worden sei. Das Verhalten des Arbeitgebers im Bewerbungsverfahren sei für den Schaden eines zurückgewiesenen Bewerbers nur dann ursächlich, wenn sich jede andere Besetzungsentscheidung als rechtsfehlerhaft erweise. Dies erfordere eine Reduktion des dem Arbeitgeber zustehenden Auswahlermessens auf Null, was nur dann anzunehmen sei, wenn der zurückgewiesene Bewerber der bestqualifizierte sei. Die hierfür darlegungspflichtige Klägerin habe nicht dargetan, dass sie nach den Kriterien Eignung, Befähigung und fachliche Leistung tatsächlich die Bestqualifizierte unter den Bewerbern gewesen sei. Der klägerischen Auffassung, ein Anspruch auf Schadensersatz sei bereits dann in Betracht zu ziehen, wenn der unterlegene Kandidat bei der Entscheidung nach leistungsbezogenen Auswahlkriterien zumindest eine reelle Chance gehabt habe und seine Einstellung ernsthaft möglich gewesen sei, folge die Kammer nicht. Die Klägerin habe aber auch keinen Anspruch auf Übertragung der ausgeschriebenen Stelle bzw. auf Wiederholung der Auswahlentscheidung. Die Kammer gehe davon aus, dass der im einstweiligen Verfügungsverfahren gerügte Dokumentationsfehler des ursprünglichen Auswahlverfahrens geheilt worden sei. Hier sei eine Heilung der unvollständigen Dokumentation der Auswahlentscheidung möglich gewesen. Die Dokumentation habe nicht vollständig, sondern nur zum Teil und auch nur in untergeordneten Teilbereichen gefehlt. Die Dokumentation der "zweiten" Runde entspreche den Anforderungen an ein verfahrensfehlerfreies Auswahlverfahren (zur Begründung des Arbeitsgerichts im Einzelnen wird auf das Urteil vom 18.06.2013, Bl. 131 ff. d. A., Bezug genommen).



In ihrer Berufung führt die Klägerin aus, das Arbeitsgericht verkenne, dass wegen der elementaren Fehler der Beklagten bei der Auswahl ein Herabsinken des Beweismaßes bis hin zu einer Beweislastumkehr vorgenommen werden müsse und dass sie bei hypothetischer Betrachtungsweise die Stelle anstelle der letztlich erfolgreichen Bewerberin E. habe erhalten müssen. Außerdem stelle die Ablehnung einer Bewerbung im Bereich des öffentlichen Dienstes nichts anderes als eine Benachteiligung dar, sodass in konsequenter Umsetzung der BAG-Rechtsprechung § 22 AGG analog anzuwenden sei. Es sei auch dargelegt und unter Beweis gestellt worden, dass das Auswahlverfahren tatsächlich nicht erneut durchgeführt und letztlich diejenige Bewerberin eingestellt worden sei, die die Beklagte von Anfang an habe einstellen wollen. Das ergebe sich schon daraus, dass die Stelle nicht erneut ausgeschrieben und nicht sämtlichen abgelehnten Bewerbern mitgeteilt worden sei, dass das Auswahlverfahren erneut durchgeführt werde. Lediglich die Bewerberinnen "E." und "A." seien vorgeblich verglichen worden. Das Arbeitsgericht verkenne, dass aufgrund der verfahrensfehlerhaften Bewerberauswahl die Beklagte für die fehlende hypothetische haftungsausfüllende Kausalität darlegungs- und beweispflichtig sei. Unabhängig davon sei sie - ziehe man das zuletzt für die Beklagte angeblich maßgebliche Anforderungsprofil heran - gegenüber der Bewerberin E. in jedem Fall vorzuziehen gewesen. Ihre Studienabschlüsse seien als höherwertig einzustufen und zudem frischer, da der Hochschulabschluss der Bewerberin E. schon fast 30 Jahre zurückliege. Außerdem stehe ein Studienabschluss im Bereich Politikwissenschaft wesentlich näher am geforderten Aufgabenkreis als ein Studienabschluss in evangelischer Theologie. Was fundiertes und aktuelles Wissen zum Thema bürgerschaftliches Engagement angehe sei nicht nachzuvollziehen, was die Tätigkeiten der Bewerberin E. im Bereich der Erwachsenenbildung mit bürgerschaftlichem Engagement zu tun hätten. Vom Kommunalrecht und weitergehenden rechtlichen Regelungen habe die Bewerberin E. wohl keinen blassen Schimmer. Der Vortrag der Beklagten, dass die streitgegenständliche Stelle nicht besetzt sei, sei nach wie vor falsch. Ausweislich des digitalen Telefonbuchs sei Frau E. in der bewussten Organisationseinheit mit der Zuständigkeit "Gesamtstädtische Koordinierungsstelle Bürgerliches Engagement" tätig. Die Zuständigkeiten seien völlig identisch mit den in der Stellenausschreibung beschriebenen Aufgabenbereichen. Da die Bewerberin E. trotz arbeitsgerichtlichen Verbots eingestellt worden sei, sei auch die Anspruchsgrundlage nach §§ 280 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG gegeben. Im konkreten Fall stehe die tatsächliche Besetzung der Stelle einem Neuverbescheidungsanspruch nicht entgegen, da bei gröblichen Verstößen die entsprechende Stelle bzw. eine andere Stelle freizumachen sei und sich hieraus unmittelbar ausnahmsweise ein Einstellungsanspruch ergebe (zur Berufungsbegründung der Klägerin im Einzelnen wird auf ihre Schriftsätze vom 26.10.2013, Bl. 196 ff. d. A., 13.04.2014, Bl. 298 ff. d. A., und 14.04.2014, Bl. 309 ff. d. A., nebst Anlagen, Bezug genommen).



Die Klägerin beantragt:



1. Die Beklagte wird abändernd verurteilt, an die Klägerin 3.456,14 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 02.08.2012 zu zahlen.



2. Die Beklagte wird abändernd verurteilt, an die Klägerin 3.456,14 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 02.09.2012 zu zahlen.



3. Die Beklagte wird abändernd verurteilt, an die Klägerin 3.456,14 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 02.10.2012 zu zahlen.



4. Die Beklagte wird abändernd verurteilt, an die Klägerin 3.456,14 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 02.11.2012 zu zahlen.



5. Die Beklagte wird abändernd verurteilt, an die Klägerin 3.456,14 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 02.12.2012 zu zahlen.



6. Die Beklagte wird abändernd verurteilt, an die Klägerin 3.456,14 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 02.01.2013 zu zahlen.



7. Die Beklagte wird abändernd verurteilt, an die Klägerin 3.547,73 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 02.02.2013 zu zahlen.



8. Die Beklagte wird abändernd verurteilt, an die Klägerin 3.547,73 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 02.03.2013 zu zahlen.



9. Die Beklagte wird abändernd verurteilt, an die Klägerin 3.547,73 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 02.04.2013 zu zahlen.



10. Die Beklagte wird abändernd verurteilt, an die Klägerin 3.547,73 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 02.05.2013 zu zahlen.



11. Es wird abändernd festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, sämtliche künftigen materiellen Schäden zu ersetzen, die der Klägerin aus der unterlassenen Einstellung bei der Beklagten als "Mitarbeiterin für gesamtstädtische Koordinationsaufgaben, Verfahrens-Nr.: 12-449-075" entstehen werden.



Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen zu 1. bis 11.:



12. Die Beklagte wird abändernd verurteilt, über die Bewerbung der Klägerin auf die bei der Beklagten zu besetzenden Stelle als "Mitarbeiter/in für gesamtstädtische Koordinationsaufgaben, Verfahrens-Nr.: 12-449-075" unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.



Die Beklagte beantragt,



die Berufung zurückzuweisen



und verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Im Rahmen der neuen Vorauswahl sei u. a. in der Anlage 6 der Auswahlvormerkung ausführlich begründet worden, warum die Klägerin bei den Anforderungen nur vier Punkte und die letztendlich ausgewählte Bewerberin E. sieben Punkte erhalten habe, weswegen Letztere zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen worden sei. Die "weichen" Anforderungen seien erst im Rahmen des Bewerbungsgesprächs abgeprüft worden. Ein Dokumentationsdefizit sei im vorliegenden Verfahren nicht mehr gegeben. Die Gegenüberstellung der Klägerin mit der Bewerberin E. trage wie die Dokumentation der Auswahlentscheidung insgesamt das Datum vom 17.10.2012 und die Unterschrift des Entscheiders ebenso wie die anderen Handzeichen das des 22.10.2012. Bei der erneuten Personalvorauswahl durch Frau F. habe sich kein anderes Bild als bei der ersten Auswahl ergeben. Außerdem sei keine Beweislastumkehr bzw. ein Herabsinken des Beweismaßes bezüglich der hypothetischen haftungsausfüllenden Kausalität vorzunehmen. Es bleibe beim allgemeinzivilrechtlichen Grundsatz, dass derjenige, der die Rechtsfolgen einer für ihn günstigen Norm in Anspruch nehmen wolle, dessen Voraussetzungen darlegen und ggf. beweisen müsse. Eine Beweislastumkehr könne auch nicht aus einer analogen Anwendung des § 22 AGG abgeleitet werden. Abgesehen davon könne der Beweis erbracht werden, dass eine Verletzung der Dokumentationspflicht nicht adäquat kausal für den Schaden der Klägerin sei. Aus den vorgelegten Unterlagen ergebe sich, dass die Bewerberin E. für die Stelle besser geeignet sei als die Klägerin. Ausweislich des Stellenplans, einem Schriftstück mit Satzungsqualität, sei die streitgegenständliche Stelle nach wie vor unbesetzt (zur Berufungserwiderung der Beklagten im Einzelnen wird auf ihre Schriftsätze vom 12.12.2013, Bl. 242 ff. d. A., 20.02.2014, Bl. 274 ff. d. A., und 19.05.2014, Bl. 327 ff. d. A., nebst Anlagen, Bezug genommen).



Entscheidungsgründe



Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht entschieden, dass der Klägerin weder ein Anspruch auf Schadensersatz (Hauptantrag) noch ein Anspruch darauf zusteht, dass die Beklagte über ihre Bewerbung neu entscheidet (Hilfsantrag).



I.



Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus § 280 BGB noch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 33 Abs. 2 GG oder i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG.



1. Gem. Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Beamte und Angestellte haben bei der Besetzung von Ämtern des öffentlichen Dienstes den grundrechtsgleichen Anspruch darauf, dass die Auswahlentscheidung nach den in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien erfolgt. Der hiernach am besten geeignete Bewerber für die ausgeschriebene Stelle hat einen Anspruch auf Besetzung (BAG v. 11.06.2013 - 9 AZR 668/11, Rn. 16).



Vergibt ein Arbeitgeber, der bei seiner Auswahlentscheidung an die Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG gebunden ist, eine zu besetzende Stelle zu Unrecht an einen Konkurrenten, kann er dem Stellenbewerber gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet sein. Dem zurückgewiesenen Bewerber stehen allerdings nur dann Schadensersatzansprüche zu, wenn ihm anstelle des Konkurrenten das Amt hätte übertragen werden müssen. Hierfür muss festgestellt werden, dass ein hypothetischer Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Arbeitgebers zu einer Entscheidung geführt hätte, die für die Schadensersatz begehrende Partei günstiger gewesen wäre (BAG v. 12.10.2010 - 9 AZR 554/09, Rn. 68).



Dabei gelten die allgemeinen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs: Zwischen Rechtsverletzung und Schaden muss ein adäquater Zusammenhang bestehen. Der Bewerberverfahrensanspruch verlangt nicht, dass ausnahmsweise ein Schadensersatzanspruch unabhängig von adäquater Kausalität zwischen Rechtsverletzung und Schaden eingeräumt wird (BAG v. 12.10.2010, aaO., Rn. 68). Dementsprechend hat auch das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 13.01.2010 (2 BvR 811/09) bestätigt, dass der grundrechtlich abgesicherte Bewerberverfahrensanspruch nicht verlangt, dass, abweichend von sonst geltenden haftungsrechtlichen Grundsätzen, ein Schadensersatzanspruch im Falle seiner Verletzung unabhängig von adäquater Kausalität der Verletzung für den Schaden eingeräumt wird. Danach gebiete Art. 33 Abs. 2 GG nicht, die Anforderungen im Schadensersatzverfahren von der "Wahrscheinlichkeit der Beförderung" auf die bloße "Möglichkeit der Beförderung" abzusenken.



Das Verhalten des Arbeitgebers im Bewerbungsverfahren ist für den Schaden eines zurückgewiesenen Bewerbers nur ursächlich, wenn sich jede andere Besetzungsentscheidung des Arbeitgebers als rechtsfehlerhaft erwiesen hätte. Dies erfordert eine Reduktion des dem Arbeitgeber zustehenden Auswahlermessens auf Null. Eine solche Reduktion ist nur anzunehmen, wenn der zurückgewiesene Bewerber nach den in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien der bestqualifizierte Bewerber ist. Erst wenn die klagende Partei ihrer diesbezüglichen Darlegungslast genügt, obliegt es dem Arbeitgeber, dem Vortrag substanziiert entgegenzutreten. Dies gilt unabhängig davon, ob der Bewerber seinen Anspruch auf § 280 Abs. 1 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 33 Abs. 2 GG stützt (BAG v. 12.10.2010, aaO.; BAG v. 19.02.2008 - 9 AZR 70/07, Rn. 27 ff.).



2. Hier kommt auch kein "Herabsinken der Beweislast" bzw. eine "Umkehr der Beweislast" hinsichtlich der haftungsausfüllenden Kausalität in Betracht.



a) Ein Abweichen von den allgemeinen Grundsätzen, dass dem Bewerber die Darlegungs- und Beweislast für die seinen Schadensersatzanspruch begründenden Tatsachen obliegt, kommt unter Umständen dann in Betracht, wenn die Klagepartei über keine Informationen dazu verfügt, aufgrund welcher Entscheidungsgrundlagen der einstellende Arbeitgeber ihrer Bewerbung im Verhältnis zu einem anderen Bewerber nicht entsprochen hat. Der klagende Bewerber kann in der Regel nicht wissen, wie der Arbeitgeber ihn im Verhältnis zum ausgewählten Bewerber bewertet hat und was die wesentlichen Auswahlerwägungen waren.



Damit ein Bewerber bei Verletzung des grundrechtsgleichen Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG überhaupt in die Lage versetzt wird, sachgerecht zu prüfen und darüber zu entscheiden, ob er die Auswahlentscheidung hinnehmen oder gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen soll, ist der öffentliche Arbeitgeber verpflichtet, die Leistungsbewertungen und die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen und dem unterlegenen Bewerber zugänglich zu machen. Ein dem späteren Konkurrentenverfahren vorgelagertes Auswahlverfahren darf nicht so ausgestaltet sein, dass es den gerichtlichen Rechtsschutz vereitelt oder unzumutbar erschwert (BAG v. 17.08.2010 - 9 AZR 347/09 - Rn. 26).



Diese anerkannte Pflicht des öffentlichen Arbeitgebers, die Auswahl schriftlich zu dokumentieren, kann auch eine Rolle bei Sekundäransprüchen (Schadensersatz) des unterlegenen Bewerbers spielen. Wird dem Bewerber vom einstellenden Arbeitgeber nicht offen gelegt, aus welchen Gründen er sich zu seinen Lasten und zu Gunsten eines anderen Bewerbers entschieden hat, wird ihm eine Darlegung, dass und aus welchen Gründen er eigentlich der bestqualifizierte Bewerber gewesen sei, nahezu unmöglich gemacht. Um hierzu konkret argumentieren zu können, muss dem klagenden Bewerber bekannt sein, welche Kriterien der Einstellende aufgrund welcher Tatsachen wie gewichtet hat. Liegt keine Dokumentation der Auswahlentscheidung vor, kann die Darlegungs- und Beweislast auf den Arbeitgeber zu verlagern sein. Dieser hätte dann seinerseits konkret darzulegen und ggf. zu beweisen, warum der ausgewählte Bewerber gegenüber dem klagenden Bewerber besser geeignet ist (so etwa Sächsisches LAG v. 08.07.2011 - 3 Sa 507/10, Rn. 65; LAG Baden-Württemberg v. 03.07.2009 - 9 Sa 56/08, Rn. 46 f.; - zur Minderung der Darlegungslast des Bewerbers vgl. Hessisches LAG v. 23.04.2010 - 19/3 Sa 47/09, Rn. 49).



b) Ob der zitierten Rechtsprechung verschiedener Landesarbeitsgerichte zu folgen ist, kann hier offen bleiben. Eine Minderung oder gar Umkehr der Darlegungs- und Beweislast kommt nicht in Betracht, weil die Beklagte ausweislich der Anlage B 5 offen gelegt hat, welche Anforderungen sie ihrer Vorauswahl zugrunde gelegt und nach welcher Systematik sie Punkte für die einzelnen Anforderungen vergeben hat. Weiter hat die Beklagte die für die Vorauswahl maßgebliche Papierform der Mitbewerberin E. bekannt gegeben und dargelegt, mit welchen Überlegungen der Klägerin und der Bewerberin E. zu den einzelnen Anforderungen wie viele Punkte zuerkannt wurden.



Da die Beklagte Transparenz darüber hergestellt hat, weswegen sie meint, dass die Bewerberin E. vorzugswürdig sei, ist es der Klägerin - ausgehend von diesem Informationsstand - ohne weiteres möglich, sich mit der getroffenen Auswahl argumentativ auseinanderzusetzen und ihrerseits darzulegen, warum sie aus ihrer Sicht besser hätte bepunktet werden müssen und vorzuziehen gewesen wäre. Ein Grund, von den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen der (gegebenenfalls abgestuften) Darlegungslast bei demjenigen, der Schadensersatz verlangt, abzuweichen, besteht in einer solchen Konstellation nicht. Die "Karten" der Beklagten liegen offen und es ist in einem Zivilprozess an der Klägerin darzulegen, dass sie die besserqualifizierte Bewerberin gewesen wäre und die von der Beklagten getroffene Auswahlentscheidung sich als Verstoß gegen die in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien darstellt. An einer solchen Darlegung ist die Klägerin auch nicht deshalb gehindert, weil die Beklagte ihr gegenüber nur die Papierform und die hieraus abgeleitete Bewertung der Bewerberin E. und nicht auch der anderen Bewerberinnen und Bewerber offengelegt hat. Die Klägerin kann sich dennoch damit auseinandersetzen, weswegen sie meint, dass sie nach dem Leistungsprinzip im Verhältnis zur Bewerberin E. hätte ausgewählt werden müssen. Dass auch andere Bewerber stärker als die Klägerin einzuschätzen seien, kann die Beklagte dieser aufgrund ihrer eingeschränkten Darlegung allerdings nicht entgegenhalten.



c) Eine Veränderung der Beweislast ergibt sich auch nicht aus einer analogen Anwendung des § 22 AGG. Es besteht weder eine Regelungslücke, noch ist eine Nichtbeachtung des Leistungsgrundsatzes mit einer Diskriminierung wegen einer der in § 1 AGG genannten Gründe vergleichbar. Abgesehen davon geht die Kammer auch nicht davon aus, dass die Klägerin Indizien bewiesen hat, die eine Benachteiligung durch Nichtbeachtung des Leistungsgrundsatzes vermuten lässt.



3. Die Darlegung, dass sie die besserqualifizierte Bewerberin gewesen sei und deshalb nach dem Leistungsprinzip hätte eingestellt werden müssen, ist der Klägerin nicht gelungen. Nachdem sie in der mündlichen Verhandlung über ihre Berufung vom 15.01.2014 auf die sie für die Geltendmachung eines Schadens treffende Darlegungslast hingewiesen worden war, enthält der Schriftsatz vom 13.04.2014 hierzu Ausführungen, ohne im Ergebnis zu überzeugen.



Nicht zu beanstanden ist, dass von der Beklagten angesichts der zahlreichen Bewerber eine Vorauswahl getroffen und dabei neben dem notwendigen Studienabschluss auf die Kriterien "fundiertes und aktuelles bereichsübergreifendes Wissen zum Thema Bürgerschaftliches Engagement", "grundlegende Kenntnisse des Kommunalrechts sowie von einschlägigen Bundes- und Landesregelungen" sowie "praktische Erfahrungen zum Thema Bürgerschaftliches Engagement" abgestellt wurde. Die Beklagte konnte und musste nicht alle Bewerber zum Vorstellungsgespräch einladen.



a) Dass auch Frau E. über ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Geistes- oder Sozialwissenschaft verfügt, kann die Klägerin nicht in Abrede stellen. Versuchen, den eigenen Studienabschluss dadurch im Vergleich aufzuwerten, indem man diesen als "frischer" darstellt, weil der Studienabschluss der Konkurrentin schon fast 30 Jahre zurückliege, ist eine Absage zu erteilen. Solche Überlegungen würden zwangsläufig eine mittelbar altersdiskriminierende Wirkung entfalten und sind auch in der Sache verfehlt. Auch wenn die Beklagte nur ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Geistes- oder Sozialwissenschaften verlangt, konnte sie bei den Auswahlüberlegungen ergänzend mit heranziehen, dass die Bewerberin E. neben ihrem Hochschulstudium der Theologie und Diakoniewissenschaften zudem ein Fachhochschulstudium der Sozialpädagogik absolviert hatte. Ausführungen der Klägerin, sie sei im Bereich der Studienabschlüsse gegenüber der Bewerberin E. klar im Vorteil gewesen und habe deshalb weitere Punkte erhalten müssen, sind nicht nachvollziehbar.



b) Beim Kriterium "fundiertes und aktuelles bereichsübergreifendes Wissen zum Thema Bürgerschaftliches Engagement" hat die Beklagte der Klägerin einen Punkt (schwach ausgeprägt) und der Bewerberin E. drei Punkte (stark ausgeprägt) zuerkannt. Mit dieser Gewichtung hat sich die Klägerin nicht auseinandergesetzt, insbesondere nicht damit, dass die Beklagte ausweislich der Anlage 6 zur Auswahlvormerkung feststellt, dass sich die von der Klägerin angeführte ehrenamtliche Tätigkeit und ihre freiberufliche Tätigkeit als Anti-Rassismus-Trainerin überwiegend auf den Aspekt Anti-Diskriminierung bzw. Rassismus beziehen, somit nicht bereichsübergreifend sei und andere Bereiche des Bürgerschaftlichen Engagements nicht erkennbar abgedeckt seien. Die Bewerberin E. habe dagegen langjährige und ausgeprägte Kenntnisse in vielen und unterschiedlichen Bereichen des Bürgerschaftlichen Engagements, was sich unschwer schon deshalb nachvollziehen lässt, weil sie neben ihrer hauptberuflichen Tätigkeit freiberuflich als Leiterin von Fortbildungen und Seminaren zum Thema Bürgerschaftliches Engagement, als Gründerin des Forums "Bürgerschaftliches Engagement", beim Aufbau des Projektbüros "Förderung beruflichen Engagements" und im Rahmen von Vorstandstätigkeit in unterschiedlichen einschlägigen Vereinen tätig war.



c) Zum Kriterium "grundlegende Kenntnisse des Kommunalrechts sowie einschlägiger Bundes- und Landesregelungen" vergab die Beklagte sowohl bei der Klägerin, als auch bei der Bewerberin E. einen Punkt (schwach ausgeprägt). Das ist nachvollziehbar, weil weder bei der Klägerin noch bei der Bewerberin E. von grundlegenden Kenntnissen in diesem Bereich die Rede sein kann. Dass die Klägerin meint, der Bewerberin E. in diesem Bereich "keinen blassen Schimmer" attestieren zu müssen, während sie als Politologin zumindest einen Bezug zu kommunalrechtlichen Themen habe, ist in dieser Pauschalität nicht nachvollziehbar.



d) Zum Kriterium "praktische Erfahrungen zum Thema Bürgerschaftliches Engagement wurden von der Beklagten für die Klägerin zwei Punkte (zufriedenstellend ausgeprägt) und für die Bewerberin E. drei Punkte (stark ausgeprägt) vergeben. Auch diese Bewertung kann durch die Ausführungen der Klägerin nicht in Zweifel gezogen werden. Soweit sie ausführt, es sei nicht nachvollziehbar, welches Bürgerschaftliche Engagement ihrer Konkurrentin E. mit Jobs im Bildungswesen verbunden sein solle und für diese werde sie bezahlt, so dass schon nicht von einem besonderen "Engagement" auszugehen sei, blendet die Klägerin vollständig die zusätzliche und z. T. ehrenamtliche Tätigkeit der Bewerberin E. mit dem Themenschwerpunkt Bürgerschaftliches Engagement aus. Wiederum ist nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen sich die Klägerin hier gegenüber der Bewerberin E. im Vorteil sieht.



Insgesamt stellt die Berufungskammer fest, dass die in der Anlage 6 zur Auswahlvormerkung dokumentierten Auswahlüberlegungen zur Klägerin im Verhältnis zur Bewerberin E. absolut nachvollziehbar sind und es der Klägerin auch nicht gelungen ist, Bewertungsfehler der Beklagten aufzuzeigen. Die von der Beklagten herangezogenen Kriterien für eine Vorauswahl sind, bezogen auf die zu besetzende Stelle, geeignet und angemessen. Die Bewertung der Klägerin durch die Beklagte hält sich in dem dabei gegebenen Beurteilungsspielraum.



II.



Auch der Hilfsantrag der Klägerin mit dem Ziel, die Beklagte zu verurteilen, über die Besetzung der Stelle erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden, wurde vom Arbeitsgericht zu Recht abgewiesen.



Ein solcher Antrag ist nur begründet, wenn sich die Auswahlentscheidung des Arbeitgebers als rechtsfehlerhaft erweist und die ausgeschriebene Stelle noch nicht besetzt ist (BAG vom 11.06.2013 - 9 AZR 668/11 - Rn. 19; BAG vom 02.12.1997 - 9 AZR 668/96 - Rn. 37).



1. Daran, dass die Stelle bereits besetzt wäre, scheitert der Anspruch hier jedenfalls nicht.



Zum einen verteidigt sich die Beklagte gegen den Hilfsantrag schon gar nicht mit der Behauptung, die Stelle sei bereits besetzt. Im Gegenteil behauptet sie unter Verweis auf den Stellenplan, die Stelle sei nach wie vor frei und noch zu besetzen. Das überzeugt die Kammer zwar nicht, denn die Bewerberin E. ist mittlerweile bei der Beklagten mit denselben Aufgaben betraut, die auch mit der streitgegenständlichen Stelle verbunden sind. In einem Konkurrentenverfahren geht es nicht vorrangig um Planstellen i. S. d. Stellenplans, sondern um eine Stelle im organisatorischen Sinne, d. h. um einen konkreten Arbeitsplatz im Sinne diesem zugewiesener Aufgaben und Funktionen.



Ob die Stelle tatsächlich besetzt ist, kann hier aber letztlich dahinstehen. Der Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin ist jedenfalls nicht durch eine Besetzung der Stelle untergegangen. Wenn die Beklagte die Stelle tatsächlich mit der Bewerberin E. besetzt haben sollte, hätte sie den Anspruch der Klägerin auf effektiven Rechtsschutz vereitelt. Sie hätte die Stelle dann nämlich trotz einer Untersagungsverfügung des Arbeitsgerichts München (Urteil vom 27.09.2012 - 6 Ga 167/12) mit einer Mitbewerberin besetzt. Nach den Rechtsgedanken aus § 162 Abs. 2 BGB sowie §§ 135, 136 BGB kann der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes einem zu Unrecht übergangenen Bewerber nicht mit Erfolg entgegenhalten, er könne dessen Bewerbungsverfahrensanspruch nicht mehr erfüllen, weil die Stelle schon besetzt sei. Der Betroffene kann vielmehr verlangen, verfahrensrechtlich und materiell-rechtlich so gestellt zu werden, als sei die einstweilige Verfügung beachtet und das Bewerbungsverfahren noch nicht beendet worden (BAG vom 12.10.2010 - 9 AZR 554/09 - Rn. 39; BAG vom 18.09.2007 - 9 AZR 672/06 - Rn. 27 ff.).



2. Allein aus einer der Untersagungsverfügung zuwiderhandelnden Stellenbesetzung folgt aber noch nicht, dass ein Anspruch des unterlegenen Stellenbewerbers auf erneute Entscheidung besteht. Der Verstoß gegen die Untersagungsverfügung hat nur zur Folge, dass der Bewerberverfahrensanspruch trotz Stellenbesetzung nicht untergeht.



Der Anspruch auf erneute Entscheidung über die Besetzung der Stelle setzt zudem voraus, dass sich die Auswahlentscheidung des Arbeitgebers als rechtsfehlerhaft erweist (BAG vom 11.06.2013 und 02.12.1997, aaO.).



a) Zwar stellt die fehlende schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen grundsätzlich einen nicht heilbaren erheblichen Verfahrensmangel dar. Aus Art. 33 Abs. 2 i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt die Verpflichtung, die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen (BAG vom 17.08.2010 - 9 AZR 347/09 - Rn. 26).



Die Aussage des Bundesarbeitsgerichts, der Mangel fehlender schriftlicher Dokumentation sei nicht heilbar, bezieht sich darauf, dass es die Rechtsschutzmöglichkeiten des unterlegenen Bewerbers in unzumutbarer Weise mindere, wenn Auswahlerwägungen vom Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes erstmals im Rahmen eines gerichtlichen Konkurrentenklageverfahrens dargelegt werden könnten. Dem unterlegenen Bewerber ist es nicht zuzumuten, die Auswahlentscheidung "ins Blaue hinein" in einem gerichtlichen Verfahren angreifen zu müssen, um überhaupt nur die tragenden Erwägungen der Auswahlentscheidung zu erfahren (BAG vom 17.08.2010 - 9 AZR 347/09 - Rn. 28).



Vorliegend hat die Beklagte ihre Auswahlerwägungen aber nicht erst im Rahmen des gerichtlichen Konkurrentenklageverfahrens dokumentiert, sondern sich - aus Anlass der ergangenen einstweiligen Verfügung - dazu entschlossen, im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Bewerberin E. eine erneute Auswahlentscheidung vorzunehmen und die Auswahlüberlegungen schriftlich zu dokumentieren. Mit dem Arbeitsgericht ist die Berufungskammer der Auffassung, dass der ursprüngliche Dokumentationsfehler von der Beklagten wirksam geheilt wurde.



Es ist nicht zutreffend, dass jeder Fehler im Auswahlverfahren zwingend einen kompletten Abbruch und die Durchführung eines vollständigen, neuen Auswahlprozesses erfordert. Je nach Fallgestaltung kann es im Ermessen des öffentlichen Arbeitgebers liegen, ob das Auswahlverfahren vollständig abgebrochen und mit einem neuen Verfahren ganz von vorne begonnen, oder ob das Verfahren unter Heilung des Fehlers fortgesetzt wird. Dabei ist zu bedenken, dass auch der vollständige Abbruch des Verfahrens gegebenenfalls in Bewerberrechte eingreift (BAG vom 17.08.2010 - 9 AZR 347/09 - Rn. 21).



b) Die Ausübung des Ermessens durch die Beklagte dahingehend, die schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen zu ergänzen und das Stellenbesetzungsverfahren fortzusetzen, verletzt die Klägerin nicht in ihren subjektiven Rechten. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass hier, wie auch das Arbeitsgericht betont, kein vollständiges Fehlen der schriftlichen Dokumentation der Auswahlerwägungen vorlag. Auch in der "ersten Runde" hatte die Beklagte in der Bewerberliste B die Anforderungen "fundiertes und aktuelles bereichsübergreifendes Wissen zum Thema Bürgerschaftliches Engagement", "grundlegende Kenntnisse des Kommunalrechts sowie von einschlägigen Bundes- und Landesregelungen" und "praktische Erfahrungen zum Thema Bürgerschaftliches Engagement sind von Vorteil" offengelegt und dokumentiert, für welche der jeweiligen Anforderungen wie viele Punkte, abgestuft nach verschiedenen Ausprägungsgraden, vergeben wurden. Das mag selbst angesichts der vielen Bewerbungen für eine Vorauswahl, wer zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird, als zu knapp bewertet werden, bewegt sich aber dennoch im Bereich einer schriftlichen Niederlegung der Auswahlüberlegungen.



Wenn die Beklagte nach Erlass der einstweiligen Verfügung, aber noch vor Einleitung des Hauptsacheverfahrens in der Anlage 6 zur Auswahlvormerkung (Ergänzung zur Bewerberliste B) eine spezielle Gegenüberstellung der Eignung der Bewerberin E. im Verhältnis zur Klägerin im Rahmen eines erneuten Entscheidungsvorgangs vorgenommen hat, ist eine etwaige mangelhafte schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen jedenfalls gegenüber der Klägerin geheilt.



Nicht erforderlich war es jedenfalls, auch die handschriftlichen Notizen der Auswahlkommission in den Dokumentationsvorgang mit aufzunehmen. Das Dokumentationsgebot verpflichtet den Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes, die Leistungsbewertungen und die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen und dem unterlegenen Bewerber zugänglich zu machen. Das erfasst die wesentlichen Ergebnisse und Überlegungen, zu denen der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes gekommen ist, nicht aber persönliche Notizen der an einem Auswahlprozess beteiligten Personen.



c) Dass sich die Auswahlentscheidung der Beklagten in der Sache nicht als rechtsfehlerhaft erweist, eine solche Rechtsfehlerhaftigkeit jedenfalls nicht dargelegt ist, wurde ausgeführt.



III.



Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.



Eine Revisionszulassung ist nicht veranlasst. Insbesondere liegt kein Abweichen von der zitierten LAG-Rechtsprechung zur Beweislast bei Schadensersatzansprüchen unterlegener Stellenbewerber vor, da sich die Sachverhaltsgestaltung unterscheidet. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 72 a ArbGG) wird hingewiesen.

Dr. WanhöferSchallerMehle

VorschriftenArt. 33 Abs. 2 GG, Art. 19 Abs. 4 GG, § 22 AGG, §§ 280 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB, § 280 BGB, § 823 Abs. 2 BGB, § 280 Abs. 1 BGB, § 1 AGG, § 162 Abs. 2 BGB, §§ 135, 136 BGB, § 97 Abs. 1 ZPO, § 72 a ArbGG

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