25.11.2015 · IWW-Abrufnummer 145872
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 17.09.2015 – 2 K 54/15
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
FG Hamburg, 17.09.2015 - 2 K 54/15
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Behandlung von unentgeltlich abgegebenen Mahlzeiten als lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn.
Die Klägerin betreibt einen Offshore-Windpark ... Zentrale Einheit dieses Windparks ist ein auf einer fest im Meeresboden verankerten Plattform liegendes Umspannwerk. Die Umspannplattform dient als logistischer Stützpunkt des Offshore-Windparks in dessen Zentrum. Auf der Plattform befinden sich unter anderem eine Krananlage, ein Containerlager für Ersatzteile, ein Hubschrauberlandeplatz sowie Generatoren zur Eigenversorgung mit Strom. Der Offshore-Windpark ist so konzipiert, dass Mitarbeiter der Klägerin ständig vor Ort auf der Umspannplattform anwesend sind. Dies sieht auch das betriebsinterne und mit dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) abgestimmte Sicherheitskonzept vor; andernfalls wäre der Betrieb stillzulegen.
Zur Unterbringung der Mitarbeiter befindet sich auf der Umspannplattform auch ein Wohnbereich für bis zu 38 Betriebs-, Service- und Montagetechniker sowie deren Zuarbeiter. Seit Mitte des Streitjahres 2013 sind ununterbrochen Mitarbeiter auf der Umspannplattform. Dabei handelt es sich bei den tätigen 35 bis 38 Personen um 6 bis 8 eigene Arbeitnehmer der Klägerin, bis zu 30 Mitarbeiter externer Dienstleister und in geringem Umfang um Catering-Personal.
Die Arbeitnehmer der Klägerin arbeiten dabei üblicherweise im Schichtdienst. Sie leisten über 14 Tage hinweg 12-Stunden-Schichten, gefolgt von einer anschließenden Ruhephase von 14 Tagen an Land. Im zweiwöchigen Turnus wird das gesamte Offshore-Personal durch Kollegen ersetzt. Der Hin- und Rücktransport zwischen dem Festland und der Umspannplattform erfolgt mittels Helikopter. Eine Möglichkeit für die klägerischen Mitarbeiter, die Umspannplattform während der 14-Tages-Schicht zu verlassen, ist nicht vorgesehen.
Ein Catering-Unternehmen mit weltweiter Erfahrung im Offshore-Bereich verpflegt die auf der Umspannplattform befindlichen Personen mit Hilfe von vier dort ständig tätigen Mitarbeitern. Aufgrund entsprechender vertraglicher Verpflichtungen mit den Subunternehmern der Klägerin werden auch deren Mitarbeiter auf der Plattform unentgeltlich versorgt.
Im zweiwöchigen Turnus liefert ein Versorgungsschiff die Lebensmittel an. Gelagert werden diese in einem auf der Plattform befindlichen Kühlraum. Ausschließlich die Catering-Mitarbeiter verarbeiten die Lebensmittel in einer Kantinenküche. Kühlraum und Küche dürfen wegen entsprechender Hygienebestimmungen beim Umgang mit Lebensmitteln ausschließlich von den Catering-Mitarbeitern betreten werden. Die Offshore-Mitarbeiter werden täglich mit einem Frühstück sowie einem warmen Mittag- und Abendessen versorgt, welches - unstreitig - dem üblichen Standard in der Offshore-Branche entspricht. Für das Frühstück können sie zwischen Müsli, Brot, Aufschnitt sowie Obst und Gemüse, Ei, Würstchen und Speck wählen. Das Mittagessen besteht aus drei Gängen (Suppe oder Salat als Vorspeise, Fleisch oder Fisch als Hauptgang sowie einer Nachspeise) Das Abendessen entspricht weitestgehend dem beim Frühstück bzw. Mittagessen zur Verfügung stehenden Speiseangebot. Kleinere Snacks (z. B. Joghurt, Kuchen, Brot, Müsli, Käse und Wurst) und nichtalkoholische Getränke stehen den Offshore-Mitarbeitern auch außerhalb der Mahlzeiten unentgeltlich zur Verfügung. Auf der Umspannplattform sowie im gesamten Windpark besteht Alkoholverbot.
Die Essensausgabe findet morgens zwischen 6:30 Uhr und 7:30 Uhr, mittags zwischen 12:00 Uhr und 13:00 Uhr und abends zwischen 17:30 Uhr und 18:30 Uhr im Speisesaal statt, welcher Platz für 24 Personen bietet. Innerhalb der Zeitfenster entscheiden die Offshore-Mitarbeiter frei darüber, wann sie die Mahlzeiten einnehmen. Sind alle Plätze im Speisesaal besetzt, werden Essensausgabezeiten flexibel angepasst. Offshore-Teams, die kurzfristig zu einem Einsatz müssen, werden gegebenenfalls bevorzugt. Die tagsüber außerhalb der Umspannplattform im Windpark operierenden Kollegen bekommen morgens ein Lunch-Paket. Kehren sie erst außerhalb der allgemeinen Zeiten zur Mahlzeitenausgabe zur Umspannplattform zurück, erhalten sie durch die Catering-Mitarbeiter Mahlzeiten zum Erwärmen in der Mikrowelle.
Die Kabinen der Offshore-Mitarbeiter und die Sozialräume sind räumlich stark beschränkt. So verfügt die Plattform lediglich über zwei je ca. 18 m2 große Fernseherräume sowie einen ca. 16 m2 gro ßen Fitnessraum. Die Schlafräume der Besatzung bieten eine Fläche von ca. 4,8 m2. Über eigene Kühl- und Kochgelegenheiten verfügen die Mitarbeiter weder in ihren Schlaf- noch in den Sozialräumen. Während des Streitjahres 2013 befand sich auf der Plattform keine Verkaufsstelle für Lebensmittel.
Gemäß § 4 Abs. 7 des Muster-Anstellungsvertrags verpflichtet sich der Angestellte, das Schutz- und Sicherheitskonzept der Klägerin in der aktuellen Fortschreibung, das Projekthandbuch so wie die Verfahrens- und Arbeitsanweisungen der Klägerin in der jeweils gültigen Fassung zu beachten. Aufgrund Ziffer 2.1.4 der Betriebsanordnung der Klägerin ist es den Offshore-Mitarbeitern untersagt, Alkohol, alkoholische Getränke und Speisen auf die Plattform mitzubringen. Mit diesem Verbot bezweckt die Klägerin neben hygienischen Vorteilen die Vermeidung höherer Helikopterkosten aufgrund zusätzlichen Gewichts. Die unentgeltliche Mahlzeitengestellung ist nicht Gegenstand der zwischen der Klägerin und ihren Offshore-Mitarbeitern geschlossenen Anstellungsverträge.
Die tatsächlichen Kosten für die Verpflegung durch das Catering-Unternehmen betrugen für die Klägerin im Streitjahr ca. 21,50 € pro Mahlzeit und Person. Auf Basis der von der Klägerin ausgehandelten Charterkonditionen würde ein Transport der Offshore-Mitarbeiter im 12-Stundentakt z. B. nach ... unabhängig von dem Arbeitszeitausfall, der durch die Flüge (ca. 1 Stunde pro Person und Flug) und die Übergabe von Daten verursacht würde, Helikopterkosten in Höhe von täglich rund 65.000 € verursachen.
Nach einer Außenprüfung behandelte der Beklagte die unentgeltliche Abgabe der Mahlzeiten als Arbeitslohn. Ausgehend von den von der Klägerin erklärten 704 Einsatztagen ihrer Mitarbeiter ermittelte er unter Anwendung der Sachbezugsverordnung bei einem täglichen Sachbezugswert i. H. v. ... € für drei Mahlzeiten einen geldwerten Vorteil i. H. v. ... €. Aufgrund des im Rahmen der Außenprüfung gestellten Antrags der Klägerin auf Pauschalversteuerung berechnete der Beklagte eine auf diesen Betrag pauschal zu entrichtende Steuer gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i. H. v. 25 % ... € Lohnsteuer zuzüglich Solidarit ätszuschlag und Kirchensteuern, mithin insgesamt ... €. Am 11. August 2014 erließ er auch aufgrund weiterer - für das vorliegende Verfahren nicht streiterheblicher - Feststellungen einen Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge für die Zeit von Januar 2010 bis Dezember 2013. Darin setzte er Nachforderungsbeträge in Höhe von ... € Lohnsteuer, ... € Solidaritätszuschlag, ... € evangelische Kirchensteuer, ... €-katholische Kirchensteuer sowie ... € jüdische Kultussteuer fest.
Den am 11. September 2014 eingelegten Einspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 12. Februar 2015 als unbegründet zurück.
Am 10. März 2015 hat die Klägerin Klage erhoben.
Zur Begründung trägt sie vor, der Beklagte sei zu Unrecht bei der unentgeltlichen Mahlzeitengestellung von Arbeitslohn ausgegangen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sei auch bei der Darreichung von Speisen und Getränken anerkannt, dass diese keinen Arbeitslohn darstellten, wenn sie lediglich notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen sei, mithin der Vorteil aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse des Arbeitgebers gewährt werde. Zur Befolgung des Sicherheitskonzepts sei es erforderlich, dass die Offshore-Mitarbeiter rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr auf der Umspannplattform tätig seien. Weil sie während ihrer 14-Tage-Schicht die Plattform nicht verlassen könnten, habe eine Lebensmittelversorgung zwingend vor Ort zu erfolgen. Ohne die Zusage hinreichender Verpflegung würde kein Arbeitnehmer für die Klägerin auf der Plattform arbeiten wollen und tägliche Verpflegungskosten von ca. 65,00 € akzeptieren.
Sie, die Klägerin, betreibe einen hohen Aufwand, um beispielsweise die Helikopterkosten möglichst gering zu halten und die eingeschränkten räumlichen sowie personellen Kapazitäten auf der Umspannplattform effizient zu nutzen. Wesentlich dabei sei insoweit auch die unentgeltliche Gemeinschaftsverpflegung, welche zu festen Uhrzeiten in kleinen Gruppen organisiert sei. Bestandteil des Effizienzkonzepts sei auch das Verbot der Mitnahme von Speisen für die Mitarbeiter. Dadurch würden zum einen die Transportkosten niedrig gehalten, da Lebensmittel günstig per Schiff angeliefert würden. Zum anderen werde den fehlenden Lagerungs- und Zubereitungskapazitäten sowie der Einhaltung von Hygienevorschriften Rechnung getragen. Die Eigenverpflegung der Offshore-Mitarbeiter sei daher keine denkbare Alternative.
Zwar sei es theoretisch denkbar, die einzelnen Kabinen mit Mini-Kühlschränken auszustatten sowie Kochgelegenheiten für die Mitarbeiter zu schaffen. Dies sei jedoch insgesamt mit gravierenden logistischen Problemen sowie hohen Kosten für weitere Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen verbunden. Auch Vorschriften der Offshore-Arbeitszeitverordnung und des Arbeitszeitgesetzes könnten dann kaum eingehalten werden.
Insgesamt sei der vorliegende Sachverhalt mit dem vom BFH mit Urteil vom 21. Januar 2010 (VI R 51/08, BStBl II 2010, 700) zur Verpflegung der Mitarbeiter auf einem Flusskreuzfahrtschiff vergleichbar, welche ebenfalls mangels Möglichkeit zum Landgang sich nicht selbst hätten verpflegen können.
Die Klägerin beantragt,
den Nachforderungsbescheid vom 11. August 2014 über Lohnsteuer und sonstige Lohnsteuerabzugsbeträge für die Zeit vom Januar 2010 bis Dezember 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. Februar 2015 dahingehend zu ändern, dass die nachzufordernde Lohnsteuer auf ... €, der nachzufordernde Solidaritätszuschlag auf ... € und die nachzufordernde Kirchensteuer auf insgesamt ... € (evangelische Kirchensteuer ... €, römisch-katholische Kirchensteuer ... € und jüdische Kultussteuer ... €) festgesetzt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zu Begründung verweist er auf seine Erläuterungen im Einspruchsverfahren und trägt ergänzend wie folgt vor: Ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Klägerin an der unentgeltlichen Verpflegung ihrer Arbeitnehmer bestehe nicht. Allein die besonderen Gegebenheiten auf der Umspannplattform überlagerten nicht das nicht unerhebliche Eigeninteresse der Arbeitnehmer an der Nahrungsaufnahme. Diese sprächen vielmehr für ein besonderes Interesse der Arbeitnehmer an der Verköstigung, da sie keine eigenen Lebensmittel mitbringen und lagern dürften und die Umspannplattform nicht verlassen könnten.
Die Klägerin könne sich nicht auf das Urteil des BFH vom 21. Januar 2010 berufen. Im Ergebnis habe der BFH die Sache zur erneuten Verhandlung an das Finanzgericht zurück verwiesen und gerade nicht entschieden, dass die Mahlzeitengestellung an Mitarbeiter auf einem Flusskreuzfahrtschiff keinen Arbeitslohn darstelle.
Der vorliegende Fall unterscheide sich auch von den in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung entschiedenen Fällen der Mahlzeitengestellung bei Erziehern. Anders als die Erzieher seien die Arbeitnehmer der Klägerin arbeitsvertraglich nicht zur gemeinsamen Essenseinnahme verpflichtet gewesen.
Im Übrigen sei zwar in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei einem außergewöhnlichen Arbeitseinsatz ein steuerpflichtiger Sachbezug verneint werden könne, wenn es sich um einfaches und nicht aufwändiges Essen handele, die unentgeltliche Überlassung des Essens der Beschleunigung des Arbeitsablaufs diene und dies für den Arbeitgeber von erheblicher Wichtigkeit sei. Die regelmäßige Versorgung mit warmen Mahlzeiten stelle jedoch stets Arbeitslohn dar. Zudem handele es sich bei der Arbeit auf der Umspannplattform nicht um einen außergewöhnlichen Arbeitseinsatz.
Dem Gericht haben jeweils Band I der Rechtsbehelfsakten und Arbeitgeberakten zur Steuernummer .../.../... vorgelegen.
Entscheidungsgründe
I. Die zulässige Klage ist begründet.
Der Nachforderungsbescheid verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit der Beklagte die unentgeltliche Verpflegung der Offshore-Mitarbeiter als entgeltlichen Vorteil, mithin als steuerpflichtigen Arbeitslohn behandelt hat. Der Beklagte hat zu Unrecht die unentgeltliche Überlassung der Mahlzeiten als Vorteil in Form eines Sachbezugs im Sinn von § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) behandelt und der pauschalierten Besteuerung nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 EStG unterworfen.
1. Bei der unentgeltlichen Mahlzeitengestellung an Mitarbeiter auf der Umspannplattform handelt es sich nicht um Arbeitslohn.
a) Steuerpflichtiger Arbeitslohn ist dadurch gekennzeichnet, dass dem Arbeitnehmer Einnahmen (Bezüge oder geldwerte Vorteile) zufließen, die "für" seine Arbeitsleistung gewährt werden (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Diesem Tatbestandsmerkmal ist nach ständiger Rechtsprechung zu entnehmen, dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft haben muss, um als Arbeitslohn angesehen zu werden. Dagegen sind solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen. Ein Vorteil wird dann aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt, wenn aufgrund einer Gesamtwürdigung der für die Zuwendung maßgebenden Umstände zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht. In diesem Fall des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses kann ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden. Die danach erforderliche Gesamtwürdigung hat insbesondere Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seine besondere Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 21. Januar 2010 VI R 51/08, BStBl II 2010, 700).
Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen der Intensität des eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers und dem Ausmaß der Bereicherung des Arbeitnehmers. Je höher aus der Sicht des Arbeitnehmers die Bereicherung anzusetzen ist, desto geringer wiegt das aus der Sicht des Arbeitgebers vorhandene eigenbetriebliche Interesse. Tritt das Interesse des Arbeitnehmers gegenüber dem des Arbeitgebers in den Hintergrund, kann eine Lohnzuwendung zu verneinen sein. Ist aber - neben dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers - ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben, so liegt die Vorteilsgewährung nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und f ührt zur Lohnzuwendung (BFH-Urteile vom 22. Juni 2006 VI R 21/05, BStBl II 2006, 915; vom 22. Juli 2008 VI R 47/06, BStBl II 2009, 151).
Diese Grundsätze kommen auch zur Anwendung, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Speisen und Getränke unentgeltlich oder verbilligt zur Verfügung stellt (BFH-Urteile vom 5. Mai 1994 VI R 55-56/92, BStBl II 1994, 771; vom 7. Dezember 1984 VI R 164/79, BStBl II 1985, 164; vom 4. August 1994 VI R 61/92, BStBl II 1995, 59; vom 19. November 2008 VI R 80/06, BStBl II 2009, 547), auch wenn Verpflegungsaufwendungen grundsätzlich den für die Einkünfteermittlung unbeachtlichen Bereich der Lebensführung betreffen (BFH-Urteil vom 18. August 2005 VI R 32/03, BStBl II 2006, 30). Danach handelt es sich bei der Abgabe von Mahlzeiten an Arbeitnehmer grundsätzlich auch um Vorteile, die für eine Beschäftigung gewährt werden. Denn die Nahrungsaufnahme erfüllt ebenso wie die Bekleidung ein allgemeines menschliches Bedürfnis und ist deshalb in aller Regel bei unentgeltlicher Zuwendung einer Mahlzeit mit einem erheblichen eigenen Interesse des Arbeitnehmers verbunden (vgl. BFH-Urteile vom 28. Februar 1975 VI R 28/73, BStBl II 1976, 134; Urteil vom 5. Mai 1994 VI R 55-56/92, BStBl II 1994, 771).
Die Rechtsprechung des BFH lässt jedoch dann Ausnahmen zu, wenn die Mahlzeiten während der Arbeit überwiegend betriebsfunktionalen Zielsetzungen dienen. So geschieht beispielsweise die Bewirtung anlässlich von gewöhnlichen Betriebsveranstaltungen im ganz überwiegend eigenen Interesse des Arbeitgebers, soweit sie nach Art, Teilnehmerkreis, Häufigkeit und Dauer üblich sind (vgl. BFH-Urteil vom 31. Januar 1997 VI R 70/96, BFH/NV 1997, 400). Außerhalb von herkömmlichen Betriebsveranstaltungen liegt keine unentgeltliche Zuwendung vor, wenn im Rahmen eines außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes (z. B. Dienstbesprechungen, Fortbildungsveranstaltungen, unerwarteter Arbeitsanfall) die unentgeltliche Überlassung des Essens der Beschleunigung des Arbeitsablaufes dient, so dass ein Belohnungscharakter verneint werden kann. Dabei muss das überlassene Essen einfach und nicht aufwendig sein (vgl. BFH-Urteile vom 5. Mai 1994 VI R 55-56/92, BStBl II 1994, 771; vom 4. August 1994 VI R 61/92, BStBl II 1995, 59). Die finanzgerichtliche Rechtsprechung hat nach diesen Grundsätzen auch die einfache Verköstigung von Erntehelfern als einen solchen außergewöhnlichen Arbeitseinsatz angesehen (Sächsisches FG, Urteil vom 12. Juli 2013 4 K1911/11, NV). Unabhängig von einem außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes hält der BFH betriebsfunktionale Zwangslagen beispielsweise in der Fluss- bzw. Hochseeschifffahrt für möglich, aufgrund derer die unentgeltliche Zuwendung von Mahlzeiten an Bordpersonal keinen Arbeitslohn darstellen (vgl. BFH-Urteil vom 21. Januar 2010 VI R 51/08, BStBl II 2010, 700).
b) Daran gemessen, stellt die Klägerin ihren Offshore-Mitarbeitern im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse unentgeltlich Mahlzeiten zur Verfügung, welches das Eigeninteresse der Arbeitnehmer an kostenlosen Mahlzeiten bei weitem überwiegt. Bei Würdigung aller Umstände sind die unentgeltlichen Mahlzeiten keine Ent- oder Belohnung des Arbeitgebers für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers. Es handelt sich vielmehr um eine losgelöste betriebliche Maßnahme aufgrund einer betriebsfunktionalen Zwangslage.
aa) Die unentgeltliche Darreichung von Mahlzeiten an die Offshore-Mitarbeiter der Klägerin durch ein eigens dafür beauftragtes Catering-Unternehmen ist den au ßergewöhnlichen Arbeitsumständen auf der Umspannplattform sowie der damit verbundenen notwendigen effizienten Gestaltung der Betriebsabläufe geschuldet und dient damit überwiegend betriebsfunktionalen Zielsetzungen.
Auf Grundlage des geltenden Sicherheitskonzepts, welches mit der überwachenden Behörde (BSH) abgestimmt ist, kann das Umspannwerk als Zentrum des ... befindlichen Windparks nur betrieben werden, wenn ständig Mitarbeiter der Klägerin vor Ort sind. Die Klägerin hat überzeugend dargelegt, dass aus Effizienzgesichtspunkten heraus die Arbeiten auf dem Umspannwerk im Schichtdienst erfolgen, wobei der Dienst auf der Umspannplattform 14 Tage andauert und täglich 12 Stunden beträgt. Das Gericht folgt der - unbestrittenen - klägerischen Darstellung, dass es wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, die Offshore-Mitarbeiter täglich nach Schichtende mittels Helikopter nach ... bzw. auf das Festland zu transportieren. Ebenso überzeugend hat die Klägerin dargelegt, dass eine damit notwendige Verpflegung ihrer Offshore-Mitarbeiter unter Gesichtspunkten der Logistik, Sicherheit, Hygiene, der beengten Räumlichkeiten, der Gestaltung des Betriebsablaufs (Schichtdienst) und der Wirtschaftlichkeit am geeignetsten durch eine zentrale Kantineneinheit geschieht. So ist es den Offshore-Mitarbeitern untersagt, Speisen und alkoholische Getränke auf die Umspannplattform zu verbringen. Dies dient zum einen der Reduzierung der Transportkosten und zum anderen der Einhaltung von Hygienebestimmungen an Bord der Plattform. Denn aufgrund der beengten Platzverhältnisse haben die Offshore-Mitarbeiter keine Möglichkeit, insbesondere verderbliche Nahrungsmittel in geeigneter Weise selbst zu lagern. Entsprechende Kühlvorrichtungen werden ausschließlich für die Kantine vorgehalten. Selbst bei Zuwiderhandlung gegen diese Arbeitsanweisungen könnten sich die Offshore-Mitarbeiter mangels für sie vorgehaltener Kochgelegenheiten nicht in angemessenem Maß selbst verpflegen. Zudem konnten sich die Offshore-Mitarbeiter mangels Möglichkeit, die Plattform während der üblicherweise 14 Tage dauernden Schichten zu verlassen, auch nicht anderweitig selbst verpflegen.
Für das Gericht ist es auch überzeugend, dass die Schaffung von Kühl- und Kochgelegenheiten für die Mitarbeiter aufgrund der räumlichen Enge auf der Umspannplattform (lediglich zwei kleine Fernseherräume sowie ein Fitnessraum, privaten Kabinen mit kaum 5 m2 Fläche) eine eher theoretische Möglichkeit darstellt. Sie wäre zum einen mit erheblichen Kosten verbunden und würde zum anderen weitere Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen notwendig machen und damit erheblich in den Betriebsablauf eingreifen.
bb) Der Ansicht des Beklagten, ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Klägerin scheide aus, da es sich bei dem Einsatz der Offshore-Mitarbeiter nicht um einen außergewöhnlichen Arbeitseinsatz handele, weil er nicht unvorhergesehen und zeitlich begrenzt, sondern hinsichtlich des Zeitpunktes, des Umfangs und der Dauer regelmäßig und planbar sei, ist nicht zu folgen.
Zwar ist es zutreffend, dass der BFH keinen Arbeitslohn annimmt, wenn im Rahmen eines außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes, der wie bei Dienstbesprechungen, Fortbildungsveranstaltungen oder einem unerwarteter Arbeitsanfall zeitlich begrenzt ist, die Angestellten verköstigt werden und dies der Beschleunigung des Arbeitsablaufes dient, so dass ein Belohnungscharakter verneint werden kann (vgl. BFH-Urteile vom 5. Mai 1994 VI R 55-56/92, BStBl II 1994, 771; vom 4. August 1994 VI R 61/92, BStBl II 1995, 59). Daraus folgt allerdings nicht zwingend, dass im Fall der regelmäßigen verbilligten oder unentgeltlichen Essensgewährung an Arbeitnehmer ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers stets ausscheidet, weil der Vorteil eines verbilligten Essens in jedem Fall auch im Interesse des Arbeitnehmers liegt (so aber wohl Sächsisches FG, Urteil vom 12. Juli 2013 4 K1911/11, NV mit Verweis auf Rechtsprechung des BFH). Denn der temporär begrenzte außergewöhnliche Arbeitseinsatz ist nur ein Unterfall des überwiegend eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitnehmers, bei der sich gewährte Vorteile lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen.
In der Rechtsprechung des BFH anerkannt ist hingegen auch der Fall, dass der Arbeitseinsatz dauerhaft durch besondere inner- oder außerbetriebliche Umständen geprägt wird, mithin auf Dauer "außergewöhnlich" ist. Eine solche besondere betriebsfunktionale Zwangslage hält der BFH beispielsweise bei der Zuwendung von Mahlzeiten an Besatzungspersonal eines Hochsee- oder Flusskreuzfahrtschiffes für möglich (BFH-Urteil vom 21. Januar 2010 VI R 51/08, BStBl II 2010, 700). Mit dem dort entschiedenen Sachverhalt ist der vorliegende Fall auch vergleichbar. Die Zuwendung von Kantinen-Mahlzeiten an das Bordpersonal erfolgte aus Gründen der effizienten Gestaltung des Betriebsablaufes unter Berücksichtigung der beengten räumlichen Gegebenheiten. Unerheblich ist, dass die Umspannplattform im Gegensatz zu einem Schiff ortsgebunden ist. Im Vergleich mit der Situation auf einem Flusskreuzfahrtschiff ist im Streitfall die betriebsbedingte Zwangslage unter zwei Aspekten zudem noch ausgeprägter. Zum einen steht fest, dass die Offshore-Mitarbeiter während ihres 14-tägigen Einsatzes auf der Umspannplattform keinerlei Möglichkeit hatten, sich während eines Landgangs mit Lebensmitteln einzudecken. Anders als auf dem Flusskreuzfahrtschiff können sich die Arbeitnehmer auf der Umspannplattform zum anderen mangels Koch- und Aufbewahrungsgelegenheiten auch nicht selbst versorgen.
Unerheblich in diesem Zusammenhang ist überdies, dass sich in einem gleichlautenden Erlass der obersten Finanzbehörden der Küstenländer betreffend die Bewertung der Beköstigung im Bereich der Seeschifffahrt (Kauffahrtei) und im Bereich der Fischerei für Zwecke des Steuerabzugs vom Arbeitslohn für die Zeit ab 1. Januar 2013 (BStBl. I 2013, 298) auf zugrunde zulegende Sachbezugswerte für alle Bereiche der Seefahrt geeinigt haben. Bei der Verköstigung der Mitarbeiter auf eine Offshore-Plattform handelt es sich nicht um Seefahrt. Zudem bindet die implizit in dieser Verwaltungsanweisung geäußerte Ansicht, bei der Mahlzeitengestellung im Rahmen der Seefahrt handele es sich um Arbeitslohn, das Gericht nicht.
cc) Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf die finanzgerichtliche Rechtsprechung zur Beurteilung der unentgeltlichen Mahlzeitengewährung an Betreuer eines Kinderheims bzw. von Erziehern in einem Kindergarten berufen (FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23. Januar 2012 5 K 64/11, DStRE 2012, 918; FG Niedersachsen, Urteil vom 19. Februar 2009 11 K 384/07, DStRE 2010, 1162). Die arbeitsvertragliche Verpflichtung zur gemeinsamen Mahlzeiteneinnahme unter gleichzeitigem Arbeitseinsatz (Betreuung der Kinder als Betriebsfunktion Zielsetzung) mag eine hinreichende Bedingung für die Annahme eines überwiegend eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers sein. Ein notwendiges Kriterium ist sie indes nicht. Vorliegend ist ausreichend, dass der Arbeitnehmer aufgrund einer faktischen Zwangslage gehalten ist, die angebotenen Mahlzeiten seines Arbeitgebers anzunehmen - mag er sich auch nicht explizit arbeitsvertraglich dazu verpflichtet haben.
dd) Ein Eigeninteresse der Arbeitnehmer, unentgeltlich mit Mahlzeiten versorgt zu werden, tritt dahinter zurück.
Ein solches ergibt sich nicht aus dem Wert der einzelnen Mahlzeit in Höhe von durchschnittlich 21,50 €. Zwar zählt dem Grundsatz nach das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers desto geringer, je höher aus Sicht des Arbeitnehmers die Bereicherung anzusetzen ist (vgl. BFH-Urteile vom 11. April 2006 VI R 60/02, BStBl II 2006, 691; vom 11. März 2010 VI R 7/08, BStBl II 2010, 763). Zudem ist nach der Rechtsprechung des BFH bei außergewöhnlichen Arbeitseinsätzen ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers lediglich dann anzunehmen, wenn das überlassene Essen einfach und nicht aufwendig ist (vgl. BFH-Urteil vom 4. August 1994 VI R 61/92, BStBl II 1995, 59). Diese Grundsätze sind vom Gedanken getragen, die Zuwendung von Mahlzeiten mit besonderem Ent- bzw. Belohnungscharakter als geldwerten Vorteil und damit als Lohn zu erfassen. Einen solchen besonderen Ent- bzw. Belohnungscharakter weisen die den Offshore-Mitarbeiter gewährten Mahlzeiten nicht auf. Der von der Klägerin gewählte Caterer mit weltweiter Erfahrung in der Offshore-Branche bietet die für diesen Bereich übliche Verpflegung an. Ausweislich des eingereichten Speiseplans erhalten die Mitarbeiter übliches Kantinenessen. Die Auswahl von zwei bis drei warmen Gerichten mittags und abends entspricht gängigem Standard. Auch die weitere unentgeltliche Abgabe kleinerer Snacks und Getränke hat keinen besonderen Belohnungscharakter, sondern ist vielmehr der Tatsache geschuldet, dass sich die Offshore-Mitarbeiter auch in ihrer Freizeit mit den alltäglichen Dingen des Lebens nicht selbst versorgen können. Die Klägerin hat überzeugend dargelegt, dass die unentgeltliche Verköstigung der Mitarbeiter branchenüblich ist. Dies wird dadurch unterstrichen, dass auch die auf der Plattform tätigen Mitarbeiter von Subunternehmen kostenfrei verpflegt werden. Wie der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, entspricht dies der gängigen internationalen Vertragspraxis. Der relativ hohe materielle Wert (21,50 € pro Mahlzeit) ist nicht entscheidend, da er im Wesentlichen auf den logistischen Herausforderungen, die eine Verköstigung von Personen auf einer Plattform im Meer mit sich bringt, beruht. Für das Gericht ist es überzeugend, dass die Versorgung der Mitarbeiter durch eine zentrale Kantineneinheit unter Logistik- und Kostengesichtspunkten die sinnvollste Versorgungsmöglichkeit ist. Lebensmittel können in begrenzter Auswahl zentral geordert, kostengünstig per Schiff und nicht per Hubschrauber angeliefert, gelagert, zubereitet und ausgegeben werden. Besonderer Belohnungscharakter kann der Verköstigung nicht beigemessen werden.
Ein erhebliches Eigeninteresse der Offshore-Mitarbeiter der Klägerin besteht auch nicht deshalb, weil die Kantinenverpflegung die einzige Möglichkeit für sie darstellt, sich während ihres Aufenthalts auf der Umspannplattform zu ernähren. Ein besonderes Interesse der Offshore-Mitarbeiter, welches über das allgemeine Grundbedürfnis, sich zu ernähren, hinausgeht (vgl. z. B. FG München, Urteil vom 3. Mai 2013 8 K 4017/09, EFG 2013, 1407, zum besonderen Interesse eines Profisportlers an der Aufnahme von ernährungsphysiologische Aspekte berücksichtigende Sportlernahrung), wird dadurch nicht begründet.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, § 135 Abs. 1 FGO.
III. Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 115 Abs. 2 FGO), liegen nicht vor.