08.02.2016 · IWW-Abrufnummer 183565
Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt: Urteil vom 31.03.2015 – 6 Sa 351/13
1. Verursacht ein Arbeitnehmer grob fahrlässig bei einem Dritten einen Schaden, besteht für ihn kein Freistellungsanspruch gegenüber seinem Arbeitgeber.
2. Der Umstand, dass der Arbeitgeber keine den Arbeitnehmer einschließende Betriebshaftpflichtversicherung abgeschlossen hat, begründet keinen Freistellungsanspruch, weil der Arbeitgeber hierzu im Verhältnis zu dem Arbeitnehmer nicht verpflichtet war und angesichts des Charakters der von dem Arbeitnehmer geschuldeten Tätigkeit - Tiefbauarbeiten - keine Obliegenheit bestand, bezogen auf Drittschäden eine solche abzuschließen.
Tenor:
Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungseinlegungs- und Berufungsbegründungsfrist gewährt.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 19.06.2013 - 1 Ca 40/13 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses noch über Ansprüche des Klägers auf Freistellung von Schadensersatzansprüchen Dritter.
Der Kläger war aufgrund des Arbeitsvertrages vom 24.04.2009 (Bl. 7, 8 d. A.) bei dem Beklagten als Straßenbauer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden und einer Arbeitsvergütung von 10,20 Euro brutto pro Stunde tätig. Er verfügt über eine Ausbildung als Straßenbauer.
Am 12.05.2009 ereignete sich während der von dem Kläger auszuführenden Arbeiten ein Unfall, bei dem eine Passantin, Frau O, erhebliche Verletzungen erlitt.
Die Arbeitsaufgabe des Klägers bestand an jenem Tag darin, in B im öffentlichen Verkehrsraum (Fußweg) Kabel in bereits vorhandenen Kabelschächten zu verlegen. Die Arbeiten wurden im Verlauf des Vormittags unter Leitung des Vorarbeiters W sowie eines weiteren Arbeitnehmers des Beklagten ausgeführt. Hierzu mussten die Schachtdeckel der Kabelschächte, die sich jeweils in einem Abstand von 30 bis 40 Metern zueinander befanden, aufgenommen werden. Wegen der weiteren Einzelheiten der Örtlichkeit wird auf das zur Akte gereichte Foto (Bl. 96 d. A.) verwiesen. Der Kläger hielt sich neben einem bereits geöffneten Schachtdeckel auf, als er bemerkte, dass seine Arbeitskollegen bei dem Einbringen von Kabeln in den nächsten Kabelschacht Probleme hatten. Er entfernte sich daraufhin - ohne hierzu angewiesen worden zu sein - von seinem Arbeitsplatz und begab sich zur Unterstützung seiner Kollegen zu dem nächsten Kabelschacht. Hier leistete er für ca. 5 bis 10 Minuten Hilfestellung. Der von ihm zunächst betreute Kabelschacht blieb während dieser Zeit ungesichert im geöffneten Zustand zurück. Im Verlauf seiner Abwesenheit stürzte die den Fußweg entlang laufende Passantin Frau O in den ungesicherten Kabelschacht und erlitt hierdurch einen komplizierten Trümmerbruch der rechten Ferse.
Ein sich anschließender Zivilprozess vor dem Landgericht B, in dem Frau O den Kläger und den Beklagten gesamtschuldnerisch auf Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch nahm, endete am 20.10.2011 mit einem Vergleich, wonach der Kläger und der Beklagte sich gesamtschuldnerisch verpflichteten, der Frau O ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000,00 Euro zu zahlen. Weiter erging gegenüber dem Kläger und dem Beklagten durch das Landgericht B ein Kostenfestsetzungsbeschluss betreffend die entstandenen Verfahrenskosten in Höhe von 1.183,30 Euro. Darüber hinaus machte die Krankenversicherung der Frau O mit Schreiben vom 10.12.2012 gegenüber dem Kläger Behandlungskosten in Höhe von 16.754,08 Euro geltend.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei im Innenverhältnis nach den zur Anwendung kommenden Grundsätzen über den innerbetrieblichen Schadensausgleich verpflichtet, ihn von den vorgenannten Ansprüchen in vollem Umfang freizustellen. Er habe den Unfall der Frau O nicht grob fahrlässig herbeigeführt. Einer solchen Annahme stehe entgegen, dass er von dem zuständigen Vorarbeiter nicht ordnungsgemäß in die Ausführung der Kabelverlegearbeiten eingewiesen worden sei. Auch habe der Beklagte keine Absperrmittel für die Schachtöffnungen zur Verfügung gestellt. Schlussendlich hätte der Vorarbeiter, nachdem er bemerkt habe, dass der Kläger sich von seinem Arbeitsplatz entfernt hatte, ihn unverzüglich wieder zurückschicken müssen.
Jedenfalls sei der Beklagte deshalb verpflichtet, ihn von den vorgenannten Schadensersatzansprüchen freizustellen, weil er nach eigener Aussage im Gütetermin über eine Betriebshaftpflichtversicherung verfüge. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, wäre der Beklagte verpflichtet gewesen, eine solche Versicherung abzuschließen.
Der Kläger hat beantragt,
1. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Forderungen der Frau, K, B in Höhe von 4.000,00 Euro Schmerzensgeld sowie zu erstattende Verfahrenskosten in Höhe von 1.183,30 Euro aus dem Verfahren 8 O 2770/10 des Landgerichts B aus dem Schadensfall vom 12.05.2009 und dem übergegangenen Anspruch der Debeka Krankenversicherungsverein a. G. in Höhe von 16.754,08 Euro freizustellen.
2. Hilfsweise
festzustellen, dass dem Beklagten gegen den Kläger keine Ansprüche aus dem Schadensfall vom 12.05.2009 in B zustehen,
3. Hilfsweise
festzustellen, dass die Ansprüche des Beklagten gegen den Kläger wegen des Schadensfalls vom 12.05.2009 in B auf ein Bruttomonatsgehalt mithin auf 1.767,66 Euro beschränkt sind.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, er sei im Innenverhältnis nicht verpflichtet, den Kläger von den Ansprüchen der Frau O bzw. deren Krankenversicherung freizustellen. Eine Betriebshaftpflichtversicherung habe zum damaligen Zeitpunkt nicht bestanden. Das Verhalten des Klägers sei als grob fahrlässig anzusehen. Er sei sehr wohl in die auszuführenden Arbeiten eingewiesen worden. Auch habe Absperrmaterial zur Verfügung gestanden. Ungeachtet dessen hätte dem Kläger als ausgebildeten und erfahrenen Straßenbauer klar sein müssen, dass durch das Verlassen seines (ungesicherten) Arbeitsplatzes eine erhebliche Gefahr für Passanten entstehe.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 19.06.2013 die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, für den Kläger bestehe kein Freistellungsanspruch gegenüber dem Beklagten. Bei entsprechender Anwendung der für den innerbetrieblichen Schadensausgleich geltenden Grundsätze hafte im Innenverhältnis der Kläger für den entstandenen Schaden allein, weil er diesen grob fahrlässig herbeigeführt habe. Das Verlassen des ungesicherten aber weiterhin geöffneten Kabelschachtes stelle eine grobe, auch subjektiv nicht mehr zu entschuldigende Pflichtverletzung dar. Dahinstehen könne, ob eine Betriebshaftpflicht bestanden habe bzw. ob der Beklagte zum Abschluss einer solchen verpflichtet gewesen sei, da diese aufgrund des grob fahrlässigen Verhaltens des Klägers nicht eingetreten wäre. Auch die Hilfsanträge seien nicht begründet. Der Kläger hafte im Innenverhältnis gegenüber dem Beklagten ohne eine summenmäßige Beschränkung für den von ihm verursachten Schaden. Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung wird auf Blatt 102 bis 114 der Akte verwiesen.
Gegen dieses, ihm am 08.07.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.10.2013 Berufung eingelegt, diese sogleich begründet und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungseinlegungs- und Berufungsbegründungsfrist beantragt. Er hatte zuvor, am 06.08.2013, zur Durchführung des Berufungsverfahrens die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Das Landesarbeitsgericht hat ihm diese mit Beschluss vom 23.09.2013 (Bl. 172 f d. A.) bewilligt. Der Beschluss ist dem Kläger zu Händen seines Prozessbevollmächtigten am 09.10.2013 zugestellt worden.
Mit seinem Rechtsmittel verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klageziel voll umfänglich weiter. Er hält unter Bezugnahme auf seinen erstinstanzlichen Vortrag an seiner Rechtsauffassung, der Beklagte sei verpflichtet, ihn vollständig von den Schadensersatzansprüchen der Frau O freizustellen, fest. Eine solcher Anspruch ergebe sich jedenfalls aus der Verpflichtung des Beklagten, eine die hier schadensverursachenden Arbeiten absichernde Betriebshaftpflichtversicherung abzuschließen. Derartige Abreden seien typischerweise in den Werkverträgen mit öffentlichen Auftraggebern enthalten. Im Übrigen sei auch die Annahme des Arbeitsgerichts, der Kläger habe den Schaden grob fahrlässig herbeigeführt, rechtsfehlerhaft.
Der Kläger beantragt,
das am 19.06.2013 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau, 1 Ca 40/13, wird gemäß den klägerischen Schlussanträgen der I. Instanz wie folgt abgeändert:
Der Beklagte und Berufungskläger wird verurteilt, an den Kläger von den Forderungen der Frau O, K, B in Höhe von 4.000,00 Euro Schmerzensgeld sowie zu erstattende Verfahrenskosten in Höhe von 1.183,30 Euro aus dem Verfahren 8 O 2770/10 des Landgerichts B aus dem Schadensfall vom 12.05.2009 und dem übergegangenen Anspruch der Debeka Krankenversicherungsverein a. G. in Höhe von 16.754,08 Euro freizustellen.
Hilfsweise
festzustellen, dass dem Beklagten und Berufungsbeklagten gegen den Kläger und Berufungskläger keine Ansprüche aus dem Schadensfall vom 12.05.2009 in B zustehen,
hilfsweise
festzustellen, dass die Anspr üche des Beklagten und Berufungsbeklagten gegen den Kläger und Berufungskläger wegen des Schadensfalls vom 12.05.2009 in B auf ein Bruttomonatsgehalt mithin auf 1.767,66 Euro beschränkt sind.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Eine vertragliche Verpflichtung seinerseits zum Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung habe nicht bestanden. Er sei lediglich als Subunternehmer für die Firma K GmbH tätig geworden. Der Subunternehmervertrag sei im Wesentlichen mündlich vereinbart worden. Schriftliche Unterlagen seien nicht mehr vorhanden.
Zu Recht sei das Arbeitsgericht auch davon ausgegangen, das Verhalten des Klägers sei als grob fahrlässig anzusehen. Insbesondere sei es unzutreffend, dass seitens des Beklagten kein ausreichendes Absperrmaterial zur Verfügung gestellt worden sei. So habe der Kläger in dem Verfahren vor dem Landgericht B selber eingeräumt, er habe sich von der Kanalöffnung entfernt, um Sicherungsmaterial von dem Vorarbeiter zu holen. In gleicher Weise habe er sich im Ermittlungsverfahren gegenüber der Staatsanwaltschaft B eingelassen (Sitzungsprotokoll LG B vom 20.10.2011 - Bl. 251 R d. A.; Schriftsatz vom 17.09.2009 an die StA B - Bl. 253 d. A.).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
A.
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Es handelt sich um das gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 ArbGG statthafte Rechtsmittel. Der Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass der Kläger die Fristen des § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG nicht gewahrt hat. Dem Kläger war insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 233 ZPO zu gewähren, weil er diese Fristen unverschuldet i. S. d. vorgenannten Bestimmung versäumt hat. Er war aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse und damit schuldlos nicht in der Lage, die Berufungseinlegungs- und die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Auf die Ausführungen im PKH-Beschluss vom 23.09.2013 wird zur weiteren Begründung Bezug genommen. Die versäumten Prozesshandlungen hat der Kläger nach Beseitigung des Hindernisses - Zustellung des PKH-Beschlusses am 09.10.2013 - innerhalb der Fristen des § 234 Abs. 1 ZPO nachgeholt (§ 236 Abs. 2 ZPO).
B.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht sowohl hinsichtlich des Haupt- als auch hinsichtlich der Hilfsanträge abgewiesen.
I.
Dem Kläger steht kein Freistellungsanspruch gegenüber dem Beklagten betreffend den von ihm verursachten Personenschaden am 12.05.2009 aus §§ 426 Abs.1 Satz 1, 670 BGB analog i. V. m. den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs zu.
Zwar finden die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs auch in einem Gesamtschuldverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Form der deliktischen Haftung gegenüber einem geschädigten Dritten in der Weise Anwendung, dass der Arbeitnehmer in dem Umfang Freistellung von Ansprüchen Dritter verlangen kann, wie er bei einer Schädigung des Arbeitgebers selbst nicht haften würde. § 840 Abs. 2 BGB, der im Innenverhältnis die Haftung dem unmittelbaren Schädiger zuweist, wird hierdurch verdrängt (BAG GS 25.09.1957 - GS 4/56, GS 5/56; 23.06.1988 - 8 AZR 300/85; ErfK/Preis 15. Auflage BGB § 619a Rn. 26).
Vorliegend ergibt sich aber auch unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kein Freistellungsanspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten betreffend die von der geschädigten Frau O bzw. ihrer Krankenversicherung aus übergegangenem Recht geltend gemachten Schadensersatzansprüche.
Nach den vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Grundsätzen (27. 09.1994 - GS 1/89 (A)) hat ein Arbeitnehmer vorsätzlich verursachte Schäden in vollem Umfange zu tragen, bei leichtester Fahrlässigkeit haftet er dagegen nicht. Bei normaler Fahrlässigkeit ist der Schaden in aller Regel zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu verteilen, bei grober Fahrlässigkeit hat der Arbeitnehmer in aller Regel den gesamten Schaden zu tragen. Der Umfang der Beteiligung des Arbeitnehmers an den Schadensfolgen ist durch eine Abwägung der Gesamtumstände zu bestimmen, wobei insbesondere Schadensanlass, Schadensfolgen, Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkte eine Rolle spielen. Eine möglicherweise vorliegende Gefahrgeneigtheit der Arbeit ist ebenso zu berücksichtigen wie die Schadenshöhe, ein vom Arbeitgeber einkalkuliertes Risiko, eine Risikodeckung durch eine Versicherung, die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb und die Höhe der Vergütung, die möglicherweise eine Risikoprämie enthalten kann. Auch die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers und die Umstände des Arbeitsverhältnisses, wie die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Familienverhältnisse und sein bisheriges Verhalten können zu berücksichtigen sein (BAG 28.10.2010 - 8 AZR 418/09 - Rn. 18).
Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze hat der Kläger nach dem sich bietenden Sachverhalt den aus dem Ereignis vom 12.09.2009 resultierenden streitgegenständlichen Drittschaden allein zu tragen.
1. Er hat diesen Schaden grob fahrlässig verursacht. Dies hat das Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen (S. 8) zutreffend unter Anwendung der diesbezüglichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts angenommen.
Das zweitinstanzliche Vorbringen des Klägers vermag eine abweichende Beurteilung nicht zu begründen. Entgegen seiner Auffassung wird sein Verschulden nicht - so auch sein zweitinstanzliches Vorbringen - durch das Fehlen von Absperrmaterial, eine unterlassene Unterweisung über das Absichern von Schachtöffnungen und eine unterlassene Aufforderung des Vorarbeiters, sich sofort wieder zu dem noch geöffneten Kanalschacht zu begeben, derart gemindert, dass sein Fehlverhalten nicht mehr als grob fahrlässig einzustufen ist. Der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit im Sinne einer auch subjektiv nicht entschuldbaren Pflichtversäumnis liegt darin begründet, dass der Kläger als ausgebildeter und erfahrener Straßenbauer sich in Kenntnis des fehlenden Absperrmaterials von sich aus von seinem zugewiesenen Arbeitsplatz 30 bis 40 Meter entfernt und für einen Zeitraum von mehr als 5 Minuten diesen ungesichert zurückgelassen hat. Dass hierdurch auf einem öffentlichen Gehweg im Zentrum einer Großstadt zur Vormittagszeit eine erhebliche Gefahrenquelle für Fußgänger geschaffen worden ist, musste nicht nur jedem im Straßenbau Beschäftigten, sondern auch jedem "Leihen" sofort einleuchten.
Sachvortrag, der diese elementare Sorgfaltspflichtverletzung abmildern könnte, ist nicht dargetan worden. Vielmehr ist unstreitig, dass für den Kläger keine betriebliche Notwendigkeit bestand, den Arbeitsplatz in ungesichertem Zustand zu verlassen. Eine Hilfeleistung ist von seinen Kollegen nicht erbeten worden. Dass die betriebliche Situation an dem nachfolgendem Schacht, an dem seine Kollegen mit der Einführung von Kabeln Probleme hatten, so gestaltet war, dass nur ein sofortiges Eingreifen des Klägers dort akut bestehende Gefahren hätte abwenden können, ist von ihm auch nicht ansatzweise dargetan worden. Vielmehr ist nach dem sich insgesamt bietenden Sachverhalt das Vorbringen des Klägers als widersprüchlich anzusehen. So hat er sich im Strafverfahren und im Rechtsstreit vor dem Landgericht B noch darauf berufen, er habe nur "kurz" den Arbeitsplatz verlassen, um von den Kollegen am Nachbarschacht Absperrmaterial zu holen, während er nunmehr vortragen lässt, jenes Material sei gar nicht vorhanden gewesen. Er habe den Arbeitsplatz verlassen, um die Kollegen zu unterstützen, was zu einer fünf- bis zehnminütigen Abwesenheit geführt habe.
Letztendlich bleibt auch bei Berücksichtigung all dieser Umstände der zur groben Fahrlässigkeit führende Vorwurf an den Kläger bestehen, er habe elementare Sorgfaltsregeln dadurch verletzt, dass er seinen Arbeitsplatz ohne ausreichende Absicherung, sei es auch - wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat - durch Verschließen des Kanalschachts, verlassen hat.
2. Besondere Umstände, die dennoch im Innenverhältnis eine nur anteilige Haftung des Klägers oder gar keine Haftung rechtfertigen könnten, sind nicht dargetan worden.
a) Ob ungeachtet einer grob fahrlässigen Schadensverursachung eine Entlastung des Arbeitnehmers in Betracht zu ziehen ist und wie weit diese zu gehen hat, ist aufgrund einer Abwägung zu entscheiden, die der Tatrichter nach Feststellung aller hierfür maßgebenden Umstände (§ 286 ZPO) nach § 287 ZPO vornehmen muss. Von Bedeutung kann dabei sein, ob der Verdienst des Arbeitnehmers in einem deutlichen Missverhältnis zum verwirklichtem Schadensrisiko der Tätigkeit steht (BAG 15.11.2012 - 8 AZR 705/11 - Rn. 26).
Der hier streitgegenständliche Drittschaden erreicht auch unter Berücksichtigung der von dem Kläger aus dem Arbeitsverhältnis bezogenen Vergütung keinen Existenz bedrohenden Umfang. Das vorliegend verwirkte Schadensrisiko steht auch nicht in einem deutlichen Missverhältnis zu der bezogenen Vergütung. Das Verlegen von Kabeln in vorhandenen Schächten und die damit verbundene Absicherung der Schachtöffnungen ist nicht, schon gar nicht für einen ausgebildeten Straßenbauer, mit einem erhöhten Schadensrisiko bezogen auf die Verletzung Dritter verbunden.
b) Nach dem sich bietenden Sachverhalt ist weiter nicht davon auszugehen, dass eine den Kläger einbeziehende Betriebshaftpflichtversicherung zum Zeitpunkt des Schadenseintritts bestanden hat. Der Beklagte hat, nachdem der Kläger dies unter Bezugnahme auf Äußerungen im Gütetermin vorgetragen hat, im Kammertermin dies ausdrücklich in Abrede gestellt. Ergänzender Sachvortrag des Klägers, aus dem sich dennoch das Bestehen einer Haftpflichtversicherung ergeben könnte, ist nicht dargetan worden. Gegen den Bestand einer solchen spricht im Übrigen auch die allgemeine Lebenserfahrung. Hätte der Beklagte eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen, hätte es nahegelegen, dieser den Schaden zwecks Regulierung zu melden.
Eine vertragliche Pflicht zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung, bei deren Verletzung der Arbeitgeber wiederum verpflichtet ist, den Arbeitnehmer so zu stellen, wie er bei Abschluss derselben stünde (§§ 280, 283; 249 BGB), bestand vorliegend nicht. Dabei kann dahinstehen, ob der Hauptauftraggeber der Kabelarbeiten von seinem Vertragspartner den Abschluss einer solchen im Rahmen des Werkvertrages verlangt hat. Substantiiertes Vorbringen, dass auch der zwischen der K GmbH und dem Beklagten "größtenteils mündlich abgeschlossene" Vertrag eine solche, den Kläger begünstigende Klausel aufweist, ist nicht dargetan worden. Ohne besondere Vereinbarung besteht keine Pflicht des Arbeitgebers zum Abschluss einer den Arbeitnehmer einbeziehenden Betriebshaftpflichtversicherung (BAG 01.12.1988 - 8 AZR 65/84).
c) Schlussendlich ist eine (volle) Haftung des Klägers im Innenverhältnis nicht deshalb ausgeschlossen, weil für den Beklagten - auch im Interesse des Klägers - aufgrund der besonderen Gefährlichkeit der Tätigkeit und dem damit erhöhten Betriebsrisiko die Obliegenheit bestanden hätte, eine Betriebshaftpflicht abzuschließen.
aa) Einer Berücksichtigung dieses Umstandes im Rahmen der zu treffenden Gesamtabwägung steht allerdings entgegen der Auffassung des Beklagten nicht entgegen, dass der Kläger den Schaden grob fahrlässig verursacht hat. Die nach dem gesetzlichen Leitbild abgeschlossene Betriebshaftpflichtversicherung würde nämlich selbst in diesem Falle eintreten (§ 103 VVG). Der Versicherer könnte gegenüber dem Kläger auch keinen Regress gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG nehmen, weil der Kläger als Mitversicherter (§ 102 VVG) nicht "Dritter" im Sinne dieser Bestimmung wäre (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 20.03.2014 - 24 Sa 2223/13 - betreffend Kfz-Haftpflicht).
bb) Es bestand jedoch keine Obliegenheit des Beklagten, eine solche Betriebshaftpflichtversicherung abzuschließen. Die dem Kläger übertragene Tätigkeit weist keine erhöhte Betriebsgefahr bezogen auf die Schädigung Dritter aus. Die durch das Öffnen von Kabelkanalschächten sich ergebende Risikolage für Dritte ist durch die Beachtung einfacher Sicherungsmaßnahmen beherrschbar.
3. Ein dem Beklagten zurechenbares Mitverschulden i. S. d. § 254 BGB, das wiederum auf den Umfang eines Freistellungsanspruchs Einfluss hätte, hat der insoweit darlegungspflichtige Kläger nicht dargetan. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt (Entscheidungsgründe S. 10). Dem schließt sich die Berufungskammer an.
II.
Ebenso zutreffend hat das Arbeitsgericht die zur Entscheidung angefallenen Hilfsanträge abgewiesen. Auch insoweit schließt sich die Berufungskammer den Ausführungen des Arbeitsgerichts (Entscheidungsgründe S. 11) an. Danach stehen dem Beklagten aus § 426 Abs. 1 BGB gegenüber dem Kläger Ausgleichsansprüche zu, soweit er von der Geschädigten bzw. ihrer Krankenversicherung in Anspruch genommen wird, ohne dass eine summenmäßige Begrenzung in Betracht kommt.
III.
Nach alledem konnte das Rechtsmittel des Klägers in der Sache keinen Erfolg haben.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
D.
Gegen diese Entscheidung findet ein weiteres Rechtsmittel nicht statt. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor. Den entscheidungserheblichen Rechtsfragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Kammer weicht mit ihrer Entscheidung auch nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab.
Auf § 72a ArbGG wird hingewiesen.