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21.01.2016 · IWW-Abrufnummer 183196

Landesarbeitsgericht Köln: Urteil vom 17.11.2015 – 12 Sa 707/15

1. Vertragsstrafenabreden bei Verstößen gegen die Kündigungsfrist oder vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind in Arbeitsverträgen nicht generell ungewöhnlich.

2. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind.

3. Ausgehend vom objektiven Inhalt und typischen Sinn ist eine Vertragsstrafenklausel aus der Sicht eines verständigen und redlichen Vertragspartners unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise so zu verstehen, dass von dem die Vertragsstrafe auslösenden Regelbeispiel "Nichteinhaltung der Kündigungsfrist" auch die außerordentliche Kündigung ohne wichtigen Grund des Arbeitnehmers erfasst ist.

4. Eine Vertragsstrafe verstößt nicht gegen besondere Klauselverbote. § 309 Nr. 6 BGB findet ebenso wenig Anwendung wie § 309 Nr. 12 BGB .

5. Das in einer Klausel fehlende Erfordernis des "Verzugs" bzw. des "Verschuldens" steht der Transparenz ebenfalls nicht im Weg. Dies folgt schon aus § 339 Satz 1 BGB .

6. Die gegenüber dem Gesetz ( § 622 Abs. 3 BGB ) verlängerte Probezeitkündigungsfrist von vier Wochen benachteiligt den Arbeitnehmer jedenfalls dann nicht unangemessen, solange sie für beide Parteien in gleichem Maße gilt, § 622 Abs. 6 BGB , und die Grundkündigungsfristen des § 622 Abs. 1 BGB nicht überschreitet.

7. Eine der Dauer der Vertragsverletzung proportionale Vertragsstrafe entspricht während der vereinbarten Probezeit genau dem Arbeitsentgelt für die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist - hier vier Wochen - und ist damit zulässig.


Tenor:
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 15. Januar 2015 - 11 Ca 5420/14 - abgeändert und der Beklagte verurteilt, an den Kläger eine Vertragsstrafe iHv. 1.540,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2014 zu zahlen.


2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.


3. Die Revision wird zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten über die Verwirkung einer Vertragsstrafe des beklagten Arbeitnehmers.



Der Kläger betreibt einen kleinen Pflegedienst. Der Beklagte ist gelernter Altenpfleger. Er befindet sich seit Februar 2011 in der Privatinsolvenz und bis voraussichtlich Februar 2017 im Restschuldbefreiungsverfahren.



In dem vom Kläger für eine Vielzahl von Fällen vorformulierten Arbeitsvertrag (AV), auf sieben Seiten gedruckt - von den Parteien am 23. Mai 2014 unterschrieben - sind folgende Regelungen enthalten:

"§ 1 Beginn des Arbeitsverhältnisses Dauer und Tätigkeit ... 5. Für den Fall das der Arbeitnehmer schuldhaft die Arbeit nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt als vereinbart aufnimmt oder das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der vereinbarten Dauer oder vor Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist ohne wichtigen Grund beendet, wird eine Vertragsstrafe in Höhe eines durchschnittlichen Bruttogehalts vereinbart. ... § 6 Kündigung 1. Die ersten sechs Monate gelten als Probezeit. In dieser Zeit kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von 28 Tagen gekündigt werden. ... 4. Die Zulässigkeit einer fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt. Für den Fall ihrer Unwirksamkeit gilt eine fristlose Kündigung als fristgerechte Kündigung zum nächst möglichen Termin. ... 6. Für den Fall das der Arbeitnehmer die Arbeit nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt als vereinbart aufnimmt oder das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der vereinbarten Dauer oder vor Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist ohne wichtigen Grund beendet, ist eine Vertragsstrafe zu zahlen. § 7 Vergütung Der Arbeitnehmer erhält eine Vergütung von 1.650,00 Euro monatlich brutto. ... § 15 Vertragsstrafe 1. Eine Vertragsstrafe ist wegen nachfolgend genannten Verstöße fällig: a) unentschuldigtes Fehlen b) Nichtantritt der Arbeit bei Vertragsbeginn c) Nichteinhaltung der Kündigungsfrist d) Abwerbung von Mitarbeitern e) Abwerbung von Patienten f) Diebstahl g) Körperverletzung h) grober Verstoß gegen §§ 8 und 9 2. Für die Probezeit gilt als Vertragsstrafe die Höhe des Bruttolohns, der im Zeitraum der Kündigungsfrist erreichbar, als vereinbart. (Beispiel: 3 Wochen = 18 Arbeitstage x 6,67 h = 120 h x Stundensatz gleich Vertragsstrafe). 3. ... 4. Eine Vertragsstrafe ist auch dann fällig, wenn ein Grund vorliegt, der zu einer fristlosen Kündigung führen würde. § 16 Ausschluss- und Verfallfristen 1. Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis - mit Ausnahme von Ansprüchen, die aus der Verletzung des Lebens des Körpers oder der Gesundheit sowie aus vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Arbeitgebers oder seines gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen resultieren - verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. ..."



Am 1. Juni 2014 wurde der Beklagte beim Kläger eingearbeitet. Am zweiten Arbeitstag gewährte der Kläger dem Beklagten aufgrund einer Wohnungsübergabe den gesamten Tag frei. Am dritten geplanten Arbeitstag, dem 4. Juni 2014, erschien der Beklagte zunächst nicht und überreichte gegen Mittag seine außerordentliche schriftliche Kündigung zum selben Tag aufgrund vorenthaltener bzw. falscher Informationen.



In den Schreiben vom 4. und 23. Juni 2014 forderte der Kläger den Beklagten zur Zahlung der Vertragsstrafe nach dem Arbeitsvertrag iHv. 1.540,00 Euro bis zum 30. Juni 2014 auf.



Mit der am 17. Juli 2014 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Zahlungsklage hat der Kläger die Vertragsstrafe gerichtlich geltend gemacht. In einem weiteren Klagebegründungsschriftsatz - beim Arbeitsgericht eingegangen am 2. September 2014 - hat der Kläger hilfsweise Schadensersatz iHv. 3.095,00 Euro geltend gemacht. Der Schriftsatz ist dem Beklagten am 6. September 2014 zugestellt worden.



Der Kläger hat vorgetragen, ihm sei ein erheblicher Schaden entstanden. Er habe für den Beklagten ein Leasingfahrzeug vorgehalten, das er sonst Ende Mai 2014 zurückgegeben hätte. Darüber hinaus habe er vier Versorgungsverträge mit Patienten kündigen müssen, da die Versorgung nicht mehr sichergestellt gewesen sei. Das Leasingfahrzeug habe er erst Ende September 2014 zurückgeben können. Außerdem habe er anderen Mitarbeitern Urlaub verwehren und Überstunden anordnen müssen. Die vom Beklagten im Kündigungsschreiben vorgebrachten Kündigungsgründe entsprächen nicht den Tatsachen und rechtfertigten keine außerordentliche Kündigung. Es sei dem Beklagten nicht versprochen gewesen, dass die Arbeit erst um 07:00 Uhr beginne. Der Beklagte habe den Arbeitsvertrag einige Tage vor dem Vertragsschluss erhalten. Er habe die Nutzung eines Firmenwagens gefordert. Dies sei dann geprüft und zugesagt worden. Vor der Vertragsunterzeichnung hätten die Parteien noch ein ausführliches Gespräch geführt. Darin habe der Kläger dem Beklagten die wichtigsten Regelungen des Arbeitsvertrags - insbesondere auch die Vertragsstrafenregelung - erläutert. § 15 Nr. 1 Buchst. c) AV erfasse die fristlose Kündigung des Arbeitnehmers ohne wichtigen Grund. Mit der außerordentlichen Kündigung könne der Beklagte die Kündigungsfrist nicht wahren. Auch wegen § 6 Nr. 6 AV werde die außerordentliche Kündigung ohne wichtigen Grund von der Vertragsstrafenregelung erfasst. Aufgrund der Kündigung des Beklagten seien für das Leasingfahrzeug monatliche Kosten iHv. 145,00 Euro entstanden. Außerdem sei ein Umsatzausfall von 950,00 Euro und durch die Anordnung von Überstunden ein Schaden von 1.800,00 Euro entstanden.



Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn eine Vertragsstrafe iHv. 1.540,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2014 zu zahlen; 2. für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn Schadensersatz iHv. 3.095,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2014 zu zahlen.



Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.



Der Beklagte hat vorgetragen, ihm sei ein Arbeitsbeginn von 07:00 Uhr zugesichert gewesen. Dies sei für ihn wesentlich gewesen. Als männlicher Altenpfleger sei er sehr gefragt. Bei den Vertragsverhandlungen sei er darauf verwiesen worden, im Krankheitsfall keine Vergütung zu erhalten und eine Vertragsstrafe zahlen zu müssen. Ein klärendes Gespräch mit dem Kläger sei ausgeschlossen gewesen. Dieser habe unverzüglich nach seinem Nichterscheinen seinen damaligen und jetzigen Arbeitgeber angerufen und versucht, Negatives über ihn zu berichten. Der Schaden sei weder dem Grunde noch der Höhe nach substantiiert. Die Anschaffung eines Leasingfahrzeugs während der Probezeit widerspreche der Lebenserfahrung.



Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Vertragsstrafenklausel erfasse nicht die außerordentliche Kündigung ohne wichtigen Grund. Bei einer fristlosen Kündigung gehe es nicht um die Nichteinhaltung einer Kündigungsfrist im Sinne der Klausel. Da die Vertragsstrafenklausel eine Regelung für den Fall vorsehe, dass ein Grund vorliege, der zu einer fristlosen Kündigung berechtige, sei damit der Fall der außerordentlichen Kündigung ausdrücklich und abschließend geregelt. Auch § 6 Nr. 6 AV könne nicht herangezogen werden, da die Klausel überraschend sei. Der Kläger habe auf diese Klausel besonders hinweisen müssen. Ein Schadensersatzanspruch bestehe nicht, da der Kläger den Schaden nicht hinreichend substantiiert habe. Es fehle für die Leasingkosten an einem Beweisantritt.



Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze wie auch auf das arbeitsgerichtliche Urteil Bezug genommen.



Das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 15. Januar 2015 ist dem Kläger am 20. Februar 2015 zugestellt worden. Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründung des Klägers sind am 10. März 2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.



Der Kläger trägt vor, eine fristlose außerordentliche Kündigung ohne wichtigen Grund sei eine Kündigung, die die Kündigungsfrist nicht einhalte. Dies sei auch ausdrücklich mit dem Kläger besprochen worden. Die Klausel diene dazu, Arbeitnehmer davon abzuhalten, von heute auf morgen nicht mehr zur Arbeit zu erscheinen oder kurzfristig unberechtigt fristlos zu kündigen. Fristlose Kündigungen mit wichtigem Grund könnten nicht verhindert werden, unberechtigte hingegen schon. Die Regelung in § 6 Nr. 6 AV sei keine eigenständige Regelung, sondern Ausdruck des in § 15 AV geregelten Sachverhalts. Die Regelung in § 6 AV habe der Transparenz gedient. Der Beklagte habe keinen wichtigen Kündigungsgrund gehabt. Damit sei die außerordentliche Kündigung eine Kündigung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist. Die Klausel könne nicht überraschend sein, da der Kläger den Beklagten über die Inhalte der Vertragsstrafe besonders aufgeklärt habe.



Der Kläger beantragt,

auf seine Berufung das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 15. Januar 2015 - 11 Ca 5420/14 - abzuändern und 1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn eine Vertragsstrafe iHv. 1.540,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2014 zu zahlen; 2. für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn Schadensersatz iHv. 3.095,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2014 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.



Der Beklagte trägt vor, es verblieben Auslegungszweifel, ob die Vertragsstrafenklausel auch außerordentliche Kündigungen erfasse. Nach dem Wortlaut der Vertragsbedingung sei eine außerordentliche Kündigung auch eine Kündigung, die die Kündigungsfrist nicht einhalte. Die Klausel erfasse damit auch eine berechtigte außerordentliche Kündigung. Dies wäre eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers. Das Gebot der verwenderfeindlichsten Auslegung zwinge dazu, zulasten des Arbeitnehmers davon auszugehen, dass auch eine berechtigte außerordentliche Kündigung die Vertragsstrafe auslöse. Von dem Beklagten als Altenpfleger könne man nicht erwarten, dass er vertiefte arbeitsrechtliche Kenntnisse darüber habe, wann ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vorliege. Die Klausel weiche überdies von § 309 Nr. 12 BGB und § 619a BGB ab. Da sie kein Vertretenmüssen erfordere, sei sie eine unzulässige Gefährdungshaftung des Arbeitnehmers. Darüber hinaus sei seine außerordentliche Kündigung hilfsweise als Anfechtungserklärung auszulegen. Er sei arglistig über wesentliche Arbeitsbedingungen getäuscht worden. Ein Schadensersatzanspruch entfalle, da er schon keine Pflicht verletzt habe. Er habe dargelegt, welche Gründe ihn zu der Vertragsbeendigung veranlasst hätten. Der Kläger habe ihm angedroht, dass innerhalb der ersten sechs Monate keine Entgeltfortzahlung gezahlt würde.



Für den weiteren Vortrag wird auf die gewechselten Schriftsätze und das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.



Entscheidungsgründe



Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.



A. Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt und begründet, § 66 Abs. 1 Satz 1, 2, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. § 519, § 520 Abs. 1, Abs. 3 ZPO.



B. Die Berufung des Klägers ist begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist mit ihrem Hauptantrag zulässig und begründet. Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf die beantragte Vertragsstrafe. Auf den Hilfsantrag kam es damit nicht mehr an.



I. Der Zulässigkeit der Leistungsklage steht die Privatinsolvenz und das anhängige Restschuldbefreiungsverfahren des Beklagten nicht entgegen. Da es sich vorliegend um eine nach der Eröffnung der Insolvenz begründete Forderung eines sog. Neugläubigers handelt - die Eröffnung der Insolvenz datiert aus dem Jahre 2011, die Forderung des Klägers aus dem Jahre 2014 - gilt das Vollstreckungsverbot des § 294 Abs. 1 InsO nicht. Der Kläger darf in das freie, nicht auf den Treuhänder übertragene Vermögen des beklagten Schuldners vollstrecken (vgl. Uhlenbruck/Sternal InsO 14. Aufl. § 294 Rn. 20).



II. Die Vertragsstrafenklausel in § 15 Nr. 1 Buchst. c) AV ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung (1.). Sie ist Inhalt des Vertrags geworden und insbesondere nicht überraschend (2.). Sie ist objektiv dahin auszulegen, dass sie die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund erfasst (3.).



1. Die Klauseln des Arbeitsvertrags und insbesondere § 15 AV sind Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt, dass er den Vertrag mehrfach verwendet habe bzw. verwenden wollte. Er hat ihn vorformuliert und damit auch gestellt.



2. Die Regelung in § 15 Nr. 1 Buchst. c) AV ist nicht überraschend, § 305c Abs. 1 BGB.



a) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann nicht Vertragsbestandteil, wenn sie nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht. Überraschenden Klauseln muss ein "Überrumpelungs- oder Übertölpelungeffekt" innewohnen. Zwischen den durch die Umstände bei Vertragsschluss begründeten Erwartungen und dem tatsächlichen Vertragsinhalt muss ein deutlicher Widerspruch bestehen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, insbesondere das äußere Erscheinungsbild des Vertrags. So kann der ungewöhnliche äußere Zuschnitt einer Klausel oder ihre Unterbringung an unerwarteter Stelle die Bestimmung zu einer ungewöhnlichen und damit überraschenden Klausel machen (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - BAGE 115, 372). Das Überraschungsmoment ist desto eher zu bejahen, je belastender die Bestimmung ist. Im Einzelfall muss der Verwender ggf. auf die Klausel besonders hinweisen oder diese drucktechnisch hervorheben (vgl. BAG 14. August 2007 - 8 AZR 973/06 - Rn. 21; 27. April 2000 - 8 AZR 301/99 -).



b) Vertragsstrafenabreden bei Verstößen gegen die Kündigungsfrist oder vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind in Arbeitsverträgen nicht generell ungewöhnlich. Auch ist vorliegend die Unterbringung der Vertragsstrafenabrede in § 15 AV nicht überraschend. Sie befindet sich dort unter einer eigenen Überschrift, die fett gedruckt ist. Die Beispiele sind abgesetzt und deutlich zu erkennen. Trotz der Regelung auf Seite 6 des Vertrags befindet sich die Regelung kurz vor dem Ende des Vertrags nicht an einer ungewöhnlichen Stelle. Auch die Regelungen über die Vertragsstrafe bei Dauer und Kündigung des Arbeitsverhältnisses (§§ 1, 6 AV) am Ende des jeweiligen Paragraphen befinden sich in einem eigenständigen Absatz mit gesonderter Regelung und verdeutlichen die spätere Regelung zur Vertragsstrafe. Da die Vertragsstrafe die vorzeitige Beendigung sanktionieren soll, ist sie an diesen Stellen zur Dauer und Kündigung gerade nicht an unerwarteter Stelle, sondern an zu erwartender Stelle untergebracht (vgl. hierzu BAG 14. August 2007- 8 AZR 973/06 - Rn. 22). Dass §§ 1, 6 AV die Vertragsstrafe nur als solche, nicht aber ihre Einzelheiten regeln, ist unerheblich, da § 15 AV sämtliche Einzelheiten hierzu enthält. Die Klauseln sind in ihrer Gesamtheit damit weder insgesamt ungewöhnlich noch an ungewöhnlicher Stelle geregelt. Ein Arbeitnehmer, der sich über seine Pflichten im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses informieren möchte, kann insbesondere die Bestimmungen in §§ 1, 6 AV nicht übersehen (vgl. zu einem Wettbewerbsverbot BAG 14. August 2007 - 8 AZR 973/06 - Rn. 22).



c) Die Klausel war auch für den Beklagten nicht überraschend. Er hat sich selbst im Verfahren eingelassen zu wissen, männliche Pfleger seien auf dem Arbeitsmarkt sehr begehrt. Ihm musste daher klar sein, dass der Kläger ein erhebliches Interesse am Bestand des Arbeitsverhältnisses auch und gerade in der Kündigungsfrist hatte und zu ihrer Absicherung Vorkehrungen treffen musste. Das verdeutlicht auch schon die vierwöchige Kündigungsfrist in der Probezeit, § 6 Nr. 1 AV. Aus dem Vortrag des Beklagten ergibt sich zudem, dass das Thema Vertragsstrafe zumindest in den Vertragsverhandlungen zur Sprache gekommen ist. Ein darüber hinausgehender Hinweis vom Kläger - den er behauptet - war unter diesen Umständen nicht erforderlich (vgl. hierzu BAG 14. August 2007 - 8 AZR 973/06 - Rn. 21).



3. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden nicht rechtskundigen Vertragspartners. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 130/13 - Rn. 18).



a) Ausgehend vom objektiven Inhalt und typischen Sinn ist die Vertragsstrafenklausel im maßgeblichen Teil aus der Sicht eines verständigen und redlichen Vertragspartners unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise so zu verstehen, dass von dem die Vertragsstrafe auslösenden Regelbeispiel "Nichteinhaltung der Kündigungsfrist" auch die außerordentliche Kündigung ohne wichtigen Grund des Arbeitnehmers erfasst ist.



b) Zwar regelt die Vertragsklausel die außerordentliche Kündigung ohne wichtigen Grund nicht als eigenständigen Anwendungsfall. Allerdings unterfällt die außerordentliche Kündigung ohne wichtigen Grund dem Klauselinhalt "Kündigung unter Nichteinhaltung der Kündigungsfrist" bei einer Wortlautauslegung mithilfe des § 626 Abs. 1 BGB. Wenn eine Klausel erkennbar auf eine gesetzliche Regelung Bezug nimmt, ist auch für die Bestimmung des Klauselinhalts die allgemeine Gesetzesauslegung zugrunde zu legen (BGH 19. März 2003 - VIII ZR 135/02 -; Ulmer/Schäfer in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 305c BGB Rn. 83). Nach dem ausreichend erkennbar in Bezug genommenen Gesetzeswortlaut des § 626 Abs. 1 BGB am Anfang ist die Kündigung aus wichtigem Grund eine Kündigung "ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist". Für die wirksame außerordentlich kündigende Vertragspartei muss zudem nach § 626 Abs. 1 BGB der "Ablauf der Kündigungsfrist" unzumutbar sein. Eine außerordentliche Kündigung ohne wichtigen Grund ist damit nach dem Wortlaut der Klausel - ergänzt durch § 626 Abs. 1 BGB - eine Kündigung bei Nichteinhaltung der Kündigungsfrist.



c) Der Vertragstext ist auch aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise so zu verstehen, dass die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist auch bei einer außerordentlichen Kündigung ohne wichtigen Grund vorliegt. Sie ist als ein Mehr gegenüber der Nichteinhaltung der Frist erst recht von § 15 AV erfasst. Der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner kann nicht darauf abstellen, die außerordentliche Kündigung ohne wichtigen Grund sei nicht ausdrücklich geregelt. Aus der Sicht der typischen Verkehrskreise wäre es vielmehr überraschend, die ordentliche Kündigung mit zu kurzer Frist nicht mit der unberechtigten Kündigung ohne Frist oder der außerordentlichen Kündigung mit kurzer Auslauffrist gleichzusetzen. Der typische und von redlichen Geschäftspartnern erkennbare Zweck der vorliegenden Klausel soll jede rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne hinreichenden Grund vor dem Ablauf der Kündigungsfrist mit der Vertragsstrafe erfassen.



d) Dass dabei die wirksame außerordentliche Kündigung mit wichtigem Grund nicht von der Klausel erfasst ist, ergibt sich schon aus dem Einleitungssatz des § 15 AV, wonach die Vertragsstrafe einen "Verstoß" voraussetzt, und dem Wortlaut des § 626 Abs. 1 BGB. Die außerordentliche Kündigung mit wichtigem Grund stellt keinen Verstoß dar. Sie ist vielmehr vertragsgerecht. Sie erfolgt damit auch nicht unter Nichteinhaltung der Kündigungsfrist. Denn § 626 Abs. 1 BGB erlaubt in dieser Konstellation die Kündigung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist. Außerdem setzt die Verwirkung der Vertragsstrafe Verzug voraus, § 339 Satz 1 BGB. Kündigt der Arbeitnehmer wirksam außerordentlich, kommt er nicht in Verzug mit dem Angebot seiner Arbeitsleistung. Dieses Verständnis wird durch § 6 Nr. 4 AV verstärkt, wonach ausdrücklich die Zulässigkeit einer fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund unberührt bleibt. Für den Fall ihrer Unwirksamkeit gilt eine fristlose Kündigung als fristgerechte Kündigung zum nächstmöglichen Termin. Es wird damit ausreichend deutlich, dass die außerordentliche Kündigung ohne wichtigen Grund zur Anwendung und Einhaltung der Kündigungsfrist führt.



e) Als weiterer Auslegungsgesichtspunkt tritt hinzu, dass der Kläger im vorformulierten Arbeitsvertrag an mehreren Stellen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist ohne wichtigen Grund ausdrücklich bezeichnet und hieran die Verwirkung der Vertragsstrafe geknüpft hat, nämlich in § 1 Nr. 5 sowie in § 6 Nr. 6 AV. Die vom Arbeitsgericht herangezogene Regelung in § 15 Nr. 4 AV spielt für die hier maßgebliche Auslegung keine Rolle: Sie betrifft allein die außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers aufgrund eines Verhaltens des Arbeitnehmers.



f) Auch in gängigen Vertragsmustern wird eine Regelung für die außerordentliche Kündigung ohne wichtigen Grund als Sonderfall der Nichteinhaltung der Kündigungsfrist nicht verlangt (Preis/Stoffels Der Arbeitsvertrag 5. Aufl. II V 30 Rn. 111: "ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist"). Hieraus folgt, dass die an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise eine eigenständige Regelung nicht erwarten.



g) Die Entscheidung des Achten Senats vom 22. Oktober 2009 führt zu keinem anderen Auslegungsergebnis (BAG 22. Oktober 2009 - 8 AZR 865/08 - Rn. 35). Dort ging es um die Frage, ob die tatsächliche Nichterbringung der Arbeitsleistung eine von der Vertragsstrafenabrede erfasste Pflichtverletzung darstellte. Die strafbewehrte Pflicht des Arbeitnehmers sei explizit nur auf die Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist bezogen. Darum geht es vorliegend nicht.



h) Die Klausel in § 15 AV ist überdies dahin auszulegen, dass die Anforderungen des § 339 Satz 1 BGB, also insbesondere Verzug und Vertretenmüssen, hinzutreten müssen, um eine Vertragsstrafe zu verwirken. Dies folgt schon aus § 339 BGB selbst. Außerdem handelt es sich um einen für den Arbeitnehmer günstigen Umstand. Daher kann die Klausel entgegen der Annahme des Beklagten nicht dahin verstanden werden, dass die Vertragsstrafe auch bei einem unverschuldeten Verhalten greifen soll (vgl. BAG 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 46).



i) Die vom Beklagten geltend gemachte kundenfeindliche Auslegung findet bei der objektivierten Auslegung nicht statt. Sie ist nur die Grundlage für die spätere Inhaltskontrolle der Klausel (Stoffels AGB-Recht 3. Aufl. Rn. 358; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. Vorb. v. § 307 BGB Rn. 14). Auch das Transparenzgebot führt zu keiner gegenteiligen Annahme. Ob die Klausel in einer bestimmten Auslegung dem Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB genügt, ist eine Frage der Inhaltskontrolle und nicht der Auslegung. Die Ausführungen des Achten Senats in der Entscheidung vom 23. Januar 2014 (- 8 AZR 130/13 - Rn. 23) sind allein dahin zu verstehen, dass die Vertragsstrafe wegen ihrer erheblichen Folgen besonderen Transparenzanforderungen unterliegt.



III. Die Vertragsstrafenklausel ist materiell wirksam. Sie hält der Inhaltskontrolle der §§ 307 ff. BGB stad. Sie ist insbesondere nicht unangemessen benachteiligend - auch in Anbetracht der verlängerten Probezeitkündigungsfrist.



1. Die Klausel in § 15 AV verstößt nicht gegen besondere Klauselverbote. § 309 Nr. 6 BGB findet ebenso wenig Anwendung wie § 309 Nr. 12 BGB (vgl. BAG 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - BAGE 110, 8). Eine geltende Besonderheit des Arbeitsrechts bildet § 888 Abs. 3 ZPO, der es ausschließt, die Verpflichtung zur Arbeitsleistung zu vollstrecken, § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB. Die Vertragsstrafe verändert zudem keine Beweislast zulasten des Arbeitnehmers, § 309 Nr. 12 BGB. Sie dient dazu, die Darlegung und den Beweis eines konkreten Schadens, was erfahrungsgemäß mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, zu vereinfachen (vgl. BAG 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - BAGE 110, 8; vgl. allgemein zu § 309 Nr. 12 BGB Schlewing in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 309 Rn. 140, 141 zum abstrakten Schuldanerkenntnis). Zudem bleibt es beim Erfordernis des Verschuldens und bei den Anforderungen an Beweis und Darlegung aus § 286 Abs. 4 BGB. Die Klausel verstößt damit auch nicht gegen § 619a BGB.



2. Die Klausel ist nicht intransparent, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB



a) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB sind Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen müssen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Eine Klausel genügt dem Bestimmtheitsgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn sie im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich beschreibt. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält. Bei der Beurteilung, ob eine Regelung dem Transparenzgebot genügt, ist nicht auf den flüchtigen Betrachter, sondern auf den aufmerksamen und sorgfältigen Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr abzustellen. Die Vertragsstrafenklausel muss das die Vertragsstrafe auslösende Fehlverhalten des Arbeitnehmers präzise beschreiben ist (BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 130/13 - Rn. 23, 25)



b) Die Regelung in § 15 Nr. 1 Buchst. c) AV ist hinreichend transparent. Sie beschreibt die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers so klar und präzise wie möglich: Er muss nach dem Ausspruch der Kündigung für die Dauer der Kündigungsfrist seine Arbeitsleistung erfüllen. Sie enthält - auch in Anbetracht der vorgenommenen Auslegung - keine vermeidbaren Unklarheiten und Spielräume. Der aufmerksame und sorgfältige Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr liest sämtliche Regelungen des Vertrags und erkennt, dass auch die außerordentliche Kündigung ohne wichtigen Grund die Kündigungsfrist nicht einhält und hier eine Vertragsstrafe droht. Darüber hinaus legt der Vertrag - sogar mit einem Beispiel - hinreichend deutlich dar, wie sich die Vertragsstrafe im Fall der vorzeitigen unberechtigten Beendigung des Vertrags berechnet, § 15 Nr. 2 AV. Das gilt auch in der Verbindung mit der verlängerten Probzeitkündigungsfrist, § 6 Nr. 1 AV. Dort ist die Kündigungsfrist in der Probezeit eindeutig nach Tagen bestimmt.



c) Das in der Klausel fehlende Erfordernis des "Verzugs" bzw des "Verschuldens" steht der Transparenz ebenfalls nicht im Weg. Dies folgt schon aus § 339 Satz 1 BGB (vgl. BAG 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 46).



3. Die Vertragsstrafe ist auch im Übrigen nicht unangemessen benachteiligend, § 307 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 BGB.



a) Die Vertragsstrafenklausel ist nicht bereits nach der Zweifelsregel des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Danach ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Vertragsbestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Ein solcher Fall liegt nicht vor. Durch die Vertragsstrafe soll eine Vertragsgestaltung durchgesetzt werden, für die der Gesetzgeber mit § 622 Abs. 6 BGB ausdrücklich die Möglichkeit eröffnet hat. Zudem wird durch § 15 Abs. 4 TzBfG deutlich, dass sogar eine Bindung auf bis zu fünf Jahre ohne ordentliche Kündigungsmöglichkeit zulässig sein soll.



b) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Klauselverwenders entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. In diesem Sinn unangemessen ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Es bedarf einer umfassenden Würdigung der Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Dabei ist auch die Stellung der Klausel im Gesamtvertrag zu berücksichtigen, ebenso wie kompensierende oder summierende Effekte. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt (BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 896/07 - Rn. 30).



c) Eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist hier durch die Vertragsstrafe für das Nichteinhalten der Kündigungsfriste nicht gegeben. Die Vertragsstrafe ist auch nicht unangemessen hoch.



aa) Die Vertragsstrafe sichert das berechtigte Bedürfnis des Arbeitgebers, eine arbeitsvertragswidrige und schuldhafte Nichtaufnahme oder Beendigung der Arbeitstätigkeit seitens des Arbeitnehmers zu vermeiden. Ebenso soll die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne wichtigen Grund (§ 626 Abs. 1 BGB) verhindert werden. Es geht darum, dem Arbeitgeber seinerseits die nahtlose Erbringung der Dienstleistungen gegenüber seinem Kunden und ggf. die entsprechende Einarbeitung eines Nachfolgers zu ermöglichen. Stellt der Arbeitnehmer die Arbeit vertragswidrig ein, sind die Darlegung und der Beweis eines konkreten Schadens erfahrungsgemäß mit besonderen Schwierigkeiten verbunden. Die schadensersatzrechtlichen und zivilprozessualen Erleichterungen nach § 252 Satz 2 BGB und § 287 ZPO erleichtern nur in geringfügigem Umfang die Darlegung und den Nachweis des Schadens; der Nachweis des Schadens und des Kausalzusammenhangs zwischen der Pflichtverletzung und dem Schaden sind in der Praxis kaum zu führen. Das Interesse des Arbeitgebers an einer Vertragsstrafenregelung ist deshalb anerkennenswert (BAG 4. März 2004 - 8 AZR 344/03 -; vgl. hierzu auch Klumpp in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 307 Rn. 259).



bb) Der Arbeitnehmer wird auch nicht unangemessen benachteiligt, weil es an ihm liegt, seine Hauptpflichten zu erbringen. Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse an der Einhaltung der arbeitsvertraglichen Hauptpflicht, während der Arbeitnehmer in der Regel weder ein Recht noch ein schützenswertes Interesse daran hat, den Arbeitsvertrag vorfristig zu lösen. Dies gilt auch dann, wenn wegen einer nötigen Einarbeitungszeit und hoher Lohnkosten die Arbeitsleistung für den Arbeitgeber nicht so nützlich ist. Zu eng ist es, die Vertragsstrafe allein mit einem vermögensrechtlichen Interesse des Arbeitgebers zu begründen. Die schadensausgleichende Funktion ist nur eine der beiden Funktionen der Vertragsstrafe. Die Vertragsstrafe dient auch der Sicherung der Arbeitsaufnahme und muss nicht zwingend beide Zwecke verfolgen. Ein Interesse des Arbeitgebers ist nicht nur bei Hochqualifizierten, bei sofortiger Einsatzbereitschaft oder bei ausgeschlossener Probezeit erkennbar. Dies mag sich gruppentypisch allenfalls auf die Höhe der Vertragsstrafe auswirken. Ist allerdings erkennbar, dass die Vertragsstrafe in erster Linie zur bloßen Schöpfung neuer, vom Sachinteresse des Verwenders losgelöster Geldforderungen eingesetzt wird, fehlt es am berechtigten Interesse des Arbeitgebers (BAG 4. März 2004 - 8 AZR 344/03 -).



cc) Bei der wechselseitigen Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner ist ganz besonders für den Kläger zu berücksichtigen, dass er als kleiner Unternehmer im Pflegesektor- auch zum Schutz der von ihm zu versorgenden Patienten - immerhin für die Zeit der Kündigungsfrist von vier Wochen mit der Arbeitsleistung der eingestellten Kraft sicher rechnen können muss. Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts des Klägers erfordern ein gewisses Maß an Planungssicherheit. Das ist auch für den Beklagten erkennbar gewesen, der den Arbeitskräftemängel selbst beschreibt. Auch die nötige Planungssicherheit für die Betreuung pflegebedürftiger Menschen erfordert eine Absicherung der Nichtleistung.



dd) Die gegenüber dem Gesetz (§ 622 Abs. 3 BGB) verlängerte Probezeitkündigungsfrist von vier Wochen benachteiligt den Beklagten jedenfalls dann nicht unangemessen, solange sie für beide Parteien in gleichem Maße gilt, § 622 Abs. 6 BGB, und die Grundkündigungsfristen des § 622 Abs. 1 BGB nicht überschreitet (vgl. grds. BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 896/07 -; HWK/Bittner 6. Aufl. § 622 BGB Rn. 41 mwN). Hier ist die Kündigungsfrist für beide Seiten gleich lang. Sie unterschreitet zudem noch die Fristen des § 622 Abs. 1 BGB, da sie zwar vier Wochen beträgt, die Kündigung allerdings nicht zum Fünfzehnten oder zum Ende des Monats erklärt werden muss.



ee) Das Risiko einer unwirksamen außerordentlichen Kündigung trifft den Arbeitnehmer auch nicht unangemessen schwer. Er hat bei einer Kündigungsfrist von vier Wochen eine zumutbare und rechtssichere Möglichkeit, den Vertrag ohne Vertragsstrafe zu beenden. Die Vertragsstrafe wird zudem nur bei einem entsprechenden Verschulden verwirkt, § 339 Satz 1BGB.



ff) Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB folgt hier auch nicht aus der Höhe der Vertragsstrafe. Da es bei der Vereinbarung einer Vertragsstrafe jedenfalls auch um einen vermögensmäßigen Ausgleich nicht erbrachter Vertragsleistungen geht, sind die Kündigungsfristen, die durch den Vertragsbruch vom Arbeitnehmer nicht beachtet wurden, ein relevanter Abwägungsgesichtspunkt zur Feststellung der Angemessenheit der Vertragsstrafenhöhe (BAG 19. August 2010 - 8 AZR 645/09 - Rn. 43; 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 -). Der Kläger hat eine der Dauer der Vertragsverletzung proportionale Vertragsstrafe formuliert. Sie entspricht während der vereinbarten Probezeit genau dem Arbeitsentgelt für die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist - hier vier Wochen (vgl. BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 896/07 - Rn. 45). Die Höhe ist daher nicht zu beanstanden.



IV. Der Beklagte hat die Vertragsstrafe auch verwirkt. Ohne das Vorliegen eines ausreichend wichtigen Grunds und ohne Abmahnung oder Fristsetzung hat er das Vertragsverhältnis außerordentlich gekündigt. Ab dem Tag nach dem Zugang der Kündigung befand er sich mit der Leistung seiner Arbeit in Verzug iSd. § 339 Satz 1, § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 3 BGB.



1. Für die außerordentliche Kündigung durch den Arbeitnehmer gelten die gleichen Grundsätze wie die für die Kündigung durch den Arbeitgeber. Daher ist auch für die Kündigung durch den Arbeitnehmer eine vorherige Abmahnung oder Fristsetzung erforderlich (BAG 19. Juni 1967 - 2 AZR 287/66 -; ErfK/Müller-Glöge 16. Auflage § 626 BGB Rn. 158). Dieser Rechtsgedanke folgt auch aus § 314 Abs. 2 BGB. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind nur entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.



2. Die vom Beklagten geltend gemachten Kündigungsgründe haben kein Gewicht, das ihm einen wichtigen Grund zur Kündigung und das ohne Abmahnung geben würde. Der mgl. Hinweis des Klägers auf § 3 Abs. 3 EFZG stellt keine Vertragsverletzung dar. Sie entspricht geltendem Recht. Auch die vom Beklagten beschriebene Notsituation ist nicht nachvollziehbar und betrifft nicht das Vertragsverhältnis. Soweit der Kläger längere Wartezeiten als nach § 3 Abs. 3 EFZG in Aussicht gestellt haben soll, hätte der Beklagte zunächst eine Frist zur Abhilfe oder abschließenden Erklärung des Klägers setzen müssen. Außerdem enthielt der Arbeitsvertrag in § 3 AV Regelungen zur Entgeltfortzahlung, die ersichtlich nicht von den gesetzlichen Regelungen abwichen.



3. Die außerordentliche Kündigung des Beklagten konnte entgegen seinem Vorbringen auch nicht in eine Anfechtung umgedeutet werden, § 140 BGB. Es ist wahrscheinlich zutreffend, dass auch die Anfechtung mit sofortiger Wirkung die Vertragsstrafe nicht auslöst. Der Beklagte hat allerdings ausdrücklich nur eine außerordentliche Kündigung erklärt. Aus dem Kündigungsschreiben selbst ergibt sich nicht, dass er sich auf einen Irrtum oder eine arglistige Täuschung und damit eine Anfechtung beruft. Der Kläger hat überdies nicht die Voraussetzungen einer wirksamen Anfechtung dargelegt, sondern bezieht sich nur pauschal auf sein Kündigungsschreiben, in dem allein von falschen Informationen die Rede ist.



4. Das Verschulden des Beklagten für die Verwirkung der Vertragsstrafe richtet sich nach § 286 Abs. 4 BGB. Es wird vermutet, § 280 Abs. 1 Satz 2 (BGH 10. Juni 2009 - I ZR 37/07 -; MükoBGB/Gottwald 3. Aufl. § 339 Rn. 34). Der Beklagte ist damit hinsichtlich seines mangelnden Verschuldens darlegungs- und beweispflichtig. Er hat dazu nichts Substantielles vorgetragen.



5. Die Höhe der Forderung wird vom Beklagten nicht bestritten. Der Kläger legt ein Monatsgehalt (1.650,00 Euro) zugrunde, teilt es durch 30 und multipliziert den Betrag mit 28 für vier Wochen, was den eingeklagten Betrag (1.540,00 Euro) ergibt. Das Berechnungsbeispiel in § 17 Nr. 2 AV deckt die vorgenommene Berechnung.



V. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 BGB. Mit Schreiben vom 23. Juni 2014 forderte der Kläger den Beklagten zur Zahlung der Vertragsstrafe nach dem Arbeitsvertrag iHv. 1.540,00 Euro bis zum 30. Juni 2014 auf. Ab dem 1. Juli 2014 befand sich der Beklagte im Verzug mit der Zahlung.



C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Kosten des Rechtsstreits fallen der unterliegenden Partei zur Last.



D. Die Entscheidung über die Zulassung der Revision folgt aus § 72 Abs. 2 ArbGG. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen haben grundsätzliche Bedeutung.

Vorschriften§ 309 Nr. 12 BGB, § 619a BGB, § 66 Abs. 1 Satz 1, 2, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 519, § 520 Abs. 1, Abs. 3 ZPO, § 294 Abs. 1 InsO, § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 305c Abs. 1 BGB, § 626 Abs. 1 BGB, § 339 Satz 1 BGB, § 339 BGB, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, §§ 307 ff. BGB, § 309 Nr. 6 BGB, § 888 Abs. 3 ZPO, § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB, § 286 Abs. 4 BGB, § 307 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 BGB, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 622 Abs. 6 BGB, § 15 Abs. 4 TzBfG, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 252 Satz 2 BGB, § 287 ZPO, § 622 Abs. 1 BGB, § 339 Satz 1BGB, § 339 Satz 1, § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 3 BGB, § 314 Abs. 2 BGB, § 3 Abs. 3 EFZG, § 140 BGB, §§ 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 BGB, § 91 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 ArbGG

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